Pátek 23. února 1849

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Dreiundneunzigste (XLI.) Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages in Kremsier am 23. Februar 1849.

Tages-Ordnung.

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 22. Februar 1849.

II. Wahl des Präsidenten, der beiden Vicepräsidenten und der Ordner.

Vorsitzender: Präsident Smolka.

Die Ministerplätze: Leer.

Anfang der Sitzung 10 1/2 Uhr.

Präs. Die zum Beginne der Sitzung erforderliche Anzahl Abgeordneter ist versammelt. Ich erkläre die Sitzung für eröffnet. Der Schriftführer Streit wird das Protokoll der gestrigen Sitzung verlesen.

Schriftführer Streit. (Liest das Protokoll von der Sitzung am 22. Februar 1849.)

Präs. Ist bezüglich der Fassung des Protokolls etwas zu erinnern? - Da nichts eingewendet wird, erkläre ich das Protokoll als richtig aufgenommen. Es ist der Wahlact des Abgeordneten Franz Teltschik eingelangt; der Herr Abg. ist der 9. Abtheilung zugelos't worden, und ich ersuche den Schriftführer der ersten Abtheilung, diesen Wahlact im Vorstands-Bureau zu erheben. Der Vorstand des Petitionsausschusses ersucht, morgen um 10 Uhr Früh sich zu versammeln. Es sind einige Interpellationen angemeldet worden, und zwar eine vom Abg. Fluck. Wollen der Herr Abgeordnete die Interpellation selbst Vorlesen.

Abg. Fluck. (Liest:)

Interpellation des Reichstagsabgeordneten für Gottschee Dr. Fluck an den Herrn Finanzminister.

Im Jahre 1844 wurde die Grundsteuer in der Provinz Illirien nach dem neuen Kataster umgelegt, wodurch besonders der Neustädtler Kreis, und in diesem zumeist der Bezirk Gottschee in der Grundsteuer gesteigert wurde, so zwar, daß der Bezirk Gottschee nun gerade das Doppelte an Grundsteuer zu entrichten hat, als er vordem bezahlte. In Folge der gegen diese Ueberbürdung eingelegten Vorstellung haben Se. Majestät eine Superrevision der Katastralschätzung für den Neustädtler Kreis angeordnet, und späterhin für jene Contribuenten, welche bei dieser neuen Steuerumlage eine Erhöhung der Steuerquote von mehr als 100 Percent betraf, eine 25 percentige Zufristung bewilliget. Da der Bezirk Gottschee, wie schon erwähnt, im Ganzen wirklich um 100 pCt. höher kam, so wurde von der Bezirksobrigkeit bei der Landesstelle das Ersuchen gemacht, daß die 25 percentige Zufristung dem Bezirke überhaupt zugestanden werden möge; allein die Landesstelle fand sich nicht bestimmt, dieselbe zu ertheilen, oder höheren Orts zu erwirken, sondern besteht darauf, daß die Nachweisung der 100 pereentigen Erhöhung von jedem einzelnen Contribuenten geschehe, wenn er sich der 25 percentigen Zufristung bis zum Resultate der angeordneten Superrevision der dortigen Katastralschätzung erfreuen soll, und gab zu diesem Ende einen dreimonatlichen Termin, welcher mit Ende des Monats Februar abläuft, nach dessen fruchtlosem Verlauf die Contribuenten sonach die executive Einbringung der gesammten Steuerquote zu gewärtigen haben. Eine solche individuelle Nachweisung ist aber mit ungemeiner Schwierigkeit verbunden, weil der gegenwärtige Besitzstand von dem Josephinischen ganz verschieden ist, sehr viele Grundstücke ein gemeinschaftliches Eigenthum sind, und gemeinschaftlich besteuert werden, was früher nicht der Fall war, es folglich an der Grundlage einer comparativen Zusammenstellung, nämlich an der Gleichheit des Besitzstandes vor und nach der Einführung des neuen Katasters gebricht. Wäre diese Nachweisung aber auch unschwer zu liefern, so würde die Behandlung der Contribuenten nach detn vorangegebenen Grundsatze in vielen Fällen von der Art seyn müssen, daß deren comparative Gerechtigkeit einzusehen dem Volke rein unmöglich seyn würde; denn wenn Derjenige, dessen Grundsteuerquote um 100 Pct. erhöht ward, eine Zufristung von 25 Pct. erhält, während sein Nachbar, dessen Steuererhöhung vielleicht nur 99 Pct. betrug, zur ganzen Steuerzahlung executive gezwungen werden soll, so wäre es allerdings nicht leicht, dem Volke die Gerechtigkeit und Billigkeit dieses Verfahrens begreiflich zu machen. Der Contribuent weiß, daß er überbürdet ist, er weiß, daß die Regierung diese Ueberbürdung anerkannte, er weiß, daß seine Grundsteuer in Folge der angeordneten und bereits vorgenommenen, aber, soweit bekannt, noch nicht höheren Orts genehmigten Schätzungsrevision um wenigstens! 30 Percent herabgesetzt werden wird, daß diese Herabsetzung aber nur von der Lösung einer Aufgabe abhängt, welche den Behörden obliegt; wie drückend muß es ihm daher fallen, zumal in einem so höchst unfruchtbaren Bezirke, wie jener von Gottschee, mittlerweile eine, als überspannt bereits anerkannte, höhere Steuerquote bezahlen zu müssen. Ich frage daher den Herrn Finanzminister, ob er nicht auf die unverzügliche Erledigung des vorgedachten Schätzungs-Revisionsoperates hinwirken, zugleich aber der illirischen Landesstelle noch vor Auslauf des Monats Februar die Anordnung zukommen lassen wolle, im Bezirke Gottschee mit der zwangsweisen Einhebung des vierten Theiles der gegenwärtigen Grundsteuer mittlerweile inne zu halten.

