Úterý 17. dubna 1923

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 201. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v úterý dne 17. dubna 1923.

1. Øeè posl. Rud. Fischera (viz str. 69 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Meine Partei und ich sind gewiß keine Freunde der Partei des Dr. Kubíèek oder der Person des Dr. Kubíèek, der uns als Referent über das Dezembergesetz in einem sehr unrühmlichen Andenken steht; wir hätten aber doch gewünscht, daß der Mann, der heute hier als Angeklagter gesprochen hat, dessen Rede sich aber zu einer furchtbaren Anklage gegen die leitenden Männer in diesem Staate ausgewachsen hat, Gelegenheit gehabt hätte, seine Rede zu vollenden, vielleicht dadurch, daß das Präsidium das Haus befragt hätte, und wir hätten weiter gewünscht, daß nach seiner Rede sofort der verantwortliche Minister oder die verantwortlichen Beamten aufgestanden wären, um sich gegen die ungeheuerlichen Beschuldigungen zu rechtfertigen, die hier erhoben worden sind. Das ist nicht geschehen und es ist deshalb schwer, über das Meritorische der Sache eingehend zu sprechen. Wir behalten uns deshalb vor, wenn Dr. Kubíèek noch einmal das Wort ergreift und wenn auch der Finanzminister sprechen wird, noch einen weiteren Redner unseres Klubs zu Worte kommen zu lassen.

Gestatten Sie nun einige allgemeine Bemerkungen zur Sache selbst. Wir haben seit zwei Jahren eine ungeheuere Krise, unser Wirtschaftsleben wird aufs Schwerste erschüttert. Nur eine Ziffer: die Zahlungseinstellungen und Konkurse im Jahre 1922, soweit sie veröffentlicht wurden, haben die Zahl von 1876 mit einer Überschuldung von 1657 Millionen K erreicht. Dazu kommen noch die vielen Ausgleichsverfahren, die im Stillen durchgeführt worden sind. Und nun betrachten wir einmal das schreiende Mißverhältnis zwischen dem Niederbruch unserer Volkswirtschaft, auf dessen Ursachen ich hier nicht eingehen kann, und dem Gründungsfieber, das im Jahre 1922 gewütet hat! 1922 allein sind fast unter ausschließlicher Beteiligung der Banken 113 neue Aktiengesellschaften und eine Bank gegründet worden mit einem Kapital von 902 Millionen K. Das ist in der Zeit, wo unsere Volkswirtschaft zusammenbricht, noch um 3 Gründungen mit 154 Millionen Kapital mehr als im Jahre 1921. Außerdem wurden Kapitalserhöhungen bei 82 Aktiengesellschaften und Banken um 555 Millionen durchgeführt. Schon das allein beweist, daß hier augenblickliche Gewinnmöglichkeiten, welche auch in der Zeit der wirtschaftlichen Depression gegeben waren durch die Ausnützung der Valutaverhältnisse u. s. w., zu Gendungen geführt haben, denen jede wirtschaftliche Voraussetzung fehlte. Ich verweise nur darauf, daß die Èechoslovakei ohnehin den allergrößten Teil der Glasindustrie aus Österreich übernommen hat, daß aber trotz dieser Tatsache 72 neue Glasöfen in den Jahren 1919 bis 1921 in Betrieb gesetzt worden sind. Und doch ist die Glasindustrie schon seit langer Zeit sehr karg beschäftigt und der Zusammenbruch großer neugegründeter Unternehmungen ist unvermeidlich geworden. Die Banken haben diese Neugründunge durchgeführt mit Hilfe einer ungeheueren Reklame, mit Hilfe ihrer gewaltigen Organ isation; sie wußten dadurch, daß sie höhere Zinsen und Begünstigungen gewährten, welche die Sparkassen nicht geben konnten, Riesensummen aus der Bevölkerung zur Verfügung zu erhalten. Nach dem Stande vom 31. Jänner 1923 betragen die Einlagen bei den Banken allein 9480 Millionen; das ist soviel, als der ganze Notenumlauf dieses Staates beträgt. Davon sind 6162 Millionen auf Büchel eingelegt. Der Kollege Sajdl hat bereits festgestellt, daß das Verhältnis des eigenen Kapitals zum fremden Kapital bei den Banken sich wie 1:9 verhält und hat zur Entschuldigung darauf hingewiesen, daß ähnliche Verhältnisse auch im Ausland bestehen. Sicher aber ist das eine, daß dieser verhältnismäßig geringe Besitzstand an Eigenkapital der Banken eine furchtbare Gefahr darstellt für die ungeheueren Vermögen, welche ihnen anvertraut sind, und daß infolgedessen die Staatsgewalt, welche die Aufsicht über diese Institute zu führen hätte und hat, die Revisionen und die Beaufsichtigungen gründlich und ununterbrochen führen müsste. Durch ihre Riesenvermögen wurden die Banken in der Nachkriegszeit noch mehr als vor und während des Krieges bei der entwerteten Valuta die Geldgeber der Industrieunternehmungen, sie haben sich die ganze Industrie- und Handelswelt dienstbar gemacht, haben selbst die Geschäfte an sich gerissen und sind weit von der ursprünglichen Aufgabe, bloß die Mittler im Geschäftsleben, die Kreditgeber zu sein, abgekommen.

