Ich möchte zur Sache selbst zunächst einmal sagen: Vertrauen zur Anleihe? Ja, da möchte ich die sehr geehrte Postverwaltung und den sehr geehrten Herrn Postminister auf die Postdirektion Pardubitz aufmerksam machen. Diese Postdirektion hat einen Flügel mitten in das Industriegebiet von Gablonz hineingestreckt, so daß man, wenn man jetzt von Gablonz nach Tannwald - es sind viele Herren da, die diese Gegend kennen - telephonieren will, man dies im Telephonverzeichnis nicht auf einmal findet, sondern man muß zwei Telephonverzeichnisse kaufen, eines für den Bezirk Prag und eines für den Bezirk Pardubitz, und dazu kommt noch die Schwierigkeit, daß dasjenige für den Bezirk Pardubitz überhaupt noch nicht erschienen ist. Also der Gablonzer kann eigentlich heute in seinem Industriebezirke nach Tannwald überhaupt nicht telephonieren, weil er die Nummer nicht findet, wo er hintelephonieren soll. Ich bitte einmal zu überlegen, was das außerdem für Folgen hat: Es handelt sich jetzt um den Bau eines Telephons in diesem Bezirke. Es müssen also nicht nur wie bish er die Beamten von der Bausektion Reichenberg erscheinen, sondern es muß in diesem Falle, wenn man in Gablonz, Tannwald, Harrachsdorf, Eisenbrod oder Semil, das industriell auch zum Gablonzer Bezirke gehört, die Telephonfrage besprechen will, die doppelte Anzahl der Beamten erscheinen. Dies wird zweifellos in Zukunft eine derartige Telephonanlage viel tiefsi nniger machen, sie wird aber ebenso zweifellos mehr kosten als bisher. In dieser Angelegenheit wird eine Interpellation jetzt eingebracht werden. Ich möchte aber darauf aufmerksam machen, daß man das Vertrauen eines Bezirkes nicht auf diese Weise gewinnt. Und um das Vertrauen der Deutschen handelt es sich bei dieser Anleihe, darum ist nicht herumzukommen, denn die Deutschen sind zum größten Teile die Telephonbesitzer, die größte Anzahl der Telephone wird sich im deutschen Gebiete befinden, und es werden wahrscheinlich auch bei der Waggonanleihe die Deutschen den größten Teil beizutragen haben. Man darf also nicht Bezirke aus irgend welchen nebelhaften Gründen anlegen, den Pardubitzer Bezirk mitten in das Industriegebiet hineinverlegen und dadurch den Industriebezirk Gablonz auseinanderreißen. Dadurch unterstützen wir das industrielle Leben nicht, im Gegenteil, wir schlagen es tot.
Ich komme nun zu der eigentlichen Anleihe und da möchte ich ein paar Worte sprechen, trotzdem ich glaube, daß es wenig nützen wird. Wir leben in einer Ehe; der Herr Kollege Juriga hat alle möglichen Bedenken erhoben und eine kleine Rauferei mit dem anderen Eheteile vorgeführt und hat etwas bös getan, aber zum Schlusse meinte er, Herr sei der, welcher gibt. Wenn also möglichst viele Telephone und Eisenbahnen in die Slovakei hinunterkommen, wird er sich damit zufrieden geben, daß die Deutschen das bezahlen können. Das glaube ich dem Herrn Kollegen Juriga aufs Wort, aber ich möchte ihn darauf aufmerksam machen, daß gerade diese Worte, wenn er sie hier im Parlamente vor der Offentlichkeit spricht, das Vertrauen der Deutschen zu der Anleihe nicht bestärken werden, denn die Deutschen werden befürchten, daß ihre Zahlungen zum größten Teile für Zwecke verwendet werden, die ihnen heute ferne liegen, nämlich für militärische Zwecke in der Slovakei. Deshalb werden die Deutschen verlangen und es ist möglich, daß ein solches Verlangen heute schon fixiert wäre, wenn es zu einer entsprechenden Vorbereitung des ganzen Gesetzes gekommen wäre - daß von ihrer Anleihe ein Teil für lnvestitionen in ihren Bezirken verwendet wird. Die Deutschen sind bescheiden, sie würden sich auch mit 75% begnügen. Aber in der Vorlage steht gar nichts davon und ich muß offen gestehen, ich finde außer im § 1 kein Wort davon, daß dieses Geld wirklich für Investitionen verwendet werden muß. (Posl. inž. L. Novák: To je pøece samozøejmo!) Was wird Herr Kollege Novák sagen, wenn das ganze Geld überhaupt für andere Zwecke verwendet wird? Es ist nicht möglich, eine Kontrolle auszuüben; es heißt hier zwar, es soll für Investitionszwecke verwendet werden. . . . (Posl. Inž. L. Novák: Je tady nejvyšší kontrolní úøad. Nebudeme-li míti dùvìru sami k sobì, pak také nebudeme míti dùvìru k nikomu, ale také nebude míti dùvìru nikdo k nám!) aber es werden eines schönen Tages diese Gelder verschwunden sein, und wir werden ohne Anlagen dasitzen, wie bisher. Das glauben wir, und deshalb sind wir der Meinung, daß man derartigen Anforderungen die größte Vorsicht entgegenbringen muß.
