Pondìlí 7. srpna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

fünfzehnte Sitzung des constituirenden Reichstages, am 7. August 1848.

Tagesordnung. 

I. Ablesung des Sitzungs  Protokolles vom 5. August.

II. Abtheilungsberichte über die Wahlen.

III. Fortsetzung der Berathung über die Geschäftsordnung.

Nach deren Beendigung.

IV. Berathung über den Antrag des Abg. Selinger in Betreff der Armee und V. Berathung über den Antrag des Johann Kudlich, auf Aufhebung des Unterethansverhältnisses, Vorsitzender: Vicepräs. Strobach. Anwesende Minister: Doblhoff, K raus, Bach.

Anfang um 5/4 auf 11 Uhr.

Vicepräs. Die zur Eröffnung der Sitzung erforderliche Anzahl der Deputirten ist bereits vorhanden; ich erkläre daher die Sitzung für eröffnet, und fordere den Herrn Schriftführer auf, das Protokoll der letzten Sitzung vorzulesen.

Schriftf. Ullepitsch (liest das Protokoll.)

Vicepräs. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? (Niemand) Falls die hohe Versammlung sich für die Genehmigung des so eben gelesenen Protokolles auszusprechen wünscht, so wolle dieses durch Aufstehen geschehen. (Majorität.) Der Antrag des Ministers der Finanzen über die vorläufig bis zur Feststellung der Staatsvoranschläge für das Jahr 1848 und 1849 erforderlichen Finanzmaßregeln ist bereits gedruckt. Ich ersuche daher die Herren Abgeordneten, diesen Antrag in ihrer Section zu besprechen, und sodann zur Wahl der Ausschußmänner zu schreiten, welche zur Begründung des Antrages der Abtheilungen das Nöthige zu verfügen haben. Ich ersuche die Abtheilungen, diese Wahlen morgen vornehmen zu wollen. Ich ersuche daher, morgen Abends um 6 Uhr in dem Commissionszimmer zusammenzutreten, um sich zu constituiren, und sodann die gewählten Functionäre im Vorstandsbureau anzuzeigen. Ich habe der hohen Versammlung zu eröffnen, daß der Herr Abg. Mayer um einen Urlaub auf zwei Tage angesucht hat. Der Urlaub wurde bewilligt, daher bringe ich dieses zur Kenntniß der hohen Versammlung. Es liegt aber noch ein weiteres Urlaubsgesuch vor, welches die Frist überschreitet, für welche einen Urlaub zu ertheilen dem Präsidium gestattet ist. Es ist hiezu eine Bewilligung der hohen Versammlung erforderlich. Ich ersuche den Herrn Schriftführer dieses Urlaubsgesuch vorzulesen.

Schriftf. Ullepitsch. Ich habe noch früher zu bemerken, daß von den 350 Mitgliedern, welche sich angemeldet haben, dermalen nur 14 abwesend sind. (Liest das Urlaubsgesuch, in welchem der Gesuchssteller um einen zwölftägigen Urlaub bittet.)

Vicepräs. Ich habe nur noch zu bemerken, daß der Abg. Dworzak auf den früher von der hohen Kammer bewilligten Urlaub verzichte. Sollte du hohe Kammer sich für die Bewilligung des so eben gelesenen Urlaubs aussprechen, so wolle sie aufstehen. (Der Urlaub ist somit bewilligt.) Es liegen hier noch zwei Anmeldungen von Interpellationen vor und zwar jene des Abg. Brestel. Ich weiß nicht, ob er davon Gebrauch machen will.

Abg. Brestel. Ich habe an das hohe Ministerium eine Anfrage zu stellen, nämlich: der Paragraph der Thronrede in Betreff Italiens hat folgender Maßen gelautet:

"Der Krieg in Italien ist nicht gegen die Frei"heitsbestrebungen der Völker gerichtet, er hat den "ernsten Zweck, unter vollständiger Anerkennung der "Nacionalität, die Ehre der österreichischen Waffen "gegenüber den italienischen Mächten zu behaupten, "und die wichtigsten Interessen des Staates zu "wahren."

