Pondìlí 26. listopadu 1923

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 231. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pondìlí dne 26. listopadu 1923.

1. Øeè posl. Palme (viz str. 582 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ich will mich heute zuerst mit einem Kapitel befaßen, dessen Regelung schon längst ein dringendes Bedürfnis für ungezählte tausende Bewoh ner dieses Staates geworden ist und zwar mit der Neuregelung der Rechtsverhältnisse alter im Ruhestande befindlicher Staatsangestellter. Die verschiedenen bisher beschlossenen Gesetze für die in den Ruhestand getretenen Staatsangestellten haben dazu geführt, daß die Ruhegenüsse der Staatspensionisten ungeheuer große Differenzen gegeneinander aufweisen. Dieser Zustand ist auf die Dauer unerträglich und bedarf eines Ausgleiches. Die grundverschiedene Festsetzung der Ruhegenüsse für die gleiche geleistete Arbeit wird von all denen, die darunter leiden, als schreiendes Unrecht bitter empfunden. Das Bestreben der Organisationen der Ruheständler sowohl èechischer wie deutscher Zunge nach Beseitigung dieses Unrechtes muß als vollberechtigt anerkannt werden. Die Nationalversammlung hat wiederholt versucht, durch Schaffung von Gesetzen diese Differenzen auszugleichen; ich verweise hier auf das Gesetz vom 17. Dezember 1919, auf das Gesetz vom 3. März 1921, ferner auf das Gesetz vom 20. Dezember 1922. Trotz aller dieser Gesetze ist ein Ausgleich der Ruhegenüsse bisher nicht herbeigeführt worden, wenn wir auch zugeben, daß damit manches Unrecht gemildert worden ist. Wir hatten früher zwei Hauptgruppen von staatlichen Ruheständlern u. zw. die Alt- und die Neupensionisten. Durch das letzte Gesetz vom 20. Dezember 1922 wurde noch eine dritte Gruppe geschaffen, die Neuestpensionisten. Als Altpensionisten werden nur jene bezeichnet, welche vor dem 31. August 1919 in Pension gegangen sind. Diese wurden der Vorteile der Durchrechnung ihrer Dienstbezüge nicht teilhaftig, weil die Durchrechnung nur rückwirkend bis 31. August 1919 gemacht wurde. Als Neupensionisten gelten jene, welche in der Zeit vom 1. September 1919 bis 31. Dezember 1922 in Pension gingen. Diese erhielten ihre Dienstzeit durchgerechnet, geniessen jedoch nicht die Begünstigungen, welche die Neuestpensionisten nach dem Gesetz vom 20. Dezember 1922 erhalten, weil dieses Gesetz erst am 1. Jänner 1923 in Kraft getreten ist. Diese Begünstigungen bestehen darin, daß das Gesetz vom 20. Dezember 1922 eine Erhöhung der Pensionsgrundlage von 75 % brachte, berechnet aus Ruhegehalt und Ortszulage, wodurch eine feste Pensionsgrundlage geschaffen und eine Stabilisierung der Ruhegenüsse erreicht wurde, was bei den bestehenden Teuerungs- und Familienzulagen sowie Notaushilfen, welche jederzeit abgebaut werden können, nicht der Fall ist. Als Neuestpensionisten werden jene angesehen, welche seit dem 1. Jänner 1923 in Pension gegangen sind und sowohl der Vorteile der Durchrechnung ihrer Bezüge als auch derjenigen des Gesetzes vom 20. Dezember 1922 teilhaftig geworden sind. Die Pensionisten verlangten ursprünglich, daß allen die Bezüge zur Durchrechnung gelangen sollen, was von der Finanzverwaltung mit der Begründung abgelehnt wurde, daß der Kostenaufwand hiefür zu hoch sei. Die Untersuchungen nach dieser Richtung haben nun ergeben, daß die bisherigen Durchrechnungen für die Pensionisten durchschnittlich eine Erhöhung der Pensionsgrundlage um 20% brachten. Bei der Erhöhung der Pensionsgrundlage um 20 % bei den Altpensionisten, Witwen und Waisen kann sich der Staat die kostspielige Durchrechnung ersparen, die notwendigen Daten für die Berechnung der Pensionsgrundlagen sind für jeden Pensionisten vorhanden, so daß große Kosten und Schwierigkeiten bei der Durchführung nicht entstehen können.

