Pondìlí 27. listopadu 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Vierundfünfzigste (II.) Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages in Kremsier am 27. November 1848.

Anfang um 1/2 11 Uhr.

Vorsitzender: Präsident S m o l k a. 

Auf der Ministerbank: Leer.

Präs Anstatt die Zählung von den Herren Schriftführern vornehmen zu lassen, werde ich mir erlauben, das Namensverzeichnis vorlesen zu lassen. Es ist dieß aus dem Grunde wünschenswerth, um zu erfahren, ob nicht einige Herren, welche Urlaubsgesuche eingereicht haben, unter der Voraussetzung, daß die Sitzungen am 15. d. M. beginnen werden, schon angelangt find, oder nicht, weil ich sonst die Urlaubsgesuche müßte zum Vortrage bringen lassen. Ich ersuche den Herrn Schriftführer Gleispach, das Namensverzeichnis vorzulesen. (Geschieht.)

Nach vorgenommener Zählung sind 296 Mitglieder anwesend. Wir sind demnach sowohl berathungsals beschlußfähig. Ich erkläre daher die Sitzung für eröffnet. Ich eröffne die Sitzung mit dem, daß ich die Herren Schriftführer ersuche, die noch rückständigen Protokolle vom 28., 29, 30. und 31. October, sodann das vom 22. November zu verlesen.

Paul. Es liegt uns hier ein offizieller stenographischer Bericht über die Verhandlungen des österreichischen Reichstages am 22. November zu Kremsier vor (Ruf: Laut!), welcher mit den Worten beginnt: 52. Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages. In diesem Ausdrucke liegt ein großer wesentlicher Druckfehler und Irrthum, denn die 51. Sitzung ist abgehalten worden am 5. October in Wien. Daraus würde nun folgen, daß alle Sitzungen, welche zwischen dein 5. October und dem 22. November vom österreichischen

Reichstage in Wien in Vollzähligkeit abgehalten worden sind, nicht gezählt werden. Ich muß jedoch bemerken, daß selbst Seine Majestät demjenigen, was der Reichstag während dieser Zeit beschlossen hat, seine volle Anerkennung hat zu Theil werden lassen, daß selbst in einer dieser Sitzungen ein Beschluß gefaßt worden ist, welchen Seine Majestät sanctioniren hat, es ist dieses der Beschluß der Steuerbewilligung für das Jahr 1849. Das darüber erfolgte Patent lautet: "Wir Ferdinand u. f. w. sanctioniren den von unserem Reichstage beschlossenen, u. s. w. " Ich möchte also bitten, von wem der Druck dieses officiellen Berichtes veranlagt, oder unter wessen Leitung er geschehen ist.

Präs. Ich habe hierauf zu erwidern, daß ich dieses allerdings für einen Druckfehler ansehe, umsomehr als ich vorgestern den Herrn Regierungsrats Auer, der sich mit Einrichtung der Druckerei beschäftigt, gesprochen, und ihn namentlich aus diesen Umstand aufmerksam gemacht habe. Er hat auch gesagt, daß er daraus sehen wird, daß die fortlausende Zähl der Sitzungen mit Einrechnung der in Wien vom 6. October an abgehaltenen Sitzungen eingehalten werden wird. Ich werde die Berichtigung dieses Druckfehlers veranlassen.

Hellrigl. Ich muß gegen die Lesung der Protokolle vom 28, 29., 30. und 31. October meine Verwahrung einlegen, da ich diese Protokolle nicht als Protokolle der Reichstagsverhandlung ansehen kann. Diese Protokolle datieren sich von einer Zeitperiode her, wo bereits durch das von Se. Majestät dem constitutionellen Kaiser am 22. erlassene, und am 25. desselben Monats verkündigte Manifest die Verlegung des Reichstages ausgesprochen war, in einer Zeitperiode, wo der Reichstag theilweise nicht mehr bestanden, und nicht mehr legal war; so unbedeutend, so bedeutungslos der Inhalt dieser Protokolle sein mag, und wenn auch diese Protokolle sich auf die einfache Referierung von Tagsereignissen beziehen würden, so muß ich hier dennoch bemerken, daß es sich hier nicht um die Protokolle, sondern vielmehr um die Durchführung eines Prinzips handele, daß die Krone unter den gegebenen Verhältnissen die Prorogirung und Verlegung des Reichstages anzuordnen, berechtiget war. Ich, meine Herren, bin in der festen Überzeugung, daß nachdem die Berathungen des unter dem Einflusse einer terrorisierenden Umsturzpartei  (Von der Linken: O, O! Lärmen; rechts Beifall, links zischen.)

