vom Staate. Die meisten Herren Vorredner vor mir haben sich bereits in diesem Sinne ausgesprochen, und ich glaube annehmen zu können, daß sich die Majorität des Hauses für die Unabhängigkeit der Kirche aussprechen wird; ich will daher das hohe Haus mit nutzlosen Wiederholungen nicht belästigen. — Auch auswärtige Staaten, insbesondere Belgien, Frankreich u. s. w. haben in ihren Verfassungen die Unabhängigkeit der Kirche vom Staate anerkannt. Der §. 17 der deutschen Verfassung erkennt ebenfalls diese Unabhängigkeit der Kirche vom Staate an mit den Worten: Jede Religionsgesellschaft ordnet und verwaltet ihre Angelegenheiten selbstständig. Die octroirte preußische Verfassung hat in dem §. 12 diese Bestimmung der deutschen Verfassung wörtlich aufgenommen. Es wird daher keinem Zweifel unterliegen, daß Sie, meine Herren, die Unabhängigkeit der Kirche vom Staate auch in der österreichischen Verfassung aussprechen werden.
Nicht minder hat sich die Mehrzahl der Herren Redner vor mir auch für die Emancipation oder Reform in Kirchensachen erklärt; jedoch mit der Beschränkung, daß diese Reform nicht vom Staate, sondern von der Kirche ausgehen solle, und zwar durch Synoden. Ich glaube daher auch hier annehmen zu müssen, daß sich die große Mehrheit der Kammer für diese Emancipation der Kirche erklären wird, und enthalte mich daher auch in dieser Beziehung aller überflüssigen Wiederholungen. Die Bischöfe haben in ihren Adressen an den hohen Reichstag dieser Synoden wenig erwähnt; nur das Salzburger Episcopat hat sich in seiner Adresse auf der zweiten Seite nicht nur für Wiederherstellung der alten Synodal-Verfassung ausgesprochen, sondern auch erklärt, bereits die geeigneten Schritte zu diesem Behufe gethan zu haben, indem — wie es dort wörtlich lautet — nur durch die Wiederherstellung der vortrefflichen alten Synodal-Verfassung, sowohl dem gläubigen Volke, als auch dem niedern Clerus die sicherste Bürgschaft für die ordentliche Handhabung des Kirchen-Regiments geboten werde. Ebenso spricht sich auch das bischöfliche Neußer Commissariat in Schlesien für diese kirchliche Reform im §. 5 seiner Adresse an den hohen Reichstag, nämlich für die Nothwendigkeit eines neuen canonischen Rechtes aus. Dieser Ansicht ist auch der Herr Abg. Wiser, indem derselbe ebenfalls im §. 2 seines Collectiv-Antrages sich dahin ausspricht: "Jede Kirche ordnet und verwaltet ihre inneren Angelegenheiten selbstständig." Es handelt sich daher nur darum, auf welche Art diese kirchliche Reform und Unabhängigkeit der Kirche vom Staate ins Werk gesetzt werden soll. Der Herr Abg. Wiser spricht von Erlassung eines organischen Gesetzes. Es fragt sich nun, wer zur Erlassung dieses organischen Gesetzes competent sei, und wann dieß organische Kirchengesetz erlassen werden solle. Es dürfte wohl nicht dem mindesten Zweifel unterliegen, daß jene Gewalt, welche zur Verfassung der Constitution competent ist, auch zur Erlassung des organischen kirchlichen Gesetzes befugt sei; denn die organischen Gesetze machen einen wesentlichen Bestandtheil der Constitution aus. Der constituirende Reichstag wurde vom Volke zur Verfassung der Constitution gewählt, derselbe ist daher auch befugt, das Kirchengesetz als ein organisches Gesetz zu erlassen. Dieses Gesetz wird alle näheren Bestimmungen hinsichtlich der sogenannten gemischten kirchlichen Angelegenheiten enthalten, ich werde jedoch nur vier Gegenstände hievon, nämlich die vier wichtigeren auswählen, nämlich:
1. Die Verwaltung des Kirchenvermögens durch die kirchlichen Gemeinden;
2. die Wahl der Kirchenvorsteher durch die Gemeinden und durch die kirchlichen Synoden;
3. die Aufhebung aller Beschränkungen hinsichtlich des Verkehres der katholischen Bischöfe mit dem Papste, und endlich
4. die bedingte Aufhebung der Klöster und Verwendung deren Vermögens zu kirchlichen und Schulzwecken.
Ich schreite nun zum ersten Puncte. Bezüglich der Verwaltung des Kirchenvermögens wurde bisher in Oesterreich folgendes Verfahren beobachtet. Die geistlichen und weltlichen Vogteien verwalteten gemeinschaftlich das Stiftungsvermögen, die weltlichen bestanden aus den Beamten jener Herrschaften und Dominien, welche nach dem Gesetze bei vorkommenden Kirchenbaulichkeiten einen Beitrag zu leisten hatten, nämlich den Beitrag zur Bestreitung der Auslagen für das Materiale. Es war ganz natürlich, daß man den Dominien einen Einfluß bei der Verwaltung des Kirchenvermögens einräumen mußte, weil sie nur für den Fall, als das Kirchenvermögen zur Deckung der Kosten der Kirchenbaulichkeiten nicht hinreichte, diesen Ausfall decken mußten. Durch das Gesetz vom 7. September 1848, nämlich durch die Aufhebung der bäuerlichen Grundlasten, fällt auch die Verbindlichkeit der Dominien zur Beitragsleistung bei den Kirchenbaulichkeiten weg. Es ist daher ganz natürlich, daß das Recht, künftighin das Stiftungsvermögen zu verwalten, an jene physische oder moralische Person übergehe, an welche die Verbindlichkeit, die Kirchenbaulichkeiten zu bestreiten, übergeht. Diese Person ist die kirchliche Gemeinde. Künftighin wird die kirchliche Gemeinde die Auslagen für Kirchenbaulichkeiten bestreiten müssen; es ist also billig und recht, wenn sie künftighin das Kirchenvermögen selbstständig zu verwalten hat, weil ihr daran gelegen sein muß, das Kirchenvermögen zu vermehren, um die Beitragskosten bei Kirchenbaulichkeiken zu vermindern.
Man wird zwar einwenden: Es versteht sich von selbst, daß die kirchliche Gemeinde künftighin das Rtcht haben werde, ihr kirchliches Vermögen selbst zu verwalten. Allein, meine Herren, so von selbst läßt sich das nicht verstehen, und aus der Adresse einzelner Bischöfe scheint beinahe das Gegentheil hervor zu gehen. Mehrere deutsche Bischöfe, meine Herren, haben bekanntlich im vorigen Herbste zu Würzburg einen Congreß abgehalten, sie haben eine Denkschrift darüber herausgegeben, welche in fünfzehn Puncten jene Rechte enthielt, welche die katholische Kirche in Deutschland künftighin anspricht. Im §. 12 dieser Denkschrift vindicirt nun die Kirche für sich das Recht, das kirchliche Vermögen selbst und frei zu verwalten; von einem Einflusse der Gemeinde bei dieser Verwaltung des Kirchenvermögens ist dort gar keine Rede. Das Wort Kirche wird zwar im zweifachen Sinne genommen, man versteht darunter die kirchliche Gemeinde, nämlich jene Gemeinde, in welcher die betreffende Kirche, das Gotteshaus liegt. Wenn das Wort Kirche in diesem Sinne genommen wird, so wäre allerdings für die Gemeinde das Recht, das Kirchenvermögen selbst zu verwalten, vindicirt; aber der Ausdruck Kirche wird auch in einem anderen Verstande genommen, nämlich man versteht darunter die Kirchenvorstcher, d. h. die Bischöfe, und in diesem zweiten Falle würden die Bischöfe allein das Recht haben, das Stiftungs-, d. h. das Kirchenvermögen zu verwalten. In diesem Sinne sprechen sich auch einize Adressen der Episcopate an den hohen Reichstag und insbesondere die Adresse des illirischen Episcopates aus, welches im §. 8 seiner Adresse den Gemeinden beinahe geradezu allen Einfluß bei Verwaltung des Kirchenvermögens abspricht. Es heißt dort nämlich: Den Landgemeinden dürfe, weil sie sich aus Unerfahrenheit Willkürlichkeiten erlauben, kein störender Einfluß bei der Stiftungs-Vermögens-Verwaltung eingeräumt, sondern es müsse den Bischöfen oder den von den Bischöfen gewählten Organen das ausschließende Recht, das Kirchenvermögen zu verwalten, überlassen werden. Im gemäßigten Tone spricht das Salzburger Episcopat, indem es im §. 3 heißt: Daß die berufenen Kirchenbehörden zur Verwaltung des Kirchenvermögens competent seien, jedoch unter Intervenirung Derjenigen, welche hierauf einen rechtlichen Anspruch haben. Einen rechtlichen Anspruch haben so vohl die Gemeinden, weil sie für den Fall, daß das Kirchenvermögen zur Bestrebung der kirchlichen Auslagen nicht hinreicht, verbunden sind, den Abgang aus eigenen Mitteln zu decken, als auch Diejenigen, welche bei der Verwaltung des belasteten (onerirten) Stiftungs-Vermögens interessirt sind, nämlich die Erben oder die Nachkömmlinge jener Personen, welche zum Behufe einer Jahresmesse oder eines Jahresamtes bestimmte Stiftungen gemacht haben, denen es daher zusteht, auf die wirkliche Erfüllung dieser Stiftungen zu dringen.
