Beilage Nr. 6.

Deduction

über die Rechtsbeständigkeit der landesverfassungsmäßigen Gerechtsamen und Freiheiten der böhmischen Stände.

Der Ursprung der ständischen Verfassung in Böhmen reicht weiter zurück, als die vorhandenen Urkunden; sie entwickelte sich naturgemäß aus den Sitten und Gebräuchen seiner Bewohner wenigstens so weit, daß ihre Grundzüge, nämlich die Vertretung des Landes auf Landtagen durch die begüterten Insassen, in deren Händen die Wahl des Regenten und die Bewilligung der Steuern ausschließlich lag, - Anwendung und allseitige Anerkennung fanden, ehebevor man auch nur daran dachte, diese aus dem Gesammtvolkswillen und der damaligen Anschauungsweise hervorgegangenen Institutionen anders, als auf traditionellem Wege festzuhalten.

Erst später, als das mit dem Fortschreiten der Kultur stets Hand in Hand gehende Streben nach systematischer Gliederung der Verhältnisse und Konsolidirung der Gewalten das Bedürfniß fühlbar machte, die Rechte und Befugnisse der im Staate befindlichen Autoritäten zu regeln, und die aus ihren Konflikten hervorgegangenen Streitigkeiten abzuschneiden, wurde ein Theil des rechtsbeständigen Herkommens in staatsrechtliche Akte und Urkunden aufgenommen, die nebst den, in den Landtagsschlüssen und Verhandlungen vorkommenden, auf die Landesverfassung und ständischen Gerechtsamen Bezug nehmenden Vereinbarungen die Fundamentalgesetze des Landes bilden.

Dem großen Organisator, Carl IV., gebührt auch hier das Verdienst, durch die am 7ten April 1348, meist unter goldenen Bullen ausgestellten 13 Urkunden die wichtigsten staatsrechtlichen Verhältnisse Böhmens nach Außen und Innen in seiner doppelten Eigenschaft, als deutscher Kaiser und König von Böhmen, und zwar, was die Rechte der böhmischen Stände betrifft, durch deren besondere Anerkennung festgestellt zu haben, wobei insbesondere dessen Abrogationsbrief vom Jahre 1355, durch welchen die für Böhmen entworfene Majestas Carolina wegen Nichtvernehmung und Nichtzustimmung der Stände widerrufen wurde, einen, den großen König ehrenden, thatsächlichen Beweis für die Beachtung der ständischen Rechte, insbesondere des Rechtes der Mitwirkung bei der Landesgesetzgebung, liefert.

Die erste Landesordnung Böhmens vom Jahre 1500 war ein Werk der böhmischen Stände, bei welcher die denkwürdige Rechtsverwahrung beigesetzt erscheint, daß daran von keinem Menschen ohne Zustimmung des Herren- und Ritterstandes etwas geändert werden solle; denn der Herren- und Ritterstand habe seit jeher die Macht und Freiheit gehabt, seine Gesetze zu mehren oder zu mindern, nur was den Bürgerftand beträfe, so solle ohne Zustimmung des Landes nichts gemehrt und nichts gemindert werden.

Auch die Landesordnungen von den Jahren 1550 und 1564 enthalten eine ähnliche Rechtsverwahrung der Stände in Bezug auf ihr Recht, die Gesetze, über die sie sich auf den Landtagen vereinbaren würden, mit Zustimmung Ihrer kaiserlichen Majestät zu erweitern und zu beschränken.

Aus diesem verfassungsmäßigen Standpunkte der böhmischen Stände erklären sich auch die wichtigsten Landtagsschlüsse und Landesverträge der früheren Zeit, so z. B. die im Landtage vom Jahre 1321 beschlossene Errichtung und Organisirung der Landtafel, die Regulirung der Gerichtsstellen im Jahre 1502, und die im Landtage vom Jahre 1541 beschlossene Wiederherstellung der abgebrannten Landtafel, - der zwischen König Maxmilian II. und den Ständen im Jahre 1575 abgeschlossene Bergwerksvergleich, dann der zwischen dem Herren- und Ritterstande und den Städten zu Stande gekommene sogenannte St. Wenzelsvertrag; ferner das von den Ständen ununterbrochen geübte, vom Kaiser Ferdinand II. unbedingt bestätigte Steuerverwilligungsrecht, die Leitung und Verwaltung des Landeskatasters, so wie endlich, um auch Staatsakten noch der späteren Zeit zu berühren, die zwischen weiland der Königin Maria Theresia und den Ständen abgeschlossenen Rezesse.

Nebst den urkundlichen Daten besteht aber noch das Herkommen, das ist, eine in gewissen Fällen ungestörte, besondere Uebung, durch welche mehre fundamentale Gewohnheitsrechte begründet sind, die um so unzweifelhafter auch in voller Kraft aufrecht stehen, als das Herkommen in allen Privilegienkonformationen und an den jährlichen Landtagsreversen bestätigt wird.

Auf solchen Momenten, die die Geschichte des Landes und die Landtagsschlüsse in ununterbrochener Reihe noch mehrseitig liefern, gründet sich auch das böhmische Staatsrecht, gründen sich die Fundamentalgesetze des Landes, die ständischen Freiheiten und Gerechtsamen und nicht schwer ist es, mit urkundlicher Sicherheit das Wesen der Landesverfassung des Königreiches und die mit ihr im engen Zusammenhange stehenden Gerechtsamen und Freiheiten der böhmischen Stände darzustellen und nachzuweisen, wie weit solche noch bis heut zu Tage in Kraft bestehen.

