Úterý 17. ledna 1922

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 121. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 17. ledna 1922.

1. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 2144 protokolu):

Hohes Haus! Ich habe mich in die Rednerliste eintragen lassen, weil ich auf dem Standpunkt stehe, daß das hohe Ziel das dem Antragsteller vor Augen schwebt, von jedem erkannt werden muß. Bei der Beurteilung der Alkoholfrage müssen wir uns vor Augen halten, welch ungeheuere Schäden der übermäßige Alkoholgenuß bis zum heutigen Tage hervorgerufen hat, welch ungeheuere Schäden für die Volksgesundheit, an zerstörtem Familienleben und vernichteten Existenzen er bisher zur Folge gehabt hat. Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch feststellen, daß ich dieser Frage vollständig vorurteilsfrei gegenüberstehe; ich bin Antialkoholist seit meiner Jugend, nicht erst seit 10 oder 20 Jahren, wie dies bei vielen Vorkämpfern der Antialkoholbewegung der Fall ist. Ich stand seit jeher grundsätzlich auf dem Standpunkte, daß jeder Alkoholgenuß dem menschlichen Körper unzuträglich ist und daß im Gegenteil die sogenannten Mä ßigkeitsbestrebungen in die Irre führen, weil sie nie das hohe, edle Ziel erreichen, dem wir alle zustreben, unser Volk von diesem gefährlichsten Gift zu befreien.

Und weil ich dieser Frage von vornherein so vorurteilsfrei gegenüberstehe, kann ich hier ganz offen betonen, daß ich in dem Gesetzantrag, wie er hier vorliegt, durchaus nicht dasjenige finden kann, was mir und meinen Gesinnungsgenossen am Herzen liegt. Ich halte es für vollständig unzweckmäßig und unzulänglich, auf diesem Wege die Gefahr bannen zu wollen. Ein Beweis dessen, daß dieser Gesetzantrag aus dem Bestreben hervorgegangen ist, irgendeinen Antrag zu stellen, ohne sich recht im klaren darüber zu sein, wie dies am besten zu machen wäre, ist, daß dieser Gesetzesantrag schon ungefähr 4 bis 5 Monate hinter den Kulissen in Verhandlung steht und die einzelnen Paragraphen desselben immer und immer wieder abgeändert werden mußten, weil sie mit dem praktischen Leben nicht im Einklang gebracht werden konnten und meines Erachtens auch bis zum heutigen Tage nicht in Einklang gebracht werden können.

Es ist bezeichnend, daß im § 1 des langen und breiten auseinandergesetzt wird, daß die Verabreichung von Alkohol im öffentlichen Lokal an Minderjährige verboten wird. Warum denn solche Umschweife? Wenn man das Ziel erreichen will, daß an Minderjährige kein Alkohol verabreicht wird, dann erkläre man ganz einfach: Die Verabreichung alkoholischer Getränke an Jugendliche unter 16 bezw. 18 Jahren ist verboten. Ich brauche nicht die Aufzählung der verschiedenen Örtlichkeiten des § 1, wo dies verboten ist, weil der Alkohol für Minderjährige gleich schädlich ist, ob er nun im Gasthause oder zu Hause getrunken wird. Aus diesem Zwiespalt heraus erklären sich die folgenden Bestimmungen, die sich krampfhaft bemühen, auf irgendeinem Wege diesen Gesetzesantrag für die anderen Seiten annehmbar zu machen. Insbesondere hat man den Versuch gemacht, die Gastgewerbetreibenden vor Schikanen zu beschützen. Ich behaupte, daß dies auf diesem Wege nicht gelungen ist, weil schon der Grundfehler bei der Fassung des § 1 gemacht wurde. Wenn man es mit der Bekämpfung der Alkoholgefahr für unsere Jugend ernst meint, hätte man von vornherein die Verabreichung von Alkohol überhaupt verbieten müssen und das Verbot nicht an bestimmte Örtlichkeiten binden dürfen. Es ist bezeichnend, daß z. B. auch im § 2 festgesetzt wird, daß bei Tanzunterhaltungen überhaupt strengstens die Verabreichung von alkoholischen Getränken untersagt ist, mit Ausnahme von Bier und Wein. Ich muß da unwillkürlich die Frage aufwerfen: Warum soll die Verabreichung von Tee verboten sein? Tee wird zumeist mit Rum verabreicht, selten mit Milch, daher kommt der Gastgewerb etreibende in einen Konflikt; er weiß nicht, darf er ihn verabreichen oder nicht? Wenn wir uns Paragraph für Paragraph des Gesetzantrages durchlesen, sehen wir lauter Halbheiten, und das ist der Grund, warum wir gegen den Entwurf stimmen werden. Dies ist unser Standpunkt, und ich bin ermächtigt, im Namen unserer Partei folgenden Erklärung abzugeben:

Nach unserer Überzeugung ist die Frage der Bekämpfung des Alkoholismus nicht eine Frage der Gesetzgebung allein, sondern eine solche der kulturellen Volksaufklärung. Daher versprechen wir uns von einer planmäßigen Aufklärung der Bevölkerung weit mehr Erfolge in der Bekämpfung dieses Übels als von der Erlassung von Gesetzen allein, welche erfahrungsgemäß nicht zum Ziele führen, wenn sie nicht im Bewußtsein der Bevölkerung wurzeln. Um dies zu erreichen, ist vor allem eine umfassende Aufklärungsarbeit notwendig und wäre durch staatliche Mittel zu unterstützen.

Daher stellen wir folgenden Resolutionsantrag:

Das Abgeordnetenhaus wolle beschließen: Die Regierung wird aufgefordert, in den nächsten Staatsvoranschlag einen Betrag von 10 Millionen Kè einzustellen, welcher zur Unterstützung jener inländischen Körperschaften zu verwenden wäre, die sich mit der Bekämpfung der Trunksucht und der Aufklärung über die schädlichen Wirkungen des Alkohols auf den menschlichen Körper befassen. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Wenzela (viz str. 2148 protokolu):

Hohes Haus! Wir haben heute ein Gesetz vor uns liegen, welches in seiner Art einen Teil der Alkoholfrage lösen will. So schön und ideal dieser Antrag seitens des Kollegen Dr. Holitscher wohl gedacht gewesen ist, so schwierig scheint seine Lösung. Wir meinen gewiß, daß das Gesetz seine volle Berechtigung hat. Es ist ja erstaunlich, wie tief eigentlich die Trinksitte im deutschen Volke eingewurzelt ist. Wenn jemand auf die Welt kommt, wird aus Freude getrunken. Wenn man ihn auf den Gottesacker geschafft hat, dann trinkt man aus Leid; wenn einem friert, so trinkt er sich warm und wenn einem zu heiß ist, so trinkt er sich kühl; wenn er zu irgendeiner Prüfung keine Courage hat, so trinkt er sich Courage an und wenn er bei dieser Prüfung durchgefallen ist, dann vertrinkt er sein Leid. Wir wissen, daß die Trinksitte sehr tief eingewurzelt ist, wir wissen, welch herrliche Sprüche in den verschiedenen Trinklokalen uns entgegenprangen. Wir wissen, daß jedes Liederbuch den Gott Gambrinus und Bacchus verherrlicht und wir finden es begreiflich, wenn heute bei dieser Lappalie, wie sie dieser Gesetzantrag durchsetzen will, ein gewisses Zaudern sich geltend macht. Ich meine, sehr geehrte Versammlung, wir können dieser Frage, wenn wir aus unserer Überzeugung und unserem Herzen keine Mördergrube machen, mit offenen Augen gegenübertreten. Wer einen Einblick in die Gesetze hat, die zu der Zeit geschaffen wurden, als die Deutschen diesem Hause noch nicht zugezogen worden waren, der weiß, daß in den Gesetzen über das Gesundheitswesen sich verschiedene Entwürfe befanden, die die Alkoholfrage lösen wollten und bestrebt waren, dem Dämon Alkohol auf gesetzlichem Wege beizukommen und ihn in seinen furchtbaren Quellen, wie er sich Tag für Tag immer mehr entwickelt, etwas einzudämmen. Ich meine, es ist vollständig am Platze, daß man der Alkoholfrage hier offen ins Auge schaut, und gerade ich persönlich als Gewerbetreibender habe ein wesentliches Interesse an dem Verbot der Verabreichung alkoholischer Getränke an die Jugend, weil ein großer Teil der Gastwirte und auch der Gewerbetreibenden der Meinung ist, man müsse dieses Gesetz bekämpfen, weil die Gastwirte, Hoteliers und Schnapsbrenner dabei etwas verlieren. Ich meine, hohes Haus, es ist wohl ganz am Platze, wenn wir heute ganz offen und ehrlich sagen, daß es tief traurig für jene Gastwirte und Hoteliers und für jene konzessionierten Schnapsbrenner ist, wenn sie auf die Jugend bis zu 16 Jahren als Kundschaft spekulieren müssen. (Souhlas.) Ich glaube, wir sind der vollen Überzeugung, daß es um diese Gewerbetreibenden sehr traurig bestellt wäre, die nicht den Mut hätten, in dieser Frage offen und ehrlich zu bekennen, daß vor allem der Jugend der Alkohol nicht gehört. Man mag alle möglichen Anträge stellen und Gesetzentwürfe einbringen und mag den Versuch machen, in dieser Richtung vielleicht höhere Beträge von der Regierung herauszuholen, um die Belehrung über die Gefahren des Alkoholismus zu fördern, aber ich glaube, wir sollten heute einmal mit einem wirklich praktischen Beispiel auftreten. Wir müssen den Mut haben zu sagen, daß es während eines großen Teiles der Kriegszeit ganz gut ohne Alkohol gegangen ist, und ich meine, daß es auch jetzt für die Jugend kein Verlust sein wird, wenn man den Jugendlichen bis 16, resp. 18 Jahren den Alkoholgenuß gesetzlich einschränkt.

Allerdings muß ich offen gestehen, und ich habe bereits seinerzeit im staatlichen Ausschuß für Gesundheitswesen zu diesem Gesetze Stellung genommen - daß in diesem Antrag des Kollegen Dr. Holitscher, wie er zum erstenmal eingebracht wurde, die Härten gegenüber dem Gastwirtegewerbe ziemlich herb sind. Ich stand auf dem Standpunkt, daß die Lösung der Alkoholfrage und insbesondere des Schutzes der Jugendlichen nicht allein eine Angelegenheit der Gastwirte ist, sondern auch ein Erziehungsproblem für die Eltern bedeutet und daß vor allem die Eltern und Erzieher genau so bestraft werden müßten, wie die Gastwirte, wenn sie Jugendlichen im Alter bis zu 16, resp. bis zu 18 Jahren Alkohol verabreichen. Ich habe es auch als meine Pflicht erachtet, namens meiner Parteigenossen Abänderungsanträge einzubringen, vor allem zu § 1, wo das Wort "Obstwein" gestrichen werden soll, weil es nicht klar ist, welcher Obstwein eigentlich gemeint ist, und vor allem in der Durchführungsverordnung zu diesem Gesetze die Bedeutung des Wortes Obstwein ganz bestimmt klargestellt werden muß. Zum § 4 habe ich es als notwendig erachtet, einen Abänderungsantrag dahin zu stellen, daß die gedachten Strafen, welche in dem Gesetzenwurf sehr hoch bemessen sind, verhältnismäßig verringert werden, aus dem einfachen Grunde, weil man schließlich nicht gleich mit so hohen Strafen bis zu 10.000 Kronen in derartigen Fällen vorgehen soll. Sie wissen ja, daß ein solches Gesetz oft nicht allein vom erzieherischen Standpunkt aus betrachtet wird, sondern leider, leider in der Praxis meist nur eine Schikane des Gewerbestandes darstellt. Ich habe es als meine Pflicht erachtet, diesen Abänderungsantrag einzubringen, und möchte das hohe Haus ersuchen, ihm zuzustimmen.

