Støeda 5. dubna 1876

Im Reichenberger Bezirke sind 2 Nothstandsstraßen projektirt, die eine von Reichenberg über

Ruppersdorf nach Katharinaberg, die andere von der Friedländer und Kratzauer Aerarialstraße zum Althabendorfer Bahnhofe. Es ist kürzlich, meine Herren, der Obmann des Reichenberger Bezirkes hier in Prag gewesen, und ich habe ihn aus diesem Anlasse gebeten, mit Der größten Gewissenhaftigkeit zu erheben, wie groß den die Zahl der nothleidenden Arbeiter in jenen 5 Gemeinden allein sei, die von den von mir genannten Straßen durchzogen werden sollen.

Der Herr Obmann hat meinem Ersuchen Willfahrt und mir die Ergebnisse mitgetheilt. In diesen 5 Gemeinden nun, nämlich in Ruppersdorf, Katharinaberg, Ratschendorf, Altpaulsdorf und Althabendorf, in diesen 5 Gemeinden allein befinden sich heute 1148 Arbeiter, welche nur noch zum Theil Beschäftigung haben (Hört!), und 1210 Arbeiter, die gar keine Beschaftigung haben (Hört!). Das find, ich hebe es noch einmal hervor, nur 5 Gemeinden des Reichenberger Bezirkes. Wie es im Gablonzer und Tannwalder Bezirke aussehe, werden wohl jene Herren Mitglieder des Landtages, die aus diesem Bezirke hier anwesend sind, anführen. Ich möchte hier nur darauf hinweisen, daß es in diesen Bezirken sehr schlimm stehen müsse, weil ungeachtet aller Gegenvorstellungen, ungeachtet aller behördlichen Warnungen bereits 130 Familien aus diesen Bezirken nach Brasilien ausgewandert sind, in ein Land also, in welchem die meisten Ankömmlinge nach den Berichten der k. k. Konsulen dem Sichersten Verderben entgegengehen Ich möchte nur darauf hinweisen, daß mit einer weiteren Anzahl Angehöriger des Gablonzer und Tannwalder Bezirkes die Verhandlung wegen Auswanderung anhängig ist, und daß sehr viele Personen nachfolgen werden, sobald sie ihr geringes Habe um einen halbwegs annehmbaren preis losgeschlagen haben werden. Gleich traurig, meine Herren, sieht es in dem Friedländer Bezirke aus. In den Fabriken der Stadt Friedland ist entweder die Arbeitszeit herabgesetzt, oder aber es ist, sowohl bei der Schaf-als auch bei der Baumwollweberei, bei der Spinnerei, bei der Appretur und Druckerei die Arbeitszeit und die Gehilfenzahl reduzirt. Zwei größere Geschäfte in Friedland arbeiten gar nicht mehr.

Noch trauriger sieht es in bei Stabt Neustadtl aus. Die Tüberweberei liegt dort total darnieder, 600 Arbeiter find in Folge dessen ohne Beschäftigung. Wir haben erst kürzlich in der Zeitung gelesen, daß Se. Excell. der Graf ElamGallas, der Bester der Herrschaft Friedland, zur Linderung der großen Noch in Neustadtl eine großmüthige Spende dahingesandt hat.

Im niederen Wittig- Thale existirt eine Menge Ortschaften, die theilweise erst im J. 1848 in Folge der Grenzregulierung an Oesterreich ge-

kommen sind; diese Ortschaften haben eine Bevölkerung von 5000 und noch mehr Seelen, von denen der vierte Theil Weberbevölkerung ist. Diese Weber erhielten bisher ihre Beschäftigung von den Fabriken in Zittau, sächs. Reichenau, preuß. Görlitz. In Folge der dort vorgekommenen Reduktionen find alle diese Weber heute brotlos. Dazu kommt auch noch eine große Anzahl von Bergarbeitern, die in Folge der Ersäufung mehrerer Kohlengruben brotlos geworden find. Und um das Bild des Friedländer Bezirkes vollständig zu zeichnen, muß ich noch hinzufügen, daß auch in den Fabriken zu Mildeuau bedeutende Arbeitsreducirungen vorgekommen find, so daß also auch das obere Wittigthal Noth und Elend zu verzeichnen hat. "Wenn man nun annimmt", so schreibt mir der Friedländer Bürgermeister, "daß bei den dermaligen Verhältnissen jene Weber, welche noch beschäftigt sind, die schlechtesten Garne verarbeiten und daß die Weber auf jede Kette mehrere Tage warten müssen, wodurch der Lohn auch wieder um die Hälfte dessen herabgedrückt wird, was bei normalen Verhältnissen in derselben Zeit verdient wird, so werden Sie sich einen Begriff von den Entbehrungen machen können, welchen die Arbeiter unterworfen sind. Ich werde daher gewiß nicht zu hoch greifen, wenn ich sage, daß in unserem Bezirke wenigstens 1500 Arbeiter ganz oder größtentheils ohne Beschäftigung sind. "

Wir kommen schließlich zum Kratzauer Bezirke. Die in diesem Bezirke vorherrschende einheimische Industrie, die Schafwollwaarenerzeugung, liegt darnieder wie nie zuvor. Eine Fabrik in Kratzau, die 300 Arbeiter beschäftigte, hat dieselben auf 40 reduzirt. Der größte Tuchindustrielle der Stadt droht mit Sperrung der Fabrik, wenn die Krisis nicht bald vorüber geht. Das Tuchmacherhandwerk, welches in Kratzau über 600 Menschen und 400 Webstühle beschäftigte, ist auf mindestens 2/3 reduzirt. Die Weber aus dem Kratzauer Bezirke, die bisher für Warnsdorfer Fabriken arbeiteten, sind aus demselben Grunde, den ich beim Reichenberger Bezirke angab, verdienst- und brotlos. Die Bewohner von Ketten, Döhnis, Görsdorf, Ullersdorf und Grottan sind ohne Verdienst, Weil sie in den Fabriken des benachbarten Sachsens, namentlich in Zittau wegen der dort vorgekommenen Restriktionen keine Arbeit mehr finden. So sehen wir denn, meine Herren, Noch und Elend überall, überall Hunderte von feiernden Händen, überall Hunderte von Brotlosen Arbeitern; ihre Zahl summirt sich zu Tausenden, eine entsetzliche Ziffer!