Zu meiner großen Verwunderung habe ich gestern in einem Blatte einen Bericht des Feldmarschall Leutnant Welden ans Kriegsministerium gelesen, des Inhaltes, daß der Feldmarschall Radetzky den Generalmajor Liechtenstein mit einer Truppe von 2500 Mann gegen Modena absandte, nicht bloß um die feindlichen Truppen zu zerstreuen, sondern um den Herzog von Modena wieder einzusetzen. Ich glaube, daß die Wiedereinsetzung des Herzogs von Modena bei gehöriger Berücksichtigung aller Umstände mit diesem Paragraphe der Thronrede im directen Widerspruche stehet. Sie wissen, meine Herren, daß unter allen Regierungen Italiens die Regierung von Modena diejenige war, wo das absolute Princip auf die Spitze getrieben wurde, in der Art, daß jede andere Regierung im Vergleiche mit der modenepischen als eine freisinnige betrachtet werden mußte. Dieselbe Regierung wurde nicht nur vom verstorbenen Herzoge, sondern auch von dessen Sohne genau auf dieselbe Weise fortgeführt. In Folge der Bewegungen in Italien sah sich der Herzog von Modena genöthigt, sich zu flüchten; es wurde eine neue freisinnige Regierung eingesetzt. Man bat gesehen, daß das Gebiet Modena sich dem Kriege gegen Österreich angeschlossen hat. Es war also ersichtlich, daß gegen dasselbe feindlich eingeschritten werden, und daß es bis zum Frieden militärisch besetzt werden mußte. Aber eine Regierung einzusetzen, die deßhalb abgeschafft worden ist, weil sie entschieden allen freisinnigen Grundsätzen entgegen trat, die zu beobachten der entsprechende Paragraph der Thronrede versprach, war eine That, die dem Versprechen der Thronrede entgegengesetzt ist, und die für einen freisinnigen Staat, wie Österreich sein muß, geradezu eine Schande ist. Ich muß daher an das hohe Ministerium die Anfrage stellen, ob dieser Act der Einsetzung eines Fürsten, der wegen seiner absoluten Gesinnungen und seinem feindseligen Widersetzen gegen jede Freiheitsbestrebung von der Regierung entfernt wurde—ob dieser Act der Wiedereinsetzung eines solchen Fürsten auf Antrag des Ministeriums geschehen sei oder nicht, und was das Ministerium in dieser Sache zu thun gedenke.

Minister von. Inn. Doblhoff. Das Ministerium ist erst durch diesen Bericht über die ganze Thatsache in Kenntniß gesetzt worden. Das Ministerium hat in Betreff der Politik, welche es in Italien beobachtet wissen will, bereits genau dargestellt, daß es strenge an dem fest halten wolle, was in der Thronrede dießfalls ausgedrückt worden ist. Die Aufklärung über diesen Schritt, der ohne Wissen und Kenntniß des Ministeriums geschehen ist, wird abverlangt werden, und sodann eine Aufklärung gegeben werden über die Schritte, welche dießfalls zu ergreifen sind. (Beifall.)

Vicepräs. Es liegt ferner die Anmeldung einer Interpellation vom Abg. Löhner vor.

Abg. Löhner. Ich habe eigentlich über zwei Angelegenheiten zu interpelliren; die erste betresst unsere jungen Einrichtungen und zwar die Ordner. Ich mochte den Antrag stellen, in Bezug auf die Gesetzentwürfe, welche gedrückt und an die Abgeordneten des Reichstages vertheilt werden, es möchte die hohe Kammer sich dahin aussprechen, daß die Herren Ordner diese Exemplare der Gesetzentwürfe auch an die Journalisten, welchen in der Kammer Plätze angewiesen wurden, abgeben möchten. Ich glaube, es liegt in der Consequenz, da wir der Presse den Platz eingeräumt haben, den sie verdient als Organ des Landes, daß aber ihr nicht bloß die Theilnahme an den Vorträgen, sondern auch die Einsicht in die Entwürfe gestattet werde, welche eben hier in der Kammer verhandelt werden sollen. Ich wünsche also, daß in dieser Hinsicht die Genehmigung der hohen Kammer erfolgen möchte, daß von diesen Gesetzentwürfen die nöthige Anzahl Exemplare zurückgelegt und verteilt werden möchten.

Vicepräs. Ich theile ganz die Ansicht des verehrten Mitgliedes, und glaube, daß es in der Natur der Sache gelegen ist, daß diese Gesetzentwürfe den Journalisten mitgetheilt werden. Ich bin aber der Meinung, daß es keines Beschlusses der hohen Kammer benöthigen dürfte, um diese zu ertheilen, und die Herren Ordner werden, da es in der Natur der Sache liegt, wohl selbst den Journalisten die nöthige Anzahl der Exemplare verabfolgen.

Abg. Löhner. Nun habe ich noch eine Interpellation an das Ministerium.

