Pondìlí 12. února 1849

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Siebenundachtzigste (XXXV.) Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages in Kremster am 12. Februar. 1849.

Tages  Ordnung. 

I. Verlesung des Protokolles vom 9. Februar 1849.

II Fortsetzung der Berathung der Grundrechte. 

Vorsitzender: Präsident S m o l k a. 

Die Ministerplatze: Leer.

Anfang der Sitzung 10 1/2 Uhr

P ras. Da die zum Beginne der Sitzung erforderliche Anzahl Abgeordneter versammelt ist, so erkläre ich die Sitzung für eröffnet. Der Herr Schriftführer Gleispach wird das Protokoll der letzten Sitzung verlesen (Schriftf. Gleispach verliest das Protokoll) Ist gegen die Fassung des Protokolls etwas einzuwenden?

Abg. Schuselka. Ich habe bemerkt, daß meine Interpellation nicht so charakterisiert war, wie es in der Überschrift derselben wörtlich heißt, aber ich muß wünschen, daß die Überschrift wörtlich in das Protokoll aufgenommen werde. Sie lautet: "Interpellation an das hohe Ministerium, betreffend die zeitweilige Befreiung der Studenten vom Militär dienste, und die gewalttätige Absentierung einiger Schriftsteller in Galizien. "

Präs. Es wird diese Berichtigung vorgenommen werden. Ist noch sonst etwas gegen das Protokoll einzuwenden?  Nachdem nichts weiter erinnert wird, so erkläre ich das Protokoll als richtig ausgenommen. Es haben die Herren Abg. Neuberg und Alexander Dziedusyczki unter Einbringung von Krankheitszeugnissen ihre Erkrankung angezeigt Ferner sind als krank angemeldet: die Abg. Motyka, Schonhanfs und Staffa. Ich habe dem Abg. Konopka einen 8tägigen Urlaub ertheilt. Es liegt noch ein Urlaubsgesuch vor, welches auf längere Zeit gestellt ist, der Herr Schriftführer Ullepitsch wird dieses Gesuch vortragen.

Schriftf. Ullepitsch Der Herr Abg. Anton Stark hat folgendes Gesuch eingebracht. (Liest:) "Hohe Reichsversammlung! Zur Herstellung meiner Gesundheit muß ich noch einer längeren ärztlichen Behandlung mich unterziehen, und ersuche daher die hohe Reichsversammlung, mir einen Urlaub von vier Wochen zu bewilligen. "

P r a s. Wünscht Niemand über dieses Gesuch zu sprechen?  Diejenigen Herren, welche diesen Urlaub bewilligt haben wollen, wollen aufstehen. (Es ist die Majorität.) Der Urlaub ist bewilliget

Es ist dem Reichstage bezüglich der Wahl des Abg. Komers ein Artenstuck nachträglich zugekommen. Ich ersuche demnach, da dieser Wahlact der 7. Abtheilung zur Prüfung mitgetheilt wurde, den Schriftführer dieser Abtheilung, dieses nachträglich eingelangte Arienstück in Empfang zu nehmen Weiterhin ist auch bezüglich der Wahl des Herrn Abg Rodoschegg heute ein Actenstück nachträglich eingelangt. Ich ersuche den Schriftführer der 5. Abtheilung, dieses Artenstuck im Vorstands  Bureau in Empfang zu nehmen.

Es sind mehrere Interpellationen angemeldet: eine vom Abg. Petranovich. Ich fordere den Herrn Abgeordneten auf, sie vorzulesen.

Abg. Petranovich (Liest:)

Interpellation an das Ministerium des Äußeren und des Handels.

Während der französischen Occupation Dalmatiens bestand in Trawnik, der Residenz des Veziers von Bosnien, ein Handelskonsulat, welches nach Reaquirung Dalmatiens von Seite Österreichs, einige Zeit forterhalten wurde, seit ungefähr 30 Jahren aber eingegangen ist. Es war ein stabiler Fehler der Diplomatie Österreichs, eben dort allen Einfluß aufzugeben, wohin sich Österreichs natürliches Schwergewicht neigte; und wir sehen daher die künstlichsten und kostspieligsten Verbindungen nach den fremdartigsten Richtungen hin angeknüpft und forterhalten, während sie dort, wo die natürlichsten Bedingungen dafür bestehen, ganz aufgegeben oder durch unglückliche Handhabung wie absichtlich verkümmert erscheinen. Letzteres gilt insbesondere von den Verbindungen mir den türkischsklavischen Ländern, die durch natürliche Lage, geschichtliche und nationale Verwandtschaft mit den österreichischen Grenzländern innigst verwandt sind. Österreich hat diese natürlichen Bedingungen zu seinem und seiner südlichen Grenzländer unersetzbaren Nachtheile noch nie gebührend benützt, während das ganz fremde und entfernte England und das minder verwandte Rußland auf ihre Vortheile und Einfluß in diesen Ländern stets wohlbedacht sind.