Im Namen dieser Unglücklichen erhebe ich nun meine bittende Stimme zum hohen Landtage. Die Bitte, die zu stellen ich mir das Herz genommen habe, geht allerbings hinaus, über die Anträge der Budgetkommission, beziehungsweise des Landes-

ausschusses, sie wird aber mit Rücksicht auf das namenlose Elend eine unbescheidene nicht genannt werben können, wenn ich sie in die Worte kleide: Bewilligen Sie, meine Herren, den nothleidenden Bezirken des nördlichen Böhmens die vom Budgetausschusse beantragten Vorschüsse, bewilligen Sie aber auch die vom Landesausschusse beantragten Straßensubventionen. Ich will es sofort versuchen, die Bedenken zu zerstreuen, die dieser Bitte entgegengestellt werden könnten. Die wichtigste Einwendung ist wobt die, daß wir die Steuerträger nicht zu sehr belasten würden.

Nun, meine Herren! Jene 50. 000 fl. welche der Landesausschuß zu Straßenbaudotationen verwendet wissen will, sind ja vom Landesausschusse an ber Summe, die wir ihm im vorigen Jahre zur Unterstützung bes Lehrerpersonals zur Verfügung gestellt haben, erspart werden; sie sind da, und wir könnten dem L. =A. nicht den geringsten Vorwurf machen, wenn er sie nicht erspart hätte, denn er war zu deren Verausgabung von uns Bevollmächtigt. Diese 50. 000 fl. Brauchen also unter gar keiner Bedingung auf die Steuerträger umgelegt zu werden. Aber auch die anderen 50. 000 fl. können nach einer mir von maßgebender Stelle ertheilten Zusicherung aus den laufenden Geldern bes Landesfondes entnommen werden, ohne den Landeshaushalt zu Beeinträchtigen und ohne sie also umlegen zu müssen. Aber wenn auch diese 50. 000 Gulden umgelegt werben müßten, was nicht der Fall ist, so würde die Umlage bloseinen Pfennig vom Steuerguldenbetragen, also eine Gabe repräsentiren, die jeder Steuerträger das Jahr über zu wiederholten Malen den Nothleidenden schenkt, die er also gewiß auch einem bedrängten Landestheile borgen wird. Meine Herren! Ich habe bei wiederholten Abstimmungen in diesem Hause und durch die Worte, die ich aus diesen Anlässen zu sprechen die Ehre hatte, bewiesen, daß ich jede nicht gerechtfertigte Belastung ber Steuerkraft perhorreszire. Allein bort, wo es sich darum handelt, einer Kalamität von größerem Umfange vorzubeugen, dort habe ich willig immer auch mit gestimmt, daß die Mittel des Landes herbeigezogen werden. Ich war dabei, meine Herren! als im Vorjahre 100. 000 ft. zur Unterstützung hilfsbedürftiger Lehrer bewilligt wurden, ich war dabei, als zur Bewältigung des Borkenkäfers im Böhmer walde 100. 000 fl. zur Verfügung gestellt würden, ich bin dabei gewesen, als den von Mißernten Beimgesuchten Grundbesitzern des mittleren Böhmens bedeutende Vorschüsse von 150. 000 fl. bewilligt wurden.

Meine Herren! kommen Sic nun auch dem nördlichen Böhmen zur Hilfe. Borgen Sie dort, wo es sich um die Bewältigung eines allgemeinen Uebelstandes handelt, nicht mit einer Summe, die wir im vorigen Jahre zur Unterstützung einer

einzigen Klasse von Staatsbürgern bewilligten, borgen Sie dort, wo es sich um die Rettung von Menschenleben handelt, nicht mit einer Summe, die wir vor zwei Jahren zur Rettung von Waldund Holzbeständen votirten. (Bravo!)

Ja, können mir die Herren Sagen: Thun denn die Bezirke selbst, thut den beispielsweise die große Kommune Reichenberg gar nichts zur Bewältigung solchen Rothstandes? Meine Herren! Was die Stadt Reichenberg betrifft, so will ich nicht prahlend hinweisen auf die vielen und namhaften Liebesgaben, die von vermögenden Bewohnern dieser Stadt im verflossenen strengen und harten Winter auf den Altar der Nächstenliebe niedergelegt worden sind. Aber hervorheben möchte ich, daß die Stadt Reichenberg, diese ein nennenswerthes Vermögen nicht Besitzende Kommune, bereits Jahre lang für die arbeitende Bevölkerung eine Suppen - und Speiseaustalt unterhält und daß die Stadtvertretung im heurigen Jahre, wie in den Vorjahren, viele Tausende zur Vornahme von städtischen Bauten bewilligt hat. Diese Bauten, meine Herren, können jedoch selbstverständlich nur im Weichbilde der Stadt vorgenommen werden, und däher in der Regel nur in Regulirungen, Kanalisirungen, Pflasterungen, also in solchen Arbeiten bestehen, zu denen immerhin eine fachmännische Bildung nothwendig ist, bei welchen daher die hier in Rede stehenden Arbeiter eine hinreichende Beschäftigung nicht finden können. Auch wird die Stadtgemeinde wohl demnächst den Bau jener Straße beginnen, welche aus Anlaß der Erweiterung des Bahnhofes zur kürzern Verbindung der Stadt Reichenberg mit der sogenannten Jeschkenstraße nothwendig ist.

