Pátek 18. záøí 1925

Pøíloha k tìsnopisecké zprávì

o 361. schùzi poslanecké snìmovny Národního shromáždìní republiky Èeskoslovenské v Praze v pátek dne 18. záøí 1925.

Øeè posl. Hillebranda (viz str. 573 tìsnopisecké zprávy):

Meine Damen und Herren! Die Regierung tritt mit dem Verlangen, mit dem Ansinnen an uns heran, ihr die Ermächtigung zum Abschluß von Handelsverträgen zu erteilen, ihr die Vollmacht zu geben, ohne Parlament Abkommen von außerordentlicher Bedeutung für das Land abzuschließen. Die Voraussetzung einer solchen Ermächtigung wäre für uns, daß wir zur Regierung ertrauen besäßen, daß wir die Sicherheit hätten, daß die erteilte Ermächtigung nicht zur mißbräuchlichen Anwendung führt und daß wir das Vertrauen haben könnten, daß der Schutz der Interessen der gesamten Bevölkerung dann in die besten Hände gelegt wäre. Ich frage: Können wir dieses Vertrauen haben? Die Regierung hat selbst am drastischesten dadurch geantwortet, daß sie unmittelbar vor der Einberufung dieses Hauses den unerhörtesten Gewaltstreich gegen die deutschen Schulen in diesem Lande verübt hat, einen Gewaltstreich, der alles frühere überbietet, der ohne Beispiel in diesem traurigsten Kapitel der Geschichte dieses Landes ist. Schweres Unrecht ist geschehen, ein Unrecht, das den leidenschaftlichsten Protest herausfordert und das in der Tat bewirkt hat, daß draußen in der Masse der deutschen Bevölkerung eine maßlose Erbitterung Platz gegriffen hat, daß riesenhafte Kundgebungen der Empörung der Masse Ausdruck geben, daß überall, wo diese Gewalttat sich praktisch auswirkt, in ganz besonderem Maße die Tat der Regierung als eine unerhörte und unerträgliche Herausforderung der gesamten deutschen Bevölkerung empfunden wird. Und wir sollten in diesem Augenblicke das Vertrauen zur Regierung haben, das erforderlich ist, um ihr eine solche Ermächtigung zu erteilen, wie sie heute verlangt wird? Es müßte dies auf die gesamte Bevölkerung, soweit sie deutsch ist, wie ein Hohn, wie eine Herausforderung auch von unserer Seite wirken. Nein, von Vertrauen kann unter diesen Umständen nicht die Rede sein, nicht die Rede sein davon, daß wir die begehrte Ermächtigung erteilen könnten.

Wir treten hier bei der ersten Gelegenheit, die sich bietet, und mit dem ersten Wort, das wir sprechen, auf als Ankläger dieser Regierung, die die fundamentalsten und selbstverständlichsten Rechte so großer Teile der gesamten Bevölkerung des Staates mißachtet und mit Füßen tritt, die unsere Kulturstätten rücksichtslos und brutal verwüstet, unsere Schulen zerstört. Ich weiß nicht, wo die Regierung den Mut hernimmt, nach solchen Handlungen eine so weitgehende Ermächtigung vom Parlament zu verlangen. Zu all den Gewalttaten also diesmal die neue. Ich weiß nicht, wenn noch einiges Empfinden dafür vorhanden wäre, was die Schule für die Masse der Bevölkerung bedeutet, wenn noch einigermaßen Verständnis dafür da wäre, was dieser Gewaltstreich auf die deutsche Bevölkerung für eine Wirkung ausüben muß, ich weiß nicht, ob die gesamte Regierung und die Regierungsparteien es ruhig zugeben könnten, daß seit dem Bestande dieses Staates nicht weniger als rund 4000 deutsche Schulklassen glatt gesperrt worden sind. Seit dem Tage, wo Sie die deutschen Gebiete dieses Landes in Ihre Verwaltung und Ihre Herrschaft übernommen haben, sind 35% des deutschen Schulwesens zerstört, ausgerottet, vernichtet worden. Mehr als ein Drittel der gesamten übernommenen Schulklassen haben Sie so aus der Welt geschafft.