Präs. Diese Interpellation wird dem betreffenden Ministerium zugemittelt werden. Eine weitere Interpellation ist angemeldet vom Abgeordneten Joseph Neumann an das Ministerium des Innern. Wollen der Herr Abgeordnete die Intetpellalion selbst vorlesen?

Abg. Neumann. (Liest:)

Interpellation des Abg. Dr. Joseph Neumann.

Daß die Vorspanns- und Einquartirungslasten, welche einzelne Theile des Landes und seine Bevölkerung tragen müssen, nicht die einseitigen Zwecke dieses Landestheiles, sondern jene des Gesammtvaterlandes zu erreichen und zu fördern bestimmt sind, ist unbestreitbar; darüber einen Beweis zu führen, wäre ganz müßig. Wenn irgend eine Gegend von jenen Lasten ausschließlich, oder überhaupt nur mehr als eine andere heimgesucht wird, so muß nach der vorausgeschickten Wahrheit die unmittelbare Folge eines solchen Vorkommens eine Unbilligkeit, ein Unrecht, ja auch eine harte, möglicherweise bis zum Unerträglichen gesteigerte, es kann sogar eine die bürgerliche Existenz einzelner Staatsbürger gefährdende Ungerechtigkeit seyn. Daß administrative Uebelstände, welche bis zu solch ausartendem Uebermaße führen, so schnell wie möglich abgestellt werden müssen, dürfte zu bestreiten Niemand Lust haben, weil Niemand jene Folgen ungleichartiger, bloß im blinden Zufalle waltender Beanspruchung der materiellen Mittel zur Erreichung des Staatszweckes in ihrem ungerechten Fortbestande festhalten zu wollen geneigt seyn kann. Indem ich im Begriffe stehe, die nachfolgende Interpellation zur Kenntniß des hohen Ministeriums zu bringen, bin ich der zuversichtlichen Hoffnung, dasselbe werde um so eher geneigt seyn, mir seine Billigung zu gewähren, als ich gegen eine Unbilligkeit und Ungerechtigkeit ankämpfe, welche nicht vereinzelt, sondern vielfältig in mehreren Theilen des österreichischen Staates vorkömmt. Diejenigen, welche bisher darunter gelitten, müssen mit mir wünschen, von einem bedrückenden Unrecht sich in baldiger Zukunft befreit zu sehen, diejenigen aber, welche bei dem bisherigen Verfahren im Vortheile gewesen, können und werden nicht gegen mich seyn, weil sie den aus ungerechter Bedrückung ihrer Brüder ihnen erwachsenden unsauberen Gewinn niemal verlangt und nicht gewollt haben. Ein Umstand ist für meine persönliche Beziehung zu der angeregten Sache von ganz besonderm Belange. Ich bin nämlich in den Reichstag gesendet von einem Wahlbezirke, welcher seit einiger Zeit wie gar kein anderer unter dem Drucke der Ueberbürdung erseufzt. Zwischen zweien Endpunkten einer durch den Sömmering mit einer Wegesstrecke von vier Stunden unterbrochenen Eisenbahn gelegen, muß dieser Bezirk dulden, was die außerordentliche Bewegung einer Eisenbahn mit ununterbrochenen Angriffen von beiden Seiten an ihm entladet. Alle Truppenmärsche ziehen der wohlfeileren und noch mehr der schnelleren Beförderung wegen von den Seitenstraßen der Eisenbahnlinie zu, und auf dieser einmal angelangt, müssen sie für die Strecke von Gloggnitz bis Mürzzuschlag über den Sömmering von den Angehörigen meines Wahlbezirkes übernommen, und mit der Einquartirungsso wie der Vorspannslast getragen werden. Die Verhältnisse dort berechtigen mich zu der Behauptung: daß die ungerechte und unbillige Bedrückung meiner Committenten ohne Beispiel und von der außerordentlichen Beschaffenheit sei; und man mag mir erlauben, hinzuzufügen: daß der Bezirk, von welchem ich hier zu sprechen die