Dabei ist Eines beachtenswert: Der èechische Staat hat wiederholt Anleihen ausschreiben müssen und hat seine Anleihen trotz der ungeheueren Geldsummen, die die Banken zur Verfügung haben, nur zum geringen Teil im Inland unterbringen können. Den Bankaktionären winken eben höhere Profite, als sie an den Anleihen des Staates zu machen sind, höhere Provisionen, wenn sie sich an Industrieunternehmungen beteiligen und Valutaspekulationen betreiben; und es haben in den Jahren 1919 und 1920 und auch noch im vergangenen Jahre diese Beteiligungen der Banken an den Industrieunternehmungen den Aktionären tatsächlich hohe Provisionen und hohe Zinsen, die leider auch den Warenverkehr ungeheuer verteuern, sowie Riesengewinne eingebracht. Für das Jahr 1922 z. B. zahlte die Prager Kreditbank 14%, die Böhmische Kommerzialbank 18% Dividende, einzelne große Industrieunternehmungen, welche fast ganz von den Banken beherrscht werden, z. B. die Nestomitzer Zuckerfabrik, schüttet 40 Kronen Dividende für ihre Aktionäre aus. Das ist interessant in einer Zeit, wo wir eine neuerliche Verteuerung des Zuckers werden in Kauf nehmen müssen.

Die Blütezeit der Banken war jene, in der die Riesengewinne an den Devisengeschäften zu machen gewesen waren. Die "Prager Presse" läßt einen Bankfachmann zu Worte kommen, der in seinen Ausführungen selbst zugibt, daß die Riesengewinne hauptsächlich aus Devisengeschäften herrühren, daß die Devisengeschäfte sehr lukrativ gewesen sind. Nicht nur die Aktiengesellschaften, auch die Banken selbst sind wie Pilze nach einem warmen Regen aus dem Boden geschossen und beherrschen ni ht nur die Industrie, sondern auch - und das hat die heutige Debatte augenfällig gezeigt - den Staat, sie beherrschen leider, wie es scheint, auch die leitenden Männer und hohen Beamten in diesem Staate. Als im November durch die Valutaschiebungen die Interessen des Staates angeblich in Gefahr kamen, hat das Bankamt des Finanzministeriums Revisionen bei den Banken angeordnet. Über diese Revisionen ist es jedoch merkwürdig stille geworden. Wir haben darüber nichts erfahren, nur einzelne Zeitungsmeldungen, soweit es die deutschen Banken betraf. Kein Mensch wird jedoch so naiv sein anzunehmen, daß der Devisenhandel nur eine Beschäftigung deutscher Aktionäre gewesen ist und daß es nicht ebenso wichtig gewesen wäre, auch èechische und andere Banken in diesem Staate zu kontrollieren. Ich verweise wieder auf das deutsch geschriebene Regierungsorgan, die "Prager Presse", in der am 4. März ein Bankfachmann zu Worte kommt und mit einem gewissen Stolz darauf hinweist, daß außer den offiziellen Reserven die Banken auch große geheime Reserven haben. Wir meinen, es wäre Pflicht der Staatsverwaltung gewesen, da es sich dabei ja um ungeheuere Summenhandelt, die Revisionen durchzuführen und zu erheben, ob die Bilanzen ordnungsmäßig aufgestellt worden sind und ob der Staat nicht durch die geheimen Reserven um ungeheuere Summen an Steuern betrogen wird. Diese Revisionen wären, wie sich jetzt zeigt, umso notwendiger gewesen, um auf die ungeheueren Gefahren aufmerksam zu machen, welche durch die Wirtschaft einzelner Banken unserer Volkswirtschaft drohen. Dies ist nicht geschehen. Diesen schweren Vorwurf erheben wir und es hat der Herr Finanzminister diesen schweren Vorwurf, obwohl er schon oft durch die Presse erhoben wurde, in seinen Ausführungen auch nicht mit einem einzigen Wort zu entkräften versucht.

