Pátek 4. srpna 1848

Abstimmungsart durch die Kugelung fordert der Abg. Löhner die Unterstützung von 20 Mitgliedern. (Ruf: Es ist schon beschlossen worden, 100 Mitglieder.)

Vicepräs. Jetzt erübrigt noch die Unterstützung für den Antrag auf die Abstimmung durch Namensaufruf. In dieser Beziehung trägt Abg. Zimmer und Löhner die Anzahl von 50 Mitgliedern an, und eben so der Abg. Thinnfeld. Ich stelle daher die Frage: diejenigen Herren, welche wünschen, daß der Antrag auf Abstimmung durch Namensaufruf durch 50 Mitglieder unterstützt werde, mögen dieß durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.) Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, den Paragraph zu lesen.

Berichterst. Mayer. Nach diesen Beschlüssen dürfte der Paragraph wie folgt formulirt werden: "Abstimmung durch Namensaufruf mit Ja oder Nein, oder Abstimmung durch Kugelung findet nur ohne Motivirung Statt, wenn sie beim Schlusse der Verhandlung ohne Debatte beantragt, und der Antrag im ersten Falle von wenigstens 50, im zweiten von wenigstens 100 Abgeordneten unterstützt wird. Die Abstimmung durch Namensaufruf hat den Vorzug vor jener durch Kugelung."

Vicepräs. Diejenigen Herren, welche für diese Textirung der bereits gefaßten Beschlüsse stimmen wollen, mögen dieß durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.) Berichterst. Mayer. Der §. 79, nunmehr 80, lautet:"Sei der Abstimmung durch die Kugelung erhält jeder Abgeordnete bei der Rednerbühne eine weiße (bejahende) und eine schwarze (verneinende) Kugel. Die eine der Kugeln wird in die Abstimmung, die zweite in die Controlurne geworfen. Die Abstimmenden werden von den Schriftführern gezählt. Die Zahl der Kugeln muß in beiden Urnen übereinstimmen, widrigenfalls die Kugelung wiederholt wird."

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?

Abg. Hein. Bloß im Interesse der Ordnung bei der Abstimmung würde ich beantragen, daß der Paragraph so textirt werde; bei dem Satze: "Die Abstimmenden werden von den Schriftführern gezählt," einzuschalten die Worte: "Die Abstimmenden werden — durch Namensaufruf zur Abstimmung gerufen, und — von den Schriftführern gezählt."

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstützt.)

Abg. Hagenauer. Wir haben es neulich gesehen, daß es uns sehr schlecht gegangen ist bei der Kugelung. Es könnten 20 oder 30 sich hineindrängen und zweimal die Kugeln bekommen.

Abg. Brestel. In Betreff des letzten Satzes dieses Paragraphs muß ich darauf aufmerksam machen, daß die Nichtübereinstimmung der Anzahl der Kugeln dann nur zur Wiederholung der Kugelung Veranlassung geben soll, wenn die Nichtübereinstimmung über das erhaltene Resultat einen Zweifel ausüben könnte; denn es kann sehr leicht sein, daß eine solche Nichtübereinstimmung stattfindet, ohne daß das Resultat im mindesten in Zweifel gezogen werden könne; wenn nämlich in der Abstimmungsurne 170 weiße und 120 schwarze Kugeln sind, in der Controlurne 169 schwarze und 120 weiße Kugeln sich vorfinden, so ist das eine so geringe Differenz, daß das Resultat durchaus nicht in Zweifel gezogen werden kann, und es wäre nur ein Zeitverlust, wenn man die Kugelung wiederholen möchte. Ich stelle daher den Antrag, die Kugelung nur dann zu wiederholen, wenn die Differenz derart ist, daß das Endresultat zweifelhaft erscheine. 

Abg. Hagenauer. Ich mache noch eine andere Bemerkung: sobald jeder von uns eine weiße und eine schwarze Kugel bekommen hat, ist nicht zu befürchten, daß wir einen Mißbrauch von unsern Stimmen machen. Wir können nicht zwei weiße Kugeln in die Urne hineinlegen, wir sind keine Escamoteurs; aber es gibt einen Fall, wo man nicht stimmen will, wo man mit seinem Gewissen und seiner Überzeugung nicht ganz im Reinen ist, in solchen Fällen haben wir gesehen, daß der Abgeordnete beide Kugeln hineinwirft. Er hat nicht gestimmt, und diese Freiheit müssen wir ihm lassen; er hat nicht gestimmt, man kann also nicht die Folgerung ziehen aus der Nichtübereinstimmung der Kugeln, daß wir eine neue Kugelung vornehmen. Ich finde den Antrag überflüssig, er kann ganz ausbleiben.

Vicepräs. Wünscht noch Jemand das Wort zu ergreifen?

