Pondìlí 31. èervence 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Neunte Sitzung des constituirenden Reichstages, am 31. Juli 1848.

Tagesordnung.

I. Ablesung der Sitzungsprotokolle vom 29. und 30. Juli.

II. Ankündigung der in den Abtheilungen gewählten Vorstände, Schriftführer und Berichterstatter und der in dieselben neu eingelosten Mitglieder.

III. Fortsetzung der Verhandlungen über die Geschäftsordnung.

Vorsitzender: Vicepräs. Strobach.

Anwesende Minister: Hornbostel, Bach, Krausß, Latour, Schwarzer.

Anfang um halb 11 Uhr.

V i c e Präs. Die Anzahl der Mitglieder, die erforderlich ist, eine Sitzung zu eröffnen, ist bereits vorhanden; es wird daher zum ersten Punkte der Tagesordnung übergegangen, und zwar zur Ablesung der Sitzungsprotokolle vom 29. und 30. Juli. (Secretär Cavalcabó liest das Protokoll der Vormittagssitzung vom 29. Juli.).

Vicepräs. Aus dem Protokoll werben Titulaturen, Drs. und HH. von der Drucklegung weggelassen. Ich bitte, hat Jemand gegen die Textirung oder den Inhalt etwas einzuwenden?

Ein Abg. Ich erlaube mir zu bemerken, daß im Protokolle steht, daß der Justizminister diesen Nachsatz gegeben hat, es ist aber der Minister des Innern.

Vicepräs. Jene Herren, die das Protokoll für richtig anerkennen, wollen es durch Aufstehen zu erkennen geben. (Angenommen.)

S c h r i f t f. S t r e i t liest das Protokoll der Abendsitzung vom 29. Juli.

Vicepräs. Ich bitte, wünscht Jemand eine Einwendung gegen den Inhalt oder gegen die Form des Protokolles zu erwähnen? Diejenigen Herren, welche das Protokoll zu bestätigen geneigt sind, wollen dieß durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.)

Schriftf. Ullepitsch liest das Protokoll der Sitzung vom 30. Juli.

Vicepräs. Wünschen die Glieder der hohen Kammer, daß der Entwurf nochmals gelesen werde? Ich glaube nein; er wird als Beilage dem Protokoll beigedruckt, damit jedes Mitglied eine officielle Ausgabe davon erhält. Wünscht Jemand eine Erinnerung gegen den Inhalt oder die Form des Protokolls vorzubringen? — Sollte sich die hohe Kammer für Bestätigung des Protokolles aussprechen, so wolle dieß durch Aufstehen kund gegeben werden. (Angenommen.)

Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Ankündigung der in die Abtheilungen gewählten Vorstande, Schriftführer und Berichterstatter, und der in dieselben neu eingelosten Mitglieder. Ich ersuche den Herrn Secretär, diese Wahlen bekannt zu geben.

Schriftf. Streit liest:

In der ersten Abtheilung:

 Mayer Cajetan, Vorstand.

P r e t i s Johann, Stellvertreter.

Goldmark Joseph, Schriftführer. Kudlich Johann, Stellvertreter.

 Hubicki Carl, Berichterstatter. Violand Ernst, Berichterstatter.

In der zweiten Abtheilung: 

Bielecki Adam, Vorstand.

 Mannheimer Isaak, Stellvertreter.

 Feifalik Johann, Schriftführer. Müller Hermann, Stellvertreter,

 Przibyl Anton, Berichterstatter.

Robuzowski Ceslaus, Berichterstatter.

In der dritten Abtheilung:

Robert Florentin, Verstand.

B o r r o s c h Alois, Stellvertreter. 

Neuwall Albert, Schriftführer.

Riegl Johann, Stellvertreter.

Gleispach Carl, Berichterstatter. Bilinski Severin, Berichterstatter.

In der vierten Abtheilung:

 Weiß Johann, Vorstand.

 Miklositsch Franz, Stellvertreter.

Umlauft Johann, Schriftführer.

 Schuster Wilhelm, Stellvertreter.

H a w l i c z e k Carl, Berichterstatter. Hoenig Johann, Berichterstatter.

In der fünften Abtheilung: 

Neumann Leopold, Vorstand. 

Smolka Franz, Stellvertreter.

 Hein Franz, Schriftführer. 

Stark Anton, Stellvertreter. Rieger Franz, Berichterstatter.