Es ist bekannt, daß seit längerer Zeit Gerüchte herumlaufen von Schuldinstrumenten, welche auf die liegenden Besitztümer geistlicher Korporationen eingetragen werden. Es sind Gerüchte, ich habe darüber keine authentischen Beweise; aber eben weil es Gerüchte sind, halte ich gerade für recht, daß sie aus der Natur der Gerüchte nothwendig entweder bejahend oder verneinend heraustreten.

Früher liefen Gerüchte um, daß in Bezug auf die Schatzkammer, diese Sammlungen wertvoller Gegenstände, Veränderungen vorgenommen werden, welche dahin führen sollen, daß der Bestand dieser Schatzkammern mit den Inventaren künftig nicht gleichlautend sein solle.

Ich setze voraus, daß weiter bekannt ist, daß nach den gesetzlichen Übungen und Vorschriften über die Administration der geistlichen Güter jährlich Rechnungen und Gebarungsausweise vorzulegen sind, und daß diese geistlichen Corporationen nicht berechtigt sind, ohne eine Bewilligung der höheren Behörden auf diese Besitztümer Lasten aufzulegen.

Ich muß ebenfalls voraussetzen, daß nach den allgemein angenommenen Grundsätzen die Besitztümer, welche in den Händen dieser Corporationen sich besinnen, als solche betrachtet werden, welche von der Vorzeit gestiftet wurden zum Frommen der Menschen und des Staates, und welche der Staat nach seiner Souveränität, kraft seiner von Gott erhaltenen Mission im Falle der Noth ausspricht, um von ihnen seine Bedürfnisse theilweise zu befriedigen. Darum erlaube ich mir, an das Ministerium die Anfrage zu stellen, ob das Ministerium von diesen Gerüchten unterrichtet fei, und weiterhin, ob dasselbe dafür gesorgt habe, daß die besagten Veränderungen in den Belastungen gehörig geprüft, und seine weiteren vorgenommen werden.

Zu gleicher Zeit frage ich, ob es gesonnen sei, dießfalls die untergeordneten Behörden zu befragen, ob und welche solche Belastungen und Besitzstandsveränderungen seit dem Monate März stattgefunden haben.

Minister d. Inn. Doblhoff. Kurze Zeit, nachdem ich die Geschäfte des Ministeriums des Innern übernommen hatte, ist mir ein Fall vorgekommen, nämlich ein Gesuch des Stiftes St. Peter, um eine Onerirung von 20 oder 30,000 Gülden. Ich habe dieselbe zurückgewiesen. Man hat mir dann neuerlich die Nothwendigkeit derselben vorgebracht, ich habe sie zum zweiten Male zurückgewiesen; und vielleicht ist dieser Fall genügend gewesen, daß man um keine weitere Onerirung angegangen ist. (Beifall.)

Was in der früheren Zeit geschehen ist, darüber kann ich keinen Aufschluß ertheilen.

Indessen, wenn es die Versammlung wünscht, kann ich Ausweise liefern, falls solche Onerirungen stattgefunden haben. Die Übereinstimmung des Vermögens eines Stiftes mit dem Inventar wird nach denselben Grundsätzen, die bisher fortbestanden haben, fortgesetzt, und wir haben darüber weitere Gesetze zu erwarten.

Übrigens mache ich in Beziehung auf die Zukunft aufmerksam, daß in dem gedruckten Antrage des Ministeriums über die vorläufigen Finanzmaßregeln bis zur Feststellung des Staatsvoranschlages für das Jahr 1849 schon diese Puncte berücksichtigt sind.

Abg. Löhner. Ich muß bemerken, daß gestern wieder das Gerücht aufgetaucht ist, daß ein hier in der Nähe befindliches Kloster seine Besitztümer mit einer Schuld von 80,000 fl. zu beschweren Willens ist, oder die Einleitung dazu schon getroffen hat.

Minister d. Inn. Doblhoff. Ich habe davon noch keine Kenntniß erhalten, auch sind mir die Gerüchte hievon nicht bekannt.

