Pondìlí 12. února 1849

Ich gebe gerne zu, daß es für den gegenwärtigen Moment bequemer wäre, die bisherige Beaufsichtigung der Kirche durch den Staat fortbestehen zu lassen. Der Übergang von dem bisherigen Zustande zu den Neugestaltungen konstitutioneller Freiheit ist besonders bei uns, da er so plötzlich entstand, mit großer Schwierigkeit verbunden; es läßt sich nicht läugnen. Allein, sollten wir deshalb uns beirren lassen in dem großen Werke der politischen Wiedergeburt? Ich glaube, nein! Ich behaupte aber dann, daß die Emanzipation der Kirche gleichsam den Schlussstein bildet, damit das neue Gebäude Festigkeit und Haltung erlange.

In England war vor nicht langer Zeit noch der Ruf: "kein Papsttum, " allgemein, die katholische Kirche verfolgt und verhasst. Seit einigen Jahren genießt sie in England dieselbe Freiheit, wie andere Religionsgesellschaften, die nicht zur bischöflichen Kirche gehören, und sie gedeiht lebenskräftig auf eine wahrhaft überraschende Weise. Das praktische England wittert darin keine Gefahr für seine Existenz und Selbständigkeit; es bilden sich immer mehr religiöse Vereine daselbst, die Bischöfe oder Oberhirten verkehren mit dem Papste, sie erlassen Sendschreiben an ihre Gemeinden, ohne die vorläufige Genehmigung der Regierung einholen zu müssen.

Belgien, auf welches der verehrte Herr Vorredner schon hingewiesen, das Land der freisinnigsten Verfassung, hat den Grundsatz der vollkommenen kirchlichen Freiheit ausgesprochen. Haben Sie vielleicht gehört, daß Belgien dieser Freiheit willen nun dem Verderben nahe sei, daß es der Verfinsterung entgegen eile? Der König von Preußen hat in der jüngst seinem Lande octroyrten Verfassung ebenfalls diesem Grundsatze gehuldigt, und doch wissen wir, daß Preußen in früherer Zeit eben nicht einer zu großen Vorliebe für die katholische Kirche geziehen werden konnte, daß in den vereinigten Staaten von Nordamerika dieser Grundsatz der kirchlichen Freiheit die ausgedehnteste Anwendung finde, ist bekannt.

Manche besorgen, daß, wenn sich das Verhältniß der Kirche zum Staate im Sinne constitutioneller Freiheit gestalten sollte, dieses eine große Verlegenheit für die katholische Kirche wegen der Geldmittel zu Folge haben werde, die sie für ihren Cultus bedarf. Ich sehe aber darin keine so große Schwierigkeit, denn einmal bestehen allenthalben genügende Stiftungen, dann, wo diese nicht ausreichen sollten, bietet der Religionsfond, welcher seinen ursprünglichen Bestimmungen ohne schreiender Rechtsverletzung nicht entzogen werden kann, eine ergiebige Aushilfe. Zu dem zähle ich auf die werktätige Unterstützung der Gläubigen, die, wenn es sich darum handelt, sei es die Würde ihres Cultus, sei es den anständigen Unterhalt der Diener der Kirche sicher zu stellen, gewiß nicht zurückbleiben werden. Denn ich bin überzeugt, daß, wenn das Princip der Freiheit der Kirche ausgesprochen und ganz durchgeführt wird, ein weit regeres, kräftigeres Leben in derselben sich entfalten werde, als bisher, wo Gleisnerei, Zwang, Indifferentismus, wie ein giftiger Hauch dasselbe verkümmerte.

