Pondìlí 21. srpna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages. 

Sechsundzwanzigste Sitzung des constituirenden Reichstages am 21. August 1848. 

Tagesordnung. 

I. Ablesung des Sitzungsprotokolls vom 19. August 1848.

II. Berichte des Vetitionsausschusses. 

III. Verhandlung über den Bericht des Finanzausschusses.

IV. Berathung über den Antrag des Abg. K u d l i c h.

V. Berathung über den Antrag des Abg. Strasser (ursprünglich Abg. Selinger).

Vorsitzender: Präsident S t r o b a c h.

Anwesende Minister: Doblhoff, Krauß, Labour, Bach, Schwarzer.

Anfang halb 10 Uhr.

Präs. Die erforderliche Anzahl der Herren Abgeordneten zur Eröffnung der Sitzung ist bereits vorhanden, und ich ersuche daher den Herrn Schriftf. Streit das Protokoll vom 19. d. M. vorzulesen.

(Schriftf. Streit verliest das Protokoll.)

Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? (Es erhebt sich Niemand.)

Die zur Beschlußfassung erforderliche Anzahl der Mitglieder ist vorhanden, und diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, daß das Protokoll in der vorgelesenen Art zu genehmigen sei, wollen es durch Aufstehen zu erkennen geben, (Das Protokoll wird von der hohen Versammlung einstimmig angenommen.)

Der Abg. Hauschild hat um einen Urlaub von 14 Tagen angesucht; ich ersuche den Herrn Schriftf. Ullepitsch das Gesuch vorzulesen.

Schriftf. Ullepitsch. Ich schicke dem Urlaubsgesuch die Mittheilung voraus, daß sich bis jetzt 368 Mitglieder angemeldet haben, wovon 14 auf Urlaub, einer aber durch Krankheit verhindert ist, den Verhandlungen beizuwohnen. Das Gesuch lautet: (er verliest es.)

Präs. Dieser Urlaub überschreitet jene Grenzen, innerhalb welchen das Präsidium einen Urlaub zu ertheilen befugt ist. Falls Niemand darüber das Wort zu ergreifen wünscht, bitte ich durch Aufstehen kund zu geben, daß dieser Urlaub genehmiget sei. (Der Urlaub wird genehmigt.)

Es liegt auch noch ein Enthebungsgesuch vor vom Abg. Hechelfelder für Vöklabruck in Oberösterreich.

(Schriftf. Ullepitsch verliest das Enthebungsgesuch des Abg. Hechelfelder.)

P r ä s. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen? (Es erhebt sich Niemand.)

Sollte die hohe Versammlung mit der Enthebung des Abg. Hechelfelder einverstanden sein, so bitte ich es durch Aufstehen kund zu geben. (Die Enthebung wird genehmigt.)

Es wird in Folge dessen das Ministerium angegangen werden, eine neue Wahl auszuschreiben. Von der Kanzlei des Vorstandsbureaus wurden einige Verrechnungen an die Herren Abgeordneten herausgegeben und sind noch nicht zurückgestellt worden. Sollten sich einige Anstände ergeben haben, bitte ich es beim Vorstandsbureaus einzubringen, damit die Vorschreibungen der Gebühren endlich ihrer Erledigung zugeführt werden könnten. Bei einigen Herren ergeben sich Widersprüche zwischen ihren Angaben und zwischen den Daten, die hier amtlich vor liegen. Ich bitte, daß diese Herren im Vorstandsbureaus erschienen. Es find folgende: Madonizza, Haselwandteer, Blonski, Micewski, Skrzynski, Trzecieski, Wierzchlejski, Sierakowski. 

Nun wäre das Verzeichniß der eingelangten Eingaben mitzutheilen.

(Schriftf. Streit liest das Verzeichniß der am 20. August eingelangten Eingaben vor.)

P r ä s. Es ist mir auch das Urlaubsgesuch des Abg. Lindringer auf einen zwölftägigen Brlaub übergeben worden. Zur Ertheilung dieses Urlaubes ist nach der Geschäftsordnung die Zustimmung der hohen Versammlung notwendig. Mischt Jemand das Wort zu ergreifen? (Es erhebt sich Niemand.) 

Sollte die hohe Besammlung mit der Bewilligung dieses Urlaubes einverstanden sein, so bitte ich es durch Aufstehen zu erkennen zu geben. (Der Urlaub wird genehmigt.) 

Weiter liegen einige Anmeldungen von Interpellationen vor, und zwar des Abg. Jonak für heute.

