Sobota 29. èervence 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Siebente Sitzung des constituirenden Reichstages.

am 29. Juli 1848 Abends.

Tagesordnung. Berathung der Adresse an Se. Majestät.

Vorsitzender: Vicepräs. Strobach.

Anwesende Minister: Doblhoff, Latour, Krauß, Bach, Schwarzer, Hornbostel.

Anfang um 7 Uhr Abends.

V i c e p r ä s. Die Kommission hat den Adressenentwurf erst um 3/4 6 Uhr beendet, der Vorstand hat sogleich die Lithographie desselben veranlaßt, in der Kürze der Zeit war es jedoch nicht möglich, die Herrn Deputirten mit einem Adressenentwurf aus der Lithographie bellheilen zu können. Ich erlaube mir an die hohe Versammlung die Frage: ob es nicht wünschenswerth wäre, daß der Herr Referent das Concept recht langsam vorträgt, damit die wichtigsten Stellen notirt werden können, oder daß die Debatte darüber hinausgeschoben werden soll, bis die erforderliche Anzahl von Exemplaren aus der Lithographie herkommen wird. (Allgemeiner Ruf. Vorlesen.) Ich bitte jene Herren, welche sich für das Vorlesen im gegenwärtigen Augenblick aussprechen wollen, dieß durch Ausstehen bekannt geben zu wollen. (Allgemeine Zustimmung.) Die erforderliche An» zahl der Herren Deputirten sowohl für die Eröffnung der Sitzung als auch zur Beschlußverfassung ist nach der Bestätigung der Herrn Secretäre vorhanden. Bevor wir zur Debatte über diesen Gegenstand, über den Adressentwurf selbst schreiten, dürfte es wünschenswerth sein, die Glieder des Ausschusses, der die Aufgabt hatte, die Adresse zu entwerfen, der hohen Versammlung mitzutheilen:

Aus der 1. Abtheilung, Abg. Mayer.

,. 2.....Schmitt.

" 3. " " Neuwall, " 4. " Praschak.

,, 5.,,,, Neumann.

" 6.,,,, Klaudi.

,, 7.....Fischer.

, 8.,,,, Machalski.

,, 9. ", Haimerl.

Als Vorsitzer wurde in diesem Ausschüsse gewählt der Herr Präs. Dr. Schmitt, als Berichterst. die Herrn Dr. Neumann und Mayer. Ferner sind die Gouvernements zur Wahl der Herrn Deputirten nach Innsbruck heute Früh geschritten, so weit mir die Wahlen bekannt wurden, sind nachstehende Herren gewählt worden: 

Aus Niederdeuterreich unser Präs. Schmitt.

,,.Oberösterreich Hr. Alois Fischer.

,,..Böhmen Hr. Alois Borrosch.

,, Mähren und Schlesien Hr. Jos. Weitz.

,, Galizien Hr. Fr. Wierzchlejski.

,, Steiermark Hr. Carl Engelhofer.

,, dem Küstenlande Hr. Carl Cattinelli.

,, Kärnthen und Krain Hr. Thaddaus Lanner.

,, Tirol durch die Wahl der Versammlung selbst Hr. Hier. Klebeisberg und Hr. Alois Strasser, dagegen der von den Herrn Deputirten selbst Gewählte ist mir nicht bekannt geworden. (Zuruf: Ferd. S t ö c k l.) Aus Dalmatien find bisher noch keine Deputirten erschienen, folglich fand dießfalls noch keine Wahl Statt. Was nun die Adresse selbst anbelangt, so fordere ich den Herrn Berichterstatter des Ausschusses auf, den Antrag hier stellen zu wollen. (Hr. Abg. Mayer als Berichterstatter besteigt die Tribüne und liest den Entwurf:)

"Euere k. k. Majestät!"

 "Der durch Euerer Majestät Stellvertreter eröffnete constituirende Reichstag hat heute durch das Ministerium vernommen, daß Euere Majestät höchst Ihre Gegenwart, oder die eines Alter Ego nicht nothwendig halten, bevor der Reichstag seine Gesetze nicht festgestellt hat, und daß höchst Sie vor Allem die Überzeugung gewinnen müssen, daß das freie Handeln der gesetzgebenden Versammlung in jeder Hinsicht gesichert ist, weil Euere Majestät diesen Beweis väterlicher Vorsorge und Liebe, Ihren geliebten Unterthanen, in der Bewahrung ihrer Rechte schuldig zu sein glauben. Diese Ansprache Euer« Majestät erfüllte die frei gewählten Vertreter der frei gewordenen Völker Österreichß mit der gegründeten Besorgniß für das Wohl, ja für den Bestand des Kaiserstaates, und sie halten es für ihre heiligste Pflicht, offen aufzusprechen, daß die geheiligte Person des Staatsoberhauptes im Schwerpunkte der constitionellen Monarchie, am Sitze der Reichsvesammlung, an der Spitze der Staatsgeschäfte nicht langer mehr entbehrt werden kann.