Ich glaube daher, meine Herren! daß es nothwendig sei, um alle diese verschiedenen Zweifel zu beheben, in der Verfassung unter den Grundrechten der Kirche auch dasjenige aufzunehmen, daß künftighin die kirchlichen Gemeinden zur Verwaltung des Kirchenvermögens competent seien. Dieses hat auch der Herr Abg. Wiser in seinem Collectiv-Antrage gethan, indem es dort sub lit. D. heißt: "Das Kirchenvermögen wird durch Organe, welche von den Kirchengemeinden oder nach Umständen von der Synode zu wählen sind, unter dem Schutze des Staates verwaltet."
Ich komme nun zum zweiten Puncte, nämlich zur Wahl der Kirchenvorsteher. In Oesterreich haben bisher die Patrone das Wahl- oder das Vorschlagsrecht bei der Besetzung der geistlichen Pfründen gehabt, und zwar aus dem Grunde, weil dieselben auch bei Kirchenbaulichkeiten concurrenzpstichtig waren, indem sie beim Abgange des Kirchenvermögens die Auslagen für die Professionisten-Arbeiten zu bestreiten hatten. Es mußte ihnen daher auch ein Einfluß bei der Verwaltung des Kirchenvermögens und bei der Besetzung der Kirchenvorsteher eingeräumt werden, weil es von der Sparsamkeit und Wirtschaftlichkeit der Pfarrer abhing, ob das Stiftungsvermögen gut oder schlecht verwaltet, ob daher der Patron bei Kirchenbaulichkeiten mehr oder weniger in Anspruch genommen werde. Durch das Gesetz vom 7. September 1848 hört wegen Aufhebung der bäuerlichen Grundlasten auch die Verpflichtung der Patrone zur Leistung der Concurrenzbeiträge bei Kirchenbaulichkeiten auf, und auch diese Last geht auf die Gemeinden über. Es ist daher nur dem Principe der Gerechtigkeit und Billigkeit entsprechend, daß den Gemeinden auch das Recht eingeräumt werde, ihre Kirchenvorsteher selbst zu wählen, wie dieß auch in den ersten drei Jahrhunderten der Christenheit der Fall war. Welche Mißbräuche bisher bei der B setzung der Pfarrerstellen durch Privatpatrone stattfanden, hat gestern ein sehr beredter Redner — ein Priester — umständlich dargestellt. Ich will daher auch hier mich in keine unnütze Wiederholung einlassen. Nicht die Würdigsten wurden gewöhnlich gewählt, sondern Diejenigen, welche zufällig ein angenehmes Aeußere hatten. Wenn jedoch der Gemeinde das Recht eingeräumt wird, ihre Kirchenvorsteher selbst zu wählen, so liegt es gerade in ihrem Interesse, die tüchtigsten, die verdienstvollsten Männer auszusuchen.
Von den Kirchenvorstehern, von den Pfarrern hängt die Erziehung der Kinder, der Familienväter ab, und die vorzüglichste Pflicht der Väter ist es, für die ordentliche Erziehung ihrer Kinder zu sorgen. Es werden daher künftighin die würdigsten Seelsorger bei der Besetzung der Kirchenvorsteher auserwählt und dadurch der niedere Clerus angeeifert werden, sich durch christliche Tugenden auszuzeichnen, um sich einer Anstellung würdig zu machen.
Auch einige Bischöfe haben sich in ihren Adressen für Aufhebung des Kirchenpatronates ausgesprochen, und insbesondere das krainerische Episcopat im §. 9; dasselbe haben auch, meine Herren, bereits auswärtige Staaten gethan, so z. B. heißt es im §. 15 der octroirten preußischen Verfassung: Das Patronatsrecht wird, in so ferne dasselbe bisher dem Staate zustand, aufgehoben. Meine Herren! Sie haben die Patrimonial-Gerichtsbarkeit aufgehoben, — die nämlichen Gründe, welche für die Aufhebung der Patrimonial-Gerichtsbarkeit sprechen, sprechen noch mehr für die Aufhebung der Patrimonial-Patronate, denn ein schlechter Priester, ein schlechter Pfarrer kann noch viel größeres Unheil stiften, als es bei einem schlechten Staatsdiener der Fall ist. Ich empfehle Ihnen daher, daß der Wiser'sche Antrag auch in dieser Beziehung angenommen werde, weil er ebenfalls den Gemeinden das Recht eingeräumt wissen will, ihre Vorsteher, ihre Pfarrer selbst zu wählen.