Eine geregelte Verbindung mit den zunächst an Dalmatien gränzenden türkischsklavischen Ländern, als Bosnien und Hercegovina, ist in mehr als einer Beziehung für Österreich wichtig:

Erstens. Weil der lange Küstenstreif Dalmatien mit dem Bedarfe mehrfacher Naturprodukte an diese nächsten überreichen Länder gewiesen ist, und von Dalmatien nach dem Innern der europäischen Türkei, in der Richtung von Ragusa nach Mostar, und von Spalato nach Trawnik und Sarajevo ein lebhafter Binnenhandel mit österreichischen Manufakturwaren, ungeachtetest aller Bloßstellung desselben fortan noch besteht.

Zweitens Weil die rein slawische Bevölkerung dieser Länder von 1, 300. 000, worunter eine Million Christen, für Österreich natürliche Sympathien hegt, ungeachtet dessen aber sowohl die dornseitigen, als die sich dort aufhaltenden österreichischen Unterthanen der Willkür und den Übergriffen der sehr geringen mohammedanischen Bevölkerung gänzlich Preis gegeben erscheinen

In Erwägung dieser Umstände und in gerechter Würdigung des mehr als freundnachbarlichen Verhaltens, welches die Bevölkerung dieser Länder gegen Österreich beobachtet hat, als dasselbe mit einer mächtigen Umsturzpartei im Innern im Kampfe stand, mit einer Umsturzpartei, die kein Mittel unversucht ließ, auch dort die Kriegsfackel zu entzünden, dürfte es eine Aufgabe sowohl der freundlichen Anerkennung, als auch der eigenen Wohlfahrtspolitik sein, eine bleibende freundliche Verbindung mit diesem türkisch  sklavischen Ländercomplere anzuknüpfen und fortzuerhalten.

Ich frage demnach das hohe Ministerium des Ausern und des Handels, ob dasselbe geneigt wäre:

E r st e n s. Das österreichische Konsulat in Trawnik in Bosnien wieder herzustellen?

Zweitens. Ein Vizekonsulat in Mostar in der Hercegovina zu errichten? und

Drittens Beide mit Männern zu besetzen, die der nationalen Verhältnisse und der Landessprache vollkommen kundig, die österreichischen Interessen natürlich und würdig zu repräsentieren im Stande wären

Präs. Es wird diese Interpellation dem betreffenden Ministerium zugemittelt werden.  Es liegt eine weitere Interpellation vom Abg. Bilinski an das Gesamtministerium vor. Ich ersuche, dieselbe vorzulesen.

Abg Bilinski (liest):

Interpellation an das Gesamt  Ministerium.

Ist das Einstehen für Aufrechthaltung der constitutionellen Rechte eines jeden Staatsbürgers heilige Pflicht, so ist es für Volksvertreter eine gebietende Notwendigkeit, eine Aufforderung an ihren Beruf, dem sie sich unter keinem Vorwande, in keinen Zeitverhältnissen entziehen dürfen, ohne sich des Verrathes an der Freiheit, an dem Staate schuldig zu machen

Wenn der Verletzung eines constitutionellen Rechtes nicht entgegengetreten wird, so folgt ihr immer eine andere nach, ein illegaler Vorgang bedingt einen ihm gleichen, bis der Rechtszustand gefährdet, geregelte Ordnung und Sicherheit in Frage gestellt wird. Die Nichtbeachtung dieser in der Geschichte aller Zeiten und aller Volker erprobten Wahrheit rächt sich durch eine Verkettung von Kahlamitaten, deren letzte und schwere Folge die Gefährdung des Staates ist.