Die Forderungen der staatlichen Ruheständler sind der Regierung bekannt. Diesem Begehren entsprechend hat der Klub der deutschen Sozialdemokraten einen Antrag eingebracht, dem ich noch einige Worte beifügen möchte. Unser Antrag bezieht ssich auf alle Gruppen der Staatsangestellten; wir wollen, daß mit diesem Gesetz auch die Offizianten beiderlei Geschlechtes erfaßt werden, deren Ruhegenüsse bisher im Verordnungsweg festgelegt wurden. Die Teuerungszulagen dieser Angestelltengruppe wurden bereits durch Gesetz vom 7. Oktober 1919 Nr. 541 im gleichen Sinn geregelt. Die Ausnahmsbestimmungen der bei der Post bediensteten Offiziantinnen, daß sie neben der eigenen keine Witwenpension beziehen dürfen, wären rückwirkend ab 1. November 1918 aufzuheben. Es ist dies eine Bestimmung, die aus dem alten Oesterreich übernommen wurde; hier besteht sie noch, während sie dort schon längst abgeschafft worden ist. Die Länder, Gaue, Bezirke und Gemeinden wären zu verpflichten, mit 1. Jänner 1924 ihre Ruheständler im Sinne dieses Antrages zu behandeln; das ist schon deshalb notwendig, weil er nach § des Gesetzes Nr. 495 und § 19 des Gesetzes Nr. 394 die für die Staatsangestellten bestimmten Verminderungen der Zulagen auch auf diese Angestellten ausgedehnt wurden. Was hier für den einen recht ist, muß auch für den anderen billig sein. Die Gesetzwerdung unseres Antrages würde die so stürmisch verlangte Gleichstellung der Versorgungsgenüsse aller Ruheständler zur Folge haben. Wie stellt sich nun die Regierung zu dieser Sache?

Kollege Chalupa hat im Budgetausschuß eine schöne Rede gehalten, und diese Worte eines Mitglieds der Majoritätspartei haben in uns die Hoffnung geweckt, daß endlich in der von uns verlangten Richtung doch etwas geschehen wird. Die Ausführungen der Vertreter des Finanzministeriums haben uns und noch mehr die Pensionisten schwer enttäuscht. Das Finanzministerium hätte die Pflicht gehabt, die Vorlage rechtzeitig fertigzustellen, damit die noch vor dem 1. Jänner 1924 im Hause hätte erledigt werden können. Die Not besonders bei den Altpensionisten wird immer fürchterlicher und wir müssen die Regierung mit der vollen Verantwortung bei Nichtdurchführung unseres Antrages belasten. Bei Durchrechnung der Bezüge ergeben sich große Beschwerden und kommen uns aus der Reihe der Tabakarbeiter die meisten zu. Die Nachweise über die Dienstjahre sind oft schwer zu erbringen, weil durch die Loslösung von der ehemaligen österreichischen Zentrale die Dokumente vielfach nicht mehr erreichbar sind. Viele müssen jahrelang auf die Durchrechnung warten. Wenn dieselbe endlich erfolgt ist, zeigt es sich, daß darin große Irrtümer enthalten sind. Es kommt auch häufig vor, daß Ueberzahlungen erfolgten, die dann bei der Richtigstellung rücksichtslos auf einmal wieder in Abzug gebracht werden, statt daß man durch Ratenzahlung dem Ruheständler die Rückzahlung erleichtern und ermöglichen würde.

Ich komme nun zu einem weiteren Kapitel des Finanzministeriums, zum Obersten Rechnungskontrollamt. Wir müssen uns auch einmal damit befassen, wie das Oberste Rechnungskontrollamt seine Aufgaben durchführt. Dasselbe hat im, Sinne des Gesetzes vom 20. März 1919 die Aufgabe, eine Geschäftsordnung auszuarbeiten, in welcher Weise dieses Amt geführt werden muß. Dies ist bis heute nicht geschehen. Dem Parlamente muß endlich der Gezetzentwurf einer Geschäftsordnung zur Genehmigung vorgelegt werden. Wir haben bis heute vom Obersten Rechnungskontrollamt über die durchgeführten Revisionen keinerlei Bericht erhalten. Das Parlament hat auf Grund der Vorgänge, die sich in letzter Zeit abgespielt haben, alle Ursache darauf zu drängen, daß von diesem Amte dem Hause endlich ein erschöpfender Bericht gegeben wird. Ich verweise auf die unklare Budgetierung unserer Staatsschulden, auf die ich noch zu sprechen kommen werde, ferner auf das Fehlen aller Rechnungsabschlüsse über die tatsächlichen Ausgaben der letzten Jahre, die zur Beurteilung eines Voranschlages unbedingt notwendig sind. Die Vorgänge, die sich in der Staatsgetreide-Verkehrsanstalt, in der Spirituszentrale, beim Bankamt - ich verweise auf die Affäre Katolicky - abgespielt haben, sollten es diesem Amte schon endlich einmal zur Pflicht machen, dem Parlamente einen ordentlichen Bericht vorzulegen. (Výkøiky posl. Beutela.) Die Verwendung des Dispositionsfondes und ihre Kontrolle unterliegen leider nicht dem Obersten Rechnungskontrollamt. Und es wäre Pflicht dieses Hauses, diese Post überhaupt, schon aus Reinlichkeitsgründen, endlich zu streichen.