Fischhof Adolph, Berichterstatter.

In der sechsten Abtheilung;

Ambrosch Michael, Vorstand.

 Füster Anton, Stellvertreter.

Trummer Peter, Schriftführer.

 Paul Ignaz, Stellvertreter. 

Trojan Alois, Berichterstatter. 

Langie, Berichterstatter in der siebenten Abtheilung: 

Palacky Franz, Vorstand. 

Fischer Alois, Stellvertreter. 

Zimmer Carl, Schriftführer.

Forster Ferdinand, Stellvertreter.

 Scholl, Berichterstatter.

 Ziemialkowski, Berichterstatter.

In der achten Abtheilung:

Oheral Johann, Vorstand.

Schneider Adolph, Stellvertreter.

 Sitka Jacob, Schriftführer.

Beinhauer Anton, Stellvertreter,

 Purtscher Adolph, Berichterstatter.

 Lasser Joseph, Berichterstatter.

In der neunten Abtheilung: 

Haimerl Franz, Vorstand. 

Stadion Franz, Stellvertreter.

Strasser Alois, Schriftführer.

Latzel Joseph, Stellvertreter. 

Demel Joseph, Berichterstatter. 

Dylewski Maximilian, Berichterstatter.

Abg. Rieger. Ich bitte ums Wort.

Vicepräs. Ich ersuche die Herren Berichterstatter  aus den Abtheilungen, die Wahlacten im Vorstandsbureau übernehmen zu wollen, dann bitte ich auch die Herren Vorstände, die Sitzungsstunden der Abtheilungen auf die Tafeln schreiben, die sich hier in der Vorhalle zu diesem Behufe befindet.

Nun durfte zur Ankündigung der Eingaben geschritten werden, die inzwischen eingelaufen sind.

Es befindet sich vor der Hand nur eine Einzige.

Tellerring, Berichterstatter der in Köln erscheinenden Neuen rheinischen Zeitung, bittet den Hrn. Präsidenten, die Ordner gefälligst dahin bestimmen zu wollen, daß ihm eine zu den Sitzungen des hohen Reichstages gültige Karte zugefertigt werde. Diese Eingabe wird wohl den Herren Ordnern oder nach Umständen zur Berichterstattung zugewiesen werden; eine weitere Eingabe liegt nicht vor.

Abg. Rieger. Ich habe ums Wort gebeten.

Aus Veranlassung der eben erfolgten Vorlesung der Sektionsprotokolle wollte ich mir eine Frage erlauben. Es ist bei der Zusammensetzung der Abtheilungen von dem Grundsatze ausgegangen worden, daß eine jede Abtheilung eine Art Diminutivum des Reichstages sei, d. i., daß jede Provinz, jedes Gouvernement möglichst gleich viele Abgeordnete in jeder Abtheilung habe. Dieser Grundsatz ist sogar in §. 2 der Geschäftsordnung ausdrücklich ausgesprochen und ich glaube, es soll an diesem Grundsatze festgehalten werden. Nun ist rücksichtlich der Abgeordneten von Böhmen ein besonderer Umstand zu bemerken.

Bei der Verlosung sind nur 80 Deputirte aus Böhmen zugegen gewesen, diese 80 wurden nun in der Art vertheilt, daß in jede Section 9 und in Eine, ich glaube in die 3. nur 8 gegeben wurden; seit dieser Zeit sind 2 Deputirte erschienen, und wurden gestern verlost. Das Loos hat natürlich sehr sonderbare Launen, und es kann sich treffen, daß alle noch fehlenden Deputirten, es sind deren noch 8, zufällig in eine einzige oder in 2, 3 Sectionen kommen; es kann somit kommen, daß in der Einen Abtheilung nur 8 böhmische Deputirte sitzen, in einer andern aber 12 bis 14. Ich glaube man sollte die Verfügung treffen, daß später ankommende Deputirte aus den Provinzen jenen Abtheilungen zugewiesen werden, wo aus diesem Convernement noch wenigere vorhanden sind, oder wenn man einmal beim Loos bleiben will, daß sie nur zu jenen Sectionen das Loos ziehen sollen, wo noch wenige aus dieser Provinz sind.

Gegenwärtig ist es so vertheilt, daß in 2 Abtheilungen bereits 10 Abgeordnete aus Böhmen, in einer 8, in den übrigen 9 zugewiesen worden sind; ich wünsche nun eine gleiche Vertheilung, ich will, daß die Neuhinzukommenden nur in jene Abtheilungen zugewiesen werden, wo weniger sind.

