Ètvrtek 8. èervna 1922
Meine Damen und Herren! Die in Verhandlung stehende Vorlage über die Organisation der Parlamentskanzleien hat das Haus schon im Vorjahre einmal beschäftigt. Wir haben damals für die Vorlage gestimmt, und ich möchte von vornherein erklären, daß wir selbstverständlich auch diesmal für die Vorlage stimmen werden. Die Vorlage hat allerdings einige Schönheitsfehler und ist deshalb vom Senat zurückgestellt worden. An und für sich hat die Vorlage keine allzugroße Bedeutung, aber durch die Art und Weise, wie sie das letztemal behandelt wurde, durch die Machinationen hinter den Kulissen, hat sie einige Bedeutung gewonnen.
Meritorisch handelt es sich diesmal um einige Kleinigkeiten, u. zw. zunächst um die Frage, wer die Ernennung der Beamten des Abgeordnetenhauses und des Senates vorzunehmen hat, ob das Präsidium oder die Regierung. Es handelt sich also um einige stilistische Änderungen und die Streitfragen sind soweit bereinigt worden. Wir sind selbstverständlich dafür, daß die Autonomie der gesetzgebenden Körperschaften gewahrt werde, und daß die Präsidien selbst die Beamten ernennen können. Die Beamtenfrage wurde in der Richtung erledigt, daß die Beamten öffentliche Angestellte sind, als solche erklärt und mit allen diesen zukommenden Begünstigungen versehen werden. Es ist ganz selbstverständlich, daß wir den Beamten eine möglichst gesicherte Existenz, ein entsprechendes Einkommen und alle ihnen zukommenden Rechte wünschen. Die vorliegende Lösung ist von der Regierung ausgegangen, der Senat hat ihr zugestimmt, und auch der en Rechts- und Verfassungsausschuß des ge Abgeordnetenhauses ist ihr beigetreten und ohne Zweifel wird auch das Haus diesen geänderten Bestimmungen beiepflichten. Wie schon erwähnt, haben diese, Beratungen der Vorlage im Vorjahre gede, wisse Folgen nach sich gezogen. Die Vorulage hat eine symptomatische Bedeutung dadurch erlangt, daß der Beschluß des Senates, bei der Anstellung der Beamten auf die nationalen Verhältnisse und sprachliche Qualifikation Rücksicht zu es nehmen, welchem Beschlusse auch der Verfassungs- und Rechtsausschuß des Abch geordnetenhauses beigetreten ist, in letzter Minute auf gewisse Quertreibereien gt hin umgeworfen wurde. Es ist sehr kennazeichnend gewesen, daß dieser Antrag, der darauf ausging, das Arbeiten im nd Hause zu erleichtern, daß die Anstellung der Beamten nur zu dem Zwecke erfolgen de sollte, um den deutschen Abgeordneten, welche nicht èechisch können, zur Hand als zu sein, und daß auch ein gewisses Rechtsgefühl in Bezug auf die Vertretung der Nationen dieses Staates in den öffentlichen Körperschaften gewahrt wird, daß dieser Antrag also seitens der chauvinistischen Parteien der Mehrheit abgelehnt wurde. Wir haben damals erlebt, daß gewisse Giftmischereien gemacht wurden, daß dieser einstimmige Beschluß des Senates, auf die nationalen Verhältnisse Rücksicht zu nehmen, dem auch der Rechts- und Verfassungsausschuß beigetreten ist, beseitigt wurde, und daß dann die Pìtka eine Abschwächung in der Form beschlossen hatte, daß die Eignung der Beamten maßgebend sein soll, daß also auf die nationalen Verhältnisse keine Rücksicht zu nehmen ist. Dieser Beschluß war ein Sieg der chauvinistischen Richtung in diesem Hause. Schon im Vorjahre 1921 haben wir darauf hingewiesen, daß der Mangel an deutschen Beamten in diesem Hause sehr empfindlich ist, und daß dadurch das Arbeiten einer großen Anzahl deutscher Abgeordneter ungemein erschwert wird. Es fehlen Konzeptsbeamte und diese Klagen sind bis heute aufrecht, heute noch sind unsere Wünsche in dieser Beziehung nicht erfüllt worden, heute noch begegnen wir denselben Schwierigkeiten, wie zu Beginn der Parlamentstagung. Es ist uns nicht möglich, den Verhandlungen zu folgen, und immer wieder wünschen wir die Möglichkeit, daß auch Übersetzungen in deutscher Sprache erfolgen, daß deutsche Beamte zur Hand sind usw., damit wir mitarbeiten können, wie es sich gehört. Trotz unserer Wünsche ist aber alles beim alten geblieben und deshalb sind wir gezwungen, eine Resolution einzubringen, welche lautet: "Das Präsidium wird aufgefordert, daß es bei der Ernennung der Parlamentsbeamten auf die nationalen Verhältnisse in der Republik und auf die sprachlichen Fähigkeiten Rücksicht nehme."