In den Worten Euerer Majestät liegt aber auch der Trost, daß Euere Majestät den Pflichten gegen Ihre in Liebe zum Throne vereinigten Völker Rechnung zu tragen und zuzusichern geruhten, daß Euere Majestät dann in die Burg Ihrer Ahnen zurückzukehren Willens feien, bis die Überzeugung feststehe, daß der Reichstag frei tage. Die Reichsversammlung spricht einhellig im Angesichte Österreichs, im Angesichte Europas aus, daß sie sich nicht nur frei fühle, sondern auch im vollen Bewußtsein ihrer Freiheit die Constitution des Vaterlandes berathe. Euere Majestät! die frei gewählten Männer, bekleidet mit dem Vertrauen des freien Volkes, würden es als einen Verrath am Volke ansehen, wenn sie an einem Orte verblieben, wo sie sich nicht in der vollsten Freiheit der Berathung und des Handelns befänden. Daß die Reichsversammlung tagt und aus ihrer Mitte Vertreter aller Landestheile an Euere Majestät zu dem Ende sendet, damit der constitutionelle Kaiser das ruhmvoll begonnene Werk mit den Vertretern seiner Völker zur fegensvollen Vollendung bringe, dieß, Euere Majestät, ist der sicherste Beweis, die unwiderlegbare Garantie, daß das freie Handeln der gesetzgebenden Versammlung in jeder Hinsicht gesichert ist, und erst dann in Frage gestellt werden konnte, wenn Euere Majestät nicht durch Höchstehre Gegenwart dem Verfassungswerke die nöthige Weihe geben wollten. Euere Majestät! Die dankbaren Völker Österreichs fordern daher durch ihre in Wien versarnmelten Vertreter, als den von Euer Majestät zugesicherten Beweis väterlicher Fügsorge und Liebe, die ungesäumte Rückkehr Eurer Majestät, und dürfen nicht verhehlen, daß die längere Abwesenheit Eurer Majestät den Staat und die Dynastie in die äußerste Gefahr stürzen, und jene Segnungen, welche das Vaterherz des gütigen Monarchen seinen treuen Völkern zugewendet hat, nicht zur erwünschten baldigen Keife gedeihen lassen würde. Im erhebenden Bewußt sein erfüllter Bürgerpflicht verharren.

Eurer Majestät treu ergebenste" 

 (Es werden lithographirte Exemplare von der Adresse an Sc. Majestät ausgetheilt, welche aber nicht in hinreichender Anzahl vorhanden sind, und daher gewartet wird, bis andere kommen.)

Vicepräs. Ich habe so eben in der Lithographie die Anfrage gestellt, wie viel Zeit nötig sein wird, um 60 Abdrücke von drei Blattern zu erhalten, es wurde mir aber eröffnet, daß dieses noch einen Zeitraum von 3/4 bis 1 Stunde in Anspruch nehme. Ich stelle die Frage: ob es nicht vielleicht wünschenswerth wäre, die Debatte zu eröffnen, oder vielleicht ein Auskunftsmittel zu finden, daß bei einein langsamen Vorlesen, die angegebenen drei Blatter von den Herren nachgeschrieben würden, so daß die ganze Reichsversammlung im Besitze derselben sich befinden dürfte; denn es sind bereits 60 Exemplare von Nr. 1 und 2. ausgegeben worden. Sollte dieser Antrag der hohen Reichsversammlung belieben, so könnte der Herr Secretär mit der langsamen Vorlesung beginnen. (Secretar liest die Adresse vor.)