Abg. Mayer. Ich glaube hierüber ist schon im §. 2 vorgesehen worden, wo es im letzten Satze heißt (wird vorgelesen). Die hier aus Böhmen nachträglich angekommenen Deputirten werden beglich der Abtheilungen, wo die aus Böhmen Angekommenen sich befinden, zugewiesen, und ich stelle daher den Antrag: daß die gegenwärtig noch aus Böhmen anzukommenden Deputirten nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung, wenn in einer Abtheilung noch mehrere eingereiht wären, dieser Abtheilung zuzuweisen sein.

Abg. Rieger. Dann bitte ich, bei diesem Grundsatze zu bleiben; aber es ist der Fall gewesen, daß von den gestern aus Böhmen hier angekommenen Deputirten diese nicht in die Abtheilung zugelassen, und dadurch die Mehrzahl derselben nicht ergänzt wurde.

V i c e p r ä s. Nehmen Sie den Antrag zurück, oder wollen Sie die Ergänzungen darnach vornehmen? 

Rieger. Ja, wenn der Paragraph so verstanden ist, nehme ich ihn zurück. Vicepräs. Den 3. Gegenstand der Tagesordnung bildet die Fortsetzung — (Unterbrochen). Abg. Sierakowski. Ich habe eine Interpellation zu stellen. Vicepräs. Ich wollte nur bemerken, daß hier ohnehin schon eine Interpellation des Herrn Langie aus Krakau angezeigt, daß aber der Minister der auswärtigen Angelegenheiten nicht anwesend ist. Wünschen sie doch ihre Interpellation vorzunehmen?

Abg. Sierakowski. Ich habe gehört, daß die zur Untersuchung des Zustandes der Provinzen zu wählende Commission bereits gewählt worden ist, und der Herr Präsident wolle die Güte haben darzuthun, was bis heute bereits geleistet wurde.

Vicepräs. Das hat seine Richtigkeit, daß bereits die Ausschußmitglieder von den Abtheilungen gewählt worden sind, ich weiß aber nicht mit Bestimmtheit, wer der Vorstand dieses Ausschusses ist.

Abg. Sierakowski. Ich habe die Ehre, selbst ein Mitglied dieses Aasschusses zu sein, es wurde aber eingestanden, daß die zweite Abtheilung nicht gewählt hat, indem noch kein Vorstand vorhanden ist, und seitdem nicht einmal die Nachricht zugekommen, daß wir nicht vollständig sind, und daß wir nicht wissen, wo und wann alle Abgeordneten zusammen zu kommen haben, eben darum weil wir nicht vollständig sind.

Abg. Rieger. Ich habe deßhalb schon die Anfrage an das Präsidium gestellt, wo und wann wir zusammen zu treten haben, indem ich auch die Ehre habe ein Mitglied dieser Commission zu sein, und nur der Präsident dieses Ausschusses hat das Recht die Mitglieder zusammenzuberufen; so lange aber der Präsident nicht gewählt ist, können auch wir, da er Zeit und Ort angeben muß, wann und wo wir zusammentreten sollen, nicht zusammenkommen.

Vicepräs. Ich erlaube mich zu bemerken, daß es bisher der Usus war, sich in den, Abtheilungen zusammenzufinden, u n sich da zu constituiren, und nach dieser Constituirung in den Lokalitäten die Arbeit vorzunehmen. Ich bitte die Mitglieder dieses Ausschusses, dieß zu thun und jene Abtheilungen an sich zu ziehen, welche noch nicht gewählt haben, damit dann zur Constituirung dieses Ausschusses geschritten werden könne.

Secretär Streit. Gewählt haben alle Abtheilungen. Ja den Sitzungsprotokollen sind die Namen der gewählten Mitglieder eingetragen, und wenn die hohe Versammlung es wünscht, so werde ich sie noch einmal vorlesen: Richter, Trojan, Sierakowski, Lasser, Zamojski, Rieger, Bielecki, Borkowski und Gleispach.

Abg. Podlewski. Ich bitte auch die Namen der Mitglieder der Redaktionscommission vorzulesen; die Herren wurden eingeladen, und sind noch nicht zusammen getreten.

Abg. Rieger. Ich bitte auch die Zeit zu bestimmen, wann wir zusammenzutreten haben.

