Ètvrtek 4. srpna 1921

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 82. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve ètvrtek dne 4. srpna 1921.

1. Øeè posl. Hackenberga (viz str. 1037 protokolu):

Meine Damen und Herren! Sie werden es begreifen, daß wir die erste Gelegenheit, die sich uns nach der Erklärung des Ministerpräsidenten, die wir vor einer Weile gehört haben, bietet (Výkøiky. Posl. Hillebrand: Es mußte erst Tote geben, bevor sich der Ministerpräsident entschloß, zu sprechen! Hluk na levici.), in diesem Hause zu sprechen, dazu benützen müssen, einige Worte zu dieser Erklärung des Ministerpräsidenten zu sagen. Ich will vorausschicken, daß ich mich selbstverständlich nicht nur zum Worte gemeldet habe, um zu den Ausführungen des Ministerpräsidenten Stellung zu nehmen, sondern um auch, selbstverständlich, zu der in Verhandlung stehenden Angelegenheit zu sprechen. Aber Sie werden es begreifen, daß, nachdem uns durch Beschluß des Hauses die Möglichkeit genommen wurde, zur Erklärung des Ministerpräsidenten im Wege der geschäftsordnungsmäßigen Behandlung zu sprechen, wir nicht umhin können, das, was wir als notwendig erkennen zu sagen, in diesem Momente zum Ausdrucke zu bringen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.)

Bevor ich mich mit der Erklärung des Ministerpräsidenten beschäftige, will ich kurz vorausschicken, daß es selbstverständlich und unsere Pflicht ist, daß wir den bedauernwerten Opfern und ihren Angehörigen, die bei den Vorfällen in Aussig ihr Leben ließen oder verwundet wurden, unser innigstes Beileid und Mitleid ausdrücken (Souhlas.) und voraussetzen, daß die Regierung ihre Pflicht erfüllen werde, für die unschuldigen Opfer in ausreichendem Maße Sorge zu tragen. (Výkøiky.) In der Erklärung des Ministerpräsidenten vermissen wir insbesondere diese Zusicherung, wir erwarten aber, daß die Regierung diese ihre Pflicht erfüllen wird.

Der Ministerpräsident hat es unterlassen, bei der Behandlung der bedauernswerten Vorfälle in Aussig auch einige Worte über die ähnlichen Vorfälle in Postelberg zu verlieren. (Souhlas na levici.) Es ist notwendig, daß wir diesen Mangel in der Erklärung des Ministerpräsidenten gleichfalls hervorheben (Výkøiky.) und nicht zufällig, sondern wahrscheinlich absichtlich ist diese Unterlassung in der Erklärung des Ministerpräsidenten erfolgt, weil sich dort Vorfälle abgespielt haben, die besonders bezeichnend sind. (Výkøiky.) In einem Extrazuge haben sich die Ruhestörer von Laun nach Postelberg begeben, jene Ruhestörer, von denen der Ministerpräsident behauptet, daß sie in der besten Absicht gehandelt hätten, um die Minoritäten zu schützen.