Brestel. Ich trage auf den Schluß der Debatte an, denn auf diese Weise werden wir nie zum Schlusse kommen. (Unruhe.)

Hellrigl. Ich glaube, daß die Krone nicht nur berechtiget, sondern auch verpflichtet war, bei diesen Verhältnissen jene Verfügungen zu treffen, daß die freie Berathung ungestört fortgesetzt werden kann, und daß daher von der Krone die Kundmachungen und die Manifeste mit Recht erlassen wurden, wodurch die Unterhandlungen unterbrochen worden sind. Ich trage daher an, daß die Lesung dieser vorgenannten Protokolle nicht stattzufinden hat.

P r ä s. Es hat der Abg. Rieger das Wort.

Brestel. Ich bitte über meinen Antrag auf Schluß der Debatte abstimmen zu lassen.

P r ä s. Es wurde der Schluß der Debatte beantragt. Wird dieser Antrag unterstützt? (Es geschieht.) Diejenigen, die für den Schluß der Debatte sind, wollen aufstehen (Majorität). Die Debatte ist geschlossen. Es sind noch als Redner vorgemerkt die Abg. Rieger, Schuselka, Brauner und Brestel, denn ich glaube, der Abg. Brestel hat das Wort verlangt. (Ruf: Nein, er hat nur auf den Schluß der Debatte angetragen.) Ich bitte, habe ich die Namen genau aufgezeichnet? (Ruf Ja.) Der Abg. Rieger hat also das Wort.

R i e g e r. Ich bedaure, daß unsere Sitzungen auf so stürmische Art beginnen (Ruf: Laut). Es war mein Wünsch, dafür zu sorgen, daß derlei stürmische Debatten möglichst vermieden werden (Bravo), damit wir ruhig an das große Werk schreiten können, zu dem wir berufen sind. Nachdem indessen von der Gegen feite diese Frage herein geworfen wurde (Ruf: von welcher Seite?), so sehe ich mich veranlaßt, mich gleichfalls für die Ansicht des geehrten Herrn Redners auszusprechen.

Ich muß mich gleichfalls der Ansicht des Herrn Vorredners anschließen, daß diese Protokolle gar nicht verlesen werden sollen, weil sie nicht Protokolle des Reichstages sind und nur solche können verlesen und genehmigt werden (Unruhe). Sie sind nicht Protokolle des Reichstages, weil sie nicht in einer vollen freien Berathung abgefaßt worden sind (Ruf: unrecht). Sie sind nicht in freier Berathung abgefaßt, denn ich war nicht zugegen (Gelächter), weil ich nicht zugegen sein konnte. Ja wohl, meine Herren! (Ruf: o nein!) Ich war nicht zugegen (Große Unruhe), weil sowohl meine persönliche Sicherheit, als auch meine Meinungsfreiheit (Ruf: nicht wahr) gefährdet waren. In gleicher Lage waren viele meiner Meinungsgenossen. Man wird mir sagen, ich hätte auf meinem Posten bleiben können; es wäre mir nichts widerfahren.  Nein, es wäre mir nichts geschehen; Gott bewahre, gewiß eben so wenig, als dem Minister Latour; man hätte mich höchstens einfach in die Lage gebracht, meine Meinung nicht aussprechen zu können, und, meine Herren, das wäre eine indirekte Niederlegung meines Mandats, denn ich habe mein Mandat bekommen von meinen Wählern, um zu sprechen, hätte man mich nun wie es nach den Vorgängen wahrscheinlich war, stumm gemacht, so wäre das allerdings, wie ich vorher sagte, wenn gleich eine unfreiwillige Niederlegung meines Mandats gewesen. (Ruf: zur Sache. Aufregung, Ruf: ich bitte die Ordnung zu wahren.) P r ä s. Ich habe schon einmal ermahnt und ersuche noch einmal den Redner nicht zu stören, und die Redefreiheit zu wahren.