Mag auch mancher aus der katholischen Kirche ausscheiden, die treu gebliebenen Mitglieder wird ein viel kräftigerer, jugendlicherer Geist beseelen, und dieß müssen wir Alle sehnlichst wünschen, die es mit dem Wohle der Menschheit redlich meinen, die wünschen, daß das religiöse Gefühl erstarke, daß die Religion, welche die reinste, erhabenste Sittenlehre prediget, und die allein die schroffen Gegensätze des Lebens zu versöhnen vermag, im Volke immer tiefere Wurzeln schlage. Wo dieser Grundpfeiler fehlt, da ist Freiheit und Völkerglück eine Lüge, da droht Umsturz, da gähnt uns der Abgrund der Anarchie und Verwilderung entgegen. Unsere sturmbewegte Zeit gibt uns nur zu beredte Zeugenschuft, wohin die Völker gelangen, wenn sie die Altäre des Christenthumes niederstürzend, der Vernunft Altäre bauen. Woher soll Achtung vor den Gesetzen und vor den Organen, welche dieselben handhaben, kommen, wenn man aller Autorität Hohn spricht, wenn Jeder nur befehlen, und Keiner gehorchen will, wenn Jeder nur Recht, aber keine Verpflichtungen anerkennt, weil Jeder sich souverain und Gott dünkt?

Gegen diese zersetzende Theorie gibt es, man sage, was man wolle, kein wirksameres Mittel, als die Belebung des religiösen Sinnes. Diese kann aber nach meiner Überzeugung nur dann mit Zuversicht erwartet werden, wenn man der Kirche die volle Autonomie in allen Beziehungen gewährt. Das ist denn auch der Wunsch der Kirche, das ist das Begehren des Episkopates; Sie können diese Wünsche, ohne mit sich selbst in Widerspruch zu gerathen, nicht unerfüllt lassen. Bedenken Sie die schweren Folgen, die daraus hervorgehen würden, wenn Sie nicht darauf eingehen, wenn Sie dem katholischen Episkopate, der katholischen Kirche Anlaß zu gerechten Beschwerden über unverdiente Bevormundung und Zurücksetzung und misstrauische Behandlung geben sollten. Das Episkopat weist das Geschenk der bisherigen Begünstigungen, die nach meiner Ansicht in der Folgezeit auch nie mehr in dem Umfange gewährt werden können, von sich, weil es an die lästige Bevormundung geknüpft ist, der bisher die Kirche unterlag, und die ihre Würde, ihr Ansehen, ihren Einfluß beeinträchtigte. In dieser Beziehung glaube ich Sie, meine Herren, auf eine Wahrnehmung hinweisen zu sollen, die ich zu machen Gelegenheit hatte, und die zur Unterstützung meiner Ansicht dient. Unsere Regierung spendete dem Elerus des losbardisch  venezianischen Königreiches große und viele Wohltaten,  hat sie dafür einen Dank geerntet? Nein,  und die Ursache davon liegt vorzugsweise darin, daß sich an diese Liberalität ein verletzendes, bis in das kleinste Detail gehendes Bevormundungssystem, wie es selbst unter der Zwingherrschaft Napoleons ungekannt war, knüpft. So ist es denn gekommen, daß der dortige Klerus nicht etwa erst feit ein paar Jahren, sondern schon feit Jahrzehenten, statt der Regierung freundlich gesinnt zu sein, ihr fremd und misstrauisch gegenüber stand, und daher ist es auch gar nicht Wunder zu nehmen, wenn bei dieser Stimmung des Klerus derselbe nirgendwo eine Hand erhob, um der Revolution in ihrem Gange Einhalt zu thun. Ich schließe also mit der Bitte meines Herren Vorredners, daß es dem hohen Haufe gefällig sein wolle, im Interesse der Kirche, wie des Staates, die volle Autonomie der Kirche in allen Beziehungen auszusprechen, und in den Grundrechten durchzuführen. (Bravo.)

Präs Das Wort hat nun der Herr Abg. Kratochwill.