Nun noch ein Wort über unsere Staatsschuld. Das Gesetz vom 20. März 1919 enthält auch die Bestimmung, daß das Oberste Rechnungskontrollamt verpflichtet ist, einen Bericht über die Ausgaben der Staatsschulden herauszug eben. Heute steht das Kapitel "Staatsschulden" wieder in Verhandlung, doch liegt ein Bericht des Obersten Rechnungskontrollamtes nicht vor. Mir ist auch nicht bekannt, ob dieses Amt überhaupt in der age ist, einen derartigen Bericht herauszugeben oder wie lange schon ein Bericht von dort nicht mehr erschienen ist. Das Kapitel "Staatsschulden" ist ein sehr mysteriöses und hat das Parlament ein Recht darauf, eingehend über den Stand unserer Staatsschulden informiert zu werden. Aus dem, was über dieses Kapitel im Voranschlage des Jahres 1924 enthalten ist, kann sich kein Mensch eine Vorstellung über den wirklichen Stand unserer Staatsschulden machen. Die Schulden an das Ausland sind in zwei Rubriken geteilt. In der einen werden sie ziffermäßig angeführt, in der anderen mit dem Titel "Übrige Auslandsschulden" bezeichnet. Eine Detaillierung dieser letzten Post muß doch gegeben werden. Oder weiß die Regierung überhaupt ni cht einmal, wie viel und an wen wir im Ausland eigentlich Schulden zu zahlen haben? Unsere Schulden an die Vereinigten Staaten allein sollen 90 Millionen Dollars betragen, das sind nach dem heutigen Stande des Kurses annähernd 3 Milliarden Kronen. Eine 6%ige Verzinsung dieser Summe ergibt in einem Jahr eine Zinsverpflichtung für diese Schuld allein von 180 Mill. Kronen. Im Jahre 1923 betrug der Zininsendienst nur für die ausländischen Schulden 274 Millionen Kronen; im heurigen Staatsvoranschlag werden dieselben mit 103 Millionen Kronen präliminiert und zwar für die besonders angeführten ausländischen Schulden mit 83 Millionen Kronen, für die übrigen Schulden, unter denen sich auch der Dollarkredit befindet, mit 20 Millionen Kronen, obwohl wir an Amerika allein pro Jahr 180 Millionen Kronen Zinsen zahlen müssen. Es ergibt sich also gegenüber dem Vorjahre ein Minus von 171 Millionen Kronen. Im Motivenbericht wird darauf hingewiesen, daß eine genaue Festsetzung des Zinsendienstes angeblich nicht möglich sei. Und mit dieser Aufklärung soll sich das Parlament einfach zufrieden geben. Wir wissen sehr genau, daß unsere Schuldverpflichtungen sich viel höher belaufen, es liegt hier eine bewußte Irreführung des Parlamentes vor, um uns einfach Ersparungen vorzutäuschen, die in Wirklichkeit gar nicht existieren. (Sehr richtig!) Das Kapitel "ausländische Schulden" im Voranschlage ist vollständig unklar.