Abg. Wörz. Ich glaube, daß das Verfahren bei der Abstimmung durch Namensaufruf doch wohl näher bestimmt werden soll, nachdem das Verfahren in andern Fällen nicht so genau bestimmt ist. (Unverständlich.) Wird hier ein Protokoll geführt, und wer führt denn dasselbe? Ich meine, es dürfte eine nähere Bestimmung bei der Abstimmung mittelst Namensaufruf eben so zweckmäßig sein, wie bei der Abstimmung durch Kugelung.

Berichterst. Mayer. Ich erlaube mir zu bemerken, ein Namensaufruf kann nicht stattfinden, wenn die Secretäre nicht die Listen der Namen haben; zu Denjenigen, die Ja sagen, machen sie ein Zeichen, und zu Denjenigen, die Nein sagen, machen sie ein anderes Zeichen, und da ist ja das Protokoll geführt.

Abg. Brestel. Ich glaube, den letzten Satz des Paragraphes: "Die Zahl der Kugeln muß in beiden Urnen übereinstimmen, widrigenfalls die Kugelung wiederholt wird," könnte man besser so fassen: "Ist das Resultat der Abstimmungs- Urne dem der Controlurne entgegengesetzt, so ist die Abstimmung zu wiederholen."

Ein Abg. Das ist ja nicht bestimmt.

Abg. Brestel. Das heißt nicht: wenn die Anzahl der Kugeln nicht dieselbe ist, sondern, wenn die eine Urne ein bejahendes, und die andere ein verneinendes Resultat gibt, und in diesem Falle muß man die Abstimmung allerdings selbst wiederholen.

Berichterst. H a g e n a u e r. Es kann sich ja oft bis auf die letzte Stimme hinausziehen, es kann ja Eine Stimme entscheiden.

Abg. Brestel. Ja, eben weil sich der Fall ereignen kann, daß 150 weiße und 149 schwarze Kugeln in der Abstimmungsurne sich ergeben, so ist das Resultat in der Abstimmungsurne bejahend; aber ganz genau dasselbe Verhältniß stellt sich in der Controlurne heraus, und das wäre dann verwerfen, und da muß allerdings, weil die eine Urne bejahend ja die andere verneinend ist, die Abstimmung wiederholt werden. Aber eine Differenz der Kugeln bedingt noch keine Änderung in der Abstimmung.

Schriftf, Streit. Gegen dieses Amendement des Abg. Brestel muß ich mich entschieden aussprechen; geschieht eine Irrung in den zwei Urnen, so kann sie nur dann geschehen, wenn das Bureau seine Schuldigkeit nicht thut, und wenn das Bureau allenfalls dem Einen 2 weiße und dem Andern 2 schwarze Kugeln gibt; das ist aber jedenfalls gefährlich, das soll die Versammlung sie durchaus nicht dulden. Ist ein solcher Fall eingetreten, so ist die ganze Abstimmung durch Kugelung zweifelhaft; ich bin der Meinung, daß es beim Antrage der Commission zu verbleiben hätte.

Abg. B r e s t e l. Ich bemerke nur im Kurzen dagegen, daß ein Abgeordneter vergisst, die zweite Kugel in die Controlurne zu geben, oder aus Versehen beide Kugeln in Eine Urne gibt, oder absichtlich die zweite Kugel nicht abgibt, wenn er in voraus weiß, daß dadurch die Abstimmung wiederholt wird; daher muß ich auf meinem Antrage stehen bleiben.

Vicepräs. Wünscht noch Jemand das Wort?

Ein Abg. Ich glaube auch, daß es ebenfalls nicht zulässig ist, wenn die Anzahl der Kugeln sowohl mit der Anzahl der Stimmen, als auch die Anzahl der Kugeln in beiden Urnen nicht übereinstimmt, daß man die Abstimmung in diesem Falle als gültig ansehen kann, und es müßte strenge darauf gesehen werden, daß jeder Abgeordnete sich zur Abstimmung zur Urne hinunterbegebe, und jedenfalls seine Kugeln abgibt; aber, wenn er nicht stimmen will, kann er nicht gezwungen werden, er braucht sich auch nicht hinunter zu verfügen; das kann nach meiner Meinung nicht zulässig sein, und wir kommen nicht heraus, wenn wir darüber nichts Festes bestimmen werden. Ich muß mich für den Antrag der Commission entscheiden.