Abg. Kratochwill. Wenn man das inhaltschwere Riesenblatt der Weltgeschichte aufrollt, und hier den unzähligen vom Würgengel der Menschheit tief eingegrabenen, blutgefärbten Denkmälern der bald hier bald dort grausam hingeschlachteten Völker begegnet,  Denkmäler, die ununterbrochen an einander sich reihen, und zwischen welchen hindurch eine engbeglänzte Oase,  die teuere Erinnerung an den durch Waffengeklirr ungestörten, seltenen Vollgenus des segensreichen Friedens, den herrlichen Aufschwung der Künste und Wissenschaften wie ein ruhiges Silberbächlein durch todatmende Sandwüsten sich windet; so drängt es unwillkürlich, zu den Grabsteinen näher hinzutreten, deren Inschrift die fluchbeladenen Urheber der grausam und unschuldig gefallenen Opfer nennt. Nimmersatte Eroberungssucht  so ruft das erste, so rufen die nächsten Epitafia einstimmig alle dem Pilger zu begrub kaltblütig Taufende hier, und schon läßt er dieselbe Künde auch bei den andern vermutend, gleichgültig den Blick über die nächsten Grabsteine gleiten, als plötzlich ein Monument, unansehnlich und klein, mit einem Kelche geziert, über welches eine Trauerweide klagend sich herabsenkt, seinen Schritt seine Aufmerksamkeit fesselt: Fremdling!  so mahnt die Schrift von diesem Steine ihn gehe und künde den Völkern, wohin Unverstand und ein unglückseliger, schlecht begriffener Eiser, mich, die göttliche Lehre den Menschen gewaltsam aufzudringen, führte. Nicht das bluttriefende Schwert, welches man mir aufgedrungen, sondern die Liebe ist es, welche zum menschlichen Herzen den Pfad mir anbahnen sollte. Als Himmelsbotin kam sie, den Menschen glücklich und selig zu machen, und wurde in den Händen der Tyrannen zur Sclavin, zum Mittel manches furchtbaren Blutbades sie gemacht. Sie, die den Frieden zu predigen gesandt war, wurde zur Kriegsposaune gebraucht. Die Religion, sie ist eine Pflanze, die nur im Freien, und nicht in Treibhäusern gedeihen, und sich vollkommen entwickeln kann. Was Konstantin zu ihren Gunsten beschlossen, hatten seine Nachfolger zu ihrem Nachtheile mißbraucht.  Jeder Staat, der in Glaubensund Gewissensangelegenheiten unberufen sich mischt, macht sich des strafbarsten Eingriffes in die heiligsten Rechte, in das heiligste Eigenthum des Menschen schuldig. Was hier im Innern vorgeht und sich regt, darüber hat der Mensch nur Gott allein Rechenschaft zu legen. Nur wenn der Glaube nach außen sich ausprägt und äußert, steht es dem Staate zu, darüber zu wachen, daß die Religionsübung demselben nicht gefährlich werde. Dieses Recht, diese Wahrheit hat auch unser Constitutions  Ausschuß vollkommen aufgefaßt, ja er ist vielleicht weiter, als rathsam war, gegangen, indem er durch den §. 13 in Vorhinein jeder Secte und jedem Cultus, unbekümmert um deren Principien und Tendenzen, einen Freiheitsbrief erteilte, und deren Unterdrückung nur an Vergehen und Verbrechen, welche unvorsichtiger Weise bei der öffentlichen Religionsübung begangen sein dürften, geknüpft hatte. Aber es steht mir jetzt nicht zu, bei der Generaldebatte umständlicher darauf einzugehen, übrigens glaube ich, hat der Ausschuß dieses selbst erkannt, und fühlt sich daher veranlaßt, das im §. 13 zugestandene Zuviel durch das im §. 15 gewährte Zuwenig ausgleichen zu müssen. Ich muß aufrichtig gestehen, daß ich in diesen Paragraphen die dem Ausschusse sonst eigentümliche Consequenz vollkommen vermisse. Warum ist der Constitutions  Ausschuß von der früheren Fassung, welche nicht nur liberaler, sondern auch gerechter und consequenter durchgeführt war, abgegangen? Sollte er etwa durch die in den Abtheilungen dagegen erhobenen Stimmen dazu bewogen worden sein?

