Sobota 5. srpna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Vierzehnte Sitzung des constituirenden Reichstages am 5. August 1848.

Tagesordnung.

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 4. August 1848.

II. Berichte über Wahlacte.

III. Fortsetzung und Beendigung der Berathung über die Geschäftsordnung.

IV. Berathung über den Antrag des Abg. Kudlich auf Aufhebung des Untertänigkeitsverhältnisses.

V. Berathung über den Antrag des Abg. S el i n g e r über die Anerkennung der Verdienstlichkeit der österr. Armee in Italien.

Vorsitzender: Vicepräs. Strobach. Anwesende Minister: Doblhoff, Krauß, Latour, Bach, Schwarzer.

Anfang um halb 10 Uhr.

Vicepräs. Die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl der Abgeordneten ist bereits anwesend, ich erkläre daher die Sitzung für eröffnet, und ersuche den Herrn Schriftführer, das Protokoll der Sitzung vom 4. August vorzulesen.

(Secretär Streit verliest das Protokoll.)

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?

Abg. Löhner. Ich habe nur zu bemerken, daß wahrscheinlich durch einen Schreibfehler in meinem Antrage bezüglich der Kugelung und Namensaufruf ein Zählungsfehler unterlaufen ist. Mein Antrag ging dahin, daß die Kugelung von 20 Mitgliedern gefordert werden kann, und der Namensaufruf erfolgen muß, wenn ihn 50 Mitglieder verlangen, nicht aber 30. (Secretär Streit verbessert diesen Schreibfehler.)

Vicepräs. Hat noch Jemand eine Einwendung gegen den Inhalt oder die Förmlichkeit des Protokolles vorzubringen? Diejenigen Herren, welche sich für die Annahme des Protokollsaussprechen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.)

Ich ersuche die Herren, die den Ausschuß zur Berathung der Entwürfe, welche von dem Ministerium vorgelegt sind, bilden, die Functionäre anzeigen zu wollen.

Abg. Pillersdorff. Vorstand ist Pillersdorff, Schriftführer Violand.

Vicepräs. Und der Stellvertreter?

Abg. Pillersdorff. Ist keiner gewählt worden.

Vicepräs. Es liegen hier mehrere Urlaubsgesuche vor. Einige fallen in den Wirkungskreis des Präsidenten, da sie drei Tage nicht überschreiten, und sind auch bewilligt worden. Nicolaus Horacek, des Piseker Wahlbezirks, und Franz Slavik — der Ort ist mir unbekannt, woher der Deputirte ist; ich bringe die bewilligten Urlaubsgesuche zur Kenntniß der hohen Kammer. Dann sind noch zwei weitere Urlaubsgesuche: des Wenzel Prohaska um einen Urlaub von 12Tagen, und des Mathias Mazurkiewicz um dreiwöchentlichen Urlaub; ich ersuche den Herrn Secretär, sie vorzulesen.

Schriftf. Ullepitsch. Es haben sich bis jetzt 350 Abgeordnete gemeldet, wovon 10 auf Urlaub abwesend sind (liest das Gesuch des Mathias Mazurkiewicz, Abgeordneten aus Zbaracz, vor).

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?

Abg. Violand. Ich ersuche, mir bekannt zu machen, wie viel Herren sich gegenwärtig als Deputirte gemeldet haben. (Ruf: Ist schon geschehen.)

Schriftf. UIlepitsch. 350 haben sich gemeldet, wovon 10 auf Urlaub sind.

Vicepräs. Wünscht der Abg. Violand über diese Bemerkung das Wort zu ergreifen? — Falls die hohe Versammlung für die Bewilligung dieses Urlaubs sich auszusprechen wünscht, so wolle es durch Aufstehen geschehen. (Angenommen.)

Schriftf. UIlepitsch (liest das Urlaubsgesuch bei Wenzel Prohaska aus Neustadt).

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? — Wenn die hohe Versammlung sich für die Bewilligung des Urlaubs ausspricht, so wolle dieß durch Aufstehen geschehen. (Angenommen.)

Die auf heute angekündigte Feier für die Siege in Julien ist nicht abgehalten worden, nach einer Eröffnung des Ministeriums wird sie auf Montag verlegt werden. Ich ersuche die Herren, die an dieser Feier teilnehmen wollen, Montag um halb 8 Uhr sich hier versammeln zu wollen. Es liegt hier die Anmeldung einer Interpellation des Abg Paul an das Kriegsministerium vor, da aber der Kriegsminister nicht da ist, so durfte sie vor der Hand in suspenso verbleiben. Auf der Tagesordnung befinden sich nun die Berichte der Abtheilungen über die Prüfung der Wahlacte. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter der ersten Abtheilung, zum Vortrag zu schreiten. — Liegt kein Referat über Wahlacten vor? (Nein.) Ich bitte den Herrn Berichterstatter der zweiten Abtheilung.