Wir wissen, was wir davon zu halten haben und was wir insbesondere auch von der Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten zu halten haben, daß alle Vorkehrungen getroffen werden, in Hinkunft derartige Akte zu vermeiden. (Výkøiky.) Nach den Vorfällen in Aussig hat die èechische nationaldemokratische Partei in ihrem Organ, welches dort erscheint, ein Extrablatt herausgegeben, das ich dem Studium des Herrn Ministerpräsidenten und der Regierung empfehlen würde. Aber nicht nur zum Studium dem Herrn Ministerpräsidenten, sondern zum Studium auch allen den Herren Vertretern der verschiedenen èechischen Parteien, damit sie gerade aus diesem Extrablatt so recht ersehen, wie unrecht der Herr Ministerpräsident mit seiner Erklärung gehabt hat. Bevor ich die bezeichnenden Schlußsätze verlese . . . (Rùzné výkøiky.) Sie wissen, Herr Kollege, daß wir die Aufpeitschung der nationalistischen Leidenschaft verurteilen, ob sie nun von dieser oder jener Seite erfolgt (Souhlas.) und es ist selbstverständlich, daß wir auch alle Fehler, die von dieser Seite (ukazuje na levici) des Hauses verübt werden, nicht gutheißen, sondern verdammen. (Potlesk.) Wir haben bei allen solchen Anlässen stets Stellung genommen gegen die Aufpeitschung dieser Leidenschaft und für die Unterdrückten, ob sie nun dieser oder jener Nationalität angehört haben. Sie sind alt genug, Herr Kollege (k posl. Veverkovi), sich dessen zu erinnern, daß wir im Jahre 1896, 1897 und 1898, als die Leidenschaft am höchsten war, wir deutsche Sozialdemokraten es gewesen sind, welche hier in Böhmen in verschiedenen Orten eintraten zum Schutz der nationalen Minderheiten Ihrer Nationalität (Hluk. - Místopøedseda dr. Hruban zvoní.) ohne Rücksicht darauf, daß wir aufs höchste angefeindet wurden von den Herren dieser (ukazuje na levici) Seite, ohne Rücksicht darauf, ob uns das schadete oder nützte, im Gegenteil, im Bewußtsein dessen, daß wir dadurch geschwächt werden in einer Zeit der Hochflut des nationalen Kampfes. Also uns sind solche Vorwürfe nicht zu machen!

Nun zu dem Extrablatt. Die Herren geben darin zu, daß sie eine Deputation nach Prag entsendet haben, am Tage vor den bedauernswerten Vorfällen in Aussig, um die Regierung darauf aufmerksam zu machen, daß die Minderheit bedroht sei und entsprechende Schutzmaßnahmen getroffen werden müssen. Die Regierung mußte schon darauf kommen, daß sich etwas abspielen werde, und nicht nur Sorge tragen für die, die um Schutz ansuchten, sondern - es war ihre Pflicht dafür sorgen und alle Vorkehrungen treffen, daß Unruhen überhaupt vermieden werden und nicht nur die Minderheit, sondern auch die Majorität geschützt werde. Es ist bezeichnend für diesen Staat, daß wir jetzt schon den Schutz der Majorität der Bevölkerung in verschiedenen Orten und Gemeinden verlangen müssen. Es werden Invasionen in die einzelnen Orte unternommen, nicht um die Minderheit in denselben zu schützen, weil der Minderheit nichts passiert, sondern Unruhe herbeizuführen in Orten, in welchen die Bevölkerung bisher in Frieden und Ruhe neben einander, ohne Rücksicht auf die Nationalität, gelebt hat, in Orten, wo es bisher nichts gegeben hat. Sie wissen, daß solche Invasionen in die Kurorte geplant sind, aber nicht nur in Kurorte, sondern auch in andere Orte. Sie haben zum Beispiel am nächstfolgenden Sonntag eine solche Invasion nach Mähr.-Schönberg, die gleich einige Tage dauern soll. Den Leuten, die eigentlich Unruhestifter sind, werden bedeutende Ermäßigungen auf der Bahn eingeräumt (Výkøiky nìmeckých soc. demokratù: Gratis-Extrazüge!) um in Massen solche Unruhestifter herbeizuführen. Da sollen wir den Versicherungen des Herrn Ministerpräsidenten glauben, daß Vorkehrungen getroffen werden, um Wandel zu schaffen? Oder wenn wir in dieser Flugschrift lesen: "Im ganzen und großen hat auch diese Aktion zum Schutze unserer Minderheit in Aussig mit einem vollen Siege unserer tapferen Legionäre geendet. (Výkøiky nìmeckých soc. demokratù: Ein Skandal! Pfui Teufel! Dazu werden unsere Gelder verwendet!) Vielleicht werden diese schrecklichen Aussiger Vorfälle endlich unsere Regierung zu energischen Taten bestimmen und dazu veranlassen, daß sie die Respektierung der Gesetze unserer Republik, welche uns unsere Legionäre durch ihre Opferbereitschaft und ihr Blut so teuer erkauft haben, erzwingen. Die èechoslovakische Legionärgemeinde in Raudnitz kann mit ihrer Trutzaktion vollauf zufrieden sein. Es wäre zu wünschen, daß überall, wie in Aussig, sich unsere Legionäre unserer Minoritäten annehmen, die nach dreijährigem Bestande unserer Republik ein ärgeres Martyrium durchzumachen haben, wie im alten Österreich." (Výkøiky: Unglaublich ist so eine Schreibweise!) Zu Gewalttaten wird in dieser Extraausgabe aufgefordert, zu Gewalttaten in Gemeinden, in denen es bisher Unstimmigkeiten zwischen den Nationalitäten überhaupt nicht gegeben hat. Es wurde uns nicht die Möglichkeit gegeben, durch unsere Abstimmung auseinanderzusetzen und zu erklären, daß wir mit der Erklärung des Ministerpräsidenten nicht einverstanden, nicht zufrieden sind, kein Vertrauen haben, kein Vertrauen dazu, daß die Regierung wirklich ihre ernsten Maßnahmen durchführen und etwas unternehmen wird, um solche bedauerliche Vorfälle in Zukunft zu verhindern. Weil die Möglichkeit, dies zu sagen, nicht gegeben ist, fand ich es notwendig, bevor ich zu meinen Ausführungen zu dem Verhandlungsgegenstand kam, diese Erklärung namens unseres Klubs abzugeben. (Souhlas nìm. soc. demokratù a potlesk.)