Rieger. Gegen diese Niederlegung meines Mandates haben sich aber alle meine Wähler einstimmig ausgesprochen. Man hat mich in den Reichstag geschickt, nicht um mit dem Schwerte in der Hand die Interessen meines Vaterlandes zu vertheidigen  man hat mich hingeschickt um sie mit dem Munde und dem Kopfe zu vertheidigen, und des letzteren hätte ich mich vielleicht sehr leicht entledigen können, wenn ich noch länger dageblieben, und ich gehöre nicht zu denen, die da glauben, man könne noch immer ruhig und frei berathen, auch nachdem man bereits den Kopf verloren hat. Meine Herren, ich weiß nicht ob Jemand den Muth haben wird, mir ins Gesicht zu behaupten, daß für mich und für mehrere von meinen Meinungsgenossen keine Gefahr vorhanden gewesen fei. Ich habe nicht aus Feigheit meinen Posten verlassen, aber ich habe ihn verlassen, weil ich gesehen habe, daß der Reichstag nicht frei tagen konnte unter diesen Verhältnissen, ich habe ihn verlassen, weil ich überzeugt war, daß ich meine Meinung nicht so frei und nicht mit dem Erfolge hätte aussprechen können, wie ich es gethan habe vor dem 6. October. Oder glauben Sie, meine Herren, ich hätte es wagen können den ritterlichen, freisinnigen Helden Jellachich zu vertheidigen nach dem 6. October, wie ich es vor dem 6. gethan habe? (Große Aufregung, Ruf: zur Sache! Wir wollen ihr politisches Glaubensbekenntnis nicht hören. Ruf: nicht unterbrechen.)

Brauner. Die Herren scheinen von Wien verwöhnt zu sein. Ich bitte Sie, Herr Präsident, unsere Freiheit hier zu wahren, hier ist kein Wien.

Präs Ich bitte Sie, meine Herren, wollen Sie den Redner nicht unterbrechen.

Rieger. Ich habe also diesen neutralen Boden verlassen, um abzuwarten, bis der Reichstag an einen Ort kömmt, der hoffentlich nicht in gleicher Art neutral ist. Meine Herren, erwägen Sie die Wichtigkeit dessen, was sie hier beschließen; durch die Annahme dieser Protokolle, nehmen Sie diese Protokolle als Protokolle des Reichstages an, so heißt dies die Revolution des 6. October anerkennen: es heißt dies die Anerkennung Alles dessen aussprechen, was in Folge dieser Revolution beschlossen worden ist. Meine Herren, bedenken Sie, die Consequenzen eines solchen Beschlusses. Man wird mir einwenden, die Regierung selbst habe den Reichstag anerkannt in seiner Wirksamkeit, die Regierung habe die Beschlüsse des Reichstages als solche angenommen, sie habe gut geheißen was er gethan hat. Nun, meine Herren, ich beneide Sie nicht um diese Beweisführung und Berufung auf die Gutheißung der bisherigen Regierung. Se. Majestät der Kaiser hat allerdings den Steuerbeschluss sanctioniren. Es ist dies ein fait accompli, ich will es dahin gestellt sein lassen, der Kaiser ist unverantwortlich; ich kann also das, was er gethan hat, nicht anfechten.

Aber ich frage, hat das Ministerium Weissenberg, oder besser gesagt, der Rumpf des Ministeriums Weissenberg  ich sage nur der Rumpfhart das Ministerium sich in dieser ganzen Angelegenheit durch die ganze Zeit so benommen, wie sich eine weise und kräftige Regierung hätte benehmen sollen? Meine Herren! Sie legen Gewicht auf das, was dieses Ministerium gethan hat; werden Sie selbst andere Schritte desselben nicht in gleichem Maße für sich anrufen wollen? Denn eben dieses Ministerium hat ja die Truppen nach Wien geschickt, eben dieses Ministerium hat dem Fürsten Windischgrätz den Auftrag gegeben, die Stadt Wien zu erobern, und eben in Folge der Beschlüsse dieses Ministeriums sind die weiteren Sitzungen des Reichstags verhindert worden, oder vielmehr die Sitzungen jener Fraction des Reichstages, die in Wien geblieben ist (Unruhe), denn ich erkenne ihn nicht an als solchen.

Goldmark. Ich ersuche, Herr Präsident, die Protokolle verlesen zu lassen, wir wollen doch endlich wissen, ob die Protokolle gelesen werden sollen oder nicht. (Ruf: Zur Ordnung, zur Sache!)

Rieger. Das gehört zur Sache. Ich will eben beweisen, daß die Protokolle nicht zur Sache gehören, daß die Beschlüsse die sie enthalten, nicht zur Sache dieses Reichstages, nicht zu der hohen Aufgabe gehören, die dieser Reichstag sich gestellt hat.

Dieses Ministerium hat mit einem Theile seiner Kräfte die Belagerung von Wien eingeleitet, und durch den andern Theil die Vertheidigung der Stadt unterhalten lassen. Meine Herren! Ein bedauerliches Spiel. Es ist dies ein Manöver, gerade so, wie das der Generäle in Friedenszeiten, sie lassen einen Theil der Truppen eine Stellung einnehmen und durch den andern  (Unruhe.)