Wir sind überzeugt, daß es notwendig ist, die Verkehrsanlagen auszugestalten. Es wird sich auch gewiß niemand von der Industrie und auch vom Gewerbe einer derartigen Anleihe verschließen. Aber wozu haben wir denn eine Verkehrskommission in diesem Staate? Diese Verkehrskommission ist von der handelspolitischen Zentralstelle gebildet, sie besteht aus Vertretern sämtlicher Ministerien, ist aber über diese so wichtige Frage der Verkehrsanleihe nicht befragt worden. Es sind die eigentlichen Sachverständigen darin vertreten, der Svaz, die Vereinigung der Handelskammern, der deutsche Hauptverband der Industrie, die Gewerbevereinigungen, aber alle diese sind nicht befragt worden. Gerade vor einer halben Stunde habe ich von einer berufenen Körperschaft, dem deutschen Hauptverbande der Industrie, der an dieser Frage sehr beteiligt ist, die Mitteilung bekommen, daß er überhaupt noch nicht im Besitze derganzen Gesetzesvorlage ist, weil man es eben nicht für notwendig befunden hat, die eigentliche Industrie, die zu zahlen hat, darüber zu befragen. Damit kommen wir nicht weiter. So wird wahrscheinlich diese ganze Verkehrsanleihe den Erfolg niemals haben können, den wir ihr eigentlich wünschen müssen. Es wurde hier bereits gesagt, daß diese Anleihe selbstverständlich mit einem Bauplane verbunden sein müßte und dieser Bauplan müßte in genauester Weise darlegen, in welcher Richtung gerade die Eisenbahnanleihe verwendet werden soll.
Denn es ist sehr bedenklich, wenn wir uns die Folgen dieser Anleihe auf unsere Kohlenproduktion vorstellen. Wir haben den Beschluß gefaßt oder werden ihn vielleicht in der nächsten Zeit fassen, die Kohlensteuer herabzumindern. Heute ist ein Beschluß gefaßt worden, sie zu erleichtern. Nun schauen wir uns einmal an, welche Beträge bezüglich der Kohlenwaggons allein den Kohlenwerken durch diese Anleihe aufgelastet werden. Wir verzeichnen im März in den Revieren Teplitz. Komotau, Karlsbad, Schatzlar, Buschtìhrad, Rossitz, Karwin u. s. w. ungefähr 144.000 Waggons. Wenn wir das umrechnen, ergibt sich für den Monat eine Anleihesumme von 14.4 Millionen Kronen oder jährlich bei der heutigen Kohlenförderung, die die volle Höhe noch nicht erreicht hat, rund 173 Millionen Kronen. Nun, ich bitte sich auszurechnen, in welcher Art und Weise der Kohlenproduzent diesen Betrag verrechnen wird. Er wird sich vor allem sagen: "Die Regierung kann mir in Zukunft vielleicht eine Verzinsung von 2 bis 3% bewilligen, wie sie das z. B. bei anderen Anleihen, wie bei der Losanleihe für die Bauförderung getan hat. Das wird sie im nachhinein einmal auszahlen für dieses ganze Papier, also ich werde das möglicherweise dann besitzen können." Darnach wird er den Wert dieser Anleihe berechnen und das übrige wird er auf die Kohlenpreise zuschlagen müssen. Wir sehen also, daß wir auf der einen Seite den Abbau der Preise erzielen wollen und gerade durch eine derartige Anleihe, welche im Prinzipe meiner Ansicht nach nicht richtig aufgebaut ist, eine Steigerung der Preise, in allen Industrieartikeln wieder herbeiführen müssen. Ich weiß nicht, ob vielleicht durch den Antrag Novák, daß bezüglich des Wertes der Waren Unterscheidungen gemacht werden sollen, eine wesentliche Verbesserung erzielt wird, wenn ich überhaupt richtig verstanden habe, denn der Antrag ist uns nicht zugegangen, wir haben ihn nur aus den etwas dunklen Worten gehört, wie er hier vorgelesen wurde.