Abg. Umlauft. Ich spreche mich aus den so eben angeführten Gründen gleichfalls für die Beibehaltung der jetzigen Fassung aus. Nach dem so eben ausgesprochenen Grundsatze muß es jedem Abgeordneten frei sein, seine Stimme abzugeben oder nicht. Im Falle, daß durch Namensaufruf durch Ja oder Nein abgestimmt wird, muß er ebenfalls das Recht haben, zu sagen: ich stimme nicht mit. Warum soll ihm bei der Kugelung nicht auch das Recht zustehen, zu sagen: ich stimme nicht mit — im Falle als man die weitere Vornahme der Abstimmung durch Kugelung nicht will davon abhängig machen, ob die Anzahl der Kugeln in der Abstimmungs- und Controlurne übereinstimmen? Ich sehe überhaupt in diesem Falle nicht ein, warum wir eine Controlurne haben, denn sie wäre dann nur dazu da, um die überflüssigen Kugeln hinein zu werfen.

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? Berichterst. Mayer. Bei der Abstimmung durch Aufstehen und Sitzen bleiben, meine Herren, läßt man die Gegenprobe zu, und doch ist diese etwas Sichtbares; bei der Abstimmung durch Kugelung, die im Dunkeln vor sich geht, ist der Act der Gegenprobe um so wichtiger. Es wird sich oft auf parlamentarische Gebräuche berufen, auch ich thue es, und bemerke, daß dieses die neueste Art ist, wie man in Frankreich zu Werke geht; ich glaube dort hat man einige Erfahrung für sich. Wenn eine einzige Kugel fehlt, muß die Kugelung noch einmal geschehen, denn ich kann nicht absehen, warum nicht Eine Kugel das Resultat ebenso zweifelhaft machen kann, als wenn mehrere fehlen. Wenn wir das zulassen, so ist nicht abzusehen, wo wir eine Grenze finden, nach mathematischen Principien. Ich bin aber übrigens ebenfalls einverstanden mit dem Amendement des Abg. Hein, daß zwischen den Worten: "Schriftführen" und "gezählt" eingeschaltet würde: ,,namentlich berufen und", so daß es heißt: "die Abstimmenden werben von den Schriftführern namentlich berufen und gezählt."

Vicepräs. Es liegen zwei Verbesserungsanträge vor, nämlich von den Abg. Hein und Brestel. Beide sind von der Art, daß sie neben einander bestehen können. Ich bringe zuerst den Antrag des Abg. Brestel zur Sprache, der einen Zusatz zum §. 79, beziehungsweise jetzt 80, zum Zwecke hat.

Dieser lautet: "Ist das Resultat, welches die Abstimmung gibt, dem der Controlurne entgegen gesetzt, so ist die Abstimmung zu wiederholen." Diejenigen Herren, welche sich für die Annahme dieses Zusatzes auszusprechen wünschen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Minorität.) Ein zweiter Antrag ist der des Abg. Hein, den auch der Berichterstatter zu seinem eigenen gemacht hat. Er geht dahin: In der vierten Zeile vor Ende des §. 80 nach den Worten: "die Abstimmenden werden von den Schriftführern" die Bestimmung hinein zu fügen: "namentlich berufen und gezählt." Diejenigen Herren, welche sich für diese Bestimmung in der angetragenen Fassung auszusprechen wünschen, wollen sich erheben. (Alle stehen auf.)

Ich ersuche den Herrn Berichterstatter, den §. 80 noch einmal vorzulesen.

Berichterst. Mayer. Der §. 80 wird nunmehr auf folgende Art lauten:

"Bei der Abstimmung durch Kugelung erhält jeder Ab3eordnete bei der Rednerbühne eine weiße (bejahende) und eine schwarze (verneinende) Kugel. Die eine der Kugeln wird in die Abstimmung, die zweite in die Controlurne geworfen. Die Abstimmenden werden von den Schriftführern namentlich berufen und gezählt. Die Zahl der Kugeln muß in beiden Urnen übereinstimmen, widrigenfalls die Kugelung wiederholt wird. "Vicepräs. Wer sich für die Annahme des so eben vorgelesenen Paragraphes auszusprechen wünscht, wolle sich erheben. (Der Paragraph wird angenommen.) Abg. Paul. Der Abg. Wörz hat den Wunsch ausgesprochen, daß auch für Abstimmung durch Namensaufruf etwas Bestimmteres ausgesprochen werde, und ich stelle daher den Antrag, daß ein Zusatz zu dem §. 79 gemacht werde des Inhaltes: "Die Abstimmung durch Namensaufruf wird durch zwei Schriftführer controliren."

Vicepräs. Es handelt sich um einen Zusatz zu einem Paragraphe, der bereits beschlossen worden ist, und ich glaube, falls er nicht als selbstständiger Antrag vorgebracht wird, daß der Versammlung, ein Zusatz kaum mehr oponirt werden dürfte. (Ruf: Es ist ja noch nicht abgestimmt!) Es ist mir aber der Antrag nicht auf den Tisch gelegt worden. Vermöge der Geschäftsordnung bin ich angewiesen, "Vorschläge in der Fassung zur Abstimmung zu bringen, wie sie schriftlich übergeben worden sind," daher glaube ich, daß ich mir keine Pflichtverletzung zu Schulden kommen ließ.