(Der Berichterstatter der zweiten Abtheilung berichtet über den Wahlact des Deputirten Kozowski aus Sambor, und trägt auf die Gültigkeitserklärung dieser Wahl an.)

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? — Falls eine hohe Versammlung sich für den Antrag der Section auszusprechen wünscht, so möge sie es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen )

(Der Berichterstatter liest den Bericht über die Prüfung der Wahlacten des Deputirten Hubicki für den Wahlbezirk Olejow.)

Vicepräs. Wünscht die hohe Versammlung, daß der Protest vorgelesen werde, da zur Ablesung der Actenstücke immer die Genehmigung der hohen Versammlung nothig ist. — Diejenigen Her den, welche sich für die Lesung des Protestes aussprechen, wollen dieß durch Aufstehen kundgeben Abg. Löhner. Ich bitte den Herrn Präsidenten um eine Berichtigung als Mitglied der zweiten Abtheilung, es scheint nicht ganz deutlich verstanden worden zu sein, um was es sich handelt. Die zweite Abtheilung ist der Meinung, daß die Wahl als beanständigt zu betrachten sei, weil das Factum, da ein Protest eingereicht ist, allerdings als constatiren erscheint, aber es ist augenfaltig, daß die hohe Versammlung nicht im Stande sein wird, über den rechtlichen Grund dieses Protestes zu urtheilen, indem durch die Schuld des Kreisamtes selbst, statt des Originalprotestes mit den Unterschriften bloß von einem Copisten eine unbeglaubigte, nicht gefertigte, und nicht einmal vielleicht vollständige Übersetzung des eigentlichen Protestes vorliegt. Die Abtheilung ist der Meinung daß sie nicht über einen Protest urtheilen könne, dessen wirklichen Inhalt sie nicht kennt, allein der Protest kann nicht vorgelesen werden, weil er nicht vorliegt sondern es konnte nur diese unbeglaubigte, unvollständige Übersetzung vorgelesen werden, darum war ich in der Abtheilung der Meinung, diese Wahl als beanständet zu halten.

V i c e  p r ä s. Ich werde die Frage noch einmal wiederholen, ob nämlich die hohe Kammer wünscht, daß der Protest vorgelesen werde. Diejenigen Herren, welche sich für die Vorlesung dieser bloßen Abschrift aussprechen, wollen dieß durch Aufstehen fundgeben. (Nicht angenommen.)

Abg. Bielecki. Als Vorstand der zweiten Abtheilung bin ich verpflichtet, der hohen Versammlung eine Aufklärung über die vorgenommene Prüfung dieser Wahl zu geben. Die zweite Abteilung hat zuerst beschlossen, die Wahl als unbeanstandet zu erklären, aus Rücksicht, daß die Wahl sonst in Ordnung vorgenommen wurde, die Gegenlisten unterzeichnet, wie es sich gebührt, und bloß der Protokollführer die Gegenlisten gezeichnet, über was die hohe Kammer sich schon mehrmals hinausgesetzt hat. Die ganze Abtheilung hat die Wahl all unbeanständet angesehen und sie als solche der hohen Versammlung vorzuschlagen beschlossen Da ist das Bedenken aufgefallen, daß ein Protest beiliege, welcher schon früher von dem Berichterstatter vorgetragen, und von der zweiten Abtheilung nicht berücksichtigt würde. Der Protest ist nach meiner Ansicht als gar nicht geschehen anzusehen. 