Und nun gestatten Sie mir, daß ich mich mit dem Gegenstand, welcher zur Verhandlung steht, beschäftige. Wir Sozialdemokraten haben auch im Verfassungsausschuß, in welchem diese Vorlage behandelt wurde, uns selbstverständlich eingehend damit beschäftigt und unseren Standpunkt zu dieser Vorlage ausführlich begründet. Es ist selbstverständlich, daß wir Sozialdemokraten gegen die Einschränkung der Gemeinde-Autonomie Stellung nehmen müssen, obwohl wir andererseits ebenso selbstverständlich dafür sind, daß in den Gemeinden Ordnung herbeigeführt werde und daß insbesondere alles unternommen werde, um eine Sanierung der Gemeindefinanzen herbeizuführen. Und wenn wir nun auch gegen die Einschränkung der Autonomie sind, so wollen wir sicherlich nicht verhindern, jedwede notwendige Kontrolle und Maßnahme herbeizuführen, um in die Gemeindewirtschaft Ordnung zu bringen. Es ist ebenso selbstverständlich, daß wir mit aller Schärfe Stellung dagegen nehmen müssen, daß die staatliche Bürokratie mit der Überwachung der Gemeinden betraut werde und die Möglichkeit bekomme, die Autonomie der Gemeinden irgendwie einzuschränken. Wir haben gegen das Gesetz prinzipiell Stellung nehmen müssen schon bei der Beratung desselben im Verfassungsausschuß, und zwar aus dem Grunde, weil wir in jenen zwar autonomen Körperschaften, welche mit der Überwachung der Gemeinden betraut waren und denen jetzt ein größerer Wirkungskreis, noch mehr Rechte als bisher ei ngeräumt werden, keine oder kei ne entsprechende Vertretung haben. Wir haben z. B. in Mähren keine Bezirksvertretungen, sondern in Mähren besorgt die Überwachung der Gemeinden ausschließlich der Landesausschuß. Alles, was in Böhmen die Bezirksverwaltungen und erst in zweiter Linie der Landesausschuß zu besorgen hat, ist Aufgabe des Landesausschusses in Mähren. Es ist begreiflich, daß wir die Befürchtung hegen mußten und müssen, daß diese eine Körperschaft für das ganze Land nicht im Stande sein wird, den Aufgabenkreis, der ihr durch das Gesetz zugewiesen wird, klaglos zu erfüllen. Schon jetzt müssen die Gemeinden monatelang warten, bevor sie von Seiten des Landesausschusses eine Erledigung in den für die Gemeinden dringlichsten Angelegenheiten zu erhalten im Stande sind, und es wird noch viel ärger sein, wenn alle Eingaben, die in diesem Gesetze vorgeschrieben sind, um die Überwachung der Gemeinden zu ermöglichen, der einen Körperschaft des Landes, dem Landesausschusse, zugewiesen werden müssen. Aber nicht nur aus diesem Grunde, sondern hauptsächlich aus dem anderen Grunde, daß wir in der autonomen Landesverwaltung keine Vertretung haben, mußten wir uns veranlaßt sehen, gegen das Gesetz Stellung zu nehmen. Wir haben keine Vertretung im mährischen Landesausschuß. Wir haben aber bisher auch keine Vertretung in der böhmischen Landeskommission. (Nepokoj.) Es besteht ein Unterschied in dem Verhältnis zwischen Böhmen und Mähren. In Böhmen haben die Deutschen bisher in der Landesverwaltung, in der sogenannten Landesverwaltungskommission, überhaupt keine Vertretung, in Mähren haben nur die deutschen Sozialdemokraten keine Vertretung, die deutschbürgerlichen Parteien hingegen haben noch zwei Vertreter in der Landesverwaltung, und Sie werden es nun begreifen, daß wir dieses Unrecht doppelt hart empfinden, daß wir ohne Vertretung sind. Daß die deutschbürgerliche Gruppe unserer Nationalität eine Vertretung hat, ist begreiflicherweise doppelt schwer empfindlich für uns. Wir haben uns selbstverständlich seit dem Umsturz bemüht, die uns gebührende Vertretung in der Landesverwaltung zu bekommen.