Vicepräs. Ich bitte allenfalls um 5 oder 6 Uhr die Mitglieder des Ausschusses sich zu versammeln und zur Constituirung zu schreiten.

Abg. Sierakowski. In Anbetracht der inhaltsschweren Umstände, in welchen wir uns jetzt befinden, mögen wir von der Vorschrift der Geschäftsordnung einstweilen hier abweichen, und ich würbe einer hohen Versammlung vorschlagen, zur also gleichen Vollberathung zu schreiten. Diese besteht erstens darin: Die Versammlung möge den Beschluß fassen, in alle Provinzen, in welchen die Armeen des österreichischen Kaiserstaates stehen, einen Aufruf ergehen zu lassen, ihr bisheriges Verfahren auseinander zu setzen, welche Schritte sie gethan hat, um Se. Majestät zur Rückkehr in die Residenzstadt zu veranlassen. Zweitens: der Reichstag möge eine Commission von neun Mitgliedern erwählen, wobei festgesetzt bleibt, daß sie sich mit der Verfertigung dieses Entwurfes auf der Stelle zu befassen habe. Drittens: Die hohe Versammlung möge die Herren Minister des Innern und des Krieges angehen, diesen Aufruf durch die untergeordneten Provinzial  Behörden verlautbaren zu lassen. — Meine Herren, wir sind es den Provinzen und unsern Committenten schuldig, um so mehr derjenigen Provinz, der ich die Ehre anzugehören habe, diese Aufklärung zu verschassen, da sie in Beziehung auf den Reichstag gänzlich unwissend sind. Ich hoffe, daß dieser Antrag auch eine Unterstutzung finden werde, und bitte also den Hrn. Präsidenten, im Falle diese Unterstützung stattfinden soll, die hohe Versammlung zu fragen, ob sie diesen Antrag zur Vollberathung bringen wolle.

V i c e p r ä s. Ich erlaube mir zu bemerken, daß dieses ein selbstständiger Antrag ist, der nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung früher in Druck zu legen sei, ehe er überhaupt zur Sprache oder Vollberathung genommen werden könne, und dann den Abtheilungen zuzuweisen sei, das ist die Regel der Geschäftsordnung. Ich muß vor allem andern an die hohe Versammlung die Frage stellen, ob sie es für gut befinde, von der in dieser provisorischen Geschäftsordnung ausgesprochenen Regel in diesem Punkte abzuweichen. Es erübrigt also nichts Anderes, als daß der Herr Antragsteller diesen Antrag nach Maßgabe des §. 47 dem Vorstande übergäbe, damit die Drucklegung veranstaltet werde.

Abg. Umlauft. Der Antragsteller stand ja selbst auf.

Vicepräs. Ich glaube, daß die Irrung des Herrn Antragstellers keinen Einfluß auf den Beschluß habe. Den brieten Punkt der Tagesordnung bildet die Fortsetzung der Verhandlungen über die Geschäftsordnung, — Ich bitte den Herrn Berichterstatter die Tribune zu besteigen Berichterst.

 Mayer. §. 34. Nachdem dieser Paragraph aus zwei abgesonderten Absätzen besteht, so erlaube ich mir, früher den ersten Absatz zu lesen: "Der constituirende Reichstag schreitet gleichzeitig zur Zusammensetzung eines Ausschusses, welcher einen Entwurf der Verfassung des Reiches, der Provinzen und Gemeinden zu bearbeiten hat.

Abg. G o b b i. Ich bitte um das Wort.

Vicepräs. Ich erlaube mir zu bemerken, daß zum ersten Absatze zwei Verbesserungsanträge vorliegen.

1. Der Verbesserungsantrag des Abg. Kautschitsch, daß statt der Worte: "welcher den Entwurf der Verfassung des Reiches, der Provinzen und Gemeinden zu bearbeiten hat," gefetzt werde: "welcher den Entwurf der Constitution zu bearbeiten hat."

Der zweite ist der Verbesserungsantrag des Abg. Smolka. Es wird beantragt, daß die Worte: "der Provinzen und Gemeinden" anzulassen seien, wonach der erste Absatz des §. 34 lautet; "Der constituirende Reichstag schreitet gleichzeitig zur Zusammensetzung eines Ausschusses, welcher den Entwurf der Verfassung des Reiches zu bearbeiten hat.