Es zeigt sich aber vor Allem, daß, so weit die Geschichtsquellen, Landesurkunden und Gesetze reichen, die gemäßigte Monarchie mit landständischer Verfassung ununterbrochen bis zum heutigen Tage in Böhmen geherrscht hat, wie nicht minder, daß die landständischen Prärogative auf den Landtagen durch begüterte Insassen in vollgültiger Vertretung des ganzen Landes ausgeübt wurden und noch werden, welche Prärogative auf nachfolgenden drei Hauptbefugnissen ruhen, nämlich:

1) Auf dem Rechte der Königswahl, und zwar gegenwärtig nach dem Absterben der männlichen und weiblichen Deszendenz des regierenden Herrn, durch welches Recht sich insbesondere die fortdauernde Stabilität der Stände begründet.

2) Auf dem Rechte der Verwilligung, Ausschreibung und Einhebung der Steuer, endlich

3) Auf dem Rechte der Mitwirkung bei der Landesgesetzgebung und Verwaltung des Königreichs.

Auf diesen Grundformen des Staates ruhen sowohl die Rechte des Monarchen, als die der Landesinsassen, weßhalb eine Abänderung derselben einseitig, wie dies auch das Staatsrecht lehrt, nicht denkbar ist.

Ferner ergiebt sich, daß, da nach den bestehenden Fundamentallandesgesetzen die Gesammtvertretung des Königreiches von den Ständen ausgeübt wird, alle diejenigen Akte, welche die Rechte, Freiheiten und Privilegien der böhmischen Stände begründen, anerkennen oder modisiziren, als die wichtigsten Bestandtheile angesehen werden müssen, indem das Recht, welches den einzelnen Ständen zukommt, nothwendig Einfluß auf das gesammte Staatsrecht aus dem einfachen Grunde haben muß, weil es sich hier um die Rechte der Landesvertreter und sofort um das Land selbst handelt.

Es können daher die Privilegien und Freiheiten der Stände auch nicht in dem Sinne genommen werden, als wären selbe bloß der betreffenden Person oder Körperschaft zu ihrem Privatgebrauch und Nutzen zuständig, und ließen sich daher unter dem Begriffe eines Privilegiums im engeren Sinne subsumiren, sondern es müssen diese Akte vielmehr als wahre, jederzeit mit den Ständen vereinbarte Staatsakte angesehen werden, die das Staatsrecht des Königreiches in seiner Gesammtheit regeln.

Dieß ist das Wesen der ständischen Verfassung und ihrer Rechte, welches aber durch die, aus Anlaß der letzten ständischen Deputation herabgelangte allerhöchste Entschließung vom 18ten Juli 1845, und insbesondere durch den darin enthaltenen Vorbehalt bedroht zu sein scheint, und daher die gegenwärtige staatsrechtliche. Darstellung, daß die Unabänderlichkeit der ständischen Rechte und Freiheiten auf feste Garantien sich stützt, hervorrufen mußte.

Das Königreich Böhmen war unter König Ferdinand II. durch die aus Religionsmeinung erzeugte, theilweise Auflehnung, durch innere Unruhen erschüttert, die im Jahre 1620 ihre Endschaft erreichten.

König Ferdinand II. gab die verneuerte Landesordnung vom 10 ten Mai 1627 und nennt zwar in dem Kundmachungspatente zu dieser Landesordnung das Königreich Böhmen ein erobertes Land; aber er konnte der treugebliebenen Ständemitglieder und Städte wegen, von dem Standpunkte eines Eroberers nicht ausgehen, konnte dieß um so weniger, als er unterm 28sten Juni 1617 den Ständen den Revers gegeben, daß er nach seiner Krönung die böhmischen Privilegien bestätigen werde.

König Ferdinand's Sorge ging daher auch nur da hin, die Angriffe gegen die Thronfolgeordnung, so wie den Aufschwung des Protestantismus zu zerstören, und  eigentliche Ruhe im Lande wieder herzustellen. Er hat daher auch die Fundamentalgesetze des Landes aufrecht erhalten, und dem Lande eine bloß erneuerte Landesordnung gegeben.

Schon die Bezeichnung dieser Landesordnung, als einer verneuerten, liefert den Beweis, daß König Ferdinand II. die Verfassung dieses Königreichs, so wie die Fundamentalgesetze im Allgemeinen aufrecht erhalten hat.

Noch bestimmter geht dieß aus Folgendem hervor. König Ferdinand II. sagt nämlich in seinem Kundmachungspatente zur Landesordnung:

"So sind wir nicht unbillig aus königlicher, väterlicher Fürsorge darauf bedacht, wie obgedachtes, erobertes Königreich wiederum in eine solche Verfassung gebracht werde, daß der Respekt und Gehorsam Unserer Unterthanen gegen Uns und Unsere Erben erhalten werde, deren Ursachen halber" (heißt es in einem späteren Absatze:) "Wir dann Unsere verneuerte Landesordnung publiciren wollen, darinnen Wir neben denen Fundamenten und Grundfesten, so alle christliche Potentaten in Verfassung eines Regiments billig ihnen angelegen sein lassen, die jura privatorum so viel möglich bei dem altm Herkommen gelassen, jedoch theils nach jetzigem des Königreichs Zustand, als welches von unterschiedenen Zungen und Völkern bewohnt wlrd, gerichtet, auch etlicher Maßen nach Unseren kaiserlichen und andern im heiligen römischen Reiche und Unsern Königreichen gewöhnlichen Satzungen korrigiret."

