Pátek 4. února 1921

Aber in der Ernährung speziell haben wir eine vollkommene Unzufriedenheit in den Kreisen, welche mit dem Zwangssystem zu tun haben. Das sind erstens die Produzenten, zweitens die Vermittler zwischen Produzenten und Konsumenten und drittens die Konsumenten. Heute sind diese drei Kreise, aus denen sich die ganze Bevölkerung dieses Staates zusammensetzt, mit dem System der Zwangsbewirtschaftung unzufrieden, weil es die Nervosität, die der Krieg mit sich gebracht hat, nicht zur Ruhe kommen läßt. Wenn heute der Bauer nicht weiß, ob er die Ernte frei verkaufen kann und wie teuer, dann kann man sich vorstellen, daß er nervös wird und unzufrieden, daß er weniger anbaut, als er sonst anbauen würde. Wenn der Händler nicht weiß, ob er etwas verkaufen darf und wie teuer, kann ich mir ganz gut vorstellen, daß er unruhig wird und an seinem Geschäfte keine Freude mehr hat. Der Konsument kann erst recht nicht zufrieden sein, weil er zu fortwährendem halben Hungern verurteilt ist; er bekommt wochenlang eine genügende Ration, dann wird, warum weiß er nicht - die hohe Regierung wird es wissen - die nächste Woche nur ein halbes Brot ausgegeben und die nächsten sechs Wochen wird es ebenso schlecht bleiben. Wenn es gut geht, bringt Minister Hotowetz Mehl aus England mit, und wenn es schlecht geht, keines. Jede Hausfrau fragt: Was wird werden? Diese Nervosität ist der beste Nährboden für den Bolschewismus, für diese ganzen aus der Art schlagenden Ideen, die sich in der großen Menge der Leute festsetzen und die dann schließlich, wenn sie in die Tat umgesetzt werden, zum Zusammenbruche der Kultur führen müssen. Ein solches System, das sich auf dem Gebiete der Ernährung als vollkommen verfehlt herausgestellt hat und wo in allen Staaten daran gearbeitet wird, es zu stürzen und durch das System, mit dem wir gut gefahren sind, wieder zu ersetzen, ein solches System will man jetzt auf ein ganz neues Gebiet verpflanzen. Man will Menschen nicht freizügig sein lassen, sondern seßhaft machen, man will sie zwangsweise seßhaft machen, man willsie zwingen, ich möchte sagen, sich nicht bloß Ausfuhrscheine für Waren, sondern für ihre Person zu verschaffen, welche er auf der èechoslovakischen Staatseisenbahn von einem Ort zum anderen verfrachten will. (Pøedsednictví se ujal pøedseda Tomášek.)

Ein solches System würden wir in einem anderen Staatswesen selbstverständlich nicht stützen, weil wir wissen, daß es zum Ruin führt. In diesem Staate, der nicht unser Staat ist, weil wir nur Heloten sind, weil wir nur da sein sollen, für diesen Staat Steuern zu zahlen und zu arbeiten, aber keine Rechte besitzen, in diesem Staate ist uns das recht. Je unzufriedener, je mißmutiger die Staatsbürger mit dem Staate und seinen Einrichtungen sind, desto lieber kann uns das sein und wir können der Mehrheit des hohen Hauses immer nur den Rat geben: Wenn Ihr auf diesem Wege bleibt, den Ihr bisher gegangen seid, seid Ihr auf dem besten Wege, wo wir Euch haben wollen. Ihr könnt für uns keine geschicktere und bessere Politik machen, als die, die Ihr bisher gemacht habet, wir raten Euch dringend, bleibt dabei!

Das Gesetz hat natürlich einige Anhänge in seinen Paragraphen. Es sind im ganzen 13, nein fünfzehn. Aber die §§ 14 und 15 schließe ich aus, die bestimmen bloß die Wirksamkeit des Gesetzes u. s. f., sogenannte Floskeln. Aber der einzige wichtige Paragraph, der mir einleuchtet, warum es gemacht worden ist, ist der § 13. Im allgemeinen sind vorher Ausnahmen festgesetzt; man läßt die Gesandten der fremden Mächte ohne Einfuhrbewilligungen herein, sie dürfen sich in Prag niederlassen; man läßt Leute, die einen Dienst haben oder in ein Amt einreisen, man läßt Dienstboten, dann auch Arbeiter natürlich frei herein, wenn die Fabrikanten ihnen Wohnung verschaffen, ferner Studierende usw. Nachher kommen dann verschiedene Fristen, die man einhalten muß. Es wird nämlich nicht so einfach sein nach diesem Gesetz, wenn es Gesetz sein wird, nach Prag hereinzukommen, wenn die Regierung tatsächlich auf Prag, und das ist wahrscheinlich, die Gültigkeit dieses Gesetzes ausdehnt. Man muß einreichen in Prag - bei der Gemeinde, in die man einreisen will - und selbstverständlich wird sich die Prager Gemeinde, die Kreise, die zu entscheiden haben, genau die Personen anschauen; eine Beschreibung muß dabei sein, ein Bild ist nicht vorgeschrieben. Dann muß man drei Wochen warten, nachher kann man abgewiesen werden; der Rekurs geht weiter an die zweite Instanz, zum Schlusse geht die genze Geschichte bis an den Verwaltungsgerichtshof, der entscheidet in geheimer Gerichtsordnung, - wenn ich recht übersetze. Ja, eine derartige Komplizierung des Reisens auszuklügeln, dazu gehört gewiß eine Kunst. Das ist nicht so einfach; schon deswegen muß man bewundern, mit welcher Virtuosität sich der Dilettantismus hier austobt.