Die Verbesserungsanträge zum zweiten Absatz werde ich erst später ablesen, bis die Debatte über den ersten geschlossen ist.

Abg. G o b b i. Ich bitte, auch mein Antrag bezieht sich auf den ersten Absatz.

Vicepräs. Der Verbesserungsantrag des Dr. Gobbi lautet: "Der constituirende Reichstag schreitet gleichzeitig zu der Zusammensetzung eines Ausschusses, welcher mit detaillierter Ausarbeitung des Reichsverfassungsentwurfes beauftragt werde, für die einzelnen Provinzen und Gemeinden aber nur die allgemeinsten Grundlagen der betreffenden Provinzial und Gemeindeverfassung zu entwerfen hat, während die einzelnen Bestimmungen der Autonomie der Provinzen und Gemeinden überlassen bleiben, unter dem Vorbehalte der nachträglichen Gutheißung des Reichstages."

Abg. Smolka. Da die zwei Anträge auf dasselbe hinausgehen, so handelt es sich bloß um die Priorität.

Abg. Kautschitsch. Sie gehen nicht auf Eines hinaus. Mein Vorschlag geht dahin, daß anstatt der Worte: "welcher den Entwurf u. s. w. zu bearbeiten hat," die Worte: "welcher den Entwurf der Constitution zu bearbeiten hat," gesetzt werden. Ich habe die Worte: "Verfassung des Reiches, der Provinzen und Gemeinden" übergangen, weil dadurch der Frage vorgegriffen würde, über welche erst der constituirende Ausschuß zu berathen und dann ihn den Abtheilungen vorzulegen hat. 

  Ich habe das Wort "Constitution" dem Worte "Verfassung" vorgezogen, weil das Wort Constitution ganz eigenthümlicher Natur ist, und es dafür in der deutschen Sprache kein Adäquat gibt. Die Constitution involvirt die Theilnahme des Volkes an der Souveränität, das Wort V e r f a s s u n g ist ein allgemeiner Ausdruck. Es gibt absolute, despotische und constitutionelle Verfassungen.

Der constituirende Reichstag soll eine constitutionelle Verfassung entwerfen, nicht eine Verfassung im Allgemeinen. Der Constitutionsausschuß soll seine Grenzen vorausbezeichnet erhalten, was für eine Art der Verfassung er zu entwerfen habe. Diese Begrenzung liegt im Begriff der Constitution. Der Ausschuß hat nun einen hinreichenden Spielraum, wie er den Entwurf der Constitution zu entwerfen hat.

Abg. S m o l k a. Mein Amendement beschränkt sich auf den Umstand, daß die Worte "Provinzen und Gemeinden" weggelassen werden.

Vor allem erkläre ich mich einverstanden mit dem Antrag des Abgeordneten Rautschitsch, daß statt des Wortes "Verfassung" das Wort "Constitution" gesetzt werde, und finde, daß das auch in Einklang gebracht werden könne mit meinem Antrag; ich fordere die Auslassung der Worte: "Provinzen und Gemeinden" aus dem Grunde:

Eine Geschäftsordnung hat den Zweck, die Formalitäten festzustellen, nach welchen die Debatte geleitet werden soll; aber das Materielle der Debatte, oder die Gegenstände, welche zur Berathung kommen sollen, bestimmt eine Geschäftsordnung nicht, außer daß schon im vorhinein ausgesprochen und festgesetzt werde, was für Gegenstände debattirt werden sollen, wo dann allerdings eine Geschäftsordnung die Reihenfolge dieser Gegenstände, die zur Berathung kommen sollen, ordnen kann. Wenn diese Ansicht die richtige sein sollte, so sollte der ganze §. 34 weggelassen werden, weil im ersten Absatz von den zur Berathung kommenden Gegenständen die Rede ist, und der zweite Absatz von der Art und Bildung der Ausschüsse handelt, von welchen dieser Gegenstand besprochen werden soll.

Ich möchte diese Consequenz nicht so weit ausgedehnt wissen, namentlich nicht mit Beibehaltung dieses Passus, welcher von der Zusammensetzung eines Ausschusses spricht, welcher die Constitution zu bearbeiten hat; denn es wurde unabhängig von dieser Geschäftsordnung durch die kaiserliche Proklamation vom 16. Mai festgesetzt, daß der Reichstag die Constitution zu entwerfen und zu beschließen habe.