Abg. Hagenauer. Ich bitte den Herrn, sich zu beruhigen, es ist gar nicht anders möglich eine Abstimmung durch Ja und Nein, als daß von den Schriftführern Bureau  Listen geführt werden. Im §. 17 heißt es ausdrücklich, daß die Schriftführer das Ergebniß der Abstimmung aufzuschreiben haben; es ist also schon dafür gesorgt.

Vicepräs. Wünscht der Abgeordnete diesen Antrag als einen selbstständigen zu stellen, so bitte ich, ihn geschrieben zu überreichen. (Dieß ist nicht der Fall.)

Also ersuche ich den Herrn Berichterstatter, zum nächsten Paragraphe überzugehen.

Vicepräs. Dieser verbesserte Paragraph lautet: "Bei Stimmengleichheit gibt der Präsident, der sonst nicht mitstimmt, den Ausschlag."

Abg. Löhner. Die Verbesserung scheint mir nicht genügend. Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß durch die Bestimmung, durch Stimmengleich ist die Frage durch Nein zu entscheiden, von wesentlichem Einfluß ist, namentlich wenn man die Geschichte betrachtet, durch welche wir berufen worden sind, die Völker Österreichs zu vertreten. Ich mache Sie auf einen Satz aufmerksam, wo ein Maler die Weltkugel mit zwei Genien gemalt hat, von denen der Eine dieselbe vorwärtsbringen, der Andere sie zurückhalten wollte. Ich glaube, dieses Geheimniß der Existenz ist hier in Betracht zu ziehen. Wir sehen überall zwei Kräfte, von welchen Die eine das zu erhalten sucht, was besteht, die andere stets durch neue Schassungen der Frage entgegen strebt. Ebenso stelle ich mir die hohe Reichsversammlung vor, wie sie durch Stimmengleichheit einander entgegen tritt. Ich mache Sie meine Herren, darauf aufmerksam, daß der Reichstag die Wiedergeburt Österreichs vorstellt, und auf diese Weise möchte ich, daß dir Satz darin stehe, daß, im Falle die Hälfte für die Annahme eines Antrages stimmt und die andere Hälfte ihn verwirft, der Präsident hierüber entscheide, Ich glaube, ist es unsere wesentliche Aufgabe, Neues zu schaffen. Ich glaube, daß wir diesen Grundsatz feststellen, nicht das Bestehende zu erhalten, sondern Neues zu schassen, daß dann der Präsident, der doch ein Mitglied der Versammlung ist, und der überhaupt auch das Vertrauen genießt, auch hier berufen fei, in der Versammlung mitzustimmen, und ein Recht zu üben, welches er als Mitglied der hohen Versammlung ebenfalls besitzt. Ich möchte darauf aufmerksam machen, daß offenbar das Motiv, wovon Mehrere geleitet wurden, nicht ganz gleichstimmig wird. Es scheint lediglich ein sehr gutes Moment gegen eine überstürzte Annahme zu sein. Ich mache Sie auch darauf aufmerksam, daß jeder Gesetzentwurf unseren Debatten einer dreifachen Berathung unterliege, indem ein Antrag nur als angenommen betrachtet werden darf, wenn er der nächstfolgenden doppelten Schlußfassung nicht im Wege steht; und ich trage darauf an, daß bei der Stimmengleichheit der Präsident den Ausschlag gebe. Abg. Brestel. Ich glaube die Aufgabe wäre ganz einfach, und zwar aus dem Grunde einfach, weil der Präsident eben so gut wie Jeder von uns ein Wahlbezirksvertreter ist, und daher eben so gut das Recht hat, gehört zu werden wie jeder Andere. Wenn man den Präsidenten von der Abstimmung ausschließt, würde in diesem Falle der Wahlbezirk gar nicht vertreten sein, und daher ist es allerdings nothwendig, daß der Präsident in einem so wichtigen Momente, wo sich die beiden Hälften der Kammer gegenüber stehen, wie jeder Einzelne das Recht hat, den Ausschlag zu geben. Und daher glaube ich, daß dem Präsidenten das Abstimmungsrecht, daher auch die Entscheidung bei Stimmengleichheit zugestanden werde.