Ich komme nun zum dritten Puncte meiner Rede, nämlich zur Aufhebung des sogenannten Placetum regium. Diese Beschränkungen, welchen die katholischen Priester und Bischöfe bei ihrem Verkehre mit dem Papste von dem österreichischen Polizeistaate unterworfen waren, sind gewiß die unwürdigsten Fesseln des Priesterthums. Diese Beschränkung des Verkehres geschah möglicherweise nur aus einer doppelten Furcht. Der Staat fürchtete den Papst entweder als kirchliches Oberhaupt, oder er fürchtete denselben als weltliches Oberhaupt. Diejenigen Redner, welche sich für die Beschränkung dieses Verkehres ausgesprochen haben, oder überhaupt die Vertheidiger des königlichen Placets sind so bescheiden und so gut katholisch gewesen, selbst zu gestehen, daß der Staat diese Beschränkungen des Verkehres mit dem Papste bloß deßhalb eingeführt habe, weil man den Papst als weltliches, nicht als geistliches Oberhaupt fürchtet. Sie besorgten nämlich hochverrätherische Verbindungen der katholischen Priester und der katholischen Bischöfe mit dem Papste. Nun, meine Herren! dieses ist ein grober Verstoß gegen den ersten Rechtsgrundsatz: Quisquis praesumitur bonus, donec probetur malus. Man muß jeden Staatsbürger so lange für gut und unbescholten halten, bis das Gegentheil bewiesen ist. Dieses Recht gebührt dem gemeinsten Taglöhner, und den Bischöfen, den katholischen Priestern muthen Sie das Gegentheil zu, Sie muthen ihnen zu, sie seien revolutionärer Verbindungen mit dem Papste fähig, und beschränken deßhalb ihren freien Verkehr. Die Censur ist schon lange in Oesterreich aufgehoben, diese Beschränkungen des Verkehres der Bischöfe mit dem Papste von Seite des Staates sind nichts Anderes als wie eine Art Censur. Wenn nun die Censur überhaupt und allgemein aufgehoben ist, so muß sie auch bezüglich der katholischen Priester bei ihrer Correspondenz mit dem Papste aufgehoben werden; denn Sie haben die gleiche Berechtigung aller Staatsbürger vor dem Gesetze, also auch vor dem Censursgesetze ausgesprochen. Sie haben ferner im §. 8 Ihrer Grundrechte das Briefgeheimniß bereits allen Staatsbürgern gewährleistet; sollten von diesem allgemeinen Gesetze wieder nur die katholischen Bischöfe und Priester ausgenommen sein, so machen Sie hier wieder einen Verstoß gegen Ihren Grundsatz, daß vor dem Gesetze alle Staatsbürger gleich seien. Alle aufgeklärten constitutionellen Regierungen haben diese Beschränkung der Correspondenz der Bischöfe mit dem Papste in ihren Gesehen bereits aufgehoben, wie dieses in Frankreich, Nordamerika der Fall ist, insbesondere aber auch in Belgien, wo der §. 16 die Bestimmung enthält: "Der Staat hat kein Recht, den Dienern der Religionsgesellschaften den Verkehr mit ihren Obern zu versagen." Ebenso hat die octroirte preußische Verfassung im §. 13 den Verkehr der Religionsgesellschaft mit ihren Obern, und sohin auch der katholische Priester mit dem Papste, ganz freigegeben. Nun, meine Herren, der König von Preußen hat eine octroirte Verfassung gegeben, er ist zudem lutherisch. Wenn nun ein akatholischer Regent seinen katholischen Priestern den ungehinderten Verkehr mit dem Kirchenoberhaupte gestattet, so wird es wohl Ihre Pflicht sein, als Vertreter eines Volkes, welches in der Mehrzahl sich zum katholischen Glauben bekennt, diesen freien Verkehr ebenfalls in Ihren Grundrechten aufzunehmen, und sich in dieser Beziehung nicht von einem lutherischen Könige von Preußen übertreffen zu lassen.