Abg. Jonak. Für morgen.

Präs. Der Abg. Vetranovich hat eine Interpellation angemeldet.

Abg. Petranovich. Ungarn ist gegenwärtig der Schauplatz des Bürgerkrieges; in diesem Kampfe sehen wir sogar Österreichs Truppen einander feindlich gegenüber stehen, was den österreichischen Patrioten nicht gleichgültig sein kann, und da wir hierüber vom Kriegsministerium nicht ältlich aufgeklärt sind, so erlaube ich mir an das hohe Ministerium folgende Frage zu stellen: Ob es wahr ist, daß in dem Bürgerkriege in Südungaren auch österreichische, nicht ungarische Truppen gegen die Serben und Grenzer zu kämpfen gezwungen sind, und zwar gegen ihre Ehre, gegen ihre eigene Neigung, und ebenso gegen ihre Pflicht und die Interessen des österreichischen Gesamtstaates? Und wenn das der Fall ist, worüber ich gar nicht zweifle, da die Belege davon in mehreren Zeitschriften, namentlich im "Soldatenfreunde" enthalten sind, so erlaube ich mir zu fragen: was hat das hohe Ministerium gethan, oder was wird es thun, um diese Truppen aus dieser peinlichen und falschen Stellung zu ziehen? Und endlich im Falle des Ausbruches des Krieges zwischen den Magyaren und den österreichischen Südslaven, ist das hohe Ministerium nur durch die bestehenden Verträge gebunden, die Neutralität zu beobachten, oder ist es gesonnen Partei zu ergreifen? 

Minister des Innern, Doblhoff, Dieser bedauerliche Kampf in Sirmien, woran allerdings auch Deutsche, insbesondere Offiziere, die in ungarischen Regimentern dienen, Theil nehmen, ist im innigsten Zusammenhange mit den Zerwürfnissen, welche zwischen Croatien und Ungarn bestehen. Die Ansichten und Vorkehrungen, welche dießfalls von Seite des Ministeriums gehegt und eingeleitet werden, sind bereits bei einer anderen Interpellation erklärt und auseinandergesetzt worden, ich kann mich daher dießfalls nur darauf beziehen. Insbesondere aber wegen den Einleitungen, die das Ministerium getroffen hat, um jenen Offizieren, die in diese traurige Lage gekommen sind, gegen ihre Campraden kämpfen zu müssen, ohne Neigung dazu zu haben, und die dadurch in diese Zwangslage gekommen sind, daß sie sich in Regimentern befinden, welche von dem ungarischen Ministerium angewiesen sind, an diesem Kampfe Theil zu nehmen, ist bereits von Seite des Kriegsministeriums Einleitung getroffen vordem, und es ist ihnen die Möglichkeit und die Erleichterung an die Hand gegeben, diese Regimenter zu verlassen. Bezüglich der deutschen Regimenter ist mir wohl in diesem Augenblicke keines bekannt, welches gegen die Sirmier kämpft, ich müßte dießfalls bitten den Kriegs Miniester zu befragen, der über die Dislocation von Truppen genaue Kenntniß hat, ich glaube aber nicht, daß in Südungarn, wo gegenwärtig auch der Kampf mit den Sirmiern fortwährt, deutsche Regimenter Theil nehmen.

Präs. Die von dem Abg. Sterz angemeldete Interpellation dürfte vielleicht vor der Hand noch nicht zur Ausführung gebracht werden, weil sie gleicheilig das Ministerium des Krieges und der öffentlichen Arbeiten betrifft, welche...

Abg. Sterz. Der Herr Minister der Finanzen ist hier.

Präs. Wollen Sie die Interpellation trennen?

Abg. Sterz. Ja. — Zufolge Vertrages mit Österreich bezieht Rußland und Preußen schon feit vielen Jahren jährlich circa eine halbe Million Zentner Steinsalz aus den Salzbergwerken von Wieliczka im Bochnier Kreise, mit einem Preise von 3 fl. 40 kr., während Österreichs eigene Bevölkerung den Zentner mit 6 fl. 48 kr. bezahlt, was die Folge hat, daß von Preußen aus nach dem österreichischen Gebiete ein Schmuggelhandel getrieben wird, weil der König von Preußen seinen eigenen Staatsangehörigen den Zentner Salz um 1 fl. 50 kr. billiger gibt, als Österreich. Ich erlaube mir daher an den Herrn Finanzmimstier drei Fragen zu stellen:

1. Auf wie viele Jahre haben jene erwähnten Verträge mit Rußland und Preußen noch Dauer?

2. Was gedenkt das Ministerium einzuleiten, um diese fühl und sichtbaren Missverhältnisse zu heben? Und endlich

3. wolle das Ministerium nicht anerkennen, daß jenes aus der Tiefe gehobene, vollkommen gesättigte Salzwasser der Saline von Wieliczka, welches jetzt so unbenutzt in gedeckten Kanälen der Weichtet zugeführt wird, zur Benützung und im Interesse der Humanität der Bevölkerung freigegeben wird? 