Abg. L o h n e r. Ich muß mit Bedauern bemerken, daß ich in einem so dringenden Augenblicke vielleicht durch meine Einwendung der wünschenswerthen Beschleunigung der Adresse entgegentrete. Dennoch scheint es mir, daß das erste Mal, wo der Reichstag eine große Pflicht zu erfüllen hat, nämlich die Wahrheit zum Throne zu sprechen, ein Moment sei, wo die Worte abgewogen werden müssen, noch mehr aber die Gedanken beachtet werden, in denen der Reichstag sich vernehmen läßt. Ich gestehe, daß ich nicht auf Kleinigkeiten eingehe, ich wollte nicht sagen, daß mir der ganze Styl durch einzelne wiederkehrende Worte und namentlich die Kakophonie unliebsam scheinen. Am Ende haben unsere Völker noch nicht sprechen gelernt, wer mag es übel nehmen, wenn unser Volk etwas rauh spricht. Es sind aber gröbere Fehler erschienen, es sind auch wichtigere Einwendungen zu machen, theils gegen das, was da ist, theils und noch mehr gegen das, was fehlt. Es scheint mir der ganze Gedankengang ein schleppender und in sich selbst zurückkehrender zu sein, es scheint mir in den einzelnen Sätzen das zu fehlen, auf welches der Gründsatz, als Mittelpunkt hinstrebt. Ich erlaube mir im eigenen Bewußtsein, indem ich auf das Bewußtsein der hohen Versammlung hinweise, zu fragen, ob ich recht habe, daß dahin nur zwei Gedanken ausgedrückt sind, nämlich: daß der Reichstag überzeugt ist, daß er frei sei, und dann, daß er überzeugt sei von der Nothwendigkeit, daß Seine Majestät zurückkehre. Denn, wenn wir von dem letzten Satz, auf den ersten, und von dem ersten auf den letzten Satz zurückkehren, so kann ich in den einzelnen Absätzen Nichts als die mit ändern Worten gegebene Umkleidung dieser zwei Satze finden, nämlich diese Ansprache: "Euere Majestät erfüllt die freigewordenen Völker Österreichs mit begründeter Besorgniß für das Wohl, ja für den Bestand des Kaiserstaates, und sie halten es für ihre heiligste Pflicht, offen aufzusprechen u. s. w." Da dringt sich mir unwillkürlich die Frage auf: Ja warum halten es die Vertreter des Volkes für eine solche Nothwendigkeit? Ich finde darin nicht ausgesprochen, warum die Reichsversammlung eigentlich so sehr von Furcht überfallen ist, welcher Zusammenhang daliegt, den der Reichstag zum Nichtkommen Sr. Majestät findet, und ich habe die Folgen zuletzt nur dunkel angedeutet gefunden, woher die Gefahren für den Staat und die Diplomatie kommen, wenn es nicht eine panische Furcht sein soll. Ich finde aber noch mehr zu bemerken, daß mir der Gedankengang schleppend zu sein scheint.

Ich habe in dieser hohen Versammlung nie klagen gehört, was in einer gemäßigten Sprache hätte Platz greifen können; hier muß ich namentlich die vier punkte herausheben, worin ich auffallende Mängel finde, wesentlich hier: "Durch Ihre A b w e s e n h e i t,"— daß erstens nicht angegeben worden ist — dieses ist das höchst Bedenkliche dieser Sache, daß Se. Majestät die Art, respektive den (Bang der Art dieses Reichstages abwarten wolle, um darnach zu beurtheilen, ob der Reichstag frei fei. Meine Herren, wissen Sie was das bedeutet? Meine Herren, dieß darf der Reichstag nicht hingehen lassen; seien Sie überzeugt, meine Herren, und Se. Majestät muß es sagen, daß er keine Rathgeber habe, daß kein Rathgeber berechtiget fei, einiger Maßen zu beurtheilen, ob wir frei geworden sind. Aber ich bin fern davon, zu glauben, daß der Reichstag nicht frei war, und die Ansicht in der Umgebung des Kaisers, daß der Reichstag nicht frei war, das ist ein Punkt, — der zweite Punkt knüpft sich nothigerweise daran, nämlich daß Se. Majestät gewarnt werde, sich mit unverantwortlichen Räthen zu umgeben. Meine Herren, sie haben selbst gesagt, sie haben die Revolution des 13. März angefangen, nur könnte ich darauf sagen, meine Herren: die Revolution ist anerkannte Thatsache. Sie ist der Boden, auf welchem wir uns bewegen. Wie, meine Herren, so lassen Sie uns auch unsere Thaten ans den Blättern der französischen Geschichte beurtheilen; meine Herren, lassen Sie uns lernen, wie wir gegen Höflinge sprechen, wenn sie es wagen, zwischen Fürst und Volk zu treten.

Vize Präsident, Ich bitte, mir zu erlauben. Sie zu unterbrechen. Ich bemerke, daß auch auf den Gallerien Beifall gezollt wurde. Es ist nach der Geschäftsordnung meine Pflicht, aufmerksam zu machen, daß die Gallerien weder ihren Beifall, noch ihr Mißfallen zu erkennen zu geben haben. Ich bin so frei, diese Bestimmung der Geschäftsordnung in Erinnerung zu bringen.