Hohes Haus! Jenen Gastwirten und Gewerbetreibenden, die vielleicht dann, bis das Gesetz beschlossen sein wird, in scharfer Kritik über jene herfallen werden, die da für die Verwirklichung des Gesetzes eingetreten sind, möchte ich zu bedenken geben, daß diese Frage nicht allein vom Standpunkte der Gastwirte aus betrachtet werden darf, sondern es handelt sich vielmehr um eine Frage, die den gesamten Gewerbestand betrifft, weil ja ein Großteil des Gewerbestandes schließlich auch über die gewerbliche Jugend zu verfügen hat und es dürfte wohl keinen besonnenen und ehrlichen Meister geben, dem es recht wäre, wenn sein Lehrling vielleicht Wein, Schnaps oder Bier trinkt. Schon aus erzieherischen Gründen müssen wir also heute als Gewerbetreibende für diesen Antrag eintreten. Es wurde ja heute schon im Referate über die Bedeutung des Dämon Alkohol sehr viel gesprochen, und wir wissen, daß der übermäßige Genuß des Alkohols vor allem für die Entwicklung der Jugend außerordentlich schädlich ist. Wir wissen, daß auf diesem Gebiete noch viel Aufklärung geleistet werden muß, und wenn wir für die persönliche deutsche Ertüchtigung und Ermannung eintreten, dann müssen wir nicht nur unserer Jugend in Idealen den Weg vorzeichnen, sondern wir müssen auch die ganze Verantwortung für dieses Gesetz voll und ganz auf unsere Schultern nehmen.

Wie die Verhältnisse heute liegen, müssen wir aber zugeben, daß die Art und Weise, wie die Behörden und insbesondere die Gemeinden den Alkoholgenuß fördern, zweifellos nicht richtig ist. Während wir uns hier mit einem wichtigen Gesetz zum Schutze der Jugend befassen, müssen wir mit Entsetzen sehen, daß gleichzeitig in jeder Straße 7, 8 und 10 Schnapsbutiken und Gastwirtschaften bewilligt werden und daß in dieser Richtung trotz des Gesetzes, das den Alkoholgenuß vermindern soll, immer mehr Trinkmöglichkeiten gegeben werden. Zur Gesundung des Gastwirtestandes und damit auch zur Lösung der Alkoholfrage wäre es doch nötig, daß wir endlich einmal einen richtigen Prozentsatz finden, in welchem Verhältniß man eigentlich zur Kopfzahl der Bevölkerung Konzessionen erteilen soll. Da meine ich, wir dürfen nicht Sisyphusarbeit leisten, nicht nur kleine Brucharbeit, sondern wir müssen vor allem dafür sorgen, daß der furchtbar starke Urquell des Alkoholismus, zu dessen Ausbeutung sich das Kapital hergegeben hat, in seiner wesentlichen Art eingedämmt wird. Und dies müssen wir auch auf anderen praktischen Wegen zu erreichen suchen. Ich gebe hiemit die Erklärung ab, daß die national-sozialistische Partei für diesen Gesetzesantrag unter Berücksichtigung unserer eingebrachten Abänderungsanträge stimmen wird. (Souhlas na levici.)

3. Øeè posl. dr. Holitschera (viz str. 2149 protokolu):