Präs. Erlauben der Herr Redner,, ich sehe mich dennoch veranlaßt, Sie zur Sache zu verweisen.

R i e g e r. Auf alle diese Maßnahmen werden sie wohl kaum hinweisen können, um die Anerkennung der Regierung ersichtlich zu machen. Ich will nicht behaupten, daß es nicht Einzelne gegeben hat, die ihre Meinung frei abgegeben haben, aber gewiß hat es die große Majorität des Reichstages nicht; denn erstens war ein großer Theil des Reichstages aus diesem Grunde nicht zugegen. Die große Majorität des Königreiches Böhmen, ist nicht vertreten gewesen und zwar nicht bloß die Böhmen allein, nicht bloß die sklavischen Böhmen, auch viele Deutschböhmen haben sich nicht frei gefühlt; daß die ganze Provinz Tirol nicht vertreten gewesen Prato. Dagegen muß ich protestiren. Rieger. Also wenigstens ein großer Theil dieser Provinz. Auch ein großer Theil der anderen Länder mußte ohne Vertretung bleiben. Nun entweder sind die, welche den Reichstag verlassen haben aus bloßer Feigheit fortgegangen oder aus der Überzeugung, daß sie nicht mehr frei waren. Ich gelte, so sagt man unten meinen Landsleuten, als ein Mann von leidlichem Muth, aber ich gestehe es gern, ich habe nie den Muth gehabt 800 Spornost gegenüber zu treten und zwar um so weniger, als es deren nach verläßlichen Angaben nie über 200 gegeben hat. Ich erhielt ganz absonderliche Belege für meine Sicherheit und Meinungsfreiheit, und trotzdem zog ich es vor, nicht in Wien zu bleiben. In derselben Lage haben sich viele von meinen Collegen befunden. Unser Volk hat das, was wir gethan haben, anerkannt; es hat unser Weggehen gebilligt; unser Volk hat in hungerten von Manifestationen erklärt, daß es die Beschlüsse, die unter solchen Verhältnissen und ohne uns in Wien gefaßt wurden, nicht erkennen wolle und werde, als giftige Beschlüsse für das Königreich Böhmen. Meine Herren! Es mag nur die Minorität des Reichstages nicht zugegen gewesen sein, nur die Minorität des Reichstages hat sich bewogen gefunden Wien zu verlassen; aber, wenn jener falsche Satz, daß hinter der Minorität des Reichstages die Majorität des Volkes stehe, mit Recht Anwendung findet, so war es in diesem Falle, denn die Majorität des ganzen Volkes von Österreich, ja man kann sagen, das ganze Volk hat sich gegen diese Revolution erklärt. (Heiterkeit, links.) Allenthalben hört man den Vorwurf, daß diejenigen Mitglieder des Reichstages, die da geblieben sind, durch ihr Dableiben dieser Revolution Nahrung und einen scheinbaren Rechtsboden gegeben haben (O! O!); denn diejenigen, welche gefochten, welche sich gegen den Fürsten Windischgrätz geschlagen haben, sie haben sich geschlagen in der guten Meinung, daß sie im Auftrage des Reichstages gehandelt haben, und dadurch kam soviel Unglück über Taufende.

Meine Herren! Es ist der Würde des Reichstages angemessen, seine Beschlüsse in aller Consequenz durchzuführen und nicht abzugehen von dem, was er beschlossen hat. Wenn dies wahr ist, meine Herren, dann sehe ich nicht ein, wie Sie mich auf diesem Posten hier dulden können. Sie haben in Wien den Beschluß gefaßt, daß alle jene Abgeordneten, welche Wien verlassen haben, wenn sie nicht binnen zehn Tagen zurückkommen, ihres Mandates verlustig sind. Ich bin nun Einer von denen, die auf diesen Ruf des Reichstages; wie Sie ihn nennen, nicht zurückgekehrt sind. Es sind nach der Prorogirung des Reichstages durch Se. Majestät noch Sitzungen abgehalten worden, die Sie für gültig halten. Nun, meine Herren, da bitte ich weiter zu beschließen, daß ich und alle jene Abgeordneten, die nach zehn Tagen nicht zurückgekehrt sind. den Reichstag verlassen müssen, und daß neue Wahlen ausgeschrieben werden Ich glaube, sie würden selbst durch Ausführung dieses Beschlusses kein anderes Resultat erzielen. Es sind zwar nicht alle unter uns so glücklich, besondere Vertranüngsvota von ihren Wahlmännern erhalten zu haben (Zischen), aber ich glaube, die meisten Wahlen würden so anfallen, wie sie ausgefallen sind. Aber immerhin, man bliebe sich doch consequent. Ich bitte weiter zu bedenken, meine Herren, es ist in Wien beschlossen worden, daß keine Truppen nach Wien zugelassen werden, es ist beschlossen worden, daß die Vorgänge des Fürsten Windischgrätz ungesetzlich sind, daß er folglich rebellisch handelt, indem er gegen den Beschluß des Reichstages die Stadt belagerte.