Ich habe behauptet, daß die Banken die führenden Männer und die ersten Beamten in diesem Staate beeinflußt und für sich gewonnen haben. Der Herr Finanzminister hat sich hier auch nicht zu rechtfertigen versucht, wie Abgeordnete und wie Mitglieder der Regierung, neben ihrer Funktion noch im Verwaltungsrate von Banken sitzen können, obwohl die Verfassungsurkunde dies klar verbietet und unmöglich macht. Die Aufklärungen, die der Herr Finanzminister hier über die der Živnobank gemachten Begünstigungen gegeben hat, können uns durchaus nicht befriedigen, sie sind vielmehr in gewissem Sinne eine Bestätigung, daß diese Vorwürfe zu Recht bestehen. Der Herr Finanzminister bestätigt allerdings nur, daß der Živnobank Beträge, Renten u. s. w., insgesamt im Betrage von 11 Millionen zur nachträglichen Abstempelung bewilligt worden sind. Aber 11 Millionen Kronen sind doch schon eine ungeheuere Summe und ich verweise darauf, daß mir unzählige Fälle persönlich bekannt sind, daß man z. B. einem ganz armen Teufel, der während der Zeit der Abstempelung einen ganz kleinen Betrag, den er notwendig gebraucht hat, nicht zur Abstempelung brachte, die nachträgliche Abstempelung nicht bewilligt hat. Es ist ein unerhörter Fall von Protektionswirtschaft, wenn einer Bank Beträge zur nachträglic en Konskribierung und Überführung bewilligt worden sind, die die öhe von 11 Millionen Kronen erreichen. Wir müssen uns dabei vergegenwärtigen, daß es sich um die mächtigste und reichste Bank in ganz Mitteleuropa handelt, um ein Institut, das im Vorjahre - jetzt ist der Bericht erschienen 52·2 Millionen Reingewinn ausweist. Den Aktionären, das ist zugegeben worden, wurden 11 Millionen gesschenkt, den armen Teufeln aber wurde es unmöglich gemacht, einige Banknoten zur nachträglichen Abstempelung zubringen. Und auch das hat der Herr Finanz inister nicht mit einem Wort entkräften können, daß es für eine so große Bank, wie es die Živnobank ist, von größter Wichtigkeit ist, wenn sie ihre Vertraunsmänner in der Regierung sitzen hat, die sie von allem unterrichten, was das Bankamt und der Staat finanziell und mit der Valuta beabsichtigen. Diesen schweren Vorwurf konnte er nicht entkräften, weil Tatsachen nicht weggeleugnet werden können, daß die engste Verbindung zwischen der Regierung und der Živnobank besteht, die auch einen eigenen Parlamentsberichterstatter unterhält.

Ich glaube, es hätte heute nicht nur der Finanzminister die Pflicht, noch einmal aufzustehen und sich gegen die schweren Vorwürfe zu rechtfertigen, sondern auch die Vertreter der politischen Parteien, die hier als Abgeordnete sitzen und denen persönlicher Vorteil aus den Bankverbindungen zum Vorwurfe gemacht wird. Denn wenn das wahr ist, was der "Venkov" berichtet, daß die Mährisch-Schlesische Bank den èechischen Nationaldemokraten für ihren Wahlfond 200.000 K gegeben hat und das ist vielleicht nur ein einzelner Fall, der in die Öffentlichkeit gedrungen ist - so hätten schon die Vertreter der nationaldemokratischen Partei die Verpflichtung aufzustehen und sich gegen diesen schweren Vorwurf zu rechtfertigen. So schaut die Demokratie in diesem Staate aus! Die Banken kaufen sich Abgeordnete und verschaffen sich durch ihr Geld entscheidenden Einfluß auf die ganze Regierung, ganze Parteien werden von ihnen bestochen und dienstbar gemacht. Die Regierung wieder verschafft sich durch ihren großen Dispositionsfond eine charakterlose, knechtselige Presse, welche nichts anderes zu tun hat, als alle Taten der Regierung zu verdecken. Und so können wir wohl sagen: Es verdeckt sich gerade hier in dieser Republik unter dem Deckmantel der Demokratie eine Korruption, wie wir sie uns ärger gar nicht vorstellen können und wie sie ärger wohl nirgendwo anders anzutreffen ist. Denn es ist kein Wunder, wenn Minister und Abgeordnete, nur um fette Tantièmen zu erhalten, ihre verantwortlichen Posten verlassen, den Ministersessel mit hohen Verwaltungsratsstellen vertauschen, daß dies auf die übrige Bürgerschaft des Staates demoralisierend einwirken muß, demoralisierend auch aus dem Grunde, weil unsere Staatsbeamtenschaft finanziell ja nicht so gestellt ist, daß sie nicht so leicht Bestechungsversuchen unterliegen würde. Wenn es vorkommen kann, was in den letzten Wochen durch die Tagespresse berichtet worden ist, daß Millionen Kronen Steuerhinterziehungen geschehen sind, weil die betreffende Familie mit hohen Staatsbeamten in verwandschaftlichem Verhältnisse steht, wenn es vorkommt, daß bei der Finanzlandesdirektion und beim Königinhofer Gericht die Akten abhanden gekommen sind (Hört! hört!) über Strafsachen, die anhängig gemacht wurden, so kann man wohl sagen, daß ärger wohl nirgends die Korruption zutage getreten ist, die mit dadurch hervorgerufen wurde, daß eben rein aus Gewinnsucht und Profitgier verantwortliche hohe Beamte und Abgeordnete ihrer Pflicht untreu werden und sich vom Bankkapital kaufen lassen.