Diese Regierung kommt nun und will unser Vertrauen haben, die den letzten, unerhörtesten, schlimmsten Gewaltstreich auf diesem Gebiete vollzog. Das deutsche Schulwesen ist durch den letzten Gewaltstreich in noch höherem Maße als früher zurückgeworfen, ist durch diese unausgesetzte Drosselung um Jahrzehnte, um ein halbes Jahrhundert in der Entwicklung zurückgeschraubt. Es sind Schulen gesperrt worden, die seit mehr als hundert Jahren bestanden. Als ein Beispiel verweise ich nur auf jene einklassige Schule in Rennersdorf, die 191 Jahre bestanden hat, und es mußte erst die jetzige Regierung und der jetzige Unterrichtsminister kommen, unter deren Verantwortung diese nahezu 200 Jahre alte einklassige Volksschule vom Boden hinweggetilgt worden ist. Die höheren Typen der Volksschulen haben Sie im deutschen Gebiet nahezu ausgerottet. Wir haben keine fünfklassigen Volksschulen mehr, aus 4- und 5klassigen haben Sie 2- und 3klassige Volksschulen gemacht. Die Regierung hat nicht das mindeste Bedenken gehabt, unsere. Schule, das höchste Kulturgut, das wir besitzen, derart zu zerstören und zu vernichten, auf einen Tiefstand herabzudrücken, den wir längst und für dauernd überwunden glaubten. Rücksichtslos wütet man gegen das Schicksal der Kinder von Millionen Menschen, rücksichtslos zertritt man ihre Bildungsstätten. Da fragen Sie nicht darnach, wie es auf die kleinen Kinder in den Gebirgsdörfern wirken muß, wenn sie einen stundenweiten Weg durch Wind und Schnee und Eis zurücklegen müssen, weil Sie ihnen die eigene Scholle zerschlagen haben und nicht zugeben, daß aus Mitteln der Gemeinde die gesperrte Schulklasse ersetzt wird. Da kennt die Regierung kein Erbarmen, sie mißachtet den nötigen Schutz der Gesundheit, es liegt ihr nichts an der Verkümmerung des Geistes der heranwachsenden Generation. Und was für uns von besonderer Bedeutung ist, um Arbeiterkinder geht es, die in der schwersten Weise betroffen werden. Das Kind des Reichen kann durch Privatunterricht immer den Schaden einigermaße gutmachen, der hier an seiner Erziehung vollführt wird, aber das Kind des Armen hat nur eine einzige Bildungsstätte und die zerstört die Regierung unter Duldung und Billigung leider auch der Koalitionsparteien. Ja, man erklärt den Kindern den Krieg, und wir dürfen es anerkennen: Die Kraft der Regierung hat ausgereicht, um Kinder zu besiegen, die sich nicht wehren können. Ich neide der Regierung den Mut nicht, den sie aufgebracht hat, als Zerstörerin tausender von Kulturstätten hier aufzutreten. Achtlos zertritt man die Existenz der Lehrer, man fragt nicht, was aus ihnen werden soll. So will man etwa die Völker, die man zwangsweise in diesem Staat zusammengepreßt hat, versöhnen, so will man sie einander näher bringen? Das ist nicht die Erfüllung des Kulturprogrammes, das die Besten auch des èechischen Volkes und an ihrer Spitze der Präsident dieses Staates immer und immer wieder wiederholt haben.

Man verweist darauf, daß unbedingt Ersparnisse nötig seien. Ja, Sparen ist eine schöne Sache, aber nicht dort, wo das Geldausgeben am nötigsten ist, und es ziemt sich nicht, von Ersparungen zu reden, wenn man im selben Augenblick, wo ma deutsche Schulklasse sperrte, Minoritätsschulen mit ungeheuerem Geldaufwand errichtet für ganz wenige Kinder, die man erst mühsam im Orte zusammentreibt, durch Versetzung, durch Übersiedlungen von staatlichen Angestellten und Bediensteten usw. Da ist Geld in Überfluß vorhanden, da wird von Sparen nicht geredet! Man sage uns doch, wo man mit einem ähnlichen Geldaufwand deutsche Minoritätsschulen in Orten mit èechischer Mehrheit in solcher Zahl errichtet hätte.

