Vortrag,

gehalten in der Landtagsversammlung am 30sten August 1847 über die herabgelangte allerhöchste Instruktion für die k. k. Landtagscommissäre.

Von Friedrich Grafen Deym.

Die ständische erste Erklärung auf das allerhöchste Postulat für das Steuerjahr 1848 ist aus der pflichtmäßigen Ueberzeugung hervorgegangen, daß die Stände trotz ihres loyalen und lebhaften Wunsches, in Allem und Jedem dem durch Se. geheiligte Majestät an sie gestellten Ansinnen nachzukommen, sich nicht gestatten durften, den Endzweck aus den Augen zu verlieren, um dessenwillen sie mit wichtigen Privilegien ansgerüstet alljährlich zusammenberufen werden. Wenn sie daher sich dennoch verbunden hielten, bezüglich eines zur ganzen Steuersumme vergleichsweise geringfügigen Betrags nicht völlig beistimmend mit dem Wortlaut des an sie gelangten allerhöchsten Postulates sich zu erklären, so wird doch Niemand, der den Verhandlungen in den einzelnen Kurien sowohl als im Plenum gefolgt ist, in Abrede stellen können, daß das Resultat ihres vielseitig erwogenen Endvotums weder aus einer oberflächlichen Auffassung des Gegenstandes, noch viel weniger aus einem Verkennen ihrer verfassungsmäßigen Stellung entsprossen ist, sondern daß vielmehr das Gewicht unabweisbarer Gründe und Thatsachen, so wie die Gewissenspflicht, welche sie dem Throne sowohl als dem Lande gegenüber zu erfüllen haben, sie nöthigte so zu stimmen wie sie gestimmt haben.

Um so unerwarteter und betrübender, ja unaussprechlich schmerzlich muß ihnen daher die Eröffnung sein, welche Se. Majestät geruht haben, an Ihre allerhöchst bestellten Kommissarien zu erlassen, die den Ständen heute mitgetheilt wurde. - Nach dieser scheint es sich nicht mehr allein um die beanständete Steuersumme, sondern noch überdies um den Bestand ihrer uralten, mit den höchsten Garantien gewährleisteten Landesverfassung zu handeln, indem jede an den Thron gebrachte Meinungsverschiedenheit der treugehorsamsten Stände über die allerhöchste angesonnene Steuerpostulatensumme als unzulässig erklärt, und sogar die Erörtemng der Frage des quomodo von den Verhandlungen über das Postulat ausgeschlossen wird.

Wenn aber die Stände weder über die quaestio an, noch über die quaestio quomodo eine gegen das allerhöchste Steuerpostulat abweichende Erklärung abgeben sollen oder dürfen, so frage ich: welchen Zweck hat denn sofort ihre feierliche Zusammenberufung? welcher Sinn soll und kann den Worten des erflossenen allerhöchsten Einberufungspatents beigelegt werden, die nachstehender Massen lauten: "So gebieten Wir Unseren sämmtlichen treugehorsamsten Ständen im gedachten Königreiche Böhmen gnädigst und festiglich, daß sie am Abend vor dem bestimmten Tage sich in Unserer königlichen Stadt Prag einfinden, den darauf folgenden Tag früh Morgens an dem gewöhnlichen Ort gewiß und unfehlbar erscheinen, daselbst die Landtagsproposition und was Wir sonst in Unserem Namen werden vortragen lassen, in allerunterthänigstem Gehorsam anhören, vernehmen, zu getreuen Herzen ziehen, reiflich und wohl erwägen und berathschlagen, und sodann sich zu einem solchen Entschlusse bequemen, der Unsern, des sämmtlichen Königreiches Böhmen und ihren selbsteigenen Bedürfnissen angemessen ist" - und dann den weiteren Worten: - "so sollen nichts desto weniger die Gegenwärtigen dießfalls zu traktiren und zu schließen vollkommen Macht und Gewalt haben. -

Welche Bedeutung läßt sich ferner nachstehendem Satz in der allerhöchsten ersten Instruktion an die k. k. Kommissäre beilegen: - "und daher nicht zweifeln, daß die treugehorsamsten Stände ihre bereitwillige Erklärung nach ihrem vielseitig bewährtem Eifer für Uns dann Unser k. k. Haus durchgehends abfassen und den Landtag bei Zeiten zu beenden -- bedacht sein werden."