Aber es wurde uns bei all diesen Interventionen auseinandergesetzt, daß es nicht recht möglich sei, unserem Begehren zu entsprechen, und zwar, daß es deshalb nicht möglich sei, weil der Landesverwaltungs-Ausschuß noch als gewählte Körperschaft bestehe und weiter funktioniere. Es sei keine ernannte Körperschaft. Nun ist das, was uns da gesagt wurde, nicht ganz richtig. Richtig ist, daß ein Teil der Vertreter der mährischen Landesverwaltung aus dem alten Landtag gewählt hervorgegangen ist, aber nicht alle. Denn knapp nach dem Umsturz wurde in der Revolutionsnationalversammlung durch ein Gesetz die Vermehrung des mährischen Landesausschusses herbeigeführt, und es wurden Vertreter von Parteien, die bisher keine Vertretung hatten, in den Landesausschuß ernannt, wir aber blieben unvertreten. Aber nicht nur im mährischen Landesausschuß und in der böhmischen Landesverwaltungskommission haben wir keine Vertretung, wir haben auch vielfach keine, oder nicht die entsprechende Vertretung in den verschiedenen autonomen Bezirksverwaltungskörpern. Selbst dort, in jenen Bezirken, wo wir die Majorität der Stimmen bei den letzten Wahlen zu erlangen vermochten, wo wir die Majorität der Vertreter in den Gemeinden haben, haben wir in den Bezirken nicht den entsprechenden Einfluß, und haben daher nicht die Möglichkeit, in den Bezirksverwaltungskörpern unseren Einfluß geltend zu machen. Es sitzen noch die alten bürgerlichen Vertreter, die nicht weichen wollen, in den Bezirksvertretungen, und die Regierung hat sich bisher nicht veranlaßt gesehen, an diesem Unrecht zu rütteln und der Arbeiterschaft dieser Bezirke zu diesem Rechte zu verhelfen. Sie werden es nun, wenn Sie dies berücksichtigen, begreiflich finden, daß wir mit dieser Vorlage, mit diesem Gesetz nicht einverstanden sein können und daß wir in erster Linie eine Garantie dafür fordern müssen, daß wir auch Einfluß auf die autonomen Körperschaften erlangen, welche mit der Überwachung der Gemeindegebarung betraut sind und daß, bevor uns diese Garantien nicht gegeben sind, wir unmöglich dafür stimmen können, daß diese Vorlage Gesetz werde.