Aber die Nichtwahrung der verletzten constitutionellen Rechte in einem Staate, der aus dem Chaos des vormärzeichen Österreichs in eine neue Gestaltung treten soll, würde wegen der um so größeren Gefahr zu einem folgeschweren, politischen Verbrechen  Als eine solche Verletzung des constitutionellen Rechtes muß ich die stattgefundene Ausschreibung der Rekrutenaushebung ohne früher eingeholte Einwilligung der hohen Kammer bezeichnen. Daß dieses große, bedeutungsvolle Recht in die Wirksamkeit des Reichstags gehöre, geht aus dem Begriffe der constitutionellen Staatseinrichtung so klar hervor, daß in allen Staaten, die sich diese Regierungsform gaben, die praktische Anwendung desselben in voller Kraft besteht. Es ist dies so über allen Zweifel erhaben, daß selbst die octroyrte Verfassungsurkunde vom 25. April 1848 die dahin einschlägige Bestimmung als eine nothwendige Folge des Konstitutionalismus auszusprechen, keinen Anstand nahm. Der § 47 dieser Verfassungsurkunde spricht es in folgenden Worten deutlich aus: "Die jährlichen Bewilligungen zur Ergänzung des stehenden Heeres, die Bewilligung zur Erhebung von Steuern und Abgaben, die Eontrahirung der Staatsschuld u. s. w. kann nur durch ein Gesetz erfolgen. "

Wird nun diese Verfassungsurkunde als die Grundlage, als der Ausgangspunkt zur Entwicklung der konstitutionellen Einrichtung, wie dieß von Seite des hohen Ministeriums selbst geltend gemacht wurde, als bindend angesehen, oder nur bloß als ein Minimum der constitutionellen Rechte, wie es andererseits gedeutet wird, betrachtet, so liegt in beiden Fällen die Verletzung der constitutionellen Einrichtung durch die angeordnete Rekrutenaushebung klar am Tage.

Hat doch das Ministerium diesen Grundsatz bei Bewilligung zur Erhebung von Steuern und Abgaben, bei Contrahirtung der neuen Staatsschuld nicht umgehen zu dürfen geglaubt,  so sollte es dieß um so mehr bei der Rekruten  Aushebung, wo es sich um ein höheres Gut, um das Blut und Leben der Staatsbürger handle, zu thun nicht unterlassen haben. Dieser antikonstitutionelle Vorgang ist um so anstößiger, als er auf das Ministerium den Schein werfen könnte, ihm sei an der Erhaltung der constitutionellen Rechte nur dann gelegen, wenn ihre Beachtung durch Erzielung eines vorgesteckten Zweckes gebothen wird, wie dieß namentlich bei der Contrahirtung der Staatsschuld der Fall sein dürfte.

In meiner Pflichterfüllung als Volksvertreter, in Wahrung der Berufserfüllung der hohen Kammer, die durch ihr längeres Stillschweigen entweder ihre sie erdrückende Unmacht, oder eine Außerachtlassung in Verfechtung einer der größten Vorrechte der constitutionellen Einrichtung beurkunden müßte, stelle ich an das hohe Gesamt  Ministerium folgende Fragen:

Erstens. Welche Gründe haben das Ministerium veranlassen können, von dem unzweifelhaften constitutionellen Rechte der Rekruten  Bewilligung gegenüber der Kammer Umgang zu nehmen?

Zweitens. Ob das Ministerium gesonnen fei, bis zur Einholung der Bewilligung von der hohen Kammer, zeitweilig die Rekrutenaushebung einzustellen?

Präs. Es wird diese Interpellation dem Gesamtministerium übermittelt werden. Es liegt noch eine Interpellation des Abg. Paul an das Ministerium des Innern und der Justiz vor. Wollen dieselbe verlesen.

Abg. Paul (liest.)

Hohes Ministerium!