Wie sind demnach die urkundlichen königlichen Bestimmungen in Betreff der ständischen Steuerverwilligung und die hierauf bezüglichen Landesprivilegien zu verstehen, auszulegen und anzuwenden? - Kann z. B., wenn Se. Majestät in Ihrer allerhöchsten Entschließung vom 12ten August 1791 sich dahin ausdrücken: "In dringenden Fällen aber und in Kriegszeiten kann nicht gestattet werden, in die quaestionem an einzugehen" - hieraus der Schluß gezogen werden, daß in allen übrigen Fällen das Eingehen in die quaestionem an unstatthaft sei?

Noch weniger aber sind die Worte eben dieser Entschließung: "dessenungeachtet bleibt jedoch den Ständen die quaestio quomodo, oder eigentlich die Repartition der Lieferungen und übrigen außerordentlichen Anlagen ohnehin unbenommen" im Zusammenhalt mit den Worten der ersten Instruktion an die k. k. Kommissäre: "vorher aber die Art und Weise, durch welche sie die Postulate einzuheben gedenken, vorläufig Uns zur Genehmigung anzuzeigen bedacht sein werden" der Auslegung fähig, daß die Stände sich mit der quaestio quomodo gar nicht oder mindestens außer Zusammenhang mit den Verhandlungen über die königlichen Postulate zu befassen hätten.

Gehen wir aber erst tiefer in die Sache ein, nämlich auf die eigentlichen Grundlagen unserer Landesverfassung und ihre faktische Ergebnisse, deren nothwendige Folge die angeführten allerhöchsten Bestimmungen waren, so zeigt sich noch unumstößlicher und klarer die Pflicht und das Recht der Stände, die allerhöchst postulirten Landessteuern sowohl in Bezug auf ihr Ausmaß als ihre Austheilung in Erwägung zu ziehen, und nur dasjenige anzunehmen, was die Stände nach ihrer vollen Ueberzeugung dem Lande auferlegen zu dürfen erachten, denn die in jedem Krönungseide neuerdings bestätigte Urkunde weiland Ferdinands II. vom 29sten Mai 1427 enthält ausdrücklich nachstehende feierliche Zusage: "Wir wollen auch keine Contributiones oder Steuern anders von Unsern gehorsamen Ständen, als auf denen Landtagen vermöge des in Unserer Landesordnung sub lit. A. V. gesetzten Artikels begehren, und überdies, was und wann sie selbsten bewilligen, ihnen keine Kontribution auferlegen."

Dieses hier bestätigte Steuerprivilegium ist, wie es die Geschichte Böhmens lehrt, das älteste und bis zum heutigen Tag ungeschmälert in voller Kraft verbliebene, und wenn Anhänglichkeit und Hingebung die Stände jederzeit angetrieben hat, auf die königlichen Propositionen in den meisten Fällen und in den schwierigsten Zeiten ohne Abänderung einzugehen, so zeigt doch die Geschichte aller Landtage seit acht Jahrhunderten, daß die Stände auch niemals ihrer Pflicht entstanden sind, nur dann ihr verwilligendes Votum abzugeben, wenn sie es mit voller Sachkenntniß zu thun im Stande waren, oder aber gewichtige Motive anderer Art sie im Intresse ihres Vaterlandes zu solcher Verwilligung bestimmten.

Es gibt übrigens nicht nur Beispiele, daß die Stände die königlichen Stenerpropositionen abgemindert haben, sondern auch solche, wo sie deren Verwilligung an die Bedingung der eigenen Gebahrung mit den eingehenden Geldern knüpften. So z. B. besagt der Landtagsschluß vom Jahre 1628 und mehrerer nachfolgenden: "damit das zur Erhaltung der Grenzfestungen in Ungarn aus der Haussteuer aufgebrachte Geld nicht irgend anders wohin verwendet werde, soll der Zesima Graf v. Wrtby sich zu den Grenzfestungen diesseits der Donau verfügen, und so lange diese Summe ausreicht davon auszahlen."