Bei dieser Straße glaubt die Stadtgemeinde Schon eine größere Anzahl von Arbeitern verwenden zu können, allein da diese Straße nur eine Länge Von 619° hat, so wird das Verhältniß jener Arbeiter, die bei diesem Straßenbau Beschäftigung finden, zu dem der übrigen notheidenden Arbeiter auch kein günstiges fein können.

Die Stadtgemeinde hat zwar auch eine Petition an das hohe Ministerium gerichtet, in welcher gebeten wurde, es möge der Ausbau der Eisenbahnlinie Reichenberg, Gablonz, Tannwald bald bewerkstelligt werden; durch den Bau dieser Linie würden alle übrigen vom Landesausschüß projektirten, beziehungsweise von den Gemeinden angesuchten Rothstandsbauten überflüssig geworden sein. Allein Sr. Exc. der Herr Handelsminister hat mit Erlaß vom 2. März dem Magistrate bedeutet, daß die Ausführung dieser Eisenbahnlinie schon im Hinblick auf die diesfalls erforderliche legislative Erwirkung der nach Artikel V des Gesetzes vom 9. Juli 1871 vorbebaltenen Garantie Erhöhung wie nicht minder in Berücksichtigung der dem garantirenden Staatsschatze aus den übrigen Linien der süd norddeutschen Verbindungsbahn erwachsen-

den namhaften Kosten keinesfalls für die nächste Zukunft in Aussicht gestellt werden kann.

Andere Ressourcen stehen der Stadtgemeinde Reichenberg nicht zur Verfügung; sie hat daher ein großes Interesse baran, baß auch die in den umliegenden Bezirken projektirten Rothstandsbauten ausgeführt werden. Aber auch diese Bezirke beziehungsweise Gemeinden werden gewiß Alles thun, was in ihren Kräften steht. Vom Reichenberger Bezirke insbesondere ist mir bekannt, daß die von mir genannten 5 Gemeinden nicht nur die Gründe zum Straßenbau unentgeltlich beistellen, sondern auch zu jeder dieser Straßen einen freiwilligen Beitrag von 2000 st. leisten werben.

Was diese Gemeinden thun, das werden auch die Gemeinden in den anderen Bezirken thun; sie Werden es thun müssen, weil sie sonst nach dem Absatze 3 des Landesausschußantrages überhaupt von jeder Subvention ausgeschlossen wären.

Die dritte Einwendung, die man mir machen könnte, ist die, daß Rothstandstraßenbauten kein geeignetes Mittel sind, um die arbeitslose Bevölkerung zu beschäftigen.

Meine Herren! Wenn derjenige, der diese Einweisungen erhebt, gesehen hätte, wie im heurigen Winter Tuchmachergehilfen, die bessere Zeiten genossen haben, in der Stadt Reichenberg willig Spitzhacke und Schaufel in die Hand nahmen, um aus den Gassen Reichenbergs auf Kosten der Stadtgemeinde, die daselbst aufgehäuften Schneeund Eismassen hinauszuschaffen, so würbe er diese Einwendung gewiß nicht aufrecht erhalten. Ich bin übrigens im Besitze einer diesfälligen, mir aus Krazzauer Bezirksvertretungskreisen zugekommenen Kundgebung, in welcher es heißt: "Die vom Landesausschusse zur Linderung des Rothstandes unserer Gegend bisher getroffenen Vorkehrungen haben eine freudige Hoffnung in den Klassen der nach Brot schreienden Arbeiterbevölkerung wach gerufen und sind sind deshalb von Seite des Bezirks-Ausschusses bereits Schritte eingeleitet, Welche den Bau einzelner Straßen zur Folge haben sollen, wenn dem Bezirke eine Unterstützung aus Landesmitteln zugesagt wird. Die vom Landesausschusse geltend gemachte Ansicht, daß der Straßenbau früher das richtige Mittel nicht war, den arbeitenden Klassen Brot zu verschaffen, weil zu solchen Arbeiten größere Körperkraft erforderlich ist, mag richtig sein, allein heute ist wohl zu bedenken, daß Roth Eifen bricht und daß bei dem Umstande, als die Folgen der herrschenden Kalamität noch lange nicht abzusehen sind, so mancher zur Hacke und Schaufel greifen wird, um den Hunger seiner darbenden Familie zu stillen. Nur wird dabei Humanität walten müssen. "

Ja, meine Herren! Humanität wird walten müssen, sie wird aber auch walten können, wenn der Straßenbau überall in eigener Regie von den

Gemeinden geführt wird und wenn den Gemeinden zur weitern Unterstützung der Nothleidenden Bevölkerung nebst der Straßenbaudotation jene Vorschüsse gewährt werden, welche den Gegenstand des Antrags der Budgetkommission bilden.

Man sagt, daß die Nochstandsstraßenbauten deswegen kein geeignetes Mittel seien zur Linderung des Nothstandes, weil die Straßenbauten in der Regel verpachtet werden und den Nutzen davon nicht die darbende Bevölkerung, sondern die Pachter und die von ihnen herbeigeholten fremden rüstigen Arbeiter ziehen.

Meine Herren!

Ich habe bereits erwähnt, daß es im Interesse der Nothleidenden Gemeinden sein wird, solche Straßenbauten in eigener Regie durchzuführen und es wird dies wohl auch geschehen müssen, weil sonst nach Absatz 1 der vom Landesausschusse gestellten Anträge die betreffenden Gemeinden eine Unterstützung aus Landesmitteln abermals nicht bekommen könnten, indem es ja im §. 1 heißt, daß die Straßenbautendotation pr. 50. 000 sl. ausbrücklich zu dem Zwecke eingestellt werden solle, um den Arbeitern der verschiedenen Industriebranchen, welche wegen anhaltender Geschäftsstockung in den Bezirken Gablonz, Tannwald, Reichenberg, Kratzau und Friedland in Nothstand gerachen find, Arbeit und Brod zu geben. Die Verpachtung wird gar nicht zulässig sein.