Ferner stützt sich der erste Artikel der Landesordnung auf die goldene Bulle und auf (wie es daselbst heißt) andere Fundamentalgesetze des Königreiches; durch die Landesordnung selbst wird daher die Unverletzbarkeit der Fundamentalgesetze anerkannt.

Was aber den ständischen Theil der böhmischen Landesverfassung, beziehungsweise die ständlschen Rechte und Freiheiten betrifft, so liegt für deren besondere Aufrechthaltung noch ein bestimmterer, gesetzlicher und urkundlicher Beweis vor.

Der Artikel A. XXII. der verneuerten Landesordnung enthält nachstehende Bestimmung: "Obwohl die Privilegia, betreffend die Alienation der Güter, so zum Königreich gehören, voriger Landesordnung mehrentheils von Wort zu Wort einverleibt gewesen; weil Wir Uns aber dieser und anderer Privilegien halber gegen Unsere gehorsamen Stände absonderlich erklären und resolviren wollen, als haben Wir gnädigst befunden, daß es unvonnöthen, die Worte derselben Privilegien dießorts inseriren zu lassen."

König Ferdinand II. hat sich aber auch wirklich mittels dem, im ständischen Archive der königlichen Landtafel, 1. Band, Seite 56 p. v. eigetragenen, und dem Landtagsschlusse vom 15ten November 1627 eingeschalteten Majestätsbriefe vom 29sten Mai 1627 gegen die Stände erklärt:

Abschrift.

Auszug aus der königlichen böhmischen Landtafel.

Im Instrumentenbuche Nr. 6. anno 1627, den 15ten und 24sten November sub lit. A. 2. des ständischen Archivs befindet sich das Rescript Ferdinand II., welches wörtlich also lautet:

Wir Ferdinand II. von Gottes Gnaden römischer Kaiser, zu allen Zeiten Mehrer des Reiches, König von Ungarn, Böhmen, Dalmazien, Kroazien, Erzherzog von Oestereich, Markgraf von Mähren, Fürst von Luxemburg und Markgraf von der Lausitz etc. etc.

Bekennen mit diesem Briefe und thun kund: Nachdem es bekannt und offenbar ist, wie Unser Erbkönigreich Böhmen vor nicht lange verflossener Zeit gegen Uns in forma universitatis gewaltsam sich empörte, und eine schändliche Rebellion erregte, so daß wir Unser Erbkönigreich Böhmen nothgedrungen mit bedeutenden Kriegsunkosten, mit Anwendung aller Unserer und Unsers glorreichen Hauses Möglichkeit wieder, mit der Hilfe Gottes, mit Schwert erobert und es unter Unsere Gewalt gebracht haben:

Weßwegen Wir billig alle, diesem Königreiche zustehenden Privilegia, in so fern sich diese auf die Stände des Königreiches Böhmen, oder auf dessen Gesammtheit beziehen, vernichten und aufheben könnten.

Indem wir aber auf die feste Treue einiger Bewohner des benannten Königreiches, welche lieber ihr Vaterland verlassen, als sich gegen Uns gestellt hatten, hinsahen, so auch, daß das oftgenannte Königreich Böhmen nun größtentheils zu Unserem heiligen, allein seligmachenden katholischen Glauben sich bekehrt hat, ja manche von Unseren treuen Räthen und Dienern darin sich ansässig machten, haben Wir aus dieser Ursache aus angeborner Güte und Huld, nach reifer Erwägung alles dessen, zu bestimmen geruhet: Daß Unser obbemeldetes Königreich Böhmen wieder in gewisse Stände, wie es Unsere erneuerte Landesordnung umständlich enthält, erhoben werden, und alle und verschiedene Privilegia, Begnadigungen, Freiheiten und Majestate, welche gegen die erneuerte Landesordnung nicht abzielen - (so wie alles das, was, wie bemeldet, gegen solche Landesordnung ist, und besonders jene zwei, unter der Regierung des Kaisers Rudolph II. glorreichen Andenkens, von Personen, die sich Utraquisten nannten, ausgefolgten Majestate, das erste wegen der Religion, das zweite wegen Nachlaffung von allerlei Strafen,  Güterverfall, - Wir für ungiltig und schon vernichtet halten und erachten) — ohne Hinderniß eines jeden Menschen genießen und sich deren erfreuen könnte, so wie Wir auch kraft dieses Unseren k. k. Briefes, mit der oben gestellten Bedingung und Ausnahme, alle und jede von Unseren glorreichen Vorfahren dieses Königreiches Böhmen insgemein, so wie auch einem jeden Stande verschiedentlich, besonders aber dem Herrenstande, im Jahre 1502, am Mittwoch vor dem Fastensonntage Reminiscere ertheilten und verliehenen Privilegien, Rechte und Freiheiten, welche, wie oben berührt, gegen diese neue Landesordnung nicht streiten, und weil Wir ihretwegen keine andere Anordnung verfügten, genehmigen, erneuert und bestätigen.

Wir geloben für Uns und Unsere Erben, die künftigen Könige von Böhmen, daß Wir alle vier Stände und die ganze Gemeinde dieses Unseres Erbköm'greiches Böhmen, so auch einen jeden Stand insbesondere, bei ihren Rechten, Gerechtigkeiten und der besagten von Uns erneuerten Landesordnung schützen und erhalten wollen.

Wir wollen auch keine Steuern und Giebigkeiten von Unseren gehorsamen Ständen anders, als in den Landtagen nach dem in derselben Landesordnung unter lit. A. 5. gesetzten Artikel verlangen, und überdieß, was und wann die Stände verwilligen, ihnen keine anderen Steuern und Giebigkeiten auferlegen.

Auch wollen Wir an keine Person aus den Ständen Unseres Erbkönigreiches Böhmen, oder auf ihre Güter de facto oder gewaltsam greifen, sondern wollen einen Jeden seines Rechtes wegen anhören und nach Entscheidung dieses Gegenstandes dem Rechte und der Gerechtigkeit gemäß vorgehen.

Und weil der Religionsunterschied die vornehmste Ursache der beendigten Rebellion war, so wollen und sollen Wir alle Stände des obbemeldeten Unsers Erbkönigreiches Böhmen in der Einigkeit der heiligen, römisch-katholischen Kirche erhalten und bewahren, und keinen andern Glauben oder Religion oder deren Ausübung in diesem Königreiche dulden, sondern diejenigen, welche zu der obbenannten katholischen Religion sich nicht vekehren, wollen wir mit gehörigen Mitteln hiezu bewegen lassen, so, damit sie in der Glaubenseinigkeit und in der Einigkeit der Gesinnungen zuerst Gott dem Allmächtigen, und Uns desto besser dienen und so das allgemeine Wohl und den Nutzen befördern können.

Urkund dessen geruhten Wir Unser kaiserliches größeres Siegel zu diesem Briefe und Majestate anhängen zu lassen, und Uns darin eigenhändig zu unterschreiben.

Gegeben in Unserer Stadt Wien am Samstage nach dem Feste der Sendung des heiligen Geistes den Aposteln oder am 29sten Mai im Jahre nach der Geburt des Sohnes Gottes 1627, und Unserer Königreiche des röm. im 8ten, des ungar. im 9ten und des böhm. im 10ten Jahre.

Ferdinand m/p.

Zdenko Ad. Prince de Lobcowitz

S. R. Cancelarius etc.

Ad Mandatum etc.

Actum k. Landtafel, Prag den 13ten März 1834.

Hafner, Rgstr. Dir.

Demuth, k.k. Ltfl. Ingr.

Daß vorliegende deutsche Übersetzung der aus der k. k. böhmischen Landtafel am 12ten und 13ten März 1834 erfolgten Abschrift mit dieser ganz gleichlautend ist, bestätiget der Unterzeichnete.

Prag, am 14ten Mai 1834.

Norbert Stanek m/P.

k. k. Gub. Translator in bohemicis.

und mit dieser Konsirmationsurkunde, mit einziger Ausnähme der zwei Majestätsbriefe weiland Kaiser Rudolph II. betreffend die Religion und die Nachlaffung allerlei Strafen, alle, den böhmischen Ständen von Höchstdero Vorfahren verliehenen Privilegien, Rechte und Freiheiten mit den Worten: "welche gegen die verneuerte Landesordnung nicht streiten und weil Wir ihretwegen keine andere Anordnung verfügten" - genehmigt, erneuert und bestätigt, übrigens für sich und Allerhöchstdero Erben, die künftigen Könige von Böhmen gelobet, alle vier Stände und die ganze Gemeinde des Erbkönigreiches Böhmen, so auch einen jeden Stand insbesondere bei ihren Rechten und Gerechtigkeiten und der verneuerten Landesordnung zu schützen und zu erhalten.

Insbesondere erklärte König Ferdinand II. auch noch, daß er keine Steuern und Giebigkeiten von den Ständen anders, als in den Landtagen nach dem, in derselben Landesordnung unter lit. A. V. gesetzten Artikel (d. i. nach Inhalt dieses Artikels: "anders nicht, denn gegen gewöhnliche Reverse") verlangen, und überdieß, was und wann die Stände verwilligen, ihnen keine andern Steuern und Giebigkeiten auflegen wolle.

Aus dem Dargestellten ergeben sich nun nachstehende Folgerungen, und zwar:

1) Durch die verneuerte Landesordnung ist die frühere Verfassung des Königreiches Böhmen aufrecht erhalten worden.

2) Die Privilegien und Freiheiten der böhmischen Stände haben ihre abgesonderte, auf der Konfirmationsurkunde vom 29sten Mai 1627 beruhende Bestätigung.

3) Die Landesordnung ist daher auch nicht die eigentliche Grundfeste der ständischen Privilegien und Freiheiten; die Basis der Privilegien und Freiheiten sind vielmehr die, sie begründenden Fundamentalgesetze und Majestätsbriefe und eigentlich die Privilegien und Freiheiten selbst.

König Ferdinand II. hat deßhalb auch laut des Artikels A. XXII. der Landesordnung die ständlschen Privilegien nicht in das Gebiet der Landesordnung aufgenommen, sondern durch einen eigenen spätern Majestätsbrief bestätigt, woraus die Schlußfolge sich ergiebt, daß die ständischen Privilegien nicht mit den Worten der allerhöchsten Entschließung vom 18ten Juli 1845, "wie solche in der Landesordnung enthalten sind" - bezeichnet werden können.

König Ferdinand II. Gerechtigkeitssinn für die Aufrechthaltung der von ihm bestätigten Privilegien und Freiheiten der Stände sorgte aber auch zugleich für eine künftige Garantie dieser Privilegien, indem er durch den, in seiner Landesordnung A. III. vorgeschriebenen feierlichen Krönungseid und durch die bei jedesmaliger Postulirung der Steuern den Ständen zu ertheilenden königlichen Reverse auch die von ihm beabsichtigte und ausgesprochene Aufrechthaltung der ständischen Privilegien und Freiheiten gesichert hat.