Der dritte Paragraph des in Folge Reichstagsbeschlusses vom 31. August 1848 erstoßenen kais. Patentes vom 7. September 1848 lautet:

"Alle aus dem Untertänigkeitsverhältnisse entspringenden, dem untertänigen Grunde anklebenden Lasten, Dienstleistungen und Giebligkeiten jeder Art, sowie alle aus dem grundherrlichen Obereigenthume, aus der Zehent, Schutz, Vogt und (Wein) Bergherrlichkeit und aus der Dorfobrigkeit herrührenden, von den Grundbesitzungen oder von Personen bisher zu entrichten gewesenen Naturalarbeitsund Geldleistungen mit Einschluß der bei Besitzveränderungen unter Lebenden und auf den Todesfall zu zahlenden Gebühren sind von nun an aufgehoben. "

Ich erhielt nun kürzlich von einigen meiner Wähler eine Beschwerde, des Inhaltes: Daß man auf einem Dominium daselbst noch immer, und zwar selbst mit Androhung von Militär  Execution zur Leistung der Robot für das Jahr 1848 verhalten werde;  eben so werde daselbst noch der nach Paragraph 5 des erwähnten Patentes selbst ohne alle Entschädigungsliftung aufgehobene Georgi und Galligzins nebst Spinnergeld, so auch der Mühlzins gefordert.

Da Anforderungen dieser Art an die ehemaligen herrschaftlichen Unterthanen offenbar gegen den bezogenen, von Sr. Majestät sanctioniren Reichstagsbeschluß verstoßen, und nach ähnlichen in dieser Kammer bereits gestellten Interpellationen zu schließen, wohl auch anderwärts noch Statt zu finden scheinen;  da aber auch andererseits nicht in Abrede zu stellen sein dürfte, daß wegen Mangel einer genaueren Bestimmung der erwähnte Reichstagsbeschluß von manchen Contribuenten dahin ausgelegt werde, daß die Schuldigkeitsleistung etwaiger, bis zum 7. September 1848 noch laufender früherer Rückstände gleichfalls als aufgehoben anzusehen sei, mithin eine Aufklärung und genauere Bestimmung in dieser Hinsicht im Interesse aller Parteien Noth thut, so erlaube ich mir, an das hohe Ministerium der Innern die Anfrage zu stellen:

Ob dasselbe geneigt sei, durch einen hohen Ministerialerlaß den ehemaligen Dominien einerseits die Einhebung der vom 7. September 1848 an als aufgehoben erklärten Giebligkeiten zu untersagen; andererseits aber auch ihren ehemaligen Unterthanen die Leistung der früheren, bis 7. September 1848 etwa noch bestehenden Rückstände zur Pflicht zu machen?

Da mir ferner von denselben Gemeindegliedern mitgetheilt wird, daß die W i l d b a h n daselbst noch immer wie früher gehandhabt werde, und an der Wintersaat häufigen Schaden anrichte, so daß es, wie sie sich ausdrücken, ein Jammer sei, diese Saat anzusehen; so erlaube ich mir, an das hohe Justiz Ministerium die, auch bereits in einer früheren Sitzung von dem Herrn Abgeordneten für Pribram gestellte Bitte:

"Der Kammer bald möglichst ein Jagdgesetz zur Berathung und Schlußfassung vorzulegen, um so mehr zu richten, als ein solches Gesetz nicht nur in nationalöconomistischer Beziehung, sondern dermal auch zur Wahrung des Eigenthums, ja selbst zur Sicherheit des Lebens jedes Einzelnen höchst dringend erscheint.

Präs. Es wird diese Interpellation dem betreffenden

Ministerium überwiesen werden.  Der Herr Vorstand des Petitionsausschusses wünscht zu antworten auf die in der letzten Sitzung an denselben gerichtete Interpellation des Abg Kutschera.

Abg. K r e i l. Der Herr Abg. Kutschera Ant. hat in der letzten Sitzung die Anfrage gestellt, was mit der Petition des böhmischen Forstvereines wegen baldiger Erlassung zeitgemäßer Forst und Jagdpolizeigesetze geschehen sei. Ich habe nun die Ehre zu berichten, daß der Petitionsausschuss in dem Beschluß übereingekommen ist, diese Petition nach dem, dem Ausschusse eingeräumten Rechte an das Ministerium des Innern abzutreten, und daß die Petition selbst am 26. Jänner an das Vorstandsbureau abgegeben, und laut der im Vorstandsbureau eingeholten Erkundigung an demselben Tage an das Ministerium des Innern übergeben worden fei.

P r äs. Vor dem Übergange zum nächsten Gegenstande der Tagesordnung habe ich einen Antrag des Vorstandes des Ausschusses für Schulwesen und Unterricht zu verkünden. Der Antrag lautet: "Das hohe Haus beschließe die Drucklegung und Vertheilung der vom Lehrer Hermann aus Warndorf in Böhmen verfassten Denkschrift über das Volksschulwesen, noch vor der Berathung der §§. 18 und 19 der Grundrechte. " Wünscht der Herr Vorstand diesen Antrag zu begründen? 