Meine hochverehrten Damen und Herren! Ich stehe seit 20 Jahren in der Bewegung gegen den Alkoholismus und kann daher wohl auf einige Erfahrungen zurückblicken. Seit jeher habe ich den Standpunkt vertreten, daß auch auf diesem wie auch auf jedem anderen Gebiete Gesetze nicht erlassen werden dürfen, die nicht mit den sittlichen Überzeugungen des Volkes in Übereinstimmung stehen. Es kann, es muß vielleicht sogar die Gesetzgebung hie und da voraneilen. Sie kann nicht warten, bis alle sich durchgerungen haben zu den sittlichen Überzeugungen, die verlangt werden müssen. Aber das Gesetz muß wenigstens den Überzeugungen eines Großteiles der Bevölkerung, des aufgeklärten, des vernünftigen Teiles, der Führer entsprechen. Ich habe mich darum seit jeher gegen alle Versuche gewendet, Gesetze vorzuschlagen, einzuführen und durchzudrücken, die zu weit gehen, die das Volk bei uns hier nicht begreift, die einen energischen Widerstand in der Volksseele hervorrufen müssen. Wenn z. B. heute bei uns jemand - und das kommt vor - die Prohibition nach amerikanischem Muster vorschlüge, so würde ich, obwohl ich Prohibitionist bin, sagen: "Nein, das geht nicht, soweit sind wir noch nicht. Dazu gehört eine viel weiterreichende Aufklärung des Volkes, als wir sie heute hier haben." Wenn ich trotzdem jetzt mit der Gesetzesvorlage hervorgetreten bin, die heute diesem Hause zur Entscheidung vorliegt, so habe ich das - Sie können es mir glauben nach reiflicher Überlegung und nach bestem Wissen und Gewissen getan. Erstens deshalb, weil ich weiß und überzeugt bin, daß mit den Grundsätzen, die hier niedergelegt sind, eigentlich jeder einverstanden ist; ich glaube, daß es im ganzen Hause nicht einen einzigen gibt, der nicht gleich mir sagt: Für die Jugend gehört der Alkohol nicht, sie muß geschützt werden vor dem Alkohol, und selbst Kollege Andìl, der gegen diesen Antrag gesprochen hat, hat das ohne weiteres zugegeben. Der zweite Grund, der mich veranlaßt hat, diesen Gesetzentwurf vorzulegen, ist der: Ich bin dafür, daß Aufklärung verbreitet wird, und wenn ich das sage, so kann ich das vielleicht mit etwas besserem Gewissen sagen, als heute andere es hier getan haben. Es hat gerade vorhin ein Herr von der deutschen Seite gesprochen, der gemeint hat: Aufklärungsarbeit, keine Gesetze, von dem mir aber nicht bekannt ist, daß er nur das Geringste zur Aufklärung beigetragen hat. Ich habe es getan, ich habe meine ganze Zeit, meine ganze Kraft in den Dienst der Aufklärung gestellt. Wenn ich aber heute verlangen muß, daß auf gesetzgeberischem Wege etwas geschieht, so deshalb, weil uns diese Gefahr heute brennt, weil wir nicht warten können und nicht warten dürfen, bis die Aufklärungsarbeit jene Früchte getragen hat, die wir verlangen müssen, wenn die kommenden Geschlechter nicht den schwersten Gefahren ausgesetzt sein sollen. Und das, meine Herren, gilt ohne Unterschied der Nation für das èechische Volk genau so wie für das deutsche. Heute ist unsere Jugend durch den Alkohol in einem Maße bedroht, daß wir nicht warten können, bis in 10, 20, 30 Jahren die Früchte unserer Aufklärungsarbeit gereift sind. Ich brauche Ihnen, die Sie selbst unter dem Volke leben, nicht zu sagen, wie die Dinge heute liegen. Es ist nicht mehr so, wie vor dem Kriege, wo man ruhig warten konnte, wo man sich sagen mußte: Die jungen Leute unterhalten sich, trinken auch etwas. aber die Gefahr ist nicht groß. Heute saufen unsere jungen Leute, heute gehen sie wirklich sittlich, geistig, körperlich durch den Alkohol zurück und oft zu Grunde. Wer Gelegenheit hat zu beobachten, wie es draußen zugeht, wie bei Tanzunterhaltungen die jungen Mädchen um 11 Uhr schon durch den Schnaps betrunken auf den Straßen herumtaumeln, wird mir beipflichten, daß es unsere Pflicht ist, hier etwas dagegen zu tun.

Ich gebe ohne weiteres zu, daß dieser Gesetzentwurf, der heute vorliegt und dem Sie hoffentlich Ihre Zustimmung geben werden, noch nicht das Ideal ist, das wir verlangen können. Ich weiß, daß er Mängel hat, und meine Vorredner, die diese Mängel so in den Vordergrund gestellt haben, haben bei mir wenigstens offene Türen eingerannt. Ich weiß, daß wir das Ziel, die Jugend vollständig alkoholfrei zumachen - und das müssen wir alle wollen - durch dieses Gesetz noch nicht erreichen werden und können. Aber das werden wir wenigstens erreichen, daß die jungen Leute, wenn sie in den Wirtshäusern zusammenkommen, sich nicht betrinken. Ein Vorredner hat bekrittelt, daß im § 1 dieses Gesetzes die Örtlichkeiten, an denen Alkohol nicht verabreicht werden darf, angegeben sind und hat gemeint, ebensowenig wie im Wirtshaus dürften die Jugendlichen auch zu Hause trinken. Gewiß, das ist auch meine feste Überzeugung. Wir haben aber nicht die Macht und die Möglichkeit, den Eltern zu verbieten, daß sie ihren Kindern Alkohol geben. Aber wir haben die Macht zu verbieten, daß die Kinder den Alkohol in den Gasthäusern bekommen. Es ist soviel von der Chikanierung der Gastwirte gesprochen worden, von den Erschwerungen, die dadurch den Gastwirten bereitet werden.