Sie sprechen von Ersparungsmaßnahmen, Bitte wir wünschen gar nicht, wir haben es von dieser Stelle wiederholt ausgesprochen - wir wünschen gar nicht, daß Sie für unsere Schulen Geld ausgeben müssen. Konzedieren Sie uns endlich das einzig Vernünftige, geben Sie uns die Autonomie auf kulturellen Gebiete (Souhlas na levici!) Wir wollen uns unsere Schulen selbst bauen und selbst erhalten und wir werden nichts dagegen haben, daß Sie sich Ihre Schulen selbst erbauen und selbst erhalten, so viel Geld Sie auch dafür ausgeben mögen. Wir werden froh sein, wenn Sie und wir, wenn wir alle einen kulturellen Aufstieg zu verzeichnen haben werden. Dann würde die Sorge um das nötige Sparen mit einem Schlag ausgetilgt sein. Aber von der Autonomie will die Regierung nichts wissen. Man hat vergessen, wovon man zur Zeit des alten Österreichs immer zu sprechen gewohnt war. Die Idee der Autonomie war in dem Augenblicke erschlagen, wo die Autonomie den heutigen Minderheiten zustatten kommen sollte. Früher verfochten Sie den Gedanken mit Leidenschaft und mit Erbitterung. Heute ist das Wort aus dem Wortschatz der Regierung ausgetilgt. Alle Bemühungen, der Vernunft zum Durchbruch zu verhelfen, sind auf diesem Gebiete vergebens. Schon jetzt erweist sich bei der ersten Nachprüfung darüber, ob die Sperrung der deutschen Schulklassen nach den geltenden Bestimmungen auch wirklich berechtigt war, als notwendig, eine Anzahl von Klassen wieder eröffnen zu müssen. Ein Beweis dafür, mit welcher beispiellosen Leichtfertigkeit bei der Sperrung unserer Schulen vorgegangen wurde, welches Maß von Frivolität dazu gehört, um diesen unerhörten Gewaltstreich zu vollführen. Man hat einer Schuldebatte lange ausweichen wollen und Regierung weiß wohl, warum sie diese Debatte nicht will. Sie wird nun doch kommen. Wir sind gespannt zu hören, was die Regierung uns sagen wird, wie sie das Unerhörte zu rechtfertigen sich bemühen wird, was sie im Sinne hat vorzukehren, um das Millionenvolk, dem man hier die Schule nimmt, vor derartigen künftigen Anschlägen zu bewahren und zu schützen.

Die Schule gilt in der ganzen Welt als Gradmesser der Kultur eines Staates und eines Volkes. Beschleicht die Regierung nicht ein Gefühl der Scham darüber, daß sie es ist, die dafür sorgt, daß in der ganzen Kulturwelt der Staat als Kulturbegriff künftig eine ganz andere Schätzung bekommen muß, als es bisher vielleicht noch der Fall gewesen sein mag? Bangt Ihnen nicht vor dem Urteil des unbefangenen Auslandes? Ja, die Regierung hat die Macht dazu, Gewalt zu üben an den Minoritäten, die ihr ausgeliefert sind. Jawohl, aber dann verschone man uns mit dem heuchlerischen Gerede von Demokratie, dann sage man nicht, daß im diesem Staate der Geist von Amos Comenius zuhause sei, dann schände man nicht den Namen dieses Großen, dann verschone man uns mit solchen Lästerungen der besten Geister jener Tage! Wir belasten die Regierung und die Koalition mit der ganzen Verantwortung für das Unerhörte, das geschah, und wir sagen Ihnen: Mögen wir auch die Schwächeren sein, kampflos lassen wir uns nicht abtun! Wir werden uns weiter rühren und den Kampf weiter führen und wir werden nicht eher Ruhe geben, bis wir endlich dazu kommen, daß die Vernunft auch bei denen, die heute nur die Gewalt kennen, schließlich zum Durchbruch kommt.