Nun, ich bin der Meinung, zweckmäßig würde man handeln, wenn man den Gesetzantrag noch einer Enqu@ete zuweisen würde, denn übermorgen werden wir wahrscheinlich diese Anleihe nicht haben, sie wird nicht so bald aufgelegt werden können. Deshalb müßte zunächst einmal die Industrie und ihre berufenen Körperschaften über den Zweck und den Inhalt der Anleihe gehört werden, es müßte auch das Gewerbe gehört werden, denn da hat es hauptsächlich mit der Telephonanleihe seine Schwierigkeiten.
Ebenso wie meine Vorredner von
deutscher Seite bin ich der Ansicht, daß die Ziffern für die Telephonanleihe
zu hoch gegriffen sind. Nehmen wir den Fall an, es hat jemand
einen Gesellschaftsanschluß und auf diesen Gesellschaftsanschluß
spricht er im Jahre dreimal interurban. Solche Fälle kommen vor;
ich selbst bin ein solches Beispiel, denn mein Wohnungstelephon
wird interurban im Jahre höchstens vier bis fünfmal benützt; dafür
bin ich verpflichtet, wie jeder andere, der einen solchen Gesellschaftsanschluß
hat, einen Anteil von 2000 Kronen zu zeichnen. Ich weiß nicht,
ob wir in diesem Augenblicke nicht auf der anderen Seite soviel
an interurbanen Anschlüssen verlieren werden, daß wahrscheinlich
der Zweck dieser ganzen Anleihe nicht erfüllt werden kann. Schließlich
und endlich ist ja das Telephon nicht dazu da, um eine Verkehrsanleihe
zu bringen. Sie sehen in dem deutschen Gesetze, das auch Kostenbeiträge
enthält, daß man in Deutschland nur eintausend Mark vorgeschrieben
hat, und weiter für jeden Nebenanschluß zweihundert Mark. Das
sind Ziffern, mit denen als Kostenbeitrag jeder Telephonabonnent
sich wird abfinden können, aber Ziffern von 3000, 4000, 6000,
8000 und 1.2000 Kronen, wie heute bei uns, sind zweifellos eine
Sache, die manchen über den Strich gehen wird. Es wird zuguterletzt
die Telephonverwaltung unter dieser Sache zu leiden haben und
unser Verkehrswesen und natürlich dadurch auch der Gewerbe treibende,
welcher auf das Telephon an gewiesen ist, und damit die ganze
Produk tion. Ich muß sagen, daß von unserem Srandpunkte aus namentlich
der zweite Teil der Gesetzvorlage über die Anleihe, nämlich die
Waggonanleihe, wie ich sie kurz bezeichnen will, noch einmal sachlich
durchberaten werden müßte. Der erste Teil bezüglich der Telephone
könnte even tuell unsere Billigung finden, wenn andere Ziffern,
die entsprechend den Verkehrsverhältnissen, den Bedürfnissen und
der Leistungsfähigkeit des Publikums abgestuft wären, aufgenommen
würden. Diesbezügliche Anträge haben wir bereits überreicht. (Potlesk
na levici.)