Endlich sagt man, daß Nothstandbauten deshalb keine geeigneten Mittel seien, dem Nochstande abzuhelfen, weil viele Bezirksvertretungen noch nicht die diesfälligen Beschlüsse gefaßt haben, weil nicht alle Straßenprojekte vorliegen, u. s. w. Meine Herren, diesem Einwand hat der Landesausschuß selbst Bereits dadurch die Spitze abgebrochen, daß er im Absatz 4 seines Antrages sagt: ES möge der Landesausschuß angewiesen werden, behufs der Tracirung der zu bauenden Straßen, sowie zur Ausarbeitung der Pläne und Kostenüberschläge so viel als möglich Landesingenieure zuzuweisen.

Wenn ich nun dem noch beifüge, daß der Landesausschuß ja auch ein Mitglied aus seiner eigenen Mitte, also einen Landesausschußbeisitzer an Ort und Stelle senden, daß dieser dort mit den Bezirksvertretungen unmittelbar verhandeln und auf Grund der Verhandlungen sofort an Ort und Stelle im Namen des Landes-Ausschusses Entscheidungen treffen könnte, dann meine Herren, kann es gar keinem Anstand unterliegen, daß sofort, wenn günstige Witterung eintritt, mit dem Straßenbau Begonnen werden könnte.

Ich glaube somit nachgewiesen zu haben, meine Herren, daß der h. Landtag vollständig in der Lage ist, meiner Bitte Statt zu geben, welche dahin gebt; es wolle

1. der Antrag der Budgetkommission genehmigt und

2. auch dem Antrage des Landesausschusses, den ich hiemit als Zusatzantrag aufnehme, die Genehmigung gütigst ertheilt werden.

Ich schließe, meine Ferren, mit den schönen Worten des Landesausschußberichtes:

"Daß die Staats-Verwaltung Bei Zeiten Fürsorge zu treffen hat, um die traurigen Folgen einer weit verbreiteten Hungersnoth, wenn nicht ganz zu Beseitigen, so doch zu mildern, kann wohl von gar Niemanden Bezweifelt werden. Der hohen Landesvertretung steht dagegen das schöne Recht, aber auch die verantwortungsvolle Pflicht zu, der Regierung die Mittel zu einem solchen fürsorglichen segensreichen Wirken zu gewähren. '' Ich schließe meine Herren mit den Worten, mit denen uns Se. Durchlaucht der Herr Oberstlandmarschall am 7. März. l. J. gelegentlich der Eröffnung des Böhm. Landtages begrüßte: "Den wirthschaftlichen Fragen dürfte eine mehrfache Aufmerksamkeit zufallen und wird der Landtag zur Auffindung entsprechender Mittel, um den Nothleidenden beizuspringen und die Wohlfahrt der Landesgenossen zu fördern, den patriotischen Eifer und die unparteiische Mitwirkung aller dem Wohle des Landes ergebenen Vertreter in Anspruch zu nehmen habend Ich schließe endlich mit dem Hinweis darauf, daß das nördliche Böhmen, wenn auch mit banger Erwartung, doch vertrauensvoll in diesem Augenblicke der Entscheidung des h. Landtags entgegensieht.                      

Meine Herren, erfüllen Sie diese Hoffnung, der Dank von Tausenden Bedrängten Menschenherzen wird Ihr Lohn sein. (Bravo, Bravo!)

Oberstlandmarschall: Ich Bitte, hat der Herr Antragsteller angenommen, daß alle 5 Anträge des Landesausschusses in seinen Antrag einbezogen werden?

Abg. Jahnel: Sämmtliche, Durchlaucht! Ich nehme sämmtliche Anträge des Landesausschusses als Zusatzantrag zu dem Antrage der Budgetkommission auf.

Oberstlandmarschall: Der H. Antragsteller stellt folgenden Antrag:

Landtagssekr. Schmidt: Der hohe Landtag wolle beschließen:

I. Die Straßenbaudotation des Jahres 1876 wird ausnahmsweise um den Betrag von 50. 000 sl. ö. W. erhöhte und ist diese Summe zur Subventionirung von solchen Straßenbauten zu verwenden, welche in den Bezirken Gablonz, Tannwald, Reichenberg, Kratzau und Friedland entweder von den Bezirken oder von Gemeinden zu dem Zwecke unternommen werden, um den Arbeitern verschiedener Industriebranchen, welche durch anhaltende Geschäftsstockung in Nothstand gerathen sind, Arbeit und Brod zu verschaffen.

II. Diese außerordentliche Vermehrung der Straßenbaudotation des Jahres 1876 hat ihre Bedeckung in den Kassaresten des Landesfondes, und insbesondere in dem nicht verausgabten Tcheilbetrage von 49. 314 fl. ö. W. zu finden, welcher von dem mit dem Jahresbubget pro 1875 bewilligten und zur Gewährung von Personalzulagen für besonders bedürftige Volksschullehrer bestimmten Betrage von 100. 000 fl. ö. W. in Ersparung gebracht worden ist.

Für den Fall, als der hohe Landtag in die Vertheilung dieser Subventionssumme nicht selbst eingehen würde, wäre noch weiter zu beschließen:

III.    Die Auswahl der zu subventionirenden Straßenbauten und die Bestimmung der Höhe der Subventionen bat der Landesausschuß nach genauer Erwägung aller Verhältnisse und nach Einholung des Gutachtens der (andesfürstlichen Behörden zu treffen.

Hiebei hat als Grundsatzi zu gelten, daß zu den Baukosten die betheiligten Korporationen oder Privatpersonen zunächst beizutragen haben, sowie daß die Subvention aus Landesmitteln nur zur leichteren und rascheren Ausführung der Bauten zui gewähren ist.