Aber der § 13, das ist der Pferdefuß, dasienige, weswegen vielleicht das Gesetz allein geschaffen wurde. Er handelt davon, daß der Minister für die Slovakei auf Gru nd dieses Gesetzes in allen jenen Gemeinden, auf die sich das Gesetz bezieht, allerlei Leute, die nihct hingehören, keine Existenzberechtigung haben, wenu sie in anderen Gemeinden wohnhaft sind oder Wohnung bekommen, ausweisen kann. Was hinten in der Slovakei vor sich geht, davon wissen wir sehr wenig. Wir haben unlängst von Kollegen Baeran Sachen gehört, daß einem die Haare zu Berge gestanden sind. Ich weiß nicht, ob die Untersuchung eingeleitet worden ist, gegen Baeran vielleicht, aber nicht gegen die, die in das Zimmer mit den Gefangenen Bomben geworfen haben. Aber was jetzt in der Slovakei auf Grund dieses Paragraphen vor sich gehen wird, können wir uns vorstellen. Es gibt da unbotmäßige Slovaken, dann Magyaren, Deutsche und Kommunisten. Gegen alle diese Elemente, die man von regierungswegen nicht gut schmecken kann, wird man die Bestimmungen dieses Gesetzes in Anwendung bringen, und der Staatsbürger kann sich gar nicht beschweren; er kann sich nicht berufen auf den § 108 denn der ist schon abgeändert du rch das Gesetz vom so und sovielten. Alle diese Leute sind nicht gut auf die Republik zu sprechen, aber wenn jetzt das Gesetz zustande kommt, wird ihre Liebe sicherlich erwachen.

Da können wir uns lebhaft vorstellen, was das für Wirkungen haben wird, wenn der bevollmächtigte Minister für die Slovakei mit diesem Prügel in der Hand anfängt auszukehren. Es ist nackte Polizeigewalt, die an Stelle der Freiheit gestellt wird, es ist nackte Polizeigewalt und weil es diese nackte Polizeigewalt ist, die wir hier durch das Gesetz durchschimmern sehen, so ist es uns viel lieber, als wenn es mit allerlei Floskeln umgeben wird. Ich kann von den Politikern der èechischen Seite allemal lieber den Dr. Kramáø vertragen, als jene von der mittleren Seite, die immer von den Worten der Menschlichkeit und der Humanität übertriefen und von Völkerversöhnung, die aber in Wirklichkeit gerade solche Chauvinisten sind, wie er.

Sie gestatten mir, daß ich ein klein wenig mit einem geehrten Herrn Vorredner Hausmann polemisiere. Kollege Hausmann hat auf meinen Zwischenruf geantwortet, daß die Bauerleichterungen stets Bauverschlechterungen sind, das heißt, daß die Wohnungen durch Bauerleichterungen verschlechtert werden. Ich bin mit Kollegen Hausmann gewiß der Meinung, daß manche Bauerleichterungen auch Wohnungsverschlechterungen nach sich ziehen. Aber im Allgemeinen kann ich seiner Ansicht nicht zustimmen. Wenn wir das alte Baugesetz derart geschaffen hatten, daß für Kleinwohnungen auf dem Dorfe genau dieselben Vorschriften bestanden, wie für einen dreistöckigen Mietzinsbau in der Stadt, so können wir uns vorstellen, daß da Ungerechtigkeiten vorkamen, die eine unnötige Bauverteuerung bewirkten. Es sind z. B. Stiegenhäuser aus Holz mindestens eben so gut wie Stiegenhäuser aus Stein und ich kann mir ganz gut vorstellen, daß Wohnungen deswegen, weil sie Holzstiegen haben, nicht schlechter sind, als solche mit Steinstiegen. Ich kann mir nicht vorstellen, daß eine Dachwohnung immer die schlechtere Wohnung ist. Ich weiß aus eigener Erfahrung, daß ich in einer Dachwohnung sehr gesund wohne.