Abg. Haimerl. Bei dem Fortschreiten der Debatte über die Grundrechte werden demnächst auch die §§. 18 und 19 an die Tagesordnung kommen, in denen die Principien festgestellt werden sollen, welche künftighin unser Schul und Unterrichtswesen beherrschen, und für die dießfällige Gesetzgebung und organische Einrichtung maßgebend sein sollen. Das hohe Haus, berufen, alle Staatsbürger gleich wirksam zu vertreten, und allen begründeten Interessen des sozialen Lebens die gebührende Rechnung zu tragen, wird gewiß auch in dieser Beziehung das Nöthige thun. Um jedoch nicht fehl zu greifen, ist vor allem eine klare Anschauung der dielfälligen Zustände nöthig. Es sitzen zwar hier in diesem hohen Haufe viele der Schule befreundete Männer; aber soviel ich weiß, war keiner der eigentlichen praktischen Schulmänner aus der Volksschule so glücklich, seinen Weg als Abgeordneter hierher zu finden, um mit der Kraft des lebendigen Wortes für seinen Stand, für sein Fach zu wirken, um die Zustände der Schule und Lehrer nach eigener unmittelbarer Lebensanschauung zu schildern, um die auf Überzeugung und Erfahrung basierten Anforderungen geltend machen zu können. Sie sähen sich veranlaßt, zu dem todten Buchstaben der Petitionen ihre Zuflucht zu nehmen, welche zwar berücksichtigungswürdige Daten in dieser Beziehung enthalten, die aber, da sie zumeist nur auf dem administrativen Wege zu erledigen sind, daher an das Ministerium geleitet werden müssen, zwar Ihren Ausschuß für Schule und Unterricht bei seiner dielfälligen Berathung informiren, aber nicht zur Kenntniß des hohen Hauses gelangen. Meine Herren, Sie haben unlängst den Beschluß gefaßt, mehrere Eingaben in christlichen und Kirchenangelegenheiten in den Druck legen, und zur besseren Information Ihrer Mitglieder vertheilen zu lassen, obgleich in Ihrer Mitte Männer sitzen, die als eifrige Arbeiter im Weinberge des Herrn gewiß mit aller Energie in die Schranken treten werden. Gönnen Sie, ich bitte Sie, dieselbe Wohltat auch der Schule und dem Lehrer. Dem Ausschuß für Schule und Unterricht liegt eine Denkschrift über die Zustände des Volksschulwesens in Böhmen und treue Wünsche enthaltend, vor, für die Hebung der Volksschulen im constitutionellen Kaiserstaate Österreich, verfaßt von einem Manne, der sich nicht nur seit länger als 20 Jahren als praktischer Schulmann mit Eifer und Erfolg verwendet, sondern sich auch theoretisch in diesem Fache gebildet, und zu diesem Zwecke im In und Auslande Reisen unternommen hat. Er hat bei Verfassung dieser Denkschrift nicht bloß die eigenen Wünsche und Erfahrungen niedergelegt, sondern er hat dabei auch dasjenige beachtet und benützt, was ihm über seine Aufforderung von Lehrern des ganzen Landes zugekommen ist; so daß also diese Denkschrift gewissermaßen als der Gesamtausdruck der Wünsche und Erfahrungen der Lehrer eines ganzen Landes angesehen werden kann, und vermöge ihres Inhaltes geeignet ist, auch demjenigen ein beiläufiges Bild von den Zuständen der Schule zu verschaffen, der sich diesem Fache nicht besonders gewidmet hat. Ich erlaube mir daher, im Namen des Ausschusses für Schule und Unterricht auf die Drucklegung dieser Denkschrift und Vertheilung derselben noch vor der Debatte über die §§. 18 und 19 umsomehr anzutragen, als ich in den früher erwähnten Eingaben der Episkopate gelesen habe, daß sich die Kirche einen Einfluß auf Schule und Lehrer vindicire, gegen welchen die Lehrer ihrerseits nach meiner unmaßgeblichen, weil nur individuellen Ansicht aus guten Gründen ankämpfen (Beifall), und weil ich als Jurist ein treuer Anhänger des Satzes bin und bleibe: " Audiatur et altera pars" (Beifall.)