Die Gastwirte haben ein ganz einfaches Mittel, sich diesen Chikanierungen zu entziehen. Sie brauchen nur das zu tun, was dieses Gesetz von ihnen verlangt, sie brauchen nur den jungen Leuten, die noch nicht 16 Jahre alt sind, keine geistigen Getränke, und denen, die noch nicht 18 Jahre alt sind, keinen Schnaps zu geben, und kein Mensch wird sie chikanieren. Es liegt nur an ihnen und ich glaube, daß dieses Gesetz auch bei ihnen eine erzieherische Wirkung ausüben wird, wie diese Wirkung auch bei der Bevölkerung überhaupt eintreten wird. Heute noch glauben viele Eltern, daß sie ihren Kindern etwas Gutes erweisen, wenn sie ihnen Alkohol geben.

Dieses Voru rteil wurde Jahrzehnte und Jahrhunderte lang in ihnen großgezogen und die Aufklärungsarbeit, die wir leisten, hat noch lange nicht das Ziel erreicht, die Leute in dieser Beziehung aufzuklären. Es wird ohne Zweifel auf die ganze Bevölkerung erzieherisch wirken, wenn durch ein Gesetz verboten wird, daß den jungen Leuten im Gasthaus Alkohol verabreicht wird; und wenn daneben noch die Aufklärungsarbeit eingreift, wenn in öffentlichen Versammlungen und in der Presse die Leute darüber aufgeklärt werden, aus welchen Gründen hier ein solches Gesetz erlassen wird, dann werden die guten Wirkungen dieses Gesetzes sehr bald eintreten. Es wird im Anfang Schwierigkeiten geben, die Überwachung wird in der ersten Zeit nicht sehr leicht sein, aber sie wird sehr bald das Ziel erreichen, und zwar auch deshalb, weil wenigstens ein Teil unserer Jugend heute schon anders denkt und selbst wünscht, daß solche Gesetze kommen. Es hat die deutsche sozialdemokratische Arbeiterjugend in verschiedenen Versammlungen den Wunsch ausgesprochen, daß ein solches Gesetz erlassen werde, es hat auf der anderen Seite unlängst eine èechische ethische Gesellschaft getagt, die mit voller Bestimmtheit und allem Nachdrucke verlangt hat, daß dieses Gesetz durchgeführt werde.

Sie sehen also, daß auf beiden Seiten der denkende, der vernünftige, für sein Volk besorgte Teil der Bevölkerung selbst schon die Einführung eines solchen Gesetzes wünscht.

Im übrigen, wir stehen heute nicht mehr vereinzelt da, wenn wir ein solches Gesetz schaffen, und der vielleicht etwas unbescheidene Wunsch, der Ehrgeiz, der mich voriges Jahr noch beseelt hat, daß wir hier die ersten sein werden, die ein solches Gesetz schaffen, sind nicht befriedigt worden. Es wurde bereits in Brasilien vom dortigen Parlament ein Gesetz beschlossen, durch welches die Verabreichung alkoholischer Getränke an Jugendliche verboten wird, und zwar nicht, wie wir hier bescheiden beschließen wollen, bis zum 16. oder 18., sondern bis zum 21. Lebensjahre, obwohl doch in Brasilien, einem tropischen Lande, die Entwicklung der Jugend viel rascher eintritt als bei uns. Ich will nicht auf Nordamerika hinweisen, von dem hier so viel gesprochen worden ist. Es wurde natürlich, wie es schon früher der Fall war, von Amerika in absprechendem Tone gesprochen. Es heißt, das Verbot werde dort nicht eingehalten, die Leute besaufen sich dort mehr als vorher. Ich möchte mir da erlauben, einen Ausspruch vorzulesen, der vielleicht nicht ganz ohne Bedeutung sein wird: "In jedem Gemeinwesen haben jetzt Männer und Frauen Gelegenheit gehabt, Kenntnis davon zu bekommen, was das Alkoholverbot bedeutet. Sie wissen, daß Schulden pünktlicher bezahlt werden, daß die Männer den Verdienst, der früher in Kneipen vergeudet wurde, nach Hause bringen, daß die Familien besser gekleidet und ernährt werden und mehr Geld den Weg in Sparkassen findet. Das Alkoholgewerbe zerstörte viele kostbare Werte im amerikanischen Leben. Welcher gewissenhafte Mann möchte angesichts so vieler Tatsachenbeweise zu dieser Frage sich durch seine eigenen selbstischen Wünsche dazu bewegen lassen, für die Rückkehr jenes Gewerbes zu stimmen? Nach einem weiteren Menschenalter wird nach meiner Meinung der Alkohol nicht bloß aus unserer Politik, sondern aus unserem Gedächtnis verschwunden sein." Diesen Ausspruch hat Präsident Harding in einer seiner Wahlreden vor der Wahl zum Präsidenten getan. Sie sehen also, daß Männer in Amerika, die wohl etwas von der Sache verstehen dürften, anders urteilen, als unsere bürgerliche Presse, die Nachrichten bringt, die von irgendeinem vom Alkoholkapital bezahlten Bureau in Berlin und in Paris in die Welt hinausgeschickt werden und die vollständig lügnerisch und unverläßlich sind.