Nun, meine Herren, wie können sie dulden, daß derselbe Fürst Windischgrätz heute noch in Wien bleibt. (Gelächter.) Wenn jener Beschluß gültig wäre, dann müßten sie vor Allem consequent darauf dringen, daß das Ministerium alle seine Kriegsgewalt versammle, um mit aller Kraft gegen diesen Rebellen zu Felde zu ziehen, ihn aus Wien zu verjagen und die unterjochte Stadt zu befreien. (Beifall von der Rechten, Zischen von der Linken.  Meine Herren, nichts über Consequenz.

Sie wissen, daß der Fürst Windischgrätz den Kommandanten des Wiener Aufstandes, Messensauser, hat hinrichten lassen, einiger anderer nicht zu gedenken Nun denn Messensauser, dieser tapfere Mann verdient alle Anerkennung, denn er hat sich brav geschlagen. (Abg. Prato: "er ist todt".) Ja er ist todt, er ist gefallen, meine Herren, für die Sache der Freiheit, ist es nicht so? (Ruf von der Linken ja, ja!) denn er ist gefallen, weil er gehandelt hat im Auftrage des Sicherheitsausschusses, nachdem er vom Reichstage ernannt war. (Ruf: vom Ministerium.) Wenn nun dieser Messenraufer in seinem Rechte war, die Stadt standhaft zu vertheidigen wenn er endlich seine Bürgerpflicht gethan hat, wie? ist dann der Fürst Windischgrätz nicht ein gemeiner Mörder? (Ruf: Ja!) und ist es nicht jetzt vor allem ihre heilige Pflicht darauf zu dringen, daß dieser gemeine Mörder standrechtlich hingerichtet werde? (Aufregung, Ruf: zur Sache!) Meine Herren, ich gehe noch weiter, Sie, die Sie alle Consequenzen des Wiener Aufstandes anerkennen, Sie müssen den Herren die sich nach München, Pesth und anderwärts geflüchtet haben, wo sie sich sicher zu sein glauben, Sie müssen ihnen für die Erhebung dieser Revolution den Dank der Nation votieren! Sie müssen den gefallenen Opfern, denn sie sind Opfer der Freiheit, ein Monument errichten, Sie müssen ihren Witwen und Waisen angemessene Pensionen dotieren, wie das die Franzosen nach den Iulitagen gethan haben! (Ausregung.) Denn sie sind gefallen für die Sache der Freiheit und wir haben ihnen zu verdanken die Errungenschaften der Revolution vom 6. Oktober, Errungenschaften, die, wenn sie sich so forthäufen, uns bald dahin bringen werden, wo wir vor dem 13. März gestanden sind. Meine Herren, bedenken Sie, wo das hinführt. Aus der kahlen Theorie läßt sich so manches herausdemonstrieren. Aber es gibt Dinge, meine Herren, die in keiner Theorie zu finden sind, es gibt Dinge, die Sie in keiner politischen Wissenschaftslehre finden werden, weder in Rau noch in Dahlmann; Dinge, die sie auch in keinem Lexikon, nicht einmahl in dem Rotteck'schen finden, welches doch sonst ein unerschöpflicher Schatz politischer Weisheit für so viele glänzende Parlamentsmitglieder zu sein pflegt. Meine Herren, es sind dieß die gewaltigen Faktoren der Verhältnisse  diese sind es, die in der Politik oft mehr beweisen, als alle Theorien. Diese wohl erwägen, das ist die rechte Staatsweisheit. Wäre dieß nicht der Fall, so könnte jeder Schulmeister, ja jeder Schuljunge, nachdem er den politischen Katechismus auswendig gelernt hätte, einen großen Staatsmann vorstellen; und doch ist er es nicht. Auf solche Faktoren, meine Herren, muß vor allem geachtet werden,.. wenn die Freiheit nicht muthwillig in Gefahr gebracht werden soll, und derjenige, der so leichtsinnig ist, sie nicht zu beachten, derjenige, der Andere durch diesen Leichtsinn ins Unglück stürzt, derjenige, der diese Faktoren vielleicht absichtlich übersieht, um Andere ins Unglück zu führen, die sich unschuldig und wohlmeinend, wie sie sind, seiner Leitung anvertrauten, der hat das zu verantworten. Ich aber und alle meine Freunde, die nicht Theil genommen haben an diesen Beschlüssen, die nicht Theil genommen haben an dieser Revolution, an dieser glorreichen Revolution (links Beifall), der wir und der Freiheit so viel zu verdanken haben, ich aber und alle meine Freunde weisen diese Verantwortung für Alles, was geschah und beschlossen wurde von uns zurück, wir wollen keinen Theil haben an dem Blute, das vergossen worden ist. Wir wollen keinen Theil daran haben, an dem namenlosen Unglücke von Wien, wir sind nicht Schuld, daß man die leichtgläubige Jugend irregeleitet hat. Schwer lastet die Schuld auf Jene, welche die edle Begeisterung eines braven Volkes für die Sache der Freiheit gemißbraucht haben zu egoistischen Zwecken, auf denjenigen, die diese blutigen Ereignisse durch ihr schmähliches Treiben veranlaßt haben; sie mögen es verantworten vor dem Richter, dessen Gewalt weiter reicht, als die des Fürsten Windischgrätz, und der auch diejenigen noch bestrafen wird, die diesem, obgleich schuldbeladener als mancher andere entgangen sind. Ich möchte nicht sitzen auf der Armensenderbank vor diesem ewigen Richter, ich will die Verantwortung aller dieser Vorgänge nicht mit übernehmen, Jene, welche alle wahrend dieser Periode getroffenen Maßregeln billigen, mögen es immerhin thun, sie mögen daher auch die Verantwortung aller diese Protokolle als gültig, als im vollen Rechte abgefasste Protokolle des Reichstages anmerken nen Dixi et salvavi animam meam. (Großer Beifall) Schuselka Ich hatte mir vorgenommen, lediglich auf die Einwendung des Abg Hellrigl zu antworten und will mich auch bloß auf diese Antwort beschranken, auf die Anklage, auf die kriminalistische, auf die Anklagen, die auf Hochverrats lauten, die der Herr Abg Rieger erhebt, indem er am Eingange seiner Rede erwähnt, er bedauere, daß Zwiespalt gesagt werde und daß er sich bemühe, jeden politischen Zwiespalt in der Kammer zu vermeiden, auf diese Anklagen zu antworten, halte ich unter meiner Würde und unter der Wurde meiner Partei (Stürmischer Beifall von der Linken und im Centrum) Was wir gethan haben, werden wir verantworten, und ich nehme keinen Anstand, jenem Richter gegenüber auf der Armensünderbank zu sitzen (Beifall)

