Støeda 10. záøí 1924

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 283. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 10. záøí 1924.

1. Øeè posl. Windirsche (viz str. 1273 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Meinen Ausführungen möchte ich folgendes Motto voransetzten: "Üb immer Treu und Redlichkeit bis an Dein kühles Grab, und wenn Du vielleicht Schulden hast, so streit sie ruhig ab." Die Frage, ob es sich um die Liquidierung von Schulden handelt, die rechtmäßiger Weise zu liquidieren sind, ist im Zusammenhang mit den Kriegsanleihen wiederholt aufgeworfen worden. Von Seite der Mehrheit dieses Hauses wird immer wieder darauf verwiesen, daß die Kriegsanleihen nicht als Schulden zu betrachten seien, deren Anerkennung dem èechoslovakischen Staate zukommt. Wir dagegen haben diese Frage immer wieder bejaht und zwar aus dem Grunde, weil seinerzeit im Kriege die Zeichnung der Kriegsanleihen unter allem möglichen Pressionen seitens des Staates zustande kam. Ich könnte Ihnen heute noch den Worlaut der verschiedenen Runderlässe bekantgeben, die seinerzeit von den Bezirkshauptmannschaften an die Bevölkerung erlassen wurden und in denen nicht nur Privatparteien, sondem auch Bezirke und Gemeinden aufgefordert wurden, Kriegsanleihe zu zeichnen. Manche dieser Aufforderungen waren in schmeichelhafte Worte, andere in Drohungen gehüllt. Die Kriegsanleihen, die beim Zerfall Österreichs beziehungsweise Ungarns vorhanden waren, sind infolgedessen auch mit als eine Passivpost des neuen Staates zu betrachten. Der Friedensvertrag spricht den Staat wohl von der Verpflichtung zur Einlösung der Kriegsanleihen los. Höher als geschriebenes Recht steht jedoch das ungeschriebene, das Menschlichkeitsempfinden diktiert. Es ist nur die Frage zu stellen: Waren Sie bisher menschlich, haben Sie humanitärem Empfinden in Angelegenheit der Kriegsanleihe Raum gegeben? Bisher nicht. Durch Ihr ablehnendes Verhalten wurde die Volkswirtschaft und ebenso die Privatwirtschaft tief geschädigt und manches Herz zur Verzweiflung gebracht. Der Weg bis zum heutigen Tage, an dem die endgültige Regelung der österreichischen und ungarischen Kriegsanleihen erfolgen soll, ist mit den Leichensteinen jener unglücklichen Opfer besät, die infolge der Nichteinlösung der Kriegsanleihen einem vorzeitigen freiwilligen Tod in die Arme getrieben wurden. Es wäre verlockend, hier eine endlose Reihe von Namen jener unglücklichen Kriegsanleihebesitzer anzuführen, die Ihre bisherige Weigerung, die Kriegsanleihefrage einer gerechten Lösung zuzuführen, zur tötenden Verzweiflung gebracht hat. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Buøíval.)

Daß von allem Anfang an die Kriegsanleihe keine Freunde in diesem Staate fand, beweist schon das Gesetz vom 15. April 1920, S. d. G. u. V. Nr. 288, womit die Kriegsanleihen aus dem Verkehr gezogen werden und deren nachträgliche Konskription angeordnet wird. Dieses Gesetz soll nunmehr zur Auswertung gelangen. Es wurde jedoch schon viel früher und zwar auf Grund der Ermächtigung des Gesetzes vom 25. Feber 1920, Slg. Nr. 85, die Konskription und Abstempelung der Kriegsanleihen durchgeführt. Trotz der Durchführung dieser Arbeit wurde später neuerdings die nachträgliche Konskription der Kriegsanleihen angeordnet. Dieses Zweitemal ließ bezüglich der Kriegsanleihen nichts gutes erwarten. Und tatsächlich zeigte es sich auch kurz darauf, daß man der Kriegsanleihe keine besondere Fürsorge zugewendet hat, denn es kam kurz nachher die Vorlage des Gesetzes über die vierte Staatsanleihe, die später und zwar mit dem Datum vom 24. Juni 1920, S. d. G. u. V. Nr. 417, auch Geltung erlangt hat. Dieses Gesetz, das die Verwertungsmöglichkeit der Kriegsanleihen nur durch Zuzeichnung von 75% des Nominalwertes der Kriegsanleihen bei einem Vermögen von über 25.000.- Kè beinhaltete, wurde zu einer Quelle großen Übels. Dieses Gesetz nahm keine Rücksicht auf den Zwangszustand, daß die meisten Kriegsanleihebesitzer trotz guten Willens gar nicht in der Lage waren, vierte Staatsanleihe zu zeichnen, weil ihnen die zur Zeichnu ng nötigen Gelder fehlten und auch von keiner Seite diese Gelder erlangt werden konnten. So kam es dann später, daß von dem Gesetz eine nur geringe Nutzanwendung gemacht wurde. Diese Unmöglichkeit wurde dann allerdin gs von dem Außenminister Dr. Beneš Ende 1922 in einem Memoire, das an den Völkerbund über die Minderheiten in der Èechoslovakischen Republik, vom wirtschaftlichen Gesichtspunkt betrachtet, gerichtet wurde, anders dargestellt.