Abg. L ö h n e r fährt fort: Meine Herren! Ich glaube, der Reichstag würde in Widerspruch mit sich selbst, er würde in Widerspruch mit der Geschichte vergangener Tage kommen, er würde das Ministerium Lügen strafen, dem wir heute das Vertrauensvotum gegeben, wenn wir nicht laut gestehen, daß diese Garantien da sind, daß der Reichstag diese Garantien bereits anerkannt habe, wenn er nicht der Stadt Wien das Zeugniß gibt, welches sie verdient. Hat der Reichstag nicht eine Pflicht zu erfüllen und auf die Nationalgarde hinzuweisen, die gestern unter freiem Himmel gezeigt, wie sie bereit ist, sich um den Reichstag zu scharren? Es fällt auch die Anerkennung auf die aus dem Volke hervorgegangene Behörde. Diese Behörde, sie ist eine Geburt der Revolution, lassen Sie uns die Mutter anerkennen! — Wenn der Reichstag an dem Sicherheitsausschuß zweifelt, wie kann er fortbestehen? Endlich muß ich bemerken — es scheint mit nothwendig zu wiederholen, denn der Punkt ist sehr wichtig ich fasse ihn in zwei Worten zusammen: Der Reichstag kann nicht die Alternative anerkennen, daß Se. Majestät uns einen Stellvertreter schicke. Es gibt nicht zwei Sonnen, nicht zwei Majestäten kann es geben, es kann nicht die physische Majestät in dem einen und die politische in dem ändern Orte sein. Das heißt das Volk blenden, es in die Verwirrung stürzen. Es kann keinen Stellvertreter auf die Dauer geben. Wo steht das? — Das sind vier Punkte, die ich glaubte bemerken zu müssen. (Großer, anhaltender Beifall.) Abg. Goldmark. Entsprechend dem Ideengange des Herrn Vorvotanten will ich ebenfalls, bevor in das Detail der Adresse übergegangen wird, einige Bemerkungen aber den Inhalt im Allgemeinen machen. Der heutige Tag, meine Herren, es bedarf nicht erst meiner Versicherung, fleht in der Geschichte Österreichs ruhmvoll da. Die Großartigkeit der Gesinnung, die sich heute hier kund gegeben, ist mir Bürgschaft fit die Größe des zukünftigen Österreichs. Ich muß hier mein tiefes Bedauern aussprechen, daß von dem Geiste, der Vormittags die Versammlung beseelte, von dem Schwunge, der hier geherrscht, nicht die geringste Spur in der Adresse aufgefunden wird. (Beifall.) Nicht bloß die Argumentation fehlt hier, der Totaleindruck der heutigen Versammlung, das Gesammtbild dieses großartigen Tages, dieß sollte in der Adresse in schwungvoller Sprache vollständig wiedergegeben werden. Das ist was hier fehlt. Es mangeln aber auch noch wettere einzelne Beweisgründe, die schlagend genug die Ratlosigkeit der Innsbrucker Camarilla testiren. Es fehlt die Beweisführung, daß es die Pflicht Sr. Majestät sei, zurückzukehren. Gerade der Abg. Löhner hat Vormittags schlagend hervorgehoben, daß ihm in Innsbruck die Zusicherung der baldigen Rückkehr Sr. Majestät gegeben wurde. In der gegenwärtigen Ansprache hingegen wird dieselbe Bedingung gestellt. Dieser Widerspruch muß in der Adresse scharf beervorgehoben werden. Es muß in der Adresse nachgewiesen werden, wie die Herren in Innsbruck mit sich selbst im Widersprüche sind. Diese allgemeinen Bemerkungen veranlassen mich zu dem Ausspruche, daß wir, entsprechend der Größe des heutigen Tages, die Adresse in dieser Fassung nimmermehr absenden können.

Abg. Füster. In die Ansichten der beiden Herren Abgeordneten Löhner und Goldmark, die vor mir gesprochen hatten, eingehend, spreche ich noch Folgendes im Namen, ich hoffe es, des gekränkten österreichischen Volkes. Das österreichische Volk hat bei den Intrigen, man kann es so nennen, da man ihm seinen Kaiser entfernt hat, eine Geduld bewiesen, wie sie vielleicht nie in der Geschichte bewiesen worden ist. Das österreichische Volk hat eine Liebe bewiesen, wie sie vielleicht selten bewiesen worden ist. Das österreichische Volk hat eine Geduld bewiesen, Deputation auf Deputation wurde nach Innsbruck gesendet. Das österreichische Volk stand schon da souverän, die Revolution war schon da und ausgeführt. Das österreichische Volk stand auf revolutionärem Boden und bettelte noch — man vergebe mir den Ausdruck. Es gibt Grenzen, wo das Volk nicht mehr betteln soll. Eine, zwei Deputationen genügen, viele Deputationen abzuschicken »ergibt sich das Volk. Ich will zugeben, hätte es vielleicht im Anfange energischer gesprochen, so hätte man heute nicht nöthig diese Sprache zu führen. Meine Herren, wir sind hier im Namen dieses Volkes; ich lebe in dem Volke, kenne es. Das Volk ist tief gekränkt über die Schmach, die ihm geschehen ist. Wäre bei einer ändern Nation dieß geschehen, es stände um die Dynastie schlechter als bei uns. Man lese nur die Geschichte von Carl dem I., Jacob dem II., Ludwig dem XVI. (Großes M u r r e n.) Das österreichische Volk besitzt Edelmuth, kann geduldig sein, kann lieben, kann dankbar sehn. Es gibt Grenzen, und ich glaube was heute Vormittag ausgesprochen worden, ist dem Geiste gemäß, der tiefen Eindruck gemacht; diesem Geiste schlechterdings zuwider ist diese Adresse mit Ausnahme eines einzelnen Wortes. Im Übrigen ist sie zu zahm. Dieser Geist reicht über die Grenze der Achtung des Thrones; wir sind es uns selbst schuldig mit vollem Ernste, mit größtem Nachdruck eine Alternative, die uns sichert, die das Volk sichert, welche zugleich die Dynastie sichert.