Hohes Haus! Ich hege die bedauerliche Befürchtung, daß ich mit der mir zugewiesenen Redefrist kaum in der Lage sein werde, meinen Stoff zu erschöpfen, und daß ich zu meinem größten Leidwesen gezwungen sein werde, an die Benevolenz des Herrn Vorsitzenden ebenso zu appellieren, wie die Herren Kollegen Myslivec und Juriga, zumal der letzte Vorredner, Herr Myslivec, uns noch ein Privatkollegium über die Zurücksetzung der èechischen Nation - nicht der èechoslovakischen Nation, denn die gab es damals noch nicht - im alten Österreich gehalten hat, die so weit ging, daß noch während des Weltkrieges, der gegen die èechische Nation geführt wurde, Angehörige der ganz links stehenden Parteien in den österreichischen Ministerien saßen und dort so furchtbar germanisierten, wie wir das heute in den Ministerien für Post, Eisenbahnen und öffentliche Arbeiten sehen. Es hat ein Redner aus der Slovakei nicht mit Unrecht über die ganze Art der Verhandlung hier Beschwerde geführt und auch ich muß das, was ich beim Budget gesagt habe, heute wiederholen: Eine Milliardenvorlage wird verhandelt und weder der Post-, noch der Eisenbahnminister finden es der Mühe wert, im Hause ihre Vorlage auch nur mit ein paar Sätzen zu begründen, und höchstens im Ausschuß erhält man auf ein paar Anfragen eine liebenswürdige und höfliche Antwort. Den Beamtenministern verarge ich dieses Vorgehen nicht, denn der Beamte arbeitet und gibt nur dann Antwort, wenn er gefragt wird. Aber die èechischen Mehrheitsparteien dürfen sich nicht wundern, wenn wir ihren Parlamentarismus nicht ernst nehmen, wenn sie selber ihren eigenen Parlamentarismus kastrieren.
Die Regierung bezeichnet selbst im Motivenbericht die Verkehrsanleihe als eine Zwangsanleihe, aber während wir Abgeordnete bei jedem kleinen Antrage verhalten werden, eine Begründung über den finanziellen Effekt und über die finanziellen Erfordernisse beizugeben, erzählt uns die Regierung nicht einmal, wieviel sie von einer solchen Milliardenanleihe erwartet. Wir können höchstens daraus einen Schluß ziehen, wenn wir zusammenrechnen, was im Investitionsbudget für 1921 Post und Eisenbahnen zusammen erfordern, also ungefähr 2200 Millionen Kronen. Es scheint halt, da das Kriegsanleiheproblem nicht befriedigend gelöst wird, und die Regierungen der èechoslovakischen Republik fühlen, daß es mit anderen Anleihen nicht geht, daß man nunmehr glaubt, zu Zwangsan leihen greifen zu können. Zwang ist in diesem Staate alles, Zwang ist auch alle Wirtschaft, aber wohin der Zwang führt, das haben wir in anderen Staaten gesehen und das wird vielleicht auch dieser Staat und seine Väter und Schwiegerväter schaudernd erleben. Der Motivenbericht verweist darauf, daß angeblich auch Deutschland u. Deutschösterreich Zwangstelephonanleihen einheben. Nur meinen wir, daß da doch ein kleiner Unterschied besteht, denn sowohl Deutschland wie Deutschösterreich sind doch ein etwas einheitlicheres Wirtschaftsgebiet, als die so hochgesegnete èechoslovakische Republik. (Posl. dr. Schollich: Der Mittelpunkt der Erde!) Ja, Omphalos tes ges, der Nabel der Welt!
Es ist etwas anderes, ob man eine Zwangsanleihe Bürgern auferlegt, die davon einen Vorteil haben, oder ob man eine Zwangsanleihe aufnimmt, um damir ganz andere Zwecke zu decken. Der Herr Kriegsminister traut sich nicht heraus und der Post- und der Eisenbahnminister müssen einfach für ihn die Kastanien aus dem Feuer holen. Unsere Telephonabonnenten müssen bezahlen, damit die Herzerl u. s. w. in der Slovakei telegraphieren und telephonieren können, und unsere Eisenbahninteressenten müssen für Schleppgeleise zahlen, damit strategische Bahnen in der Slovakei gebaut werden. Nun sagte der Herr Vorredner, wir müssen auch den Kollegen aus der Slovakei Bahnverbindungen bauen, damit sie möglichst gut und gesund nach Prag kommen. Ich glaube, meine Herren, daß die Slovaken auf dieser Seite des Hauses, mit ganz wenigen Ausnahmen, nicht so gerne Bahnlinien haben möchten, die sie nach Prag hinein, als solche, die sie möglichst rasch aus Prag hinausführen. Und dann ist es ein kleiner Unterschied, ob man in Deutschösterreich den Telephonabonnenten 1500 d.-ö. Kronen und im geschlossenen Deutschen Reiche mit seinem etwas dichteren Telephonnetz 1000 Mark abknöpft, oder ob man hier dem allerkleinsten Teilnehmer 4000 Kronen abnimmt, denn jeder rechnet auf den interurbanen Verkehr.