Abänderungen und gänzliche Ablehnungen kommen (um nur von den Zeiten nach der verneuerten Landesordnung zu sprechen) z. B. im Landtage von 1636 und 1637 vor, wo die von dem König verlangten 60,000 fl. zur Schuldentilgung im Hinblick auf die langen Kriegsunruhen gänzlich abgelehnt wurden. Die im Landtag 1654 von Sr. Majestät verlangten 500,000 fl. wurden von den Ständen nur mit 450,000 fl. verwilligt. Statt der im Landtag von 1655 abermals verlangten 500,000 fl. wurden nur 400,000 verwilligt; und das im zweiten Landtag gestellte Ansinnen eines Darlehens lehnten die Stände ab, wogegen sie eine Abgabe von 200,000 fl. im Geld, und 50,000 fl. im Getreide aus ihrem Säckel verwilligten. Durch den Decennalreceß vom 30sten Juli 1748 wurde zwar die von weiland Kaiserin M. Theresia postulirte Summe von jährlichen 5,270,488 fl. verwilligt, jedoch realiter durch 21 Klauseln wesentlich abgemindert, wovon ich nur anführen will, daß

1) denen Ständen hievon 393,000 fl. zur Bezahlung der Landesschulden in Handen belassen blieben und außerdem

2) die Naturalstellung der Rekruten und Remonten aufhöre, die Tranksteuer, das kleine Umgeld, das Kamerale ad liberum,  der Tanzimpost und 107,000 fl. von der Judensteuer den Ständen zur Disposition über, lassen werden, wie nicht minder, daß

3) von den Landesschulden 2,022,500 fl. von Sr. Majestät zur Zahlung übernommen werden; endlich daß

4) 240,000 Ctr. Salz den Ständen zu einem billigeren Preise als sie es verkaufen, überlassen und gestattet werde, durch eine Vermögenssteuer, die Stemplung des Papiers und der Karten, dann die Sperrkreuzer der Prager Städte und die Weintaz gegen Verrechnung einen fundum zur Aufbringung des Postulats hervorzusuchen.

Um endlich auch ein Beispiel nach dem, wenn auch fälschlich so genannten Normaljahre von 1764 anzuführen, will ich annoch des mittels Landtagsschlusses vom Jahre 1776 zu Stande gekommenen Decennalrecesses Erwähnung thun. Auch hier wurde nur erst durch gewisse Steuernachlässe und insonderheit durch die Bestimmung, daß von dem Superplus der neuen Tranksteuer 2/3 zur Erleichterung des Landes und nur 1/3 dem aerarium verbleiben sollen das königliche Ansinnen nicht unbedingt und vollständig, sondern nur theilweise angenommen.

Und fürchtete ich nicht, Sie, meine Herren, mit solchen Anführungen zu ermüden, so könnte ich noch mehrere ähnliche Data liefern, obschon leider der größte Theil der Landtagsakten gänzlich abhanden gekommen ist. Uebrigens genügt ja das bereits Gesagte vollkommen, um die Thatsache klar zu stellen, daß die Stände ihre unabhängige Ueberzeugungen in den Landtagsverhandlungen zu vertreten berufen und berechtigt waren, und es meines unvorgreiflichen Erachtens noch sein müssen, wenn ihre Stellung gegenüber der Krone und dem Lande von irgend einem Nutzen sein soll.

Der vollgiltige Rechtsbestand unserer ehrwürdigen Landesverfassung bis zum heutigen Tage ist außerdem in der jüngsthin von einer eigenen ständischen Kommission ausgearbeiteten Deduction, welche Sr. Majestät in einer eigenen Diätalschrift ihrem wesentlichen Inhalt nach unterbreitet wurde, so erschöpfend dargestellt worden, daß hierüber sich weiter zu verbreiten völlig unangemessen und überflüssig wäre. - Dagegen scheint es nöthig, aus den stattgehabten Landtagsverhandlungen den Nachweis zu liefern, daß erstens jedesmal die Regulirung der Steuermodalitäten oder die quaestio quomodo einen wesentlichen Theil der Landtagsverhandlungen gebildet hat, und zweitens, daß die verschiedenartigsten Landesinteressen und Landesgesetze daselbst verhandelt wurden; namentlich aber, daß die Landesgrenzen und Staatsgüter, über deren Integrität die Stände insbesondere zu wachen berufen sind, stets einen wesentlichen Theil der ständischen Berathung ausgemacht haben.

Alle Zweifel, wenn welche vorhanden gewesen wären, bezüglich der quaestio quomodo sind zwar schon durch den angeführten Worttext der allerhöchsten Entschließung vom 12ten August 1791 und jenen der Instruktion an die k. k. Kommissarien, dann durch den Worttext der Privilegiumsbestätigungsurkunde gehoben; wie denn auch meines Wissens nicht ein einziger Landtagsschluß angeführt werden kann, wo hierüber nicht verhandelt und beschlossen worden wäre, wie dies auch an und für sich ganz in der Natur der Sache liegt. - Um aber einen Beweis aus der neuesten Zeit zu liefern, daß die Stände bezüglich der quaestio quomodo nicht nur das Alte bestehen ließen, sondern auch abänderten; berufe ich mich auf die Verhandlungen des denkwürdigen Landtags vom vorigen Jahre und auf den Wortlaut der allerhöchsten zweiten Instruction an die Landtags-Kommissarien vom 25sten August v. J., gemäß welchen Se. Majestät ohne irgend eine Bemerkung über die Unzulässigkeit derartiger Verhandlungen bei Abfassung der ersten ständischen Erklärung die damals beantragte Abänderung in der Steuerrepartition sanktionirt haben.

In Betreff des zweiten Punktes finden, wir in den Landtagsschlüssen über die Religion, Privilegien, Steuern jeder Art, Schulden, Grenzberichtigungen, Schiffahrt, Maaß und Gewicht, Berg- und Münzwesen, Jägerei, Kreiseintheilung, Nebenrechte, Veräußerung von Krongütern, Rekruten, Polizeigegenstände, Judenschaft, Auswanderung, Spezialprivilegien, Maut, Zoll und Kommerz, Regalien u. a. m. ausführliche Verbandlungsergebnisse, und namentlich besteht heutzutage noch das 1650 wegen der Judenschaft vereinbarte Gesetz aufrecht.

Diese Thatsachen, welche die Geschichte aufgezeichnet hat, können nicht hinweggeläugnet werden; sie bestehen eben so gewiß, als wie das in vielfältigen Urkunden niedergelegte königl. Wort, die wohlerworbenen Landesfreiheiten und Rechte unter allen Umständen aufrecht zu erhalten, welche insbesondere nicht nur durch den Majestätsbrief vom 29sten Mai 1627, der ohne alles Reservat und Abänderung bis auf unsern jetzt glorreich regirenden König und Herrn durch den abgelegten Krönungseid allergnädigst bestätiget wurde - gewährleistet sind, sondern wir finden noch außerdem, daß diese Urkunde im zweiten Landtag des Jahres 1640 aberwals feierlich confirmirt worden ist, wobei ich beiläufig darauf aufmerksam mache, daß als Taxen für die erste Urkunde 12,000 fl. an die Hofkanzlei entrichtet wurden, und hinsichtlich der zweiten folgende Stelle in dem gedachten Landtagsschluß vorkömmt: "daß, weil den Ständen bei dieser so schweren Kriegszeit und erlittenen Kriegserpressungen die Mittel zur Bezahlung der Taxen zur Auslösung dieser Konfirmation ermangeln, so haben Se. Majestät bewilligt, daß solche von der gegenwärtigen ansehnlichen Kontribution bezahlt werden sollen." - Diesemnach haben gewissenmaßen die Stände bereits 24,000 fl. für eine Urkunde aus den Landesmitteln herbeigeschafft, die nunmehr ohne Werth und Geltung wäre, wenn die Ausübung der dort bestätigen Vorrechte, durch welchen immer Namen habenden Act, ohne Verschulden der Stände beschränkt werden könnte. Und nach dem gemeinen Rechte wäre das Land für den Fall, als wir pflichtwidrig die kostbaren Privilegie nicht schützen oder gar selbst aufgeben würden, befugt, nicht nur die Stände überhaupt zur Verantwortung zu ziehen, sondern ihnen auch den Ersatz der aus den Landesmitteln bezahlten Privilegientaxen aufzulegen.