Unsere Minoritäten und das Ausland werden erkennen, wie es um all die schönen Dinge bestellt ist, die Sie dem Staate nachrühmen, um Kultur, Demokratie und Humanität! Man wird wissen, besser als bisher, was davon zu halten ist.

Zu diesem Gewaltstreich kommt noch das unglaubliche, pflichtvergessene Vorgehen der Regierung in einer anderen Sache hinzu, die die politische Öffentlichkeit seit Wochen und Monaten im Atem hält. Ich meine Ihre Haltung in der Marmaggi-Affäre. Dem Vatikan ist es eingefallen, Vorschriften erlassen zu wollen, wer hier in diesem Staate an Husfeiern teilnehmen darf. Die demonstrative Abreise des päpstlichen Nuntius, diese Kampfansage, war schon vorher angekündigt, ein Beweis, daß es sich nicht um einen augenblicklichen Unmutsausdruck, sondern um eine wohlvorbereitete Demonstration gegen den Präsidenten, gegen die geltenden Gesetze dieses Landes handelt. Die Unduldsamkeit der Kirche, die wir aus der Geschichte kennen, ihre maßlose Herrschsucht ist bis heute ganz dieselbe geblieben, die sie im Mittelalter war, und wenn man freilich heute einen Hus und andere Menschen, die den Klerikern nicht behagen, auch nicht mehr in Konstanz verbrennen kann - man möchte es wahrscheinlich gerne - so ist man wohl oder übel genötigt, den Kampf in anderen Formen zu führen. Man hat schon früher versucht, durch allerlei Vorstöße zu zeigen, wie mächtig die Kirche in diesem Staate schon wieder sei. Ich erinnere mich - es ist vielleicht schon zwei Jahre her - da stand auf diesem Platze ein deutscher geistlicher Herr, der sagte: "Ja, es sind schon viele zu Kreuze gekrochen!" Auch die Regierung Švehla ist wieder recht brav zu Kreuze gekrochen, eben in dieser Affäre im Kampfe mit dem Vatikan und dem päpstlichen Nuntius. Die erste Herausforderung kam anläßlich des Hirtenbriefes der slovakischen Bischöfe, die der Bevölkerung verbieten wollten, solchen Vereinen anzugehören, die ihnen nicht passen, z. B. Gewerkschaften Arbeiter-Turnvereinen und Gesangsvereinen. Ein Teil der Regierungsparteien, die sozialistisch sind, oder sich so nennen, schrien damals auf, große Worte lasen wir in den Zeitungen, und das Ende vom Lied, war ein schwächliches, armseliges, verzagtes Zurückweichen vor der ersten drohenden Gebärde, die man aus Rom wahrnehmen konnte. Dann kam wieder die Einmengung des Vatikans in das Feiertagsgesetz. Damals wur den dringliche Interpellationen eingebracht, von uns vor allem. Wir haben damals die Anfrage an die Regierung gestellt, ob es wahr sei, daß sie sich mit der Absicht trage, die kirchenpolitischen Fragen auf diplomatischem Wege im Einvernehmen mit dem Vatikan ohne das Parlament zu regeln. Wir haben gefragt, ob die Regierung entschlossen sei, sich die unerhörte Einmengung des Vatikans in innerstaatliche Dinge ganz energisch zu verbieten, sie zurückzuweisen. Und was hat die Regierung getan? Sie ist uns auf unsere Interpellation heute noch die Antwort schuldig, (Hört! Hört!) es ist ihr nicht wichtig genug, die Selbständigkeit des Staates nicht nur den Minoritäten gegenüber, sondern auch Rom gegenüber zu vertreten. (Posl. Schweichhart: Und so einer Regierung soll man das Vertrauen schenken, ein solches Gesetz zu handhaben!) Das eben ist ja der Inhalt meiner Polemik, daß ich sagen will: es ist unmöglich, zu einer Regierung Vertrauen zu haben, die auf allen Linien enttäuscht und uns mit allerlei Gewaltakten mißhandelt hat. Es kam dann die Husfeier, vier dringliche Interpellationen wurden eingebracht, eine von den deutschen Christlichsozialen, eine von den slovakischen Klerikalen, eine von uns und eine von den èechischen Nationalsozialisten. Vier dringliche Interpellationen - beweist nicht schon die Konstatierung dieser Tatsache, welche Bedeutung die verschiedensten Teile dieses Parlamentes eben dieser Frage beigemessen haben? Hätte diese Tatsache alleib nicht genügen müssen, die Regierung dazu zu bringen, daß sie diesen Interpellationen auch einige Beachtung schenkt? Wir haben damals in unserer Interpellation gefragt, ob die Regierung entschlossen sei, als Antwort auf das frevelhafte Auftreten des Vatikans und seines Nuntius den Gesandten am päpstlichen Hof in Rom abzuberufen und was die Regierung eigentlich zu tun gedenke in der Frage der Trennung der Kirche von Schule und Staat? Die èechischen Nationalsozialisten haben gleichfalls der Regierung einen heftigen Kampf engesagt, wenn sie in dieser Frage nicht stark, nicht standhaft sei und nicht Ordnung mache. Und dann kam die Antwort der Regierung. Es kam der 17. Juli und das Parlament, welches von vier Seiten durch dringliche Interpellationen Fragen stellt, bekommt die Antwort, daß man kurzendings es nach Hause jagt, ohne es irgend einer Antwort zu würdigen! Das ist die Behandlung, welche die hohe Regierung dem Abgeordne tenhause angedeihen läßt und das Abgeordnetenhaus schluckt diese Behandlung, es duckt sich, es erträgt sie, schreit nicht auf, es jagt eine Regierung nicht davon, die die primitivsten Rechte des Parlaments unerhörterweise verkennt oder, was wohl richtiger ist, mißachtet.