Kein Staat wird so von der Bürokratie beherrscht, wie die Èechoslovakische Republik, trotz ihrer demokratischen Scheinverfassung, und da ist es wohl selbstverständlich, daß das Bankkapital sich in erster Linie an die Beamtenschaft wendet und versucht sie sich dienstbar zu machen. Der Herr Finanzminister hat in seinen Ausführungen zugegeben, daß beim Krach der Mährisch-Schlesischen Bank und der Bohemiabank die Verluste bei der ersteren 120 Millionen, bei der letzteren 128 Millionen Kronen betragen. Ich verweise nicht auf die Rede des Abgeordneten Dr. Kubíèek, aber der Herr Minister hat in seinen Ausführungen auch jenen Zeitungsmeldungen nicht widersprochen, wonach der Stand der Mährisch-Schlesischen Bank schon im Jahre 1921 dem Bankamt bekannt war und daß ebenso der Stand der Bohemiabank schon vor langer Zeit dem Bankamt kein Geheimnis gewesen ist. Es ist von ihm auch nicht der Meldung widersprochen worden, daß das Bankamt, obwohl ihm schon im Jahre 1921 der Stand der Mährisch-Schlesischen Bank bekannt war, nicht eingeschritten ist, daß vielmehr damals noch Gewinne ausgeschüttet und außerdem noch im Jahre 1921 4 Millionen an Tantièmen für den Verwaltungsrat ausgezahlt worden sind. Der Herr Minister hat ferner dem nicht widersprochen, daß den Leitern von Sparkassen Bestechungsgelder, Prozente gezahlt worden sind, wenn sie der Mährisch-Schlesischen Bank Gelder zugeführt haben. Er hat keine Aufklärung darüber gegeben, wie weit die Untersuchung in dem Fall der Mährisch-Schlesischen Bank, deren Zusammenbruch ja schon im November vorigen Jahres erfolgte, gediehen ist, wie weit festgestellt wurde, ob die Beamten der Bank mit deren Geldern spekuliert haben. Kein Wort hat der Minister verloren, um die gewissenlosen und unfähigen Betrüger zu kennzeichnen, welche mit den Geldern, die ihnen anvertraut wurden, in der skrupellosesten und zügellosesten Weise gewirtschaftet haben.