Die Kassenanweisungen der Österreichischungarischen Bank, die im Vorjahre mit 5100 Millionen Kronen eingestellt waren, finden wir diesmal mit 4300 Millionen eingezeichnet, also um 800 Millionen weniger, ohne daß ein Wort über diese durchgeführte Änderung im Motivenbericht angeführt wird. Der Augmentationskredit fehlt im Budget vollständig. Der im Durchschnitt berechnete Zinsfuß betrug im Vorjahre 8·8% und soll für das nächste Jahr nur 6·13% betragen. Wie dies der Herr Finanzminister möglich machen wird, weiß ich nicht, da bisher die billigen Schulden durch neue Titres zu höheren Zinsen ersetzt wurden. So ist z. B. zweite 4%ige Staatanleihe in Wegfall gekommen und durch eine 6%ige Rente ersetzt worden, was sicherlich nicht zur Verbilligung des Zinsfußes beitragen kann. Die Gesamtsumme der Staatsschuld im Voranschlage stellt sich um 4.188,872.000 Kè höher als im Jahre 1923 und dabei bringt der Herr Finanzminister das Kunststück fertig, den Zinsendienst gegenüber dem Vorjahre um 517 Millionen Kronen herabzudrücken. Das soll ihm noch einer nachmachen!

Im Laufe dieses Jahres sollen aus dem Titel des laufenden Budgets und der Investitionen insgesamt 2852 Millionen Kronen neuer Schuldtitres vergeben werden. Ein Teil der alten österreichischen Vorkriegsschulden und vielleicht auch die Kriegsanleihe sollen umgewandelt werden. Das macht eine Summe von ungefähr 4 1/2 Milliarden Kronen aus. Bei deren Vergebung werden selbstverständlich unsere Banken wieder ihr Geschäft machen und ist für sie an Provisionen gegenüber dem Vorjahre ein Mehr von 10 Millionen Kronen vorgesehen. Sie werden also statt 40 Millionen in diesem Jahre 50 Millionen Kronen erhalten. Das ist 1 1/2 bis 1 2/3 % der zu vergebenden Anleihen. Hier fällt es dem Finanzministerium durchaus nicht ein, zu sparen und wird das Geld mit vollen Händen hinausgeworfen.

Dafür wird heute die Personaleinkommensteuer der Arbeiter für die in den Jahren 1919 bis 1921 bezogenen Löhne, die damals 50 bis 60% höher waren als heute, vorgeschrieben und muß der Arbeiter von dem geringen Verdienste von heute für die ganzen Jahre die restliche Steuer nachzahlen, weil die Steuerbehörde mit der rechtzeitigen Vorschreibung nicht nachgekommen ist. Wie hier der Arbeiter dazu kommt, ein Opfer der Steuerbehörde zu werden, ist ein Kapitel für sich.

Die Regierung hat uns ein sogenanntes Deflationsbudget vorgelegt und die Restriktion des Aufwandes gegenüber dem Vorjahr beträgt 3·87 Milliarden Kronen. Die Annahme, daß wir es mit einem Deflationsbudget zu tun haben, erweist sich bei näherer Prüfung desselben als eine leere Fiktion. Ich möchte hier gerade den früheren Finanzminister Dr. Engliš als Zeugen anführen, wie er selbst darüber denkt. Derselbe sagt über das vorliegende Budget: "Die Volkswirtschaft, welche in ein System kleiner Wirtschaftszahlen eingezwängt wurde, leidet darunter, daß sich das System den Finanzzahlen nicht angepaßt hat. Die Finanzverwaltung sing nun daran, den absoluten Umfang des Staatsvoranschlages zu restringieren. Allerdings für die Volkswirtschaft können nur jene Restriktionen von Bedeutung sein, die eine wirkliche Ersparnis bedeuten, was bei den meisten leider nicht der Fall ist."