Wie sehr auch die èechischen sozialistischen Parteien in jenen Tagen unsere Auffassung teilten, dafür gestatte ich mir einige Belege zu erbringen. Am 16. Juli schrieb das "Právo Lidu": "Daß immer noch keine Aussprache in der Marmaggiaffäre erfolgt ist, ist eine schwere Schädigung der Würde des Parlamentes"; und am darauffolgenden Tage konnten wir in demselben Blatt lesen, daß es eine schwere Versündigung am Parlamente sei, wenn man es mundtot mache und das "Právo Lidu" protestierte dagegen. Und am 18. Juli, als das Parlament schon nach Hause geschickt war, hieß es weiter: "Nicht jederman teilt die Ansicht des Ministerpräsidenten, daß man über die brennendsten Fragen vor der Öffentlichkeit schweigen kann." Und endlich war am 19. Juli im "Právo Lidu" zu lesen, die Sozialdemokratie habe alle Ursache, die Gründe ihres Protestes gegen die Taktik bestätigt zu sehen, welche das Parlament nach Hause schickt in der Zeit, da es notwendig ist, dem Vatikan eine Antwort zu geben. Aber nicht nur die èechische Sozialdemokratie hatte damals sehr heftige Wort, auch das "Èeské Slovo" veröffentlichte in der Nummer vom 15. Juli die Forderungen der nationalsozialistischen Partei, und diese Forderungen gipfelten in folgendem: Erstens wurde verlangt die Zulassung der Verteilung der èechischsozialistischen Interpellation durch die Koalition, zweitens die Suspendierung der Beziehungen zum Vatikan, drittens wurde verlangt, Marmaggi dürfe hieher nach Prag nicht zurückkehren, viertens hieß es, die Antwort auf die dringliche Interpellation müsse namens der Gesamtregierung durch den Ministerpräsidenten erteilt werden.