Der Abg. Löhner bemerkt, er wäre nicht vom Kreisamte legalisiert, er braucht nicht vom Kreisamte legalisiert zu sein, denn er ist an das Kreisamt nicht gerichtet, sondern an den ruthenischen Nationalrath, darum kann er vom Kreisamte nicht legalisiert sein, sondern er ist vom ruthenischen Nationalrathe unterschrieben. Ich glaube, daß dieses genügt, und fallt der Grund also hinweg. Zweitens ficht dieser Protest die Wahl gar nicht im Wesentlichen an, sondern nur, daß die gehörige Zeit zwischen der Zeit der Wahl und der Verlautbarung des Wahlactes nicht gesetzlich ist. Aber es ist ersichtlich aus dem Protokolle, daß 4 bis 6 Tage dazwischen verstrichen waren, folglich ist der Umstand nicht zu beachten, um so mehr, da eine hohe Kammer schon oft darüber hinausgegangen ist. Endlich liegt bei diesem Proteste auch noch bei, daß die Wahlmänner nicht gehörig instruirt waren, das glaube ich, kann kein genügender Grund sein, weil hierüber auch in der Wahlordnung nichts vorgeschrieben ist. Ich trage daher darauf an, daß dieser Protest nicht zu beachten sei, er ist nicht vom Kreisamte ausgefertigt, die Wahlmänner haben ihn auch nicht dorthin gerichtet, sondern an den ruthenischen Nationalrath, und dieser hat ihn gehörig unterschrieben. Er ficht die Wahl nicht an, die Wahl ist regelmäßig vorgegangen, und ich trage darauf an, daß diese Wahl als anstandslos zu betrachten sei.

Abg Löhner. Ich berufe mich auf das Zeugniß der Herren, die in der Abtheilung sind. Die Abtheilung hat noch nicht abgestimmt gehabt, das werden die Herren bezeugen, ich habe das Wort verlangt, und habe mein Bedenken geltend gemacht, wie es einem jeden Abtheilungsmitgliede zusteht, ja, wie es seine Pflicht ist; es war noch kein Beschluß gefaßt, die Frage war erst gestellt, sämmtliche Herren der Abtheilung (ich rufe den Herrn Referenten zum Zeugen) sind meiner Ansicht beigetreten, es war noch kein Beschluß gefaxt, er ist erst gefaßt worden. Der Herr Referent hat meinen Antrag formulirt, und er ist zur Abstimmung gebracht worden vom Herrn Präsidenten selbst, wie er es bezeugen muß. Ich bemerke zweitens, daß offenbar von einem solchen Proteste die Rede ist, welcher von dem Kreisamte mit den Actenstücken eingesendet wurde; er ist nicht an die Reichsversammlung gerichtet, sondern beim Kreisamte eingelegt worden, und das Kreisamt hat eine unbeglaubigte Copie geschickt. Es ist auch nicht richtig, daß dieses Actenstück der Protest sei, den Protest haben wir noch nicht, wir wissen nur von seiner Existenz, eben weil das Kreisamt eine unbeglaubigte Übersetzung geschickt hat. Daß der Protest vorhanden ist, wissen wir, was er enthält, wissen wir officiell nicht, weil wir nicht wissen, ob die Abschrift richtig und vollständig ist. Ferner, die Abschrift, die hier liegt in den Actenstücken, ist auch von Niemand unterschrieben, bloß vom Copisten, der den ganzen Protest unterschrieben hat, sind auch die Unterschriften nachgeschrieben. Von den Originalunterschriften steht keine einzige auf dem angeblichen Protest. Dieser Protest hat auch keine gehörige Unterschrift, er ist lediglich eine Copie, wie sie jeder von uns von seinem Actenstücke anfertigen kann. Ich war daher der Meinung, daß die hohe Versammlung nur von der Existenz eines Protestes wisse, aber nicht von seinem wirklichen Inhalte, und es scheint mir gegen einen Rechtsgrundsatz zu verstoßen, über ein Actenstück abzusprechen, und über seinen Werth in Bezug auf eine unbestimmte Handlung als Richter aufzutreten, ehe es selbst hier vorliegt; es liegt aber nicht vor, und unmöglich kann es Denjenigen, welche den Protest eingereicht haben, zur Schuld gerechnet werden, daß das Kreisamt ihn nicht vorgelegt hat, wie es hätte sein sollen; und was nicht vorhanden ist, darüber soll nach meinem Dafürhalten der Richter nicht im Voraus entscheiden, er soll es ablehnen, weil er Rechten zu nahe treten kann. Endlich ist noch ein Punkt, der vom politischen Standpunkte uns darauf hinweisen muß, uns da nicht zu übereilen: es ist laut dieser Copie der ursprüngliche Protest unterschrieben von dein Vorstande und den Mitgliedern des ruthenischen Nationalrathes, indes geht nur aus der Copie hervor, daß auf dem Originalproteste diese Unterschriften sich finden. So lange aber dieser Originalprotest nicht vorliegt, scheint es mir, daß die Versammlung über den Werth oder Unwerte dieses Actenstückes nicht entscheiden kann.