Der èechoslovakische Staat braucht Staatstelephone und braucht Bahnlinien in der Slovakei; dann soll man es aber offen heraussagen und nicht im Motivenbericht Schwindel mit der ganzen Volkswirtschaft treiben. Das ist die Unmoralität der Begründung dieser Vorlage, daß sie davon ausgeht, daß angeblich für uns hier - ich möchte sagen wie in dem Finanzgesetz steht, in den "alten Ländern der böhmischen Krone" - Investitionen gemacht werden, während man militärische Investitionen für die Slovakei macht. Im übrigen möchte ich, ein Bild des Herrn Kollegen Windirsch ergänzend, die èechischen Herren, die heute so mit Begeisterung in der Slovakei investieren, an eines erinnern: Auch das alte Österreich hat einmal nicht nur in Bosnien, sondern auch in der Lombardei sehr viel investiert, und dann kamen andere Tage, und dann sah man die Felle davon schwimmen als betrübte Lohngerber. Ich glaube auch, die èechoslovakische Republik, oder sagen wir der èechische Teil dieser Republik, wird früher oder später in dieselbe Lage kommen, wenn die Slovaken über ihre heutigen Autonomieforderubgen hinausgehen und sagen werden: "Post, Telephon und Bahnen habt Ihr gebaut, jetzt habt Ihr nichts mehr dreinzureden. Pfüat Gott auf bessere Zeiten!"
Wir haben gegen diese Vorlage auch aus anderen Gesichtspunkten Bedenken. Wir haben im Ausschusse unter anderem den Postminister nach dem Bauprogramm gefragt; wir wollten wissen, nach welchen Grundsätzen das Telephon ausgebaut werden soll, für das 103 Millionen ausgegeben werden sollen, wir wollten wissen, wie weit dabei unsere Verkehrsgebiete berücksichtigt sind. Wir haben bisher nichts erfahren, als - und das ist auch des Parlamentarismus unwürdig - was der Postminister in einer privaten Ansprache in der Jahresversammlung des èechischen Journalistenvereines erklärt hatte, daß ein paar auswärtige Telephonverbindungen, wie z. B. mit Nürnberg, hauptsächlich wegen des Pariser Verkehres, und daß eine Telephonlinie, eine gewiß erwünschte, nach Karlsbad gebaut wird, und sonst nichts. Auch im Ausschuß hat der Postminister nichts anderes gesagt, als daß er ein Bauprogramm hat, und daß dessen Verwirklichung und Durchführung nur nach den augenblicklichen Erfordernissen erfolgen kann. Das ist eine karge Antwort, die uns nicht befriedigt und zu den Befürchtungen, die wir immer hegen, die vollste Berechtigung gibt, daß unsere Gebiete nicht so berücksichtigt werden, als wir gezwungenermaßen dazu beitragen müssen.