Ein Abg. Ich schließe mich dem Antrage aus dem Grunde an, weil die Stimmengleichheit nur im äußersten Falle vortreten wird, und der Präsident sich sehr verwahren wird, mit seiner Stimme den Ausschlag zu geben. Es würde dann die ganze Verantwortlichkeit bloß einzig und allein auf ihn fallen, indem alle Beschlüsse nur dann sehr viele Ansichten aussprechen können, wenn sie durch Majorität unterstützt werden; dieses ist aber nicht der Fall, wenn der Präsident den Ausschlag gibt.

Ein Abg. Ich glaube, daß die Ansicht nicht allein vom Präsidenten, sondern von der ganzen andern Hälfte der Versammlung unterstützt werde. Ein Abg. Ich bin mit dem Redner vor mir ganz einserstanden, und glaube nur noch zu bemerken, daß es dem Präsidenten ohnehin frei steht, ob er stimmen wolle oder nicht. (Ruf: Nein, es steht ihm nicht frei.) Berichterst. Mayer. Der Antrag lautet dahin, daß der Präsident niemals abstimme. Ein Abg. Ich stimme auch dafür, daß der Präsident niemals abstimmen soll, weil dadurch seine Rücksichtslosigkeit und Unparteilichkeit am allerbesten gewahrt wird. Was jenes Gleichnis anbelangt, daß wir nur Neues schaffen sollen, und daß wir darnach streben sollen, so glaube ich, daß wir dadurch in eine neue Gefahr kommen könnten. — Ich glaube, daß jedes Neue ein Experiment ist, und daß das, was schon besteht, wenigstens schon geprüft ist; nun wäre der Wille der Versammlung so auf der Wage; da dieß selbst nicht der Ausschuß klarer gezeigt hat, so glaube ich, wäre es rathsam, nicht beim Experiment zu bleiben, daher stimme ich für den Antrag der Commission. Abg. Umlauft. Gegen den von dem verehrten Herrn Vorsprecher auf der entgegengesetzten Seite vorgebrachten Grund, daß ein Beschluß der Kammer nur dann Wiederklang finden kann, wenn er von einer bedeutenden Majorität unterstützt ist, muß ich bemerken, daß der Beschluß, der durch die Stimmengleichheit hervorgeht, auch ein Beschluß ist, der von einer bedeutenden Majorität unterstützt ist.

Vicepräs. Wünscht Jemand noch das Wort? Wenn dieß nicht der Fall ist, so mag der Herr Berichterstatter sein Recht in Anspruch nehmen.

Berichterst. Mayer. Ich habe den Antrag der Commission zu vertheidigen.

Der erste verehrte Herr Redner, welcher den Gegenantrag stellte, ging von dem Grundsatze aus, als wenn ein Antrag, der Stimmengleichheit hervorbringt, dadurch besiegt und verworfen würde, und es wäre dagegen ein Schutz nöthig. — Ich theile vollkommen die Ansicht, daß wir hierher gekommen sind zu schaffen. Gediegenes zu schaffen. — Ich erlaube mir die Frage, werden alle Anträge die der Schöpfung sein? — Könnten es nicht auch Anträge der Vermoderung sein? Wo ist die Gewißheit, daß gerade Anträge vorkommen, welche vielleicht das Schlechtbestehende beibehalten wissen wollen?

Ich erlaube mir, darauf hinzuweisen, daß in jedem parlamentarischen Verfahren die Majorität doch diejenige sei, welche die Minorität zufrieden stellt.

Wenn die Parteien in zwei gleiche Lager getheilt dastehen, soll der Präsident, den wir doch nicht in unser Parteigetriebe herabgezogen wissen wollen, der immer eine gewisse Unparteilichkeit und Würde wahren soll, den Richter machen, wo auf jeder Seite die Streitkräfte gleich sind, denn es ist etwas ganz anderes, ob etwas zum Beschluß erhoben oder verworfen wird.

Wenn wir ausgesprochen haben, daß jeder Antrag als verworfen anzusehen ist, wenn sich eine Stimmengleichheit herausstellt, dann meine Herren, dann ist ja Niemanden der Weg abgeschnitten, das was er bezwecken wollte, in einer andern Form zur Verhandlung zu bringen.

Wenn das einzelne Wort des Präsidenten diese Hälfte verbinden kann, dann ist der Fall ein entgegengesetzter, dann ist er wirklich überstürzt; denn es ist der Grundsatz jedes parlamentarischen Lebens, die Mehrheit soll gelten. Ist es aber die Herrschaft der Majorität, oder die Herrschaft des Wahlbezirkes, der der Präsident angehört, oder ist es nicht vielmehr die Herrschaft der subjektiven Überzeugung eines Menschen, der in einem so wichtigen Puncte vielleicht über das Wohl und Weh Vieler entscheiden kann? Ist dieß das Herrschen der Majorität, oder ist es die Herrschaft eines Einzigen, die wohl nicht der Foren nach, aber der Wesenheit, nicht vom Absolutismus weit entfernt ist?