Abg. B o r r o s c h. Mehrers was ich sagen wollte, haben die beiden ersten Redner so erschöpfend und zugleich so schwungvoll behandelt, daß ich nichts beizufügen habe. Was aber die letzte Auffassung betrifft, so glaube ich, daß, wenn das Totalbild der ganzen heutigen Vormittagssitzung gegeben werden soll, dann auch die Endstriche dazu nicht fehlen dürften. Irre ich nicht sehr, so ist die zuletzt vorgeschlagene Abfassung der Adresse so ziemlich den aller ersten Scenen der heutigen Sitzung entsprechend. Ich glaube die Alternative läst sich weit besser mündlich vortragen; denn wir dürfen nicht vergessen, daß diese Adresse gedruckt in die Welt geschickt wird, und wir sollen immer Ehrerbiethung bewähren, die uns selber zur Ehre gereicht.

Abg. Trojan. Ich schließe mich an die Bemerkungen des letzten Redners vor mir, des Abg Borrosch. Wir haben heute das Vertrauen der Stadt Wien ausgesprochen; wir haben in unserer Adresse das Vertrauen auszusprechen, und indem wir es gegen einen Theil thun, dürfen wir es auch auf der andern Seite nicht übersehen. Ich glaube, es wurde von Pflichten gesprochen; wir haben eine schwere, aber auch hohe Pflicht zu erfüllen, und dieser finde ich wenig Genüge gethan in der Adresse. Wir haben hier im Namen aller Völker Österreichs zu sprechen, und in dieser Beziehung richten wir das erste Wort an Se. Majestät den Kaiser, und das sollte nicht ohne die Dankbarkeitsgefühle abgehen, die wir ihm schuldig sind, indem nicht leicht ein Volk so bedeutender, so hochwichtiger Errungenschaften sich erfreut, in so kürzer Zeit, und wir müssen es gestehen, auf eine so leichte Weise. Ich glaube also, wie heute früh berührt würde, die Adresse sollte auch nicht der Herzlichkeit entbehren, die wir allerdings dem Kaiser schuldig sind. Wenn wir die Pflicht gegen Jeden, und wie ich erwähnt, insbesondere gegen die Stadt Wien Üben, daß wir Vertrauen bezeugen, so müssen wir auch von diesem Grundsatze gegen unser Oberhaupt ausgehen, daß es unserem Kaiser nicht an gutem Willen fehle, und dürfen nicht vergessen, daß wir die Adresse an unsern Kaiser und nicht an die Camarilla richten. Wenn wir nun vom Grundsatze des Vertrauens ausgehen, können wir nicht leicht eine Alternative gebrauchen, die vielleicht eine Art Drohung wäre, wir müssen vielmehr erwarten, daß, wenn wir vertrauend, aufrichtig und offen die Verhältnisse darlegen, es keiner Alternative bedürfen werde, um das zu erzielen, was wir alle wünschen. Es könnte ja auch Fälle geben, die es unmöglich machen, und zwar nicht wegen des Willens, sondern wegen absoluter oder relativer Unmöglichkeit der persönlichen Verhältnisse. Es könnten Gesundheitsrücksichten es auch erheischen, daß die Rüdlehr aufgeschoben werden müßte. Ich sehe nicht ein, daß für Eventualitäten dieser Art nicht Fürsorge getroffen und dem Kaiser freigestellt werden sollte, wenigstens im Einvernehmen mit dem Reichstage zu bestimmen, was da zu geschehen habe. Denn selbst Regentschaften werden nie, so lange der Wille des Herrschers vorhanden ist, einseitig, sondern im Einvernehmen beider Theile bestimmt und beschlossen, und die Initiative geht immer vom Herrscher aus. Ich glaube daher, daß wir vor Allem Vertrauen und Herzlichkeit zum Maßstabe unseres Stiles in der Adresse nehmen müssen, und diese vermisse ich in der Adresse.

Abg. F i s c h h o f. Meine Herren, Sie entschuldigen ein Bild, das sich mir unwillkürlich aufdrängt. Ich finde, diese Adresse ist voll stilistischer Barrikaden, über die hinwegzuschreiten sehr schwer sein wird, und welche hinwegzuräumen wir eines stylistischen Windischgrätz bedürfen. Ich stelle daher den Antrag, daß neuerdings eine Commission niedergesetzt werde, welche eine neue Adresse verfasse, die morgen der Plenarversammlung vorgelegt werden soll.

Abg. B o r r o sch. Ich glaube, eine Stunde dürfte hinreichen, um diese Adresse zu entwerfen, sonst haben wir wieder einen Tag verloren.

Abg. Klaudi. Meine Herren! —

Präs. Der Herr Deputirte Goldmark hat das Wort.

Abg. Goldmark. Meine Herren, wenn ich mich früher tadelnd über die Adresse ausgesprochen habe, wenn ich eine andere Fassung derselben wünschte, glauben Sie ja nicht, daß ich ihm Geringsten die Ehrfurcht, die wir dem Throne schuldig sind, verletzt wissen will; ich bin eben so gut dynastisch gesinnt wie jeder von uns. Ich wünsche, daß eben durch eine ernste und würdige Sprache das erzielt werde, was zur größten Sicherheit des Thrones erforderlich ist, nämlich die Rückkehr Seiner Majestät. Deshalb habe ich auch den Antrag gestellt, welchen so eben Herr Abg. Fischhof ausgesprochen hat: eine hohe Versammlung möge gegenwärtig aus ihrer Mitte um Zeit zu ersparen, mit relativer Stimmenmehrheit eine neue Commission ernennen, welche sogleich an die Arbeit sich begeben und biß morgen Früh in der zu bestimmenden Sitzung die Arbeit zur neuen Berathung vorlegen solle. Der ganze Aufschub ist bis morgen Mittag, und so viel Zeit müssen wir einem Werke widmen, welches von so hoher Wichtigkeit ist, welches in der Geschichte kein zweites Beispiel aufzuweinen hat. Eine solche Staatsschrift kann nicht in einer halben, oder in einer ganzen Stunde, auch nicht in der gegenwärtigen Beratung einer strengen Redaction unterworfen werden, wenn wir alles das vorbringen wollen was darin fehlt. Schon daraus ist es ersichtlich, daß sie nicht von einem Gusse, nicht von Einer Feder geflossen und dann von andern Mitgliedern erst geprüft ist, daß sie offenbar zusammengesetzt ist. berathen wir diese Adresse, so wird das Flickwerk, so werben bis Barrikaden noch immer mehr und nicht das, was kommen muß, sofern sie nämlich eine würdige Adresse sein muß. Ich stelle daher den Antrag: die Debatte in dieser Beziehung bis morgen Früh zu vertagen.

Abg. Klaudi. Der Antrag des Herrn Deputirten Golbmark hat einen Theil meines Antrages mir weggenommen. Ich glaube, daß eine Adresse, wie die gegenwärtige, sich in einer Commission weder berathen noch ausarbeiten läßt. Die Adresse geht vom Reichstage aus und das ist die Versammlung, von welcher sie ausgeht, deren Gesinnung sie ausdrücken soll. Die Versammlung, deren Gesinnung sie ausdrücken soff, hat die Adresse dann zu berathen. Daß aber eine Adresse besonders von solcher Art nicht in einer Commission berathen werden kann, geht aus dem Wesen einer solchen schriftlichen Urkunde von selbst hervor. Der Gedanke muß ein und derselbe sein, in der Verbindung derselben muß sich unmittelbar einer an den andern anreihen lassen. Die Abreffe fordert nicht bloß den Anspruch der Forderung, die die Reichsversammlung an Seine Majestät stellt, sondern diese Adresse soll zugleich ausdrücken das Gefühl, von welchem der Reichstag durchdrungen ist, und dieses Gefühl soll in die Adresse hineingelegt werben. Es ist aber nach der Individualität eines jeden Menschen nur möglich, daß ein und derselbe Mensch denselben Ausdruck, das Gefühl vorn Anfang bis zum Ende der schriftlichen Urkunde beibehält, deshalb stelle ich den Antrag, daß die Verfassung dieser Adresse einem von der Reichsversammlung zu bestimmenden Mitgliede übertragen und diese verfaßte Adresse nicht einer Commission zur Berathung überwiesen, fondein unmittelbar dem Reichstage vorgelegt werde.