Diese Resolution ist ungefähr das, was im Vorjahre der Senat einstimmig beschlossen hat, und dem ja auch die Mehrheit des Verfassungs- und Rechtsausschusses beigetreten ist. Wir haben schon im Vorjahre betont, daß dieser Antrag durchaus nicht aus chauvinistischen Motiven herausgestellt wurde, sondern den praktischen Bedürfnissen unserer deutschen Kollegen, die nicht èechisch können, Rechnung tragen soll, daß er also aus rein sachlichen Gründen eingebracht und befürwortet wurde. Es ist aber, wie gesagt, ganz anders gekommen. Ich möchte dabei allerdings hervorheben, daß hier in diesem Antrag das Prinzip enthalten ist, daß wir nicht nur wünschen, daß nur im Parlament deutsche Beamte aufgenommen werden und daß nur dort auf die nationalen Verhältnisse und auf die sprachliche Qualifikation Rücksicht genommen werden soll, sondern, daß dies in allen staatlichen Ämtern geschieht, daß also das Rechtsgefühl und der Gerechtigkeitssinn zum Durchbruch kommt. Ich möchte darauf hinweisen, daß auch die Herren von der Mehrheit für das gleiche Recht der Minderheiten in sprachlicher Beziehung jederzeit eingetreten sind, als sie noch nicht die Herrschaft in diesem Staate hatten. Ich erinnere daran, daß gerade Sie, die Herren von der Mehrheit, in der altösterreichischen Zeit für die Anstellung einer genügenden Anzahl von èechischen Beamten eingetreten sind und daß Sie immer die sprachlichen Rechte auch der Minderheiten unter allen Umständen vertreten haben. Das haben Sie allerdings vergessen und heute reden Sie ganz anders.
Ich möchte nur, um ganz kurz zu beweisen, wie sich Ihre Ansichten geändert haben, auf die "Èeskoslovenská samostatnost" in Paris vom 25. Oktober 1918 hinweisen, wo die Unabhängigkeitserklärung des Èechoslovakischen Staates erfolgt ist, und welche durch General Štefánik und T. G. Masaryk gezeichnet wurde. In dieser Erklärung hat es geheißen: "Die Rechte der Minderheiten werden durch eine Verhältnisvertretung gewahrt sein. Die nationalen Minderheiten werden gleiche Rechte genießen." Zu den gleichen Rechten gehört selbstverständlich auch die Beamtenfrage, die Anstellung von entsprechend qualifizierten Beamten aus den einzelnen Nationen. Von diesen Versprechungen hat sich bisher in der Praxis leider nichts erfüllt. Nach außenhin geben sich ja die Herren von der Mehrheit noch als Demokraten aus, noch heute tun sie in der europäischen Öffentlichkeit so, als wenn in diesem Staate alle Wünsche der Minoritäten erfüllt worden wären, und auf der jüngst in Prag abgehaltenen Tagung der Völkerbundliga haben ja die Herren wiederum betont, daß für die Minderheiten gar keine Ursachen zu irgend welchen Klagen bestehen. Ich erinnere, daß Herr Dr. Beneš selbst erklärt hat, daß die Èechoslovakei aufrichtig bestrebt sei, in ihren politischen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Organisationen den großen Gedanken ihrer Verbände und der Gesellschaft der Nationen selbst zu verkörpern, die der Kongreß zur Grundlage der neuen Gesellschaftsordnung zu machen strebe. Damit ist gesagt, daß der Herr Ministerpräsident betont hat, die Èechoslovakei selbst wolle den Völkerfrieden haben, den Frieden der Welt und die nationale Gerechtigkeit!