Wir laufen weniger Gefahr, wenn wir anerkennen, daß bei Stimmengleichheit die Frage verworfen ist, wo es Jedem frei steht, das Gute, was er gewollt, in einer andern Form zwar, wieder vor die Versammlung zu bringen.

Vicepräs. Wünscht die Versammlung die Debatte für geschlossen zu erklären, so bitte ich, sich zu erheben. (Wird angenommen.)

Ich bringe daher den Antrag des Abg. L ö h n e r zur Abstimmung, er lautet: "Bei Stimmengleichheit gibt der Präsident, der sonst nicht stimmt, den Ausschlag." Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieses Antrages sich aussprechen, wollen sich erheben. (Minorität.) Ich ersuche daher den Herrn Berichterstatter, den §. 80 nochmals zu lesen. Berichterst. Mayer liest:"Bei Stimmengleichheit ist die Frage als verneint anzusehen; der Präsident stimmt niemals."

Vicepräs. Ich ersuche, die Annahme dieses Paragraphes durch Aufstehen kundzugeben. (Wird angenommen.)

(§. 81, nunmehr 82, wird anstandslos angenommen.)

Berichterst. Mayer (liest den §. 82, nunmehr 83): "Der Verfassungsentwurf, sowie jeder andere Gesetzentwurf muß dreimal zur Berathung und Schlußfassung kommen, und zwar in Zwischenräumen von wenigstens acht, von der letzten Beschlußnahme an, zu berechnenden Tagen."

Vicepräs. Zu diesem Paragraphe liegen zwei Verbesserungsanträge vor, und zwar zuerst der des Abg. Pienczykowski Et beabsichtigt einen Zusatz, und lautet: "Proteste gegen eine Beschlußnahme werden unweigerlich in das Protokoll der Sitzung aufgenommen." Ich bitte den Herrn Antragsteller, von seinem Rechte der Motivirung Gebrauch zu machen. Abg. Pienczykowski. Die Annahme der Proteste liegt in der Natur der Sache, bewährt sich in allen parlamentarischen Verhandlungen, und auch wir haben davon Beispiele in unserer Kammer; mithin glaube ich, das dergleichen Anträge hier anzuführen eigentlich übtrflüssigwäre. Beil wir jedoch in unserer Geschäftsordnung sogar in alle Details eingesehen, so glaube ich, daß dieser Protestaktionsweg nicht den Grund der Usuatität, sondern den Grund der Gesetzlichkeit haben soll; das war die Absicht meines Antrages.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstützt.) Berichterst. M a y e r. Der Ausschuß hat in Berücksichtigung der angeführten Gründe selbst schon ein Amendement, eigentlich eine weitere Ausführung der nächsten Abtheilung, nämlich der Abtheilung 12 der Geschäftsordnung beschlossen, was dann heißen wird: "Interpellationen und Proteste. "Der einzuschaltende Paragraph wird in Verhandlung kommen, und ich erlaube mir, das Ersuchen zu stellen, ob dieser Verbesserungsantrag nicht bis nach dem §. 84 vertagt werden solle. Vicepräs. Ein weiterer Antrag ist der des Abg. Mathis. Er beabsichtigt ebenfalls einen Zusatz zu §. 82 und lautet: "Doch steht es der Versammlung frei, in dringenden Fällen die dreimalige Berathung und Schlußfassung in kürzern Zeiträumen vorzunehmen." Ich ersuche den Abg. Mathis, von seinem Rechte der Motivirung Gebrauch zu machen. Abg. Mathis. Ich glaube, mein Antrag bedarf keiner größeren Rechtfertigung. Ich erinnere nur an die außerordentlichen Fälle, welche die Exekutivgewalt veranlassen könnten, außerordentlichen Vorfällen zu begegnen. Ich erinnere, daß im englischen Parlamente der Gesetzentwurf zur Aufhebung der Habens corpusacte an einem einzigen Tage in allen drei Stadien zur Berathung und Beschlußnahme kam. Ich glaube, wir selbst leben in so außerordentlichen Umständen, daß wir uns die außerordentlichen Mittel, in außerordentlichen Fällen Abhilfe zu verschaffen, nicht selbst benehmen, sonst würden wir uns in allen Fällen an solche Zeiträume binden.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird unterstützt.) Abg. Nabler. Wir haben in allen Paragraphen statt Verfassungsentwurf gesagt: "Constitutionsentwurf. "Ich bemerke, daß dieß auch hier gethan wird. Vicepräs. Eins liegt noch ein weiterer Antrag hier vor, und zwar des Abg. Haßlwanter, der nach dem Schluß des §. 82 noch gesetzt haben will: "Die namentliche Abstimmung, oder die Abstimmung durch Kugelung, kann nur bei den zwei letzten Abstimmungen verlangt werden." Ferner verlangt dieser Antrag die Weglassung der Worte: ,,sowie jeder andere Gesetzentwurf."