Ehre habe, ein Gebirgs-, d. h. kein wohlhabender, sondern ein solcher sei, in welchem der Landmann im Schweiße seines Angesichtes sich nährt. Um mit Einem Male Alles zu sagen: die in meiner Hand befindlichen, von dem betreffenden Commissariate mir auf mein Ersuchen gegebenen Nachweisungen beziffern die im Militär-Jahre 1848 vorgekommenen Kosten an Einquartirung und Vorspann für diesen in bescheidener Armuth sich bewegenden Bezirk mit nicht weniger als mit 24689 fl. 15 kr. C. M,, was nicht nur an sich, sondern auch im Vergleiche mit den anderweitigen Zuständen das grobe, unduldbare, geradezu erbarmungslose Unrecht augenfällig darstellt, indem hier die Last volle 100 Pct. des Steuergulden ausmacht, während in Steiermark, wo dieselbe Last vom ganzen Lande getragen wird, nur 1 Percent des Steuergulden dafür entfällt, ja hier in Oesterreich manche Gegend gleichzeitig noch geschonter, oder ganz frei von der bezeichneten Leistung ausgeht, während selbst in den Zeiten des Friedens die Last hier sich auf 8 und mehr Percent des Steuerguldens gesteigert hat. Hielte ich mich berufen, für die Abhilfe selbst Anträge zu stellen oder Vorschläge zu machen: so würde ich auf diejenigen Provinzen hinweisen, in welchen, wie z. B. in Steiermark und Tirol, das ganze Land die es in seinen einzelnen Theilen treffende Last im Repartitionswege trägt, und dieser durch eine Verpachtung an den Mindestfordernden in abgetheilten Bezirken vorbereitet wird. Auch würde eine umständlichere Besprechung der Sache mir den Anlaß geben, noch viele mittelbare Nachtheile aus dem bisherigen, geradezu verwerflichen Zustande zu entwickeln; ich würde die Aufmerksamkeit mir erbitten, für den an sich schon mehr als gehässigen Umstand, daß meines in Rede stehenden Bezirkes vorspannspflichtige Insassen auch drei Tage zu dem Ende verderben müssen, um dorthin zu gelangen, wohin sie für die Vorspannsleistung gerufen werden, und wieder zurück, was — so unglaublich es scheinen mag, doch die einfachste Aufklärung findet in dem Umstande: daß aus der Landkarte, über die der Finger des Beamten glatt wegrutscht, der Bezirk abgegrenzt wurde, während des Bauern Gespann und Wagen der Bergesschlucht sich entwindend in allerlei Krümmungen den unverrückbar feststehenden Alpenfelsen ausweichen muß in großen Strecken, ich würde ferner hinweisen auf den nachtheiligen Einfluß für den Viehstand, die von diesem abhängige Dungkraft und die Bewirthschaftung des bäuerlichen Grundbesitzes, sich ergebend aus dem nothgedrungenen Wunsche: bei der Last der Vorspannsleistung sich nicht betheiligen zu müssen, ich würde sagen: es gebe dem Vernehmen nach sogar eine Militäreinquartirung zu Finanzzwecken, indem das zur Verstärkung der Finanzwache an den Provinzgrenzen verwendete Militär auch bei dem Bauer der Gegend nach den für das Militär bestehenden Vorschriften einquartirt wird u. s. w. Doch muß ich solcher Anführungen mich enthalten und nur noch bemerken: es habe zwar ein Erlaß des Ministeriums des Innern vom 30. November 1848, Nr. 5218, eine billige Entschädigung dem von mir vertretenen Wahlbezirke auf Grund einer kreisweisen Abweichung für die Vorspannsleistungen zugesichert, dieß aber scheine mir keineswegs und um so weniger befriedigend, weil diese Zusicherung zugleich als eine "ausnahmsweise" bezeichnet, und auch als solche Ausnahme wieder nur ausnahmsweise diesem einzigen Bezirke ertheilt worden ist.