Auf die steuertechn ische Seite der Vorlage will ich nicht eingehen, da dieselbe von mehreren Rednern bereits ausführlich erörtert wurde. Aber vom Eisenbahnverkehr möch te ich noch ein wenig reden. Die Herren von den èechischen Parteien haben seinerzeit unsere Resolution niedergestimmt und ich weiß nicht, ob dieselbe im Verkehrs- oder Budgetausschuß jemals eine mehr oder weniger fröhliche Auferstehung feiern wird. Wir haben nämlich bei der Beratung des Budgets die Regierung aufgefordert, über die geplanten Eisenbahnbauten ein ordentliches Programm vorzulegen. Ich erinnere daran - es ist nicht so lange her, es dürfte auch in diesem Saal einige Herren geben, die es erlebt haben - daß im alten österreichischen Voranschlage jede Station, die neu gebaut wurde, im Investitionsbudget enthalten war, sodaß jeder Staatsbürger und insbesondere die Volksvertreter kontrollieren konnten, ob der Fortschritt im Ausbau des Verkehrswesens wirklich den Bedingungen der Volkswirtschaft in allen Gegenden entsprach. Jetzt ist das ein Geheimnis einiger weniger Herren geworden und es werden damit womöglich Gnaden ausgeteilt. Es ist auch in der Beziehung nicht möglich, etwas klares zu erfahren. Es wird uns zwar versprochen, daß auf alle in irgendeiner Form geäußerten Wünsche zur Verbesserung der Zugsverbindungen, dann auf unsere Wünsche nach Herstellung geordneter Anschlußverhältnisse, Ausbau der Stationen usw. Rücksicht genommen werden wird - nur das eine geschieht nicht, was eines ordentlichen Parlamentarismus allein würdig wäre, die Aufstellung eines sichtbaren Programms, von dem die Regierung nur dann abweichen darf, wenn sie die Notwendigkeit hiezu darzutun in der Lage ist. (Výkøik: Das wären auch nur Versprechungen!) Diese Versprechungen kann man aber wenigstens kontrollieren und denjenigen, der sie nicht erfüllt, kann man annageln als unwahrhaften Menschen. (Výkøik: Auch einen Minister?) Man kann auch einen Mi nister annageln, das ist schon öfter geschehen, moralisch annageln, wie man in effigie manchmal auch an den Galgen gehängt wird. Wenn aber gar nichts da ist, als eine carte blanche, auf die der Minister schreibt, was ihm beliebt, dann ist es kein Wunder, wenn wir vom Mißtrauen gegen diese Art der Verwaltung nicht lassen können, zumal wenn im ordentlichen Budget, im Investitionsbudget und in dem Nachtragskredit für 1920 immer wieder alle möglichen, auch Eisenbahnforderungen, auftauchen, einmal sogar die nachträgliche Bezahlung von Forderungen aus dem Jahre 1919. Im Investitionsbudget für 1921 tauchen Forderungen auf zur Bezahlung von Eisenbahnbetriebsmitteln, die 1920 bestellt wurden, aber noch nicht bezahlt worden sind, sodaß wir das Gefühl haben, daß eine Unordnung herrscht, die man durch ein klares Programm nicht in die Öffentlichkeit kommen lassen will, weil man uns die Kontrolle mit allen Mitteln verwehren will.
Man hat neulich aus einem besonderen Anlasse sozusagen eine deductio in usum delphini aufgeführt und hat die Kollegen verschiedener Ausschüsse in die Skodawerke geführt, um ihnen die Notwendigkeit darzulegen, einmal den Skodawerken die alten Kriegsschulden zu bezahlen und neue Aufträge zuteil werden zu lassen. Wir haben uns mit Recht darüber gewundert, daß bisher nicht mehr Anstalten getroffen wurden, die Skodawerke auf Friedensbetrieb, auf friedliche Erzeugung umzugestalten, aber wir haben auf unsere Darlegungen bei den Budgetberatungen bis heute noch keine Antwort erhalten und so scheint wahr zu sein, daß diese Umgestaltung aus verschiedenen Gründen nicht recht geht, weil es sich in einem Falle gezeigt hat, daß die Skodawerke das Vierfache an Zeit für den Bau oder die Reparatur von Waggons brauchen, als in irgend einem anderen Staate und als selbst die èechoslovakische Staatseisenbahnverwaltung den Skodawerken vorgeschrieben hat. Wir finden eine natürliche Erklärung dafür, wenn wir wissen, daß man zwar den Personalstand der Skodawerke seit dem Zusammenbruche ganz beträchtlich verringert hat, daß man aber vor allem die Fähigen ausstieß, dafür aber ruhig 700 neue Beamte aufnahm. Das ist die berühmte Betriebseinschränkung mit Entlassungen, Teufel zu jagen und Protektionskinder, Ignoranten einzustellen. Dann ist es freilich nicht möglich, mit einem solchen Betriebe eine geordnete Wirtschaft zu führen und den ehemaligen Kriegsbetrieb in die Friedenswirtschaft überzuführen.