Auf die ganz aus dein Gesetzlichen geschupsten Einwendungen des Herrn Abg Hellrigl antworte ich: Se Majestät haben am 22 das Patent erlassen, welches den Reichstag prorogirt und nach Kremsier beruft Cs ist aber darin nicht angesprochen, daß mit diesem Patente der Reichstag schon prorogirt sei, sondern  der Herr Abg wolle es nachlesen  Se. Majestat haben darin erklärt, der Präsident des Reichstages  am 22 war es an den Präsidenten des Reichstages gerichtet  möge alsbald den Reichstag prorogiren Es war also der Auftrag Sr Majestat. die Sache der Prorogirung war dem Ermessen des Reichstagspräsidenten überlassen, es war ihm überlassen, nach seinem Ermessen in Betreff der Geschaffte, die vorliegen, den Reichstag zu prorogiren Nach der Zustellung des Patentes vom 22. hat der Reichstag eine Sitzung gehalten, in welcher er in voller Beschlussfähigkeit eine Adresse an den Kaiser beschlossen und eine Deputation mit dieser Adresse an Se. Majestät nach Ollmütz gesendet hat. Diese Deputation wurde am 26 November von Sr. Majestat als eine Deputation des Reichstages empfangen und angehört. Sie sehen daher, daß diese Einwendungen widerlegt sind Se Majestät haben das, was nach dem 22. geschah, noch am 26. anerkannt, und in sofern haben wir Beschlüsse gefaßt, Sitzungen gehalten und der Herr Präsident den Reichstag erst dann prorogirt, als es unumgänglich nothwendig war. Hiermit schließe ich, und Überlasse dem Herrn Abg Brauner das Wort, um vielleicht eine ähnliche Rede noch vorzubringen.