Dr. Beneš bezeichnete in dem Memoire das Gesetz über die vierte Staatsanleihe als die günstigste Lösung, die nur durch die unversöhnliche und chauvinistische Haltung der deutschen Abgeordneten vereitelt wurde. Dr. Beneš äußerte diese Meinung auch unter Bezugnahme auf zwei Gesetzesanträge, die in der Zwischenzeit dem Parlamente u. zw. im Senat im Jahre 1921 und im Abgeordnetenhaus im Jahre 1922 zur Vorlage gebracht wurden. Diese Vorlagen hatten aber nicht nur bei den deutschen, sondern auch bei den èechischen Parteien Ablehnung gefunden. Bezüglich der im Senat damals eingebrachten Vorlage äußerte übrigens auch der ehemalige Finanzminister, Senator Dr. Horáèek, die Meinung, daß die Kriegsanleihe aufhören müsse, ein Politikum zu sein und daß bei der Behandlung der Frage allein nur wirtschaftliche Gesichtspunkte maßgebend sein müssen. Leider hat diese Mahnung nichts gefruchtet, sonst würden wir uns heute nicht mit dem vorliegendem Gesetzentwurf zu befassen haben.

Der neue Entwurf wurde mit einigen anderen finanzpolitischen Vorlagen im Abgeordnetenhause eingebracht, die bezwecken sollen - und hier zitierte ich die offizielle Begleitnote - "die durch den Krieg und durch die Nachkriegszeit geschaffenen Verhältnisse zu liquidieren und das Kreditwesen zu schützen." Ich kann wohl sagen, daß wenn das Parlament diese Vorlagen ohne die von unserer Seite zu ihnen beantragten Änderungen annimmt, dasselbe im Volksmund die Bezeichnung einer Großschlächterei erhalten dürfte; denn ein Teil der Vorlagen bedeutet eine Knebelung unserer Geldwirtsch aft; und was den Entwurf über die Kriegsanleihe betrifft, so ist das ein direktes Vernichtungsgesetz, wodurch besonders die in den Händen sogenannter nichtprivilegierter Kriegsanleihebesitzer mit einem reinen Vermögensstand über 25.000 Kè befindliche Kriegsanleihe null und nichtig wird. Der Entwurf mit seinen 33 Paragraphen enthält viele Worte, deren Umfang dem Uneingeweihten für den ersten Augenblick bestrickend erscheinen vermag. Die nackte Wirklichkeit lehrt jedoch andere Tatsachen. Es mögen deswegen auch einige Worte dem Entwurfe selbst, obwohl er ja dem Hause bekannt ist und durch den Herrn Berichterstatter dargelegt wurde, doch auch von mir gewidmet sein.

Der Entwurf beschäftigt si ch im ersten Teil mit der Auswertung der Bestimmungen des § 12 des Gesetzes für die vierte Staatsanleihe, d. h., daß Kriegsanleihebesitzern mit einem Reinvermögen bis 25.000 Kronen die Kriegsanleihe umgetauscht wird bzw. auch. solchen Personen, die nach § 43 des Vermögensabgabegesetzes von der Vermögensabgabe befreit sind. Gegen die Festsetzung der Vermögensgrenze mit 25.000 Kronen haben wir schon seinerzeit Einwendungen erhoben. Wir wiederholen dieselben, weil es lächerlich ist, eine derartig niedrige Grenze festzusetzen. Betrachten Sie doch die Vermögenswerte, so gehört besonders in der Landwirtschaft nicht viel dazu, ein Vermögen von 25.000 Kronen zu konstruieren. Dazu haben übrigens auch die Überschätzungen landwirtschaftlicher Vermögenswerte beigetragen, wie sie durch die ersten Instanzen der Finanzverwaltung erflossen sind. Der Kreis kleinster Kriegsanleihebesitzer wird also enggezogen und die Landwirtschaft, die wir hier zu vertreten haben, fällt dabei heraus. Wissen Sie, daß in dieser Form Bolschewismus betrieben wird, noch dazu von einer Regierung, deren Leiter einer landwirtschaftlichen Partei angehört? Wie konnte Ministerpräsident Švehla mit seinem Namen unter einem Gesetzentwurf erscheinen, dessen Tragweite die Landwirtschaft so sehr berührt! Ist ihm entgangen, daß dadurch der Landwirtschaft das Kapital endgültig genommen wird, das sie angesichts der immer schwerer werdenden Verhältnisse in der Landwirtschaft unter allen Umständen braucht? Ist es möglich, daß man im Zusammenhang mit der Ausarbeitung dieser Regierungsvorlage auch jene Bedauernswerten übersehen konnte, von denen wir tagtäglich in den Zeitungen Schilderungen ihres größten Elendes, ihrer größten Not lesen können? Ich meine hier die Altpensionisten, die nach der Berechnung, wie sie dieser Gesetzentwurf treibt, leicht ein Vermögen über 25.000 Kronen haben können, dessen regelrechte Untersuchung jedoch darlegt, daß es eigentlich unter den heutigen Verhältnissen kein Vermögen bedeutet. Es wäre notwendig gewesen, daß man besonders bei der Konstruierung dieses Entwurfes sich dieser bedauernswerten Altpensionisten mit erinnert hätte, die auch auf die Rentenbezüge aus ihren Vermögenswerten, angewiesen sind. Bezüglich der Festsetzung der Vermögensgrenze haben wir deswegen im Budgetausschuß Abänderungsanträge eingebracht, die auch im Hohen Hause zur abermaligen Vorlage gelangen. Wir haben uns in unseren Abänderungsanträgen zwar an die 25.000 Kronen-Grenze gehalten, jedoch haben wir dabei beantragt, daß in diesen 25.000 Kronen nicht einzubeziehen sind vorhandene Kriegsanleihen bis zu einem Nominalwert von 150.000 Kronen. Durch die Annahme dieses Antrages allein wäre es möglich, die ungünstige Wirkung, die der Kriegsanleiheentwurf beinhaltet, zu paralysieren. Der Gesetzentwurf bietet zwar auch weiterhin die Möglichkeit zur Arrosierung der Kriegsanleihe. Kein ernst zu nehmender Mensch wird jedoch wirklich behaupten wollen, daß dieser Weg von einem nichtprivilegiertem Kriegsanleihebesitzer beschritten werden kann u. zw. im Hinblick auf die Höhe der Handelsnotierung, die gegenwärtig für die unterschiedlichen Papiere der vierten Staatsanleihe besteht. Wir lesen aus den allerletzten Ausweisen, daß das 6% ige Papier mit 73·50 Kè, das 5 1/2 %ige mit 63·25 Kè, das 5 %ige mit 56 Kè, das 3 1/2 %ige mit 40 Kè notiert wird. Die Zuzeichnung bedeutet unter den heutigen Verhältnissen für die erwähnten Kategorien der Kriegsanleihebesitzer und zw. für die nichtprivilegierten nichts anderes als gutes Geld für ein Nichts anzulegen.

Aber auch die Vermögensbesitzer bis zu 25.000 Kronen, d. s. jene kleinen armen Leute, die 4 1/2 Jahre lang auf die Einlösung der Zusage nach dem Gesetz über die IV. Staatsanleihe warten mußten, erlebten eine Enttäuschung. Ein 3 % iges Papier wird ihnen auf Grund der Vorlage geboten, das nach Abzug des Zinsenentganges für sie nur etwa 30 Kronen wert sein wird. Eine Ungeheuerlichkeit begeht man dabei auch gegen die Bezirke und Gemeinden, deren Besitz an Kriegsanleihe 100.000 Kronen übersteigt. Sie müssen auch weiterhin die bisherigen Lasten ihres nichthonorierten Kriegsanleihebesitzes schleppen. Wir haben deshalb auch in dieser Richtung einen Abänderungsantrag eingebracht, damit man jenen Personen, die auf Grund des § 43 des Vermögensabgabegesetzes schon besonders behandelt und die von der Vermögensabgabe befreit sind, in Auswirkung dieses Gesetzes eine entsprechende Behandlung zukommen läßt. Es wäre notwendig, daß man diesen juristischen Personen u. zw. uneingeschränkt die Möglichkeit zuerkennt, ihren Kriegsanleihebesitz einfach umtauschen zu können. Die Zahl der Bezirke und Gemeinden, deren Kriegsanleihebesitz im Einzelfalle Millionen Kronen beträgt, ist nicht gering. Ich habe im Zusammenhange damit seinerzeit im Wege einer Interpellation besonders auf die Verhältnisse des Bezirkes Hohenelbe verwiesen. Dieses Beispiel könnte durch Anführung anderer Gegenden eine Vermehrung finden. Es sind das zufälligerweise deutsche Gebiete, die dafür bestraft werden sollen, daß sie Kriegsanleihe gezeichnet haben und Kriegsanleihen besitzen. Sie schilt man deswegen als Kriegsverlängerer, die mit der Zeichnung von Kriegsanleihe sich angeblich auch gegen die èechische Nation vergangen haben. Diese Argumente, die rein politischer Natur sind,

kehren immer wieder. Die Èechen sollten doch endlich zur Einsicht gelangen, daß die Kriegsanleihen ihnen eigentlich zur Selbständigkeit verholfen haben, welche mit der Dauer des Krieges immer mehr zur Gewißheit wurde. Aus politischen Gründen sollten deshalb die Èechen den Kriegsanleihezeichern recht dankbar sein. Hie handelt es sich aber um keine politische, sondern um eine rein wirtschaftliche Frage, die auch nur vom wirtschaftlichen Gesichtspunkte, sowie das auch Prof. Dr. Horáèek angedeutet hat, zu lösen ist.

Die gleiche ungerechte Auffassung athmet der Entwurf auch in seinen Bestimmungen bezüglich des Umtausches der lombardierten Kriegsanleihen. Auch hier sind die Grenzen viel zu eng gezogen. Wir haben deshalb auch hier Abänderungsanträge eingebracht, die Härten des vorliegenden Entwurfes zu mildern. Die Aufrechterhaltung der gegenwärtigen Bestimmungen, d. h. 20.000 Kronen Nominale Kriegsanleihe und 30.000 Kè Einkommen bezw. 10.000 Kronen Nominale Kriegsanleihe und 15.000 Kè Jahreseinkommen sind viel zu eng gezogen. Das Gesetz enthält zwar im § 27 eine Bestimmung in der Richtung, daß bei nichtprivilegierten Zeichnern oder bei nichtprivilegierten Kriegsanleihebesitzern das Finanzministerium ermächtigt ist, Ausnahmen bezgl. des Umtausches zu bewilligen bis zu einem Reinvermögen von 50.000 Kè und Kriegsanleihenominale bis zu 125.000 Kronen. Auch diese Grenze ist viel zu eng gezogen und bedeutet diese Bestimmung im Entwurf eigentlich etwas sehr Ungewisses. Denn das Finanzministerium, kann, wenn es will, dem gestellten Ansuchen Rechnung tragen, vermag aber auch gestellte Ansuchen ohne irgendwelche Angabe von Gründen abzuweisen. Es wäre notwendig, daß man, - und auch darauf nehmen unsere Abänderungsanträge Bezug, - die Grenzen erweitert und daß in berücksichtigungswerten Fällen das Finanzministerium verpflichtet wird, die notwendigen Begünstigungen von vorneherein einzuräumen. An der Mehrheit dieses Hauses liegt es jetzt, Entgegenkommen zu zeigen, damit das Vertrauen wieder einkehrt und nicht der Sinn des Leitsatzes zu meinen Ausführungen zu einem dauernden Mißtrauen gegen die staatsfinanziellen Maßnahmen in der Èechoslovakischen Republik führt. (Potlesk na levici.)

2. Øeè posl. inž. Kalliny (viz str. 1276 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Ich muß vor allem auch hier im Hause schärfsten Protest erheben gegen die unwürdige Behandlung, die uns oppositionellen Abgeordneten immer wieder hier zuteil wird. In der Donnerstag-Nachmittagsitzung wurde die Kriegsanleihevorlage aufgelegt. Während einer Pause in der Haussitzung wurde entgegen den Bestimmungen der Geschäftsordnung der Budgetausschuß zusammenberufen, um die Zuteilung der Vorlage an einen Referenten vorzunehmen. Die Haussitzung selbst dauerte bis 2 Uhr nachts. Die Sitzung des Budgetausschusses wurde aber bereits für Freitag 1/2 9 Uhr vormittags festgesetzt. Die oppositionellen Abgeordneten hatten daher nur wenige Nachtstunden Zeit, diese hochwichtige Vorlage, die endgültige Bestimmungen über das Schicksal eines Milliarden-Volksvermögens treffen soll, zu studieren. Dieser ungeheuerliche Vorgang kennzeichnet so recht, wie hoch die demokratischen Einrichtungen dieses Staates einzuschätzen sind. Es ist doch unter diesen Verhältnissen klar, daß es schon rein physisch unmöglich war, die Vorlage durchzulesen, und noch viel weniger, die einzelnen Bestimmungen auf ihren genauen Inhalt und ihre Tragweite zu prüfen. Die von den Mehrheitsparteien durch dieses Vorgehen uns zuteil gewordene Mißachtung zeigt klar, wie tief der Parlamentarismus in diesem Staate bereits gesunken ist. Sie läßt aber auch erkennen, daß man sich auf èechischer Seite bereits offen zu einer höheren demokratischen Auffassung durchgerungen hat, die letzten Endes in dem Satze gipfelt: "Friß Vogel oder stirb". In dieser Auffassung wurden wir noch bestärkt, als der Berichterstatter im Ausschuß Prof. Dr. Srdínko den Antrag stellte, die Generaldebatte mit der Spezialdebatte zu vereinigen. Also nicht genug daran, daß es uns vor der Ausschußsitzung unmöglich gemacht wurde, die Vorlage zu studieren und mit den berufenen Vertretern der Kriegsanleihebesitzerkreise Fühlung zu nehmen, sollte es uns auch unmöglich gemacht werden, während der Verhandlungen die Vorlagen entsprechend zu studieren. Wir wissen, daß dasselbe Tempo auch bei den Verhandlungen hier im Hause eingeschlagen wird und daß in wenigen Stunden die Würfel endgültig fallen werden und der Gesetzantrag von der Mehrheit zum Beschluß erhoben wird. Damit sind dann Millionen deutschen Volksgutes verloren, tausende deutsche Wirtschafter werden um ihr ehrlich erworbenes und in harter Arbeit erspartes Vermögen gebracht, darbende Angestellte, Wi twen und Waisen stehen damit vor dem Grabe ihrer Hoffnungen, denn nicht einmal die kleinen und kleinsten Zeichner erhalten mehr als einen Bettel, viele aber haften für die eingegangenen Lombardverpflichtungen mit ihrem Einkommen und ihrem Vermögen und bleiben in der Schuldknechtschaft des internationalen Kapitals, welches er verstanden hat, mit der Vaterlandsliebe und der Not Geschäfte zu machen.

Vollkommen ist der Zusammenbruch aller Hoffnungen, und dies ist umso schwerer zu werten, als die zahlreichen Kriegsanleihebesitzer immer und immer wieder durch die irreführende Darstellung getäuscht worden sind, daß es sich um eine wirtschaftliche Frage handle, welche nach wirtschaftlichen Grundsätzen schon im Interesse des Staates und seines Ansehens gelöst werden müsse. Der Staat und sein System haben sich stärker erwiesen, als solche kurzsichtige Gedanken, deren Vater die eigenen Wünsche waren, denn die èechischen Machthaber haben die Kriegsanleihefrage seit jeher als Politikum behandelt und auch als Politikum erledigt. Die vorliegende Erledigung paßt vollkommen in den Rahmen des ganzen Systems dieses Staates, welches darauf ausgeht, die deutschen Zwangsbürger politisch zu versklaven, von der Höhe ihrer Kultur herabzustoßen und wirtschaftlich zu enteignen, um sie so umso sicherer ihrem Volksbewußtsein zu entfremden und im Dienste einer deutschfeindlichen Politik beherrschen zu kennen. Zu diesem Zwecke greifen die Räder der staatlichen Gewalt bewunderungswert ineinander: Der Verdrängung der deutschen Staatsbeamtenschaft, der Schließung der deutschen Schulen, der Knebelung des deutschen Gemeindewesens, der Aufdrängung der sogenannten èechoslovakischen Staatssprache im amtlichen und sogar im privaten Leben, der Handhabung der Polizeigewalt, der Aufhebung der freien Meinungsäußerung, der Verfolgung durch Schutzgesetze und Ausnahmsgerichte, der Mißachtung der Abgeordnetenimmunität, dem Mißbrauche der Staatsgewalt, um sich mit Zwang und List Plätze in deutschen Wirtschaftsunternehmungen zu sichern, der Verdrängung des deutschen Hand- und Kopfarbeiters von seinem Arbeitsplatze, der unerhörten Verhätschelung èechischer Hetzvereine durch die staatlichen Behörden, den fortwährenden Demütigungen des deutschen Nationalgefühles, dem Raub deutschen Grund und Bodens und seiner Überantwortung an erprobte Feinde des Deutschtums, zum Zwecke der Zersetzung des deutschen Sprachgebietes reiht sich würdig die vorliegende "Einlösung" der Kriegsanleihen an, welche eben wiederum nichts anderes bezweckt, als eine ausgiebige Vernichtung deutschen Volksvermögens.

Trotz dieser Erkenntnis haben wir schon bei den Beratungen im Ausschuße versucht, im Interesse der schwerbetroffenen Kriegsanleihebesitzerkreise Abänderungen herbeizuführen, um wenigstens die schwersten Härten des Gesetzes zu mildern. Wir werden auch hier, obzwar wir von der Fruchtlosigkeit solcher Bemühungen in diesem Parlament überzeigt sind, neuerlich eine Reihe von Abänderungsanträgen einbringen. Zur Begründung will ich nur anführen, daß, obzwar im vorliegendem Motivenbericht darauf hingewiesen wird, daß der jetzige Entwurf auf denselben Grundsätzen aufgebaut ist, wie der Regierungsentwurf des Jahres 1922, dies der Wahrheit widerspricht, denn im vorliegenden Entwurfe wurden die Bedingungen für die sogenannten kleinen Kriegsanleihebesitzer noch bedeutend verschlechtert. Ich verweise nur dara uf, daß das Ersatzpapier nunmehr eine dreiprozentige Verzinsung ab 1. Jänner 1925 aufweist im Gegensatz zu der alten Vorlage, wo eine dreieinhalbprozentige Verzinsung ab 1. Jänner 1921 vorgesehen war. Auch die Festsetzung des Stichtages für die Vermögensgrenze mit 1. März 1919 ist so ungeheuerlich, aber auch so unmenschlich, daß man es nicht fassen kann, daß sozialistische Parteien einer solchen Bestimmung überhaupt zustimmen konnten, denn bei den sich stets ändernden Wirtschaftverhältnissen der letzten Jahre haben sich tausendfältige Veränderungen im Vermögensstande ergeben, viele, die im Jahre 1919 noch als vermögend zu bezeichnen waren - wenn man bei 30.000 Kè noch von einem Vermögen sprechen kann - stehen heute bettelarm da. Diese werden von den Bestimmungen, betreffend die Ausfolgung von Ersatzpapieren, beziehungsweise der sogenannten ewigen Rente nicht betroffen, obzwar es ein selbstverständliches Gebot sozialer Gerechtigkeit wäre, gerade diese Ärmsten der Armen zu bedenken. Ich habe die diesbezüglichen Abänderungsanträge bereits überreicht und will nunmehr zum Wortlaut des Gesetzentwurfes selbst noch einiges feststellen, da meines Erachtens wohl selten noch, auch in diesem Parlamente, ein so überhasteter und ohne entsprechenden Ernst bearbeiteter Gesetzantrag vorgelegt wurde. Ich will nur darauf verweisen, daß im Gesetz vom 24. Juni 1920, Z. 417 die Bestimmung vorgesehen war, daß die ausgegebenen Ersatztitres von der Rentensteuer befreit sind. Nun liegt es doch offenbar im Sinne der Gesetzesvorlage, diese Steuerfreiheit auch für die neuen Schuldverschreibungen festzusetzen, da sonst der Widerspruch einträte, daß die wirtschaftlich schwächsten Kreise rentensteuerpflichtige Papiere erhielten, während die wirtschaftlich stärkeren Kreise rentensteuerfreie Papiere bekämen. Ich beantrage daher, zum § 13 einen dritten Absatz hinzuzufügen welcher lautet: "Die auf Grund dieses Gesetzes ausgegebenen Entschädigungsschuldverschreibungen sind von der Rentensteuer befreit".

Weiters verweise ich darauf, daß auf Grund des Wortlautes der Bestimmungen des § 15 nur die verpfändeten Kriegsanleihestücke gegen die neuen Schuldverschreibungen umzutauschen sind. Nun gibt es aber in der Tat unzählige Fälle, daß sowohl Privatpersonen, wie Gemeinden und Körperschaften nicht nur Kriegsanleihestücke, sondern auch andere Papiere, wie Silber-, Goldrente u. ä. als Lombard verpfändet haben. Es entspricht meines Erachtes dem Geiste des Gesetzes, daß schlechthin die als Lombardpfand gegeben Papiere vom Gläubiger zurückgestellt werden müssen. Ich beantrage daher, im § 15 die Worte "vydaných za zastavené váleèné pùjèky" zu streichen.

Aus diesen Feststellungen allein ist zu ersehen, daß auch die Mehrheitsparteien, die sich auf den Boden dieses Gesetzentwurfes stellen, sich hätten verpflichtet fühlen müssen, diesen Gesetzentwurf mit mehr Ernst und unter Aufwendung von mehr Zeit und Geist zu studieren. Doch wie dem immer sei, wir wissen, daß die Mehrheitsparteien verpflichtet sind, dem Gesetzantrag in dem Wortlaut zuzustimmen, wie er von der "Pìtka" beschlossen wurde. Ich möchte daher auch die Gelegenheit benützen, um zu warnen, denn es werden sich auch jetzt wieder Stimmen finden, die darauf beharren werden, daß mit diesem Gesetz die Angelegenheit nicht abgeschlossen ist und daß nach wie vor die Hoffnung auf eine bessere Regelung bleibe. Wir warnen im Bewußtsein unserer Verantwortung davor, die bedauernswerten - Besitzer der Kriegsanleihe einer neuerlichen Selbsttäuschung zu überantworten, die vielleicht als Trost gedacht sein mag, die wahren Tatsachen aber verschleiert und außerdem auf die Abwehrkraft unseres Volkes im Kampfe um seinen Bestand lähmend wirken muß.

Mir, beziehungsweise meinen Parteigenossen, ist es klar, daß die èechische Mehrheit alle diese Fragen nur vom Standpunkt der politischen Macht aus behandelt und daß es keiner deutschen Partei gelingen wird, ihre wunschgemäße Behandlung im Rahmen des hauspolizeilich geregelten parlamentarischen Betriebes dieses Staates zu erzwingen, sondern ihre Erledigung oder Nichterledigung hängt mit der schicksalsschweren Frage zusammen, ob es dem Sudetendeutschtum gelingen wird, seine politische Freiheit zu erringen. Innerhalb dieses Staates ist dies nicht möglich, dies beweisen nicht nur die Erfahrungen der abgelaufen Jahre, sondern auch die kläglichen Ergebnisse jener kurzsichtigen, angeblich volkswirtschaftlich und klassemäßig eingestellten Politik, welche nicht einsieht, daß eine Sicherung des Teiles ohne die Sicherung des Ganzen nicht möglich ist und daß sie niemals auf parlamentarischen Wege, sondern nur durch die revolutionäre Tat zu erreichen ist. Um dies vorzubereiten, bedarf es der Zusammenfassung, nicht aber der Teilung des Volkstums in selbstisch denkende Gruppen, des freien Bekennermuts, vor allem der Führung, nicht aber der Verstauung politischer Ideale im tiefen Grunde des Herzens, am allerwenigsten aber der Erflehung geduldeter Tischgenossenschaft mit den Feinden, die sich ja ohnehin nach ihren, nicht aber nach den Forderungen und Wünschen der Bittsteller richten.

Das hat sich in reichlichem Maße wiederum bei der Behandlung der Kriegsanleihefrage erwiesen, obgleich bei wenigen wirtschaftlichen oder politischen Angelegenheiten Menschlichkeit, Erbarmen und Gerechtigkeitsgefühl so sehr hätten mitsprechen können und müssen, wie hier. Wer wagt es also, von jetzt ab noch auf die Einsicht des Feindes zu hoffen?

Den vorliegenden Gesetzenwurf lehnen wir ab und wollen dabei schon jetzt einem etwaigen Vorwurf der Gegner begegnen, als hätten wir durch unser Verhalten uns auch gegen die bedingungslose Einlösung der Kriegsanleihe der sogenannten 25.000-Kronen-Männer ausgesprochen. Wir sind selbstverständlich, wie dies ja aus den gestellten Abänderungsanträgen hervorgeht, nicht gegen die Einlösung dieser Papiere, wohl aber gegen den Bettel, den man diesen Leuten unter der Bezeichnung "Einlösung", und noch dazu in der Form einer sogenannten ewigen Rente hinzuwerfen für gut erachtet und wir sind gegen die Festlegung des Begriffes "Bedürftigkeit", in der Weise, wie das Gesetz es tut. Wir halten diese Art für kleinlich und sozial ungerecht.

Wir erkennen immer klarer: Für unser armes schwergeprüftes Volk in diesem Staate gibt es nur eine Lösung: Die Selbsthilfe! Erst wenn die Volksgenossen insgesamt erkannt haben werden, daß wir von diesem Staate keine Förderung unser Lebensinteressen zu erwarten haben und daß die Staatsnation unter Zuhilfennahme aller staatlichen Machtmittel nur auf die Vernichtung des deutschen Volksstammes hinarbeitet, werden wir endlich unter einheitlicher Führung zur geschlossenen Abwehr gelangen, die allein eine Sicherung der Zukunft unseres Volkes uns gewährleisten kann. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. Patzela (viz str. 1278 tìsnopisecké zprávy):

Hohes Haus! Blut, Tränen und Leichen bezeichnen den Weg, den bisher die Verhandlungen der Kriegsanleihe gegangen sind. Diese Vorlage, die sich selbst "Gesetz über die endgiltige Regelung der Kriegsanleihen" nennt, will über dieses Meer von Blut, Tränen und Leichen das Grab schaufeln. Vernichtet werden die letzten Hoffnungen nicht von Hunderten, sondern von Tausenden Arbeitern und Angestellten und Tausenden Kleingewerbetreibenden, von Tausenden Pensionisten, die in der Hoffnung, ein paar Heller Zinsen zu erzielen, die Ersparnisse eines arbeitsreichen Lebens in Kriegsanleihe angelegt hatten. Auch für den Staat wird daraus kein wohltätiger Zustand erzeugt. Dem Staate borgen, ihm seine Ersparnisse anvertrauen, das erschien einst als sicherste Anlage der eigenen Ersparnisse. Das wird mit der Annahme dieses sogenannten endgiltigen Gesetzes wohl vorbei sein. Kredit heißt Vertrauen und die, welche auf den hohen Stelzen ihrer pseudowirtschaftlichen Anschauungen einherschreitend, ein solches Gesetz auch noch als finanzwirtschaftliche und volkswirtschaftliche Wohltat bezeichnen, werden schon verspüren, was es heißt, das Vertrauen in den Staat bei den kleinen Sparern endgiltig, so heißt das Gesetz, endgiltig zu vernichten. Darüber helfen auch alle pseudostaatsrechtlichen Beweggründe oder Erwägungen und Angaben nicht hinweg, die sich bemühen, den Nachweis zu erbringen, die Èechoslovakische Republik sei nach den Friedensverträgen nicht verpflichtet, die Kriegsanleihe einzulösen, trotzdem sie Mililonen Menschen mit allem lebendigen und toten Inventar ins heutige Staatsgebiet ruhig aufgenommen hat. Das heißt man das, was man einst als Tarnopoler Moral bezeichnet hat, im staatspolitischen Leben umsetzen in einen Begriff, den man heute nur bezeichnen könnte als Prager Staats- und Finanzmoral. Ob das dem Ausbau der wirtschaftlichen Entwicklung dieses Staates auf die Dauer gesund sein kann, ist eine andere Frage. Man begnügt sich aber nicht mit solchen staatsrechtlichen Angaben, man fügt dem, was man antut, auch noch den blutigen Hohn bei. In der Vorwoche hat der Herr Finanzminister, der allerdings vom Inhalt der Vorlage nicht besonders viel zu fassen scheint, einem deutschen Parlamentarier gesagt, er und seine Freunde würden erfreut und überrascht sein, wenn sie die Kriegsanleihevorlage kennen würden, und heute hat er einer Abordnung von Menschen der verschiedensten Wirtschaftskreise des deutschen Randgebietes aus Böhmen gesagt, er hätte erwartet, sie würden mit der Vorlage zufrieden sein. Der Sprecher der Deputation, ein alter pensionierter Volksschullehrer, erwiderte, der Herr Finanzminister beliebe mit diesen Menschen wohl einen Witz zu machen. Es scheint tatsächlich, als ob mit dieser Vorlage ein schlechter Witz und ein trauriger Witz gemacht worden sei. Endgiltig nennt sich diese Vorlage, und der Referent hat im Zusammenhang damit das Gesetz, das uns vorliegt, einen Schlußakt genannt. Der Finanzminister weist immer darauf hin, daß sogar diese Vorlage dem Staat eine große Last auferlegen werde. Ich will nur eine Bemerkung machen. Der erste deutsche Redner, Kollege Windirsch, hat auf die ganz eigenartige Propaganda hingewiesen, die der Außenmiminister Dr. Beneš im Ausland mit der Haltung der Deutschen gegenüber den Kriegsanleihelösungsversuchen gemacht hat. Ich meine, wenn die Millionen, die für Auslandspropaganda ausgegeben werden, hier verwendet worden wären zur Verzinsung von Kriegsanleihepapieren, so wäre das innerpolitisch eine Propaganda gewesen, die sich vom Standpunkt der politischen Moral und vom volkswirtschaftlichen Standpunkt besser bezahlt gemacht hätte.


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