Unsere Telephon- und Eisenbahninteressenten sollen zahlen für den Bau von Eisenbahnen. Das Investitionsbudget vom Jahre 1921 hat aus dem von der Revolutionsnationalversammlung im Vorjahre beschlossenen Investitionsprogramm nur ungefähr drei Viertel jerausgegriffen. Darin finden wir lediglich zwei kleine mährische Bahnlinien im èechischen Gebiete von Mähren und eine Strecke Karwin-Teschen, sowie ein paar Strecken in Hultschin, sonst aber zu neun Zehnteln nur Bahnen in Slovakei. Haben wir denn bei uns kein Bedürfnis nach neuen Bahnlinien? Haben wir nicht auch bei uns Bedürfnis nach Ausgestaltung uuserer Stationen? Aber wenn wir verlangen, daß alle diese Dinge einmal in einem ordentlichen Voranschlagsprogramm durchgearbeitet werden, begegnet man nur kühlster Ablehnung. Nun hat der Eisenbahnminister im Budgetausschusse die Zusicherung erteilt, daß möglichst bald das Lokalbahnprogramm, das schon die alte Nationalversammlung vor zwei Jahren urgiert hat, vorgelegt werden soll, Aber es soll anders ausschauen als das alte österreichische Lokalbahnprogramm vom Jahre 1913, weil dieses den heutigen Verhältnissen nicht mehr entspreche.
Ich habe mir das alte österreichische Lokalbahnprogramm von 1913 angesehen und kann sagen: Wenn die neue Lokalbahnborlage den Bedürfnissen aller Gebiete der Republik, der deutschen und der èechischen, so entsprechen wird, wie das alte, werden wir höflichst zufrieden sein. Allein mir fehlt noch lange der Glaube, denn es ist nicht wahr, was gesagt wurde, daß im alten Österreich die èechischen Gebiete im Eisenba hnbau vernachlässigt wurden; die einzige Bahn, die an Prag vorbeiführt, die Nordwestbahn, war eine Privatbahn. Wenn aber die Herren sich ansehen, was außer den Privatbahnen durch Böhmen und Mähren führt, so können wir ruhig feststellen, daß an Staatsbahnlinien und Lokalbahnen mit staatlicher Garantie ein bedeutend größerer Prozentsatz im èechischen Gebiete als im deutschen gebaut wurde. Auch in dieser Beziehung können wir sagen, daß das alte Österreich in wirtschaftlicher Beziehung der èechischen Nation gegenüber nicht ungerecht war, ja allzugerecht, um nur nicht die bösen èechischen Kinder gegenüber den deutschen allzusehr zu verschnupfen.
Wir haben auch sonst Beschwerden, die uns mit Recht veranlassen, gegenüber allen Anforderungen von dieser Seite Mißtrauen an den Tag zu legen. Wir haben auch nationale Beschwerden gegenüber den Herren von der Post- und Eisenbahnverwaltung und heute, nach zweieinhalb Jahren èechoslovakischer Republik und nachdem wir dreiviertel Jahre darüber verhandeln, sind die Verhältnisse von Hunderten und Hunderten von deutschen Eisenbahnern, die man so gut brauchen kann, wo immer man sie haben will, noch lange nicht geregelt.
Heute müssen wir Anklage erheben,
daß man Menschen auf Posten sitzen läßt, gleichgültig, ob sie
den Betriebsanforderungen auch zu entsprechen in der Lage sind,
daß man Leuten wichtige Eisenbahnstationen anvertraut, wenn sie
nur tüchtige Výborleute sind und im Stande sind, èechische Propaganda
zu treiben, gleichgültig, ob sie auch eine Ahnung haben von den
Verkehrsbedürfnissen des Betriebes der betreffenden Gegend, während
man unsere kundigen deutschen Beamten in die Slovakei schickt
oder in èechische Gebiete, damit sie sich angeblich besser in
der èechischen Sprache vervollkommnen. Wir haben auch im Falle
der Kaschau-Oderberger Bahn gesehen, daß die èechoslovakische
Eisenbahnverwaltung auch in dieser Angelegenheit nicht das gehalten
hat, was man uns versprochen hat, denn die deutschen Eisenbahner,
die man kurzerhand mit dem Direktor an der Spitze hinauswarf,
haben mit den ungarischen Kommunisten wahrlich nicht das Allerminderste
zu tun. Aber es waren Deutsche und èechische Protektionskinder
mußten an ihre Stelle gesetzt werden, und daher mußten sie einfach
fliegen. Sie müssen begreifen, daß wir infolgedessen allem, was
von dem Post- und dem Eisenbahnministerium kommt, nur höchstes
Mißtrauen entgegenbringen. Es hat ein Herr Redner aus der Slovakei,
die fünfundzwanzigjährige Dauer der Anleihe ironisierend, die
Frage aufgeworfen, ob man denn dieser Anleihe ein so großes Vertrauen
entgegenbringen wird, denn wer wisse, was im Jahre 1946 mit dem
Staate sein werde. Wenn diese Ansicht von den Kreisen ausgesprochen
wird, die der Republik einen Teil ihres Namens geben, dann können
Sie begreifen, welche Gefühle in dem Teile der Länder der èechoslovakischen
Republik herrschen, den man nicht so am Namen und an der Verwaltung
dieser gottgesegneten Republik teilnehmen läßt, wie heute immer
hin die Kollegen aus der Slovakei. Und wenn diese Herren dem Staate
keine all zulange Lebensfrist prognostizieren, schon deswegen,
weil sie glauben, daß ihre Autonomieforderungen stärker sein wer
den als der Staat, so können wir sagen, daß auch unsere Bevölkerung
diesen Zwang empfindet und daß wir über nichts glückseliger sein
werden, als wenn der Zwang für immer und ewig ein Ende haben wird.