Und wie hat die Regierung, in der diese zwei Parteien sitzen, auf die dringlichen und nachdrücklichen Forderungen der èechischen Sozialdemokraten und Nationalsozialisten geantwortet? Nun, mit der brutalsten Mißachtung. Die Ablehnung der Punkte 1 und 4 der Forderungen der èechischen Nationalsozialisten hat ja dann, wie Sie sich erinnern, sogar dazu geführt, daß der prominenteste Mann dieser Partei aus der Regierung ausgeschieden ist. Und nunmehr macht es sich die Regierung sehr bequem und bringt dem Parlament gegenüber - was für das Parlament nicht weniger bezeichnend ist als für, die Regierung selbst - die Courage auf, wieder das Wort zu verweigern, wieder eine Debatte verhindern zu wollen. Man soll über die Dinge nicht sprechen. Es ist, sage ich, eine dreiste Vermessenheit, angesichts der ungeheueren Erregung, die damals diese Dinge verursacht haben und die heute noch nachwirkt, angesichts des ausgesprochenen Willens so großer Parteien von rechts und links, einfach dem Parlament gewaltsam den Mund zu verschließen, es nach Hause zu jagen und um nur ja einer Aussprache aus dem Wege zu gehen, so zu antworten, wie es der Herr Ministerpräsident gestern im Senat und heute hier getan hat, nämlich durch eine schriftliche Antwort. Eine schriftliche Antwort - ja, aber was denn für eine! Eine, die sich auf die schwächliche Beantwortung der seinerzeitigen Interpellation im Senat und hier beruft, auf die Beantwortung der Interpellation Klofáè und Slavíèek, eine Antwort - nehmen Sie den Druck doch nur zur Hand - die aus einem einzigen Satze besteht. Es handelt sich um eine Sache, die alle Gemüter auf des heftigste erregt und die Koalition in die schwerste Krise getrieben hat, die dazu führte, daß das Parlament Monate ausgeschaltet blieb, die dazu führte, daß der damalige Leiter der Regierung sich zur Demission genötigt sah. Und die Regierung tut die Sache mit einem Satz, bestehend aus acht Zeilen, für das Parlament und für die ganze Öffentlichkeit ab. Sagen Sie, meine Damen und Herren, empfinden nicht auch Sie wie wir, daß es ein blutiger Hohn ist, der die Erbitterung wachruft, nicht nur die der Opposition? Verzeihen Sie, meine Herren, wenn Selbstachtung in Ihnen ist, dann müssen Sie wie wir gegen eine solche Behandlung durch die Regierung den schärfsten und leidenschaftlichsten Protest erheben. Aber das ist ja leider nicht zu erwarten. Die Regierung wäre nicht so vermessen, ein solch loses und unerhörtes Spiel zu treiben, hätte sie vorher sich nicht der Zustimmung der Koalitionsparteien vergewissert, und Sie haben Ihre eigene Überzeugung preisgegeben, die Sie früher vertreten haben. Sie demonstrieren uns, wie unernst all das war, was Sie vor drei Monaten in die Welt gesandt in Rede und Schrift; das zeigt sich jezt. Sie machen es der Regierung dadurch möglich, uns nunmehr so zu behandeln, wie es wirklich geschah. Die Vorgänge hier sind ein Hohn auf die Demokratie, sind würdelos und ein unerhörte Mißachtung des Parlamentes. Man hat die Öffent, lichkeit genarrt, man setzt das Parlament der Lächerlichkeit aus: Freilich weil man auf die Gesellschaft der Klerikalen in der Regierung nicht verzichten will oder kann. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda dr. Hruban.) Darum nimmt man jede Demütigung hin, darum läßt man es geschehen, daß die Regierung in so würdelos empörender Weise sich ihrer Pflichten entschlägt. Für die Erhaltung der Koalition, da ist eben alles feil, gibt man alles preis. Wir aber sagen, wir bestehen darauf, es möge Herr Beneš hier erscheinen und als Minister des Äußern uns endlich Klarheit schaffen, wie die Verhältnisse zum Vatikan sich künftig regeln sollen. Wir haben einen diesbezüglichen Antrag eingebracht und verlangen, daß dem Hause Bericht erstattet werde, wie der diplomatische Konflikt seine wirkliche Lösung finde, wie es mit der Frage der Trennung von Staat und Kirche und Staat und Schule eigentlich steht. Wir wollen hören, ob die Gesandtschaft am päpstlichen Hofe aufrecht bleibt, wir wollen hören, was man für eine Antwort findet, eine wirkliche Antwort findet auf diese Herausforderung, die an die Regierung und an den ganzen Staat ergangen ist, was für eine Antwort auf die Einmengung des Vatikans in die ureigensten Angelegenheiten des Staates und seiner Bürger erfolgt. Wir wollen hören und wollen erleben, ob die Regierung durch den Mund ihres Außenministers hier bezeugen wird, daß man sich würdelos dem Diktate des Vatikans auch künftig beugen will.