Abg. Gleißpach. Ich glaube, daß die hohe Reichsversammlung sich in diese Details gar nicht einlassen soll, der Protest auch gar nicht zu lesen ist, und daß sie sich über dessen Gründlichkeit und Wichtigkeit gar nicht in eine Beurtheilung einlassen möge, weil wir sonst Beschlüsse umstoßen, die wir gefaßt haben.

Soviel ich mich erinnere, ist der Beschluß gefaßt worden, daß in allen Fällen, wo die Abtheilung auf Beanständigung der Wahl anträgt, der ganze Wahlact einer eigenen Commission zugesendet werde, welche hierüber dem hohen Reichstag Bericht zu erstatten haben wird. Das Factum ist eingetreten, der Berichterstatter hat es vorgelesen, daß die Abtheilung die Wahl für beanständet erklärt. Dieses Factum genügt, und in Folge dieses Factums ist der Wahlact jener Commission zuzumitteln.

Devotläufige Lesung des Protestes würde zu gar nichts führen, indem erst die Commission diesen Protest zu untersuchen, und dessen Gewicht zu würdigen und darüber dem hohen Reichstag zu relationiren haben wirb. Es scheint mit eine reine Zeitverschwendung, diesen Protest vorlesen zu wollen.

Abg. Bielecki. Ich muß eine Bemerkung des Herrn Abg. Löhner dahin berichtigen, daß ich 6ei meiner Auseinanderlegung der Sache beharren muß. Dia Harren aus der 2. Abtheilung, so viel ich mich erinnere, habe ich aufgefordert, zu sagen, ob sie einverstanden sind oder nicht — alle waren einverstanden; der Heer Abg. Löhner bemerkte dagegen, ein Separatvotum ablegen zu müssen, das wird Herr Abg. Löhner wohl nicht in Abrede stellen.

Nun konnten Sie kein Separatvotum ablegen, wenn Sie mit dem Ganzen einverstanden gewesen wären; die ganze Abtheilung ist davon abgestanden, und Herr Abg. Přibyl hat gesagt: ich trete der Meinung des Abg. Löhner bei.

Abg. Trojan. Vor Allem habe ich noch die Bemerkung eines Herrn Vorredners zu berichtigen, daß die Abtheilung das Recht habe, unbedingt über die Beanständigung oder Nichtbeanständigung abzusprechen. Wir haben die ersten Paragraphe, der Geschäftsordnung definitiv bereits angenommen, und in den §§. 4, 5, 6, 7 sehe ich, daß es nur der hohen Reichsversammlung in pleno zusteht, eine Entscheidung darüber zu fällen; im §.4 heißt es: (er liest die betreffende Stelle.)

Nach den Grundsätzen, die wir bisher bei der Prüfung der Wahl beobachtet haben, nach §. 7 scheint es mir keinem Zweifel zu unterliegen, daß wir die Genehmigung der Wahl ohne Anstand beschließen müssen, denn in den Acten wird allgemein anerkannt, es sei gar sein Anlaß, die Giftigkeit der Wahl anzufechten, oder auch nur in Zweifel zu ziehen. Wahlanfechtungen aber, heißt es im §. 7, welche das Wahlverfahren und die Eigenschaft der Wähler betreffen, werden nur dann berücksichtigt, wenn sie genügend bescheinigt, innerhalb 4 Wochen nach erfolgter Anerkennung der Wahl beim Reichstage eingegeben werden. Nun ist der Protest gültig oder ungültig. Ist er gültig, wie er vorliegt, so ist er nach seinem Inhalte zu beurtheilen; ist er ungültig, das heißt, ist er eine nicht vollen Glauben verdienende Urkunde, dann liegt er nicht vor, das heißt, er ist nicht zu behandeln als Wahlanfechtung, welche geeignet ist, die Eigenschaft und das Verfahren bei der Wahl genügend in Zweifel zu ziehen, oder dagegen zu beurkunden. Ich stelle den Antrag auf Genehmigung der Wahl.

Abg. Feifalik. Ich muß als Schriftführer der zweiten Abtheilung in Betreff des Vorganges bei der Abstimmung über die Wahl des Abg. Hubicki noch eine Ergänzung beifügen. Es ist allerdings richtig, daß zur Abstimmung aufgefordert wurde, es haben sich auch einige Stimmen vernehmen lassen, welche dem Arttrage beizustimmen schienen, allein es kam zu keinem Scrutinium, indem der Abg. Löhner sein Amendement vorbrachte, und hierauf die Zählung der Stimmen nicht vorgenommen, und kein Beschluß über den Antrag auf Genehmigung ausgesprochen wurde, sondern es wurde dann eine längere Erörterung über das Amendement des Abg. Löhner gehalten, und dann erst zum förmlichen Beschlusse geschritten. Es ist daher der Beschluß, welcher auf Beanständigung der Wahl ausfiel, der eigentliche Beschluß der 2. Abtheilung.

Abg. Hauschild. Entweder ist der Protest in legaler Form vorhanden oder nicht, ein Drittes gibt es nicht. Ist er in legaler Form vorhanden, so gibt es kein Hinderniß, über denselben zu urtheilen, und wir dürfen denselben nun auch nicht zum Nachtheile eines Dritten unberücksichtigt lassen; ist er nicht in legaler Form, so dürfen wir ihn nicht berücksichtigen, sondern wir müssen ihn als nicht vorhanden ansehen, und den Protestführern mag es frei stehen, ihn hinterdrein in gehöriger Form anzubringen.

Abg. Zimmer. Der Abg. Trojan sagt, entweder ist der Protest gültig oder nicht — im ersten Falle wird die Wahl angefochten, im zweiten Falle muß sie als unangefochten betrachtet werden. Nun haben wir aber nicht den eigentlichen Protest, sondern nur eine Copie von der Übersetzung, und wir wissen nicht, ob diese Übersetzung eine vollständige ist; wir müssen den Originalprotest kommen lassen, um zu beurtheilen, ob er gültig oder ungültig ist.

Abg. Cavalcabó. Ich würde mich zwar nicht in so strengen Formen bewegen, als die Redner vor mir, ich glaube, daß die vorliegende Abschrift des Protestes allerdings einen genügenden Anhaltspunkt gibt, um auf die Vermuthung zu schließen, daß wirklich ein Originalprotest vorliegt, allein ich glaube, daß diese Abschrift auch die Vermuthung nicht weiter führen kann, als sie selbst lautet, und es ist gar kein genügender Grund da, anzunehmen, daß der Originalprotest andere Daten enthält, als die Abschrift. Dieses vorausgesetzt, so können wir uns heute bloß auf die Abschrift beschränken; ich habe diesen Protest eingesehen und in dem Referate wird auch ganz gründlich widerlegt, daß dieser Protest nicht geeignet ist, diese Wahl zu annullieren. Aus diesem Gründe schließe ich mich auch dem Antrage einiger Vorsprechet vor mir an, die Wahl als anstandslos zu erklären.

Abg. Rieger. Ich theile die Ansicht des geehrten Abg. für Satz, daß dieser Protest, weil er nur in einer Copie vorliegt, nicht zu berücksichtigest sei, bin aber nicht der Ansicht, daß man auf das Einlangen des eigentlichen Protestes warten soll, quod non est in aetis non est in mundo. Dieser Protest ist nun einmal nicht da, er ist also nicht zu berücksichtigen, und zwar ferner aus dem Grunde nicht, weil er nicht an den Reichstag gerichtet ist. Er ist bloß gerichtet an dm ruthenischen Nationalrath in Lemberg. Dieser ist aber keine Behörde, welche befugt dazu wäre, eine Wahl für gültig oder ungültig zu erklären. Ich glaube, daß dieser Protest gar keine Rechtsform hat, und daher die Wahl als gültig zu erklären wäre.

Vice p r äs. Es liegt ein Verbesserungsantrag des Abg. Trojan vor, der dem Antrage gerade entgegengesetzt ist, den die Abtheilung beschlossen hat. Ich werde diesen zuerst zur Abstimmung bringen. (Abstimmen, abstimmen.)

Abg. Hein. Ich habe früher um dal Wort gebeten und dasselbe nur cedirt vorbehaltlich desselben.

Abg. Dylewski. Dann verwahre ich mir auch mein Wort.

Abg. Hein, Ich glaube der Reichstag hat gar keine Ursache, sich in dieser Angelegenheit zu übereilen. Bestimmt ist es, daß ein Protest da ist; ob er an das Kreisamt oder an die Reichsversammlung gerichtet ist, wird gleichgültig sein, denn die Wahlacten sind zwischen uns und dem Kreisamte getheilt. Es wäre Pflicht der Commission gewesen, ehe sie diese Wahl in Berathung genommen, und hier in Vortrag gebracht hat, ihre Acten zu vervollständigen, und ich glaube daher den Antrag stellen zu müssen, der ganze Wahlact fei der Commission zur Vervollständigung zurückzustellen. 

Abg. Dylewski. Nicht um auf die Meinung der Kammer Einfluß zu üben, der bei der Beschlußfassung derselben entscheidend wäre, sondern um meinen Zweifel an der Folgerichtigkeit des Schlusses auszusprechen, den der Abg. Löhner gemacht hat, habe ich um das Wort gebeten.

Erstens, woher weiß der Herr Abg. Löhner, daß ein Protest eingelegt wurde? Aus der Angabe des Kreisamtes. Nun gibt aber das Kreisamt an, daß der Protest in der Art vorgelegt wurde, wie die Abschrift ist. Wenn nun diese Angabe des Kreisamtes keinen Glauben verdient, so verdient auch die Angabe, daß ein Protest überhaupt eingelangt ist, keinen Glauben. Ich habe dieß nur sagen wollen, nicht um auf den Beschluß der Kammer Einfluß nehmen, sondern ich erwarte, s daß die hohe Kammer in demselben Geiste wie sie bisher in solchen Fällen entschieden hat, auch jetzt entscheiden wird. (Abstimmen, abstimmen!)

Vicepräs. Es ist mir so eben ein Antrag des Abg. Gleißpach übergeben worden, der dahin geht, daß dieser Wahlact ohne in die Details einzugehen der Commission zur Prüfung der Wahlen zugefertigt werde. Es liegen also jetzt im ganzen drei Verbesserungsanträge vor, nämlich erstens: ein Antrag des Abg. Hein, welcher dahin geht, daß er den Wahlact der Section wieder zurückzugeben wünsche, damit der Protest herbeigeschafft werde. Ein zweiter Antrag, der auch nur ein formeller ist, geht dahin, daß dieser Antrag an die zur Prüfung oder Gültigkeit der Wahl festgesetzten Commissionen zurückzuweisen sei. Endlich ein d r i t t e r Antrag des Abg. T r o j a n, der in das Meritum der Sache eingeht, damit He Wahl auch jetzt schon als gültig anerkannt werde. Ich werde daher zuerst den Antrag des Abg. Hein zur Sprache bringen, und bitte diejenigen Herren, welche wünschen, daß dieser Wahlact der Section zurückgegeben werde, dieses durch Aufsehen kundzugeben. (Minorität.)

Der zweite Antrag des Abg. Gleißpach geht, wie ich schon erwähnt, dahin, diesen Wahlact der zur Prüfung der Gültigkeit der Wahlen eingesetzten Kommission zuzuweisen. Ich bitte also diejenigen Herren, welche dafür stimmen, aufzustehen. (Minorität.)

Abg. Umlauft. Ich glaube, daß es gar keine Möglichkeit sei, über diesen Gegenstand abzustimmen, nachdem der §. 5 der Geschäftsordnung ausdrücklich die Bestimmung enthält: "Wahlen, deren Gültigkeit die Reichsversammlung durch absolute Stimmenmehrheit beanständigt, werden nach erfolgter Constituirung derselben an einen nach §. 37 zu bildenden Ausschuß verwiesen, über dessen Antrag der Reichstag beschließt." Diese Wahlen sind also erst dann an die Commission zurückzuweisen. Es muß also eine bestimmte Form vorliegen, unter welcher die Wahlen zurückgewiesen werden können. Es ist also hier, wie ich schon gesagt habe, die Unmöglichkeit vorhanden, über diesen Gegenstand abzustimmen.

Vicepräs. Ich theile zwar vollkommen die Ansicht des Abg. Umlauft, bin aber nicht befugt, in dieser Beziehung hier eine Auserung abzugeben. Darüber entsteht die Frage, ob die Voraussetzung des §. 5 eintreten solle oder nicht, und darüber hat die hohe Reichsversammlung zu entscheiden. Daher kann ich allein diesen Gegenstand nicht zur Abstimmung bringen.

Ein Abg. Ich glaube, es sollte eine andere Ordnung vorgenommen werden, in welcher über die Anträge abgestimmt werden solle, es sollte sich die hohe Kammer erklären, ob über diese Anträge abgestimmt werden soll oder nicht.

Abg. Umlauft. Ich erlaube mir, an den Herrn Präsidenten die Bemerkung zu stellen, der §, 14 spricht es ausdrücklich als eine Pflicht des Präsidenten aus, über die Beobachtung der Geschäftsvorschriften zu wachen. Ich glaube, darin ist auch die Bestimmung des §. 5 enthalten, und es dürfte sehr angemessen sein, auf den Inhalt dieses Paragraphes hinzuweisen.

Vicepräs. Ich glaube, dann würde ich zu sehr in die Beschlüsse der hohen Versammlung eingreisen, wenn ich eine hohe Versammlung erst darauf aufmerksam machen wollte, ob dieser oder jener Beschluß gefaßt werden soll. Es würde dieses außer meinem Wirkungskreise als Präsident liegen, ich werde daher ten Antrag des Abg. Gleißpach zur Sprache bringen.

Ein Abg. Dieser Antrag des Abg. Gleißpach ist eigentlich kein Abänderungsantrag, sondern es ist der ursprünglich von der Commission gestellte Antrag.

(Stimme: So ist es.)

Vicepräs. Dafür kann ich ihn nicht ansehen, indem die Referate darauf hinweisen, daß die Wahl als angefochten anzusehen ist. Ich glaube, daß der Abg. Gleißpach, so wie ich ihn verstanden habe, meint, diese Anträge der Commission zu übergeben, weil die Übergabe eines Antrages sich hier nicht rechtfertigen ließe.

Abg. Gleißpach. Ich erlaube mir meinen Antrag damit zu begründen: die hohe Versammlung ist nicht in der Lage, darüber zu entscheiden, indem sie die Acten nicht einzusehen im Stande ist, die dieses erweisen müssen. Deswegen kann auch der Paragraph nicht so pünktlich nach seiner Stylisirung beobachtet werden, so läge sich die hohe Versammlung nicht in der Lage findet, darüber einen Suseschlag zu thun.

Vicepräs. Ich glaube, wir verlieren damit mehr Zeit, als nöthig ist.

Abg. Trojan. Ich bitte um die Beobachtung des §. 73.

Abg. Demel. Der Antrag des Abg. Gleißpach ist nichts anderes als eine Folgerung des Antrages des Berichterstatters. Der Antrag des Berichterstatters bildet den Vorsatz, und der Antrag des Abg. Gleißpach den Nachsatz, und dann bitte ich den §. 73 nicht zu übersehen. Der Antrag des Abg. Trojan ist am meisten von jenem des Herrn Berichterstatters abweichend, daher derselbe zuerst zur Abstimmung gebracht werben soll.

Vicepräs. Ich ersuche daher die hohe Versammlung, sich bestimmt aussprechen zu wollen, in welcher Ordnung die Anträge zur Abstimmung gebracht werden sollen. Diejenigen Herren, welche dafür stimmen, daß der Antrag des Abg. Trojan zuerst zur Abstimmung gebracht werden soll, wollen aufstehen. (Majorität.) Ich bringe daher den Antrag des Abg. Trojan zuerst zur Abstimmung. Er geht dahin, daß die vorgetragenen Wahlacten von der hohen Versammlung als gültig angesehen werden sollen. Diejenigen Herren, welche hierfür stimmen, wollen aufstehen. — Ich muß zur Gegenprobe schreiten. Diejenigen Herren, welche die Wahl nicht für gültig ansehen wollen, mögen dieß durch Aufstehen kund geben. Es ist die Majorität.

Ein Abg. Es ist nicht die Majorität.

Vice — Präs. Es ist die Majorität. — Ich muß den Vorstand ersuchen, zusammen zu treten, um zu entscheiden, ob die Majorität oder Minorität vorhanden ist.

(Der Vorstand tritt zusammen.)

Es wurde durch Stimmeneinhelligkeit vom Vorstände erklärt, daß jetzt die Minorität vorhanden ist, daher ist der Antrag des Abg. Trojan als angenommen anzusehen. — Ich ersuche den Berichterstatter der dritten Abtheilung zum Vortrage zu schreiten.

Berichterst der dritten Abth. Die dritte Section des constituirenden Reichstages hatte die Acten über die Wahlen der Abgeordneten: a) Carl Tomiczek für den Wahlbezirk Starkenbach in Böhmen, — b) Alois Schembera für den Wahlbezirk Pilgram in Böhmen, — c) Anton Prybil für den Wahlbezirk Benzschau in Böhmen, — d) Ignaz Pawek für den Wahlbezirk Landskron in Böhmen, — c) Wenzel Fleischer für den Wahlbezirk Schlukenau in Böhmen geprüft und selbe sämtlich ganz anstandslos befunden, sie trägt daher auf deren Genehmigung von Seite des hohen Reichstages an.

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? Falls die hohe Reichsversammlung sich dem Antrage des Herrn Berichterstatters anschließt, möge sie dieß durch Aufstehen kund geben. (Angenommen.) Ich bitte den Herrn Berichterstatter der vierten Abteilung zum Vortrage zu schreiten.

Berichterst. der vierten Abth. Die vierte Abtheilung prüfte die Wahl des Alexander Dzieduszycki für Stry in Galizien. Aus der Zahl der auf diesen Bezirk entfallenden Wahlmänner 105 waren nur 85 Wähler wirklich zu Stande. Von diesen erschienen zu der am 10. Juli 1848 vom Landespräsidium ausgeschriebenen dritten Wahl 80, und wählten den Alexander Dzieduszycki mit 54 Stimmen.

Alle Acten der letzten Wahl liegen in der Ordnung bei, über die ersteren Wahlen aber gar nichts.

Die vierte Abtheilung trägt also auf die Vorlegung der Dokumente der ersten zwei Wahlen an, um sich dann über die Gültigkeit auszusprechen.

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? Falls die hohe Versammlung sich für den Antrag der Abtheilung ausspricht, möge sie dieses durch Aufstehen kund geben.

Abg. Cavalcabó. Ich glaube, daß tiefe Wahl nach den Vorschriften der Geschäftsordnung dem Comités zur Prüfung beanstandeter Wahlen übergeben werden soll, Berichterst. der vierten Abth. Diese Wahl ist nicht beanstandet worden. Für die erste und zweite Wahl liegen keine Acten vor, es ist nur der Bericht des Kreisamtes da, wenn keine Acten vorliegen, so kann man darüber nicht urtheilen.

Abg. Hein. Warum trägt die Abtheilung etwas vor, worüber sie keine Acten hat? Ich glaube, man soll nur das vortragen, worüber man sich erklären kann, ob es als gültig angenommen werden kann oder nicht, denn sonst ist es ganz überflüssig, man bringt uns um die Zeit.

Berichterst. Das ist nicht in dem; vor Allem muß die Kammer die Acten verlangen oder überhaupt einen Schritt thun, es muß zum Vortrage kommen, denn sonst werden die Acten eine Ewigkeit hier liegen, und die Versammlung wird nicht wissen, ob der Abgeordnete wirklich gewählt worden ist oder nicht.

Ein Abg. Das steht der Abtheilung nicht zu.

(Mehrere Stimmen: Nein, nein.)

Schriftf. Streit. Ich mache nur die einfache Bemerkung, daß gestern die Wahl eines Dzieduszycki für den Wahlbezirk Stry für anstandslos befunden wurde.

Berichterst. Ich habe zu replizieren, das war die Wahl des Titus Dzieduszycki für den W. B. Kopeczynce in Galizien, heute aber ist die Rede von Alexander Dzieduszycki für den W. B. Stry, ich habe selbst den Vortrag gemacht.

Abg. Cavalcabó. Ich mache nur die Bemerkung, daß ich über den Vortrag eines Wahlactes in Bezug auf die Geschäfte des Berichterstatters einer Abtheilung nur eine Alternative kenne: nämlich die Wahl als anstandslos oder für beanständet zu erklären. Ob dieß nur direct ausgesprochen wird, in Folge eines Protestes, oder man mag eine Veranlassung haben, die Erhebung von Acten zu pflegen, weil beanständet der Gegensatz von anstandslos ist — nach Vorschrift der Geschäftsordnung hat darüber die hohe Versammlung zu entscheiden. Wenn aber die Wahl nicht anstandslos ist, so gehört sie offenbar dem Comités zu, welches zur Prüfung der beanstandeten Wahl aufgestellt ist; die Sache dieses Comités ist es, sich die Acten vorlegen zu lassen, und den Vortrag an die hohe Versammlung zu erstatten, ob die Wahl beanständet sei oder nicht.

Abg. Löhner. Meine Meinung ist, daß die Kammer in einen Widerspruch mit sich selbst kömmt, wenn sie auf Grundlage mangelnder Acten eine Wahl für beanständet erklärt, wo sie doch früher nach dem Grundsatze: quod non est in actis, non est in mundo, d. h, was uns nicht vorliegt, das wird auch nicht berücksichtigt, eine Wahl angenommen, obwohl betmerklich gemacht würde, daß bei dem Kreisamte Acten vorliegen.


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