Pùvodní znìní ad XVII/4041.
Interpellation
der Abgeordneten Roscher, Schäfer und Genossen
an den Minister für Schulwesen und Volkskultur in Angelegenheit der Nichtaufnahme von Schulkindern in die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha.
In Böhm. Aicha besteht eine deutsche Bürgerschule. Der Leidensgang dieser Schule bezüglich der Wegnahme ihres Schulgebäudes und ihrer Lehrmittel durch den èechischen Ortsschulrat ist bereits einmal in einer Interpellation festgehalten worden und hat zur Anerkennung der Ungesetzlichkeit des Vorganges des Ortsschulrates geführt. Eine günstige Änderung für die deutsche Schule und ihre Lehrmittel ist jedoch bisher nicht eingetreten.
Nunmehr wird aber an der Vernichten dieser deutschen Schule von èechischer Seite mit aller Kraft gearbeitet. Die Verhältnisse in Böhm, Aicha sind eigentümlich, da diese eine deutsche Sprachinsel bildet und im Umkreise vom 6 km keine deutsche Gemeinde besteht. Die Verhältnisse waren nun seit Jahrzehnten die, daß aus den deutschen Grenzorten der benachbarten Bezirke Niemes und Deutsch-Gabel, welche zu ihren Bezirksbürgerschulen in Niemes und Deutsch-Gabel bedeutend weiter haben, als nach B. Aicha, die Schuljugend die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha besuchte. An diesem Zustand ist auch nach dem Umsturze bis zum Jahre 1921 nichts geändert worden. Im Jahre 1921 wollte der èechische Ortsschulrat diese Kinder nicht mehr aufnehmen, doch hat der Landesschulrat damals entschieden, daß die Aufnahme vorzunehmen sei. Die gleiche Taktik wiederholt der èechische Ortsschulrat auch im heurigen Jahre und diesmal stieß er nicht mehr auf den Wiederstand des Landesschulrates. Die Folge davon war, daß von 101 zur Aufnahme erschienenen Kindern 42 vom èechischen Ortsschulrate nicht aufgenommen wurden. Es sind darunter Kinder, die schon lange die Bürgerschule in Böhm. Aicha besucht hatten, ferner Kinder, die in Böhm Aicha in Familienpflege waren, endlich auch Kinder, aus dem Waisenheim im Böhm, Aicha.
Dadurch hatte man die Kinderzahl der deutschen Bürgerschule unter 90 herabgedrückt, somit den Grund, weshalb im Vorjahre das Aufhebungsbegehren der deutschen Bürgerschule nicht günstig erledigt werden komme, beseitigt. Es setzte daher der öffentliche und geheime Kampf gegen die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha mit erneuter Kraft ein.
Der Stadtrat in Böhm. Aicha erließ eine Flugschrift folgenden Inhaltes:
Protestní schùze obèanstva.
Nìmecká mìšanská škola v Èeském Dubì má ve tøech tøídách celkem 59 žákù.
Èeské tøídy pøi škole v Proseèi, Radostínì, Vyskøi, Bìlé a ve Volavci byly zrušeny, aby zbyteèné a prázdne školy nìmecké mohly býti dále udržovány.
Dostavte se v nejvetším poètu na protestní schùzi v nedìli, dne 24. záøí 1922 o 9. hod. dopol. do Dìlnického domu v Èesk. Dubì.
Na køivdy musí býti lidem dùrazne poukázano. Mìstská rada v Èesk. Dubì.
Alle Vorstellungen bei den Behörden, den betroffenen Kindern, die ohne Unterricht blieben, die Aufnahme wenigstens provisorisch zu gestatten, waren vergebens. Es mußte in jedem einzelnen Falle der langwierige Beschwerdeweg beschritten werden. Sämtliche Beschwerden wurden natürlich vom èechischen Bezirksschulausschuß in Turnau abgewiesen. Von den dagegen eingebrachten Rekursen wurden vom Landesschulrates 19 günstig erledigt und 22 abgewiesen; einer ist weisen eines Formfehlers noch nicht erledigt.
Günstig wurden erledigt die Rekurse der Kindeseltern aus den Gemeinden Kessel, Oschitz, Jihannesthal, Bad Kunnersdorf, Merzdorf und Kridal. Abgewiesen wurden dagegen die Ansuchern jener Eltern, welche in den Gemeinden Kriesdorf, Seifersdorf, Hammer am See, Böhm, Neuland, Halbehaupt und Wolschen ihren ständigen Wohnsitz haben, mit der Begründung, daß sie in eine Bürgerschule ihres Bezirkes näher hätten und somit nur zur künstlichen Füllung der deutschen Bürgerschule herangezogen worden seien.