Dieß scheint mir aber nicht wahrscheinlich zu sein. Ich wüßte es mir wahrlich nicht zu erklären, wie man, nachdem im §. 12 das Assoziationsrecht anerkannt, nachdem im §. 14 vor dem Staate und durch den Staat alle Religionsgesellschaften gleichgestellt worden sind, im §. 15 bei der Übergehung der andern die katholischen Kirche allein dem anatomischen Messer zu überantworten für nöthig erachten konnte, würde das allerdings beachtenswerte Vermögen derselben mir nicht einigen Aufschluß darüber geben. (Zischen.) Aber es ist ein in allen constitutionellen Staaten anerkannter Grundsatz, daß die vom Staate garantierten Kirchen volles Recht haben, Eigenthum zu erwerben und zu besitzen. Soll wohl die österreichische, diese so liberale Kammer soweit hinter den andern zurückbleiben, um sich einer Ungerechtigkeit schuldig zu machen?  Das Eigenthumsrecht ändert seine Natur nicht, mag es ein Einzelner oder eine ganze Gesellschaft besitzen. Dieses hat der Staat selbst anerkannt, da er das Eigenthum der Gemeinden, der Städte und der Vereine achtet. Die katholische Kirche hat ihr Vermögen durch rechtmäßige Titel erworben. Nehmen Sie ihr dasselbe, und werfen Sie es in den unabsehbaren, bodenlosen Abgrund des Staates, so verschwindet es spurlos für die Kirche und den Staat, und die Erhaltung des Cultus und Klerus würde den Staatsbürgern schonungslos aufgebürdet.  So wie weiter die freie Bildung der Association in Frage gestellt, illusorisch wäre, wenn es nicht jedem Vereine frei stehen sollte, seine eigenen Vorsteher selbst zu ernennen, eben so würde in den Organismus der Kirche störend eingegriffen, wenn es dem Staate vorbehalten wäre, die Vorsteher derselben zu bestimmen und einzusetzen. Was die Klöster endlich anbelangt, so hat nur die Kirche, der sie allein angehören, über ihr Sein oder Nichtsein zu entscheiden, und der Staat kann nur dann die Aufhebung dieses oder jenes Ordens dekretieren, wenn dessen Tendenzen rechtswidrig und staatsgefährlich geworden sind. Nehmen Sie, meine Herren, diese Paragraphe, wie Sie uns vorliegen, an, nehmen Sie den §. I5 an, wie er uns vorgelegt worden ist; und Sie würden sich nicht nur mit den vorangegangenen Paragraphen, sondern auch mit sich selbst in einen grellen Widerspruch setzen, indem Sie das, was Sie zu verfechten berufen sind  die Freiheit  hier plötzlich negieren, denn Sie würden dadurch alle Rechte der Kirche mit Füssen treten, und den Staat in ihrer Behausung zu einem despotischen Hausherrn machen, der mit ihren Interessen nach Willkür schalten und walten könnte, und dieses wollen Sie, dieses können Sie nicht wollen. Hinweg denn also mit dem unschlüssigen, Pharaonischen Zögern; ein neuer Moses, der Geist der Freiheit schwingt hoch den Zauberstab, und klopft und schlägt unaufhaltsam an das Thor, und fordert ungestüm die Freilassung der lange geknechteten Kirche. Was braucht es noch eines besonderen Gesetzes, welches die Verhältnisse zwischen Kirche und Staat zu bestimmen hätte; Staat und Kirche sind zwei von einander unabhängige autonome Institutionen, die zu einander im Coordinationsverhältnisse stehen. In der Aufhebung der von dem Staate über die Kirche geübten Bevormundung ist das Verhältniß festgestellt. Machen Sie die Kirche frei, und es wird diese, dem kleinsten Samenkrönlein entsprossene Pflanze bald in einer nie gesehenen Pracht aufblühen und üppig wachsen, und kühn sich empor zum Himmel schwingen und ihre Bekenner segnen. Machen Sie frei von dem scharfen Messer der Staatszensur, und ihre abgeschnittenen Zweige werden nicht mehr zum Zündstoffe des Scheiterhaufens verzehrender Flammen werden.

Präs. Es hat das Wort der Herr Abg. Szábel. 