Nun haben wir das Begehren nach einer selbständigen Vertretung selbstverständlich auch bei Beratung dieser Vorlage im Verfassungsausschuß gestellt, und es ist bezeichnend, welche Antwort wir von einzelnen Vertretern dieses Hauses im Verfassungsausschuß bekommen haben. Der Vertreter einer Partei, die sich demokratisch nennt, nämlich der nationaldemokratischen Partei, hat erklärt, es falle ihnen gar nicht ein herbeizuführen, daß die Deutschen in der böhmischen Landesverwaltungskommission eine Vertretung bekommen, und es falle ihnen gar nicht ein, unserem Wunsche, der dahin geht, eine Vertre tung in den Bezirken zu erhalten, und der dahin geht, auch eine Vertretung im mährischen Landesausschuß zu bekommen, entgegenzukommen. Als ich auseinandersetzte, daß es sich um eine autonome Körperschaft handle, und daß es selbstverständlich ist, solange die Wahl in diese autonome Körperschaft nicht durchgeführt wird oder sie durchzuführen nicht möglich ist, daß man wenigstens für eine gerechte Vertretung durch Ernennung, entsprehend dem Wahlergebnis, Sorge tragen muß, wurde eingewendet: Ach nein, das ist keine autonome Körperschaft, die Landesverwaltungskommission und die Bezirks vertretungen u. s. w. sind ein Regierungsorgan, sind ein Exekutivorgan der Regierung. Wenn sich nun die Herren auf den Standpunkt stellen, daß es sich nicht um autonome Organe handelt, sondern daß es Regierungsorgane, daß es Exekutivorgane der Regierung sind, dann haben wir erst recht keine Ursache, für diese Einschränkung der Gemeindeautonomie zu stimmen, dem zuzustimmen, daß diese Organe, die nach Ihrer Behauptung nicht autonom. sondern die Exekutivorgane der Regierung sind, eine solche Gewalt über die Gemeinden bekommen, wie es in dieser Gesetzesvorlage vorgesehen ist.

Wir haben nun nicht nur aus diesem Grunde gegen diese Vorlage Stellung genommen, sondern auch deshalb, weil wir auch mit einzelnen Bestimmungen, derselben nicht einverstanden sind. Ich hebe hervor, daß während der Beratungen im Ausschuß es möglich wurde, manche Verbesserungen an der ursprünglichen Regierungsvorlage herbeizuführen, manche Schärfen abzufeilen und manches Recht der Gemeinden wiederherzustellen. Diese Anerkennung will ich für die Tätigkeit im Ausschuß aussprechen, aber nicht alle Mängel des Gesetzes sind behoben, und wir haben uns daher veranlaßt gesehen, eine Anzahl von Abänderungsanträgen einzubringen, deren Annahme ich Ihnen empfehle und um deren Annahme ich Sie ersuche.