(Beifall)

P r ä s. Der Abg. Brauner hat das Wort Brauner Was die Reichstagsverhandlungen feit dem 6 October betresst, so schließe ich mich ganz den Äußerungen meines geehrten Collegen Rieger an, und nehme mit ganz ruhigem Bewußtsein, ja ich kann sagen mit Stolz, auch jene Vorwurfe auf mich, welche von Seite meines Vorredners ergangen sind. Ich will mich aber nur auf jene Protokolle beschränken, welche seit der Zeit der Prorogation und der Verlegung des Reichstages sind aufgenommen worden. Wie uns der an das Präsidium des Reichstages gerichtete Erlaß Seiner Majestät bekannt ist, so heißt es darin: "Der Präsident, als Organ des Reichstages (mit dem jede Außengewalt, also auch selbst der Kaiser korrespondiert), hat den Reichstag alsbald zu vertagen, und der Kaiser beruft ihn nach Kremsier  Meine Herren. Ich will nicht auf die rechtliche Natur der Prorogationsfrage übergehen, es hieße unnöthiger Weise einen neuen Sturm heraufbeschworen, und es wäre unpraktisch, denn wir sind einmal hier versammelt, und ich glaube bei der Redlichkeit und Gute unseres Monarchen, vorausgesetzt, daß wir unserer Aufgabe unverrückt entgegengehen, haben wir keine Cohnflicktee, bezüglich einer Prorogation mehr zu fürchten, und ist einmal die Constitution abgefaßt und gegeben, so ist für die Zukunft auch die Prorogationsfrage normiert Ich sehe die Prorogation als einen Act der Nothwendigkeit an, als einen Act, zu dem die Regierung, wie der Herr Abg. von Tirol bemerkt hat, nicht nur das volle Recht, sondern auch die Pflicht hat, nämlich um dem Reichstage die Möglichkeit zu geben, von stürmenden Einflössen unabhängig seine Aufgabe zu vollenden. Meine Herren! diese Nothwendigkeit, ich habe zwei Beweise für sie Der erste ecelatante Beweis ist, unsere Anwesenheit auf dem neutralen und legalen Boden der maurischen Hanna; wer hat uns, meine Herren, gezwungen, hierher zu kommen? Wir sind freiwillig hierher gekommen, wir haben die Nothwendigkeit, uns für die Zeit anderswo zu versammeln eingesehen, wir haben sie subsumiert. Der zweite Beweis, meine Herren, liegt in jenen furchtbaren ernsten Maßregeln, welche genommen werden mußten gegen Wien, um in Wien selbst alsbald diesen Zustand einer möglichen freien, ruhigen Berathung herbeizuführen Meine Herren, wenn wir diese Möglichkeit leugnen, wenn wir jene Protokolle als gültige Acte des Reichstages anerkennen, was thun wir? Wir geben uns selbst und unserm Kaiser ein Dementi, und wir erkennen die Wiener Revolution, wir erkennen sie, meine Herren, wo wir über sie weggehen könnten, wir erkennen sie, mochte ich sagen, eigensinnig an Es gibt Revolutionen, meine Herren, welche auch im tragischen Ausgange ehrenvoll in der Geschichte dastehen; es gibt aber auch Revolutionen, meine Herren, von denen einmal ein polnischer Abg richtig bemerkt hat: Revolutionen machen entweder Narren oder Kinder  d h um Revolution zu machen Meine Herren, was für eine Revolution haben wir vor uns?  Wir haben eine Revolution vor uns, welche der Stadt Wien aufgedrungen wurde, aufgedrungen durch ganz fremdartige Umtriebe, und durch fremdartige Materien. (Beifall rechts) Wir haben eine Revolution vor uns, meine Herren, welche diesen fremdartigen Umtrieben die Ehre und den Wohlstand Wiens leichtsinniger Weise hingeopfert hat, meine Herren, wir haben eine Revolution vor uns, welche einzig dastehen wird in der Geschichte, eine Revolution, die in ihren Mitteln, die in ihren Motiven die schändlichste, in ihrem Zwecke die wahnsinnigste und in ihren Erfolgen die unverantwortlichste von der Welt ist Was wollen Sie, meine Herren, wollen sie zwei Protokolle des avouiren, oder wollen Sie eine solche Revolution anerkennen?  Ich habe gesprochen. (Großer Beifall und starkes Zischen)

Präs. Ich habe den Antrag gestellt, damit die Protokolle gelesen werden, mich lediglich an die Geschäftsordnung haltend, nachdem dieser Vorgang in derselben begriffen ist, und ich die Protokolle für nichts Anderes ansehe, als für die Erzahlung dessen was thaisachlich vorgefallen ist Nachdem mir aber der schriftliche Antrag übergeben worden ist