Ich führe diesen Umstand nur an, um auch materiell zu zeigen, daß die Stände nicht für sich und ihren persönlichen Vortheil, sondern dem Lande gegenüber die Aufrechthaltung ihrer Privilegien handzuhaben schuldig seien. - Welches denn auch die Stände pflichtmäßig mehr oder minder ausführlich durch die, den Landtagsschlüssen angehängten Reservate und Verwahrungen gethan haben, die im Wesentlichen des Nachstehenden so lauten, wie sie im Schluß des Landtages von 1627 formulirt wurden, nämlich: "Diese von allen vier Ständen des Königreiches geschehene Vergleich und Verwilligung, welche auf gnädigstes Begehren Ihrer kaiserl. Majestät aus unterthänigster Lieb und ihrem freien guten Willen erfolget, soll zu keinem Nachtheil oder Schmälerung ihrer Privilegien, Begnadungen, Freiheiten, Rechte, Ordnungen, alten guten Gewohnheiten und Brauches dieses Königreiches weder jetzt und zukünftiger Zeiten gereichen, und werden Ihre kaiserl. Majestät auch hierüber einen genügsamen Revers gnädigst fertigen und einantworten lassen." -

Die diesem Begehren entsprechenden königl. Reverse sind denn auch in ununterbrochener Reihenfolge bis auf den heutigen Tag den Ständen, wie Jedermann bekannt, zugekommen; überdies aber bei vielen Anlässen und namentlich in allen Instruktionen an die k. k. Commissarien findet sich die königl. Versicherung, daß alle ständ. Verwilligungen "ihren wohlhergebrachten Rechten und Freiheiten unabbrüchig sein sollen" -  wie denn endlich zur noch größeren Bekräftigung z. B. im Landtagsschluß von 1655 ausdrücklich das königliche Wort hiefür verpfändet ist.

Um aber auch zu zeigen, daß weiland Kaiser Leopold II. glorreichen Angedenkens, keineswegs die Absicht gehabt hatte, die Landesverfassung in ihren Grundlagen abzuändern, und die ständischen Privilegien in irgend einer Weise zu schmälern, führe ich (weil die gegentheilige irrige Meinung bei Vielen Eingang findet) annoch den hieher gehörigen Wortlaut des allerhöchsten Rescripts vom 1sten Mai 1790 an, und zwar: "zweitens über die Wiedereinführung der ständischen Verfassung und ihrer Wirksamkeit, wobei die historische Darstellung derselben, so wie solche vormals und nachher, sowol während als nach der Regierung der Kaiserin Königin Maj. höchstseligen Andenkens war, vorauszugehen, und dann die umständlichen Vorschläge, auf was für Art dieselbe mit Rücksicht auf die gegenwärtigen Umstände und ohne Bebürdung des Landes oder des aerariums auf die zweckmäßigste Weise wieder hergestellt werden könnte zu folgen haben."

Dieser Satz bedarf keines Kommentars, denn er spricht nur von Wiedereinführung und von Wiederherstellung, und mit keinem Wort von Abänderung der Landesverfassung.

Man wird mir vielleicht hierauf entgegnen, daß, wenn auch weiland Kaiser Leopold II. bei Zusammenberufung der Stände nicht die Absicht hatte, die Verfassung abzuändern, höchstderselbe eine solche jedoch durch die allerhöchste Entschließung vom 12ten August 1791 nicht nur bethätigt, sondern hierdurch sogar eine ganz neue Landesverfassung geschaffen habe. -

Diesem letztern muß ich entschieden widersprechen; denn sobald wir nicht im Vorhinein alle Landesprivilegien, somit auch die rechtliche Wirksamkeit der Stände und ihr Mandat im Landtag zu verhandeln vor Erfluß dieser höchsten Entschließung als gänzlich erloschen betrachten wollen; - muß folgerecht angenommen werden, daß die Stände kraft ihrer Privilegien im Jahre 1790 zusammengetreten sind, wonach sofort die dortigen Verhandlungen nur nach diesen und dem bestandenen Herkommen beurtheilt werden können; oder mit andern Worten: die rechtliche Wirkung aller, während dieses Landtages vorgekommenen Acte kann nur nach dem beurtheilt werden, was bei den, diesem vorangegangenen Landtagen Geltung hatte, nämlich: zur giltigen, für das Land verbindlichen Erzeugung eines durch Mitwirkung der Stände zu Stande gekommenen Gesetzes war und ist noch gegenwärtig erforderlich:

1) die Zusammenberufung der Stände durch den König;

2) die Eröffnung der Proposition des Königs;

3) die ständischen Verhandlungen und Voten über die königliche Proposition;

4) die ständische Erklärung hierüber;

5) die königliche Antwort;

6) je nach Umständen eine weitere ständische Erklärung oder aber die Abfassung der Schlußartikel;

7) die königliche Sanktion derselben; und endlich

8) die feierliche Publikation des Landtagsschlusses und seine Drucklegung. -

Nun aber wissen wir, daß auf die zweite Hauptschrift der Stände nur einzig und allein das Hofdekret vom 12ten August 1791 erflossen ist, ohne daß dessen Annahme durch ständische Beschlüsse ausgesprochen wurde; geschweige denn, daß die Abfassung der hierauf bezüglichen Schlußartikel, deren allerhöchste Sanktion und feierliche Publication jemals vor sich gegangen wäre. - Es fehlen also dem genannten Hofdekret, - dessen ganze Fassung noch überdies beweist, daß es kein Gesetz, sondern nur eine Antwort war - die allerwesentlichsten Erfordernisse, um sich als ein auf dem Landtage ordnungsmäßig vereinbartes und allgemein verbindliches Landesgesetz darzustellen. Es kann daher diesem Hofdekret keine andere Geltung und Wirkung beigelegt werden, als die der allerhöchsten Meinungsäußerung über ein Sr. Majestät unterbreitetes ständisches Elaborat, in welchem Sinne es auch bisher von jedem Sachkundigen betrachtet und angezogen wurde.

Wir stehen daher, meme Herren, von welcher Seite wir auch immer unsere Zustände betrachten wollen, noch unverrückt auf demselben Rechtsboden, den unsere Väter einnahmen; - die Integrität unserer Landesfreiheiten und Rechte ist erhalten in der umfassendsten Bedeutung des Wortes; denn auch nicht die leiseste Spur eines rechtsgiltigen Aktes läßt sich nachweisen, durch welche die ständischen Privilegien und Landesfreiheiten in irgend einem Theil geschmälert oder gar aufgehoben worden wären; sondern im Gegentheil die umfassendsten Urkunden, ihre feierlichsten Gewährleistungen, welche wir besitzen und die bis in die neueste Zeit heraufreichen, - sind die festen Bürgen, die unabweisbaren Zeugen unseres aufrechtstehenden Rechtes! - Darum, meine Herren, können wir mit voller Ueberzeugung unser Recht im gegenwärtigen Fall vertreten und mit frohem Muth der Zuversicht leben, daß der Tag anbrechen müsse, wo die Räthe der Krone ihre gewiß nur aus dem mangelbaren Studium unserer Rechtsverhältnisse und Geschichte hervorgegangenen irrigen Meinung über die Verfassung unseres Vaterlandes - aufgeben werden; denn auch sie, (dessen bin ich gewiß) wollen das Recht. - Der König aber sieht und hört nur durch das Wredium seiner Räthe; von dem Könige können wir nicht verlangen, daß er in seinem weiten Reich alle Verhältnisse selbst ergründe, überall mit eigenen Augen sehe; darum Heil dem König, dem Gerechten, dem Verfassungstreuen! wenn er uns auch diesmal, ohne es zu wollen, tief gebeugt hat.

Meine Schlußanträge aber können und dürfen nicht anders lauten, als es meine Pflichten, meine Ueberzeugung, meine Verantwortlichkeit gegenüber dem Lande fordern; sie gehen einfach dahin: - die Stände wollen beschließen:

"das aufrecht zu erhalten, was sie pflichtmäßig in ihrer Erklärung vom 27sten Mai d. J. auf das allerhöchste Postulat niedergelegt haben, indem es Sr. Majestät nicht gefallen hat in allergnädigster Erwiderung hierauf die Motive zu entkräften, aus welchen die gedachte Erklärung hervorgegangen ist."



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