Ich weise darauf hin, daß Island das Staatsverbot schon seit 1915 hat, daß Finnland sein Staatsverbot seit 3 Jahren hat, daß in Norwegen heute um das Staatsverbot gerungen, und es wahrscheinlich bald zur Einführung gelangen wird, daß in Schweden die Abstinenzpartei so groß ist, daß im schwedischen Unterhaus unter 240 Mitgliedern 130 Abstinente sitzen. Davon sind wir allerdings noch ein bißchen weit entfernt. In Deutschland wird eine Trunksuchtvorlage vorbereitet, in der gleichfalls die Verabreichung alkoholischer Getränke an Jugendliche verboten werden soll. Wenn wir daher heute ein solches nach meiner Meinung sehr bescheidenes Gesetz beschließen, so tun wir nur etwas, was heute in den Kulturstaaten bereits als notwendig anerkannt ist.

Wir haben verschiedene andere Vorschläge gehört, die gemacht werden sollen, um den Alkoholismus, auch den Alkoholismus der Jugend, zu bekämpfen. Es wurde hier vorgeschlagen und ein Resolutionsantrag eingebracht, daß die Regierung 10 Millionen Kronen zur Aufklärung über den Alkoholismus hergeben soll. Es wurden Änderungen der Gewerbeordnung verlangt, um die Zahl der Kneipen, Bars u. dgl. herabzumindern. Ich bin mit alledem vollständig einverstanden, aber wir wollen uns doch hier heute nichts vormachen, wo wir doch ganz genau wissen, wie diese Dinge gemeint sind. Es wird etwas vorgeschlagen, was nicht auf der Tagesordnung steht, um das Recht zu erwerben, sich gegen das, was heute hier zur Annahme empfohlen wird, zu stellen. Das Bessere soll der Feind des Guten sein, und auf diese Weise wird immer alles Gute erschlagen.