Rieger. Ich verlange die Abstimmung durch Kugelung

Präs. Der Antrag des Abgeordneten Hegl, welcher lautet: Die hohe Versammlung wolle beschließen: "Die Protokolle über die angeblichen Verhandlungen vom 28, 29, 30. und 31 October seien als Reichstagsprotokolle, für nicht bestehend anzunehmen und daher habe die Lesung zu unter bleiben, " so werde ich den Antrag zur Abstimmung bringen Wird dieser Antrag unterstutzt? (Unterstützt)

R i e g e r. Ich habe die Kugelung verlangt (Links) Wir verlangen Namensausruf

Präs. Erlauben Sie, meine Herren, ich glaube, daß dieses vor dem Schlusse der Debatte geschehen soll, ich werde gleich in der Geschäftsordnung nachsehen.

Rieger Es ist noch nicht der Schluß der Debatte. (Ja, ja !)

B r e s t e l. Er ist auf meinen Antrag begehrt worden, und ich muß sagen, daß weder die Kugelung, noch der Namensaufruf gefordert werden darf, ich verlange bloß die Ausführung der Geschäftsordnung, daß einfach durch Aufstehen und Sitzen bleiben abgestimmt werde

Präs. Ich werde gleich den Paragraph lesen.

(Thut dieses).

Ich glaube mich auch berufen zu können aus die Übung, nach welcher ein solcher Antrag nach dem Schlüsse der Debatte begehrt, zurückgewiesen wurde.

Rieger Ich bitte es heißt: "Beim Schlüsse der Debatte " Der letzte Redner hat so eben gesprochen, und ich verlange jetzt die Zügelung Ich werde den. § 78 sogleich lesen.

L o h n e r Ich ziehe meinen Antrag auf Namensaufruf zurück, und damit ist die Sache beendet.

Kanski. Ich nehme den Antrag wieder auf.

Präs. Bestehen der Abg. Rieger darauf, daß die Abstimmung durch Kugelung vorgenommen werde?

Brestel Ich muß darauf bestehen, daß zuerst abgestimmt werde, ob das Verlangen zulässig ist oder nicht, denn es ist ordnungsmäßig, daß das Verlangen bei dein Schluß der Debatte gestellt werde. Der Herr Abg. Rieger hat es aber nach Schluß der Verhandlung gestellt

Präs. Ich habe auch meine Meinung dahin abgegeben, daß die Abstimmung durch Namensaufruf oder Kugelung beim Schlüsse der Debatte verlangt werden musse Indessen ist der Antrag gestellt worden, und nachdem die Sache den Herren zweifelhaft zu sein scheint, und ich in solchen Fällen die Entscheidung immer der hohen Kammer überlasse, so will ich diese Frage zur Abstimmung bringen. Diejenigen Herren, welche der Ansicht sind, daß die Abstimmung durch Namensaufruf oder Kugelung stattfinden könne, wollen aufstehen (Majorität.)

Kanski. Ich fordere die Abstimmung mit Namensaufruf.

Präs. Die Abstimmung durch Namensaufruf hat vor der durch Kugelung den Vorrang.

Prato Ich verlange in einer anderen Sache das Wort. Ich meine, daß die Abstimmung über Vorlesung oder Nichtvorlesung eines Protokolles nicht zulässig sei, die Vorlesung der Protokolle ist Sache der Ordnung des Hauses, die Ordnung des Hauses hat aber der Präsident allein zu handhaben, da aber auch die Frage, ob ein Protokoll vorzulesen sei oder nicht, die Sache der Ordnung des Hauses ist, so hat auch der Präsident zu bestimmen, ob ein Protokoll vorgelesen werden soll, oder nicht

Präs. Ich bemerke dem Herrn Abgeordneten, daß die Debatte geschlossen ist, ich kann Ihren Antrag nicht berücksichtigen, und Ihnen keine weiteren Bemerkungen gestatten.

Prato. Einem Jeden steht es frei, gegen ein Protokoll zu reklamieren, aber die Ordnung des Hauses hat der Präsident allein zu überwachen, und diese muß gehandhabt werden, aber eine Abstimmung darüber ist gegen die Geschäftsordnung, ist ganz unparlamentarisch.

S t r o b a c h. Es ist der Schluß der Debatte über Antrag des Abg Brestel ausgesprochen worden. Ich bitte daher, diesem Beschlüsse gemäß, diesen Antrag zurückzuweisen,

Präs. Ich habe das gethan. Die Debatte ist geschlossen, der Antrag hätte früher vorgebracht werden sollen Nachdem die Abstimmung durch den Namensaufruf vor der Kugelung den Vorzug hat, so werde


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