Abg. Szábel. Meine Herren, als der Odem der Freiheit von Westen wehend das Herzblut der Völker durchglühte, als sie nach einem langen, traurigen Schlafe sich ermannend die Dämonie verjagten, welche im Staatskleide und Priesterrocke die Thore der Erkenntnis selbstsüchtig verschlossen hielten, als die Völker in dem selbst durch Knechtschaft und Verdummung unauslöschbaren Bewußtsein der Menschenwürde die Ketten brachen, mit welchen politischer und geistlicher Absolutismus die politische und religiöse Entwicklung dar niederhielten, als die schwarze Binde von den Augen siel und die so lange Getäuschten sich am Rande des geistigen und materiellen Verderbens erblickten, da ward man sich auch der Übeln und der Ursachen tief bewußt, und das Wort Glaubensfreiheit stand mit Flammenschrift unter den ersten Postulaten der Völker  Glaubensfreiheit um des Glaubens willen, um die Religion, diese edle, sittliche und geistige Grundlage der Gesellschaft vor dem Verderben zu retten. (Beifall.)

Meine Herren, dieser Ruf kam damals nicht von der Kirche, nicht von den Episkopaten her (Beifall), er kam aus dem Münde des Volkes ohne erkünstelte Petitionen, ohne andere Anregung, als die des erwachten natürlichen Rechtsgefühles, als die erste freie Blüthe jener ewigen Wahrheiten von Liebe und Brüderlichkeit, welche wahres Christenthumin das Menschenherzpflanze (Bravo), und die da fortlebten trotz den Einflössen des Jesuitismus (Bravo, Bravo). Es ist nun unsere Aufgabe, in Österreich die Glaubensfreiheit zu gründen. sie einzubürgern, wir werden diese Aufgabe, wenigstens soweit es in unfern Kräften steht, unbekümmert, welches Schicksal unsere Werke, die Grundrechte, treffen wird, lösen. Der §. 13 spricht den obersten Grundsatz der Glaubensfreiheit aus, und gewährleistet das Recht der freien Religionsausübung. Der §. 14 schließt sich der Idee, welche im vorhergehenden Paragraphe vorherrscht, consequent an, consequent auch in allen jenen Grundsätzen, welche wir über die Gleichheit der Staatsbürger, über die Aufhebung der Standesvorrechte in früheren Paragraphen niedergelegt haben. Der §. 14 spricht von Gleichheit der Religionsgesellschaften, der Kirchen.

Die §§. I3 und 14 sind so natürlich, meine Herren, daß man darüber wirklich wenig sprechen kann, sie sind so fest, innig und untrennbar mit der Idee der Freiheit und Gleichheit verbunden, daß man sie nicht anfechten kann, nicht zu vertheidigen braucht. Ich übergehe auf die wichtige Frage, nämlich auf die Frage der Emanzipation der Kirche, auf den §. 15, welcher so viele Petitionen des Episkopats hervorgerufen hat, und werde aus dem Standpunkte eines Laien die Frage behandeln.

Als der Ruf nach Freiheit Österreichs fernste Gauen durchflog, als er an den Palästen der Bischöfe, an den Mauern der Klöster und Stifter, keinen Widerstand anerkennend, die Lauferstehung des Geistes mächtig verkündete, da erzitterte die durch tausendjährige Herrschaft sich gesichert haltende Hierarchie. (Bravo.) Und als sie

Nein  oder eine den Anforderungen der Zeit entsprechende organisirte Synode? (Beifall.)  Nein, die Bischöfe, die Bischöfe allein!  Wenn dieß geschähe, meine Herren, dann bedenken Sie die Consequenzen. Nach den kirchlichen Gesetzen ernennt dann der Bischof seine Räthe, er vergibt Canonicate und hungerte von einträglichen Pfarreien, und kann sich in den Bevorzugten eine Legion von blind ergebenen Dienern bilden, deren Anstellung, Absetzung rein seiner Willkür überlassen wäre, und wenn einmal durch ein Versehen oder Zufall ein freisinniger Priester zu einem Amte gelänge, so wäre er auf Gnade und Ungnade geliefert. (Bravo). Seine Absetzung, ja seine Freiheit hängt nur von seinem Obern ab. Er kann diesem Drucke durch den Ausritt aus der Diözese nicht entgehen, denn keine andere nimmt ihn ohne Empfehlung auf; er kann diesem Drucke durch Austritt aus seinem Stande nicht entgehen, denn sein Gelübde hält ihn auf ewig festgebannt; er kann diesem Drucke, meine Herren, nicht einmal entfliehen, denn eine planmäßig angelegte Erziehung hat in ihm den Staatsbürger getödtet, und ihn zu jedem andern Lebensberufe unfähig gemacht. (Beifall.) Bedenken Sie nun, meine Herren, den Einfluß, welchen die Bischöfe durch eine solche Legion von Priestern, welche ihnen mit Leib und Seele auf Lebenszeit überliefert wären, ausüben könnten.

Ich mache Sie darauf aufmerksam, daß in Österreich bei 80 Bischöfe sind, denen ein Heer von 25  30 Tausend geistliche Personen unterordnet würde; diese garnisonirren nicht nur in den großen Städten und Festungen, sie haben ihre Standaartiere in den tiefsten Tälern und auf den höchsten Bergen (sehr gut). Altar, Kanzel und Beichtstühle stehen ihnen zu Gebote, um in dem anbefohlenen Sinne auf das Volk einzuwirken, und Sie wollen die Hierarchie emanzipieren? (Beifall). Meine Herren, der Rechtsstaat hat die Bureaukratie vernichtet, oder ich hoffe, er wird sie vernichten. (Bravo! Bravo!) Die Bureaukratie hatte ihr Netz über den Staat geworfen, und sich an dein Mark des Volkes gemästet. Der Bureaukrat war jedoch dem Staatesuntergeordnet, erwarvom Staate angestellt, und der Staat konnte einen gefährlichen Beamten entfernen. Hie und da gab es selbst unter dem alten Systeme Beispiele solcher Gerechtigkeit. Die Hierarchie, meine Herren, will jedoch den Staat nicht anerkennen, sie leitet ihre Macht, ihre Anstellung vom heil. Geiste, von dem kanonischen Gesetze ab. Die Hierarchie hat aber mehr, als die Bureankratie je hatte, ihre Sendlinge in jedem Pallaste, in jeder Hütte  ihr Einstuss ist unberechenbar. Sie nimmt den Menschen schon in der Wiege in Empfang und geleitet ihn bis an das Grab, und Sie wollen die Hierarchie emanzipieren? (Bravo!) Meine Herren, ich achte die Kirche, ich achte den geistlichen Stand, ich zolle die innigste Verehrung der Kirche, wenn sie die Kirche im Sinne ihres göttlichen Gründers und Lehrmeistars ist (Beifall); ich zolle die innigste Verehrung dem Priester, wenn er ein Priester im wahren Sinne des Wortes ist. Allein in d e r H i e rarchie erkenne ich weder die Kirche noch den Priester (Beifall), sie gibt sich für die Kirche ans, ist aber nichts anders, als eine durch Jahrhunderte künstlich geschaffene absolute Gewalt, ein Staat im Staate, ein Staat, dessen Oberhaupt und unverantwortliches Ministerium in Rom ihren Sitz haben  u n d Sie wollen die Hierarchie emanzipieren? (Großer Beifall.)

Die zweite Folge der Freiheit der Kirche wäre, daß der Staat gar keinen Einfluß mehr ausüben könnte auf die Bildung und Richtung der Geistlichkeit; bisher konnte er wenigstens durch Prüfung und Anstellung der Professoren verhindern, daß nicht eine Kaste in einer den Staatszwecken gefährlichen Richtung herangezogen werde. Nun will sich aber die Hierarchie dieser Anstalten, auf welche sie bisher schon einen großen Einfluß befass, ganz bemächtigen. Sie will in die Jugend ihre Grundsätze ungeschmälert hineinpflanzen, damit sie durch einen herangebildeten Clerus dem Volke um so sicherer eingeimpft werden; damit Jesuiten und Consorten einen stets dankbareren Boden fänden für den Samen der Zwietracht, damit die Kluft zwischen der hohen Geistlichkeit, dem minder gebildeten Volksheile einerseits und den sogenannten gebildeten Ständen andererseits immer mehr und mehr erweitert werde. (Bravo.) Meine Herren, wenn Sie wollen, daß Ihre Kinder schon im zarten Alter von jesuitischen Grundsätzen vergiftet werden, wenn Sie wollen, daß der Konfessionshader in die Gemeinden, ja in die Familien verpflanzt werde, wenn Sie wollen, daß in Österreichs ländlicher Bevölkerung der Keim zur zweiten blutigen Austage des letzten Schweizer Jesuitenkrieges gelegt werde, so emanzipieren Sie die Kirche. (Beifall.)

Der dritte Grund, warum das Episkopat nach der Freiheit ruft, ist das Kirchenvermögen. Sie kennen die Bedeutung dieses Vermögens, dessen jährlicher Ertrag mit Zuziehung der Beiträge aus dem Religionsfonde über 20 Millionen beträgt. (Hört!) Die Aufsicht des Staates über das Kirchenvermögen und dessen Verwendung ist schon lange ein Dorn im Auge aller Kirchenobern. Sie wollen dieses Vermögen im Sinne der kanonischen Gesetze, deren Geber und Ausleger sie selbst sind, und welche ihrer Willkür wenig Schranken setzen, allein und selbstständig verwalten, damit sie sich auch in dieser Richtung dein reformierenden Einstuss der Gegenwart um so leichter entziehen können. Meine Herren, ich weise mit Entschiedenheit den Vorwurf zurück, welchen ein Redner vor mir der Kammer zu machen wagte, als wenn uns vielleicht das Kirchenvermögen, dessen Einziehung zu Staatszwecken veranlassen sollte, gegen Emanzipation der Kirche zu sprechen (Beifall); allein die ungleichmäßige Vertheilung dieses Vermögens, wo es neben den überreichen Stiften bettelarme Kirchen gibt, wo es neben Bischöfen mit 100000 bis 300000 Gulden Einkünften, Pfarrer mit 300 Gulden und Kapläne gibt, die entweder am Hungertuche nagen, oder gegen die Würde des geistlichen Standes von den Gnadengaben der Gemeindemitglieder leben müssen (anhaltender Beifall)  dieses himmelschreiende Unrecht, welches den Lehrsätzen wahren Christenthumes Hohn sprechend, die Priester unter sich auf so verschiedene Stufen stellt (Beifall), und bei so enormen Einkommen das Schauspiel des geistlichen Proletariats aufstellt; diese Ungerechtigkeit liegt im Systeme der Hierarchie, und sie wird auch im emanzipierten Zustande eben so wenig davon abweichen, wie sie seit Jahrhunderten etwas gethan hat, um eine Ausgleichung auch nur anzubahnen. (Bravo.)

Es ist überflüssig, meine Herren, auf die Gefahren hinzuweisen, welche für den Staat erwachsen könnten, wenn eine absolut organisirte und dabei ihren Sondertendenzen folgende Hierarchie die Verwendung eines so großen Einkommens unbewacht selbst bestimmt. Nebst den Gefahren würde aber auf diesem Wege die Kirche immer mehr und mehr nach innen durch Wohldienerei, nach außen durch Geldgier demoralisiert, sie streckt jetzt schon die Hand nach dem Religionsfonde aus, und reklamiert ihn als ihr Eigenthum. Erbschleicherei, Anlockung zu Spenden und sonstige künstliche Erwerbsmittel dauern fort, Reichtum und ewig Reichtum bleibt ihr beständiges Ziel. Die Aufgabe des Priesters, die Seelsorge geht in diesen materiellen Bestrebungen unter, und die Kirche kommt um den letzten traurigen Ubertrieft ihres Ansehens. (Beifall)

Das Fortbestehen der geistlichen Orden und Klöster ist mit der Emanzipationsfrage ebenfalls und innig verbunden. Diese Anstalten, meine Herren, haben sich zum großen Theile, ich möchte sagen, mit Ausnahme derer, die wirklich humanen Zwecken, der Krankenpflege gewidmet sind, überlebt (Bravo); ihre einstige Bestimmung, die Kunst und Wissenschaft zu wahren und zu pflegen, gehört jenen Jahrhunderten an, wo Kunst und Wissenschaft der Zufluchtsstätte bedürften; gehörte jenen Jahrhunderten an, wo die Geistlichkeit an Bildung wirklich voraus war; allein Kunst und Wissenschaft tragen ihr erhabenes Haupt schon lange frei und offen einher. Wozu noch Klöster, in denen der Geist nicht mehr gebildet, wohl aber häufig vergiftet wird? wozu noch Klöster, in denen Arbeitsscheue und Bigotterie nicht selten ihre Heimat suchen und finden? Sollen aber dennoch Klöster bestehen, so dürfen sie der Aufsicht nimmer entzogen werden.

Meine Herren, viele Übelstände sind Ihnen zu bekannt, als daß ich Ihre Zeit mit der Aufzählung in Anspruch nehmen sollte. Ich mache Sie aufmerksam auf die Anwerbung von Zöglingen, wo trotz den vorsorgenden Gesetzen ein wahrer Seelenhandel stattfindet; auf die Professen, wo die Zöglingen, besonders weiblichen Geschlechtes durch planmäßig einseitige Erziehung, durch Absperrung, durch Hemmung des Verkehrs, selbst mit ihren Ältern, zum Ordensleben verlockt, überredet werden, und indem vorgeschriebenen urteilfähigen Alter als Opfer derlei Künste den unwiderruflichen Schritt unbewusst thun. Ich habe Ihnen, meine Herren, die wesentlichsten Hebel bezeichnet, welche meiner Ansicht nach das Episkopat zum Rufe nach Freiheit veranlassen. 

Ich habe dabei nichts übertrieben, meine Schilderung blieb von der Wirklichkeit weit zurück, ich schwieg von dem geheimen Treiben so mancher Religionsgesellschaften, ich schwieg von den Vergittern des Familien und Völkerglückes; so manche Gefahr bliebe noch zu bezeichnen übrig, die sich dem denkenden, dem fühlenden Menschenfreunde in einer Zeit drohend darstellt, wo das Streben der Völker so sehr nur nach materiellem Wohlstand gerichtet ist, und wenn auch dieses Streben durch die großartigen Ereignisse der Gegenwart in den Hintergrund gedrängt wird, so tritt es bei den ruhigen Momenten immer hervor. Wenn man bedenkt, daß bei dieser Richtung die edlen und geistigen Eigenschaften vernachlässigt werden, wenn man bedenkt, daß sie nun gar in die Hände der feindlichen Hierarchie geliefert werden sollen, kann man sich der Wehmut und des Schmerzes nicht erwehren. Meine Herren, der neue Staat hat eine große Aufgabe: die Verbesserung, die Veredlung der Gesellschaft; und hat die Hierarchie unter dem absoluten System die Bevormundung aus Selbstsucht getragen, muß sie unter dem neuen Staate im Interesse der Menschheit, im Interesse der Freiheit noch ertragen. (Beifall) Meine Herren, glauben Sie ja nicht, daß ich nach allen dein Gesagten ein für allemal gegen die Emanzipation, gegen die Freiheit der Kirche bin, daß ich den Staat zu ihrem ewigen Vormunde bestellen will. Meine Herren, den Petitionen der Episkopate soll gewallfahrt werden, aber in einem höhern Grade und in einer für die wirkliche Freiheit der Kirche wirksameren Weise, als sie es verlangt haben. Frei soll die Kirche werden, so frei, wie die Republik der freien Gemeinde; frei soll die Kirche werden, aber nicht unbedingt, und nicht dann, wenn die Kirche von Häuptern regiert wird, welche unter dem absoluten Systeme, an den Brüsten der Hierarchie groß gezogen würden. (Bravo.) Frei soll die Kirche werden, aber nicht unbedingt, und infolange nicht, bis die Hierarchie, diese gefährliche Nährmütter, unter dein reformierenden Einflusse der Gegenwart dahinsterbend, der kirchliche Absolutismus nicht vernichtet ist (Beifall); infolange nicht, bis nicht eine den


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