P r ä s. Wird dieser Antrag des Ausschusses für Schule und Unterricht unterstützt? (Es erhebt sich fast die ganze Versammlung.) Die Unterstützung ist so zahlreich, daß ich glaube, im Grund des §. 53 der Geschäftsordnung, nachdem der Gegenstand bloß formeller Natur ist, von der Drucklegung des Antrages abgehen, und sogleich dieses Memorandum drucken lassen zu dürfen. (Ruf: Ja! Ja!) Den nächsten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Fortsetzung der zweiten Lesung der Grundrechte, namentlich die Berathung über die §§. 13, 14, 15. In dieser Beziehung habe ich dem hohen Haufe eine Eröffnung zu machen.

Der Constitutionsausschuß hat in der gestrigen Sitzung beschlossen, mehrere Petitionen, welche diese kirchlichen Angelegenheiten betreffen, auf den Tisch des ConstitutionsAusschusses zur Einsicht der Mitglieder des hohen Hauses aufzulegen.

Nachdem mehreren Petitionen der Episkopate wegen der hohen Wichtigkeit diese Berücksichtigung zu Theil wurde, daß sie gedrückt und an die Mitglieder des hohen Hauses vertheilt wurden, diese Petitionen aber, welche jetzt im Constitutionsausschusse aufliegen, sowohl den Gegenstand im Allgemeinen behandeln, als auch auf diese gedruckten und bereits vorliegenden Petitionen der Episkopate sich beziehen, so glaubte der Constitutionsausschuß die beschlossene Auflegung dieser Petitionen zur besonderen Kenntniß des hohen Hauses bringen zu müssen, und diese Petitionen zu verkündigen. Ich werde daher dem hohen Hause anzeigen, welche auf die zunächst zur Berathung kommenden Paragraphe der Grundrechte Bezug habenden Petitionen auf dem Tische des ConstitutionsAusschusses zur Einsicht aufgelegt wurden:

R. T. Nr. 703. Der gesamte Klerus der Leobner und Sekauer Diözese bittet um Berücksichtigung folgender Punkte: 1. Freiheit der Kirche vom Staate. 2. Freiheit des katholischen Cultus. 3. Freiheit des Unterrichts und der Erziehung. 4 Freiheit der Gestaltung und Begründung religiöser Vereine. 5. Hinwegfallen des bevormundenden Hindernisses durch welches Placet. 6. Nichteinziehung der Kirchengüter. 7. Freie Verwaltung der Güter, Besitzungen und Einkünfte. 8. Abänderung der und Concursprüfungen.

R. T. Nr. 198. Die Erzpriester des Täschner Kreises bitten durch das führsterzbischöfliche Generalvikariat der zustehenden Täschner Diözese um die völlige Freiheit und Unabhängigkeit der Kirche vom Staate, sowohl in der Lehre als Disciplin, in der innern und äußeren Verwaltung, in allen Consequenzen dieses Rechtszustandes.

R. T. Nr. 3099. Die Gemeinden Alt und Neukammer, dann Thöllersdorf in Schlesien bitten, von obiger Petition, zu welcher die Geistlichen Unterschriften durch alle möglichen Mittel beitrieben, nicht Notiz nehmen zu wollen.

R. T. Nr. 3695. Vorstellung des Erzbischofes von Wien und der Bischöfe von Linz und St. Pölten gegen die §§. 15, 16, 18, 19, 20 der alten Fassung der Grundrechte.

R. T. Nr. 4335. Vorstellung des Katholikenvereines in Linz gegen die der Kirche feindseligen §§. der Grundrechte.  Sodann liegen 32 Petitionen vor um Emanzipation der Juden, und 4 Petitionen gegen Emanzipation der Juden.

Ferner unter R. T. Nr. 3540. Vorstellung des tirolischen Landtags gegen eine alleinfällige Bestimmung der Staatsverfassung, kraft deren nicht durch das katholische Religionsbekenntnis zur Ansiedlung in Tirol berechtigt werde.

R. T. Nr. 1734. Mathias Mižak, Bürger in Prag, überreicht durch den Abg. Hauschild Bemerkungen gegen die Petition der Katholiken Prags und Böhmens um die Freiheit der Kirche. Diese Petitionen liegen auf dem Tische des ConstitutionsAusschusses zur Einsicht für die Herren Abgeordneten bereit. 