Finanzminister Krauß. Was die erste Frage betrifft, bis zu welcher Zeit jene Verträge bestehen, nehme ich Anstand, bloß aus dem Gedächtnisse darauf Antwort zu geben, eben weil es sich um Verträge handelt. Ich werde die Acten neuerdings einsehen, und behalte mir vor, ein anderes Mal darauf Antwort zu ertheilen. — Die zweite Frage bezieht sich auf das Missverhältnis, welches zwischen den Preisen des Salzes im preußischen und österreichischen Gebiete besteht; dieses hat natürlich zur Folge, daß Salz aus Preußen nach Österreich eingeschwärzt wird. Ich halte den Gegenstand fortwährend im Auge, und habe vor zwei Wochen beiläufig die Ehre gehabt, zu erklären, daß meine Absicht wäre, so bald es nur die Verhältnisse der Finanzen überhaupt zulassen, in den Salzpreisen eine Veränderung herbeizuführen. Gelingt dieses, so wird auch das Verhältniß von selbst sich anders regeln. Es bieten sich dazu zwei Wege dar: entweder wenn man im Allgemeinen eine Salbpreisermäßigung zugesteht, oder wenn man für die Granzbezirke einen mäßigeren Preis als für das Innere des Landes stattfinden läßt. Hier ist nicht der Ort, daß ich mich über die eine oder andere dieser Maßregeln ausspreche, jedoch kann ich versichern, daß darüber Anträge werden vorgelegt werden. Nur steht diese Frage in so innigem Zusammenhange mit dem Staatshaushalte überhaupt, daß ich so frei sein muß aufmerksam zu machen, daß unter den indirecten Abgaben jene vom Salz in Absicht auf den Ertrag obenan steht. — Die dritte Frage rücksichtlich der Benützung des abfließenden Salzwassers ist eine höchst schwierige. Nachdem nämlich die Abgabe aufs Salz hoch ist, so kann man sehr leicht voraussehen, welche Folgen daraus entstehen würden, wenn das Wasser, das mit Salz geschwängert ist, frei zur Benützung gelassen würde; es ist dieß also eine der schwierigsten Aufgaben von der einen Seite, die Benützung des Salzwassers zu gestatten, von der andern Seite aber den ungeheuert Unterschleifen zu begegnen, die daraus entspringen, wenn man eine solche Gestattung geben würde. Bisher ist mir wenigstens nichts bekannt, daß ein Mittel gesunden wäre, diese beiden Zwecke zu vereinigen; ich wünsche sehr, daß auch ein anderes Salz benützt werden könne, und ich habe auch angekündigt, daß ich darüber eine Verhandlung eingeleitet habe; es wird nämlich viel Salz weggeworfen, weil der Stoff nicht hinreichend salzhältig ist, und man Anstand nimmt, dieses Salz in dieser Gestalt zum menschlichen Genüsse zu verkaufen. Es dürfte sich ein Ausweg darbieten, wenn man ein eigenes Viehfalz einführt, das natürlich weniger salzhältig ist als das, welches dem menschlichen Gebrauche bestimmt ist, und auch deßhalb um einen minderen Preis verkauft werden kann. Dadurch dürfte ein Schritt zu jenem Zwecke geschehen, welchen der Herr Interpellant im Auge hat.

Präs. Ein weiterer Gegenstand der heutigen Tagesordnung wäre die Berichterstattung des Petitionsausschusses. Wünscht der Herr Vorstand dieses Ausschusses Einiges zu bemerken?