Er sagt dann weiter: "Man kann folgende verschiedene Gruppen unterscheiden: Die größte Reduktion erfolgte durch eine geänderte Konstruktion des Staatsvoranschlages, ohne daß man von einer Ersparnis reden könnte, denn wenn in einem Jahre und zwar im Jahre 1923 die Fälligkeiten der Staatsschulden voll in den Voranschlag aufgenommen werden, selbst dann, wenn man sie nicht bar zu bezahlen, sondern sie zu konvertieren oder zu prolongieren gedenkt und im folgenden Jahre 1924 solche Fälligkeiten in den Voranschlag nicht mehr verrechnet sind, so ist dadurch, abgesehen von der budgetären Richtigkeit, zwar der Voranschlag formell und ziffermäßig kleiner geworden, aber die finanzielle Lage hat sich dadurch nicht geändert. Desgleichen wenn die Verzinsung und die nnuitäten der Auslandsschulden außeracht gelassen werden, die im Budgetjahr nicht gezahlt werden, bedeutet die Streichung gegen das Vorjahr keine Verbesserung, weil diese Schulden auch im Vorjahr nicht gezahlt wurden und mit gleichem Recht gestrichen werden konnten. Bedenkt man, daß sich unser Staatsschuldenstand gegen das laufende Jahr in keiner Weise verbessert hat, sondern eher durch die Deflationskrisis verschlechtern konnte, so können die 800 Millionen, um welche das Kapitel der Staatsschuld reduziert wurde, keine Ersparnis bedeuten. Rein formeller und konstruktiver Natur ist es auch, wenn die Durchführung der Bodenreform als Fondswirtschaft aus dem Staatsbudget ausgeschieden wird und die Einnahmen um 358 Millionen Kè und die Ausgaben um 347 Millionen Kè verringert werden. Teilweise konstruktiver Natur ist die Verschiebung der Staatsausgaben aus dem regelmäßigen Voranschlag in jenen der staatlichen Investionen, wie es auch bei den Straßenbauten zutrifft. Alle diese Restriktionen konnten auch im diesjährigen Budget glatt vorgenommen werden und bedeuten für das Jahr 1924 trotzdem keine Ersparung."

Von der zweiten Gruppe sagt er: "Die eben erwähnte Ersparnis in der Staatswirtschaft eröffnet einen Abgang in den autonomen Verbänden und erst eine entsprechende Reduzierung in den Voranschlägen dieser Verbände würde für die Bevölkerung die tatsächliche Ersparnis bedeuten."

Und von der dritten Gruppe: "Die dritte Gruppe der Ersparnisse stammt gewissermaßen aus der Liquidation der Vorräte. Hieher gehört die Einschränkung der Tabakkäufe im Hinblick auf die vorhandenen Vorräte. Es kann strittig sein, ob die Tabakeinkäufe und Verkäufe überhaupt in den Staatsvoranschlag gehören, jedenfalls wird aber dadurch die finanzielle Lage des Staates nicht verbessert, wenn die Vorräte um 161 Millionen verringert, bezw. nicht ersetzt werden, sodaß der Rückgang des Staatsvoranschlages nicht zu den realen Ersparnissen zählen kann. Wenn man alle diese Fälle ausscheidet, so bleiben immer noch reale Ersparnisse, welche die Summe von 1 Milliarde überschreiten, was immerhin gegen das Vorjahr wieder einen wesentlichen Fortschritt bedeutet. Die reale Entlastung der Bevölkerung ist über eine Milliarde hoch, sie ist nicht zu unterschätzen, es ist aber fraglich, ob sie für die Volkswirtschaft groß genug und vom Standpunkte der Finanzwirtschaft befriedigend ist."

Ich meine, diese Kritik des früheren Finanzministers ist sehr treffend. Er sagt all das, was er schon immer über das vorliegende Budget nach dieser Richtung hin gesagt hat. Die Ausführungen Ihres ehemaligen und wahrscheinlich auch zukünftigen Finanzministers zeigen, daß wir Recht haben, wenn wir sagen, daß hier von einem Deflationsbudget sicherlich keine Rede sein kann. Wie gewaltig die Ausgaben der einzelnen Ministerien seit dem Jahre 1919 gegenüber dem Voranschlag von 1924 gesteigert worden sind, will ich an den Posten einzelner Ministerien nachweisen, und zwar nur die Steigerung der Posten. Beim Ministerium für nationale Verteidigung: Die Ausgaben betrugen im Jahre 1919 972,212.136 Kè. Die Steigerung beträgt bis heute 1.327,761.504 Kè, das sind 136·57%. Beim Handelsministerium ging die Steigerung von 3,930.312 Kè auf 38,712.753 Kè, das sind 884·97%. Beim Landwirtschaftsministerium sind die Ausgaben von 71,897.731 Kè auf 583,468.610 Kè, d. i. um 815·26% gestiegen. Beim Ministerium des Äußeren von 38,531.512 Kè auf 134,702.606 Kè d. i. 349·59%, beim Ministerium des Innern von 75,419.928 Kè auf 524,330.503 Kè, d. i. 681·95%, beim Schulministerium von 107,079.195 Kè auf 738,842.614 Kè, d. i. 689·06%, und beim Finanzministerium von 454.234.445 Kè auf 1.186,846.336 Kè, das sind 261.28%. Die absolute Steigerung aller Ausgaben seit 1919 von 7.195,050.933 Kè gege über dem Voranschlag von 1924 beträgt 9.789,925.971 Kè; d. i. 136·18%. In welcher Weise einzelne Kapitel das Budget belasten, will ich gleichfalls an einigen Daten anführen. Das Kapitel "Statsschuld" belastet das Budget mit 11·687%, Pensionen und Versorgungsgenüsse mit 3·589%, das Ministerium für nationale Verteidigung mit 13·534%, das Ministerium für soziale Fürsorge inklusive der Kriegsbeschädigtenfürsorge mit 4·631%, ohne Kriegsbeschädigtenfürsorge mit 1·9%, das Finanzministerium mit 9·657%.