In derselben Weise hat auch der
Herr Bürgermeister von Prag erklärt, die èechische Nation habe,
sobald sie ihre staatliche Unabhängigkeit erlangt hätte, es für
einen der wichtigsten Grundsätze gehalten, daß vor dem Gesetz
alle Staatsbürger ohne Unterschied der Nation gleich seien. Dann
bekennt er sich als Gegner jedweder Gewaltherrschaft eines Volkes
über das andere. Das sind ja sehr schöne, wunderschöne Reden,
aber es sind ja doch nur Reden und in der Praxis wird etwas wesentlich
anderes daraus. Wir sehen das an einem Beispiel hier im Parlament,
wir sehen es draußen täglich und hundertfach. Ich erinnere daran,
daß die Praxis sofort zeigt, daß hier die Theorie etwas anderes
ist als die lebende Wirklichkeit. Auf diesem Kongreß der Völkerbundligen
hat es sich sogleich offenbart, daß die Herren gar nicht im Traum
daran denken, die von ihnen in der Theorie verfochtenen Grundsätze
praktisch anzuerkennen, ich erinnere daran, daß bei der Annahme
der Resolution Dickinsons die Herren Vertreter der Kleinen Entente
unter Führung der Èechen weggegangen sind. Und was will diese
Resolution? Nichts anderes, als was die Demokratie auf ihr Banner
geschrieben hat: Sie will den Minderheitsschutz haben. Ein Teil
der Rechte der Demokratie ist es, daß die Minderheiten das Recht
haben sollen, Beschwerden unmittelbar beim Völkerbund vorzubringen,
daß man empfiehlt, eine möglichst weitgehende Selbstverwaltung
und nebstdem neben der Staatssprache noch die Minderheitensprache
als Vermittlungssprache anzuerkennen. Obwohl das nur Wünsche sind,
Grundsätze, die man in der ganzen Welt verwirklichen möchte, haben
die Herren Vertreter der Èechoslovakei den Kongreßsaal verlassen,
als diese ganz selbstverständlichen Grundsätze von der Mehrheit
des Kongresses angenommen wurden. Angesichts dieser und vieler
anderer Tatsachen haben wir allerdings im Moment keine Hoffnung,
daß die Politik in diesem Staate eine andere wird. Die Chauvinisten
haben einmal die Mehrheit, sie führen ihre Politik fort und wir
fürchten, daß das Beispiel, welches die Schweiz gibt und das auch
auf dem Völkerbundstag anempfohlen wurde, und das auch ihnen vorgeschwebt
hat, nicht zur Durchführung kommen wird, obwohl das dann dem Staate
ungeheuren Schaden bringen wird. Die Politik des Kramáø und
Rašín ist leider stärker als die Politik der anderen. Obwohl
es klar ist, daß nicht durch Gewalt, durch Vorherrschaft und Unterdrückung
der Völker dieser Staat wirklich leben kann, möchte ich die Herren
daran erinnern, daß schon Lassalle in den 60er Jahren in seinen
Schriften und Reden ausdrücklich erklärt hat, daß das Recht nach
Selbstverwaltung, nach Selbstbestimmung der Nationen, ein Teil
der Demokratie ist und daß jede Demokratie für die Selbstverwaltung
und Selbstbestimmung der Nationen eintreten muß. Sie haben diese
Grundsätze bisher negiert. An hunderten Beispielen können wir
den Nachweis liefern, dieses kleine Beispiel heute, die Besetzung
der Beamtenstellen im Parlament zeigt wiederum deutlich, wie einseitig
man hier vorgeht, wie man die Vorherrschaft der èechischen Nation
unter allen Umständen aufrecht erhält. Unter diesen Umständen
lehnen wir jede Verantwortung für das ab, was sich an Schwierigkeiten
in diesem Staat ereignen wird. Obwohl wir wenig Hoffnung haben,
daß die Resolution angenommen und der Geist, der aus dieser Resolution
spricht, sich in die Tat nach jeder Richtung hin umsetzen wird,
verlieren wir doch nicht die Hoffnung, daß auch in diesem Staat
endlich einmal wieder die Vernunft siegen wird, allerdings erst
dann, wenn alle sozialistischen Gruppen zusammenwirken werden,
wenn wir über den nationalen Streit hinaus die soziale Frage regeln
können. Ich erkläre noch einmal, daß wir für den Antrag selbst
stimmen werden. Wir bitten, daß auch der Resolution zugest immt
werde. (Souhlas a potlesk na levici.)