Ich stelle dem Gesagten zu Folge an das hohe Ministerium des Innern die folgenden Fragen:

1. Ob dasselbe die bisherige Zuweisung der Vorspanns- und der Einquartirungslast in Niederösterreich für billig und gerecht halte? Sohin, und wenn diese Frage, wie ich hoffe, verneinend beantwortet werden wird,

2. ob, was, und wann das Ministerium zu verfügen gedenke zum unverzüglichen Aufhören des gerügten, einzelne Landestheile und Staatsangehörige ungemessen und schonungslos bedrückenden Unrechtes?

Präs. Diese Interpellation wird dem Ministerium des Innern übermittelt werden. Es liegt noch eine Interpellation vor, nämlich jene des Herrn Abg. Palacky. Er wird dieselbe selbst vorlesen.

Abg. Palacky. (Liest:)

Interpellation an das t. k. Gesammt-Ministerium.

Am 15. März 1848 ist das Kaiserthum Oesterreich in die Reihe freier constitutioneller Staaten eingetreten, indem an jenem Tage Se. Majestät Kaiser Ferdinand den Völkern Oesterreichs eine "Constitution des Vaterlandes" unter Berücksichtigung der besondern "Provinzial-Verfassüngen" zusicherte, und dieser allgemeinen Zusicherung am 8. April desselben Jahres zunächst für das Königreich Böhmen, sodann aber in dem Patente vom 25. April für einen größen Theil des Gesammtstaates, und zwar namentlich für sämmtliche, gegenwärtig in dieser hohen Kammer vertretenen Länder einen bestimmteren Ausdruck gab. Schon dadurch war den Völkern dieser Länder das unbezweifelte Recht zugestanden, über ihre künftigen Geschicke in Vereinigung mit ihrem Landesfürsten selbst zu entscheiden, und hinfort keinen andern Gesetzen zu gehorchen, als zu welchen sie auf verfassungsmäßigem Wege ihre freiwillige Zustimmung ertheilen. Durch die weiteren Patente vom 16. Mai. dann 1., 3. und 6. Juni 1848 wurde "die Feststellung der Verfassung" unseres Gesammtvaterlandes den Vertretern desselben allein anheimgestellt, und zu diesem Behufe "der erste österr. Reichstag als ein constituirender erklärt, damit das von Sr. Majestät "begründete Werk durch die, kluge und kräftige Mitwirkung der Abgeordneten dieses Reiches eine den Interessen desselben entsprechende Wirklichkeit" werde, ohne daß "dabei der überwiegenden Meinung der österreichischen Völker Schranken gesetzt" seyn sollen. Dieser "constituirende Reichstag" ist nun unterm 6. Juni vorigen Jahres nach Wien und in Folge der beklagenswerthen Octobetereignisse weiter hieher nach Kremsier berufen. Dieser und nur dieser Reichstag stellt sonach "den gesetzlich ausgeprägten Gesammtwillen der Völker Oesterreichs dar, mit welchem Hand in Hand zu gehen Se. k.k. Majestät fest entschlossen zu seyn" erklärte. Daß inzwischen auch Wahlen für das Frankfurter Parlament in einigen Ländern Oesterreichs ausgeschrieben wurden, das vermochte, so sehr es besonders bei der Unklarheit des Zweckes einer anderweitigen Volksrepräsentation befremden mußte, doch an den wohlbegründeten Rechtsverhältnissen, so wie an der Competenz der hier tagenden Versammlung offenbar nichts zu ändern. Von dieser Ueberzeugung durchdrungen schrieben wir, meine politischen Meinungs- und Stammgenossen so wie ich, diesen Vorgang auf Rechnung der damaligen Wirren, und unterließen es bisher absichtlich, denselben in dieser hohen Versammlung zur Sprache zu bringen, um die mannigfachen Schwierigkeiten der Regierung nicht noch zu mehren; wir unterließen es um so mehr, als auch die gegenwärtigen verantwortlichen Räthe der k. k. Krone bei ihrem Amtsantritte in der ersten Ansprache an den constituirenden Reichstag die beifällig aufgenommene Erklärung abgaben, daß Sie "die constitutionelle Monarchie aufrichtig wollen, deren Wesen und gesicherten Bestand aber in der gemeinschaftlichen Ausübung der gesetzgebenden Gewalt durch den Monarchen und den Repräsentantenkörper Oesterreichs erkennen." — "Die Begründung eines neuen Bandes, das alle Lande und Stämme der Monarchie zu einem großen Staatskörper vereinigen — eine Verfassung, welche die verschiedenen Stämme in voller Gleichberechtigung umschließen soll — dieß sei das große Werk, welches der Regierung im Einverständnisse mit den Völkern obliegt;" — "deßhalb werde es erst, wenn das verjüngte Oesterreich und das verjüngte Deutschland zu neuen und festen Formen gelangt sind, möglich seyn, ihre gegen seitigen Beziehungen staatlich zu bestimmen." Se. Majestät der regierende Kaiser Franz Joseph der Erste hat diese Zusagen namentlich in Hinsicht der Integrität des Kaiserstaates und der Gleichberechtigung aller Nationen desselben bei Höchstseiner Thronbesteigung wiederholt und bestätigt. Allein jetzt, wo das Frankfurter Parlament mit den Ansprüchen, auch in die Verfassung Oesterreichs maßgebend einzugreifen, je länger je offener und nachdrücklicher auftritt, wo diplomatische Agenten der österreichischen Regierung es außerhalb Oesterreich laut verkünden, diese Regierung habe ihre Ansichten in der deutschen Frage geändert, jetzt, wo dieselbe Regierung neue Wahlen nach Frankfurt auch in denjenigen Ländern ausschreiben läßt, wo sich der Volkswille längst entschieden dagegen ausgesprochen hat, wenn die österreichische Regierung in ihren Erklärungen die Annahme der Frankfurter Beschlüsse für sich allein, ohne Verweisung auf den österreichischen Reichstag in Aussicht stellt, und dabei neuerdings in eine Sonderung der sogenannten "deutschen Länder" von "Nicht-Deutschen" eingeht, und nachdem diese Frage ohnehin von einer andern Seite dieser hohen Versammlung hier bereits zur Sprache gebracht worden ist, kann auch ich im Einverständnisse und nach dem Wunsche meiner politischen Meinungsgenossen nicht umhin, in diesen durch so grelle Widersprüche immer tiefer sich verwickelnden Verhältnissen im Interesse — nicht meiner Committenten und meines speciellen Vaterlandes allein, sondern im Interesse sowohl von ganz Deutschland als von ganz Oesterreich das Wort zu ergreifen, und vorläufig um die Aufklärung einiger Hauptpunkte dieser Verhandlung von Seite des hohen Ministeriums anzusuchen.

Die von jeher dunkle Frage über die Art, wie Oesterreich sich an Deutschland "innig anschließen" soll, ist durch die vielbesprochene Note des österreichischen Cabinets vom 4. Februar um nichts klarer, sie ist im Gegentheil noch verwickelter geworden. Nur so viel scheint mir daraus deutlich hervorzugehen, daß Oesterreich dieser Note gemäß eine deutsche Macht seyn will, und es zugleich nicht seyn will. Ich beklage diesen Widerspruch, diesen Dualismus um so mehr, je größer die Gefahren sind, die daraus nicht bloß für Oesterreich, sondern auch für Deutschland entstehen müssen. Eine staatsrechtliche Vereinigung und Verschmelzung Oesterreichs mit Deutschland zieht meiner Ansicht nach nichts Geringeres nach sich, als die moralische Auflösung und Vernichtung beider Staaten, indem dann jeder dieser Staaten bestimmt ist, die politischen Grundlagen des andern zu untergraben.

Die Idee, auf der allein der österreichische Staat fortan fest ruhen und gedeihen kann, ist die volle Gleichstellung und Gleichbertchtigung aller unter dem Scepter seines Kaisers seit Jahrhunderten vereinten Volksstämme; die ausschließliche Suprematie oder besondere Bevorzugung irgend Eines Stammes müßte den Staat in die Länge aus seinen Fugen reißen. Im Gegensatz dazu gründet sich der werdende deutsche Einheitsstaat ausdrücklich auf die deutsche Nationalität allein, die er zu wahren, zu einigen, zu kräftigen und zu möglichst hoher Macht im Innern und nach Außen zu erheben berufen ist. Im Falle der Vereinigung wird einerseits das Streben der Deutschen durch das ihm aufgedrungene Gegenwicht von 30 Millionen Nicht-Deutschen gelähmt, andererseits würde das Dogma der nationellen Gleichberechtigung in Oesterreich zu einer hohlen Phrase herabsinken. Der Deutsche kann wohl in Oesterreich, nicht aber der Slave, Italiener oder Magyar in Deutschland sich heimisch fühlen; denn Jener steht hier im Bunde gleichberechtigter Brüder frei, und wenngleich nicht bevorrechtet, so doch vom Schicksal mannigfach begünstigt da, diese aber könnten sich kaum des Bewußtseyns erwehren, daß ihnen in der großen Staatsfamilie nur die Stellung von Bastarden zugemuthet wird. Ich weiß wohl, daß Oesterreich einen althergebrachten Einfluß in Deutschland zu wahren und nicht leichtsinnig zu opfern hat; doch die Zeiten des Einflusses durch äußern Zwang sind, so Gott will, für immer vorüber, und der politische so wie der moralische Einfluß Oesterreichs auf Deutschland wird auch in einer bloß völkerrechtlichen Verbindung um so größer und gesicherter seyn, je weniger unser Cabinet den Bestrebungen der Deutschen, sich neu zu organisiren, hindernd in den Weg tritt. Auch steht die Krone Oesterreichs für sich allein so hehr und glänzend da, daß sie den Glanz keiner andern Krone auf Erden zu fürchten oder zu beneiden hat. Sollte übrigens unsere Regierung dem Wunsche einiger Deutschen Oesterreichs, sich an den politischen Neubau ihrer Stammgenossen außerhalb der Gränzen Oesterreichs zu betheiligen, volle Folge zu geben sich entschließen, so ist nicht einzusehen, mit welchem Grunde sie unsere italienischen Landsleute abhalten könnte, ihrerseits die Constituente italica zu beschicken, wie sie die Wünsche nach einer Wiederherstellung Pohlens zu verdammen, und einen etwa beabsichtigten panslawistischen Congreß zu hindern berechtigt wäre? Doch ich will in eine Discussion dieser endlosen Frage hier nicht eingehen, und deßhalb auch das besondere Verhältniß der böhmischen Kronländer zum ehemaligen deutschen Reiche und Bunde für dießmal nicht hervorheben; ich glaube bereits Andeutungen genug gegeben zu haben, um den Sinn und die Richtung der Fragen, die ich heute an das hohe Ministerium zu stellen mich bemüssiget sehe, näher unzweifelhaft zu bestimmen. Ich erlaube mir daher im Einverständnisse mit meinen Collegen und Meinungsgenossen, das hohe Ministerium um die baldige Beantwortung nachstehender Fragen zu bitten:

1. Ist es wahr, daß das k. k. Ministerium seine im Programm vom 27. November vorigen Jahres erklärten Ansichten und Grundsätze namentlich in Bezug auf die deutsche Frage geändert hat?

2. Erkennt das k. k. Ministerium noch immer die Nothwendigkeit der Staatseinheit für Oesterreich, somit auch die Nothwendigkeit einer einzigen höchsten gesetzgebenden Gewalt für den österreichischen Gesammtstaat, und sieht Es nicht in der hier tagenden Reichsversammlung in Vereinbarung mit Sr. Majestät die gedachte, oberste Gesetzgebungsgewalt wenigstens für die hier repräsentirten Länder?

3. Aus welchem Grunde und auf welchen Rechtstitel hin werden neue Wahlen für das Frankfurter Parlament sogar in denjenigen Ländern und Gebieten ausgeschrieben, welche, wie namentlich die große Majorität von Böhmen und Mähren, ihren Widerwillen dagegen bereits unzweideutig erklärt haben? Ist die Regierung nicht vielmehr geneigt, die zum großen Theile durch bloße Minoritäts wahlen, somit rechtsungiltig ernannten Deputirten von Frankfurt abzuberufen?

4. Ist das hohe Ministerium geneigt, alle auf die Verhandlungen mit der neuen deutschen Centralgewalt bezüglichen Acten und Papiere seiner Feit dem österreichischen Reichstage vorzulegen, insbesondere aber die dießfälligen Rechtsverhältnisse selbst der vorläufigen Berathung dieses österreichischen Reichstages zu unterziehen, bevor sie in Wirksamkeit treten?

Präs. Diese Interpellation wird an das Gesammtministerlum geleitet werden. — Vor dem Uebergange zum nächsten Gegenstande der Tagesordnung wird der Herr Schriftführer Ullepitsch einen Vortrag halten bezüglich der Herausgabe der stenographischen Berichte.

Schriftf. Ullepitsch. Der §. 20 der Geschäftsordnung verfügt die Drucklegung der stenographischen Berichte, von welchen dann jeder Abgeordnete zwei Exemplare zu erhalten hat. Was nun die Drucklegung dieser Berichte anbelangt, so ist selbe bezüglich der 1. bis einschließig der 3., dann bezüglich der 28. bis einschließig der 51. und endlich bezüglich der 53. bis einschließig der 80. Reichstagssitzung bis zum gegenwärtigen Zeitpunkte bereits bewerkstelligt, und es wurden diese Berichte auch bereits an die Herren Abgeordneten vertheilt; wogegen die Drucklegung der stenographischen Berichte überdie 4. bis inclusive 27. Sitzung, die nur theilweise in der Wienerzeitung erschienen, dann die Fortsetzung der 52. Reichstagssitzung vom 8. October angefangen bis zu ihrem Schluße, und endlich die Berichte über die 81. und die anderen weiteren Reichstagssitzungen noch im Ausstande haften, an welchem Rückstande nebst der während der Zeit der Prorogation des Reichstages eingetretenen gänzlichen Stockung der Drucklegung der dießfälligen Berichte auch nach der bereits erfolgten Uebertragung und Einrichtung eines Theils der Staattdruckerei in Kremsier, insbesondere der Umstand Schuld trägt, daß die Druckerei bisher auch noch durch anderweitige zeitraubende Arbeiten vielfach in Anspruch genommen wurde. Da nun derlei Zwischenarbeiten, wenn auch alle anderweitigen Privatarbeiten der Staatsdruckerei eingestellt werden, doch für den Reichstag selbst und für das Ministerium voraussichtlich moch ferners vorkommen werden, und in Folge dessen die Drucklegung der rückständigen stenographischen Berichte erst in einer ferneren Zeit erzielt werden könnte, so war der Reichstags-Vorstand bemüht, diese Hemmnisse durch Bewirkung der Vermehrung der Arbeitskräfte der hiesigen Staatsdruckerei zu beseitigen, welche Vermehrung auch bereits in der Art bewirkt worden ist, daß von Seite der Staatsdruckerei dem Reichstagsvorstande die Zusicherung gemacht wurde, die noch rückständigen Berichte von der 81. Sitzung angefangen längstens binnen 14 Tagen vollständig liefern zu können, und sodann mit der Drucklegung der neuesten Berichte binnen längstens 3 Tagen nach Ueberkommung des Manuscriptes fortzufahren, nebstbei aber auch noch für die Nachlieferung der bis elnschließig der 27. Sitzung aushaftenden Berichte, so wie der Fortsetzung der 52. Sitzung seit 8. October v. J. thunlichst Sorge tragen zu wollen. Um aber die stenographischen Berichte immer längstens binnen 3 Tagen nach abgehaltener Sitzung in Druck legen zu können, ist es unumgänglich nothwendig, daß die Manuscripte der stenographischen Berichte immer längstens am Abende des bezüglichen Sitzungstages in die Staatsdruckerei abgeliefert werden, daher bis zu diesem Zeitpunkte auch die Revisionsarbeiten der Redactionscommission und der betreffenden Herren Redner vollendet seyn müssen, wie dieß ohnehin der §. 20 der Geschäftsordnung bestimmt. Diesen Sachverhalt wolle nun die hohe Reichsversammlung mit dem Beifügen zur Wissenschaft nehmen, daß das Vorstandsbureau es sich zur Aufgabe gemacht habe, auf die thunlichst baldige Drucklegung der noch aushaftenden Reichstagsberichte auf das eifrigste und thätigste einzuwirken, und alle zweckdienlichen Einleitungen zu treffen, um endlich die so nöthige und allgemein gewünschte Ordnung dieser Angelegenheit herbeizuführen. Gleichzeitig kommen der hohen Kammer auch noch folgende auf den Gegenstand bezugnehmende Mittheilungen zu machen. In der Reichstagssitzung am 7. October vorigen Jahres wurde nämlich bei Gelegenheit der dritten Lesung der Geschäftsordnung zu dem §. 20 derselben von Seite der hohen Reichsversammlung auch der Zusatzantrag zum Beschlusse erhoben, daß jeder stenographische Bericht so schnell als möglich in das Amtsblatt jeder Provinzial-Zeitung eingerückt werde. Um nun diesem hohen Beschlusse nachzukommen, fand sich das Vorstands-Bureau veranlaßt, unterm 4. Jänner l. J. das k. k. Ministerium des Innern zu ersuchen, ihm ein Verzeichniß sämmtlicher, in den Ländern, welche am Reichstage vertreten sind, erscheinenden Provinzial-Zeitungen sammt ihren Druckorten bekannt zu geben, und gleichzeitig zu veranlassen, daß die Redactoren der bezüglichen Zeitungen angewiesen werden, die stenographischen Berichte über die Reichstags-Verhandlungen, welche ihnen durch das Reichstags-Expedit sogleich nach deren Erscheinen werden directe zugesendet werden, ohne Verzug in die Amtsblätter aufzunehmen. Unterm 12. Januar l. J. erfolgte die Rückantwort von Seite des Ministeriums des Innern, und es wurde in Folge dessen vom Vorstands-Bureau die Vorsorge getroffen, daß die stenographischen Berichte an die bekannt gegebenen 16 Zeitungs-Redactionen sogleich nach ihrem Erscheinen versendet werden.