Abg. Löhner. Ich erlaube mir nur im Gegensatze zum Antrag des Herrn Abg. Goldmark auf meine ursprüngliche Meinung von früher zurückzukommen. Es wäre allerdings meine Meinung gewesen, daß man mit sehr gutem Fug und nach dem Vorgange anderer Versammlungen dieser Art, diese Adresse hätte dem Vorstand überlassen können. Ich glaube, daß die Formirung einer neuen Commission von Seite der hohen Reichsversammlung denn doch ein etwas zu entschiedener Schritt ist gegenüber den Bemühungen der bisherigen Comission; wohl aber glaube ich, daß es ein in der Natur der Sache gelegener Schritt wäre, wenn wie zur ersten Proposition, die mir am natürlichsten scheint, schritten, daß der Vorstand beauftragt würde, diese neue Adresse vorzulegen, nachdem etwa heute über die hier laut geworbenen Proportionen ein Beschluß gefaßt worden wäre, welche davon in die Adresse aufzunehmen wären. Ich erlaube mir diesen Vorschlag zur Abstimmung vorzuschlagen.

Schriff. Hauschild. Ich erlaube mir, der hohen Reichsversammlung den Antrag zu machen, in diesem Falle eine neuerliche Commission zu ernennen. Denn was wäre das Bureau anders,, als wieder eine Commission. Wenn nun jene frühere Commission, welche von sämmtlichen Abtheilungen gewählt wurde, welche sonach das Vertrauen der Abtheilungen besessen hat, nicht im Stande war, eine vollkommen entsprechende Adresse zu liefern, so können wir als Mitglieder des Bureau auch nicht hoffen, mit diesem Werke besser zu Stande zu kommen, außer in so ferne uns die hohe Reichsversammlung hineinwählt.

Abg. Borrosch. Ich würbe mir den Vorschlag erlauben. — Dr. Söhner hat diese Hauptpunkte so klar und so wirklich treffend hervorgehoben, daß wir ihn geradezu damit beauftragen sollten, es wird dann aus Einem Gusse sein. (Beifall.)

(Fast die ganze Versammlung, erhebt sich, um den Antrag zu unterstützen.)

Vicepräs. Bevor wir zur Abstimmung schreiten, erlaube ich mir behufs der Abstimmung eine Anfrage an Hrn. Abg. Löhner. Er war früher det. Erachtens, so viel mir bekannt ist, nur einige Beisätze in die vorhandene Adresse zu machen, aber von diesem ursprünglichen Antrage scheint es nach dem neuerlichen Antrage abgekommen zu sein, indem jetzt Hr. Löhner von dem Grundsatze ausgeht, daß die in Antrag gebrachte Adresse gänzlich falle, und eine neue durch den Vorstand zusammen komme. Ich bitte Sie Hr. Löhner, habe ich das gut aufgefaßt? Hr. Löhner scheinen von dem ursprüngliche.'! Antrage abgegangen zu sein, nachdem Sie nur Beisatze, und zwar zum zweiten Punkte der in Antrag gebrachten Adresse zu machen wünschten. Später stellten sie den Antrag, daß der Vorstand mit dem Entwurfe einer neuen Abreibe zu beauftragen wäre; dadurch kommt es von Ihrem ursprünglichen Antrage ab.

Abg. Löhner. Ich bitte, ich habe es so verstanden, daß es sich nur darum handeln würde, den Ideengang der alten Adresse dadurch zu vervollständigen, daß noch jene Punkte, die als mangelhaft befunden werden, und nachdem sie von der Kammer genehmigt worden, bin einzunehmen waren, und daß von dem Vorstandsbureau eine neue Redaction der bereits vorliegenden Adresse vorzunehmen wäre. Was den Antrag betrifft, den Hr. Abg. Borrosch gestellt hat, so mache ich die hohe Versammlung aufmerksam, daß das ein Vorgang ist, der noch nirgends stattgefunden hat, und ich bitte die hohe Versammlung zu bedenken, wie gefährlich, ja wie bedrückend es ist, eine Ansprache des Reichstages an den Monarchen an ein einzelnes Mitglied der Versammlung zu übertragen. Ich bitte die hohe Versammlung, es wohl überlegen zu wollen, ich gestehe, daß ich zurückschrecke, daß ich nicht im Stande wäre, diese Last zu übernehmen.