Sie verstehen, daß wir unter solchen Umständen unmöglich Vertrauen zu dieser Regierung haben können. Kann man erwarten, daß wir als Dank, als Quittung für alles, was wir zu ertragen haben, eine so weitgehende Ermächtigung erteilen, wie es hier begehrt wird, zumal mit solchen Ermächtigungen von der Regierung schon unerhörter Mißbrauch getrieben worden ist? Icherinnere an die Einführung der gleitenden Zölle, an die Einführung eines völlig neuen Zollsystems, das in diesem Staate noch nicht heimisch, noch nicht eingeführt war. Der Zolltarif, der besteht, kennt keine Agrarzölle. Die Verfassung bestimmt ausdrücklich, daß eine solche Änderung des Zolltarifes nur durch das Parlament beschlossen werden könne, niemals ohne seine Zustimmung. Nichtsdestoweniger hat die Regierung unter Berufung auf frühere Ermächtigungen unter Umgehung des Parlamentes durch Verordnung diese Getreidezölle in Kraft gesetzt, die verhüten sollen, daß das Brot für die Masse der Menschen in diesem Staate, die nichts haben als Sorgen und Kummer, mit der Zeit billiger werden könnte. Unter Berufung auf die kriegswirtschaftliche Ermächtigung hat die Regierung nicht gezögert zu verhindern, daß der Zucker billiger werden könnte. Man ist den Zuckerwucherern zur Hilfe gekommen, denen man hohe Preise gesichert hat. Man hat dafür gesorgt, daß die Arbeitermassen, die nur das dürftige Auskommen finden, nicht eines Tages durch die Verbilligung des Zuckers erschreckt werden. Dem Parlamente hat man bei dieser Gelegenheit unter schändlichen Mißbrauch der Ermächtigung, die man der Regierung erteilt hat, jeden Einfluß auf die Gestaltung dieser Dinge genommen. Nackte, in die Augen springende Verfassungsbrüche hat die gegenwärtige Regierung auf Grund von Ermächtigungsgesetzen schon begangen. Es ist deswegen heute als Anmaßung und als Herausforderung zu empfinden, wenn man wieder solche Ermächtigungen von uns begehrt. Nach solchen Mißbräuchen ist es unmöglich für jede Partei, die auf Würde und Ansehen des Parlamentes hält. Wir weisen dieses beleidigende Ansinnen zurück, umsomehr als die Regierung bisher gar nicht irgendwie das Bestreben gezeigt hat, in innigen Kontakt mit dem Parlamente zu bleiben. Sie hat uns in ewiger Ungewißheit über die wichtigsten Fragen der Zeit erhalten. Wir verlangen deshalb in einem weiteren Antrage, daß der Herr Ministerpräsident hier vor dem Hause erscheint, daß es Rede und Antwort steht, daß er uns endlich sagt, was man eigentlich mit dem Parlamente und dem Staate in den nächsten Monaten vorhat. Wie sieht das Regierungsprogramm eigentlich aus? Bis vor wenigen Tagen haben wir keine Ahnung gehabt, und heute widersprechen die Abendblätter den Morgenblättern und umgekehrt und jedem bleibt es unbenommen, sich herauszunehmen, was ihm behagt. Die Regierung ist verpflichtet, dem Parlamente Rede zu stehen, und darum soll der Herr Ministerpräsident hier erscheinen und uns endlich sagen, was wir von der Zukunft zu erwarten haben. Wir wollen endlich auch wissen, wie lange man dem Parlamente sein Leben noch gönnen will, wann die seidene Schnur zugezogen werden soll, die dem Leben des Parlamentes ein Ende bereitet. Was hat man vor? Werden die Wahlen in diesem Jahre stattfinden oder nicht? Wieder sind die Nachrichten von heute anders als die von gestern und die widersprechen wieder denen von vorgestern. Verträgt denn das die Koalition, daß ihre Regierung das Parlament in einer solchen Weise behandelt und ihr nicht Rede und Antwort steht? Es wird darum gestritten, ob, wenn das Parlament davongejagt wird, der Senat dasselbe Schicksal teilen wird. Denkt man noch an die Verwirklichung der Wahlreform oder ist sie schon aufgegeben? Will man an der grandiosen Idee der Verfälschung des Verhältniswahlrechtes festhalten und an der Verteilung der Stimmen, die eine Partei erhalten hat, an die größeren Parteien? Was hat man eigentlich vor? Es ist ein hysterisches, unbestimmtes Durcheinander, eine auch für die Öffentlichkeit unfaßbare Politik, der wir gegenüberstehen. Darum verlangen wir, daß man uns Rede und Antwort steht, bevor man den Mut aufbringt, von uns Ermächtigungen für so weittragende Gesetze zu fordern.