Es sind noch einige Fragen vom Kollegen Hausmann angeschnitten worden, er hat sich, wie gesagt, nicht auf das Gesetz beschränkt, hat die ganze Wohnungsfrage und Wohnungsreform in dem Bereich seiner Eröterung gezogen und da kam er auch auf das Problem der Bauarbeiterorganisationen zu sprechen. Ich begrüße diesen Gedanken der Bauarbeiterorganisationen auf das Wärmste. Ich kann mir vorstellen, daß sich in Zukunft, wie etwa im Mittelalter, die einzelnen Stände und Branchen zusammenschließen zu Zünften oder wenn wir sie nicht Zünfte nennen wollen, so nennen wir sie Genossenschaften, und daß sie genossenschaftlich bauen, arbeiten, auch genossenschaftlich vielleicht auch den Boden in manchen Gegenden bebauen werden. Wenn ich auch weiß, daß es stets auf die leitenden Persönlichkeiten ankommt und daß es vielleicht an der Disziplin und Aufklärung der Massen noch mangelt, daß dieser Gedanke nicht in der nächsten Zukunft lebendig werden wird, so glaube ich doch, daß für eine nicht zu ferne Zukunft dieser Gedanke fruchtbar wirken dürfte. Ich kann mir vorstellen, daß diese Baugenossenschaften, wie sie schon vor dem Kriege eingesetzt hatten, ohne übermäßigen Profit Wohnungen herstellen zum Verkauf an einzelne oder auch zum gemeinsamen Verwalten und Vermieten, daß diese Baugenossenschaften mit den Arbeitergenossenschaften zur Verbilligung des Wohnungswesens beitragen könnten. Aber letzten Endes bin ich mit seinen Ausführungen nicht einverstanden, daß die private Tätigkeit beim Häuserbau ausgeschaltet werden kann, daß alles nur entweder durch Genossenschaften oder Gemeinden gebaut werden könnte auf kommunistischer Basis oder durch andere öffentliche Körperschaften. Damit bin ich nicht einverstanden. Ich glaube vielmehr, daß wir über kurz oder lang zu dem System zurückkehren müssen, welches wir vor dem Krieg als praktikabel kennen gelernt haben. Heute ist ja die Wohnungsnot letzten Endes dadurch bewirkt, daß nicht mehr gebaut wird. Und warum nicht mehr gebaut wird, ist leicht verständlich, wenn wir sehen, daß infolge der Geldenwertung alles andere vielleicht ums zehnfache im Preise gestiegen is t, während durch das Mieterschutzgesetz der Preis für das Wohnbedürfnis künstlich auf dem alten Niveau von 1914 festgehalten wird. Das bedeutet nichts anderes, als daß man für das Wohnbedürfnis den zehnten Teil dessen bezahlt, was man sonst bezahlen müßte. Es war ein großes Glück für uns, daß wir das Mietersch utzgesetz während des Krieges im alten Österreich besaßen.

Es war damals auch ein Glück für uns, daß wir die Zentralen hatten. Aber seit wir wieder die Freiheit haben, seit wir den Frieden haben, ist es ein Un glück, an diesen Bestimmungen der Kriegs zeit festzuhalten und je länger wir daran festhalten, gegen die natürliche Flut der wirtschaftlichen Kräfte, desto schwerer wird die Katastrophe sein, wenn einmal der Damm mit Gewalt durchbrochen wird. Auf ewig lassen sich solche Schranken nicht aufrecht erhalten und es wäre hoch an der Zeit - wenn man der Regierung hier überhaupt einen vernünftigen Rat erteilen darf, wenn die Mehrheit dieses Hauses für einen vernünftigen Rat zu gänglich wäre, - daran zu denken, wie man nach und nach diesen Schutz in der Form, wie er jetzt besteht, abbaut. Nur auf diesem Wege wäre es möglich, wie der annähernd zu Verhältnissen zu kom men, wie sie vor dem Kriege bestanden. Je weniger sich ein Haus verzinst, je weniger der Hausbesitzer oder Haus bewerber sicher ist, daß er in dem Besitz nicht gestört wird, daß ihm das Haus, wenn er es gebaut hat, einfach wegeska motiert wird, je länger dieser Zustand andauert, desto weniger wird irgend wer und es muß doch jemand da sein, der das Haus baut - geneigt sein, zu bauen. Je weniger Häuser gebaut werden, desto größer wird die Wohnungsnot.