Abg. Lasser. Bevor der Petitionsausschuss zur Berichterstattung schreitet, muß ich die Aufmerksamkeit der hohen Versammlung auf folgende Bemerkung wenden. Die Aufgabe des Petitionsausschusses ist, über alle einlangenden Eingaben der hohen Versammlung den Inhalt zu berichten und einen Antrag über deren Erledigung zu stellen. Die Menge dieser Eingaben macht es notwendig, dag die Arbeit unter alle Mitglieder getheilt und jedem Mitgliede die Verpflichtung auferlegt werde, die ihm zugewiesenen Eingaben zu bearbeiten und darüber zu referiren. Nach dem Referate sollte nun nach dem Buchstaben der Geschäftsordnung entweder ein stabiler Berichterstatter gewählt werden, der die Aufgabe hätte die Gutachten vorzutragen, oder es müßte nach der Berathung eines jeden einzelnen Gegenstandes für die Berichterstattung im Reichstage selbst jedes Mal ein eigener Berichterstatter gewählt werden. Das erstere würde für Denjenigen, den diese onorose Auszeichnung trifft, eine solche Überbürdung sein, daß er dieselbe nicht auf sich nehmen könnte; das letztere wäre mit einem fortwährenden Zeitverluste für den Ausschuß selbst verbunden, weil er bei jedem Ausschuß  Gegenstande neuerdings zur Wahl eines Berichterstatters schreiten müßte. Um nun diesem Übelstande vorzubeugen, erlaube ich mir als Vorsitzer des Petitionsausschusses und im Namen desselben, von der hohen Versammlung die Ermächtigung zu erbitten, daß jenes Mitglied des Ausschusses, welches über eine Eingabe im Ausschusse referiert, auch als Berichterstatter darüber in der Reichsversammlung zugelassen werde.

Präs. Wird dieser Antrag unterstützt? (Die ganze Versammlung erhebt sich.)

Ich glaube es ist eine Abstimmung nicht nöthig, weil die Unterstützung so stark ist. In Folge davon dürften die Herren selbst zum Vortrage schreiten.

Abg. Doliak (liest Reichstags Nr. 98).

P r ä s. Wünscht Jemand das Wort? (Niemand.) Sollte sich die hohe Versammlung dem Antrage des Berichterstatters anschließen, so wolle es durch Aufstehen kund gegeben werden. (Majorität.)

Abg. Doliak. Reichstags Nr. 124 (liest das Rubium der Eingabe und bemerkt dann:) Ich muß bemerken, daß in diesem Entwurfe vorzüglich auf die Organisirung der Gemeinden hingedeutet wird, und Anträge in diesem Sinne gestellt werden. Der Ausschuß hat daher in Berücksichtigung, daß die hier gestellten Anträge theilweise in die Constitutionsurkunde gehören, den Antrag gestellt: die Eingabe dem Constitutionsausschusse zur geeigneten Berücksichtigung abzutreten.

Präs. Wünscht Jemand das Wort? (Niemand.) Diejenigen Herren, welche mit dem Antrage des Referenten nicht einverstanden sind, wollen aufstehen. (Niemand ist gegen den Antrag.)

Berichterst. F a s c h a n k liest die Reichstags Nr. 2 vor, und der Antrag des Petitionsausschusses wird angenommen; er liest die Reichstags Nr. 64 vor, welcher Antrag ebenfalls angenommen wird.

Berichterst. Forster liest Reichstags Nr. 166 vor, der Antrag des Ausschusses wird angenommen; so auch Reichstags Nr. 287 und 11 — angenommen; Reichstags Nr. 102, eine Eingabe mehrerer Pragerinsassen, worin der hohe Reichstag ersucht wild, den Herrn Minister Doblhoff und das ganze Ministerium in Anklagestand zu setzen. (Gelächter. — Ruf: nochmals lesen! die Petition selbst lesen!)

Präs. Wird der Antrag auf Verlesung der Petition selbst unterstützt? (Tumult. Einige Stimmen: Nein, das ist unwürdig.)

Werden erlauben, meine Herren! es ist der Antrag gestellt worden, daß die Actenstücke selbst vorgelesen werden. Dieser Antrag ist unterstützt worden. Ich werte die Abstimmungsfrage stellen, ob diese Eingabe ihrem vollen Inhalte nach vorgelesen werden soll. (Minorität.) Abg. Hawliczek. Ich stelle den Antrag, daß es nicht nur dabei bleibe, was die Section beantragt, sondern daß man dem hohen Ministerium durch geeignete Wege den Auftrag gibt, dem Gesuche näher auf die Spur zu gehen, indem ich aus Privatquellen weiß, daß dieses Gesuch durch verschiedene Umtriebe in Prag entstanden ist, was unserer Nation nicht zur Ehre gereicht, und wünsche, daß man die Unterschriebenen zur Verantwortung ziehe.

Abg. Klaudi. Es dürften wahrscheinlich die 67 Gutgesinnten sein. (Gelachter und Zischen.)