Ich bitte Sie als Antragsteller, den Gesetzesantrag anzunehmen. Das, was Sie damit tun werden, kommt den Völkern dieses Staates ohne Unterschied zugute, und ich glaube, die heutige Verhandlung hat das eine Schöne und Gute gezeigt, daß, wenn es sich um Kulturfragen handelt beide Völker einig sind. Es wurde hier mein Antrag - was ich mit großer Freude und Genugtuung anerkennen möchte - von den èechischen Kollegen und Kolleginnen mit größter Wärme befürwortet. Es ist meine Pflicht, an dieser Stelle auch dem Herrn Gesundheitsminister zu danken, der, einsehend, was seine Stellung als Leiter des Gesundheitswesens in diesem Staate gebietet, mit aller Macht für die Annahme des Gesetzes eingetreten ist und eintritt. Es liegt wirklich im Interesse der Gesundheit aller Völker dieses Staates, wenn dieser Gesetzentwurf heute angenommen wird. Er kann keinen Schaden stiften, nicht den geringsten. Der materielle Schade, den die Wirte erleiden werden, kann unmöglich groß sein. Und wäre er groß, wäre es wirklich so, daß ein größererTeil der Einnahmen der Wirte oder irgend welcher anderen Institutionen darauf beruht, daß sie von dem Suff der Jugend leben, dann müssen wir heute schon den Mut haben, hier offen zu sagen: Dagegen müssen wir auftreten, das dürfen wir nicht unterstützen. Wenn Gasthäuser, wenn Vereinshäuser, wenn vielleicht gar Volkshäuser davon leben, daß Jugendliche sich dort mit Schnaps besaufen, dann dürfen wir wohl nicht den Mut unterdrükken, aufrichtig zu sagen: Das darf nicht sein, dagegen müssen wir hier auftreten. Aber nicht nur die Gesundheit der Jugendlichen schützen wir, wir schützen auch ihre Sittlichkeit, wir schützen auch ihre geistige Entwicklung. Herr Kollege Andìl hat es bemängelt, daß Herr Prof. Foustka sein Blatt, das er herausgibt, "Vyšší národ" nennt. Er hat es so aufgefaßt, als ob die Abstinenten sich für bessere Menschen hielten und glaubten, daß sie auf einer höheren sittlichen Stufe stehen als die, die heute noch etwas trinken. Ich weise diese Zumutung mit Entschiedenheit zurück. Ich halte mich nicht für besser, als irgend jemand anderer, deshalb, weil ich keinen Alkohol zu mir nehme. Denn das ist für mich kein Opfer, sondern eine Freude. Es ist an sich keine höhere Sittlichkeit, keinen Alkohol zu trinken, aber dasjenige Volk, das sich vom Alkohol freigemacht hat, das wird wirklich ein "vyšší národ" werden, das wird wirklich auf eine höhere Stufe der Sittlichkeit kommen.

Ich habe es vermieden in meinen Ausführungen Zitate zu machen, denn das ist nicht meine Gewohnheit; was man spricht, muß man aus eigener Kraft, durch eigenen Geist, mit eigenem Herzen beweisen, ohne sich auf andere zu berufen.

Doch zum Schluß darf ich wohl ein einziges Zitat vorbringen, und das ist der Spruch: "Das Trinken und Nichttrinken bedeutet heute die Wahl und Entscheidung zwischen zwei gänzlich verschiedenen Lebensanschauungen . . . die Zukunft gehört den Nüchternen, d. h. denen, die sich für die höhere, sittlichere Weltanschauung und Lebensart entschieden haben." Dieser Ausspruch ist nicht von mir, sondern er rührt aus einem Vortrag über Ethik und Alkoholismus her, den der Präsident dieser Republik Professor Masaryk vor dem Kriege gehalten hat. Masaryk ist in diesem Staate ein Mann, dessen hohe sittliche Lebensauffassung von keiner Seite bestritten, von jedem Bürger und jeder Bürgerin dieses Staates anerkannt wird.

Wenn er diesen Standpunkt vertritt, meine Damen und Herren, so darf ich wohl erwarten, daß auch Sie alle, die ihn zum Lenker dieses Staates gemacht haben, die Sie so wie wir auch in ihm einen von den höchsten Idealen, von der höchsten Sittlichkeit erfüllten Mann sehen, einen sehr kleinen Schritt auf der Bahn machen werden, die Masaryk in diesem Vortrag vorgeschrieben hat. Einen kleinen Schritt! vom Alkohol, wir können sie vorläufig Denn wir befreien die Jugend nur teilweise noch nicht ganz davon befreien. Diesem Schritt werden in absehbarer Zeit andere folgen. Wenn dieser Staat und die Völker dieses Staates den Wettbewerb mit den anderen Völkern aufnehmen wollen, die sich heute schon vom Alkohol freigemacht haben, die sich dadurch größere Leistungsfähigkeit, größere Widerstandsfähigkeit, höhere Gesundheit und höheren Wohlstand gesichert haben, dann wird uns - davon bin ich felsenfest überzeugt - nichts anderes übrig bleiben, als ihnen zu folgen. Machen wir heute diesen ersten Schritt er wird zum Wohl und zum Glück der Völker dieses Staates gereichen. (Souhlas a potlesk.)


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