Diese Behauptung stimmt für Halbehaupt und Wolschen überhaupt nicht, welche beide nach Böhm, Aicha näher haben. Die Entfernung von Böhm. Neuland nach Böhm. Aicha ist fast die gleiche, wie zu seiner Bezirksbürgerschule. Hammer am See ist zwar weitergelegen, doch nur der Straße nach, welche einen weiteren Bogen beschreibt. Die ständig benützten Fußwege kürzen den Weh nach Böhm, Aicha um 3 km ab. Kriesdorf ist ein 2 km langer Ort, welcher in 2 Schulsprengel geteilt ist und günstige Wegverhältnisse nach Böhm. Aicha aufweist. Von Seifersdorf kann D. Gabel nicht täglich zufuß erreicht werden und hat außerdem schlechte Zugsverbindung. Aus allen diesen Orten besuchten die Kinder schon seit Jahren die deutsche Bürgerschule in Böhm, Aicha. Von einer absichtlichen Füllung der Bürgerschule im heurigen Schuljahre kann daher nicht gesprochen werden. Die Gründe, warum sie die Bürgerschule dortselbst besuchen, sind die, daß die eigene Bürgerschule, besonders jene in Niemes immer stark überfüllt ist und die weiter entfernten Kinder nicht aufnimmt, ferner die steten wirtschaftlichen Beziehungen der genannten Gemeinden mit Böhm. Aicha und endlich die Möglichkeit der leichteren Erlernung der èechischen Sprache, da die Kinder in Kost zu èechischen Bewohnern gegeben werden, wo sie sich nur dieser Sprache bedienen,
2 Kinder wurden außerdem abgewiesen, die in Böhm, Aicha bei Pflegeeltern wohnen. Das eine Kind ist eine Vollwaise, beide Eltern sind an Lungentuberkulose gestorben. Der Vormund ist sehr arm und kann das Kind nicht erhalten. Es befindet sich bereits seit Mitte Mai 1920 in Böhm. Aicha und hat dort seit dieser Zeit seinen ständigen Wohnort. Durch die Nichtaufnahme kann es seiner Schulpflicht nicht nachkommen. Das zweite Kind, welches die Bürgerschule bereits im Vorjahre besucht hat, ist Halbwaise und stammt aus Weipert, wo ihre Mutter noch 5 andere Kinder zu versorgen hat. Es wurde daher durch eine Wohltätigkeitsaktion in Böhm. Aicha untergebracht. Endlich sind unter den abewiesenen Kindern 8 Kinder aus dem Waisenheime des Fräulein Helene Schmidt. Hier hat das Präsidium entschieden, daß die Kinder aus diesem Heime keinen gesetzlichen Anspruch auf die Aufnahme in die Böhm. Aichaer Bürgenschule haben.
Diese Entscheidungen bezüglich der Kinder aus dem Waisenheime sowie der beiden Pflegekinder in Böhm. Aicha sind einfach ungeheuerlich und geeignet, jede Aktion privater Kinderfürsorge zu unterbinden. Das Kinderheim während des Krieges für verwahrloste Kinder gegründet, ist eine Wohltätigkeitsanstalt, welche der Staat eher zu fördern hätte, als seinen Bestand aus kleinlich Gründen zu unterbinden, indem er die Kinder einfach hindert, ihre- Schulpflicht nachzukommen. In allen erwähnten Fällen bedeutet die Nichtaufnahme der Kinder eine direkte Gesetzesverletzung. Der § 3 des Gesetzes vom 3. April 1919, Nr. 189 und seine Novelle vom 9. April 1970, Nr. 295 bestimmt ausdrücklich: Auch Schulkinder aus mehr als 4 km vom Schulgebäude entfernten Orten kann die Aufnahme in die Volks- und Bürgerschule nicht verweigert werden, wenn und insoweit der Raum in den Lehrzimmern ausreicht und die Zahl von 80 Kinder in einer Klasse nicht überschritten wird. Wohl hat der Ortsschulrat das Aufnahmerecht, er darf dieses aber nicht willkürlich handhaben, sondern ist an die eben erwähnten gesetzlichen Bestimmungen des § 3 gebunden. Auch der § 6, letzter Absatz des kleinen Schulgesetzes von 13. Juli 1922, Nr. 226 S. d. G. u. V. steht mit dieser Bestimmung nicht in Widerspruch, da er nicht verfügt, daß diese Kinder nicht aufgenommen werden dürfen, sondern nur daß sie zur Erweiterung der Schule nicht gezählt werden. Die Nichtaufnahme der 22 Kinder ist daher eine vollständige Ungesetzlichkeit, nur zu dem Grunde gemacht, um die Bürgerschule zur Auflassung reif zu machen; daß dieser Plan bei den Behörden, speziell beim Landesverwaltungaussschusse in Verhandlung steht, zeigt der Erlaß des Landesverwaltungsausschusses vom 25. Oktober 1922, Z. 122584/22 an den Ortsschulrat in Böhm. Aicha, welcher lautet:
Der Landesverwaltungsausschuß hat schon mit Zuschrift vom 16. Juni 1921, Z. 72958/21 dem Präsidium des Landesschulrates seine Zustimmung dazu