IV.   Der Landesausschuß wird angewiesen, behufs der Tracirung der zu bauenden Straßen, sowie zur Ausarbeitung der Pläne und Kostenüberschläge so viel als möglich Landesingenieure zuzuweisen, sowie auch die Bauausführung selbst nach Maßgabe des Bedarfes durch Landesingenieure überwachen zu lassen.

V.    Der Landesausschuß hat vor Gewährung der Subvention dafür zu forgen, daß von den betreffenden Bezirken die Uebernahme der fertigen Straßen in die Regie und Erhaltung den Bezirken Zitgeficheit werde.

I.   Dotace roku 1876 na stavby silnièní povolená, zvyšuje se výjimkou o sumu 50. 000 zl. r. m., a budiž suma tato obrácena na udílení subvencí takovým stavbám silnièním, které v okresích Jablonském, Tannwaldském, Libereckém, Chrastavském a Fridlandském podniknuty budou buï od okresù buï od obcí k tomu konci, aby se dìlníkùm rozlièných závodù prùmyslových, stále trvajícím váznutím obchodu v nouzi uvrženým, poskytla práce a výživa.

II.   Mimoøádné toto zvýšení silnièní dotace stavební roku 1876 uhraženo budiž pokladniènými pøebytky zemského fondu, zvláštì pak nevydanou èástkou 49. 314 zl. r. m., která uspoøena byla ze sumy 100. 000 zl. pøi vyøízení zemského rozpoètu na rok 1875 k tomu úèeli povolené, aby se z ní poskytly osobní pøídavky uèitelùm národních škol, pomoci takové zvláštì potøebujícím.

Kdyby slavný snìm subvenci nadøeèenou sám rozdìliti nehodlal, mìlo by se dále uzavøíti:

III.    Zemský výbor, uváživ døíve zevrubnì pomìry veškeré a vyžádav sobì dobré zdání úøadù zemìpanských, ustanoví, na kterou stavbu silnièní udìliti se má subvence, a vymìøí též výši subvence.                                          

V pøíèinì té platiti má zásada, že k nákladu stavebnímu korporace aneb osoby soukromé, jichž se týèe, pøedevším pøispívati maji, jakož i že se subvence zemská toliko k tomu úèeli udìluje, aby stavby snáze a rychleji provésti se mohly.

IV.   Zemskému výboru ukládá se, aby okresùm a obcím za úèelem vytýèení smìru silnic, jež se stavìti mají, a k vypracování plánù a rozpoètù, pokud nejvíce možná inženýry zemské pøikázal, jakož aby k provedení staveb podle potøeby skrze inženýry zemské dohlížel.

V.   Než se subvence udìlí, má zemský výbor peèovati o to, aby okresové, jichž se týèe, pøípovìï dali, že dokonané silnice pøevezmou ve správu a vydržování na úèet okresu.

Oberstlandmarschall: Diejenigen, welche diesen Antrag unterstützen, wollen die Hand erheben.

Kteøí ten návrh podporují, nech pozdvihnou ruku. (Stane se).

Der Antrag ist unterstützt, und steht in Verhandlung.

Der Herr Abgeordnete Seidemann hat das Wort.

Abg. Seidemann: Ich bin dem verehrten Kollegen Herrn Jahnel zu großem Danke dafür verpflichtet, daß er sich mit warmer Fürsprache unserer nothleidenden Bezirke annahm und indem ich die volle Wahrheit Seiner Ausführungen anerkenne habe ich nichts hinzuzufügen, als die Bitte, der h. Landtag wolle dem Antrage des H, Jahnel seine Zustimmung ertheilen und dadurch in Ertheilung von Vorschüssen und Straßenbausubventionnen bei dem großen Mangel unserer darbenden Gebirgsbewohner denselben zum nothdürstigen Lebensunterhalte und zur Arbeit verhelfen. (Bravo!)

Oberstlandmarschall: Der Herr Abg. Neumann hat das Wort.

Abg. Neumann: Ich kann mich dem vom Herrn Abg. Jahnel gestellten Antrage, womit den. politischen Bezirken Friedland, Reichenberg, (Gablonz zur Unterstützung der nothleidenden Arbeiter eine Subvention von 50. 000 fl. und ein Vorschuß in derselben Höhe gegeben werden soll, aus vollem Herzen anschließen!                                        

Nachdem derselbe die Nothlage der ganzen Arbeiterbevölkerung dieser Bezirke in so Warmen und wahrheitsgetreuen Worten geschildert, bleibt mir wohl nichts anderes übrig, als speziell auf die Bezirke Gablonz, Tannwald hinzuweisen.

Diese beiden Bezirke haben eine Bevölkerung von mehr als 52. 000 Seelen, welche sich, beinahe

ausschließlich durch die Industrie ernähren. Die Hauptindustriezweige dieser Bezirke sind Baumwollspinnereien, Baumwohl- und Thibetwebereien und die Glasindustrie und letztere in der ausgebreitetsten Weise.

Nun kann ich zur Ehre, der ganzen Bevolkerung konstatiren, daß sie sehr thätige und fleißige Arbeiter sind, die sich zu jeder Arbeit qualifiziren, denn heute kann man denselben Arbeiter als Baumwollspinner, morgen als Weber, und Später als Glasspinner oder Glasschleifer finden, je nachdem das eine Geschäft florirt oder stockt. Ich bin nun schon länger als 40 Jahre Selbständiger Geschäftsmann und muß sagen, ein solches Darniederliegen alter Geschäftszweige ist mir noch nicht vorgekommen, und unbedingt die Richtigkeit des Berichtes der k. k. Bezirkshauptmannschaft Gablonz bestätigen muß, daß hunderte Arbeiter brodlos sind, und was auch als schlagender Beweis durch die so schreckliche Zunahme der Auswanderung unserer so braven Arbeiterbevölkerung illustrirt wird. Was nun die in dem Berichte des h. L. -A. angeführte Bemerkung und der Budget-Kommission anbelangt, daß durch Nothstandsstraßenbauten der Noch der Arbeiter nicht abgeholfen wird, indem sich die nothleidenden Arbeiter dazu nicht eignen, muß ich gerade auf das Nothjahr von 1847 hinweisen, wo ebenfalls alle Geschäfte stockten, die Preise aller Lebensmittel eine erschreckende Höhe erreichten und dadurch der Hungertyphus in unseren Gebirgen bereits ausgebrochen war, konnte demselben nur durch die Sofortige Inangriffnahme der Riesengebirgsstraße gesteuert werden, wo auch hunderte unserer Arbeiter ihren Erwerb und Nahrung fanden.