Demnach ist es in der Ordnung, daß in der Geschäftsordnung von diesem Ausschüsse die Rede ist, und es ist auch zweckmäßig, daß für diese höchst wichtige Arbeit, ein eigener Ausschuß zusammen gesetzt und mit Rücksicht auf die Hochwichtigkeit des Gegenstandes eine besondere Rucksicht auf die persönlichen Eigenschaften der Mitglieder, welche ihn bilden, genommen werbe. 

 Mit Rücksicht auf die vor einigen Tagen stattgefundenen Verhandlungen des §. 33 und des Verwerfens meines Amendements muß ich die Besorgniß hegen, daß dieser Paragraph abgeändert werde in Bezug der Mitglieder zu diesem Ausschuß, und ich müßte zur Vertheidigung dieser Bestimmung in die Schranken treten, auf die Gefahr hin, des Verrathes an der Sache der Demokratie geziehen zu werden. Ich streite auf die Beibehaltung dieser Bestimmung, sollte auch die Majorität diesem moralischen Zwang, zu diesem Behuf der Zusammensetzung dieses Ausschusses eine Wahl vorzunehmen, und zwar eine Wahl, wo mit Rücksicht auf die hohe Wichtigkeit des Gegenstandes einen recht strengen Census ruckssichtlich der Capacität eintreten zu lassen, entgegen sein. Eben so sehr, wie ich für Beibehaltung dieser Bestimmung mich ausspreche, eben so muß ich mich für die Auslassung der Worte: "Provinzen und Gemeinden" aussprechen, schon aus dem Grunde, weil es in eine Geschäftsordnung nicht gehört, daß hier über die Provinzial und Gemeindeverfassung debattirt und gesprochen werden solle. Ich bitte die hohe Versammlung, die Aufmerksamkeit dahin zu lenken, daß ich hier von dem principiellen Standpunkte absehe. Ich will nicht untersuchen, in welcher Ausdehnung die hohe Versammlung die Autonomie begriffen haben will, ob nebst der Constitution noch andere organische Gesetze beschlossen, ob namentlich Provinzial und Gemeindeverfassungen erlassen werden sollen.

Ich beschränke mich lediglich auf den formellen Gesichtspunkt, vermöge dessen in der Geschäftsordnung nicht bestimmt werden soll, daß Provinzial und Gemeindeverfassungen hier zur Sprache kommen sollen. Die Sache ist wichtig, und ich wünsche, daß diejenigen Abgeordneten, welche der Ansicht sind, daß dennoch die Provinzial und Gemeindeverfassungen zur Berathung kommen sollen, dieses zum Gegenstand einer eigenen Berathung machen und den Antrag schriftlich vorlegen, wo dann allerdings die Versammlung den Beschluß fassen kann, daß auch die Provinzial und Gemeindeverfassungen hier berathen werden können.

Abg. L ö h n e r. Ich erlaube mir der hohen Versammlung, da keine weitere Bestimmung vorliegt, über alle drei Amendements zugleich eine Bemerkung zu machen. Es scheint nämlich, daß es beliebt werden wolle, daß es mir geeignet vorkommen wurde, wenn jedes einzelne Amendement für sich der Gegenstand von Gegen und Führreden sein sollte. Indes erlaube ich mir den ersten Antrag des Abg. Kautschitsch zu unterstutzen, vor Allem darum, weil mir uns dadurch in derjenigen Linie halten, die nach meinem Dafürhalten für die Berathung der Geschäftsordnung einzuhalten sein sollte: nämlich nicht zu gleicher Zeit Constitution zu machen, während wir die Form zu berathen haben, in welcher überhaupt Vieles noch umfassend zu ändern ist.

Meine Herren, wenn wir jetzt eine Regel festsetzen über die einzelnen Theile der Monarchie, für welche der Ausschuß eine Constitution zu geben und nach welchen er in dieser constituirenden Thätigkeit sich zu richten hat, so machen wir eigentlich schon eine Constitution, denn wir schreiben dem Ausschusse bereits vor. Die wichtigste wird es sein, die erste Frage eines Verfassungsentwurfes, wie kräftig Österreich gegliedert sein soll, in welcher Art die Gewalt, die der Staat ausübt, von der untersten Schichte bis zur höchsten Spitze hinauf geordnet sein soll; darum spreche ich mich für den Antrag des Abg. Kaütschitfch ans, weil er der Verfassung, der Constitution, diesem wichtigen Werke die nöthige, d. i. die volle Freiheit läßt.