Abg. Mayer. Ich muß den Antrag des Hr. Abg. Borrosch die Formulirung eines neuen Adreßentwürfes bloß einer Person zu übertragen, um so mehr unterstützen, als auch ein Herr Abg. aus Böhmen sich aus triftigen Gründen dafür ausgesprochen hat. Aber ich muß den Antrag des Herrn Abg. Löhner, daß an den Fäden und an dem Ideengange des gegenwärtig vorliegenden Adreßentwurfes festgehalten, und bloß das Mangelnde daran, durch Zusätze verbessert werde, bekämpfen. Der von dem Ausschuß angefertigte Entwurf einet Adresse ist in doppelter Beziehung auf das kräftigste bekämpft worden, u. z. im Principe und in der Reihenfolge des Ideenganges. Der Ausschuß hat zu seiner Rechtfertigung Folgendes anzuführen: 

Die Beratlassung dieser Adresse war eine Anspräche Se. Majestät, die uns heute durch das Ministerium zukam. Diese Anspräche ist kein constitutioneller Act, weil sie von keinem verantwortlichen Rathgeber der Krone unterfertigt ist. Sie kam aber in den Reichstag, veranlaßte die heutige Debatte, gehört daher der Dessentlichkeit an; der Ausschuß dachte zunächst diese Veranlassung anknüpfen zu müssen.

Man möge die Logik entschuldigen, wenn man zunächst darin den Hauptgrund Sr. Majestät aus gesprochen fand, warum Höchst Sie nicht nach Wien zurückzukehren gedenken. 35er Ausschuß, welcher aus der heutigen Debatte entnahm, daß der darin angeführte Grund nicht nur nicht gebilligt ist, sondern er ist in seinem Innern überzeugt, das dieser Grund, ich möchte sagen, seines Grundes entbehrt — der Ausschuß hat es für seine Pflicht gehalten, dieß darzuthun. Dieß der Gedankenfaden, der die Adresse durchwebt. Es ist vorgeworfen worden, daß die Adresse nicht hervorgehoben hat das Gefährliche, wenn man in Innsbruck den Erfolg abwarten will, und erst dann darnach schließen will, ob der Reichstag frei ist. Ich erlaube mir auf die Worte hinzuweisen, wo in der Adresse ausdrücklich ausgesprochen worden ist, der Reichstag fühle sich frei, er fei bei der Berathung der Verfassung, und gerade in der Gegenwart Sr. Majestät fände er die Weihe dieser Berathung. Ich glaube daher, daß dieser Vorwurf den vorgelegten Adressenentwurfungerecht treffe. — Ferner wurde darauf hingewiesen, die Adresse hätte sich auf ein Warnen gegen die Rathgeber Sr. Majestät hinwenden sollen. Meine Herren, wir standen dabei, von einer constitutionellen Versammlung ernannt, auf conslitutionellem Boden; wir kannten nur die verantwortlichen Rathgeber Sr. Majestät in Wien und die geheiligte Person des Staatsoberhauptes in Innsbruck, zu der wir sprachen.

Ich glaube, die hohe Reichsversammlung kennt officiell keine ändern Organe, und wir sprechen bloß zu Seiner Majestät. Es ist ferner ausgesprochen worden, daß wir als freie Männer die vollste Garantie der Freiheit hier finden. Meine Herren! wir wären bei der Aufzählung der einzelnen Theile, der einzelnen Stützen, auf denen unsere Freiheit hier beruht, vielleicht in größere Verlegenheit gekommen, als daß wir allgemein blieben. Wir fühlen uns in Wien frei; wir fühlen uns hier frei, und damit ist der gesamten Bevölkerung, sie mag Sicherheit! Ausschuf heißen, oder Nationalgarde, oder ein anderes constitutionelles Organ sein, allen ist zugleich die Garantie gegeben, daß wir anerkennen, daß wir in diesen Mauern die Freiheit des Gedankens, die Freiheit des Handelns haben. Ich denke daher, der Ausschuß hat nicht gefehlt, wenn er sich nicht in Aufzählung der einzelnen Theile eingelassen hat. Meine Herren! Wir sind nicht so lange in Wien, daß wir auf Vollständigkeit gerade in diesem Punkte Anspruch machen können. Ferner ist der Adresse vorgeworfen worden, daß sie auch gewissermaßen dahinziele, Se. Majestät oder ein Alter Ego möge kommen. Ich appellirte an die klaren, wenn auch vielleicht nicht stilistisch richtigen, aber doch deutschen Worte. Ein Alter Ego kommt darin vor, weil die Worte Seiner Majestät darin wortgetreu aufgenommen find. Der Inhalt der Adresse enthält aber nichts Anderes, als daß Se. Majestät selbst nach Wien, an den Sitz des Reichstages, an die Spitze der Staatsgeschäfte rückkehren wolle.

Ich glaube, daß der ganze Umfang der Pflicht, die Se. Majestät als constitutionelles Staatsoberhaupt hat, zwar nicht mit weitschichtigen Worten, aber in allgemeiner Fassung ausgedrückt ist. Das Volk spricht darin die Forderung aus,


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