Justizminister Bach. Ich muß nur bemerken, daß nach den bestehenden Gesetzen auf die unbeweglichen Güter der Klöster und Stifte nichts aufgenommen werden kann, ohne Zustimmung der höchsten Behörden, jetzt des Ministers des Innern, und daß eine solche Hypothecirung nicht stattfinden, nichts bewilligt werden, und daß ohne Wissen des Ministers nichts verfügt werden kann. Diese Beruhigung liegt in den bestehenden Gesetzen, und was von dem beweglichen Vermögen der Klöster und Stifte gesagt wird, das ist allerdings im Bereiche der Möglichkeit. Nachdem das gesummte Vermögen der Klöster ausgewiesen ist, nachdem die Vorstände dafür persönlich verantwortlich sind, nachdem durch die Hypothecirung des Finanzausfalles das Ministerium in die Lage gebracht ist, den Stand des Vermögens speziell festzustellen, und die Integrität zu überwachen, so ist auch dem Ministerium die Aufforderung gegeben, falls seine dieß fälligen Anträge die Genehmigung der hohen Kammer erhalten sollen, auch unmittelbar jene Maßregeln zu treffen, um den Mißbrauch der Klöster unmöglich zu machen.

Vicepräs. Der zweite Gegenstand, der sich auf der heutigen Tagesordnung befindet, sind die Abtheilungsberichte über die Wahlen; ich ersuche daher den Berichterstatter der ersten Abtheilung zum Vortrage zu schreiten.

(Die Berichterstatter der neun Abtheilungen erklären, daß keine Wahlen geprüft worden sind.)

Vielleicht durfte der Ausschuß zur Begutachtung der beanstandeten Wahlen ein Elaborat haben.

(Auch nicht.)

Der dritte Gegenstand der heutigen Tagesordnung ist die Fortsetzung der Berathung über die Geschäftsordnung. Der Herr Berichterstatter Dr. Mayer hat einen Urlaub genommen, und kann deshalb heute seinen Verpachtungen nicht nachkommen; ich fordere daher ein anderes Ausschußmitglied auf, dieß mal als Referent aufzutreten, vielleicht der Hr. Abg. Feifalik.

Abg. Feifalik. Wie es mir noch erinnerlich ist, so sind vermöge Kammerbeschlusses von der vorletzten Sitzung dem Ausschuß der Geschäftsordnung sieben Verbesserungsanträge zum §. 83 zur Berathung zugewiesen würden. Der Ausschuß ist zur Erkenntnis gekommen, daß dieser Paragraph Manches zu wünschen übrig läßt; es möge daher von der hohen Kammer der Mangel in diesem Paragraphe entschuldigt werden durch die geringe Zeitfrist, welche dem Ausschuß behufs der Verfassung des Entwurfes der Geschäftsordnung übrig gelassen würde. Der Ausschuß erklärt, diesen §. 82, eigentlich 83, zu« rückzuziehen, und ihn in einer anderen Fassung vorzuschlagen. Ich habe die Ehre diese neue Fassung der hohen Versammlung vorzutragen.

§. 84. "Der Constitution und jeder Gesetzentwurf muß nebst der geschehenen Ankündigung dreimal einer Lesung, Berathung und Schlußfassung, und zwar in Zwischenraumes von wenigstens acht, von der letzten Beschlußnahme anzurechnenden Tagen, unterzogen werden."

"Bei der ersten Lesung wird nur überhaupt über die Frage, ob eine zweite Lesung stattzufinden habe, verhandelt; bei der zweiten tritt die Berathung über die einzelnen Absätze des Entwurfes nach ihrer Reihenfolge ein, wobei der Reichstag auch beschließen kann, ob ein oder der andere Abänderungsantrag, in die Abtheilung oder den Ausschuß zu verweisen, und die Berathung darüber auszusetzen sei; bei der dritten wird, ohne Veränderungsanträge über einzelne Puncte auszuschließen, über das Ganze de8 nach den früheren Beschlüssen etwa geänderten Entwurfes abgestimmt."

"Bei einem Gesetzentwurf kann der Reichstag eine kürzere Frist zwischen der zweiten und dritten Lesung festsetzen; bei dem Constitutionsentwurfe aber wird es bestimmen, ob nicht eine längere Frist von einer Lesung zur ändern anzuberaumen sei."

Der Ausschuß hat den §. 84 in der neuen Fassung zur Grundlage der Berathung anzunehmen vorgeschlagen, und die früheren Amendements fallen zu lassen, wogegen es natürlich der hohen Versammlung frei steht, gegen die neue Fassung angemessene Abänderungsanträge zum Vorschlag zu bringen.

V i c e p r ä s. Wünscht die hohe Versammlung, daß die alten Amendements nochmals vorgelesen werden, so bitte ich, dieß durch Aufstehen kund zu geben. (Minorität.)

Zur neuen Fassung liegt bereits ein Verbesserungsantrag des Abg. Wieznicky vor; er geht dahin, daß statt den Worten: "von wenigstens acht, von der letzten Beschlußnahme an zu berechnenden Tagen," es heißen soll: "von wenigstens vierzehn, von der letzten Beschlußnahme ac," und in Folge dessen der Absatz: "bei einem Gesetzentwurfe kann der Reichstag" u. f. w. weggelassen werde. — Ich fordere daher den Herrn Antragsteller auf, zur allfälligen Begründung seines Antrages schreiten zu wellen.