Abg. Borrosch. Ich glaube, daß der hohe Reichstag sich nicht herabwürdigen solle zu einem inquisitorischen Verfahren. Liegt dem Ministerium daran, diese Petition in den Händen zu haben, so ist diese Petition da, ohne daß wir uns damit die Hände zu beschmutzen brauchen. (Beifall.)

Abg. Hawliczek. Ich bitte um das Wort. Ich kann mich nicht einverstanden erklären mit dem, was der geehrte Herr Vorredner erwähnt hat. Ich bitte zu berücksichtigen, daß wir das Ministerium hier in eine falsche Stellung versetzen, und es würde so aussehen, als ob das hohe Ministerium bloß aus Selbsterhaltungstrieb oder aus Rache diese Paar Gutgesinnten verfolgen möchte. Wenn sich Jemand unterfängt, auf diese Art den hohen Reichstag zu behelligen, so glaube ich, ist es ganz am Platze, daß der hohe Reichstag nicht selbst den sogenannten inquisitorischen Boden abgibt, und wenn man dem Ministerium die Möglichkeit gibt, den Antrag zu untersuchen, so ist das Ministerium besser gestellt.

Abg. Trojan. Ich habe die Frage gestellt, wie viel unterschrieben sind. Berichterstatter. Es sind fünf, und überließ "noch viele Tausende und fast alle auf dem Lande."

Präs Wird der Antrag des Abg. Hawliczek unterstützt? (Wird unterstützt.)

Abg. Neuwall. Ich erlaube mir zu bemerken, daß das Petitionsrecht ein geheiligtes ist, und daß jeder petiren kann, wie und in welcher Richtung er will. Ist die Petition verwerflich, so findet sie schon darin die Berücksichtigung ihrer Schlechtigkeit, daß man sie ad acta legt, daß man kein Gewicht darauf legt. Untersuchungen darüber anstellen, Erhebungen pflegen, in dieser Rücksicht ein Polizeiverfahren hervorzurufen gegen den Bittsteller, ist eine Verkürzung des Petitionsrechtes, und wir müssen dieses als eine unserer Errungenschaften frei und unangetastet bewahren.

Abg. Löhner. Ich muß erklären, daß sich selbst unter dem alten Systeme keine verwerflichere Polizeimaßregel hätte denken lassen, daß das ganz im Geiste Sedlnitzky's wäre, daß unter dem alten Inquisitionssystem selbst nicht so vorgegangen worden ist, gegen einen Bittsteller, der an die souveraine Gewalt eine Bitte gestellt hat.

Abg. Rieger. Zu den Errungenschaften der letzten Zeit gehört gewiß die Pressfreiheit, diese schließt aber nicht aus, daß Jemand wegen Mißbrauch dieses Rechtes in Anklagezustand versetzt, untersucht und bestraft werden kann. Wegen Missrauch des Petitionsrechtes kann man ebenso zur Verantwortung gezogen werden. Aber wenn Jemand eine Petition dem Reichstage vorlegt, diese allenfalls im Reichstage vorgelesen wird, kann er in dieser dem Ministerium solche Schmählichkeiten andichten, daß, wenn dasselbe in der Presse vorkäme, er vor das Pressgericht käme, —und soll das Ministerium nicht auch das Recht haben, wenn es verunglimpft wird, sich desselben Rechtes zu bedienen? Das ist keine Verletzung des Petitionsrechtes, sondern dasselbe was bei der Pressfreiheit stattfindet.

Abg. Klaudi. Ich sehe Diese Eingabe nicht als Petition an, sondern als eine Anklage des Ministeriums, und in dieser Beziehung wird das Ministerium nicht nur das Recht, sondern die Pflicht haben, auf den Grund zu sehen und sich zu überzeugen, wodurch diese schmähliche Eingabe veranlaßt worden sei. Der Reichstag aber hat die Pflicht, dem Ministerium diesen Antrag zu stellen, da in seiner Mitte Mitglieder sitzen, die jener Nation und insbesondere jener Stadt angehören, aus welcher diese für das Ministerium sehr reizende, verunglimpfende Eingabe gekommen ist. —

Da wir ausgesprochen haben, daß das Ministerium ein sehr freisinniges ist, das wir unter jeder Bedingung zu halten wünschen (ich weise auf die Adressdebatte zurück), so dürfen wir auch nicht dulden, daß es von irgend einer Seite verunglimpft werde.