Ich fordere den Antragsteller auf, von seinem Rechte der Begründung Gebrauch zu machen.

Abg. Haßlwanter. Es ist schon bei der Verhandlung über die Frage der namentlichen Abstimmung oder Kugelung von dem Zeitaufwande gesprochen worden, der dadurch herbeigeführt wird; hier könnte nun dreimalige namentliche Abstimmung oder Kugelung verlangt werden, und es genügt ja, bloß die letzten zwei Abstimmungen auf diese zeitraubende Art zu besorgen.

Es ist dieß aber nicht bloß Zeitersparniß, sondern gibt auch den einzelnen Mitgliedern freieren Spielraum der Abstimmung.

Der Paragraph beabsichtigt durch die dreimalige Abstimmung bessere Berathung und setzt voraus, daß man von seiner früheren Überzeugung durch die nachgefolgten Debatten abgehen könne und solle. Dieß ist aber schwerer, wenn schon die erste Abstimmung namentlich erfolgt, als wenn selbe bloß im gewöhnlichen Abstimmungswege geschah, weil keine Inkonsequenz und Meinungsveränderung actenmässig erscheint, V i c e  P r ä s. Wünscht Jemand den Antrag zu unterstützen? Ich werde noch einmal den Antrag wiederholen. Der Antrag ist ein doppelter, er beabsichtigt erstens einen Zusatz zum §.82, beziehungsweise 83, in nachstehender Art. Nach dem Schlusse soll die nachstehende Bestimmung folgen: "die namentliche Abstimmung oder die durch Kugelung kann nur bei den zwei letzten Abstimmungen verlangt werden." (Hinreichend unterstützt.) Der zweite Antrag geht auf die Weglassung einiger Worte im §. 82. Der Urtext lautet:,,der Constitutionsentwurf"— die nachstehenden Worte: "sowie jeder andere Gesetzentwurf," sollen weggelassen werden; nun folgt wieder der Urtext "muß dreimal u. s. w." Diejenigen Herren, welche diesen Antrag unterstützen, wollen aufstehen. (Nicht unterstützt.) Abg. Brestel. Ich erlaube mir die einfache Bemerkung, daß ich allerdings anerkenne, daß eine dreimalige öffentliche Abstimmung über einen Gesetzentwurf uns viel Zeit rauben wurde, aber ich möchte zweifeln, ob es gut wäre, ausdrücklich das gesetzlich zu untersagen. Man kann wohl so viel auf die Ansicht der Kammer rechnen, daß wenn ein Gesetzentwurf durch ein oder zweimalige Abstimmung nicht angenommen wurde, man das drittemal nicht unnötiger Weise auf eine namentliche Abstimmung dringen werde. Jedenfalls muß ich bemerken, daß, wenn man schon die namentliche Abstimmung nicht alle dreimal vornehmen will, es jedenfalls unrichtig wäre, sie das erste Mal fallen zu lassen, denn die zweite Berathung kann natürlich nur dann eintreten, wenn das Gesetz in der ersten Berathung angenommen ist, nicht aber, wenn es verworfen wurde. Jedenfalls ist die erste Abstimmung die wichtigste, weil sie für das ganze Gesetz entscheidet. Will man die Abstimmung beschränken, so kann man es beim dritten Male, aber keineswegs beim ersten Male thun, da dieß diejenige Abstimmung ist, die die definitive, wenigstens in negativer Hinsicht, die entschiedenste ist, bei welcher die namentliche Abstimmung beibehalten werden muß. Überhaupt halte ich eine solche Vorsorge nicht für nothwendig, weil ich glaube, daß wenn bei der ersten und zweiten Abstimmung die Majorität sich auf eine kategorische Weise ausgesprochen hat, nicht leicht der Fall eintreten wurde, daß man beim dritten Mal nochmals auf die Abstimmung bringen würde.

Vicepräs. Es liegt noch ein Antrag vom Abg. Trojan vor. Er beabsichtigt eine Bestimmung, die gleich anfangs des Paragraphen einzuschalten ist. Der Text lautet: ,,Der Constitutionsentwurf, sowie jeder andere Gesetzentwurf, muß:" jetzt kommen die Worte des Antrages —,,wenn sich der Reichstag nicht mit zwei Dritteln der Stimmen dagegen erklärt," und jetzt folgen die weiteren Worte des Paragraphen, "dreimal zur Berathung u. s. w." Wünscht der Abg. Trojan seinen Antrag zu motivieren, so möge er das Wort ergreifen.