Abg. Wieznicki. Das Volk gebe sich Gesetze;

Gesetz ist aber nur das, was die Mehrheit des Volkswillens will. Das Volk will etwas Inneres; etwas Inneres muß äußerlich erkennbar und ausgesprochen werden. Es gibt aber hier zwei Wege, auf denen sich der Volkswille ausspricht. Der erste ist der Majoritätsbeschluß der Kammer; der zweite ist die Presse, die Trägerin der öffentlichen Meinung, die Stimme über die geistigen und materiellen Bedürfnisse des Volkes. Allein es liegt im Bereiche der Möglichkeit, daß eine Deputirtenkammer von der Bahn des Volkswillens abweicht; es liegt auch im Bereiche der Möglichkeit, daß die Organe der Presse rücksichtlich ihrer Meinung, rücksichtlich ihrer Stimmung, rücksichtlich der Bedürfnisse sich so schroff einander entgegenstehen, daß sie sich durchsetzen.. Ich behaupte, daß die eigentliche Garantie für die Auffassung des wahren Volkswillens einzig und allein in der Übereinstimmung und der Harmonie des Majoritätsbeschlusses mit der Presse oder der öffentlichen Volksmeinung liegt.

Die hohe Kammer wird daher immer trachten müssen, diese Garantie zur eigenen Beruhigung zu haben, sie wird sie auch dem Volke geben. Es ist daher nothwendig, daß die hohe Kammer stets auf die öffentliche Meinung, auf die Presse rücksehe, es ist nothwendig, daß tu hohe Kammer besorgt wäre, daß es den durch die bedeutenden Raumverhältnisse von der Metropole des österreichischen Rasierstaates getrennten Völkern auch möglich werde, daß sie ihre Meinung kund geben, und zwar durch die Presse. Nun ist dieses wohl innerhalb der für einen Gesetzentwurf bestimmten Frist möglich für die Bewohner der Stadt Wien, möglich für das Erzherzogthum Österreich, aber ob es die entfernten Völker, ob es die Völker in Dalmatien, Galizien, Tirol, Bukowina im Stande sein werden, bei der Stellung eines Gesetzvorschlage.; ihre Stimmung und Meinung durch die Presse einzulegen, daran zweifle ich sehr. Es ist daher eine Forderung der Gerechtigkeit, wenn es ausgesprochen wird, daß es ebenso wie es den Bewohnern Wiens, wie es den Bewohnern des Erzherzogthums Österreich möglich sein soll, ihre eigene Stimme bei den Berathungen von Gesetzentwürfen durch ihre Abgeordneten, und nebst bei durch die Presse kund zu geben, auch den entferntem Völkerstämmen vergönnt sein muß, dieses thun zu können. Allein in jener, in dem Gesetzentwürfe angegebenen Frist ist dieses nicht möglich, Und dies um so weniger, als die Völker verschiedene Sprachen sprechen, da auch die Sprachverschiedenheit jenen Umstand herbeiführen wird, daß bei gepflogenen Berathungen durch die Nothwendigkeit einer Übersetzung die entfernteren Völker später ihre Meinung durch die Presse kund geben können.

V i c e p r ä s. Wird dieser Antrag unterstützt, so bitte ich, es durch Aufstehen künd zu geben. (Wird unterstützt.)

Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? Ich bitte den Herrn Berichterstatter, ob er von seinem Rechte nicht Gebrauch machen will?

Abg. Feifalik. Die Gründe, welche der 5lntragsteller entwickelt, sind wohl sehr berücksichtigenswürdig, aber ich glaube im Namen des Ausschusses aussprechen zu müssen, daß derselbe nicht abgehen kann von der Frist von acht Tagen, welche von einer Lesung zur andern vorgeschlagen worden ist.

Es muß berücksichtiget werden, daß bereits durch die früheren Paragraphe hinlänglich gesorgt ist, daß Gesetzvorschläge eine zureichende Verbreitung durch die Presse finden können. Ich erlaube mir aufmerksam zu machen auf den §. 54, in welchem es ausdrücklich heißt: daß Gesetzvorschläge an den Ausschuß gewiesen werden müssen, natürlich durch die Abteilungen. Die Gesetzvorschläge werden in den Abtheilungen besprochen, dem Ausschüsse zur Begutachtung zugewiesen, und der Ausschuß erstattet hierüber Bericht. Der Ausschützbericht wird in allem Anfange in Druck gelegt. In diesem ersten Stadium der Durcharbeitung des Gesetzvorschlages verfließt eine hinreichende Zeit, welche jedem Denkenden, der sich berufen fühlt, über dieses seine Ansicht künd zu geben, die nöthige Zeit läßt.