Abg. Borrosch. Ich brauche wohl nicht zu erwähnen, daß ich erst jetzt von dieser Petition etwas erfahre. — Ich kämpfe für das Princip. Ich bin ein Bewohner dieses Landes, ein Bürger desselben, ein Bürger der Stadt Prag, adoptiert durch 30 Jahre, ich bin also so gut berechtiget wie ein Eingeborner, zurückzuweisen diesen Einspruch, welcher von den früheren Rednern wollte gestellt werden.

Lassen wir dieses Princip gelten, so kommen wir zur Tendenzprozessmacherei, und begehen alle Willkürlichkeiten der Censur, geübt von Parteileidenschaften. Allerdings kann eine Petition eine Verleumdung enthalten, es ist aber nicht unsere Sache, darüber zu entscheiden; derjenige, welcher dadurch sich verleumdet fühlt, wird wohl genau denselben Weg gehen, welchen ein früherer Redner bezüglich der Presse und ihres Mitbrauches geltend machte, und analog mit diesem unpassend herbeigezogenen Beispiele, einer Juri das Urtheil über das Schuldig oder Nichtschuldig überlassen.

Abg. Neuwall. Es ist hingewiesen worden auf die Analogie des Pressgesetzes, welches auf das Petitionsrecht anzuwenden wäre. Ich muß erwähnen, daß wir bisher kein Gesetz haben, welches die Petitionsfreiheit beschränken würde In freien Staaten ist alles erlaubt, was nicht durch ein besonderes Gesetz verboten ist Was die Beschwerde anbelangt so muß ich bemerken, daß der beste Richterspruch die Verachtung ist, mit der man sie behandelt

Minister des Innern, Dublhoff. Es ist schon früher bemerkt worden, daß es dem Ministerium anheim gestellt werden solle, die Erhebungen zu pflegen, welche auf die ursprüngliche Absicht und Tendenz dieser Anklage führen könnte. Ich erlaub mir im Namen des Ministeriums zu erklären, daß das Ministerium keinen Gebrauch davon machen wurde, wenn es auch dießfalls dazu ermächtiget wäre ich glaube aber nicht, daß es ermächtiget ist, indem es dem Reichstage vorgelegt worden ist, und somit erst von Seite des Reichstages dießfalls dem Ministerium zu diesem Ende übergeben werden müßte Im Allgemeinen glaube ich bemerken zu mussen, daß bezüglich aus die Anklage der Minister und der Amtshandlungen, für welche sie verantwortlich sind, dießfalls erst ein Gesetz abzuwarten ist. Es wird von den Bestimmungen, von den Berathungen des Reichstages, es wird von einem Gesetze abhängen, auf welche Art das Ministerium in Anklagezustand zu versetzen ist. Was den vorliegenden Gegenstand betrifft, so können wir darüber keine bestimmten Anordnungen treffen Ich meines und im Namen des Ministeriums würde diesen Gegenstand ganz fallen lassen, und das um so mehr, da wir keinen bestimmten Anhaltspunct finden, um dießfalls in der Art aufzutreten, als ob gegen das Ministerium eine ehrenrührige Handlung begangen worden wäre

Abg. Lasser. Ich trage auf den Schluß der Debatte an, weil sie ungebührlich ist, und nicht verdient, daß man sie speciell zur Frage bringe Es wäre offenbar das Beste, den Gegenstand ad acta zu legen Ich spreche mich dahin aus, daß wir in denselben nicht eingehen und den Gegenstand nicht würdigen sollen. Waren solche Thatsachen in der Anklage enthalten gewesen, welche nach der Ansicht des Ausschusses die Anklage des Ministeriums begründen könnten, so halte der Ausschuß selbst einen solchen Antrag stellen sollen.

Präs. Wird der Antrag auf den Schluß der Debatte angenommen?

Abg Polaczek. Nachdem der Schluß der Debatte schon unterstutzt ist, so verzichte ich auf meinen Antrag.

P r ä s. Ich muß daher den Verbesserungsantrag des Herrn Abg. Hawliczek zur Abstimmung bringen, der dahin geht, daß diese Eingabe dem Ministerium Übergeben wurde, um die erforderlichen Erhebungen gegen die Bittsteller zu pflegen

Abg. Hawliczek Ich nehme meinen Antrag zurück (Bravo)

Präs. Der Arttag der Commission geht dahin, daß dieser Gegenstand ad acta gelegt werde. Diejenigen Herren, die hiermit einverstanden sind, mögen es durch Aufstehen kund geben. (Angenommen ) Berichterst Gschnitzer möge zum Vortrage schreiten