Wir haben aber nicht nur Abänderungsanträge zu einzelnen Paragraphen des Gesetzes einzubringen uns bemüßigt gesehen, sondern haben auch zwei Resolutionen eingebracht. In der einen Resolution fordern wir die Regierung auf, dafür Sorge zu tragen, daß die Gemeinden rechtzeitig zu den nötigen Mitteln kommen. Wir haben ursprünglich den Versuch unternommen, herbeizuführen, daß die Gemeinden - und es handelt sich in diesem Falle insbesondere um die größeren Gemeinden das Recht erlangen, selbst Umlagen vorschreiben und einheben zu dürfen. Sie wissen ja, wie es heute mit der Steuervorschreibung in dem Staate aussieht. Wir bekommen die Steuervorschreibungen nicht rechtzeitig, sondern sehr spät und selbstverständlich mit den Steuervorschreibungen auch die Umlagenvorschreibungen für die Gemeinden. Die Gemeinden kommen nicht rechtzeitig in den Besitz der Mittel, die sie zur Bestreitung ihrer Ausgaben notwendig haben, und es mußten sich schon jetzt sehr häufig Gemeinden an die Finanzlandesdirektionen mit dem Ersuchen wenden, daß ihnen Vorschüsse auf die einzuhebenden Umlagen gewährt werden. Wir wissen, welche Schwierigkeiten es bereitet hat, bei einem solchen Ersuchen einen günstigen Erfolg zu erzielen. In den meisten Fällen wurden die Gemeinden mit ihren begründeten Ansuchen abgewiesen, selbst dann abgewiesen, wenn der Staat schon die Umlagen bei den steuerpflichtigen Personen eingehoben hat. Es wurden Vorstellungen bei den Ministerien, insbesondere beim Finanzministerium erhoben und man hat vom Finanzministerium die Hinausgabe einer Verordnung verlangt, durch welche die Finanzbehörden verpflichtet werden, den Gemeinden angemessene Vorschüsse zu geben, insbesondere den größeren Industriegemeinden. Der Finanzminister hat es prinzipiell abgelehnt, eine solche Verordnung herauszugeben. Nun haben wir geglaubt und gehofft, daß bei dieser Reform des Gesetzes es den Gemeinden ermöglicht werden wird, die Umlagen direkt bei den umlagepflichtigen Personen einzuheben.

Das stieß im Ausschuß auf Widerstand und der Widerstand wird damit motiviert, daß die Gemeinden auch nicht früher einheben könnten als der Staat, weil die Vorschreibung und Einhebung erst erfolgen könne, bis die staatlichen Organe mit der Vorschreibung der Steuer fertig sind. Den Gemeinden wäre es aber sicher möglich gewesen, wenn der Staat mit der Vorschreibung säumig ist, aufgrund der vorjährigen Steuerleistung die Umlagen vorzuschreiben und in einer Nachtragsvorschreibung den Rest einzuheben. Manche Gemeinde wäre so über die Verlegenheiten hinweggekommen, wenn sie bei einem einzigen oder bei einigen größeren Steuerträgern auf die Umlagen sich hätte Anzahlungen einkassieren können. Das ist nun nicht der Fall, weil alle diese Umlagen an die Staatskasse abzuführen sind. Ja, wenn ein Unternehmer sich bereit erklärte, im Vorhinein Beträge zu entrichten, um den Gemeinden aus finanziellen Schwierigkeiten herauszuhelfen, haben die behördlichen Organe, die Finanzorgane, Schwierigkeiten gemacht. Die Finanz-Bezirks- und Landesdirektionen haben erklärt, es müsse der Unternehmer nicht nur das bezahlen, was er der Gemeinde zukommen lassen wolle, sondern er müsse auch zumindest ebensoviel im Vorhinein für den Staat an Staatssteuern zahlen, und nur dann, wenn er das doppelte dessen, was er der Gemeinde zukommen lassen wolle, bezahle, könne der Gemeinde dies als Vorschuss von Seiten der Finanzlandesdirektion, beziehungsweise dem Steueramt zugewiesen werden.

Weil es nun nicht möglich war, diese so notwendige Reform des Gesetzes durchzuführen, haben wir uns erlaubt, einen Resolutionsantrag einzubringen, der dahin geht, daß die Regieru ng aufgefordert wird, anzuordnen, daß den Gemeinden über ihr Ansuchen nach Bedarf und in einer der Vorschreibung entsprechenden Höhe Vorschüsse auf die durch die Steuerämter einzuhebenden Gemeindeumlagen gewährt werden. Der Staat riskiert doch dabei nichts, er hebt ja die Umlagen ein. Es soll aber den Gemeinden aus ihren Schwierigkeiten geholfen werden. In Zukunft wird es ja nicht besser sein. Es tritt nach diesem Gesetz eine Aufteilung der Umlagen an die verschiedenen autonomen Körperschaften ein, und das wird nun zur Folge haben, daß die Zuweisung der Gelder an die Gemeinden sich neuerdings verzögern wird und manche der Gemeinden im ersten Halbjahr überhaupt keine Einnahmen aus den Umlagen zu erzielen vermögen werden. Und da wird es eben notwendig sein, daß Vorschüsse den Gemeinden gewährt werden, damit sie in keine Verlegenheiten und Schwierigkeiten kommen.