Vicepräs. Ich bringe daher vor allem Andern — — —

Abg. Wieznicky. Ich habe dagegen eine Einwendung zu machen, und zwar: es ist etwas ganz anderes wenn die entfernteren Völkerstämme des österreichischen Kaiserstaates den nahten Gesetzentwurf beurtheilen sollen, durch die Presse; es ist etwas ganz anderes, wenn sie zur Beurtheilung schreiten, nachdem durch die Debatte, durch den Vorstand der intelligenten Glieder der Kammer der Gegenstand gehörig beleuchtet wird. Dadurch wird dem Volke möglich, aus einem ändern Gesichtspuncte eine andere Ansicht zu schöpfen, und klar und hell zu sehen, und was die Kaminen bereits gesagt hat, zu benützen.

Vicepräs. Wenn Niemand mehr das Wort ergreift, so werde ich den Verbesserungsantrag zur Abstimmung bringen.

Abg. Thinnfeld. Ich habe gegen die von dem geehrten Herrn Abg. Wieznicky ausgesprochene Ansicht hinsichtlich der Presse, daß diese der Ausdruck des Volkswillens ist, Einiges einzuwenden. Ich bin auch der Meinung, daß der Volkswille vorzüglich entscheiden soll, aber daß die Presse immer den Willen des Volkes ausspricht, weiß ich nicht, worauf sich dieses gründet. Der Herr Abgeordnete hat selbst gesagt, daß die Presse auf verschiedenen Seiten sich gruppirt, welche sich einander feindlich gegenüber stehen. Welche ist nun eigentlich die Presse, die dm Volkswillen ausdrückt? Die Presse ist dazu da, um den Gegenstand zu beleuchten, unser Urtheil richtig zu stellen, aber daß die Presse wirklich bei Reichstagsbeschlüssen immer Einfluß nimmt, glaube ich nicht, sondern nur aus das Urtheil der einzelnen Mitglieder; daß sie aber den Ausspruch des Volkswillens ist, das glaube ich, kann man nicht sagen.

Berichterstatter. Ich glaube zur vollen Beruhigung des Herrn Antragstellers noch aus die neue Fassung des §. 84 aufmerksam machen zu müssen, wo es ausdrücklich heißt: daß die Zwischenräume von einer Lesung zur ändern wenigstens acht Tage sein müssen; in solchen Fällen, wo ein Gesetzvorschlag von besonderer Wichtigkeit ist, und es nothig scheint, die Meinung des Volkes hierüber einzuholen, steht es der Versammlung frei, von Fall zu Fall auch eine andere Feist zu bestimmen.

Vicepräs. Ich werde daher den Verbesserungsantrag des Abg. Wieznicky zur Abstimmung bringen. Er geht dahin, daß in neuer Fassung des §. 84 bei den Worten "von wenigstens acht von der letzten Beschlußnahme an zu berechnenden Tagen unterzogen werden," die Frist auf 14 Tage erhöht werde. Diejenigen, die sich für diesen Verbesserungsantrag aussprechen wollen, wollen es durch Ausstehen zu erkennen geben. (Es ist die Minorität.)

Der zweite Antrag scheint mehr eine Folgerung aus dem ersten zu sein, aber nichts desto weniger werde ich ihn auch zur Abstimmung bringen; er ist dahin gerichtet, daß aus dem zweiten Absatze des proponirten Paragraphes die Worte: "bei einem Gesetzentwurfe kann der Reichstag eine kürzere Frist zwischen der zweiten und dritten Lesung festsetzen," weggelassen würben. Diejenigen, welche wünschen, daß diese Worte weggelassen werden, wollen es gleichfalls durch Aufstehen erklären. (Der Antrag fällt.)

Ich ersuche nun den Herrn Berichterstatter, den §. 84 in seiner neuen Fassung noch einmal zu lesen.

Berichterstatter (thut dieß.)

Vicepräs. Ich bitte die Annahme des so eben gelesenen Paragraphen durch Aufstellen aussprechen zu wollen. (Angenommen.)

Über das 12. Capitel ist bereits die Berathung gepflogen worden, daher dürfen wir zur Berathung des 13. Capitels schreiten.

Berichterstatter liest: XIII. Eingaben.§.85 eigentlich §. 87. "Eingaben an den Reichstag" 2c.

Vicepräs. Zu dem so eben gelesenen Paragraph liegt auch schon ein Verbesserungsantrag vor und zwar von dem Abg. Cavalcabó. Er geht dahin, es solle dort heißen: Schriftliche Eingaben an den Reichstag werben nur bann angenommen, wenn sie durch einen Abgeordneten in der Versammlung auf den Tisch des Hauses niedern gelegt werden."

Abg Cavalcabó. Ich glaube, daß dieses geschehen solle, weil sonst zu befürchten ist, daß vielleicht sehr viele Eingaben von minderer Wichtigkeit, die zu gar keinem Resultate führen, dem Reichstage vorgelegt werden. Ich glaube, daß man dagegen nicht einwenden könne, daß sich der Reichstag isolire, denn hier sind alle Völker Österreichs im Reichstage repräsentirt. Kommen ihm nun Gesuche vor, die zu ihrer Unterstützung wichtige Gründe haben, so wird es hier nicht schwer fallen, daß die Bezirke oder Parteien, die sie betreffen, ihre unbeschränkte Überreichung auf den Tisch des Hauses niederlegen können. Ich glaube, daß auch eine solche unbeschränkte Eingabe von Seite der Parteien mit einem späterem Paragraph in Widerspruch steht, denn es ist im §. 86 vorg. sehen, daß selbst Deputationen nicht zum Reichstage vorgelassen werden. Wenn also die mündliche Darstellung nicht zugelassen wird, so sehe ich nicht ein, warum die todte Schrift vor der mündlichen lebendigen Darstellung einen Vorgang haben solle. Bei allen Parlamenten ist es Regel, daß man auch mündlich ein Gesuch vorbringen kann; allein ich bin der Meinung, daß eine mündliche Darstellung nicht eingeführt werden solle, weil da eine Unzahl von Gesuchen, die wegen ihrer Geringfügigkeit gar keiner Berücksichtigung des hohen Reichstages würdig sind, auf dem Tische des Hauses niedergelegt würden. Diese Gesuche mögen einer eigenen Petitionscommission zugewiesen werden, wobei die Berichterstatter die minder wesentlichen Gesuche abzuweisen hätten, damit nicht zu viel Zeit dadurch geraubt werde. Man hat sich früher die Rühe genommen, sich in eine Erörterung einzulassen, ob das Gesuch überhaupt ein mögliches ist. Aus tiefem Grunde und nach einem bei allem anderen parlamentarischen Staaten gepflogenen Usus, daß die eingereichten Petitionen einer eigenen Kammer überreicht werden, berufe ich mich auch hur, daß der Antrag des Abgeordneten von Satz auf den Tisch des Hauses niedergelegt werde.

V i c e p r ä s. Wird dieser Antrag unterstützt? (Majorität.) Wünscht noch Jemand das Wort?

Abg. Hasselwanter. Ich glaube, dieser neue Zusatz ist überdrüssig. Man unterscheidet in Parlamenten zwischen Petition und Antrag. Zu Petitionen ist das Volk berechtiget, und wir würden nur die Freiheit des Volkes hemmen, wenn es genöthigt wäre, erst durch den Vertreter in der Kammer die Annahme ihres Vortrages zu erzielen. Der Vertreter kann allerdings eine solche Petition annehmen und selbst überreichen, allein dann wird sie nicht mehr als eine Petition behandelt, dann ist sie als ein selbständiger Antrag und wird dann nicht in dem Petitionsausschusse, sondern als ein selbstständiger Antrag, als der Antrag eines Vertreters oder eines ändern Abgeordneten betrachtet. Ich glaube daher nicht, daß dieser Zusatz eine Verbesserung der Sache sein, sondern vielmehr eine Abänderung eines parlamentarischen Gebrauches.

Abg. Löhner. Ich muß mich ganz demjenigen anschließen, was mein werter Herr Vorredner gesagt hat, ich muß mich gleichfalls erklären, daß wir das heilige Petitionsrecht nicht abhängig machen sollen von dem guten Willen eines Einzelnen. Ich bin daher der Meinung, daß, wenn eine Petition Überflüssig oder unmöglich ist, und daher gar keine Beachtung würdig gesunden wird, daß eine solche Petition aber doch wenigstens von der hohen Kammer zur Kenntniß genommen werde, indem sie als eine Meinung des Volkes betrachtet werden muß.