Abg. Gschnitzer. Reichstags Nr. 1 Es ist dieses eine Eingabe, die schon einmal durch ihr originelles Rubrum die Heiterkeit der Versammlung erregt hat. (Die Eingabe stammt Rubrum wird vorgelesen.) Mein Antrag und der der Commission geht dahin, daß diese Petition einfach ad acta gelegt werde. Präs Wünscht Jemand das Wort? Falls die hohe Reichsversammlung die Ansicht des Ausschusses theilt, möge sie dieß durch Aufstehen kund geben. (Wird angenommen )Berichterstatter Reichstags Nr. 128. Viele Burger der Stadt Wels in Oberösterreich petitioniren um Sicherstellung der städtischen Interessen beim Reichstage (Referent trägt auf Überweisung an den Constitutionsausschuß an )

Präs. Ist die hohe Reichsversammlung mit diesem Antrage einverstanden? (Angenommen.) Berichterstatter Reichstags  Nr. 163, Eine Anzahl verzehrungssteuerpflichtiger Gewerbsbesitzer suchen die Vertretung bei dem Reichstage durch einen Abgeordneten aus ihrer Mitte an (Es wird ebenfalls beantragt, dieses an den Constituttons Ausschuß zu weisen.)

Abg. Mayer. Ich bitte um das Wort. Ich wünsche vom Herrn Berichterstatter eine Aufklärung darüber, ob sie bloß deswegen, weil sie der Verzehrungssteuer unterliegen, eine Vertretung auf dem Reichstage verlangen.

Berichterstatter. Sie haben über die Verzehrungssteuer viele Klagen zu führen, und sagen, daß sie in den Märkten und Dörfern wohnen, und dieselben Rechte zu genießen wuschen, welche die Stadtgewerbetreibenden haben Abg Mayer. Wenn der Grund einer besonderen Vertretung bloß in der Steuer liegt, sehe ich nicht ein, wie dieser Act in den Verfassungsausschuß gehört, ich glaube eher, daß es dem Finanz Ausschusse zugewiesen werden sollte Berichterstatter Ich habe darum meinen Antrag gestellt, und der Ausschuß hat ihn darum auch angenommen, weil es sich vorzüglich darum handelt, wie weit und in welcher Weise die Vertretung der Stadt und Landgemeinden in die künftige Constitution aufgenommen werde.

Präs. Sonach nehmen Herr Abg. Mayer Ihren Antrag zurück, wegen Zuweisung dieser Petition an den Finanzausschuss? (Der Antrag wird zurückgenommen )

Ich muß, da darüber eine Debatte stattfand, noch einmal abstimmen lassen.

Diejenigen Herren, welche dem Antrage der Commission beistimmen, daß die Acten an den Constitutionsausschuß überwiesen werden, wollen aufstehen. (Wird angenommen.) Ich bitte den Herrn Berichterst. Musil zu referiren. Berichterst. Mussil. Reichstags Nr. s, 6, 7,8 und 10 sind Eingaben von Häuslern mehrerer Gemeinden mährischer Herrschasten, Boskowitz und Trübau, welche um zeitgemäße Verbesserung ihrer Lage ersuchen. (Liest diese Eingaben.) DU Majorität des Petitionsausschusses hat beschlossen, diese Eingaben an den Verfassungsaasschuss zu überweisen, die Minorität aber, diese Petitionen dem Ministerium zur Amtshandlung abzutreten.

Präs. Wünscht Jemand da« Wort? (Niemand.) Falls die hohe Versammlung sich dafür ausspricht, daß diese Eingaben an den Verfassungsausschuß zu überweisen seien, bitte ich aufzustehen. (Die Majorität erhebt sich.) Ich ersuche den Herrn Berichterst. Pienczykowski zu referiren.

Berichterst. Pienczykowski. Reichstags Nr. 14. Die Einwanderer aus Böhmen in die Bukowina bitten um Anweisung von Ansiedlungsplätzen und Grundstücken. Inhalt:

16 Ansiedlungsväter haben im Jahre 1843 auf die Sage, daß im Jahre 1833 eine Ansiedlung in der Bukowina verlautbart war, ihre Heimat in Böhmen verlassen, und machten sich in der Ortschaft S l i t t, zur Cameralherrschaft S o l k o im Bukowiner Kreise, ansässig, reichten die Bitte ein, und erhielten nach Angabe zur Antwort, daß keine Genehmigung bei Sr. Majestät erfolgt ist. — Der Ausschuß trägt darauf an, daß diese Bitte dem Ministerium zu übermitteln fei.