Mein verehrter Vorredner Hausmann hat ganz richtig darauf hinge wiesen, daß nicht bloß neue Häuser nicht gebaut werden, sondern daß auch die alten verfallen. Alte Häuser verfallen des wegen, weil der Hausbesitzer aus dem Mietzins, nachdem er die Steuer abge zogen hat, nicht mehr die Reparaturko sten erschwi ngen kann. Das ist der Grund, warum die Häuser verfallen, warum die Bauarbeiter nicht beschäftigt werden können, und so zieht ein Übel das andere nach sich und so kommen wir aus dieser Kette ohne Ende nicht heraus. Es müßte, wenn man der Wohnungsnot an den Leib rücken wollte, ganz anders gewirtschaftet werden. Wir sehen fortwährend neue Vergnügungslokale entstehen, neue Banken tun sich auf und neue Räume werden beschlagnahmt. Wir sehen, daß hier eine Unzahl zum großen Teile unnötiger Ämter und Beamten nach Prag verlegt wurde. Ich habe mir sagen lassen - ich kann es nicht kontrollieren - daß einzig und allein in den Zentralen und Ministerien 20.000 Schreibmaschinen klappern sollen; ich weiß es nicht - aber allein daraus, daß es möglich ist, daß dieses Gerücht im Umlauf kommt, und daß man es für möglich hält - ich halte es für möglich - schon daraus kann man ersehen, in welcher Unmasse Ämter, Zentralen und Ministerien sich hier niedergelassen und ausgebreitet haben. Daß sie dann selbstverständlich alles beschlagnahmen und die Leute, die Wohnungen suchen, herausdrücken, das ist eine Sache, die nicht erst erklärt zu werden braucht.

Außerdem ist das Militär zum größten Teile mitschuld. Wenn wir das ganze Deutschböhmen von Trautenau bis nach Asch durchgehen, so haben wir da überall Garnisonen. Die Preußen sind jetzt ebenso wie die Sachsen und Bayern so stark, daß die sie jeden Augenblick die Republik überfallen wollen. (Posl. dr. E. Feyerfeil: Deutschösterreich!) An Deutschösterreich gar nicht zu denken. Diese Angst vor dem großen Nachbar drückt sich nicht darin aus, daß die Èechen vernünftig würden und die Deutschen, die hier im Staate leben, anständig behandeln und so ein gutes Verhältnis mit dem großen Nachbar herstellen, sondern darin, daß man uns knebelt, knechtet und unterdrückt und zur Verzweiflung treibt und Garnisonen an die Grenzen stellt. Meine geehrten Mitbürger anderer Zunge! Wenn Sie glauben, daß diese Soldaten Ihnen einst in unserem Gebiete die Grenzen schützen werden, so sind Sie auf dem Holzwege. Die Garnisonen in Asch, Eger und Falkenau sind alle für die Katz, wenn es wirklich zu einem ernsthaften Krieg zwischen diesem Staate - nicht unserem Staate - und Deutschland käme.

Es wäre einfach lächerlich, mit einer solch geringen Menge von Militär die Grenzen bewachen zu wollen. Aber was hat das Militär auf die Wohnungsnot für Einfluß! Da werden eine große Menge von Gebäuden beschlagnahmt, die für die Zivilbevölkerung als Wohnungen eingerichtet werden könnten. Das sind eine Menge von Offizieren, die privat wohnen u. s. w., u. s. w. Ja, wenn die Städte noch darum ansuchten, wenn sie es verlangt hätten, Garnisonen zu haben, wie es im alten Osterreich der Fall war, wo man sich bemühte, Garnisonen zu bekommen, würde man sich nicht wundern, wenn die Regierung die Wohnungsnot künstlich mitförderte; aber so ist das nicht der Fall. Die Städte wehren sich und suchen sich die Garnisonen vom Leibe zu halten, sie suchen womöglich den Garnisonen zu entgehen. Aber da sind strategische Gründe und die Erwägungen des Generalstabs maßgebend. Denken Sie nur an die vielen Pässe, die auf dem Erzgebirge, dem Iserund Riesengebirge in das gesegnete Land hereinführen, wenn die nicht verteidigt würden, dann stünde naše republika da ohne Schutz und Schirm!

Ich kann von unserem Standpunkt nur nochmals betonen und der Mehrheit nur Glück wünschen, wenn sie in der Gesetzesfabrikation so weiter fortfährt. Je mehr derartige Gesetze sie erzeugt, desto besser für unsere Intentionen. Mit dieser Aufforderung an die geehrte vìtšina, sich nicht durch meine Ausführungen irre machen zu lassen, mit der Aufforderung, ja für dieses Gesetz zu stimmen, damit die Wirkungen, die wir von ihm erhoffen, eintreten, mit dieser Aufforderung will ich schließen. (Potlesk nìmeckých poslancù.)

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