In Bezug auf das allerdings zusammenfallend scheinende Amendement des Abg. Smolka muß ich mich wieder ausdrücklich für das Wort C o n s t i t u t i o n, und nicht für das Wort Verfassung erklären, aus den Gründen, die der Abg. Kautschitsch sehr richtig entwickelt hat und erlaube mir nichts beizufügen.

Ich muß demnach entgegentreten dem Abg. Gobbi. Dessen Antrag leidet nicht bloß in Bezug auf seinen Vorschlag an demselben Fehler, wenn wir jetzt schon auf das Wort Provinz und Gemeinde eingehen wollen. In der Begründung scheinen mir wichtige Grunde zu liegen, die dieser Aufforderung entgegen treten.

Abg. Gobbi. Darf  ich, meine Herren, mein Amendement begründen?

Vicepräs. Ich glaube ja.

Abg. Gobbi. Ich habe, meine Herren, mein Amendement aus einem zweifachen Grunde gestellt: vorerst aus dem Grunde, weil man bei dieser Stylisirung leicht vermuthen könnte, daß der eben in Rede stehende Ausschuß sich nicht nur mit der Verfassung des Reiches überhaupt, sondern auch mit Allem auf die Verfassung der einzelnen Provinzen und Gemeinden Bezug habenden zu beschäftigen hätte, dagegen dann uns natürlich das Bedenken sich ergeben dürfte, daß der in Rede Ausschuß die vielfältige, die tausendfache Kenntniß nicht besitzen kann, die zu einer so großartigen, umfangreichen, vielartigen Arbeit unumgänglich nothwendig ist, wogegen dann ohne Zweifel der Übelstand entstehen dürfte, daß diese Provinzen und Gemeinden in unser Elaborat nicht mehr jenes Vertrauen setzen dürften, welches das höchste Ziel unserer Bestrebungen, gleichsam die Krone unseres Verfassungswerkes sein soll. Dieses ist übrigens nicht der einzige Grund, aus welchem ich mein Amendement gestellt habe, u. z. aus dem nicht minder wichtigen Grunde: damit der hohe Reichstag schon durch das allererst vorgelegte Verfassungswerk sämtlicher Völker der österr. Monarchie auch deutlich kund gebe, daß nur Freiheit, nur Glück durch ihre wechselseitige Unabhängigkeit, durch die Autonomie begründet werden wird. (Beifall.)

Unser Staat, meine Herren, ist zusammengesetzt aus verschiedenen Volksstämmen, gleichsam aus kleineren Staaten gebildet, und sie wurden nur durch das Band einer absoluten Regierungsform mit Gewalt zusammen gehalten. Diese hat aufgehört, und sie hat auf immer aufgehört. An die Stelle jenes Bandes muß ein anderes, ein schöneres, jenes Band der wechselseitigen Freiheit, eines wechselseitigen Vertrauens, einer wechselseitigen Achtung, einer wechselseitigen Liebe treten. (Beifall.)

Und wir, meine Herren, die wir die Vertreter sämtlicher Provinzen beisammen sind, sämtlicher Völkerstämme, sämtlicher Nationalitäten des großen Volkes Österreichs, an uns liegt es dieses innige Band zu begründen und zu befestigen. (Beifall.)

Sicher ist es, meine Herren, daß wir dieses so große und hohe Ziel auf keine Art sicherer gründen können, als dadurch, daß wir allen Provinzen, allen Nationalitäten ihre Autonomie mit dem Principe der Einigkeit der Monarchie, sobald es thunlich ist, im vollsten Maße gönnen. (Beifall.)

In dieser Autonomie, meine Herren, liegt der Frieden, das Glück, das Heil, die Freiheit der Provinzen und unserer Völker, und nur dadurch, daß wir diese Freiheit, dieses Glück wirklich für alle Völkerstämme begründen, werden wir das Ziel erreichen sie zu verbrüdern, zu vereinigen, sie zu einem unauflöslichen, großartigen Koloß umzugestalten. (Beifall.) 

Löhner. Es scheint mir vor Allem, daß der Mangel an Vertrauen, daß der Verlust des Vertrauens nicht zu fürchten ist, wenn der Reichstag auch allerdings das unternimmt, was zu einer ganzen Constitution gehört, nämlich die Frage, wie diese Constitution, die doch im gewöhnlichen Leben nur allgemeine Grundsätze enthält, eigentlich organisch mit dem wirklichen Leben verknüpft werden soll. Ich glaube nicht, meine Herren, daß das Vertrauen des Volkes zu dieser erlauchten Versammlung darum geschwächt werden würde, wenn die hohe Versammlung eben in dieser Vollzähligkeit in der Lage wie keine andere Versammlung in Österreich sein kann, die Interessen Aller im Auge, im Gegenhalt zu einer großen Einheit, zu der wir verschmelzt werden sollen, wenn wir bestehen wollen für die Zukunft, auch roch diese Aufgabe übernimmt; wenn wir dem Volke Garantie geben, daß wir die Constitution verglichen haben in allen ihren Erfordernissen, durch welche die bürgerliche Ordnung vom Höchsten bis zum Tiefsten herunter, durch welche sich die einzelnen Bürger zur kleinen Gemeinde zusammen finden. Das, meine Herren, ist eine Aufgabe, der wir nicht entgehen könnten, und mögen wir es für zweckmäßig finden, sie der Autonomie der einzelnen Kürelfe zu überlassen oder auch dasjenige große organische. Band um die Theile zu schlingen, die sich zusammengesunden, nachdem das letzte eiserne Band, das sie nur gewaltsam zusammenhielt, zerriß. Ob wir dies thun oder nicht, so wird uns die Berathung nicht entgehen. Wir könnten überzeugt sein, daß wir da« Vertrauen der Völker nicht schwächen werden; aber wohl umgekehrt war der Antrag in der Art gestellt, daß dieser auf die Autonomie der Provinzen Übertragen wird, und muß daher auch in der Art auf« gefaßt sein.

Ich höre in der Rede des Abg. Gobbi bald von der Autonomie der Provinzen, bald von der selbstständigen Entwicklung der Nationalitäten sprechen. Meine Herren, man darf nur einen Blick auf die Karte werfen und wir werden wohl sehen, so voll auch das Herz von der Einen himmlischen Freiheit ist, doch der Augenblick, wo diese Freiheit auf die Erde tritt, sie eine Gestalt annimmt, die Freiheit eines bestimmten Volkes, die Freiheit eines bestimmten Ländergebietes zu werden — und da, meine Herren, bitte ich weiter zu bedenken, ob die Nationalitäten und Provinzabheilungen zusammenfallen. Ich sage nein, und jede Karte zeigt es. Wollen sie Provinzen autonomisch machen, so treten wir schon dem Grundsatz entgegen einer vollen selbstständigen Entwicklung der Nationalitäten. Denn wie viele Provinzen sind, die zu gleicher Zeit Eine Nationalität repräsentiren (Beifall), eine oder die andere? Nach meinem Dafürhalten ist es nöthig, daß beides in einem Grade, und zwar von dem Reichstage, der auf der höchsten Spitze steht, und der unparteiisch das ganze weite Land übersieht, geschehe. Am besten missen wir, ich hoffe es wenigstens, daß die Weisheit, die von den ältesten Zeiten über den Versammlungen schwebt, auch uns zur Seite stehen wird, wie die Freiheit der einzelnen kleinsten Gemeinden mit der Freiheit des Ganzen, aber auch mit der Macht des Ganzen zusammenhängen soll. Mit der Macht, meine Herren, sage ich, denn die Macht ist im praktischen Leben, so lange die Völker nicht den ewigen Frieden geschlossen, das Äquivalent, der Doppelstern der Freiheit. Nur die Macht schützt den Völkern die Freiheit und ich befürchte, daß wenn wir zuviel an Autonomie denken, wir die Macht des Ganzen verlangen würden, und den einzelnen Theilen nicht das leisten könnten, was sie das Recht haben vom Ganzen zu verlangen, weil wir deswegen zusammengetreten sind, weil wir deswegen beisammenbleiben wollen, um ein neues Band zu schließen, o ja, wie ein Herr Abgeordneter gesagt hat, aber eben darum muß das Band ein starkes sein und ich bin der Meinung, daß wir darum dem Volke nicht bloß abstrakte Satze der Constitution, und um auf die Rede des Herrn Abg. zurückzukommen, nicht bloß einen Entwurf der Verfassung, das heißt nur Gedanken über Verfassung, sondern organische Gesetze geben müssen, deren es bedarf


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