Reichstags Nr. 15. Mathias Newdona bittet um Anweisung eines Grundstückes gegen Zins in der Cameralherrschaft Solko, Bukowiner Kreises, und unterstützt diese Bitte mit Angabe der Verdienste, daß er durch 16 Jahre als Unteroffizier beim Militär gedient hatte.

Obwohl eine Ansiedlungsannahme der Herrschaft Solko nicht beiliegt, so trägt der Ausschuß doch in Berücksichtigung seiner Militärverdienste darauf an, daß diese Bitte dem Ministerium zu möglichst willfahrender Bescheidung zu übermitteln fei.

Präs. Wünscht Jemand das Wort?

Abg. Borrosch. Ich glaube doch, daß eine genauere Untersuchung vorgenommen, und es nicht bloß dem administrativen Ermessen anheim gestellt werden sollte, wo es sich um 16 ausgewanderte Familienväter handelt. Berichterstatter. Es ist hier, wie gesagt, keine Ansiedlungsaufnahme angegeben, und auch keine Nachweisung, ob die Grundstücke von Seite der Cameral Herrschaft Solko angewiesen waren oder nicht. Dessen ungeachtet glaube ich, sei es wie immer, kann der Reichstag einen definitiven Beschluß, welcher die Cameralherrschaft verbindlich machen könnte, nicht fassen, weil es von der künftigen Gemeindeverfassung abhängen wird, in wie weit neue Ansiedlunas

vertrage zu beachten sein werden. Vorläufig scheint es mir aber ganz unmöglich, daß die Cameralherrschaft Solko in Vertrage eingehen soll, welche mit der künftigen Gemeindeverfassung im Widerspruche stehen könnten.

Abg. Borrosch. Ich glaube, eine Fürsprecherbschaft könnte nicht schaden, damit es nicht im administrativen Wege ad acta gelegt werde. In der Bukowina wird schon vorgebbarer Grund und Boden genug vorhanden sein, um nicht 16 Familienväter der Verzweiflung preiszugeben.

P r ä s. Ich bitte den Herrn Antragsteller den Antrag schriftlich vorzulegen.

Abg. Czuperkowicz. Ich muß sagen, daß Hustweide und Waldabschnitte von den Gemeinden weggenommen worden sind, und den Ansiedlungen zugetheilt; das wäre auch nicht recht

Abg. Pienczikowski. Ich bitte, darüber ist gar nichts erwähnt worden.

Abg. Czuperkowicz. Hustweiden und Waldabschnitte wegzunehmen ist ja doch nicht recht! Die Gemeinde hat selbst nichts, Alles wurde abgenommen und den Ansiedelungen zugetheilt.

Präs. Ich ersuche, sobald dieß ein Gegenstand ist, der die Petition nicht betrifft, ihn wie einen gewöhnlichen Antrag behandeln zu wollen, und den schriftlichen Antrag auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Der Herr Abgeordnete macht darauf aufmerksam, daß die Cameralbehörden in der Bukowina auch andere Gegenstände, namentlich Grundstücke, eingezogen, und davon wird nach der Behauptung des Berichterstatters keine Erwähnung gethan in der Petition. Es ist dieß ein Gegenstand, der mit dem Vortrage nicht im Zusammenhange steht. Ich erlaube mir über die Bemerkung des Herrn Abgeordneten aufmerksam zu machen, daß es ein ganz heterogener Gegenstand ist. Falls ein Antrag dießfalls gestellt werden sollte, muß ich) bitten, ihn mir zu übergeben, und geschäftsordnungsmäßig zu behandeln. Der Herr Abg. L a s se r hat nun das Wort.

Abg. Lasser. Der Petitionsausschuß hat der Eingabe diese Richtung geben wollen, weil er die Erwartung hegte, daß das Ministerium des Innern im Interesse der Kolonisation, oder fei es das Finanzministerium, weil demselben die Cameralherrschaften als solche unterstehen, ohnedies, wenn diese eine gegründete Bitte enthält, daraus die gebührenden Rücksichten nehmen wird. Wir zweifeln so wenig an dem guten Willen des Ministeriums, daß der Petitionsausschuß wirklich keine bessere Richtung zu geben vermochte.

Abg. Brestel. Ich wollte nur bemerken in Betreff dessen, was der Herr Präsident erwähnt hat, daß die Eingabe des Abg. Czuperkowicz allerdings Einfluß auf die Sache hat; er wollte nur sagen, daß man auf den Cameralherrschaften zur Ansiedlung Gründe der Gemeinde verwendet hat, und


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