Der zweite Resolutionsantrag, um dessen Annahme wir Sie ersuchen, beschäftigt sich mit der Ungerechtigkeit, die an uns, der deutschen sozialdemokratischen Partei, im Lande Mähren dadurch verübt wird, daß wir bisher eine Vertretung im mährischen Landesausschusse nicht zu erlangen vermochten. Der Senat hat heute ein Gesetz beschlossen, durch welches die Zahl der Landesverwaltungskommissionsmitglieder für Böhmen um 3 erhöht wird und wodurch ermöglicht werden wird, daß die Deutschen und insbesondere auch wir deutschen Sozialdemokraten nun auch in der böhmischen Landesverwaltungskommission zu einer Vertretung gelangen. Das bezieht sich auf das Land Böhmen. In Schlesien haben wir ein Mitglied in der Landesverwaltungskommission. Aber in Mähren haben wir das infolge der vorher geschilderten Zustände bisher nicht zu erzielen vermocht.

Der Minister stellt sich auf den Standpunkt, es sei nichts zu machen, weil es sich um eine autonome Körperschaft handle, der man die Mandate nicht aberkennen könne. Ich mache Sie aber darauf aufmerksam, daß auch der mährische Landtag selbstverständlich schon längst außer Funktion getreten ist und keinerlei Berechtigung mehr besteht, daß die aus diesem Kurienlandtage hervorgegangenen Vertreter als Vertreter der Bevölkerung des Landes weiters fungieren können. Es sitzen dort Leute, die längst das Vertrauen nicht nur der gesamten Bevölkerung, sondern insbesondere auch der Gruppe, aus der sie hervorgegangen sind, eingebüßt haben, die keinerlei Berechtigung mehr haben, dort in dem Amte in dieser Funktion zu sprechen. Aber Sie haben zu berücksichtigen, daß eine ganze Klasse oder wenigstens ein Teil der Arbeiterklasse, nämlich die deutsche Arbeiterklasse, keinerlei Vertretung hat und daß es notwendig ist, für eine Vertretung zu sorgen, und wenn es nicht anders geht, dadurch, daß man den Landesausschuß auflöst und eine Neubesetzuug desselben, bezw. der Kommission, die dann eingesetzt wird, durchführt. Wir haben im Verfassungsausschusse schon eine Resolution eingebracht und ich empfehle auch diese zur Annahme. Im Verfassungsausschusse wurde über diesen Resolutionsantrag nicht abgestimmt, sondern man hat ihn den einzelnen Parteien zur Begutachtung überwiesen und es hätte in der nächsten Sitzung des Verfassungsausschusses die Abstimmung eingeleitet werden sollen, die leider unterblieben ist.

Der Resolutionsantrag lautet (ète): "Die Regierung wird aufgefordert, binnen Monatsfrist dem Abgeordnetenhause eine Vorlage zu unterbreiten, durch welche der mährische Landesausschuß aufgelöst und an seine Stelle eine Landesverwaltungskommission eingesetzt wird. Die Zusammensetzung der Landesverwaltungskommission hat nach dem Ergebnisse der letzten Nationalversammlungswahlen zu erfolgen."

Ich bitte Sie auch um die Annahme dieser Resolution.

Wenn Sie meinen Ausführungen gefolgt sind, werden Sie es begreiflich finden, daß wir nicht nur aus sachlichen, sondern auch aus prinzipiellen Gründen gegen die vorgelegte Gesetzesvorlage zu stimmen gezwungen sind. (Potlesk na levici.)

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