Ich komme nun zum letzten Puncte, nämlich zur Aufhebung der Klöster oder überhaupt zur Einziehung des Kirchen- und Klostervermögens. Nicht genug, meine Herren, daß die Wiener Blätter den Reichstag auf jede mögliche Art herunterzuwürdigen suchten, so habe ich auch in Erfahrung gebracht, daß man das Landvolk unter dem Vorwande aufzureizen sucht, der Reichstag beabsichtige das ganze Kirchen- und Klostervermögen zu Gunsten des Staates einzuziehen. Nun, meine Herren, ich glaube es wird Wenige oder vielleicht gar Niemanden unter Ihnen geben, der, vorzüglich gegenwärtig, wo das Föderativsystem bei uns die Oberhand bekommen hat, sich für die Einziehung des Kirchen- und Klostervermögens zu Gunsten des Staates aussprechen wird. Ueber die Frage, ob ein Kirchen- oder ein Klostervermögen einzuziehen sei, glaube ich, ist der Staat, sind Sie, meine Herren, nicht competent, sondern nur die betreffenden Provinzial-Synoden. Wenn Sie die Provinzen für autonom erklären, so müssen Sie auch zugeben daß das Kirchen- und Klostervermögen, welches in einer Provinz liegt, ein Eigenthum der betreffenden Provinz sei, daß somit nur die betreffenden Provinzial-Synoden befugt seien, über die Einziehung des Kirchen- und Klostervermögens zu entscheiden. Sollten wirklich einige Klöster aufgehoben werden, so wäre nach meiner Meinung ihr Vermögen nicht zum Nutzen des Staates, sondern für Schul- und Kirchenzwecke zu verwenden, für welche die Klöster ursprünglich errichtet wurden. In diesem Sinne hat sich die norwegische Verfassung im §. 106 ausgesprochen, wo es heißt: "Das Kirchenverwögen kann nur zum Besten der Geistlichkeit und zur Beförderung der Aufklärung, somit zu Schulzwecken angewendet werden." Wenn dieß geschieht, wenn das Volk sieht, daß das Vermögen der aufgehobenen Klöster zu Schul- und Kirchenzwecken, zum Besten der schlecht besoldeten Landschullehrer und Pfarrer verwendet werde, so wird in dieser Beziehung keine Aufregung entstehen, wie es unter Kaiser Joseph der Fall war, wo dieses Klostervermögen in den Staatssäckel eingeflossen ist, wo viele Unterschleife stattgefunden haben, wo man manchmal nicht wußte, was mit dem Gelde geschehen ist. Geschieht aber die Einziehung des Klostervermögens durch Provinzial-Synoden, bei welchen auch die Laien Antheil nehmen, und bleibt das Geld in der Provinz, so haben Sie in dieser Beziehung nichts zu fürchten.
Meine Herren, ich komme nun zum Schlusse. Sie haben die Nothwendigkeit eines Gemeindegesetzes eingesehen, Sie haben zu diesem Zwecke auch einen eigenen Ausschuß niedergesetzt. Nach meiner Meinung ist die Ausarbeitung eines kirchlichen Gemeindegesetzes noch viel nothwendiger und wichtiger, als des Gesetzes für weltliche Gemeinden. Es ist dringend nothwendig, daß dem ungewissen Zustande in Kirchenangelegenheiten durch ein Gesetz, durch ein organisches Gesetz bald ein Ende gemacht werde. Jeder ungewisse Zustand ist unerträglich, aber bezüglich der geistlichen Angelegenheiten kann er auch gefährlich werden weil sowohl die geistliche, wie die weltliche Macht sich leicht Uebergriffe erlauben könnte. Gelingt es Ihnen, ein den gegenwärtigen Verhältnissen Oesterreichs entsprechendes Gemeindegesetz in kirchlichen und weltlichen Angelegenheiten zu Stande zu bringen, so werden Sie dadurch den niederen und jüngeren Clerus, so wie den Bürger- und Bauernstand für sich gewinnen. Bei dem gegenwärtigen Kampfe um die Freiheit ist es Ihre Pflicht, sich um Bundesgenossen umzusehen. Nach meiner Meinung werden Sie die sichersten und tapfersten Bundesgenossen eben in den unabhängigen Bürgern und Bauern finden. Haben Sie auf diese Art die Majorität des Volkes für sich, dann, meine Herren, hat die Volksfreiheit auch die reactionäre Partei, ja sogar eine Militärdictatur nicht zu fürchten; denn man kann die Freiheit wohl durch Bajonette und Kanonen auf einige Zeit unterdrücken, aber das Gefühl der Freiheit aus der Menschenbrust auszurotten, das vermag keine Waffengewalt. Der Mensch ist von Gott freigeschaffen, er liebt die Freiheit wie die frische Luft, wie den Sonnenschein. In allen constitutionellen Staaten, wo es dem Volke Ernst war, die Fesseln der Knechtschaft zu brechen, hat bis jetzt die Freiheit den Sieg davon getragen, und meine Herren! wenn Sie weise Gesetze, vorzüglich in den Kirchenangelegenheiten geben, so wird die Freiheit gewiß auch in Oesterreich siegen.
(Verläßt unter Beifall die Tribune).
Präs. Der Herr Abg. Peitler hat einen Zusatzantrag zum §. 15 gestellt; am Schlusse des Paragraphen sollen folgende Worte beigefügt werden:
"Zur Ausarbeitung dieser Gesetze, wird ein kirchlicher Ausschuß niedergesetzt, welcher aus einem Abgeordneten aus jedem Gouvernement und einem Mitgliede aus jeder Abtheitung zu bestehen hat."
Insoferne die Aufnahme dieser Verbesserung in die Constitutions-Urkunde verlangt wird, halte ich diesen für einen selbstständigen Antrag, und werde ihn auch, wenn der Herr Abgeordnete derselben Meinung ist, als solchen behandeln.