Diese Ziffern ergeben ein klares Bild, welche ungeheuere Summen die Kosten für nationale Verteidigung und für die Verzinsung der Staatsschuld schon heute verschlingen und wie wenig der Staat für Volkswirtschaft und öffentliche Fürsorge übrig hat. Gerade diese letzteren Posten sind im Budget wiederum stark restringiert worden.

In welch ungeheuer Weise die Völker dieses Staates von Jahr zu Jahr mehr ausgepreßt werden, ist aus den Einnahmen der direkten und indirekten Steuern sowie der vorliegenden steigenden Zolleinnahmen deutlich erkennbar. Die direkten Steuern betrugen im Jahre 1919: 998,468.725 K, im Jahre 1924: 1.760,557.000. Die indirekten Steuern im Jahre 1919: 1.242,465.912, im Jahre 1924: 8.508,129.900.

Die Zölle ergaben im J. 1919: 161,551.798. Im Jahre 1924: 603,750.500. Die indirekten Steuern, die am meisten auf den Schultern der armen Bevölkerung lasten, weisen die größte Steigerung auf und zeigen, wie ungesund die Entwicklung unserer Finanzwirtschaft ist. Dabei plant die Regierung eine weitere Erhöhung der Steuern, und zwar soll die Warenumsatzsteuer auf Lebensmittel von 1 auf 2% erhöht werden. Auf die Verderblichkeit dieser Steuer wurde nicht nur wiederholt durch uns, sondern auch auf Ihrer Seite hingewiesen. Ich verweise auch hier auf die Aussprüche der Herren Dr. Engliš und Prof. Horáèek und will nurden letzteren darüber hier zitieren: "Es ist das größte Unglück, daß wir zu dieser Steuer greifen müssen, und kein Mensch macht sich eine Vorstellung davon, wie unglückselig die Wirkungen dieser Steuer auf die gesamte Bevölkerung und Wirtschaft dieses Staates sein werden." Diese unglückseligen Wirkungen zu vergrößern, ist das Finanzministerium nun im Begriffe.

Wie verheerend unsere Zolltarife und besonders die Zölle auf Lebensmitt lauf die Lebenshaltung unserer Bevölkerung einwirken, ist bekannt. Doch arbeitet man neuerdings von agrarischer Seite daraufhin, daß die Zollsätze der Lebensmittel aus dem Ausland neuerdings erhöht werden sollen. Gegen dieses Beginnen müssen wir den energischesten Protest einlegen.

In dem Voranschlag sind auch Steuern enthalten, die am 31. Dezember 1923 ablaufen, zu deren Einstellung in das Budget der Regierung keinerlei Recht zusteht. Dieselbe kann nicht wissen, ob das Parlament eine Verlängerung dieser Gesetze beschließt. Ich verweise hier auf die Warenumsatzsteuer, die Zuckersteuer, Verkehrssteuer und die Kriegszuschläge für die Einkommensteuer, die alle am 31. Dezember d. J. ablaufen.

Ein paar Worte noch zur Lösung der Kriegsanleihefrage. Es ist notwendig, daß der Staat endgültig an die Lösung dieser brennenden Frage herantritt, die auf Grund des bestehenden Gesetzes unmöglich gelöst werden kann. Der Finanzminister soll einmal klipp und klar aussprechen, wie er sich die Lösung der Frage vorstellt, da er immer erklärt hat, daß er sich mit dieser Frage beschäftigt. Unser Standpunkt bleibt immer derselbe, daß wir darauf bestehen, daß die Kriegsanleihe voll und ganz zur Einlösung kommen muß.

Wiederholt wurde auch von uns verlangt, daß endlich die Wahlen in die Steuerkommission vorgenommen werden. Auch dies geschieht nicht und es wird mit den alten Steuerkommissionen einfach fortgewurstelt. Ich möchte die heutige Budgetdebatte nicht vorübergehen lassen, ohne auch ein Wort über die Spirituswirtschaft in diesem Staate zu sprechen. Die Bildung der Spiritusverwertungs-Gesellschaft hat ein Stück Korruption aufgezeigt, wie sie eben nur bei uns möglich ist. Der Herr Finanzminister behauptet, daß die Bildung dieser Gesellschaft deswegen notwendig war, weil zu befürchten stand, nachdem wir 360.000 hl Spiritus am Lager hatten, daß wir mit demselben überschwemmt werden. Man dürfe ihm nicht zumuten, selbst mit Spiritus zu handeln. Wenn der Herr Finanzminister schon nicht den Befähigungsnachweis, mit Spiritus zu handeln, erbringen konnte, obwohl er das Geschäft mit Salz und Tabak ganz gut versteht, so hätte er sich doch mindestens die Leute, mit denen er in Verbindung trat, etwas genauer ansehen müssen. Der Herr Dr. Kubíèek von der Bohemiabank ist sicherlich kein Mann, mit dem ein Finanzminister Geschäfte machen darf. Der Herr Finanzminister hätte die Möglichkeit und die Pflicht gehabt, diese wichtige Sache vor das Parlament zu bringen, das zu jener Zeit noch tagte, bevor die Spirituskampagne begonnen hatte. Diese eigenmächtige Transaktion hat das Prestige des Staates im Inund Auslande stark geschädigt. Der Minister behauptet, daß der Absatz von Spiritus fortwährend abgenommen hat, weshalb sofort diese Verhandlungen eingeleitet werden mußten. Es ist das schon ein Armutszeugnis, das sich ein Minister mit einer solchen Erklärung hier ausstellt. Es war sicher dem Herrn Finanzminister bekannt, daß Herr Dir. Berka sich seit Jahren bemühte, dieses Spiritusgeschäft zu machen. Das Auffallende an der Sache ist, daß, als dieser Herr das Geschäft in die Hand nahm, der Absatz ganz plötzlich steigt und daß sowohl im Inland als auch im Ausland mit Spiritus ganz außerordentliche Geschäfte gemacht werden konnten. Hier muß wohl jeder Mensch die Empfindung haben, daß der Herr Finanzminister ganz gründlich hereingefallen ist. Zur Durchführung dieser Transaktion mußte noch eine Notverordnung herhalten, die im Kriege bei gewissen Vorkehrungen sicher am Platze gewesen ist, heute aber als vollständig überflüssig bezeichnet werden muß. Der Herr Finanzminister nimmt sich autonom die Berechtigung heraus, eine Abgabe von 8 Kè per Liter Spiritus extra festzusetzen. Auf diese Weise könnte er jederzeit auch die Umsatzsteuer und jede andere Steuer beliebig erhöhen. Wir sehen also, wieweit man durch dieses Vorgehen in diesem Staate auf diese Weise kommen kann. Das merkwürdige an dieser Sache ist, daß der Vorsitzende dieser Genossenschaft der Herr Senatpräsident Prášek ist. Wir halten es mit der Stellung eines Parlamentariers unvereinbar, eine solche Stellung zu bekleiden. Bei der öffentlichen Besprechung dieser Skandalaffäre wurde viel über die Verwendung eines besonderen Fondes gesprochen. Herr Senatspräsident Prášek hat in einer Sitzung des Zehnerausschusses der Koalition erklärt, daß der Fond zur Bestechung politischer Parteien nicht verwendet wird, sondern lediglich dazu diene, die Ausgleichung wirtschaftlicher Unebenheiten innerhalb der Genossenschaft zu ermöglichen. Wie uns deutsche Mitglieder der Genossenschaft versichern, haben sie bis heute solche Ausgleichungsbeträge nicht erhalten. Wohin fließt also des Geld? Wir verlangen darüber eine präzise Antwort. Es gibt in dieser Frage einen Ausweg: Wenn sich das Parlament in Zukunft nicht selbst ausschalten will, so muß es darauf bestehen, daß dieser Vertrag mit der Gesellschaft wieder rückgängig gemacht wird. Es darf dem Finanzminister nicht gestattet werden, ohne Kontrolle und Parlament einfach auf Grund der Verordnung Z. 337 zu wirtschaften. Es ist höchste Zeit, diese Verordnung gleichfalls aus der Welt zu schaffen. Was die Angelegenheit der Mährisch-Schlesischen Bank anbelangt, verlangen wir gleichfalls die notwendigen Aufklärungen. Hier wird auf der einen Seite behauptet, daß Ministerialrat Dr. Pára unter Berufung auf den verstorbenen Finanzminister Dr. Rašín an die Bank herangetreten ist und verlangt hat, daß die Aktionäre ein Akzept auf 30 Millionen Kronen unterschreiben. Dieser Betrag soll dann auf 9,800.000 restringiert worden sein. Dieser Wechsel sei nur zum Schein ausgestellt worden und werde nie eingelöst werden. Ich möchte ersuchen, mitzuteilen, was Wahres daran ist.

Zum Schluß möchte ich noch eine Sache berühren, u. zw. einen Artikel der Zeitschrift "Wirtschaft", wo ein Brief des Herrn Finanzministers an den Oberdirektor der Živnostenská banka Dr. Preis veröffentlicht wurde, der das größte Aufsehen hervorgerufen hat. Im Herbste 1918 wurde die Auflegung der 9. Kriegsanleihe vorbereitet. Aus verschiedenen Gründen beeilten sich viele Leute Vorauszahlungen auf diese neue Kriegsanleihe bei einer Bank zu leisten, welche diese Beträge der Wiener Postsparkassenamt einzusenden hatte. Nach dem Umsturz wurden daraus österreichische Kronen und wären damit entweder die Einleger oder die Banken schwer geschädigt worden. Der Oberste Gerichtshof hat nun in einem Fall am 25. Dezember 1922 entschieden, daß die Banken diese Beträge an ihre Einleger in der Èechoslovakei in èechischen Kronen zurückzahlen müssen, da es zur neunten Kriegsanleihe nicht mehr gekommen ist. Bevor noch dieses Urteil gefällt wurde, hat, wahrscheinlich in Vornahnung des Kommenden, der Herr Oberdirektor der Živnostenská banka Dr. Preis mit dem Finanzminister unterhandelt und von demselben einen Brief erhalten, in welchem dem Živnokonzern bewilligt wird, daß für diese einkassierten Beträge vierte Staatsanleihe im Sinne dieses Gesetzes vom 24. Juni 1920 gezeichnet werden kann. Der Staat übernimmt für diese Banken die vorausgezahlten Beträge auf die neunte Kriegsanleihe und verwandelt damit österreichische in èechische Kronen. Wäre in dieser Sache eine allgemeine Verordnung des Finanzministers herausgek mmen, wo alle Banken gleich behandelt werden, so wäre gegen diesen Vorgang kaum eine Einwendung zu erheben. Das Gesetz vom 24. Juni 1920 enthält keine Bestimmung, welche den Finanzminister ermächtigt, in solcher Weise vorzugehen. Wie kommt derselbe dazu, gerade einer Bankengruppe ein derartiges Geschenk zu machen? Vor dem Gesetze sind bekanntlich alle Staatsbürger gleich. (Výkøiky posl. Tauba.) Wie diese Gleichheit der Staatsbürger vor dem Gesetz aussieht, zeigt dieser Vorgang vollständig klar. Eine solche Mißachtung des Parlaments und der bestehenden Gesetze hätte in jedem anderen Lande längst dazu geführt, daß dieser Minister von seinem Platz hätte verschwinden müssen. (Výkøiky na levici.) Hier zulande hat man jedoch ein dickes Fell, man schüttelt sich und alles bleibt beim Alten. Wir, die noch auf Recht und Gesetz etwas halten, können einem solchen Ministerium unser Vertrauen nicht votieren. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. Kostky (viz str. 596 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Wir haben ein sogenanntes Sparbudget vor uns, das sich gegen das Vorjahr in folgenden Ziffern ausdrückt: Bei den Ausgaben ist ein Minus von 2.377 Millionen, bei den Einnahmen ein Minus von 2.421 Millionen, im Defizit anstelle von 559 Millionen K 602 Millionen Kronen, also ein Plus von 43 Millionen, bei den Investitionen ein Minus von 771 Millionen Kronen. Na ch der Angabe des Herrn Finanzministers sind die Teuerungszulagen von 1.500 Millionen im derzeitigen Budget enthalten, sodaß er als Gesamtersparnis die Summe von 4648 Millionen Kronen errechnet. Der Herr Finanzminister hat hier aus der Not eine Tugend gemacht, denn er sagt sogleich darauf in seinem Exposée:


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