Úterý 18. listopadu 1924

Wir tragen dank dem heute hier herrschenden Systeme nur die Verantwortung für die Interessen der von uns vertretenen deutschen Bevölkerung. Diese Verantwortung aber zwingt uns, in den engen Grenzen der uns zur Verfügung stehenden Machtmittel unsere Kampfstellung gegen das System und seine Vertreter im In- und Auslande in der sinnfälligsten Weise zum Ausdruck zu bringen. Wir wollen in der bekannten Aufführung der Budgetberatung nicht weiter die Rolle von Statisten übernehmen. Wir wollen das Märchen von der konsolidierten Èechoslovakei vor der gesamten Öffentlichkeit zerstören. In diesem Sinne haben mich die in der deutschen parlamentarischen Arbeitsgemeinschaft vereinigten Parteien des "Bund der Landirte", der "Deutschen christlich-sozialen Volkspartei", der "Deutsch-demokratischen Freiheitspartei" und der "Deutschen Gewerbepartei" als ihren derzeitigen Obmann beauftragt, zu erklären, daß wir uns an der weiteren Verhandlung des Staatsvoranschlages nicht beteiligen werden. (Souhlas a potlesk na levici.)

3. Øeè posl. dr. Lodgmana (viz str. 280 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Im Namen der Deutschen Nationalpartei schließe ich mich allen Verwahrungen und Einsprüchen an, welche von deutscher Seite aus Anlaß der Beratung des Staatsvoranschlages vorgebracht worden sind. Wir halten eine weitere Beteiligung an den diesbezüglichen Arbeiten für überflüssige Zeitverschwendung. Wir sind uns darüber klar, daß der politische Zweck des Staates darin besteht, die sogenannten Minderheitsvölker, darunter vor allem das Sudetendeutschtum dauernd von ihren Stammesgenossen abzutrennen. Zu diesem Zwecke wurde seine Herschaft mit Gewalt und unter Verleugnung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker aufgerichtet, zu diesem Zwecke sollen die Minderheitsvölker wirtschaftlich ruiniert, kulturell herabgedrückt und politisch ohnmächtig gemacht die Herrschaft des èechischen Volkes verewigt werden. Alle Gesetze und Verwaltungsmaßnahmen arbeiten in diesem Sinne, während die auswärtige Politik recht aufdringlich von Demokratie, Friedensliebe und Verständigung der Völker spricht. Wir hatten schon beim Eintritt in dieses Haus keinen Zweifel daran, daß es hoffnungslos sei, vom Parlamentarismus eines gewaltsam errichteten Staates Berücksichtigung unserer Wünsche und Forderungen zu erwarten, der Ablauf von fünf Jahren Parlamentsgeschichte hat diese unsere Annahme bestätigt. Heute dürfte sich auch der zur Verständigung der Völker dieses Staates bereiteste Politiker auf Seite der Opposition klar sein, daß dem System des Nationalstaates weder durch parlamentarische Verhandlungen, noch durch loyale Mitarbeit beizukommen ist. Dieses System ist zum Stigma geworden, in dessen Zeichen sich die èechischen Parteien immer wieder zusammenfinden müssen, soll nicht mit dem System gleichzeitig der Staat selbst aus den Fugen geraten. Insofern hatte der Herr Minister präsident vollkommen recht wenn er vom festen Gefüge der Koalition sprach; denn sie ist tatsächlich die einzig mögliche parlamentarische Plattform, wenn der èechische Nationalstaat erhalten werden soll. Seine Umwandlung in einen Nationalitätenstaat aber wäre die Verleugnung der nach dem Weltkriege übernommenen Pflicht, an der Niederhaltung und militärischen Bedrohung des deutschen Reiches mitzuarbeiten. Dieses Bewußsein ist stärker als proletarische Klassensolidarität, stärker als konfessionelle Verbundenheit, stärker auch als die in einzelnen èechischen Köpfen auftauschende Sorge vor der Weiterentwicklung innerhalb der europäischen Staatengemeinschaft, es zwingt die verschiedenen Teile immer wieder auf die gemeinsame nationale Plattform und verhindert jegliche wirkliche Zusammenarbeit mit den nichtèechisch Gruppen, mag diese noch so loyal angeboten werden. Nicht um Loyalität der Minderheitsvölker handelt es sich, sondern um deren seelische Einschmelzung in dem Sinne, daß sie bereit sind, in diesem Staate ihr oberstes politisches Ideal zu erblicken, es gegen jedermann, auch gegen ihre eigenen Volksgenossen, zu verteidigen. Diese Einschmelzung setzt weiters voraus, daß die Völker unter Umständen bereit sind, auf einen Wink und unter französischer Führung im Sinne der Interessen Frankreichs vorzugehen. Aus dieser Grundeinstellung des èechischen Volkes ist alles andere abzuleiten. Die Angst vor einer Änderung der europäischen Lage, insbesondere vor einem Wiederaufstiege Deutschlands, führt der èechischen Koalition die Feder und setzt alle staatlichen Machtmittel gegen die Minderheitsvölker in Bewegung.

Auch der vorliegende Staatsvoran chlag verdankt diesen Zuständen seine Entstehung. Wir können an ihm nichts ändern, selbst die berechtigteste Kritik zerschellte an den von der Regierungskoalition als staatsnotwendig verkündeten Maßnahmen. Wir ergreifen daher keineswegs das Wort in der Hoffnung auf eine Änderung unserer Lage im Rahmen dieses Staats. Gewiß, man konnte uns mit Gewalt in ihn hineinzwängen, gewiß, man kann uns zur Befolgung der uns auferlegten Gesetze zwingen, man kann die freie Meinungsäußerung verbieten, uns wirtschaftlich erdrosseln, unsere kulturellen Einrichtungen vernichten, man kann uns sogar zum Heeresdienste unter einer uns aufgezwungenen Fahne nötigen. Man kann aber in uns das Bewußtsein nicht ertõten, daß wir als Teile des deutschen Volkes Pflichten zu erfüllen haben, die in uns lebendig sind und nach denen wir, innerer Not gehorchend, in Schicksalstunden handeln werden, ohne Staatsanwalt und Regierung dieses Staates zu fragen. (Souhlas.) Diese Pflichten gipfeln in unserem Glauben an Alldeutschlands Zukunft, dessen Erstehen die Voraussetzung für eine gerechte Ordnung der europäischen Verhältnisse ist, über welche weder die allèechische Koalition, noch das èechische Parlament entscheiden werden. Wir waren vor dem Staate hier und wir werden nach ihm hier sein. (Souhlas a potlesk na levici.)

4. Øeè posl. inž. Junga (viz str. 281 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Zur Erörterung steht der Staatsvoranschlag. In jedem Staatswesen, das auf Würde und Ansehen etwas hält, ist dies für die Volksvertreter der Anlaß, ihre Wünsche und Beschwerden vorzubringen und sachlich Kritik zu üben. Es müssen dann natürlich auch die nötigen Vorbedingungen gegeben sein, in erster Reihe also eine sachliche Würdigung der Opposition durch die Mehrheit und eine Überprüfung ihrer Beschwerden. Nun sind in diesem Hause von deutscher Seite bei verschiedenen Gelegenheiten - in Reden, Anfragen und Anträgen - eine Unzahl von Beschwerden vorgebracht worden. Was war ihr Erfolg? Man ist über sie einfach zur Tagesordnung übergangen. Denn die Beantwortung unserer Anfragen z. B. - wenn sie überhaupt beantwortet werden - ähnelt in den meisten Fällen einer Ohrfeige. Hiefür kann jede Partei Beispiele erbringen. Manches Anfragen werden überhaupt nicht beantwortet, wie beispielweise die dringliche Interpellation des Deutschen parlamentarischen Verbandes vom 28. Oktober 1920, also der damaligen deutschen stärksten Gruppe.

Das parlamentarische System zeigt unverkennbar überall mehr oder weniger deutliche Verfallserscheinungen. Es ist dies eine Folge der Geldherrschaft, die seit dem Umsturz offen und brutal überall zutage tritt und letzten Endes alles korrumpiert. Aber so entartet wie hierzulande, ist der Parlamentarismus denn doch nirgends. Abgesehen von der Geschäftsordnung, die aus den schlechtesten Bestimmungen aller parlamentarischen Geschäftsordnungen zusammengeklaubt ist und die kaum durch eine uralte Polizeiordnung übertroffen werden kann, ist es schon die ganze Art des Auftretens der Mehrheit und der Regierung, welche zur Erbitterung reizen muß. Wir sind hier allein über 70 deutsche Abgeordnete und vertreten ein volles Viertel der Bevölkerung des Staatsgebietes. Und wie werden wir behandelt? Ein Beispiel: Wir haben einen parlamentarischen Staatsangestelltenausschuß, an dessen Beratungen säm tliche deutschen Parteien teilnehmen. Dieser Ausschuß versucht seit Wochen durch seinen Vorsitzenden Senator Mayr-Harting, den Ministerpräsidenten zu einer Beratung über brennende Fragen der deutschen Staatsangestellten zu veranlassen. Während nun der Ministerpräsident jede èechische Gewerkschaft augenblicklich empfängt, gibt er auf das Ersuchen dieses, das ganze deutsche Volk und seine Staatsangestellten ver körpernden Ausschusses überhaupt keine Antwort. Wo z. B. kommt es sonst vor, daß sich der Ministerpräsident höchstselbst über die Opposition lustig macht? Anderswo hat er wenigstens soviel Takt, das durch ein Unterläufel besorgen zu lassen. Überhaupt dieser Ministerpräsident! Es gibt schwerlich einen gerisseneren Politiker, als diesen aalglatten Heuchler.

Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Volám pana poslance k poøádku.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Der Zweck heiligt bei ihm wirklich jedes Mittel. Vor mehr als vier Jahren hat er als damaliger Innenminister im Kabinett Tusar hier im Hause namens der Regierung die feierliche Versicherung gegeben, daß die Durchführungsverordnung zum Sprachengesetze in Bälde erlassen werde. Ich frage: Wo ist diese Durchführungsverordnung?

Derselbe Švehla ist es, der mit seinem Genossen, dem jetzigen Gesundheitsminister Šrámek, auf den ich noch zu sprechen komme - wirksam unterstützt von den èechischen Sozialdemokraten - uns wochenlang an der Nase herumführte, bis der Staatsvoranschlag glatt unter Dach und Fach gebracht war. Das war 1920, nach dem Denkmalssturz von Teplitz, nach den Vorfällen von Prag, Eger, Reichenberg usw.

Was ist seit dieser Zeit alles über unser Volk gekommen! Bald nach der Erledigung des ersten Staatsvoranschlages in der gewählten Volksvertretung wurde sozusagen als Weihnachtsgeschenk, für die Èechen natürlich, die Vorlage über die Übernahme der Kaschau-Oderberger Bahn in den Staatsbetrieb verhandelt und angenommen und damit seit unserem Einzug in das Parlament die erste große Bresche in den Besitzstand unseres Volkes gerissen. Seither ging es rasend bergab. Die Aussig-Teplitzer und die Buštìhrader Eisenbahn wurden verstaatlicht, die Bodenreform nach echt hussitischem Vorbild trat in Kraft und dergleichen mehr. Bei dieser Gelegenheit hat sich der Švehla Nr. 2, Šrámek ausgezeichnet. Er war es ja, der als damaliger Eisenbahnminister bei der Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer Eisenbahn sich weder um die Zusage seines Vorgängers im Amte, noch um eine vom Hause einstimmig angenommene Resolution scherte, sondern sich kühn über diese Tatsachen hinwegsetzte. Wem soll man nach derlei Erfahrungen noch trauen? Was soll man von einem Staatswesen halten, dessen Regierungsmänner ihre Zusagen nicht halten und die schmählichsten Korruptionsfälle it dem Mantel - in diesem Falle wirklich echter - Brüderlichkeit bedecken?

"Wie der Herr, so das Gscherr", heißt es im Sprichtwort, das auch hier das Richtige trifft. Wenn die Minister ihre Zusagen nicht halten, so tun es selbstverständlich ihre Beamten auch nicht. So manche Abordnung, die nach Prag kam, hat die bittere Erfahrung machen müssen, daß von den platten Worten, die man in diesem neuen Babel zu hören bekommt, nichts, aber rein gar nichts zu halten ist. Ich wünschte mir Luthers Sprachgewalt, um diesen Pfuhl der Lüge und stinkendsten Korruption gebührend kennzeichnen zu können. (Souhlas na levici. Rùzné výkøiky nìm. poslancù.)

Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Volám pana øeèníka k poøádku.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Herr Švehla versteht entschieden sein Geschäft. Er kennt die deutsche Seeele besser, als mancher Deutsche sie kennt. Er erinnert sich des ungeheueren Erfolges, welchen Wilson mit seinen Vorspiegelungen über die harmlosen Deutschen errang und er ahmt ihn mit bewundernswerter Geschicklichkeit nach. Wenn es irgendwo zu kriseln beginnt, so ist entschieden Švehla sofort zur Stelle, selbst wenn er krank ist. Neue Versprechungen glätten die Wogen der Unzufriedenheit. Keine ganzen Versprechungen, Gott bewahre, aber er läßt bald da, bald dort ein rosenrotes Hoffnungswölkchen aufsteigen, flüstert dem und jenem etwas ins Ohr und hat sein Spiel wieder für einige Zeit gewonnen. Wie hat er’s denn heuer gemacht? Er hat das Staatsoberhaupt auf Reisen geschickt. In Südmähren drunten war sogar der Wagen des Präsidenten mit einem schwarz-rot-goldenem Fähnlein geschmückt und es durften die sonst verpönten schwarz-rot-goldenen Fahnen ausgehängt werden. Unsere gutherzigen Volksgenossen haben - Švehla kennt seine Pappenheimer - das schwarz-rot-goldene Fähnlein als ein Zeichen der endlich beginnenen Einsicht und Wandlung zum Besseren angesehen, trotzdem anderswo, wie z. B. in Troppau, keinerlei Fahnen in diesen Farben gestattet waren.

Was war das Ergebnis der Präsidentenreise? Mein Kollege Patzel hat am Montag hier im Hause über Troppau etwas Kennzeichnendes mitgeteilt. Ich habe diese Angelegenheit in einer vorläufig noch nicht beantworteten Anfrage behandelt. Kurz gesagt: gleichzeitig mit dem Ausdruck des Dankes Masaryks für den Empfang ist der Entzug der Befugnisse des Magistrates erfolgt. So etwas darf sich der höchste Staatsbeamte im Lande Schlesien leisten. Ein Deutscher, der nur annähernd etwas derartiges täte, würde sicherlich nach den. Bestimmungen des Schutzgesetzes verfolgt werden. Und was ist anderswo geschehen? Die Präsidentenreise war kaum beendet, und schon wurden uns einige Mittelschulen gesperrt. Herr Švehla scheint sich die Worte Nietzsches vom Zuckerbrot und von der Peitsche zu Gemüte geführt zu haben. Allerdings nicht zur Gänze, denn das Zuckerbrot zeigt er nur von der Ferne, aber die Peitsche läßt er gründlich tagtäglich auf unseren Rücken sausen. Die Vorgänge anläßlich der Präsidentenreise werfen ein kennzeichnendes Streiflicht auf das System, auf jenes unerhörte System brutalster Vergewaltigung und Entrechtung auf allen Gebieten, welches darauf ausgeht, aus unserem Volk ein Knechtsvolk im wahrsten Sinne des Wortes zu machen.

Dasselbe, was der nun zur Herrschaft gelangte Weltkapitalismus mit unseren im Deutschen Reiche und Deutschösterreich lebenden Volksgenossen vorhat und was man in dem einen Fall mit Völkerbundkrediten, im anderen mit Sachverständigengutachten durchführt, die wirtschaftliche Verknechtung und mit ihr Hand in Hand gehend die politische Entmündigung und moralische Verlumpung, kurz das Hinabgleiten in die Rolle der Fellachenvölker, dasselbe besorgt hier das System der Švehla und Genossen. (Posl. dr. Schollich: Raubgenossen!)

Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Volám pana posl. dr. Schollicha k poøádku.

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Denn sie sind einer des anderen würdig.

Ich werde mir erlauben, einige Streiflichter auf das System zu werfen.

Beginnen wir mit dem Schulwesen: Die Benachteiligung unseres Volkes tritt schon dadurch kraß in Erscheinung, daß wir insgesamt nur 3, die Èechen aber 13 Hochschulen besitzen und daß die Anerkennung der an ausländischen Hoschschulen erworbenen Diplome immer größeren Schwierigkeiten begegnet. Einen unerhörten Fall, der einen deutschen Tierarzt betrifft, habe ich am 20. September in einer bisher unbeantwortet gebliebenen Anfrage behandelt. Die Angaben eines - nebenbei gesagt unterdessen wegen verschidener Vergehen abgesägten - Polizeikommissärs genügten in diesem Falle, die Anerkennung des Diploms zu hintertreiben und den Betroffenen um Brot und Stellung zu bringen, obzwar er drei Jahre hindurch eine staatliche Studienunterstützung bezog mit der ausdrücklichen Verpflichtung, seine Tätigkeit in diesem Staate auszuüben.

Noch ärger zeigt sich unsere Benachteiligung bei den Mittelschulen. Während die èechischen seit 1923 von 143 auf 155 stiegen, sind die deutschen während desselben Zeitraumes von 82 auf 76 gefallen. Für das Volksschulwesen ist kennzeichnend, daß der Aufwand für die èechischen Trutzschulen von rund 56 auf 61 Millionen steigt. Den Leidensweg unseres deutschen Volks- und Bürgerschulwesens kennzeichnen folgende Zahlen: insgesamt sind vom Umsturz bis zum 31. Dezember 1923 1856 deutsche Schulklasse aufgelassen worden (Výkøiky posl. Patzela.) und zwar an Volksschulen in Böhmen 1128, in Mähren 352, in Schlesien 117; an Bürgerschulen in Böhmen 92, in Mähren 54, in Schlesien 13. Unsere Volkszahl zugrundegelegt, sind wir allein im Verhältnis zu den Èechen um 52 Bürgerschulen betrogen. (Výkøiky posl. dr. Schollicha.)

Und nun will ich einen haarsträubenden Fall vorbringen, der deutlicher noch als diese Zahlen den Geist der Schulverwaltung kennzeichnet. Es handelt sich um die Stadt Friedek in Ost-Schlesien. Deren deutsche Bevölkerung hat schon unter dem Schulminister Habrman die Fürsorge des Ministeriums für angebliche Volkskultur zu spüren bekommen, als man das dortige deutsche Gymnasium aufließ und das übrige Schulwesen auf eine 5klassige gemischte Volksschule und eine dreiklassige Bürgerschule herunterreformierte. Ich glaube, die Herren nennen diesen Vorgang "reformieren". Das hat dem èechischen Regierungskommissär Tesaø nicht genügt und so hat er zu Beginn des vorigen Schuljahres als Vorsitzender des städtischen Schulausschusses - ohne Hinzuziehung der deutschen Vertreter - höchstselbst eine Massenausschulung von Kindern aus der deutschen Volks- und Bürgerschule mit der Begründung verfügt, die Kinder wären angeblich èechischer Herkunft. Auf die Beschwerde der Eltern hin entsandte der Landesschulrat einen Vertreter nach Friedek, welcher die Eltern darüber verhörte, wie ihre Eltern, Großeltern, ja selbst Urgroßeltern gesprochen haben, und darnach seine Entscheidungen traf. Die Angelegenheit wurde in einer Anzahl von Beschwerden und Vorsprachen an den Landesschulrat behandelt und gelangte schließlich vor mehr als Jahresfrist auf diese Weise auch ins Ministerium für angebliche Volkskultur. Dort ruht sie heute noch und das Ergebnis ist, daß mehr als 50 Kinder bereits das zweite Schuljahr keinen Unterricht genießen. (Hört! Hört!) So liegen die Schulverhältnisse hierzulande.

Derselbe Geist leitet das Bodenamt, das noch keinem einzigen deutschen Bewerber Grund zugeteilt hat und sich um die Angestellten und Arbeiter der beschlagnahmten Besitze herzlich wenig bekümmert. Seinetwegen mögen sie ruhig verhungern. Hauptsache ist ihm, daß seine Protektionskinder Restgüter erhalten. (Výkøiky posl. Patzela.) Beispiele sind schon so viele erbracht worden, daß ich auf die Anführung weiterer verzichten kann. (Posl. dr. Hanreich: Die Bodenreform ist der größte Schwindel in der Republik!)

Místopøedseda dr. Hruban (zvoní): Volám pana posl. dr. Hanreicha k poøádku. Prosím pana øeèníka, aby pokraèoval. (Výkøiky posl. dr. Hanreicha.)

Posl. inž. Jung (pokraèuje): Es ist derselbe Geist, der im Ministerium für Landesverteidigung herrscht, das für die Sauwirtschaft, die anläßlich der Mobilisierung zutage trat, statt die èechischen Offiziere und Rottmeister beim Schopf zu nehmen - die Deutschen hat man ja hinausgeschmissen - jetzt nach reichlich drei Jahren die deutschen Soldaten büßen läßt und in Massen einsperrt. Einschreiten bleibt selbst in Fällen, wo der betreffende Familienerhalter ist, erfolglos. Was liegt dem Herrn Udržal daran, ob Deutsche verhungern (Výkøiky: Hauptsache ist ihm, wenn er einen französischen Orden bekommen kann!) Hauptsache ist ihm, wenn er einem französischen General einen Dienerabgeben kann. Den Kriegsinvaliden setzt man die Renten herunter, die Opfer der Schießübungen der Herren Legionäre vom 4. März 1919 hat man - wenn überhaupt - mit Bettelpfennigen abgespeist. Wie Staatsanwalt und Gericht den 4. März 1919 beurteilen, dafür habe ich in meiner Rede vom 11. ds. ein Beispiel erbracht. Es handelte sich um die Beschlagnahme der "Kaadener Zeitung" und die Bestätigung dieser Beschlagnahme durch das Brüxer Kreisgericht.

Es ist derselbe Geist, der auch in der Sta atseisenbahnverwaltung herrscht, wenn der Eisenbahnminister in einer Versammlung die Entlassung von 7.000 natürlich deutschen Bediensteten ankündigt und im Haushaltsausschuß im Hinblick auf die Sprachenprüfungen von renitenten Elementen spricht, die entlassen werden sollen. Alte Beamte, die noch vor zwei Jahren ausgezeichnet beschrieben waren, wurden jetzt, weil sie die Sprachenprüfungen nicht bestanden, deren rechtliche Grundlage noch sehr anfechtbar ist, ungenügend beschrieben und zur Vorrückung nicht geeignet befunden, und das, bevor sie die Wiederholungsprüfung abgelegt haben. (Výkøiky posl. Patzela.) Ich habe hier eine Anzahl von Belegen über diese Dinge, vor allem eine ganze Zusammenstellung aus Jägerndorf und ein kennzeichnendes Beispiel eines Beamten der Kaschau-Oderberger Bahn, der noch im Jahre 1921 für seine vorzügliche Dienstleistung von der Staatsbahndirektion Olmütz eine belobende Anerkennung erhielt. Jetzt ist er zum Eisenbahndienst und zur Vorrückung ungeeignet. Glaubt man, durch die Stellung und Beantwortung von Fragen, die mit dem Eisenbahndienst aber schon gar nichts zu tun haben - Beispiele hierüber liegen in Menge vor - Unglücksfälle verhüten zu können? Man möge lieber die Lokomotiven, die in immer größerer Menge untauglich werden, einer gründlichen Prüfung unterziehen. Es sind viele alte "Rakušáken" unter ihnen; vielleicht liegt es daran. Man möge lieber die frisch aufgenommenen èechischen Bediensteten einer eingehenden Schulung auf ihren Pflichteifer hin unterwerfen. Denn Tatsache ist, daß die deutschen Eisenbahner, soweit solche an den verschiedenen Unglücksfällen beteiligt waren, ihre Pflicht selbst bis zum Tode erfüllten, während sich mancher èechische Bedienstete auf den Standpunkt stellte, es sei angenehmer, fürs teuere Vaterland zu leben. (Sehr richtig!)

Wenn ich schon bei diesem Kapitel bin, so verweise ich darauf, daß unter den 8 Staatsbahndirektoren, deren 16 Stellvertretern und den 100 Abteilungsvorständen sich kein einziger Deutscher befindet. (Hört, hört!). Unter 110 Stellvertretern von Abteilungsvorständen finden wir einen einzigen Deutschen und unter. 500 Gruppenleitern bloß 11 Deutsche, neben 489 Èechen. So schaut also die vielgerühmte Gleichberechtigung aus.

Die Èechen rechtfertigen sich gewöhnlich mit ihrer angeblichen Unterdrückung durch das alte Österreich oder, wie wir kürzlich vom Herrn Berichterstatter gehört haben, durch die Unterdrückung durch die Deutschen im alten Österreich. Abgesehen davon, daß die Berufung eines angeblich demokratischen Staates auf die Methoden eines angeblichen Polizeistaates unmoralisch ist, ist sie auch eine aufgelegte Geschichtslüge. Wo haben sie beim Umsturz ihre hohen Beamten hergenommen? Was sind denn die Burger, Kaizl, Trnka, Foøt usw. gewesen und wer hat im alten Österreich gegen einen gewissen Badeni Stellung nehmen müssen? Wer war aber mit diesem Badeni ein Herz und eine Seele? Ich glaube, der Mann hieß Dr. Kramáø. (Výkøiky posl. Patzela.) Wir brauchen aber nicht so weit zurückzugreifen. Bei der Staatsbahndirektion Olmütz kann z. B. der administrative Direktorstellvertreter kein Wort deutsch. Da er schon eine ziemliche Anzahl von Dienstjahren besitzt und man nicht gut annehmen kann, daß er in den wenigen Jahren alles vergessen hat, so folgt daraus, daß er auch schon im alten Österreich, wo die deutsche Dienstsprache angeblich so rücksichtslos gehandhabt wurde, diese nicht beherrschte. Er war früher bei der Direktion Pilsen, von welcher es ein offenes Geheimnis war, daß dort die innere èechische Amtssprache herrschte. Herr Kollege Böllmann kann es bestätigen. Heute verlangt man von jedem Magazins- und Oberbauarbeiter mehr Kenntnisse in der èechischen Sprache, als man im alten Österreich vom èechischen Konzeptsbeamten bezüglich der deutschen Sprache verlangt hat. Das ist die Wahrheit, wenn sie auch unangenehm klingt. Damals wäre es allerdings nicht möglich gewesen, trotz des angeblich deutschen Kurses, daß ein Staatsbahndirektor von einem deutschen Schutzverein eine belobende Anerkennung erhalten hätte, wie sie kürzlich öffentlich der Staatsbahndirektor von Königgrätz von einem bekannten Èechisierungsverein erhielt.

Ich will mir die Anführung weiterer Beispiele ersparen. Ich verweise nur darauf, daß man die deutschen Bediensteten nach abgelegter Militärdienstpflicht nicht mehr in den Dienst aufnimmt, was bei den Èechen nicht gilt, ich verweise weiters auf das Schicksal der 49 seinerzeit enthobenen und nicht wieder aufgenommenen Eisenbahner und verweise auf den ganz unerhörten Fall eines Beamten der Kaschau-Oderberger Bahn namens Swatosch, dem man jetzt, nachdem ihn zuerst die Staatsbahndirektion Olmütz wegen angebli cher Dienstverweigerung entlassen hat und nachdem der Disziplinarhof die Entscheidung der Disziplinarkommission verworfen und den Mann wieder in den Dienst aufgenommen hat, seitens der Staatsbahndirektion Brünn wieder den Strick dreht, indem man ihn von der Staatsbahndirektion Olmütz zur Staatsbahndirektion Brünn versetzt und gegen ihn wieder dasselbe Verfahren eingeleitet hat. Das sind so ungehörte krasse Rechtsbrücke, daß sie zum Himmel stinken. Das alles wird nicht nur gutgeheißen, das machen die höchsten Beamten der Staatseisenbahnverwaltung mit und decken es mit ihrem Namen. (Posl. Böllmann: Wo bleiben die Aufschlüsse über die Vorfälle in Postelberg?) Darüber schweigt man sich aus. Ich habe mich über dieses Kapitel etwas mehr ausgelassen, obzwar ich den mir zur Verfügung stehenden Stoff damit noch lange nicht erschöpfte.

Nicht viel anders sieht es natürlich in den anderen Zweigen der Staatsverwaltung aus. Wie beispielsweise die politischen Verwaltungsbehörden vorgehen, beweist ein Fall, welchen ich kürzlich in einer Interpellation behandelte. Sie ist vor einigen Tagen in Druck aufgelegt worden. Er betrifft die Nichtigerklärung der Gemeindewahl in Oderberg-Bahnhof vom Herbst des Vorjahres. Das Verhalten der politischen Bezirksverwaltung Freistadt und der politischen Landesverwaltung für Schlesien läßt nur die Vermutung zu, daß diese beiden Behörden mit èechischen Kreisen geradezu unter einer Decke spielten, um Grund zur Annullierung der Wahl zu haben, deren ihnen unangenehmes Ergebnis sie voraussahen. Von der politischen Bezirksverwaltung Freistadt, bezw. vom dortigen Kommissär Dr. Ryba ist dies sicher. Die Beschwerde, die an das Verwaltungsgericht gerichtet wurde, ist bisher natürlich unerledigt.

Im großen und ganzen kann man nur sagen: alles, was sich hier zulande unter Mißbrauch der Worte Demokratie, Fortschritt und Gleichberechtigung abspielt, ist eine fortlaufende Kette von Rechtsbrüchen, ein ständiges Verhöhnen unseres Volkes, ein Mit-Füßen-Treten alles dessen, was einem Volke heilig sein muß, seiner Ehre und Würde! So weit gehen die politischen Auswirkungen des èechischen Gewaltsystems, das deutlich erkennbar darauf hinausläuft, unser Volk auch geistig und seelisch zu zermürben und es auf diese Weise zu einer willigen Beute für das èechische Herrenvolk zu machen! Sie die Herren, wir die Knechte! Das ist auch der Sinn der von uns immer wieder geforderten Loyalität.

Und nun zu den wirtschaftlichen Folgen. Einen Teil davon, die Verdrängung Deutscher von ihren Arbeitsplätzen, habe ich bereits gestreift. Was die allgemeine Auswirkung anlangt, so ist sie durch den Hinweis auf die steigende Not und das Elend in den breitesten Volksschichten gekennzeichnet. Steigende Teuerung, Arbeitslosigkeit, Zusammenbruch zahlloser kleiner selbständiger Existenzen, die Verelendung der Staatsbediensteten und Ruheständler sind allzu deutliche Kennzeichen. Zu ihnen gesellt sich ein grauenvolles Wohnungselend. Freilich, das alles sehen die Herren nicht und wollen es nicht sehen. Das goldene Prag strahlt dafür in umso öherem Glanze. Gerade der Gegensatz hebt seinen Glanz hervor. Hier erstehen Paläste, während draußen kaum Hütten vorhanden sind. Allerdings ist dieser Glanz nur falscher Glanz. Talmikultur ist es, die mühselig die stinkende Korruption und die schamlose Bereicherung einzelner zu verstecken vermag. Zeichen der Zeit! Ihre künftigen Herren bauen auch schon im Mütterchen Prag ihre Zwingburgen. Am Ende der Bredauerstraße wird gerade an einer solchen gebaut. Wer sich sie ansehen will, mag sich sie ansehen.

Nicht weil ich etwa glaube, die Herren von der èechischen Seite mit diesen Ausführungen bekehren zu können, habe ich all diese Beispiele vorgebracht, sondern um meinen Volksgenossen zu zeigen, wie man mit ihnen umspringt. Vier Jahre lang haben die èechischen Staatsmänner ein freventliches Spiel mit ihnen getrieben, das wir Nationalsozialisten vom Anfang an durchschauten. Möge sich jeder unserer Volksgenossen an die verschiedenen Phasen in der sudetendeutschen Politik der vergangenen vier Jahre zurückerinnern und daran denken, wie in politisch entscheidenden Tagen die von Versöhnlichkeit, Gerechtigkeitsgefühl, demokratischem Gewissen und Gleichberechtigung triefenden Kundgebungen der èechischen Staatsmänner von Tusar, Švehla, Beneš bis Masaryk die politischen Kräfte weiter Teile unseres Volkes immer wieder gebunden haben, wie Tausende und Abertausende unserer Volksgenossen den Worten und Versicherungen dieser Männer glaubten und wie schmählich sie immer und immer wieder enttäuscht wurden. Hatte so eine schöne Versöhnungsrede ihren Zweck für den èechischen Nationalstaatsgedanken erfüllt, so folgte wie das B auf das A sofort wieder eine neue Gewalttat. Kein Ministerwort war heilig genug, um nicht gebrochen zu werden, wie das Vorgehen bei der Verstaatlichung der Aussig-Teplitzer-Eisenbahn bewies. Auf die Entfernung deutscher Arbeiter aus öffentlichen und staatlichen Betrieben folgte die Verdrängung der deutschen Beamten und Bediensteten, auf die Auflösung von Schulen die Beseitigung der letzten Reste von Autonomie, auf die Enteignung des Bodens der Raub der Wälder, auf die jüngste Reise des Präsidenten Masaryk nach Mähren und seine Kundgebungen die Enteignung der Kriegsanleihebesitzer. Und so ging das und geht das fort. Das muß doch endlich dem letzten unserer Volksgenossen zum Bewußtsein bringen, daß es auf dem bisherigen Wege des Hoffens und der Vertrauensseligkeit und der sich daraus ergebenden Politik des getrennten Marschierens und daher des ununterbrochenen Geschlagenwerdens nicht weiter gehen kann. Anzeichen dafür, daß dieses Bewußtsein in den weitesten Schichten vorhanden ist und daß daraus endlich die richtigen Folgerungen gezogen werden, sehen wir. Wir freuen uns ihrer, wollen daher heute nicht weiterr die Vergangenheit berühren, sondern nur an die Zukunft denken, die uns Nationalsozialisten immer bereit finden wird zu gemeinsamer Arbeit, zu gemeinsamem Kampf und zu gemeinsamem Handeln, woher immer auch der Ruf zu solchem kommen mag.

In diesem Sinne und Geiste appellieren wir in ernstester Stunde von dieser Stelle aus auch an alle unsere Parteigenossen im Lande und darüber hinaus an alle Volksgenossen, so sie guten Willens sind, zu gleichem Wollen und Tun. Werden wir uns der Größe, Stärke und Tüchtigkeit unseres sudetendeutschen Volkes bewußt! Setzen wir das Höchste und Beste ein für die Ehre und Freiheit unseres Volkes und Landes! Bäumen wir uns auf gegen die unerträgliche Anmaßung und Bedrückung, gegen die Entwurzelung alles dessen, was einem Volke hoch und heilig sein muß und was es zu seiner Höherentwicklung braucht. Erinnern wir uns der Badenizeit, nehmen wir wie damals den Kampf für unsere Selbstbehauptung auf!

Mit diesem Appell schließe ich und erkläre in Übereinstimmung mit meinen deutschen Vorrednern, daß sich auch unser Klub zum Zeichen des Protestes gegen diesen schmählichen und entwürdigenden Parlamentarismus, der ein Hohn und eine Farce auf jeden freiheitlichen und demokratischen Gedanken ist, an der weiteren Beratung des Staatsvoranschlages, die unter den gegebenen Verhältnissen ja nur eine Gaukelei ist, nicht weiter beteiligen wird. (Potlesk na levici.)


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