Seine Majestät, Unser jetzt glorreich regierender König und Herr, hat inhaltlich des, in der k. Landtafel, Instrumentenbuch Nr. 63 eingetragenen Krönungseides feierlich zu beschwören geruht, daß er die Stände bei den, von ihren Majestäten Ferdinand II. unterm 29sten Mai 1627 - Ferdinand III. unterm 21sten März 1642 - Kaiser Carl VI. unterm 5ten September 1723 — Maria Theresia unterm 21sten Mai 1743 - Leopold II. unterm 6ten September 1791 und Franz I. höchstseligen Andenkens, unterm 9ten August 1792 konfirmirten Privilegien handhaben wolle.

Abschrift.

Im landtäflichen Instrumentenbuche No. 63 rother Bezeichnung anno 1836 am Dienstage der Gedächtniß des heiligen Kosmas und Dorm., d. i. den 27sten September Nr. 26770 sub lit. A. 11. resp. 13. befindet sich nachstehender Krönungseid also:

Wir Ferdinand der Fünfte schwören Gott, dem Allmächtigen, einen Eid, daß wir auf die katholische Religion festhalten, die Gerechtigkeit für Jedermann verwalten, und die Stände bei den, von Ihrer Majestät und Liebden, weiland Unsern Ur- und Großahnherren Ferdinand II. unter'm 24sten Mai 1627, dann Ferdinand III. unter'm 21sten März 1642, wie auch von weiland Carl VI. unter'm 5ten September 1723, von Unserer Frau Urgroßmutter Maria Theresia unter'm 12ten Mai 1743, von unserem Herrn Großvater Leopold II. unter'm 6ten September 1791 ingleichen von Unserem Herrn Vater, Franz I. höchstseligen Andenkens, unter'm 9ten August 1792 konsirmirten Privilegien handhaben, auch von dem Königreiche nichts veräußern, sondern vielmehr nach Unserm Vermögen selbes vermehren und erweitern und alles das, was zu dessen Nutzen gereichet, vorkehren wollen. So wahr uns Gott helfe.

Vorstehende Eidesformel haben Se. Majestät der Kaiser und König bei dem Krönungsakte wirklich so, wie sie von mir Staats- und Conferenzminister in Vertretung des Oberstburggrafen vorgelesen wurde, abgeschworen. Prag, den 7ten September 1836.

Franz Graf Kolowrat-Liebsteinsky, Staats- und Conferenzminister.

Actum bei der k. böhm. Landtafel, Prag, am 10ten Februar 1846.

Joseph Mittels m/p, Viceregistrator.

Anton Musil m/p, Ingrossator.

Dieser Krönungseid ist für die unbeschränkte Aufrechthaltung der, nach der Absicht und den Worten der Privilegiumsbestätigung Kaiser Ferdinands II. vom 29sten Mai 1627 erworbenen ständischen Rechte und Privilegien eine feierlich-religiöse Bürgschaft.

In Beziehung auf diesen Krönungseid könnte zwar vielleicht die Meinung bestehen, daß, da Se. Majestät die von den Vorfahren bestätigten Privilegien handzuhaben sich verpflichten, die Bestätigung der Privilegien aber die Klausel: "insofern sie der Landesordnung nicht zuwider sind" - enthalte, Se. Majestät die Handhabung der Privilegien auch nur insofern feierlich angelobt haben, als sie der Landesordnung nicht zuwider sind, daß somit der Krönungseid implicite den, in der Landesordnung begründeten Vorbehalt enthalte.

Allein diese Meinung könnte gültig nur dann bestehen, wenn ihr nicht folgende Rechesgründe entgegen treten würden, und zwar:

a) Der Krönungseid lautet nicht: "die Stände bei denen Privilegien, wie solche von N. N. bestätigt worden sind, haudzuhaben," sondern es heißt darin: "die Stände bei den von N. N. konsirmirten Privilegien handzuhaben."

Der Krönungseid enthält daher keine durch eine Berufung auf die Art und Weise der früheren Bestätigungen beschränkte, sondern eine unbedingt einfache Bekräftigung der Handhabung, d. i. Aufrechthaltung der konfirmirten Privilegien.

Ein Verbot der Aenderung der Privilegien ist aber auch bei der eidlichen Zusicherung der Handhabung der Privilegien nicht denkbar, denn die Handhabung, d. i. Festhaltung, schließt jede Aenderung aus, und ist eine Verzichtung auf jede Aenderung.

b) Der im Kundmachungspatente zur Landesordnung enthaltene Vorbehalt hinsichtlich der Mehrung und Aenderung der Landesordnung steht aber überhaupt in keiner Beziehung zu den ständischen Privilegien, und kann es um so minder, als der diese Privilegien bestätigende Majestätsbrief König Ferdinand II. einen solchen Vorbehalt nicht enthält, und weil selbst für den, übrigens nicht bestehenden Fall, daß das Kundmachungspatent der Landesordnung bei seiner Erscheinung anf die ständischen Privilegien hätte bezogen werden können, dieses Kundmachungspatent durch den später erschienenen Majestätsbrief derogirt ist.