Wollen Herr Berichterstatter die Lesung der §§. 13, I4 und 15 vornehmen.

Abg. Rieger (liest). §. 13. Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens und der öffentlichen Religionsübung gewährleistet. Verbrechen und Vergehen, welche bei Ausübung dieser Freiheit begangen werden, sind nach dem Gesetze zu bestrafen.

§. 14. Keine Religionsgesellschaft (Kirche) genießt vor andern Vorrechte durch den Staat. Niemand kann zu religiösen Handlungen und Feierlichkeiten überhaupt, oder insbesondere zu den Verpflichtungen eines Cultus, zu welchem er sich nicht bekennt, vom Staate gezwungen werden.

§. 15. Die Verhältnisse zwischen Staat und Kirche, namentlich in Beziehung auf das Kirchenvermögen und die Wahl der Kirchenvorsteher, sowie die Bedingungen, unter welchen Klöster und geistliche Orden fortzubestehen oder aufzuhören haben, werden durch besondere Gesetze bestimmt.

Präs. Es haben sich bezüglich der Generaldebatte folgende Herren als Redner eintragen lassen, und zwar gegen: die Herren Bielecki, Kratochwill, Halter, Szaszkiewicz, Prato, ZiemiaIkowski, Micewski und Löhner. Dafür: die Herren Call, Szábel, Kral Anton, Brestel, Tomek, Wiefenauer, Klaudi, Kudlich, Borrosch, Dilewski.

Es sind bezüglich der §§. 13, 14 und 15 bereits mehrere Anträge vorgelegt worden. Ich will das hohe Haus befragen, ob ich die Anträge jetzt verlesen soll, damit vielleicht die über alle Paragraphe redenden Herren Abgeordneten gleich darauf Bedacht nehmen könnten? (Mehrseitiger Ruf: Bei der Specialdebatte!) Ich bitte, meine Herren, es scheint hier ein Widerspruch stattzufinden.

Abg. Brestel. Ich glaube, es wird die Generaldebatte bedeutend erleichtern, wenn wir die einzelnen Amendements über die 3 Paragraphe bereits kennen, es nimmt wenig Zeit weg und erleichtert Debatte.

Präs. Der Abg. Borrosch hat das Wort.

Abg. Borrosch. Ich bin gerade der gegentheiligen Meinung; die Generaldebatte stellt die Principien auf, die werden viel kürzer, viel sicherer, viel weniger weitschweifig und möglichen Wirrnissen ausgesetzt sein, wenn man sie rein erhält von der Specialdebatte, folglich bin ich auch gegen das Eingehen in die Specialamendements.

Präs. Der Abg. Prato hat das Wort.

Abg. Prato. Ich wollte dasselbe sagen, was der Herr Vorredner gesagt hat; die Debatte bewegt sich nur um die Principien und die Amendements und Anträge werden ohnehin bei der Specialdebatte erörtert werden müssen, weil dieß bei der Generaldebatte nicht der Fall sein kann, darum wäre es nur Zeitverlust, wenn die Zusätze und besonderen Anträge bei der Generaldebatte vorgebracht werden sollten.

Präs. Der Abg. Hein hat das Wort.

Abg. Forscher. Schluß der Debatte.

Abg. Hein. Aus ganz praktischen Rücksichten stimme ich dafür, daß die bereits eingebrachten Amendements wenigstens verlesen (Ja), und zur Kenntniß der Redner gebracht werden. (Ja.) Ich war selbst gesonnen, an der Generaldebatte mich zu betheiligen; als ich aber schon so viele Redner eingeschrieben fand, so habe ich darauf verzichtet. Aber schon in meiner Vorbereitung für die Generaldebatte habe ich die Notwendigkeit gefühlt, auf gewisse Amendements, die mir außer dem Haufe bekannt wurden, einzugehen, weil sie Principien enthalten haben, die nicht so direct in dem Entwurfe, der uns vorliegt, ausgesprochen sind. Es ist unvermeidlich, daß man sich in der Generaldebatte über Principien ausspricht, und Principien können eben so gut auch in einzelnen Amendements enthalten sein, und jeder Redner in der Generaldebatte würde ohne vorgelegte Amendements seine Rede nicht so einrichten können, als er sie eingerichtet hätte, wenn er diese Amendements gekannt haben würde. Es ist dieß von großer Wesenheit, und wird die Generaldebatte um nichts erschweren oder verlängern, es kann den Rednern in der Generaldebatte dieß nur zum Vortheil dienen. (Vielseitiger Ruf: Schluß der Debatte.)