Abg. Peitler. Ich glaube Folgendes darüber bemerken zu müssen. Dieser Antrag kann nur dann zur Abstimmung kommen, wenn der §. 15 oder der Wiser'sche Antrag angenommen wird; geschieht dieß nicht, behebt er sich von selbst.
Präs. Ich bitte, es handelt sich hier um die Unterstützungsfrage, ich glaube sie nicht stellen zu können, weil ich diesen Antrag für einen selbstständigen Antrag halte. Sollte die hohe Kammer derselben Ansicht sein, so werde ich den Antrag übergehen. Diejenigen Herren, welche diesen Antrag für einen selbstständigen ansehen und als solchen behandelt wissen wollen, mögen aufstehen. — Es ist die Majorität. — Ich werde demnach diesen Antrag in einer nächsten Sitzung verkünden und dann geschäftsordnungsmäßig behandeln. — Es hat sich der Abg. Szabel aus der Reihe der Redner gegen den Paragraphen streichen lassen, und sich in die Reihe der Redner für den Paragraphen eingereiht.
Abg. Szabel. Ich habe nur zu bemerken, daß dieses aus einem Irrthume bei der Einzeichnung entstand.
Präs. Es wurde mittlerweile ein Verbesserungs-Antrag von dem Herrn Abg. Dylewski eingebracht, und zwar zum §. 15. Ich werde diesen langsam vorlesen, bevor ich dem nächsten Redner das Wort ertheite.
"Die Rechte und Pflichten des Patronats gehen auf die Pfarrgemeinden über. An der Wahl der übrigen Vorsteher der christlichen Kirche, so wie an jener der Vorsteher anderer Religionsgesellschaften haben, sofern dieselbe bisher dem Staate oder sonst Jemanden kraft eines Rechtstitels zusteht, die Glaubensgenossen des Bezirkes Antheil zu nehmen, welcher dem zu wählenden Vorsteher unterworfen ist. Ueber die Substanz des kirchlichen oder sonstigen Confessionsvermögens kann in Bezug auf das Vermögen einzelner Pfarreien ohne Zustimmung der Pfarrgemeinden, in Bezug auf das Vermögen der Bisthümer und Capitel ohne Zustimmung der zur betreffenden Diöcese gehörigen Glaubensgenossen, endlich in Bezug auf die in einer Provinz bestehenden Klöster und religiösen Stiftungen ohne Zustimmung der Glaubensgenossen der betreffenden Provinz nicht verfügt werden. Die bisherigen Amortisationsgesetze verbleiben in ihrer Wirksamkeit, und können stets von der Staatsgewalt abgeändert werden. Alle übrigen Angelegenheiten der Kirche und anderer Religionsgesellschaften verbleiben denselben mit Rücksicht auf die §§. 13 und 14 zur ausschließlichen Besorgung."
Präs. Es hat nun das Wort der Herr Abg. Helfert.
Abg. Helfert. Ich bringe nicht gerne Sachen vor, die schon hundertmal von Anderen gesagt worden sind, allein dießmal kann ich mir wenigstens beim Eingange meiner Rede nicht anders helfen.
Es sind schon aber- und abermal Witze gemacht worden über das für und gegen sprechen, aber bei keinem Paragraphen waren sie mehr angezeigt, als bei diesem. Wo nichts ist, da hat der Kaiser das Recht verloren! und in welcher Verlegenheit befindet sich ein Abgeordneter, wenn ihm kein anderer Ausweg übrig bleibt, als für oder gegen den Inbalt eines Paragraphen zu sprechen, der gar keinen Inhalt hat. Ich habe daher endlich den Ausweg ergriffen, und spreche gegen die Inhaltslosigkeit des §. 15.
Ich bin durchaus nicht gegen die Verweisung in den Grundrechten auf weitere Gesetze; wir finden sie in allen Gesetzen, in allen Constitutions-Urkunden. Ja ich halte diejenigen Grundrechte für die besten, weil sie die dauerhaftesten, welche die wenigsten, nur allgemeinsten und darum unerschütterlichsten Grundsätze enthalten und das Meiste der Ausführung, welche dem Wechsel der Umstände, der reifenden Erfahrung unterliegt, besonderen Gesetzen zuweisen. Allein die Anforderung stelle ich wenigstens an Grundrechte, daß sie einen Grundsatz enthalten, auf daß man wisse, woran man ist. Aber dieß vermisse ich im §. 15. — Es scheint fast als habe man Bedenken getragen, im §. 15 einen Grundsatz auszusprechen. Den Grundsatz, den man folgerichtig hätte aussprechen müssen, scheint es, wollte man nicht aufstellen, und den Grundsatz, den man gern hätte aufstellen mögen, scheute man sich auszusprechen, weil er folgewidrig.
Mit der Farbe heraus! Wenn so oft hier erwähnt wurde, mit einer gewissen Ruhmredigkeit erwähnt wurde: man würde sich nie scheuen, seine Ueberzeugung offen und gerade auszusprechen — nun so thuen Sie es auch hier.
Sind Sie für die Freiheit der Kirche, wollen Sie ihr diejenige (keine andere) Freiheit gewähren, welche jeder Staatsbürger genießt, dann sehen Sie diesen Grundsatz an die Spitze des Paragraphen, der von dem Verhältnisse der Kirche zum Staate handelt. Wollen Sie das nicht, wollen Sie die Kirche ausnahmsweise unter der Bevormundschaftung und besonderen Polizeigewalt des Staates lassen, dann müssen Sie ebenso aufrichtig sein, und diesen Grundsatz an die Spitze des Paragraphen setzen. Wir werden ja dann sehen, wie sich dieser Grundsatz ausnahmen wird inmitten der Sätze und Paragraphen, die den österreichischen Staatsbürgern jede und alle mit dem Staatszwecke nur immer vereinbarliche Freiheit im Einzelnen, in Vereinen, wie in der Gesammtheit gewährt — nur der Kirche nicht.
Ich scheue mich nicht, offen zu bekennen, daß ich in einer Frage von so unendlicher Wichtigkeit die längste Zeit in meiner Meinung hin- und herschwankte, von Einem Zweifel und Bedenken dem anderen in die Arme geworfen wurde, mit meiner Ansicht nicht zum Schlusse kommen konnte. Wenn Sie der Debatte, sowohl der Generaldebatte, als der Specialdebatte, wie sie sich über den §. 15 entsponnen hat, namentlich in der gestrigen Sitzung mit unparteiischem Blicke gefolgt sind, so werden Sie diese Zweifel und Bedenken, welche sich von mehr als zwei Seiten aufthürmen, sehr erklärlich finden. Wir haben gestern das interessante Schauspiel gehabt, daß drei Redner nach einander gesprochen haben, von denen jeder die Sache von einem anderen Standpuncte auffaßte, und jeder uns von seinem Standpuncte aus die wichtigen Bedenken wegen Gefahren, wegen Uebergriffen, wegen Mißbräuchen geltend machte, welche sich erheben bei Festhaltung oder Annahme dieses oder jenes Systems. Ich habe keinen Grund, an der Redlichkeit und Aufrichtigkeit irgend eines dieser drei Redner, die drei verschiedene Standpuncte repräsentirt haben, zu zweifeln. Ich gebe gerne zu und will unparteiisch genug sein, zu sagen, daß von allen Seiten sich mit gleichem Maße Bedenken und Zweifel erheben lassen. Welchen Ausweg nun sollen wir ergreifen? Benjamin Franklin erzählt in seiner Selbstlebensbeschreibung, daß, wenn er über einen zu fassenden wichtigen Entschluß in Zweifel gewesen sei, er sich zwei Stücke Papier genommen habe, und auf eines derselben die Gründe und Erwägungen, die für den Einen Entschluß sprachen, auf das andere die Gründe und Erwägungen, die dagegen sprachen, geschrieben habe. Wir hätten mit zwei Stücken Papier nicht genug, wir müßten deren nach den Standpuncten, die wir kennen gelernt haben, drei nehmen. Ich zweifle aber, ob wir auf diesem Wege zum erwünschten Ziele gelangen würden. Wie gesagt, die Abrechnung wäre schwierig; auf jeder Seite thürmen sich die Zweifel und Bedenken in demselben Maßstabe. Allein ich halte auch diesen Weg nicht für denjenigen, der in einer solchen Frage der Würde des Gegenstandes angemessen ist. Ich glaube, der Ariadne-Faden eines leitenden Principes kann es allein sein, der uns aus diesem Labyrinthe herausführt, und dieses leitende Princip müssen wir aufstellen, dann aber auch consequent festhalten.