Nun kommt der Krach der Bohemiabank hinzu. In dieser Bank sitzen zwei Abgeordnete, Kubíèek und Rychtera, und es sitzt dort der frühere Minister Kuno Sontág. Diese Bank hatte also mit den maßgebenden Politikern dieses Landes und der Regierung die engste Verbindung. Ihre Filiale in Paris ist der Korrespondent des Bankamtes. Und nichts kennzeichnet wohl so stark die Ängstlichkeit, mit der die Regierung darauf bedacht war, zu verhindern, daß über den Krach der Bohemiabank die Öffentlichkeit aufgeklärt werde, als die Tatsache, daß die erste Nachricht über diesen Krach konfisziert wurde. Sechs Stunden später freilich mußte es aller Welt bekannt gegeben werden, man konnte es nicht länger verheimlichen. Es ist dies nur ein Beweis dafür, daß die Regierung bemüht gewesen ist, die Sache der Bohemiabank zu vertuschen und zu verdecken. Und es mutet geradezu eigentümlich an, wenn am Tage nach der Konfiskation der oppositionellen Blätter wegen der Mitteilung über die Bohemiabank die Regierung durch die "Prager Presse" öffentlich erklären ließ, daß alles untersucht werden und nichts verborgen und vertuscht werden soll; allerdings so, wie bei der Mährisch-Schlesischen Bank. Das glauben wir. Wenn die "Prager Presse" überhaupt jemals ein wahres Wort geschrieben hat, so wird es dieser Satz sein. Denn wenn die Regierung über die Bohemiabank dieselbe Aufklärung gibt, wie über den Zusammenbruch der Mährisch-Schlesischen Bank, dann werden wir eben nichts erfahren. Das hat ja auch die Rede des Herrn Finanzministers gezeigt.

Gestatten Sie, daß ich die Regierung bei dieser Gelegenheit daran erinnere, daß sie uns über andere Vorkommnisse den versprochenen Revisionsbericht schuldig ist. Ich reklamiere bei dieser Gelegenheit den in den Ausschüssen wiederholt versprochenen Revisionsbericht über die Staatsgetreideanstalt und vom Herrn Handelsminister den Bericht über die Wirtschaft in der Baumwollzentrale. Die Herren Minister versprechen uns wohl Revisionsberichte, aber wir bekommen sie in der Regel nicht. Aber die Mitteilung in der "Prager Presse", daß die Regierung nichts verheimlichen und nichts vertuschen werde, muß uns doch stutzig machen. Können wir denn einer demokratischen Regierung so etwas überhaupt zutrauen? Wir alle mußten, wenn wir sonst die "Prager Presse" gelesen haben, der Meinung sein, daß die Regierung geradezu ein Muster, eine Perle der Koalition ist, und eine solche kann doch selbstverständlich nichts verheimlichen und vertuschen, noch dazu in einer Angelegenheit, die eigentlich keine Angelegenheit der Regierung sein sollte. Wer sich entschuldigt, klagt sich an. Das trifft in diesem Falle auf die jetzige Regierung zu, und wenn es wahr sein sollte, was der Abgeordnete Dr. Kubíèek heute in vielen Details ausgeführt hat, was aber zum großen Teil bereits in der Presse der Regierung zum Vorwurf gemacht wurde: daß der Passivstand der Bohemiabank schon im Jahre 1921 dem Bankamt bekannt war, wenn es wahr ist, daß die Regierung einzelne Sparkassen gewarnt hat, der Bohemiabank Einlagen zur Verfügung zu stellen, daß sie durch den Finanzminister dem Direktor der Bank nur privat und vertraulich das Ergebnis der Revision mitteilen ließ, dann, müssen wir erklären, ist die Regierung und das Finanzamt der eigentliche Mitschuldige am Zusammenbruch der Bohemi bank.

Es wäre allerdings auch interessant gewesen, wenn uns der Abgeordnete, Dr. Kubíèek - vielleicht hat er noch in seiner zweiten Rede Gelegenheit, darauf zurückzukommen - auch darüber Aufklärung gegeben hätte, wie es mit den Spiritusgeschäften und dem Verkauf von 6 Waggons Griotte nach Deutschland bestellt ist, von dem angeblich auch ein hoher Beamter des Staates gewuußt hat, der die Regierung auf dieses Geschäft aufmerksam gemacht hat, bei dem die Bohemiabank eine Million verdient haben soll. Auch da wäre es ein schweres Vertuschen schlimmster Korruptionsfälle, wenn tatsächlich Staatsbeamte dabei ihre Hand im Spiele gehabt hätten.

Alle diese Fälle, welche schon längst in den Zeitungen besprochen worden sind, hätte heute der Finanzminister aufklären müssen. Er hätte sich nicht darauf beschränken dürfen, einfach zu sagen, was zum Zusammenbruch der einzelnen Banken geführt hat. Er hat ja alles bestätigt, die ganze Kritik an der Luderwirtschaft der Banken hat er, wenn auch mit milden Worten, so doch mit den Tatsachen übereinstimm end gekennzeichnet. Er hätte sich aber wehren müssen gegen das vollständige Versagen der Revisionsorgane. Die Regierung hätte sich gegen den ungeheuer schweren Vorwurf, daß mit Duldung und Wissen der Staatsgewalt, der Regierung und des Bankamtes Millionen von kleinen Spareinlegern durch diesen Bankkrach in Gefahr kommen und ihr Geld verlieren sollen, wahren sollen.