Dieser Vorbehalt, sowie das im art. A. VIII. der Landesordnung bezeichnete Jus legis ferendae findet ferner aus dem Grunde auf die ständischen Privilegien keine Anwendung, weil König Ferdinand II. durch die ausgesprochene, und wirklich faktisch eingetretene Ausscheidung der ständischen Privilegien aus dem Gebiete der Landesordnung, diese Privilegien außer der Sphäre des bemerkten Vorbehalts und der gewöhnlichen Gesetzgebung gesetzt hat, und nach der natürlichen und positiven Staatsrechtslehre die Fundamentalgefetze (auf welchen auch die ständischen Gerechtsamen beruhen), ihrem Begriffe und ihrer Natur nach auch nicht in die Sphäre der gewöhnlichen Gesetzgebung gehören.

c) Der Krönungseid ist zu Gott, dem Allmächtigen, auf das heilige Evangelium geschworen, er kann daher nur die Aeußerung eines festen, unabänderlichen Willens, nicht zugleich ein, durch einen stillschweigenden Vorbehalt bedingt ausgesprochener Wille gewesen sein, weil nach dem Geiste der Religion und des katholischen Glaubens der Eid als ein bloß abänderliches Versprechen nicht denkbar, und daher religiös nicht anzunehmen ist, daß Se. Majestät, Unser glorreich regierender König, während Er zugleich die Aufrechthaltung des katholischen Glaubens beschwört, zu Gott, dem Allmächtigen geschworen haben konnte, die ständischen Privilegien mit dem Vorbehalte, somit in der möglichen Absicht, sie zu ändern und zu beschränken, handhaben zu wollen. Endlich

d) ist eine solche Auslegung des Krönungeides aber auch darum nicht denkbar, als König Ferdinand II., der gottesfürchtige Anhänger des wahren katholischen Glaubens, der unerschrockene Kämpfer für diesen Glauben, es war, der diesen Eid festgesetzt hat, und den Eid gewiß nicht zu einer erfolg- und wirkungslosen Formalität, was bei der Möglichkeit eines stillschweigenden Vorbehaltes der Fall wäre, herabgewürdigt hätte.

Nebst dieser religiösen, und weil Eide einen gesetzlichen Beweis haben, auch gesetzlichen Garantie, sind ja die böhmischen Stände auch im Besitze der königlichen Landtagsreverse, inhaltlich deren Se. Majestät, als regierender König, den Ständen ohne allen Vorbehalt verheißen, daß ihre treuherzig geschehene Verwilligung der Steuern an ihren Privilegien, Freiheiten, Rechten und Gewohnheiten ohne allen Nachtheil und Schaden sein soll.

Eine weitere Garantie bieten diese Reverse in Verbindung mit dem Steuerverwilligungsrechte. Aus der, in dem Anerkennungsausspruche dieses Steuerverwilligungsrechtes erscheinenden Beziehung auf den Absatz A. V. der Landesordnung folgt nämlich, daß die Steuern auf den Landtagen und anders nicht, als gegen gewöhnliche Reverse gefordert werden können; demgemäß auch schon König Ferdinand II. den Ständen solche Reverse, wofür z. B. jener vom 30sten November 1629 den Beweis liefert, ertheilt hat.

Abschrift.

Wir Ferdinand, von Gottes Gnaden erwählter römischer Kaiser und Mehrer des Reiches etc. bekennen öffentlich mit diesem Briefe und thuen kund Jedermänniglichkeit, daß Uns die hochwürdigen, ehrwürdigen, würdigen, hoch-, hochwohl-und wohlgebornen, gestrengen, ehrenfesten, ehrbaren und ehrsamen, Unsere lieben Getreuen und Unsere gehorsamen vier Stände Unsers Erbkönigreiches Bohemb in Unterthänigkeit angelanget und gebeten, daß Wir sie altem Herkommen nach wegen derjenigen gutwilligen Kontribuzion, so Uns sie auf Unser gnädigstes Ansinnen und Begehren bei jüngstgehaltenem Landtag treuherzig bewilliget, mit einem gewöhnlichen Revers, damit ihnen solche treuherzigen Bewilligungen ihren wohlhergebrachten Rechten und von Uns konformirten Privilegien, Freiheiten und Gerechtigkeiten ohne Abbruch und Nachtheil sein möchte, zu versehen, gnädigst geruhen möchten.

Wie Wir nun solche gehorsame Devozion und treuherzige Bezeugung gegen Uns zu Unserem gnädigsten Gefallen in k. k. Gnaden an- und aufgenommen, also haben Wir auch gnädigst angesehen, solche ihre unterthänigste ziemliche Bitte und darin Unseren allbereit vorhin gethanen gnädigsten Erbieten nach in Gnaden verwieget und derowegen ihnen diesen Unsern Schein und Revers gnädigst gegeben und mitgetheilt haben. Thun das auch hiemit wissentlich in Kraft dieses Briefes, als regierender König zu Bohemb und sagen ihnen gnädiglich zu, daß solche ihre unterthänige und gutherzige Bezeugung ihnen an ihren Privilegien, Freiheiten, Rechten und Gerechtsamen ohne allen Schaden und Nachtheil sein solle, treulich und ungefährlich.

Zur Urkund mit Unserem k. k. anhängenden Insiegel verfertigt. Geben in Stadt Wien, den 30sten November 1629, Unserer Reiche des röm. im 11ten, des hung. im 12ten, des böhm. im 13ten Jahre.

Herausgezogen aus der Landtafel. Stand. Archiv Band 1 — p. v. 65.

Angenommen nun, daß Se. Majestät vermöge des allerhöchsten Rescriptes vom 18ten Juli 1845 wirklich nur jene Rechte und Privilegien, wie solche in der Landesordnung und den nachgefolgten Erlässen enthalten sind, aufrecht zu erhalten Willens sind, so haben doch Se. Majestät, da das unbedingte ständische Steuerverwilligungsrecht in einem der Landesordnung nachgefolgten Erlasse eines Höchstihrer Regierungsvorfahren wirklich enthalten ist, die Aufrechthaltung dieses Rechtes, und zwar, wie es in dem allerhöchsten Nescripte Kaiser Ferdinand II. enthalten ist, neuerdings allerhöchst zugesichert, welches Recht übrigens auch von allen, König Ferdinand II. nachgefolgten Königen, selbst von weiland Kaiser Joseph II. anerkannt worden ist, indem die Steuer immer nur auf dem Landtage gegen gewöhnlichen Revers postulirt wurde.

Da nun die Steuern auf den Landtagen und nicht anders, als gegen gewöhnliche Reverse begehrt werden können, die Reverse aber die jährliche königliche Zusicherung der beschworenen Aufrechthaltung der ständischen Privilegien, Freiheiten und Gewohnheiten enthalten, und daher zugleich eine Garantie für die Stände sind, daß weder aus einem Nichtgebrauche ihrer Rechte, noch aus sonstigen Anlässen eine den ständischen Privilegien, Gerechtsamen und Gewohnheiten abträgliche Folgerung eintreten könne, so ergibt sich nun der Schluß, daß die Steuerverwilligung der Stände kraft der Reverse durch die jährliche Bestätigung der Privilegien bedingt sei. Der vom Könige ausgefertigte jährliche Revers begründet aber auch auf der andern Seite eine staatsrechtliche Verpflichtung für den König, die Privilegien, Freiheiten und Gewohnheiten der Stände aufrecht zu erhalten, so wie auf der andern Seite das Recht der Stände auf ihre Privilegien und Gewohnheiten, und hierunter insbesondere auf das wichtige Privilegium, daß die Steuern nur gegen gewöhnlichen Revers begehrt werden können, festzuhalten.

Zwar könnte hier das Bedenken eintreten, daß die, in der Konfirmationsurkunde vom 29sten Mai 1627 erscheinende Beziehung auf die Landesordnung A. V. dadurch unwirksam werden könnte, wenn Se. Majestät der König diesen Artikel A. V. der Landesordnung aufheben würde; allein dieses Bedenken verschwindet bei rechtlicher Beurtheilung dieses Verhältnisses.

Die Privilegiumsbestätigung König Ferdinand II. ist eine Urkunde, durch welche die böhmischen Herren Stände ein Recht, und zwar in der Art erworben haben, wie solches in dieser Urkunde ertheilt und zugesichert wird; ein erworbenes Recht kann aber durch eine spätere, einseitige Verfügung nicht behoben werden, kann dieß um so Minder, als jedes bestehende verfassungsmäßige Recht nur auf verfassungsmäßigem Wege, d. h. mit Zustimmung der Stände, wie dieß auch das Hofdekret vom 12ten August 1791 anerkannt, geändert oder aufgehoben werden könnte.

Sollte auch Se. Majestät, der jetzt glorreich regierende König, den Artikel A. V. der Landesordnung ohne Zustimmung der Stände aufheben, das aus diesem Artikel schon früher erworbene Recht könnte dadurch ebenso wenig verschwinden, wie überhaupt kein Privilegium durch eine einseitige Aenderung eines oder des andern Artikels der Landesordnung aufgehoben werden kann, weil König Ferdinand II. bei der Bestätigung der Privilegien nur die von ihm verneuerte Landesordnung vor Augen hatte, somit die ständischen Privilegien fortan aufrecht bestehen, insofern sie nur dem Wortlaute der Artikel dieser, vom König Ferdinand II. verneuerten Landesordnung vom 10ten Mai 1627 nicht entgegen sind.

Jede andere Auslegung der Absicht und des Sinnes der Konfirmationsurkunde König Ferdinand II. würde diese Urkunde selbst unwirksam machen, und daher mit den, aus dieser Urkunde erworbenen Rechten und mit dem Krönungseide im offenbaren, unzulässigen Widerspruche stehen.

Sollte Se. Majestät der König die Steuern ohne Revers begehren, dann hängt es von den Herren Ständen ab, ob sie die Steuern verwilligen oder nicht; verwilligen sie die Steuern nicht, so können auch nach dem Wortlaute der Privilegiumsbestätigung König Ferdinand II., deren Aufrechthaltung Se. Majestät der jetzige König beschworen hat, dem Lande keine Steuern auferlegt werden.

Hieraus folgt nun, daß durch das Steuerverwilligungsrecht der Herren Stände auch die Aufrechthaltung ihrer Privilegien, Freiheiten und Gerechtsamen gewährleistet ist.

An diese Garantiern reihen sich endlich auch noch der 13te Artikel der deutschen Bundesakte vom 18ten Juni 1845 und der 54ste, 53ste und 56ste Artikel der Wiener Schlußakte vom 15ten Mai 1820, in welchem ersteren die Bestimmung, daß in allen Bundestagten eine landständische Verfassung Statt finden werde, dann in der letzteren festgesetzt wird, daß, da nach dem Sinne des 13ten Artikels der Bundesakte und den darüber erfolgten späteren Erklärungen in allen Bundesstaaten landständische Verfassungen Statt finden sollen, die Bundesversammlung darüber zu wachen habe, daß diese Bestimmung in keinem Staate unerfüllt bleibe, ferner, daß die in der anerkannten Wirksamkeit bestehenden landständischen Verfassungen nur auf verfassungsmäßigem Wege wieder abgeändert werden können.

Bei solchem Rechtsbestande und Umfange der ständischen Verfassung, ihrer Rechte und Freiheiten liegt es daher nur an den Ständen selbst, ihre Privilegien und Freiheiten fortan jedenfalls in jenem Maße geltend zu machen, wie Böhmens Stände ihre Wirksamkeit gleich nach dem Majestätsbriefe König Ferdinand II. ausüben konnten und ausgeübt haben.

Ist dieß in letzterer Zeit auch anders geworden, und sind die böhmischen Stände auf den Standpunkt gekommen, daß Sie Ihre Integrität und das Prinzip der Verfassung so wie ihre Rechte und Freiheiten bei so dielen einzelnen Anlässen erst in Erinnerung zu bringen gezwungen sind, so kann die Ursache wohl nur in dem Umstände liegen, daß durch eine lange Reihe von Jahren das Interesse der Stände den Berathungen und Verhandlungen in öffentlichen Angelegenheiten während der Kriesergeignisse und den darauf gefolgten Zeitverhältnissen entzogen war, und die ständische Wirksamkeit ebenso erlahmt, wie die Kenntniß der ständischen Verfassungsverhältnisse allgemein, daher auch bei den Behörden erloschen zu sein schien.

König Ferdinand II. hat mit schwerem und blutigem Opfer die Ruhe im Lande hergestellt, und doch war er weit entfernt, eine Aenderung oder Beschränkung der Fundamentalgeseße, Rechte und Freiheiten des Königreiches zu beabsichtigen.

Er betrat ja auch auf Grundlage eines Fundamentalgesetzes und eines von ihm den Ständen gegebenen Reverses die Regierung, er mußte daher die Fundamente des Königreiches und sein eigenes königliches Wort heilig achten; er bewies dieß aber auch durch den von ihm festgesetzten Krönungseid, und bewies übrigens, da er in diesem Eide die Privilegien des Landes als wohlhergebracht bezeichnete, daß er diese Privilegien als unverletzlich erkannt habe.

Unmöglich können daher Böhmens Stände itzt, nach so vielen Beweisen von unerschütterlicher Treue und Anhänglichkeit in oft schwer bedrängter Zeit sich der wirklichen Besorgniß hingeben, daß es der allerhöchste Wille ihres Königs sei, ihnen die von ihren Urvätern begründete Verfassung zu schmälern oder zu beschränken, und dieß um so minder, als jede Landesverfassung staatsrechtlich so lange aufrecht bestehen muß, bis sie nicht auf verfassungsmäßigem Wege, d. i. mit Zustimmung der, zur Festhaltung oder freiwilligen Abänderung berechtigten Vertreter des Landes, einer Aenderung unterzogen wird.

Die Stände sind aber auch verpflichtet, die Verfassung, und mit ihr die daraus fließenden Gerechtsamen des Königreiches aufrecht zu erhalten, weil diese allein der gesetzmäßige Weg sind, auf welchem sie gemeinschaftlich mit ihrem Könige des Landes Wohlfahrt nach den Verhältnissen und wahren Bedürfnissen zu berathen und zu befördern im Stande sind, es sich daher nicht um die Vertheidigung der Privilegien bevorzugter Stände, sondern darum handelt, die einzige bestehende verfassungsmäßige Vertretung des Landes zu sichern.

Wenn die Stände auf diesem Standpunkte bleiben, ihr Recht, so wie ihre Pflicht sich stets gegenwärtig halten, so bedarf es wahrlich nur einer warmen Huldigung ihres Berufes als Landesvertreter, und eines festen Willens, an der Verfassung und ihren Gerechtsamen festzuhalten, um für den ständischen Körper eine wahre politische Geltung zu erringen. Die Gerechtsamen und Freiheiten des Königreiches sind verfassungsmäßig, somit sind es auch die Pflicht und die Mittel, sie zu vertreten und zu behaupten.

Es steht den Ständen das Recht der Vorstellung im schriftlichen oder Deputationswege zu, sie können die Auftechthaltung ihrer Gerechtsamen durch Berufung auf das, durch feierlichen Eid und alljährliche Reverse verbürgte königliche Wort stützen, sie können endlich bei den Landtagsverhandlungen ihre Rechte um so kräftiger verwahren und thatsächlich geltend machen, als in ihrer Hand das Steuerverwilligungsrecht liegt, und sie können außerdem den, durch die deutsche Bundes- und Wiener Schlußakte zugesicherten Schutz der Landesversammlung in Anspruch nehmen.

Schmerzlich wäre es jedoch, fänden die Stände nicht jederzeit in ihrer und des Landes unverbrüchlichen Treue zu dem angestammten Kaiserhause zugleich die Bürgschaft für die Unverletzbarkeit ihrer wohlhergebrachten und beschwornen Rechte; doppelt schmerzlich wäre es aber, sollte die Nothwendigkeit unabweisbar werden, auch nur eines der hier aufgezählten Mittel in pftichtmäßige Anwendung bringen zu müssen.

Doch Böhmens Stände können gewiß auf ihren gerechten König fest vertrauen, können dieß um so mehr, als sie ja nur Hand in Hand mit der Regierung das Wohl und Gedeihen des Landes, also das Höchste, was dem Vaterherzen ihres Königs so nahe liegt, zu befördern beabsichtigen.

Prag, den 18ten Februar 1847.

Von der zur Wahrung der ständischen Rechte niedergesetzten ständischen Commission.

Karl Wilhelm Fürst Auersperg.

Lazansky m/p.

Friedrich Graf Deym m/p.

Erwein Graf Nostitz m/p.

Johann R. v. Neuberg m/p.



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