Als die Generaldebatte abgeführt wurde, hörte ich von einem Redner der linken Seite dieses Hauses die Verwunderung aussprechen, es sei doch merkwürdig, daß Diejenigen, die sonst nicht zu den Freisinnigen gehören, gerade in dieser Frage durchaus für die Freiheit der Kirche seien. Nun, ich will nicht näher darauf eingehen, was man so unter Freisinnigkeit versteht, und ob dieses Prädikat etwa nur denjenigen Herren zukomme, welche das Glück haben, auf der linken Seite dieses Hauses zu sitzen. (Oh! Oh!) Aber ich will den Satz umkehren, und sagen: es sei denn doch jedenfalls eben so merkwürdig, daß Diejenigen, die sonst immer zu den "Freisinnigen" gehören, gerade bei dieser Frage gegen die Freiheit sprechen. — Aber noch merkwürdiger als die Thatsache waren die Gründe, die wir damals hören mußten. Von einem verehrten Redner der linken Seite dieses Hauses, mußten wir uns warnen lassen, daß wir ja nicht glauben sollten, wir hätten eine tabula rasa vor uns, daß es sich hier vielmehr um Verhältnisse handle, die geschichtlich herausgewachsen sind. Von einem Redner dieser Seite mußten wir die Belehrung empfangen, uns in einer Frage von solcher Wichtigkeit nicht durch Schlagworte hinreißen zu lassen. Von einem Redner dieser Seite mußten wir uns aufmerksam machen lassen, daß unser Volk bei weitem noch nicht auf jener Stufe politischer Reife stehe, wie das belgische, welches die Freiheit "schon seit vierzig Jahren" genieße, und das nordamerikanische Meines Erstaunens kaum Herr, vernahm ich aus dem Munde des verehrten Mitgliedes für die Roßau Grundsätze, welche seit jeher die meinigen waren, nur mit dem Unterschiede, daß ich von diesen Grundsätzen überall und immer ausgegangen bin, während das verehrte Mitglied nur bei dieser Frage für gut befunden hat, diese Grundsätze als Hilfstruppen ins Feld rücken zu lassen. —
Meine Herren! wie ich bereits gesagt, handelt es sich um die Aufstellung eines Principes. Wir haben deren zwei: das Princip der Bevormundschaftung der Kirche, und das der Freiheit der Kirche. Von diesen beiden Principien haben wir eines zu ergreifen. Diejenigen, welche sich gegen die Freiheit der Kirche aussprechen, haben die Manen des Kaiser Joseph II. herauf beschworen. Der Himmel bewahre mich, daß ich an dem Andenken eines Monarchen mäckeln wolle, dessen Regierung als ein leuchtendes Meteor darsteht in der Geschichte von Oesterreich. "Wenn Oesterreich den Namen seines Joseph nicht ehren wollte, die Menschheit würde es zur Ordnung rufen." (Beifall des gesammten Hauses.) Im Gegentheile hat es mein Gemüth tief ergriffen, als ich die Räume dieses Hauses zu wiederholten Malen von dem Beifallssturme wiederhallen hörte, den nach fast zwei Menschenaltern die versammelten Vertreter seiner frei gewordenen Völker einem Monarchen zollten, der beharrlich und begeistert wie Einer für Licht und Freiheit stritt, der dafür nichts als Undank und Widerstreben erntete und mit vor Gram gebrochenem Herzen zu Grabe ging.
Aber meine Herren! der Himmel bewahre mich eben so sehr davor, daß ich das, was Kaiser Joseph II. für seine Zeit war, für unsere Zeit bevorworte. Zum Ruhme für seine Zeit mag der Dichter singen: "Ein Despot ist er gewesen, doch ein solcher wieder Tag!" Zur Warnung für unsere Zeit aber muß ich es umkehren und Ihnen zurufen: Wie der Tag ist er gewesen, doch er war Despot! Wissen Sie, meine Herren, was das josephinische System war? Wissen Sie, daß es das System des unbedingten Herrscherwillens war, welches von dem Grundsatze ausging: "Ein Reich, das ich regiere, muß nach meinen Grundsätzen regiert sein!" Wissen Sie, daß es das System der schematischen Gleichfömigkeit war, welches keines Landes, keiner Nationalitäts-Eigenthümlichkeit schonend, Alles nach den Linien einer vorgeschriebenen Einförmigkeit behandeln wollte? Wissen Sie, daß es war das System einer bureaukratischen Viel-, ja Allesregiererei von Oben? Und dieses System wollen Sie für unsere Zeit bevorworten? Doch nein! Sie wollen ja das nicht! Sie wollen ja die heiligen Rechte jeder Nationalität gewahrt wissen; Sie wollen ja jedem Lande lassen und geben, was seiner Natur zusagt, was seinen Bedürfnissen entspricht; Sie wollen ja freie Bewegung jeder noch so kleinen Gemeinde gestatten; Sie wollen ja nichts wissen von Vielregiererei, von Bevormundschaftung, von Aufdringen einer Zwangsjacke — kurz, Sie wollen ja gerne da das Gegentheil vom josephinischen Systeme in Allem und Jedem, nur in Absicht auf die Kirche wollen Sie es beibehalten? (Bravo.) Und meine Herren, gerade in diesem Puncte ist das josephinische System am allerdrückendsten. Das josephinische System in Absicht auf die Kirche ist Entwürdigung der Religion, welche es für nichts Anderes ansieht, als für eine Polizeianstalt des Staates, nach den Worten Sonnenfels: "Die Religion ersetzt das Mangelhafte der Gesetzgebung, der Regent darf diesen