Abg. Brauner. Ich bitte in formeller Beziehung ums Wort. Die Amendements mögen verlesen, aber erst dann die Unterstützungsfrage gestellt werden, nachdem über den Paragraph abgestimmt sein wird.

Präs. Wird der Antrag auf Schluß der Formaldebatte unterstützt? (Unterstützt.) Diejenigen Herren, die dafür sind, wollen aufstehen. (Majorität). Der Schluß ist angenommen. Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß die schon eingebrachten Amendements verlesen werden sollen, wollen sich erheben. (Geschieht.) Es ist die Majorität. Ich werde nun die Anträge so vorlesen, damit sie allenfalls nachgeschrieben werden können.  Zum §. 13.

Abänderungsantrag des Abg. Sidon: Statt dem Worte "des Glaubens" zu setzen: "des religiösen Glaubensbekenntnisses. "

Von dem Abg. Strasser: "Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens und jeder Gemeinde einer vom Staate anerkannten oder die Anerkennung erwirkenden Religionsgesellschaft (Kirche) das Recht der öffentlichen Übung ihres Gottesdienstes gewährleistet.  Jede neu entstehende Religionsgesellschaft ist nach den rücksichtlich der Vereine überhaupt aufgestellten Grundsätzen zu behandeln. Die Bildung kirchlicher Gemeinden solcher Religionsbekenntnisse, welche bisher noch nicht in allen Theilen (Provinzen) des Staatsgebietes vorkommen, wird durch ein besonderes Gesetz geregelt. "

Des Abg. Ingram: "Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens und der Religionsübung gewährleistet. Zur öffentlichen Ausübung eines in der Gemeinde noch nicht öffentlich bestandenen Cultus bedarf es der Zustimmung der Gemeinde. Dieses Recht der Gemeinden findet jedoch in den Landesgesetzen seine Beschränkung. " (Bewegung.)

Vom Abg. Hellrigg: "Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des religiösen Bekenntnisses und der Gottesverehrung, und jeder vom Staate anerkannten Religionsgesellschaft die Freiheit der gemeinsamen öffentlichen Religionsübung gewährleistet. "

Dieser Antrag ist eventuell gestellt zum Antrag des Abg. Ingram, für den Fall nämlich, als der Antrag des Abg. Ingram verworfen werden sollte. Er beantragt auch zugleich die Auslassung des letzten Satzes des Antrages des Abg. Ingram.

Der Abg. Hawelka beantragt, nach dem Worte: "Glaubens" soll eingeschaltet werden: "innerhalb der im §. 12 enthaltenen Bestimmungen, auch die der" das heißt: es würde der Paragraph dann lauten: Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens innerhalb der im §. 12 enthaltenen Bestimmungen, auch die der öffentlichen Religionsübung gewährleistet. " Demnach sind die einzuschaltenden Worte folgende: "innerhalb der im §. 12 enthaltenen Bestimmungen, auch die der. "

Der Antrag des Abg. Trummer und zwar zum ersten Absatz des §. 13 lautet: "Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens, und jeder vom Staate anerkannten Religionsgesellschaft die Freiheit der öffentlichen Religionsübung gewährleistet. "

Der Antrag des Abg. Rulitz lautet: "Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens, die öffentliche Religionsübung aber nur einer vom Staate anerkannten Religionsgesellschaft, nach Maßgabe der Landesgesetze gewährleistet. "

Der Abg. Lhota beantragt bloß: "Den zweiten Absatz des Paragraphes gänzlich wegzulassen. "

Der Antrag des Abg. Michelivitturi lautet: "Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens und der öffentlichen Religionsübung gewährleistet, insofern diese Freiheit der öffentlichen Religionsausübung nicht die Rücksichten verletzt, die man der römisch  katholischen Religion schuldig ist, (zu welcher sich die Mehrzahl der österreichischen Staatsbürger und das Kaiserhaus bekennt.) Diese Rücksichten sollen durch ein besonderes Gesetz bestimmt und geregelt werden. "

Der Antrag des Abg. Helcel: "Die Freiheit


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