Soll nun dieser nothleidenden Bevölkerung Hilfe geschafft Werden, so muß dies in ergiebigerer Weise als es von, der Budgetkommission beantragt wird, geschehen, weshalb ich die dringende Bitte steife: Der hohe Landtag wolle den Antrag des Hrn. Abg. Jahnel annehmen. Sollte der h. Landtag diesem Antrage nicht zustimmen, so würde ich mir den eventuellen Antrag zu stellen erlauben, welcher, dahin gehr Hoher Landtag wolle, beschließen, es sei dem L. -A. ein Betrag von 100. 000 sl. aus den Kassaresten zuzuweisen, welchen derselbe als unverzinslichen Vorschuß gegen 20jährige Zurückzahlung an die Gemeinden oder Bezirke der politischen Bezirke Friedland, Reichenberg und Gablonz und gegen deren Haftung ausfolgen könne.

Indem ich nun versichern kann, daß diese Betrage gewiß nur den Nothleidenden dieser Bezirke Zugeführt Werden, die sie unbedingt benöthigen, bitte ich? nur, das h. Haus wolle diesen eventuellen Antrag annehmen. (Bravo! Bravo!)

Oberstlandmarschall: Ich bitte, das ist wohl in Abänderungsantrag zu dem Antrage, den die Budgetkommission gestellt hat.

Abg. Neumann: Ich würde in erster Reihe

für den Antrag des Hrn. Abg. Jahnel stimmen, und bitte, wenn dieser fällt, meinen Antrag zur Abstimmung zu bringen.

Oberstlandmarschall: Ich muß Ihnen die Aufklärung geben, daß der Antrag der Budgetkommission in der Abstimmung ja vorausgehen wird, weil der Antrag des Herrn Jahnel ein Zusatzantrag ist, und wenn Sie den Ihrigen zum Ausdruck gebracht haben wollen, müssen Sie ihn als Abänderungsantrag des Budgetkommissionsantrages stellen.

Se. Excellenz der Herr Statthalter hat das Wort.

Sr. Exc. der Herr Statthalter v. Weber: Ich sehe mich veranlaßt, die Geduld des h. Hauses mit wenigen Worten in Anspruch nehmen zu müssen, weil der hier vorliegende Bericht zu der Meinung führen könnte, als daß die Behörden den faktischen Stand der Nothlage in den Bezirken Gablonz in übertriebener Weise dargestellt hätten. Ich leugne nicht, daß einige Details über einzelne Gemeinden wie sie hier vorliegen, allerdings eine Kritik hervorzurufen geeignet find, aber im Großen und Ganzen ist der Nothstand in jenen Gegenden allerdings ein sehr großer.

Insbesondere ist die Auswanderungsfrage, wie sie dort an der Tagesordnung ist, ein Symptom, wie es seit Langem nicht vorlag, und wie in anderen Gegenden Böhmens es nicht vorkömmt. Während anderwärts wohl Auswanderungen stattfinden, beschränken sich dieselben immer nur auf einzelne Individuen oder wenige Familien. Dort aber ist die Anzahl der Auswandereranmeldungen schon auf mehrere hunderte gestiegen.

Wie eben der Herr Abg. Jahnel bereits erwähnt hat, ist dieses Symptom sehr zu beachten, und wenn nun, wie der Herr Abg. aus jener Gegend versichert, Nothstandsbauten keineswegs unpraktisch find, sondern dort, wo der Hunger auch zu einer ungewohnten Arbeit zwingt, auch gute praktische Erfolge haben soll, geeignet find Hilfe zu schassen, so erlaube ich mir den angehörten Antrag dem h. Hause auch vom Standpunkte der Regierung, welche jenem Zustande der nördlichen Gegenden alle Aufmerksamkeit widmet, bestens zu empfehlen. (Bravo!!)

Oberstlandmarschall: Der Antrag, welchen Hr. Abg. Neumann stellt, lautet;          

Hoher Landtag wolle beschließen, es sei dem L. -A. ein Betrag von 100. 000 sl. aus den Kassaresten zuzuweisen, welchen derselbe als unverzinslichen Vorschuß gegen 20jährige Rückzahlung an die Gemeinden und Bezirke der politischen Bezirke Reichenberg, Friedland und Gablonz und gegen deren Haftung ausfolgen kann.

Sn. akt. Lederer: Sl. snìme raèiž se usnésti takto: Zemskému výboru budiž pøikázána èástka 100. 000 zl. z kasovních pøebytkù,

kterou co nezúroèitelnou zálohu proti dvacetiletému splácení obcím neb okresùm politických okresù libereckého, fridlandského a jabloneckého proti jich zaruèení udìliti mùže.

Oberstlandmarschall: Ich bitte Diejenigen, welche diesen Antrag unterstützen, die Hand zu erheben.

Kteøí ten návrh podporují, nech pozdvihnou ruku. (Stane se. )

Der Antrag ist unterstützt und steht in Verhandlung.

Herr Dr. Volkelt hat das Wort.

Dr. Volkelt!

Hoher Landtag!

Der hohe Landtag möge auch mir gestatten, einige Worte im Interesse der nothleidenden Bezirke zu sprechen; ich nenne diese Bezirke mein Heimatland, durch die Wahl dieser Bezirke bin ich in den Landtag entsendet worden.

Es sind mir auch die Verhältnisse näher bekannt, und insbesondere dadurch, daß ich im Laufe der letzten Zeit eingehende Berichte von unterrichteten Persönlichkeiten erhalten habe, kenne ich die Sachlage ziemlich genau.

Ich werde das h. Haus nicht damit ermüden, daß ich auf das nähere Detail der wirklich traurigen Zustande eingehe. Diese Daten sind in hinreichendem Umfange von meinem Herrn Vorgänger gegeben worden. - Ich kann nur das Eine bestätigen, daß aus allen Mittheilungen, welche aus diesen Bezirken mir zukamen, das Eine hervorgeht, daß die Noth zwar sehr groß sei, aber leider noch immer nicht den Höhepunkt erreicht habe, indem es sehr leicht möglich ist, daß der Nothstand noch viel größere Dimensionen annehme, als die gegenwärtigen sind. Auch die Budgetkommission hat sich dem nicht verschlossen, daß der Nothstand, wenn sie ihn auch nicht so annimmt, wie er in den Berichten geschildert wird, doch ein so bedenklicher sei, daß es zweckmäßig ist, von Landeswegen Hilfe zu schaffen.

Ich billige vollkommen, daß die Budgetkommission den Standpunkt festhält, daß nicht das Land allein in solchen Kalamitäten zu helfen und beizuspringen habe, sondern alle Faktoren, welche berufen sind mitzuwirken, einem derartigen Nothstande zu steuern.

Es handelt sich aber darum: Sind die Mittel, welche von Seiten der Kommission in Vorschlag gebracht worden sind, gegenüber den Anträgen des Landesausschusses hinreichend, oder kann überhaupt mit ihnen derjenige Zweck erreicht werden, der angestrebt wird. Die Kommission ist von dem Standpunkte ausgegangen, daß der Vorschlag des Landesausschusses Nothstandstraßen oder wenigstens subventionirte Straßen zu bauen nicht zureichen, nicht zum Ziele führen würde, und hat sich vor Allem auf 2 Momente gestützt. Das eine Moment geht

dahin, daß längere Vorbereitungen nothwendig sind, weil überhaupt zum Baue Zeit nöthig, der Nothstand aber so groß sei, daß augenblickliche Hilfe erforderlich ist.

Das zweite Moment geht dahin, daß wenn auch die Straße gebaut Werden sollte, doch nicht alle diejenigen, welche nothleidend sind, zur Arbeit gebraucht werden können. Mit Rücksicht auf die Nothlage glaube ich, daß der Landesausschuß in Aussicht genommen hat, auf rascherem Wege dahin zu kommen, daß der Straßenbau ermöglicht werden soll. Es wurde also höchst wahrscheinlich die Bauarbeit nicht auf gewöhnlichem Wege durchgeführt werden.

Was aber die Behauptung betrifft, daß die Weber zu derartigen Schwierigen Arbeiten ungeeignet sind, so wurde bereits von Sr. Exc. dem H. Statthalter die Mittheilung gemacht, daß das ja auch in frühern Zeiten, wo derartige Straßen von Leuten gebaut worden sind, die sonst schwere Arbeit nicht gewöhnt waren und damals doch zu dieser Arbeit gegriffen haben, weil sie eben keine andere hatten und weil der Hunger sie hiezu trieb.

Es, scheinen deshalb die Gründe, aus welchen von Seite der Kommission der Antrag des L. =A. beseitigt wurde, nicht vollkommen stichhältig und es wird der Antrag des Landesausschusses immer noch aufrecht erhalten werden können. Jene Kommission geht aber von dem Standpunkte aus, daß es zweckmäßiger wäre, und daß das für Nothstandsangelegenheiten zu verwendende Geld besser verwerthet werden könnte, wenn man Bezirken und Gemeinden Vorschüsse u. z. unverzinsliche Vorschüsse für eine längere Reihe von Jahren gewähre, und weist darauf hin daß auf diese Weife die Bezirke in die Lage kämen, die Erfüllung ihrer gesetzlichen Pflichten gegenüber unschuldig verarmten Arbeitern zu erfüllen. Es scheint mir dies gewissermaßen ein Hinweis auf das Armengesetz zu sein, welchem nach die wesentliche Pflicht der Gemeinde des Bezirkes darin besteht, daß wenn irgend jemand nicht im Stande ist seine, Existenz zu fristen, er in die Armenversorgung einbezogen werden soll. ES handelt sich aber bei diesem Bezirke nicht darum, daß die Leute die Armenversorgung antreten, sie wollen ja arbeiten, es ist aber keine Arbeit zu haben.

ES scheint mir aber, daß noch etwas Weiteres dabei zu berücksichtigen sei. Es wird dem Landesausschusse aufgetragen, derartige Vorschüsse nach Bedarf und gegen Garantie der Gemeinden und Bezirke auszufolgen. Wenn ich nun einen Blick in die vom Landesausschusse vorgelegten Tabellen über die Steuerzuschläge werfe, so stellt sich heraus, daß der Bezirk Friedland eine gesammte Stenerkraft von 112. 000 fl., u. z. in 35 Gemeinden reprasentirt, daß neben dem in Kapitalien bestehenden Gemeindevermögen von 63. 000 fl. noch ein un-

bewegliches Vermögen von 2710 fl. existirt. Die Gesammtumlage betragt aber gegen. 70 %. Der Bezirk Gablonz hat 52. 900 fl. Steuerkraft. Freilich ist der Bezirk reicher an Gemeindevermögen, er hat dagegen 136 % Umlagen. Der Bezirk Reichenberg hat eine gesammte Besteuerung von 77. 900 fl., ein Gemeindevermögen von lediglich 10. 500 fl. bei einer Umlage von 85 °/o.

Wenn nun die Refundirung dieser Vorschüsse eintreten soll, wenn von Seite der Gemeinden oder der Bezirke dafür Garantie übernommen werden sollen, daß die Vorschüsse zurückerstattet werden, so bleibt nichts übrig, als neue Umlagen aufzulegen, um eben die Vorschüsse zurückzahlen zu können. Und ich würde mir erlauben, darauf aufmerksam zu machen, ob eine namhafte Steigerung der bereits so hoch gestiegenen Umlagen räthlich oder auch nur möglich ist. ES würde sich aber, wenn von Seite der Gemeinde wirklich den Intentionen der Kommission entsprochen werden sollte und sie den guten Willen haben, die Vorschüsse zurückzuzahlen, die Gemeinden bereits im nächsten Jahre daran gehen müssen, Umlagen auszuschreiben, um diese Beträge zurück zu bezahlen. Run ist aber im gegenwärtigen Augenblicke durch die lange Arbeitslosigkeit die dortige Gegend derartig erschöpft, daß sie sich nothwendig eine Zeit lang erholen muß, bevor überhaupt daran gegangen werden kann, auch nur die gewöhnlichen Umlagen ohne Ueberaustrengung zu zahlen. Die Gemeinden dürften demnach wohl kaum in die Lage kommen, von der Wohlthat der ihr von der Kommission gebotenen unverzinslichen Vorschüsse Gebrauch zu machen. Wenn das nun nicht der Fall ist, so ist der ganze Antrag, den die Kommission gestellt hat, ohne den erwünschten Erfolg. Besser jedoch stellt es sich, wenn der Antrag des Landesausschusses mit dem Antrage der Kommission kombinirt wird und zwar in der Weife, daß dem Landesausschusse die Möglichkeit gegeben ist 50. 000 fl. zu Straßenbauten zu verwenden, und 50. 000 fl. in dieser Weise wie die Kommission beantragt.

sind die Gemeinden nicht in der Lage, derartige unverzinsliche Vorschüsse aufzunehmen, dann ist der Landesausschuß in der Lage, wenn er große Roth und die Unmöglichkeit, ihr anders abzuhelfen, steht, mittelst einer Subvention für Straßenbauten einzuschreiten.

Meine Herren, ich erlaube mir mit Rücksicht auf die ganzen mir bekannten Verhältnisse, und das was ich die Ehre hatte hier zu entwickeln, den Antrag des Herrn Abg. Jahnel wärmstens zu empfehlen. (Bravo! Bravo!)

Oberstlandmarschall: Wünscht noch jemand das Wort?

Žádá nìkdo za slovo?

Die Debatte ist geschlossen.

Rokování jest ukonèeno.

Der Berichterst. H. Dr. Görner hat das Wort.

Berichterstatter Dr. Görner. Hoher Landtag! Die Budgetkommission hat in keiner Weise geläugnet oder auch nur läugnen wollen, daß in den hier angeführten und in Rede stehenden Bezirken ein Rothstand in Folge Geschäftsstockung vorhanden ist. Allein daß dieser Rothstand in dem Berichte, wie schon im Berichte des Landesausschusses sowohl als auch der Budgetkommission angeführt wurde, in einer Weife dargestellt worden ist, welche denselben noch viel größer erscheinen läßt, das, glaube ich, braucht nicht weiter bewiesen zu werden, nachdem aus dem Citate des Berichtes sich der Schluß von selbst ergibt. Ich will durchaus nicht, behaupten, daß die Absicht in irgend einer Weise verdammlich ist, es liegt ihr gewiß nur ein allzugroßer Cifer zu Grunde und man kann ihn in diesem Falle keinesfalls verwerstich nennen; es ist eben die allzu große Sorge für den Bezirk, Welcher dazu beigetragen hat, die Verhältnisse vielleicht etwas ärger darzustellen, als sie wirklich sind. Die Budgetkommission hat bereits in ihremBerichte angeführt und ich kann das nur wiederholen, daß, wenn in der Weife vorgegangen wird, wie im Gablonzer politischen Bezirke vorgegangen wurde, daß man eine förmliche Konskription der Armen aufgenommen hätte (Rufe: sehr gut, hört!) daß man, wie es in einem Späteren Berichte heißt, die Armen von Haus zu Haus konskribiren ließ, daß wenn, sage ich, eine Solche Konskription in welchem Theile des Landes immer vorgenommen wird, wir dann eine ziemliche Anzahl und recht ansehnliche Tabellen von Rothleidenden finden werden (Rufe: ja wohl). Denn es stelsst sich heraus, daß auch in ackerbautreibenden Bezirken kein allzu großer Uebersluß herrscht (Rufe: ja wohl, sehr richtig); es ist auch) in ackerbautreibenden Bezirken in den letzten Jahren ein bedeutender Rothstand eingetreten, nicht blos in jenen Bezirken, welche an den hohen Landtag herangetreten find, um Subventionen zu erhalten, sondern auch in allen, ich behaupte, in allen anderen Bezirken des Landes (bravo!).

Es muß daher die Budgetkommission, welche insbesondere für die regelmäßigen Einnahmen und Ausgaben des ganzen Landes zu sorgen und dafür ihre Anträge zu stellen hat, nicht blos den einen Theil des Landes berücksichtigen, sondern auf alle Theile Rücksicht nehmen und muß darnach ihre Anträge einrichten (bravo!). Wenn behauptet wird, daß die 50. 000 ff. vorhanden find, daß sie daher, so wie die zweiten vom H. Abg. Jahnel aufgeführten 50. 000 st. aus den vorhandenen Baarschaften genommen werden könnten, und daß daher eine Belastung der Steuerträger nicht vorhanden sei, so ist das meiner Ueberzeugung nach eine Täuschung (Rufe: richtig): denn wenn man diese 50. 000 fl. und die zweiten 50. 000 fl. vorhanden hat, so werden sie ja auch für Landeszwecke verwendet.


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