(Hluèný potlesk nìmeckých poslancù.)
Sehr geehrte Herren! Wer zuletzt spricht, und wie es scheint, bin ich als letzter vorgemerkt, kann sich besonders kurz fassen, wenn er nicht das wiederholen will, was treffend seine Vorredner bereits bemerkt haben, wenn er nicht in den Fehler verfallen will, den ich auch hervorheben muß und der von der anderen Seite des hohen Hauses begangen wurde, daß er nämlich Dinge vorbringt, die nicht zur Sache gehören, und eigentlich ganz und gar neben Telephon und Eisenbahn vorbeischießen. Es gehörte tatsächlich nicht in diese Erörterung herein, was da von den Herren der Mehrheitsparteien daneben geredet wurde, und hat, wie ich glaube, eigentlich dem Zwecke derlnvestitionsanleihe nicht gedient. Meine geehrten Herren, der Gegenstand, um den es sich handelt, ist eine verdeckte Zwangsanleihe. Der Name ist allerdings darin vermieden; im Motivenbericht steht er, im Gesetze nicht.
Es handelt sich um die Hebung des Verkehrs. Verkehr an sich weckt wieder Verkehr und man soll für jede Verkehrsförderung sein. gebe aber Folgendes zu bedenken: Hohe Telephon- und Frachtgebühren haben wir ohnehin schon, und gegenwärtig stehen wir im Zeichen des Preisabbaues. Der Preisabbau begann und setzt sich fort auf landwirtschaftlichem Gebiete und es sind bedeutende Preisstürze zu verzeichnen. Wenn diese Welle weitergeht, wird sie natürlich auch auf andere Erwerbszweige, Industrie, Gewerbe u. s. w. übergreifen. Damit hängen die Steuerfähigkeit und die Zahlungsfähigkeit verschiedener Erwerbsstände zusammen, sowie zahlreiche andere Fragen: die Preisfrage, die Lohnfrage, u. s. w. Unter diesen Umständen ist der Zeitpunkt nicht sehr günstig gewählt, mit Erhöhungen zukommen, als welche sich diese Investitions anleihe erweist, zumal beim Telephon. Meine geehrten Herren, Verkehr weckt Verkehr und man soll ihn fördern. Aber ich meine, die erste Förderung müßte darin bestehen, daß man solche Verkehrsgelegenheiten, die am wenigsten kosten würden, herbeiführt, ausbessert und vervollkomnet. Nur einige Punkte über den Verkehr aus unserem zunächst liegenden Nordböhmen gegen Prag möchte ich hierbei kzrz berühren. Nehmen wir zunächst den Eisenbahnverkehr gegen Prag und von Prag an die sächsisch-böhmische Grenze. Wir haben aus Nordböhmen einen einzigen Schnellzug, früh her und nachts hin. Früher hatten wir ein Schnellzugspaar. Dabei sind Knotenpunkte, wie Georgswalde, Ebersbach, Warnsdorf, Reichenberg mit großen Übergangsstationen, also auch für den Fernverkehr nach dem Ausland zu berücksichtigen.