Abg. Trojan. Nach dem Wortlaute des Paragraphen ist es klar, daß wir sowohl den Constitutionsentwurf als jeden andern Gesetzentwurf dreimal hören müssen, in Absätzen von acht zu acht Tagen, möge er mit kleiner oder großer Majorität oder Minorität angenommen oder verworfen sein, denn es wird kein Unterschied gemacht. Ich glaube, die Bestimmung dieses Paragraphen beruht auf der Ansicht und dem Grundsatze, der allerdings Berücksichtigung verdient, daß nicht der Eindruck des Augenblickes, sondern die reife und ruhige Überlegung uns bestimmen soll, einen Gesetz und den Constitutionsentwurf in seinen Bestimmungen anzunehmen oder zu verwerfen. Es können sich in der Debatte Gründe ergeben, die nicht gleich einleuchtend genug sind, oder erst bei der zweiten oder dritten Berathung die Abstimmung ablenken können. Ich glaube daher, daß allerdings die zweite Lesung auch selbst dann nicht überflüssig sein dürfte, wenn überhaupt eine Aussicht, eine Wahrscheinlichkeit sich herausstellt, daß bei der zweiten oder dritten Lesung der Constitutionenconstitution oder Gesetzentwurf durchgehen kann. Dieses ist allerdings möglich, wenn eine geringfügige Majorität dagegen sich erhebt, denn es kann sich ergeben, daß die Majorität oder Minorität nur ein oder zwei; Abgeordnete betrage, daß dieser eine oder zwei, oder einige wenige Personen ihre Ansicht ändern; es kann sich auch ergeben, daß bei der ersten Abstimmung jene nicht zugegen waren, die die Ansicht der Minorität theilen, und es ist allerdings eine Möglichkeit, daß bei der zweiten oder dritten Abstimmung, was früher eine kleine Minorität war, zur Majorität werde. Dieses ist aber nicht zu erwarten, wenn sich gleich eine entschiedene und eine eminente Majorität gegen den Antrag erhebt. Ich bin dafür, daß das dreimalige Lesen in dem Falle unbedingt stattfinde, wenn die Majorität sich jedes Mal und gleich das erste Mal für die Annahme erklärt; ich bin aber dafür, daß die zweite oder dritte Lesung unterbleibe, wenn sich eine eminente Majorität von 2/2 beim ersten Mal dagegen ausspricht.

Vicepräs. Wird dieser Antrag unterstützt! (Nicht unterstützt.)

Abg. Goldmark. Ich wollte eben nur den Herrn Referenten fragen, ob hier nicht eine dreimalige Vorlesung jedes Mal erfolgen müsse, wenn auch gleich das erste Mal die Verneinung erfolgt.

Abg. Mayer. Das liegt zu klar vor, das versteht sich. Abg. Goldmark. Es war vielleicht die Absicht der Geschäftsordnungskommission, in dieser Form zu stylisirt, daß die Berathung jedes Mal drei Mal vorgenommen werden muß, wenn auch beim ersten Male der Gesetzentwurf verworfen werden sollte.

Abg. Mayer. Das war die Ansicht der Commission, das ist klar und deutlich ausgesprochen.

Abg. Goldmark. Dann unterstütze ich den Antrag des Abg. Trojan vollkommen.

Abg. W i e z n i c k y. Ich unterstütze den Antrag der Commission zur Gänze und bin gegen diese Anträge, und zwar aus dem Grunde: jedes Gesetz soll der Ausdruck der Mehrheit des vernünftigen Volkswillens sein, wir sind ein künstliches Organ, um diesen Volkswillen auszudrücken. Jedes künstliche Organ ist in seiner Constitution besser, wenn es sich dem Willen des natürlichen Organes anschließt. Dieß ist nicht anders möglich, als wenn die Berathung in der Art geschieht, wie sie hier angeschrieben ist, nämlich drei Mal mit einem Zwischenraume von acht zu acht Tage. Wir werden dadurch in die Lage gesetzt, nicht nur unsere Stimmen zu hören, sondern auch die des Volkes, den Volkswillen durch sein Organ, die Presse. Es wird billig sein, alle Beschlüsse reiflich zu berathen, und es werden auch dann unsere Beschlüsse mehr Achtung vor dem Volke haben. In vorhinein läßt sich nicht sagen, ob ein Beschluß, der gefaßt wird, mehr Nutzen bringt, als ein Beschluß, der nicht gefaßt wird, denn, wenn ein Antrag geschieht, der verworfen wird, kann sehr viel Gutes mit ihm verworfen werden; aus diesen Gründen schließe ich mich an den Antrag der Commission an. Vicepräs. Es liegt noch ein weiterer Antrag des Abg. Fischhof vor, der einen Zusatz zu dem in


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