Man hat das nicht getan, und wir hegen infolgedessen den schweren Verdacht, daß die Regierung sich gegen diesen orwurf nicht verteidigen kann. Wir fordern eine strenge und rücksichtslose Untersuchung dieser Vorkommnisse und ich verweise dabei nur auf eines: Es sind bei den Bankkrachs, besonders bei der Bohemiabank, nicht nur Gelder von Einlegern in Gefahr, sondern es sind auch Gelder in Gefahr, welche der sozialen Versicherung von Arbeitern dienen. So hat z. B. die Epiag, die Westböhmische Porzellanindustriegesellschaft 259.000 Kronen an Pensionsgeldern für Waisenkinder in der Bohemiabank mit angelegt. Die Arbeiterschaft hat sich bemüht, die Freigabe dieser Gelder zu erwirken, sie ist aber glatt abgewiesen worden. Gegenüber dieser Tatsache hat der Minister nicht aufstehen können, er hat mit keinem Wort bestritten, daß, obzwar das Moratorium auch für die ausländischen Filialen der Bohemiabank Geltung haben müßte, rein um das Prestige der èechischen Finanzverwaltung zu wahren, die ausländischen Filialen der Bohemiabank voll ihre ausländischen Gläubiger befriedigen. Es hätte der Herr Minister nicht so oberflächlich und fast nur mit einem Wort über den Zusammenbruch und die Liquidierung der Bodenbank sprechen dürfen, welche Bank einen Verlust von 142 Millionen Kronen hat, und wenn der Minister sagt, daß ein Unterschied in der Befriedigung der großen und kleinen Spareinleger nur mit Hilfe des Staates und der Staatskasse wird gemacht werden können, so bedeutet das nichts anderes, als daß er heute schon konstatiert, daß Staatsgelder in ungeheuren Mengen zur Sanierung der verluderten Bankengruppen verwendet werden müssen. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Wir haben an die Regierung dringende Forderungen zu richten und sie zum Teil schon in unserer Interpellation niedergelegt; mit einigen Worten will ich sie noch ergänzen. Wir fordern, daß sofort ein Gesetz zum Schutz der Bankeinleger herausgegeben und der parlamentarischen Beratung zugeführt werde und daß ermöglicht werde, was die Kardinalfrage für die Einleger ist, welche den größten Teil ihres Kapitals den Banken zur Verfügung stellen, daß sie in der Verwaltung mitarbeiten können. Wenn die jetzige Regierung und wenn die Koalitionsparteien nur einen Funken von Reinlichkeitsgefühl haben, dann werden sie darauf bestehen müssen, daß uns über die Revisionen gründlich berichtet wird. Die Rechtfertigung des Ministers war keine; er ist an den schwersten Vorwürfen vorübergegangen. Wir verlangen, daß nicht nur die Banken, von denen bekannt ist, daß sie dem Zusammenbruch nahestehen, sondern daß alle Banken einer strengen und gründlichen Revision unterworfen werden und daß dem Abgeordnetenhaus darüber ein ausführlicher Bericht zugeht; wir verlangen, daß die Regierung, um es unmöglich zu machen, wie es jetzt geschehen ist, daß Millionen von Geldern in Warengeschäften von Menschen, die vielleicht nicht einmal Petroleum von Spiritus unterscheiden können, verschleudert werden, die Sozialisierung der Banken vorbereitet. Gerade der Zusammenbruch der beiden Banken drängt dazu, daß Vorkehrungen geschaffen werden, daß die ungeheure wirtschaftliche Organisation des Kapitals, welche die Banken darstellen, nicht einzelnen Aktionären, sondern der Gesamtheit der Bevölkerung nutzbar gemacht wird. Der Zusammenbruch der Mähr.-Schlesischen, der Bohemiabank, und vielleicht auch der Bodenbank - darüber wissen wir noch nichts Bestimmtes - und die Begleitumstände bei diesen Zusammenbrüchen sind für uns nicht zur der Be eis für das zerstörende und zersetzende Wirken unbedenklichster und ungehemmtester kapitalistischer Gewinnsucht, sondern auch ein Zeichen der Fäulnis und des moralischen Verfalles der herrschenden bürgerlichen Ordnung. (Souhlas a potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Windirsche (viz str. 73 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Es erscheint merkwürdig, daß zu diesem Gegenstand, der eigentlich nur die èechischen Parteien angeht, auch Deutsche sprechen. Wenn wir uns aber an der Aussprache beteiligen, so ist hiefür der einzige Grund wohl nur der, daß durch dieses Panama, worüber heute hier gesprochen wird, eigentlich etwas in die Erscheinung getreten ist, worauf die Deutschen wiederholt in ihren früheren Reden hingewiesen haben. Sie werden sich erinnern, daß die Deutschen an Vorgängen in diesem Staate wiederholt schärfste Kritik geübt haben, und als sie das taten, da wurden ihre Reden immer als Illoyalität, womöglich sogar als Hochverrat ausgelegt. Sie sehen aber, daß dasjenige, was die Deutschen an die Wand malten, in mancher Hinsicht eingetreten ist. Freilich hat man versucht, mit dem Moment, wo man gefunden hat, daß schmutzige Ereignisse in die Erscheinung treten, die Aufmerksamkeit der Öffentlichkeit auf die deutschen Institute abzulenken. Ich erinnere nur daran, daß zu der Zeit, wo der Kurswert der èechoslovakischen Krone sich verringert hat, auf einmal so und soviele Schnüffelkommissionen in die Bankinstitute geschickt wurden; besondere Aufmerksamkeit hat man dabei den deutschen ankinstituten gewidmet; wochenlang haben diese Kommissionen dort gesessen und herumgesucht. Durch ihre Tätigkeit und manche Kleinigkeiten, die dabei zu Tage kamen, wurde erreicht, daß die Aufmerksamkeit in der èechischen Öffentlichkeit von den internen Vorgängen der eigenen Banken abgelenkt worden ist. Trotzdem konnte sie nicht getäuscht werden, denn ich erinnere daran, daß scnon vor längerer Zeit, vor etwa 12 Monaten, der Schutzverband der Bankkommittenten ein Schutzgesetz verlangt hat zum Schutze der Bankenkundschaft gegen unrechtmäßige Gebarung von Banken und Bankiers. Ich verweise hier darauf, daß dieser Schutzverband nur durchwegs èechisch organisiert ist und daß diese Organisation gewiß ganz genau gewußt hat, weswegen sie dieses Schutzgesetz forderte. Freilich stehen wir in der jetzigen Zeit, wo zwei Banken ins Wackeln gekommen oder vielmehr umgefallen sind, nicht vor dem ersten Krach. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an den seinerzeitigen Krach der Voskagesellschaft. In der national überhitzten Atmosphäre der ersten Zeit des Bestandes der Republik fanden sich verschiedene Elemente, welche in egoistischer Weise die neuen Verhältnisse sich dienstbar machten. Dazu gehörte auch der smarte Geschäftsmann Voska, dem zu seinen Unternehmungen auch die amerikanische Kapitänsuniform die entsprechende Legitimation gab. Damit wurde der Reigen der schmutzigen Affären, soweit Geldinstitute in Betracht kommen, eingeleitet. Die Deutschen haben an solchen Verhältnissen keinen Anteil. Das ergibt sich schon aus der Bankenanzahl; denn ein Ausweis aus dem letzten Jahre besagt, daß in der Èechoslovakischen Republik 28 èechische, 5 deutsche und 7 gemischtsprachige Banken sind. Von diesen Banken befinden sich 24 in Prag mit einem Gesamtaktienkapital von 1.276 Millionen Kronen, 7 in Brünn mit einem Aktienkapital von 216 Millionen Kronen und an anderen Orten 9 Banken mit ungefähr 57 Millionen Kronen Aktienkapital.

Insgesamt ergibt das ungefähr 1 1/2 Milliarden Kronen an Aktienkapital. Im letzten vollständigen Rechnungsjahr 1921 wurden von diesem Aktienkapital Reingewinne ausbezahlt, die 245 Millionen Kronen betrugen, an Dividenden wurden ausgeschüttet 82 Millionen und an Superdividenden 69 Millionen Kronen, so daß also 151 Millionen Kronen dabei zur Verteilung gelangten. Das entspricht einer 10%igen Verzinsung des AkAktienkapitals. Nun ist bei der Gelegenheit gewiß die Frage berechtigt, ob es notwendig ist, durch diese hohe Verzinsung des Aktienkapitals in Form von so hohen Dividenden das gesamte Wirtschaftsleben zu verteuern. Im übrigen wird dadurch, wenn so hohe Dividenden ausgeschüttet werden, auch die größere Allgemeinheit zur Spekulation angeregt. Dieser Umstand bedingt wiederum von vornherein die Zubilligung höherer Einlagenzinsen und es kommt dadurch, daß die Leute in ihrer Spekulationsabsicht eine möglich st hohe Verzinsung zu erreichen trachten, dazu, daß jenen Geldinstituten, die eine geringere Verzinsung geben, einfach das Geld entzogen wird. Wenn ich das erwähne, so sage ich es bloß deshalb, weil gerade durch die hohe Verzinsung, die die Banken gewährt haben, un ere Kreditinstitute, u. zw. die ländlichen Kreditinstitute, die Raiffeisenkassen, in Mitleidenschaft gezogen wurden. Es ist auch selbstverständlich, daß, wenn - wie es z. B. die Bohemiabankfiliale in Gablonz getan hat - 7% Einlagenverzinsung gewährt werden, dadurch eine Verteuerung des Debetzinsfußes stattfinden muß. Dadurch kommt es, daß von Leuten, die derart teueren Kredit in Anspruch nehmen, nicht verlangt werden kann, daß sie vielleicht billig produzieren oder sonst ihr Geschäft reell ausüben. Es hätte infolgedessen die Regierung schon viel früher, wie sie es im übrigen auch im Vorjahre zugesichert hat, u. zw. als die Regierung Švehla ihr Amt antrat, das Versprechen mit einlösen müssen, wonach geliehenes Kapital in der Produktionsverzinsung nicht zu teuer zu stehen kommen solle. Was nun die hier besprochenen Banken betrifft, so ist es doch gewiß für uns Deutsche auch interessant, etwas von der Moravsko-slezská banka zu erfahren, daß deren Gründung auf das Jahr 1910 zurückreicht. In diesem Jahre wurde diese Bank mit einer Million Kronen Aktienkapital ins Leben gerufen. In der Zwischenzeit wurde das Aktienkapital auf 40 Millionen Kronen erhöht. In der letzten Zeit hatte sie in 15 Filialen und 2 Exposituren ihr Geschäft ausgeübt. Es verrät nun die unfähige und gewissenlose Leitung des ganzen Institutes, wenn ich Ihnen sage, daß im letzten Jahre des Bestandes der Moravsko-slezská banka der Generaldirektor ein Einkommen von 400.000 Kronen bezogen hat. (Výkøiky.) Im selben Jahre wurden an den Verwaltungsrat 180.000 Kronen verteilt. In diesem Jahre war bereits ein Verlust von 5 Millionen Kronen offenkundig; trotzdem hat man es verstanden, durch falsche Bilanzierung bei diesem Institut einen Reingewinn von 4 Millionen Kronen herauszurechnen. Und es ist nun weiter für die innere Gebarung dieses Institutes merkwürdig, daß die leitenden Beamten Spekulationskonti auf Kosten der Bank unterhalten haben und daß sogar ein solches Spekulationskonto, allerdings unter falschem Namen, der Regierungskommissär dieses Institutes besaß. (Sehr gut!) Es ist nun ganz merkwürdig, daß es erst bis zum Zusammenbruch der Bank kommen mußte, ehe man dahinter kam, welcher Schmutz bei diesem Institut sich angehäuft hat. Als die Öffentlichkeit noch nichts wußte, strebte man eine Fusion, resp. Interessengemeinschaft mit der Mährischen Agrar- und Industriebank in Brünn an, diese lehnte jedoch die Sanierung ab und machte sich davon frei, so daß die Liquidation heute von der Mährischen Hypotheken- und Landeskulturbank durchgeführt werden muß. Wie nun die Liquidation durchgeführt wird, interessiert uns weiter nicht. Ich möchte in diesem Zusammenhang nur noch ein weiteres Beispiel von der merkwürdigen Gebarung dieser Moravsko-slezská banka anführen. Das Bodenamt hat im Jahre 1922 und da wäre es sehr wichtig, wenn man auch im Bodenamte einmal sehr gründlich revidieren und uns hier im Hause über den Revisionsbefund berichten würde - die Colloredo-Mansfeldschen Eisenwerke in Althütten zugleich mit dem Grundbesitz beschlagnahmt. Das Bodenamt gab dann später die Eisenwerke wieder frei und stimmte dem Verkauf derselben an eine neugegründete Gesellschaft zu, die sich unter Mitwirkung der Moravsko-slezská banka mit 50 % èechoslovakischen Kapitals und 50% ausländischen Kapitals gebildet hat.


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP