Vortrag

des Herren Fürsten Lamberg,

gehalten am 27sten Mai 1847 auf dem Pöstulaten-Landtage in der Herrenstube.

Se. Majestät unser allergnädigster Herr und König haben selbst den Grundsatz anzuerkennen geruht, daß die zur Deckung des Criminalfondes nöthigen circa 50,000 fl. nicht auf die Grundsteuer allein repartirt, sondern auf den gesammten Staatsschatz übernommen werden mögen. Die Stände sind daher durch  dieses hohe königliche Wort gleichsam aufgefordert, von ihrem verfassungsmäßigen Rechte Gebrauch zu machen, und diese ohnedieß nicht sehr bedeutende Summe nicht zu bewilligen. So unbedeutend jedoch diese Summe sein mag, so erlaube ich mir doch die Herren Stände aufmerksam zu machen, daß bei dem gegenwärtigen Stande unserer Finanzen auch der Ausfall einer noch so unbedeutenden Summe eine unangenehme Lücke hervorrufen könnte.

Obschon unsere Finanzlage, wie überhaupt so vieles mit dem Schleier des Amtsgeheimnisses bedeckt ist, so berechtigt doch schon der Abschluß des neuen Anleihens allein mich zu der vorher erwähnten Behauptung; ich bin daher nicht dafür, daß die Herren Stände, von ihrem Rechte Gebrauch machend, die Zahlung der circa 50,000 st. verweigern, weil die Summe zu unbedeutend und der Ausfall für den Staatsschatz doch fühlbar wäre, sondern ich beantrage, daß die Herren Stände unserer Finanzverwaltung überhaupt die größte Aufmerksamkeit schenken, und hiedurch allein schon ihrem edelsten Beruf als die gebornen Vertreter des Landes entsprechen.

Betrachten Sie nur das vorerwähnte neue Anleihen. Es wurde mit den Häusern Sina, Rothschild, Arnstein und Eskeles auf nachstehende Weise contrahirt: Der Staat erhält in Raten von 65 Monaten die Summe von 80 Millionen Gulden zu dem Cours von 105 gegen Zurücklassung von 2 pCt. Provision, daher also eigentlich im Course von 103, wobei sich der Staat verpflichtet, die Zinsen halbjährig voraus zu zahlen, was bei einer so bedeutenden Summe so drückend ist, daß man das Anlehen betrachten kann, als ob es unter pari abgeschlossen worden wäre. Dafür gibt der Staat 40 Millionen Gulden fünf prozentiger Metalliques und 80 Millionen Gulden 2 1/2 pCt. Metalliques, daher der Staat um 40 Millionen Gulden Nennwerth an Kapital mehr verschreibt, als er von den Häusern dafür an baarem Gelde empfängt, wobei sich die Häuser noch die Bedingung stellten, daß, wenn innerhalb dieser 65 Monate der Cours der Staatspapiere um 10 pCt. fallen sollte, sie nicht mehr verpflichtet wären, die Einzahlungen zu den stipulirten Bedingungen zu leisten. Wenn man bedenkt, daß dieses Anlehen auf sechs Jahre im voraus kontrahirt wurde, gerade zu einer Zeit, wo das Geld am höchsten im Preise stand, so kann man dieses große und höchst folgenreiche Geschäft nur als ein höchst unglückliches und beklagenswerthes Ereigniß betrachten.- Das Land, welches die bis zu einer jährlichen Summe von 4 Millionen heranwachsenden Zinsen zu zahlen haben wird, wurde mit einer neuen Capitalsschuldenlast von 120 Millionen Gulden zu den ungünstigsten Bedingungen belastet. Eine Folge davon, daß von Seite der Regierung der verfassungsmäßige Beirath der Stände außer Acht gelassen wurde. Wären die Stände vor diesem Anlehen verfassungsmäßig zu Rache gezogen worden, auf welche Art und Weise das obschwebende Deficit im Staatshaushalte zu decken sei, so würde es ihnen nicht schwer gefallen sein, solche Vorschläge zu unterbreiten, die dem Bedürfnisse entsprechen und den Abschluß eines Anlehens, welches in seinen Folgen gleich nachtheilig für den allerhöchsten Thron wie für das Gesammtvaterland ist, unmöglich gemacht haben würden. Wenn man ferner bedenkt, wie sich unsere Staatsschuldenlast in den zwei und dreißig Friedensjahren auch noch vor dem Beginn der Eisenbahnbauten vermehrte, so ist es wirklich schwer zu verlangen, daß die Stände ein unerschütterliches und ganz blindes Vertrauen in unsere Finanzverwaltung haben sollten. Um jedoch diese Finanzverwaltung nicht in neuerliche Verlegenheiten zu verwickeln, so stelle ich den Antrag, die Herren Stände möchten das allerhöchst geforderte Steuerpostulat ungeschmälert bewilligen, möchten aber Se. Majestät in aller Ehrfurcht auf die fühlbarsten Mängel aufmerksam machen, unter welchen unser Vaterland seufzt. Ich beantrage daher, daß die Stände Sr. Majestät die Bitte unterbreiten.

1) Daß in Zukunft keine so wichtige Maßregel wie die Contrahirung eines Anlehens ohne dem Beirath der Stände abgeschlossen werde.

2) Daß das jährliche Staatsbudget den Ständen vorgelegt werde, und daß über die Gebahrung mit dem Staatseinkommen von Seite der höchsten Finanzverwaltung jährlich genauste Rechnung gelegt werde, und daß die Finanzverwaltung für ihre Amtirung den Ständen verantwortlich erklärt werde.

3) Daß die für die Freiheit der Krone ebenso gefährliche, als an dem Mark des Landes zehrende Beamtenherrschaft möglichst eingeschränkt werde, daß die Zahl und die Kosten der Beamten vermindert werde, was aber nur möglich ist, wenn der Geschäftsgang vereinfacht, die Masse von unnützen Schreibereien verringert und besonders in den Administrations-, in den politischen und finanziellen Zweigen tüchtige, redliche, ihrem Fach gewachsene und  verantwortliche Individuen statt der bisherigen Rathskollegien angestellt werden.

4) Mündlichkeit und Oeffentlichkeit der Gerichte, sowohl in Streitsachen als in peinlichen Verfahren, als das höchste Palladium der Gerechtigkeit, die unser erhabenes Herrscherhaus zum Wahlspruch genommen, und die nie das Licht der Oeffentlichkeit zu scheuen braucht, und Gleichstellung aller Partheien vor dem Gerichte inklusive des allerhöchsten Aerars, daher entweder Aufhebung des mit allen Begriffen von Gerechtigkeit unverträglichen Instituts der politischen, kammeralistischen und montanistischen Repräsentanten bei Schöpfung eines Urtheils oder gleichzeitige Zulassung einer gleichberechtigten Repräsentation von Seite der Gegenparthei.

Die ersten Bedingungen, um die Macht und das Gedeihen, ja selbst um das Bestehen eines Staates dauernd zu sichern, sind geordnete Finanzen und eine unerschütterliche, allgemeines Vertrauen erweckende Rechtspflege. Dies sind die Grundpfeiler, auf welchen das Staatsgebäude ruht, ihre Erschütterung ist gleich gefährlich für die Krone wie für das Volk, und ihr Sturz zieht unvermeidlich namenloses Unglück und den Verfall des ganzen Staatsverbandes nach sich. Möchten doch die Herren Stände aller Provinzen die Wichtigkeit erkennen, die in dieser unumstößlichen Wahrheit liegt! Möchten sie ihre dießfälligen Bitten an den Stufen des allerhöchsten Thrones vereinigen, möchten sie aber allerhöchsten Orts Gehör finden und in einer Zeit, die in ihrem raschen Umschwung aller bestehenden Ordnung Gefahr droht, vereint mit der Krone das Staatsschiff vor einem möglichen Schiffbruch bewahren. Es ist wahrlich nicht die Erschütterung der monarchischen Gewalt, was ich hier in Antrag zu bringen mir erlaube, im Gegentheil, ist mein sehnlichster Wunsch nur die Befestigung der Monarchie auf den Grundpfeilern der Sparsamkeit, der Oeffentlichkeit und der Gerechtigkeit. Welcher redliche und einsichtsvolle Staatsbeamte würde vor Verantwortlichkeit und Oeffentlichkeit zurückbeben. Wer dies thut, zeigt schon dadurch, daß er den Pfad der Ehre verlassen und Licht und Recht zu scheuen hat. Solche Beamte verdienen aber auch von Seite der Krone kein Vertrauen, denn eben so wie sie die geheiligsten Rechte ihrer Mitbürger mit Geringschätzung belächeln, verlassen sie auch bei dem ersten Gefahr drohenden Moment ihren König und ihr Vaterland, während das Interesse der Stände mit dem Interesse des Landesfürsten in guter und böser Zeit unzertrennlich verbunden bleibt. Ich verwahre mich im Voraus gegen den Einwurf, daß ich Propositionen zu stellen wage, die nicht in unserer Verfassung begründet wären. Ich beantrage, keine Bedingung an die Bewilligung des nun zu berathenden Postulats zu knüpfen, sondern lediglich zu erklären, daß die Stände es nicht über ihr Gewissen bringen können, noch längerhin die Postulate aufs gerade Wohl zu votiren, ohne zu wissen, wozu die Gelder verwendet werden, an welchen der Schweiß des Landmannes klebt.

Ohne Mittheilung des Budgets, ohne Rechnungablegung der Finanzverwaltung würde das heiligste Recht der Stände zur erbärmlichen Ceremonie herabsinken, was sicher nicht der Wille unseres gerechten und erhabenen Monarchen sein kann.

Die übrigen Propositionen betreffen die fühlbarsten Mängel, an welchen unser Vaterland leidet, und um ihre Abhilfe zu bitten ist doch sicher ein Recht, das in dem Rechte des ständischen Beirathes vollkommen enthalten ist. -

Die Stände üben daher nicht nur ein verfassungsmäßiges Recht, sondern sie erfüllen die ihnen obliegende heiligste Pflicht, indem sie auf die allerehrerbietigste und unterthänigste Weise erklären, daß sie in Zukunft es nicht mit ihrem Gewissen vereinbarlich finden, die Postulate zu bewilligen oder zu verweigern, wenn ihnen nicht von Seiten der hohen Verwaltung auch ein Blick in den Staatshaushalt gegönnt werde. Wobei sie die Bitte beifügen, daß jenen fühlbarsten Mängeln abgeholfen werde, an welchen unser Vaterland leidet. In Concretirung meiner Propositionen erlaube ich mir dieselben nochmals kurz zusammen zu fassen. - Nämlich die ungeschmälerte Votirung des diesjährigen Steuerpostulats. Für die Zukunft aber die Vorlage des Budgets zu erbitten und Se. Majestät anf die dringendsten Bedürfnisse aufmerksam machen, ohne welche kein Staatsverband dauernd bestehen kann, nämlich Beirath der Stände, Sparsamkeit im Staatshaushalte, Rechnungsablegung und Verantwortlichkeit der höchsten Finanzbeamten, Verminderung des kostspieligen Beamtenstandes durch Verminderung unnützer Schreibereien und endlich Oeffentlichkeit der Rechtspflege und Gleichstellung aller Partheien vor dem öffentlichen Gerichte.

Fürst Lamberg m/p.



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