Die Regierung hat Schuld auf Schuld gehäuft. Sie hat, wie ich schon zu Anfang meiner Darlegungen ausgeführt habe, die unerhörtesten Gewalttaten am Schulwesen der Minoritäten begangen, seit dieser Staat besteht. Sie hat in der Marmaggi-Affäre schmählich und kläglich versagt und ihre Pflicht in der gröblichsten Weise vergessen, sie hat durch das Abbaugesetz tausende und abertausende von Angestellten dem Elend und der bittersten Not überliefert, sie hat die Bodenreform, die eine der größten Errungenschaften der Revolution sein sollte, zu einem Mittel der nationalen Eroberung, zu einem Mittel der Verelendung der Existenzen tausender Proletarier am Lande gemacht, zu einem Mittel des Bodenschachers in allergrößtem Stile, sie hat, wie keine Regierung, vor allem dazu beigetragen, die politische Freiheit in diesem Lande durch die unerhörtesten Polizeischikanen vollends herunterzubringen, so daß man sich heute mitunter sagt: "In den seligen Zeiten des Grafen Franz Thun haben wir mehr politische Freiheiten gehabt, als heute unter der Regierung Švehla." Sie verweigert uns die politische Autonomie, die kulturelle Freiheit, sie zerstört uns unsere Schulen. Das Gaugesetz, das längst beschlossen ist, die Regierung sabotiert es nur aus dem einzigen Grunde, weil man zwei große Gaue, in denen wirklich nur Deutsche leben, der deutschen Verwaltung ausliefern müßte. Die Regierung ist in hohem Maße mitschuldig an dem unerhörten Verfall des Parlamentarismus in diesem Lande, der aufgehört hat, ein Instrument der Demokratie zu sein, der lediglich zu einer Abstimmungsmaschine erniedrigt worden ist. Wenn ein solches Ermächtigungsgesetz von uns überhaupt zu erlangen wäre, dann, meine Damen und Herren, ganz gewiß nicht für eine Regierung, die ein solches Übermaß von Schuld auf sich geladen hat und gegen die anzukämpfen Pflicht nicht nur eines Sozialdemokraten aus den Reihen der Opposition, sondern Pflicht eines jeden Abgeordneten wäre, dem es ernst ist mit dem Schutz der parlamentarischen Rechte, mit dem Schutze der Bevölkerung aller Nationen und aller Klassen.

Wir haben kein Vertrauen zu dieser Regierung und verweigern ihr deshalb die Ermächtigung. Wir lehnen die Anträge ab. (Souhlas a potlesk na levici.)


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