Zur Begründung dieses Satzes glaube ich auf die Geschichte hinweisen zu sollen, nämlich auf die Deputirtenkammer, die letzte, welche dein Sturze Louis Philipps voranging. Es ist möglich, daß eine Kammer einmal gewählt werde, welche in einer bestimmten Richtung dem Volkswillen entgegentritt, wenigstens auf einen großen Theil desselben einen Einfluß übe, und ich finde zu bemerken, Anstalten zu treffen, um nicht ferner von dem guten Willen eines Einzelnen abzuhängen, damit ein Jeder das vorbringen könne, was er im Bewußtsein seines Rechtes als Gesamtausdruck des Volkes darstellen könne. Ich muß als historisches Beispiel vorbringen, daß ein solcher Vorgang in Frankreich unter der Charte von 1830 nicht stattgesunden habe, daß nur ein Deputirter eine Petition einreichen könne. Ich erinnere, daß kein Deputirter eine Petition eingereicht habe, ohne daß diese unter dem Gelächter der Kammer ad acta gelegt worden wäre. Z. B. Es könnte eine Petition eingereicht werden, daß der König von Frankreich wieder den Titel eines Kaisers der Franzosen annehmen möge Und doch ist dieser Antrag unter dem Gelächter der Versammlung eingelegt worden, und dieses Factum besteht. Es kann nachgewiesen werden, daß ohne Petition gewiß auch eine Menge Anträge eingereicht worden sind, und ich glaube nicht, daß ein Deputirter über einzelne Gegenstände, selbst wenn er sie eingereicht hat, eine solche Begründung zu geben im Stände wäre, wie er sie zu geben schuldig ist. Eine solche Begründung ist aber vorgeschrieben. Es wird der Fall vorkommen, daß ein Deputirter es darum ablehnen würde, eine Petition an die hohe Kammer zu richten, weil er sich nicht im Stande fühlt, sie zu unterstützen. Ich bin daher für den Antrag des Herrn Vorredners, Abg. Cavalcabó, Ich erlaube mir zu bemerken, daß dieß in England ganz gewiß der Fall ist. In dieser Beziehung scheint mir der Begriff von Petition und Gesuch verwechselt zu sein. Petitionen von großem Umfange sind mit Unterschriften versehen, und als solche der Ausdruck eines großen Theile des Volkes. Und da wird sich schon Jemand finden, der sie unterstützt, und es wäre zu bedauern, wenn Niemand den Muth oder den guten Willen hätte, sie zu unterstützen. In dieser Beziehung glaube ich sind die Besorgnisse nicht gegründet. Es handelt sich nicht darum, daß derjenige, welcher sie vorlegt, sie auch unterstützen muß, sondern bloß um den Act der Vorlage und die Bestimmung, daß diese Vorlage durch einen Abgeordneten geschehe, der dieses Gesuch erst durchliest, soll die Sanction sein, daß nicht ganz mutwillige Gesuche vorgelegt werden. Über Gegenstände, die nicht verdienen vor die Kammer gebracht zu werden, habe ich diese Censur gewünscht.

Abg. Hasselwanter. Diese Censur würde nicht weit führen. Wenn ein Vertreter von seinen Mandanten oder seinem Bezirke eine Petition erhält, so glaube ich, daß jeder Vertreter schuldig ist, diese vorzulegen. Er würde sich nur einer großen Verantwortung aussetzen, vor seinem Bezirke, wenn er diese Petition nicht vorlegen würde, wenn der Inhalt auch ein noch so geringer und unsinniger wäre.

Schrifif. Hauschilb Ich glaube, es handelt sich nur um einen Unterschied zwischen öffentlichen und Privatinteressen. Es ist kein Zweifel, daß jede Eingabe, Welche öffentliche Interessen betrifft, bei der Kammer wenigstens eingebracht und vor der Kommission zur Berathung kommen muß. Anders aber ist es mit jenen Eingaben, welche öffentliche Interessen betreffen, und gar nicht in der Wirksamkeit der Kammer einschlagen. Unser öffentliches Leben ist noch ein ganz neues. Das Volk kennt den Wirkungskreis der Kammer noch nicht so genau, und es wird dieselbe mit einer Flut von Eingaben überschütten, welche mit dem Wirkungskreise derselben nichts zu thun haben, und bloß ein Privatinteresse betreffen, worüber das Gericht, nicht aber der Reichstag zu entscheiden hat. Wenn wir allen Eingaben das freie Recht der Überreichung zugestehen, so muß die Comission auch alle diese Eingaben


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP