Støeda 3. èervna 1925
Pøíloha k tìsnopisecké zprávì
o 344. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze ve støedu dne 3. èervna 1925.
1. Øeè posl. Mondoka (viz str. 154 tìsnopisecké zprávy):
azbukou
2. Øeè posl. Leibla (viz str. 166 tìsnopisecké zprávy):
Hohes Haus! Das vorliegende Gesetz betreffend die Versicherung der selbständig erwerbstätigen Personen für den Fall der Invalidität und des Alters ist der zweite Teil eines hochwichtigen Gesetzes und bildet den Abschluß eines großen sozialen Werkes.
Obwohl wir Sozialdemokraten mit vielen Einrichtungen und Bestimmungen dieses Gesetzes nicht einverstanden sind, so wollen wir doch anerkennen, daß die Schaffung dieses Gesetzes einen großen Fortschritt in der sozialen Gesetzgebung bedeutet. Wir deutschen Sozialdemokraten erkennen voll und ganz, was es bedeutet, wenn ein so junger Staat wie es die Èechoslovakische Republik ist, als erster Staat ein so weittragendes Gesetz eschließt. Es wäre Demagogie, dies zu bestreiten. Aber nicht ungetrübt ist die Freude über dieses Gesetz. Wenn nicht wesentliche Änderungen vorgenommen werden, so werden wir bei seiner Durchführung auf viele Härten stoßen. Wenn dieses Gesetz aus wirklichem sozialen Empfinden heraus geschaffen worden wäre, wenn Objektivität und Unparteilichkeit gewaltet hätten, dann würde dieses Gesetz so wie auch das Gesetz über die Sozialversicherung der Arbeiter eine andere Fassung bekommen haben. Es ist ein Unglück in diesem Staate, daß man bei Schaffung eines jeden Gesetzes in erster Linie vom nationalen Standpunkte ausgeht und erst in letzter Linie an das volkswirtschaftliche Interesse denkt. Dieses Gesetz ist so beschaffen, daß die politischen Mehrheitsparteien nach Willkür schalten und walten können. Sie können mit diesem Gesetze tun, was sie wollen. Das Charakteristische aber ist, daß die Mehrheit in diesem Hause, nämlich die Bürgerlichen, die Sozialversicherungsgesetze überhaupt nicht wollten. Unsere Bürgerlichen die sogenannte Arbeitsgemeinschaft, hat z. B. gestern noch nicht gewußt, welche Haltung sie zu diesem Gesetze einnehmen soll, und sie weiß es auch heute wohl noch nicht. Sie haben gestern noch nicht gewußt, ob sie für oder gegen das Gesetz sprechen oder ob sie sich neutral verhalten sollen. Ich habe sie im Verdachte, daß sie sich nach dem Beispiele richten werden, das man in Westböhmen so oft anwendet, wenn man sich nicht entscheiden kann, indem man an der Weste die Knöpfe abzählt: Soll ich, oder soll ich nicht? Tatsache ist, daß sie jetzt noch nicht wissen, welche Haltung sie einnehmen sollen.
Aber auch die èechischen bürgerlichen Parteien sind nicht mit Eifer für die Sozialversicherung eingetreten, wenn sie überhaupt dafür eingetragen sind, so war es nur aus Furcht vor den Wählern. Hat doch der Referent zu diesem Gesetze, der Kollege Dubický, ganz naiv und ehrlich bei der Besprechung über die Aufhebung des Junktims erklärt: Ja, wir können diese Gesetz nicht so ohne weiters in Kraft treten lassen, wir müssen erst hinausgehen, die Sozialversicherungsgesetze zu popularisieren." Das ist ein Beweis dafür, daß die èechischen bürgerlichen Parteien nicht mit Eifer die Sozialversicherung vertreten, und ihr Verdienst an der Gesetzwerdung dieses Gesetzes ist kein großes. Seit dieses Haus besteht, bildet die Sozialversicherung einen Programmpunkt, und jetzt erst wollen die èechischen bürgerlichen Parteien den Wählern sagen, daß die Sozialversicherung notwendig ist.
Aber allen voran, und das muß gesagt werden, sind es die Deutschbürgerlichen, welche sich jetzt den Anschein geben, als ob sie für dieses Gesetz eingetreten wären. (Posl. Schweichhart: Die Landbündler nicht!) Prinzipiell sagen sie doch, daß sie dafür eintreten, aber in Wirklichkeit meint es ja kein Landbündler ernst mit der Gesetzwerdung der Sozialversicherung. Die Führer der Gewerbepartei, so auch die Führer der Agrarpartei, haben sich bis zum letzten Augenblick gegen die Sozialversicherung ausgesprochen und haben in Versammlungen und Zeitungen nur von den Schattenseiten der Versicherung gesprochen, haben die Sozialversicherung so unpopulär als möglich gemacht und haben die kleinen Landwirte und kleinen Handwerker direkt irregeführt. Die sozialdemokratische Partei, obzwar ihr ein großer Teil der kleinen Landwirte und der Kleingewerbetreibenden fernsteht, ist seit ihrem Bestande für eine Sozialversicherung der arbeitenden Stände eingetreten. Ich verweise diesbezüglich auf die Beschlüsse des Hainfelder Parteitages.
Wir kennen nicht nur die Angst und Sorge des Arbeiters, der in seinen alten Tagen darum bangt, ob er etwas zum Leben hat, wir kennen auch die Angst des Kleingewerbetreibenden und des Häuslers vor dem Armenhaus und deshalb treten wir auch für die Sozialversicherung ein. Es wird wenige kleine Landwirte und Kleingewerbetreibende geben, die ein Gesetz über die Altersversorgung ablehnen werden. Hat dieses Gesetz Härten und Mängel, so sollen nur die Herren, die sich heute als die Vertreter der kleinen Landwirte und des Gewerbes aufspielen, uns unterstützen und diese Fehler können behoben werden. Aber wahr ist, daß sie keine Sozialversicherung ehrlich wollen, und wenn es nach ihnen ginge, würde diese Vorlage heute noch abgelehnt werden. Voran natürlich marschieren in dieser Hinsicht wieder unsere Deutschbürgerlichen. Ich will durch einige Beispiele beweisen, mit welchen Mitteln und Argumenten man gegen die Sozialversicherung gekämpft hat und wie man sie durch Verschleppungsmanöver überhaupt unmöglich machen wollte.
Die bürgerlichen Gegner sind insbesondere gegen den Versicherungszwang, obzwar sie wissen, daß dies gleichbedeutend mit der Aufhebung der Versicherung selbst ist. Daß dies bei den Agrariern, beim Bund der Landwirte zutrifft, geht aus folgendem Artikel des bekannten Herrn Franz Hilmer, eines maßgebenden Führers der Agrarier hervor. Franz Hilmer schreibt im "Deutschen Agrarblatt": "Was die Selbständigenversicherung anlangt, stehen die Landwirte auf dem Standpunkt, daß ein obligatorischer Versicherungszwang für selbständige Landwirte nicht gesetzlich festgelegt werden kann. Denn die selbständigen Landwirte haben durch das Ausgedinge eine Altersversorgung." Das ist der Standpunkt der Agrarier. Aber sie wissen ganz gut, daß in Böhmen allein 700.000 kleine Landwirte leben, die ein ganz kleines oder überhaupt kein Ausgedinge bekommen. Sie wissen ganz genau, daß Gebirgsbauern sich kein Ausgedinge verschreiben lassen können, denn oft reift das Getreide nicht aus, und wer vom Ertrag seines Feldes selbst nur ein halbes Jahr zu leben hat, kann doch nicht noch ein Ausgedinge geben. Diese Schreibart ist ein Beweis, daß man die Verhältnisse nicht kennt, oder besser gesagt, daß man diese Verhältnisse nicht kennen will. Wir wissen, daß diese Ausgedinge oft zu dramatischen Handlungen führen. Die Gerichte müssen oft und oft eingreifen. Es ist dies ein trauriges Kapitel im Familienleben, oft entbrennt deswegen ein blutiger Streit und wenn nun ein Gesetz geschaffen wird, welches da mildernd wirken kann, so wollen wir für dieses Gesetz eintreten. Es würde dadurch viel Unglück verhütet werden, denn kein Dorf gibt es, wo sich nicht alljährlich solche tragische Szenen abspielen. Im Egerland gibt es ein Sprichwort, ein dr matisches, ich könnte sagen, ein barbarisches Sprichwort, welches lautet: "Wenn die Jungen heiraten, soll man zur Hochzeit die Alten schlachten." Dieses Sprichwort ist sehr gebräuchlich, man hört es oft, denn es charakterisiert die Verhältnisse und das Wesen des Ausgedinges. Daher müssen alle Bedenknken zurückgestellt werden, wenn ein solches Gesetz geschaffen werden soll.
Die Führer der Landbündler kennen diese Verhältnisse, kennen die Schrecken des Ausgedingewesens ganz genau, aber weil sie der Meinung sind, das koste sie ein materielles Opfer, sind sie dagegen. Sie glauben, daß der Staatsbeitrag von 500 Kronen von den größeren Steuerträgern allein wird gezahlt werden müssen. Wir stellen uns auf den Standpunkt, daß die Reichen zu Beitragsleistungen in erhöhtem Maße herangezogen werden sollen, und wir weisen es entschieden zurück, wenn man diesen Standpunkt als Demagogie hinstellen will. Der Staat ist verpflichtet, den wirtschaftlich Schwächeren zu stützen, und jenen Staatsbürger, dessen Existenz gefährdet ist, nicht zugrunde gehen zu lassen.
Die Agrarier haben für die soziale Frage bisher kein Verständnis gezeigt, ich verweise diesbezüglich nur auf den vierten Reichsparteitag des Bundes der Landwirte. Nicht ein einziges Wort, nicht ein einziger Punkt der Tagesordnung befaßte sich mit der Sozialversicherung der Selbständigen. Wenn sie auch heute immer sagen, sie seien prinzipiell dafür, man wollte die Sozialverischerung, so glauben wir es nicht, denn dann hätten sie die Tagesordnung so stellen müssen, daß man auch über dieses Gesetz gesprochen hätte. Einen einzigen Satz hat der Abg. dr. Spina dort ausgesprochen, und der war Hohn und Verspottung der sozialen Gesetzgebung. Er sagte folgendes: "Glauben Sie, daß durch die achtstündige Arbeitszeit ein Mittel zur Verbilligung der Lebenshaltung erhalten wird? Glauben Sie, daß die uns drohende Sozialversicherung eine Verbilligung der landwirtschaftlichen Produktion bedeutet?" Sehen Sie, das sind seine sozialen Worte auf dem Reichsparteitag. Daß die Agrarier die Sozialversicherung nicht wollen, geht auch aus dem agrarischen Blatt "Die Scholle", einem Organ des Bundes der Landwirte, hervor. Dort steht mit riesengroßen Lettern geschrieben: "Die geplante Sozialversicherung - eine neue unerträgliche Last für die Landwirtschaft! Bauern, es ist Zeit, daß Ihr darüber eure Stimme erhebet. Wir müssen in diesen Tagen, wo die Sozialversicherung im Prager Parlament auf der Tagesordnung steht, sie auch auf die Tagesordnung unserer Versammlungen und Sitzungen, aber auch aller unserer privaten Zusammenkünfte stellen, und für die gesamte Landbewohnerschaft und den gesamten bäuerlichen Blätterwald ist nicht nur die Zeit gekommen, daß der Sturm der berechtigten Entrüstung losbreche, sondern auch der Beweis eines einmütigen Wollens in dieser Frage klar und deutlich erbracht werde." Also hier haben wir es klar und deutlich bewiesen, daß sie die Sozialversicherung nicht wollen. Und weiter schreibt das Blatt: "Unser Wortführer Schubert verwahrt sich auch gegen die Bestimmung der Gesetzesvorlage, wonach unsere Kinder sozialversicherungspflicht sind, worin wir ihm alle beistimmen müssen." Sie sehen also, welcher soziale Geist in diesen bürgerlichen Parteien steckt. Wir wissen, wie schwer durchführbar die Versicherung der Familienmitglieder der keinen Landwirte und kleinen Gewerbetreibenden ist, weil ein großer Teil der Prämien schwer aufzubringen sein wird. Aber diejenigen, die die Herren Agrarier meinen und die sie vertreten und um die sie besorgt sind, werden diese Beiträge mit Leichtigkeit zahlen können.
Aber auch die Gewerbepartei, in Wirklichkeit natürlich nur ihre Wortführer, fassen Entschließungen gegen die Sozialversicherung der Selbständigen. In letzter Stunde erhalten wir eine Zuschrift der Delegation (des Arbeitsausschusses) der deutschen wirtschaftlichen Körperschaften Mährens mit dem Sitze in Brünn. In diesem Ausschusse sind folgende Körperschaften vertreten: Der Landesbund des deutschen Mittelstandes in Mähren, die Organisation der deutschen Landwirte, die deutsche Abteilung des Landeskulturrates für Mähren, die deutsche teilung des Landesgewerberates für Mähren, der Zentralverband der landwirtschaftlichen Erwerbs- und Wirtschaftsgenossenschaften in Mähren, der Zentralverband der gewerblichen Kreditkassen für Mähren, Schlesien und die Slovakei, der Zentralverband der deutsch-mährischen Gewerbegenossenschaften in Brünn, der Verband mährisch-schlesischer Gewerbevereine, der Landesverband der Kaufleute in Mähren, der Zentralverband der deutschen Hausbesitzervereine in Mähren, der Landesverband der deutschen Ärzte Mährens, der deutsche Advokatenverein in Brünn, der Arbeitsausschuß der deutschen öffentlichen Angestellten Brünns. Wir sehen also, daß sowohl die gewerblichen als auch die landwirtschaftlichen Kreise hier vertreten sind. Ihr Urteil über die Sozialversicherung lautet folgendermaßen: "Der Arbeitsausschuß der deutschmächrischen wirtschaftlichen Körperschaften stellt deshalb die Forderung, den Gesetzentwurf einer eingehenden Überprüfung, Stellungnahme und Begutachtung durch die wirtschaftlichen Körperschaften und Vertretungen der selbständig Erwerbenden unterziehen zu lassen, da dies bisher nicht geschehen ist, und muß den Gesetzentwurf in der gegenwärtigen Form ablehnen." Sie sehen wieder, daß auch die Vertreter der Gewerbepartei Gegner dieser Sozialversicherung sind.
Und nun die Stellungnahme des deutschen Landeskulturrates in Böhmen, einer der wichtigsten Körperschaften. Dieser Körperschaft, konnte der Krieg und der Umsturz nichts anhaben: auch die Revolution ist an dieser Körperschaft spurlos vorüber gegangen, dort gibt es noch Fürsten und Barone - sie werden offiziell so angesprochen. Diese Körperschaft hat grundsätzlich zur Sozialversicherung Stellung genommen und der Regierung folgendes überreicht: "Grundsätzliche Stellungnahme der deutschen Sektion des Landeskulturrates für Böhmen zum Gesetzentwurf betreffend die Sozialversicherung der selbständig erwerbstätigen Personen auf Grund des Beschlusses des Sektionsauschusses vom 26. März 1925. Die deutsche Sektion des Landeskulturrates für Böhmen gibt der Überzeugung Ausdruck, daß die Lösung der Sozialversicherungsfrage einer Zeit vorbehalten bleiben sollte, in welcher die zur Errichtung eines Werkes von derartig weittragender Bedeutung notwendigen Grundlagen gefestigt sind, Hinsichtlich der Versicherung der selbständig erwerbstätigen Personen für den Invaliditäts- und Altersfall wird die Forderung vertreten, daß es für die Landwirtschaft, die sich in ihrer Eigenart von den übrigen selbständig erwerbstätigen Kreisen genau unterscheidet, keine Zwangsversicherung geben darf." Das heißt also auch: Wir wollen grundsätzlich von der Sozialversicherung nichts wissen.
Auch hier sehen wir, daß die Bürgerlichen und besonders die Deutschbürgerlichen nur hemmend bei der Schaffung des Sozialversicherungsgesetzes eingegriffen haben. Ihr Hauptargument war nach ihrer Ansicht die unerschwingliche Höhe der Prämien für die kleinen Leute. Wir wissen selbstverständlich wie schwer es sein wird, diese Prämie aufzubringen. Aber wenn die Agrarier und die bürgerlichen Parteien für diese Leute, die sie angeben zu vertreten, etwas tun wollen, so haben sie genügend Gelegenheit dazu. Wir wissen, das gerade die kleinen Landwirte und die kleinen Handwerker verhältnismäßig höher besteuert sind, als die kapitalistischen Unternehmungen. Das ist keine Phrase, das ist kein zur Agitation berechneter Satz; wir wissen, daß die Steuergesetzgebung zum großen Teil aus dem alten Österreich mit hinüber genommen wurde, daß aber auch die gegenwärtige Steuergesetzgebung von den kapitalistischen bürgerlichen Parteien beeinflußt ist. In allen Ausschüssen und Sektionen sind die führenden bürgerlichen Parteien vertreten, die kleinen Handwerker und Landwirte aber nicht. Ich will Ihnen hier, um dies zu beweisen, Grundlagen zur Bemessung der Einkommensteuer vorlegen. Sie werden staunen. Die Einkommensteuer wird nach vier Rayons eingeteilt und die Bemessungsgrundlage bis zu 3 Hektar beträgt per 1 ha im ersten Rayon 1600 Kronen, bei einem Besitz von 3 bis 7 ha beträgt sie nur 1300 K, bei einem Besitz von 7 bis 10 ha ist die Berechnungsgrundlage nur 1000 K, bei einem Besitz von 10 bis 15 ha macht sie 850 Kronen aus, bei einem Besitz von 15 bis 20 ha 700 K und bei 30 ha und darüber beträgt sie 650 Kronen. Bei dem kleinen Landwirt ist also die Bemessungsgrundlage per ha 1600 Kronen und bei dem grißen Besitzer nur 650 Kronen. Das ist ein Faktum und so schaut die Steuergesetzgebung hier aus. Ähnlich ist es im zweiten, dritten und vierten Rayon. Im vierten Rayon beträgt z. B. die Berechnungsgrundlage bei 3 ha 1200 Kronen und bei 30 ha 500 Kronen. Das haben wir hauptsächlich den bürgerlichen Parteien zu verdanken.
So und ähnlich ist es aber auch mit der Besteuerung der kleinen Handwerker. Auch diese sind im Verhältnis zu den kapitalistischen Unternehmungen höher besteuert. Ich verweise nur auf die Vermögensabgabe und die Vermögenszuwachsabgabe. Bettelarm sind sie aus dem Kriege nach Hause gekommen; dafür hat man ihnen Vermögensabgabe und hohe Steuern vorgeschrieben, die in keinemn Verhältnis zu ihrem Besitze stehen. Ich selbst bin Gewerbetreibender, war eingerückt und weiß dies aus eigener Erfahrung. Wird eine gerechte Steuerreform durchgeführt, dann werden Kleinlandwirte und Kleinhandwerker leichter ihre Prämien zur Sozialversicherung zahlen können.
Wir wissen, daß diese Gesetzesvorlage Mängel hat, wir wollen uns bemühen, die größten Härten zu beseitigen und werden auch diesbezüglich unsere Anträge stellen. Im § 4, lit. b) soll es heißen: "Personen, welche das 16. Lebensjahr nicht vollendet", statt "das 18. Lebensjahr." Der § 11 bestimmt, daß der Sitz der Versicherung in Prag ist. Wir verlangen eine Dezentralisation, und zwar autonome Verwaltung für jede Kreisleitung. Als wir bei Schaffung des Gesetzes der Sozialversicherung der Arbeiter die Selbstverwaltung verlangten, da hatten die bürgerlichen Parteien für unsere Forderung nur Spott und Hohn. Sie warfen uns vor, daß wir nur politische Interessen haben, daß uns die Sozialversicherung weniger am Herzen liege. Jetzt aber, nachdem die Versicherung der Selbständigen ins Leben gerufen wird, verlangen die Bürgerlichen ebenfalls Selbstverwaltung.
§ 14, Abs. 4 bestimmt die Machtvollkommenheit des Präsidenten als Vorsitzenden. Die Beschlüsse des Ausschusses können einfach durch den Vorsitzenden annulliert werden. Dieser Paragraph benimmt dem Aussschuß jede Selbständigkeit und degradiert ihn direkt zu einer Marionette. Wir werden Anträge stellen, daß auch dieser Paragraph eine andere Fassung bekommen soll.
Wir fordern, daß dieses Gesetz einzig und allein dem Ministerium für soziale Fürsorge unterstehen soll. Jetzt nach dieser Vorlage untersteht es vier Ministerien, dem Ministerium für soziale Fürsorge, dem Handels-, dem Finanz- und dem Landwirtschaftsministerium. Wir protestieren gegen diese Bevormundung. Auch die Dienstordnung unterliegt der Genehmigung des Finanzministers und dieser hat daher auch Einfluß auf Aufnahmen und Entlassungen. Die Geschäftsordnung unterliegt gleichfalls der Genehmigung seitens des Finanzministers.
Im § 47 wird dem Minister für soziale Fürsorge im vorhinein das Mißtrauen ausgesprochen, indem der Finanzminister zu jeder Zeit berechtigt ist, sich die Bücher, Urkunden, Aufzeichnungen und sonstige Belege vorlegen zu lassen. Die Richtlinien für die Vermögensanlage bedürfen außer der Genehmigung seitens des Ministers für soziale Fürsorge noch der des Finanz-, Handels- und Landwirtschaftsministers.
Wir verlangen ferner eine Änderung jenes Passus im § 16, Abs. 2, wo es heißen soll: "der Ausschuß wird einberufen, wenn ein Achtel der Mitglieder dies verlangt" und nicht "ein Fünftel", wie es jetzt heißt. Bezüglich der Errichtung von Distriktsstellen verlangen wir, daß an jedem Sitz eines Kreisgerichtes eine Distriktsstelle errichtet wird, Ausserdem auch dort, wo es 10.000 Versicherte verlangen, und zwar in einem Umkreis, wo die meisten Versicherten wohnen. Eine Änderung verlangen wir auch im § 33. Bei der Aufstellung der Kandidatenlisten sollen 50 Unterschriften genügen, nicht 100, wie es in der gegenwärtigen Vorlage heißt. Weiters verlangen wir, daß im § 45 die direkten Wahlen vorgesehen werden. Wir erheben auch die Forderung nach der obligatorischen Krankenversicherung.
Ausdrücklich muß festgestellt werden, daß die Versicherungsleistungen bei der Versicherung der Arbeiter ungünstiger lauten, als bei der der Selbständigen. Bei den Selbständigen tritt die Invalidität ein, wenn der Verdienst unter die Hälfte herabsinkt, während bei den Arbeitern die Invalidität erst dann eintritt, wenn der Verdienst unter ein Drittel sinkt. Bei den Selbständigen tritt der Bezug der Invalidenrente mit dem vollendeten 65. Lebensjahre ein, während der Arbeiter erst dann eine Rente bekommt, wenn er arbeitsunfähig ist. Das sind Härten dem Arbeiter gegenüber, die abgestellt werden müssen. Der Zuschuß für Kinder soll bis zum 18. Lebensjahr erfolgen, bei Studierenden bis zum 24. Lebensjahr.
Einen besonderen Mangel weist der § 83 auf. Wir haben gesehen, daß der Landeskulturrat und die Handelskammern sich gegen diese Gesetzesvorlage ausgesprochen haben, und nun wird diesen beiden reaktionären Körperschaften ein Vorzugsrecht eingeräumt. Nicht die Versicherten, die Arbeiter, Gewerbetreibenden und Landwirte haben zu entscheiden, welchen Prämiensatz sie zu zahlen haben, sondern die beiden vorgenannten Körperschaften. Diese beiden geben an, wie hoch die Prämienzahlung sein soll. Diese Bestimmung ist einfach unwürdig und bedeutet eine eminente Verschlechterung des ganzen Gesetzes. Wir werden auch diesbezüglich einen Antrag stellen und hoffen, daß dieser Unsinn aus dem Gesetz beseitigt wird.
Noch einige Worte zur Aufhebung des sogenannten Junktims. Die bürgerlichen Parteien stimmten nur unter der Bedingung für die Gesetzwerdung der Sozialversicherung für die Arbeitnehmer, wenn gleichzeitig die Sozialversicherung für die Selbständigen ins Leben tritt. Wir haben auf diesen verhängnisvollen Fehler hingewiesen, da schrieen aber die Bürgerlichen, wir seien Gegner der Sozialversicherung der Selbständigen. Je weiter jedoch die Verhandlungen in der Sozialversicherung fortschritten, desto deutlicher zeigte es sich Tag für Tag, daß die Bürgerlichen die Sozialversicherung überhaupt nicht wollen. Wie sehr wir recht hatten, beweist, daß dieses Junktim über Antrag eines Bürgerlichen aufgehoben wurde. Wir sehen also, daß die Schaffung dieses ominösen Junktims nichts als ein Verschleppungsmanöver, ein aufgelegter Schwindel war. Aber trotz alledem ist die Gesetzesvorlage zustande gekommen. Alle Ränke und Hinterhältigkeiten haben den Gegnern nichts genützt.
Wir wissen, daß dieses Gesetz Mängel und Fehler hat, und wir werden Anträge stellen, um diese Fehler zu beheben. Wir sind nicht so naiv, zu glauben, die Mehrheit des Hauses werde ohneweiters diese Anträge annehmen, aber wir wollen nichts unversucht lassen, um diesem Gesetze die schlimmsten Härten zu nehmen. Und sollte uns dies jetzt nicht gelingen, so werden wir nicht ruhen und rasten, bis dieses Gesetz zu einem wahren sozialen Gesetz ausgestaltet sein wird. Das wird in Erfüllung gehen, bis sich das arbeitende, schaffende Volk von den demagogischen Führen lossagt und sich seiner Klasse, dem Sozialismus, anvertraut. (Potlesk na levici.)