Mit Zuschrift vom 26. Jänner l. J. theilte jedoch das Ministerium des Innern dem Reichstags-Vorstande einen Bericht des Gouverneurs von Triest mit, demzufolge der Durchführung des dießfälligen Reichtagsbeschlusses im dortigen Gouvernement mehrere Schwierigkeiten im Wege stehen. Es wird nämlich vorerst in Anregung gebracht, daß die Aufnahme der Reichstagsberichte in die Provinzialblätter dem Zwecke nicht entsprechen würde, wenn dieselbe nicht sowohl in der deutschen als auch in der betreffenden Landessprache geschieht, daß aber die Uebersetzungen in die betreffenden Landessprachen weder den Zeitungsredactionen überlassen, noch von Organen der Regierung bewerkstelligt werden dürfen, sondern daß dieselben, wenn sie als vollkommen autentisch gelten sollen, unmittelbar vom Reichstage und unter dessen Beglaubigung ausgehen müssen. Es würde sich daher vorerst als nothwendig herausstellen, daß sämmtlichen Zeitungs-Redactionen die stenographischen Berichte sowohl in der deutschen als in der betreffenden Landessprache unmittelbar vom Reichstage zugesendet werden. Im weiteren wurden auch die mit der Ausführung dieser Maßregel verbundenen Kosten in Anregung gebracht und bemerkt, daß sich bei dem Umstande, als die unentgeltliche Drucklegung der stenographischen Berichte von den Verlegern der Provinzial-Zeitungen nicht wohl gefordert werden kann, die Regierung der Verpflichtung einer dießfälligen Entschädigung sich nicht entschlagen könne, und daß dieselbe nach dem Umfange der fraglichen Berichte und der sehr bedeutenden Auflage der meisten Provinzialblätter einen so großen Aufwand hervorrufen werde, daß dessen Bedeckung bei den auch von andern Seiten täglich zuwachsenden neuen Staatsauslagen nur eine neue Schwierigkeit bilden muß. Unterm 4. d. M. wurden von Seite des Ministeriums des Innern dem Reichstags-Vorstande abermals zwei Berichte übermacht, nämlich die der Landeschefs im Königreiche Böhmen und im Herzogthume Steiermark, denen zu Folge sich gegen die Aufnahme der stenographischen Reichstags-Berichte in die dortigen offlciellen Zeitungsblätter dieselben Anstände ergeben haben, welche bereits früher der Gouverneur des Küstenlandes zur Sprache gebracht hat, unb laut Ministerial-Zuschrift vom 16. d. M. ist dieß der gleiche Fall auch bezüglich der galizischen Provinzial-Zeitungen. Wird nun nebst den bereits aufgeführten Anständen auch noch weiters berücksichtigt, daß die stenographischen Reichstags-Berichte mittelst ihrer besonderen Druckauflage durch die Staatsdruckerei bisher eine sehr umfassende und verhältnißmäßig durchaus nicht kostspielige Verbreitung gefunden haben, und daß dieselben von den Provinzial-Zeitungen mit Rücksicht auf die erforderlichen vorausgängigen Uebersetzungen, und den mit jedem neuen Drucksatze verbundenen nothwendigen Zeitaufwand, erst zu einer Zeit mitgetheilt werden können, wo jeder einiges Interesse darbiethende Gegenstand dem Lesepublicum schon durch die vielen öffentlichen Blätter bis ins kleinste Detail bekannt ist, daß es ferner mit großen Schwierigkeiten und Kosten verbunden wäre, in Kremsier die zur Uebersetzung der stenographischen Berichte in die verschiedenen Landessprachen erforderlichen Translatoren zu aquiriren, und daß ferner durch die Uebersetzungen der original-stenographischen Berichte in die verschiedenen Landessprachen die hierortige Drucklegung der deutschen Berichte selbst bedeutend verzögert werden müßte; so fand sich der Reichstags-Vorstand bestimmt, den Gegenstand zur Kenntniß der hohen Kammer zu bringen, und in Erwägung der aufgeführten Motive den Antrag zu stellen: Die hohe Kammer wolle den Reichstags-Vorstand ermächtigen, von der Realisirung des in der Sitzung am 7. December v. J. bezüglich der Einrückung der stenographischen Berichte in die Provinzial-Zeitungen gefaßten Beschlusses bezüglich aller jener Provinzial-Zeitungen abzugehen, wo sich bis nun dagegen Anstände und Schwierigkeiten ergeben haben oder noch weiters ergeben werden, und zwar in so lange, als deren Behebung nicht erfolgen sollte.

Präs. Ich glaube, daß das hohe Haus bezüglich des Umstandes der Verzögerung der Herausgabe der stenographischen Berichte mit jener Aufklärung sich beruhigen könnte, nachdem es sich das Vorstands-Bureau wird angelegen seyn lassen, in der festgesetzten Zeit von 14 Tagen alle Rückstände zu liefern, und auch darüber wachen wird, daß die Berichte über die künftigen Sitzungen längstens am dritten Tage nach jeder Sitzung geliefert werden. Was nun den andern Gegenstand, betreffend die Einrückung der stenographischen Berichte in die Provinzial-Zeitungen, anbelangt, so würde ich das hohe Haus ersuchen sich auszusprechen, ob und in wieferne es mit dem Antrage des Vorstandes einverstanden ist. Wünscht Jemand das Wort zu ergreifen?

Der Abgeordnete Langie hat das Wort.

Abg. Langie. Ich wollte in Betreff der zu beschleunigenden Drucklegung der stenographischen Verhandlungen nur bemerken, daß aus dem Vortrage dennoch nicht erhellt, daß wir die stenographischen Berichte so schnell erhalten werden können, als es zweckmäßig wäre, als es einzig und allein zweckmäßig seyn müßte; denn wenn mein gestern angeregter Antrag berücksichtigt werden könnte, so könnten diese Lieferungen der stenographischen Verhandlungen doch viel früher als binnen 3 Tagen nach jeder Sitzung geschehen. Ich habe angeregt, daß es zweckmäßig wäre, die Druckerei anzuweisen, sie solle die Anfertigung vollständiger Hefte nicht abwarten, sondern die täglich fertiggedruckten Bögen nach Maß ihrer Vollendung täglich zur Vertheilung in der Kammer abliefern. Wenn bei solcher Einrichtung auch die Bestimmung des §. 20 der Geschäftsordnung vom Redactions-Bureau, so wie es seyn soll, strenge eingehalten wird, so könnten immer noch an demselben Abend nach jeder Sitzung die verificirten Berichte der Druckerei übergeben, und gewiß früher als binnen drei Tagen wenigstens ein Theil der Verhandlung in der Kammer aufgelegt werden. Daher glaube ich, daß es ersprießlich wäre, den Vorstand zu ermächtigen, dahin zu wirken, daß 1. die in Kremsier stationirte Abtheilung der Staatsdruckerei sich vor der Hand ausschließlich mit der Drucklegung der Kammer-Verhandlungen und der ihr vom Vorstande zugewiesenen Reichstagsarbeiten befasse, daß ferner 2. die Besorgung jeglicher, von dieser Anstalt bisher besorgten Privat-Bestellungen wegen der offenbar unzureichenden Arbeitskräfte derselben als unzulässig eingestellt; daß 3. die Vorlage der stenographischen Reichstags-Verhandlungen regelmäßig vor jeder Sitzung zu geschehen habe, ohne die Ausfertigung vollständiger Hefte abzuwarten. Weil endlich die Erreichung dieses Zweckes mitunter auch von der strengen Handhabung der Geschäftsordnung in Betreff der Redaction und Rectificirung der Kammerverhandlungen abhängig ist; so erlaube ich mir noch den Antrag zu stellen, daß 4. eine vom Reichstags-Vorstande zu ernennende Commission nach sorgfältiger Prüfung der bisherigen Erfahrungen zu erklären hätte, ob und in wieferne ein Reform-Vorschlag in Betreff des Redactions- und Rectificirungs-Wesens der stenographischen Kammerverhandlungen ersprießlich und nothwtndig wäre.

Präs. Der Abgeordnete Löhner hat das Wort.

Abg. Löhner. Es sind in dieser Angelegenheit Uebelstände angeführt worden, welche im wesentlichen Zusammenhange überhaupt mit dem Umstande stehen, daß der hohe Reichstag sich nun in Kremsier befindet, nämlich auf einem wirklichen Isolirungsstuhl, durch welchen er von mehr als einem günstigen, ja nöthigen Einfluße, von mehr als einer nothwendigen Umgebung entfernt ist. Diese Stellung in Kremsier hat schon viele andere Uebelstände gehabt; ich will nur beispielsweise anführen, daß die Kammer sich der Anwesenheit mehrerer Mitglieder und selbst auch der Minister weniger erfreut, als wünschenswerth, ja vielleicht nöthig wäre. Die Mitglieder für Rawa, für die Wieden, für Tachau werden von uns wohl etwas zu wenig gesehen, und daher kommt der Uebelstand, daß die Interpellationen in der Regel für die leeren Ministersessel verlesen werden. Es wäre wirklich eben so viel, wenn sie gar nicht verlesen, sondern auf bureaukratischem Wege zur bureaukratischen Erledigung abgegeben würden. Das sind vorübergehende Sachen. Aber noch einen Uebelstand muß ich erwähnen, und der liegt darin, daß eine Reichsversammlung, wie die unsere, nothwendig auf einer breiten Basis in Bezug auf die Druckmöglichkeit stehen soll, und daß statt dessen wir in der engsten Beschränkung dieser Möglichkeit mit der Staatsdruckerei resp. ihrem hiesigen Filiale sind. Dieses Filiale ist an und für sich unzureichend, darum unzureichend, weil es zu gleicher Zeit Ministerial-Arbeiten besorgen soll, von denen, wie bekannt, sehr viele gedruckt, und dann als überflüssige und Privatarbeiten zurückgenommen werden. Diese Filialdruckerei ist nicht im Stande gewesen, den gerechten Wünschen und den nothwendigen Arbeiten der Kammer zu genügen. Der weitere Uebelstand besteht darin, daß wir, die Abgeordneten, so häufig in der Lage wären, Propositionen, Circularien, Begründungen drucken zu


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP