102. Ferdinand 1 ersucht den Kurfürsten Moriz von Sachsen um Hilfe gegen die ungehorsamen böhm. Stände.
Juni 1547. - Konc. im Arch. des k. k. Minist, d. Innern in Wien. - Böhmen IV. M. 3.
Ferdinand etc. Wir haben Deiner Liebden verschiener Tag in unserm Schreiben aus Leutmeritz freundlich und gnediglich ausgefürt, warumb wir D. L. Hilf zu erforderen und zu gebrauchen verursacht und noch bedürftig seien: Nämlich dass wir mit derselben D. L. Hilf und anderm unserm habenden Kriegsvolk die unleidenlich, hochsträflich Ungehorsamb und Entpörung (die sich allein darumb wider uns in unser Cron Behem erhebt, dass wir D. L. in ihren Obligen in eigner Person zugezogen) wiederumb stillen und zu gepürender Gehorsamb bringen möchten, mit mehrer freundlichen und gnädigen Vermeidung, was für Nutz und Vortheil nit allein uns und unsern Königreich und Landen, sonder auch D. L. und derselben Landen und Leuten aus Verrichtung sollichs unsers Vorhabens erfolgen und herwiderumb, zur was Nachtheil und Schaden nit allein uns sonder auch D. L. selbs leichtlich kommen möcht, wo D. L. zugeschickte Hilf vor der Zeit und ungeschaffter Ding wieder abziehen sollt, und daruf ganz freundlich und gnädiglich an D. L. begert, die wolle ihr zugeschickt Hilf vor Verrichtung unsers notwendigen Vorhabens keinswegs abforderen. So wollen wir uns dagegen zu höchsten befleissigen, dass wir D. L. mit Erforderung der andern und niten(?) mehrern Hilfen (sofer es immer möglich) verschonen und unser Sachen zum eilendisten verrichten und also bestellen, dass wir D. L. in ihre Obligen wieder stattlich helfen mögen.
Daruf ist uns nun jetzo D. L. Schreiben aus Dresden vom andern Tag dieses laufenden Monats July ausgangen behendigt worden, daraus wir freundlich und gnädiglich vernommen, dass D. L. die Faar(!) vorsteet, dass ein Entpörung, Vergardung und gefärliche Versamblung in oder an D. L. Land eilendts entsteen möcht, und dass D. L. demnach bittet, dass wir söllich D. L. und derselben Landt und Leut Notturft und die geschehne Vereinigung erwegen und D. L. Kriegsvolk, so förderlich es geschechen mög, mit D. L. Bruder, dem hochgebornen Augusten Herzogen zu Sachsen etc. unsern lieben Öhemen Fürsten wieder zu D. L. oder doch uf die Grenitz ziehen lassen wolten, mit fernerem freundlichen Vermelden und Erpieten: wo wir in wenig Tagen etwas gegen unsern ungehorsamen Undertanen furnemen, so mögen wir D. L. Hilf darzu gebrauchen und verschaffen, das ihnen notturftige Proviant umb geburliche Bezahlung zugefürt werde. Und da jemand wider uns im Feld wäre oder darein ziehen wolt, dass D. L. nit allein ihr jetzig Kriegsvolk bei uns lassen sonder mit einer mehrern Anzahl uns zu Hilf kommen wolt, wie dan sollichs D. L. Schreiben und der darin gelegt Zettel weiter ausweisen.
Daruf geben wir nun D. L. freundlich und gnädiglich zu verneinen, dass wir gegen unsern ungehorsamen Undertanen unser notwendig Vorhaben in so wenig Tagen, als es immer möglich sein mag, zu handien und zu verrichten und darin (wie wir auch D. L. vormaln geschrieben) kein Zeit noch Stund zu verfeiren gedenken. Und dieweil wir aber za demselben nochmaln D. L. zugeschickte Hilf nit wol entperen mögen, so wollen wir uns zu derselben D. L. obberürtem ihrem freuntlichen Vermelden und Erpieten nach freundlich und gnädiglich versehen, sie werde unbeschwert sein, die-selbigen bis zu Verrichtung obberurts unsers notwendigen Vorhabens bei uns bleiben zulassen und werde auch hierin notturftiglich erwegen: dieweil wir zu D. L. und derselben Land und Leut Hilf und Rettung wider vieler unser Undertanen Rath und vielfältigs Ersuchen aus dieser unser Cron eigner Person sambt unserm geliebten Sohn gezogen und unsere geliebten Töchtern bei den Undertanen, so söllichs unsers fürgenommen Zugs halb damalen albereit etwas bewegig und schwierig waren, hinder uns verlassen und also diese jetzig Empörung und Ungehorsamb uns allein von wegen unsrer D. L. geleisten Hilf halb zugestanden, dass demnach ganz billich und recht sei, dass söllich entstanden Empörung und Ungehorsamb och mit D. L. freundlichen Hilf wiederumb gedempft, gestillt und zu gebührender Gehorsamb gebracht werde. Dieweil doch D. L. unverborgen, dass aus Wiederbringung und Stifftung gebürender Gehorsamb in dieser unser Cron nit allein uns, sonder auch D. L. und derselben Landen und Leuten dieser Nutz zu gewarten, dass die geburende Gehorsamb und Ruhe bei unser bederseits Undertanen desto leichter zu erhalten, dass sie auch von uns gegen andern unsern wiederwertigen desto stattlicher geschützt und geschirmbt werden mögen, und alle unser beiderseits widerigen, ab dem dass sie wissen werden, wie freundlich und treulich wir einandern nit allein mit schriftlicher Vereinung verwandt, sonder auch mit wirklicher Hilfleistung zusammensetzen, ein Abscheuchen und Schrecken empfachen mögen, uns oder unser eins Land und Leut anzugreifen.
Welches aber keineswegs erfolgen könte, noch verhoffenlich war, wo befunden wurde, dass einer sein geschickte Hilf von dem andern (eemaln derselbig sein notwendig Vorhaben, darumb ihme och die Hilf geschickt worden, zu End hette bracht) wieder abforderte. Dann aus demselbigen sie und die, wider weliche söllich Hilf gebraucht worden sein sollt, vielen ein mehrer Herz und Trost ihr böss Fürnemen zu bestreiten und zu vollenden empfachen würden, dann einich Abscheuchen oder Forchi fassen, sich derselben zu enthalten. Dann so wird auch D. L. in fürfallenden ihren Obliegen (die doch der Allmechtig gnediglich verhüten wolle) nach gesurfter Gehorsamb in dieser unser Cron die gepürend Hilf auch einhelliglich und stattlich geleist werden mögen, welches im Fall der we-renden Ungehorsamb gegen uns bei unsern und derselben unser Cron Behem Undertanen nit zu erhalten wäre. Hierumb und wann nun D. L. sich als obbemelt, auch freundlich erpeut, im Fall do jemand wider uns im Feld war oder darein ziehen wolt, nit allein die jetzige Hilf bei uns bleiben zu lassen, sonder uns mit einer mehrern Anzahl zu Hilf zukomen und daneben, als der hochver-stendig leichtsam wol abnemen kann, das unsere ungehorsamen Undertanen, so ab unserm habenden und D. L. zugeschickten Kriegsvolk sovil Schreckens empfangen, dass sie sich in das Feld noch zur Zeit nit zusamen begeben dürffen, jetzo nach dem Abzug D. L. Hilf, wo die änderst unverrichter Ding abzuge, nit allein ein Herz fassen mochten, förderlich in das Feld zusammen zerucken, sonder auch einen mehrern Anhang und grössere Empörung anzerichten understeen und vielleicht aufbringen wurden. So hat demnach D. L. vernunftiglich zuermessen, wieviel besser und leichter D. L. sei ihr jetzige Hilf bei uns bis zu Verrichtung unsrer furgenommen Sachen zelassen, dann durch derselbi-gen Abzug einen sollichen Unrat und Empörung zu verursachen und denselben folgendts mit einer viel mehrern Anzahl Kriegsvolk und Unkostens wieder dempfen zu helfen, wo änderst als dann Zeit und Gelegenheit zu der Verfassung und Dempfung sein und nit der Unfall zuschlagen wurd, dass die Empörung, Vergardung und gefärliche Versamblung in oder an D. L. Land mit angienge und D. L. derselben sampt andern Widerwärtigen, so sich an sie schlagen möchten, nit stark gnug sein wurde und alsdann unserer entweder dem Andern in rechter Zeit weder tröstlich noch hilflich gnug sein mocht, so doch sunst wärtige alle ihr mutwillige Fürnemen umb so viel desto weniger in das Werk zebringen understehen durffen, wieviel mehr sie vernehmen, dass unser beder Kriegsvolk beisamen ist und sich diese unser behemisch Ufrur abnimpt und gedempft würd und ob sie je über alle andere Für-sehung, die D. L. zu Verhinderung ihres Vorhabens thun mag, furfüren, mögen sie folgends vermittelt göttlicher Gnaden mit unser bederseits gmeiner Hilf viel stattlicher abgetrieben werden, dann wo wir unser Kriegsvolk jetzo, so wir des am meisten an dem Ort, da es ist, bedürfen, von einander trennen und theilen müssten.
Dass aber D. L. under andern anregt, wie sie glaublich bericht, dass uns niemand understee in denen Fällen, davon die Vereinung besage, zu beschedigen, zu bekriegen oder zu befeheden, daraus vielleicht D. L. eingebildet werden will, als ob die ihr Hilf zuschicken nit schuldig gewesen und die von wegen der Gefaar, das sich ein Empörung und Vergardung in ihren Land eilend erheben möcht, wieder abzeforderen Fueg hab, achten wir unnottwendig sein, der zwischen unser ufgerichten Vereinung Inhalt und Besag halb einiche Ausfürung zethuen, dieweil D. L. wol bewusst, was wir uns nach Erlegung des Ächters Kriegsvolks bey Adorff, auch nach Eroberung D. L. Stadt Zwickau mit Schickung und Underhaltung unsers Kriegsvolks lange Zeit verhalten, darzu auch D. L. ohne Zweifel noch wol eingedenk ist, wes wir söllicher Hilf halb und warzu wir dieselbigen gebrauchen wollen im Feldleger vor Wittenberg mundtlich geredt und gehandelt haben; daraus wir bei uns schliessen und genzlich darfür halten, das D. L. bei ihr selbs auch für gwiss halte, dass sie uns ihr zugeschickt Hilf domaln billich bewilligen und schicken hab sollen und mögen.
Darumb wir uns zu D. L. nochmaln freundlich und genzlich versechen, die werde nämlich sich nit bewegen lassen, unser nottwendig Vorhaben und Bestraffung unserer ungehorsamen Undertanen für einen sollichen Fall zu halten, der in der zwischen unser ufgerichten Vereinung nit begriffen sei, dieweil doch eben diese unsere Undertanen in grosser Anzahl sich wider uns, ihrn König und Erbherren aufgeworfen und uns ihrs höchsten Vermögens zuverhinderen understanden, damit wir D. L. nit zu Hilf ziechen, noch auch dass wir des gewesnen Churfursten Land und Leut angreifen und unser zuvor von ihme eroberte Gueter wieder einnehmen möchten; darzu auch uns mit der That in unser königlichen Regalien, Oberkeit und Einkomen gegriffen haben.