ausgesprochen, daß die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha aufgelassen wird, hat mit Zuschrift Z. 87029/21 vom 15. Juli 1921 ausdrücklich deren Auflassung empfohlen, wobei er bemerkt, daß die Schule eventuell durch das Unterrichtsministerium nach § 20 des Ges. vom 10. Feber 1870, L. G. Bl. 22 aufgelassen wenden könnte (falls sie mehr als 90 Kinder hat). Zu dem dortigen Ansuchen forderte sich die oben Erwähnte vom Präsidium des Landesschulrates einen Bericht, wie weit die Sache vorgeschritten ist und erhielt folgende Information: Die oben angeführte Schule konnte im Schuljahre 1921/22 durch dass Präsidium des Landesschulrates nicht aufgelöst werden, weil diese Schule über 90 Schüler hatte (§ 9 des Ges. vom 3. April 1919, Sl. 189). Die Angelegenheit wurde dem Unterrichtsministerium zur Entscheidung nach § 20 des Ges. vom 19. Feber 1870, L. G. Bl 22 vorgelegt. Über das neue Ansuchen um Aufhebung dieser Schule auf Grund der geringen Schülerzahl in diesem Schuljahr wird das Verfahren durchgeführt. Namentlich ist es notwendig, zuvor rechtsgültig zu entscheiden über die zahlreichen Berufungen, welche die Eltern oder die Vertreter jener Kinder überreichten, welche der Ortsschulrat von Böhm. Aicha nicht in die betreffende Schule aufgenommen hat.
Wir bemerken, daß der Landesverwaltungsausschuß die Anträge auf Reduzierung der èechichen und deutschen Schulen selbstverständlich nach denselben Grundsätzen aufstellt.
Der Beisitzer: |
Der Vorsitzende: |
Crha m. p. |
Nerad m. p. |
Der Fall von Böhm, Aicha ist der treffendste Beweis, wie vonseiten èechischer Behörden deutsche Schulen zur Auflassung vorbereitet werden. Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur die Anfragen:
Ist dem Herrn Minister diese Angelegenheit, in welcher schon uagezähltemale beim Ministerium vorgesprochen wurde, bekannt?
Ist der Herr Minister bereit, den Widerspruch der Nichtaufnahme der erwähnten Schulkinder mit den gesetzlichen Bestimmungen des § 3 der Novelle vom 9. April 1920, Nr. 295 S. d. G. v. V. anzuerkennen und zu veranlassen, daß die Kinder anstandslos an die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha aufgenommen werden?
Ist der Herr Minister gewillt, entsprechende Weisungen zu veranlassen, daß die im Interesse der Öffentlichkeit gelegene private Waisen- und Kinderfürsorge nicht durch unsinnige, den Schulbesuch dieser Kinder hindernde Bestimmungen unterbunden werde und somit anzuordnen, daß Waisenkinder und Kinder, die in Familienfürsorge stehen, die Schule des Ortes zu besuchen haben, in welche sie sich in Pflege befinden?
Prag, am 5. Dezember 1922,
Rossher, Schäfer,
Hillebrand, Blatny, Hoffmann, Dietl, Hackenberg, Dr. Holitscher, Dr. Haas, R. Fischer, Schweichhart, Taub, Jokl, Dr. Czech, Èermak, Kaufmann, Hausmann, Beutel, Palme, Uhl, Häusler,
Pùvodní znìní ad XVIII/4041.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Schollich, Pittinger, Dr. Wenzel Feierfeil, Simm, Dr. Kafka, Kostka und Genossen
an den Minister für Schulwesen und Volkskultur
in Angelegenheit der Nichtaufnahme von Schulkinder in die deutsche Bürgerschule in Böhm, Aicha,
In Böhm. Aicha besteht eine deutsche Bürgerschule. Der Leidensgang dieser Schule bezüglich der Wegnahme ihres Schulgebäudes, und ihrer Lehrmittel durch den èechischen Ortsschulrat ist bereits einmal in einer Interpellation festgehalten worden und hat zur Anerkennung der Ungesetzlichkeit des Vorgangs des Ortsschulrates geführt. Eine günstige Änderung für die deutsche Schule und ihre Lehrmittel ist jedoch bisher nicht eingetreten.
Nunmehr wird aber an der Vernichtung dieser deutschen Schule von èechischer Seite mit aller Kraft gearbeitet. Die Verhältnisse von Böhm. Aicha sind eigentümlich, da dieses eine deutsche Sprachinsel bildet und im Umkreise von 6 km keine deutsche Gemeinde besteht. Die Verhältnisse waren nun seit Jahrzehnten die, daß aus den deutschen Grenzorten der benachbarten Bezirke Niemes und Deutsch-Gabel, welche zu ihren Bezirksbürgerschulen in Niemes und Deutsch-Gabel bedeutend weiter haben, als nach B Aicha, die Schuljugend die deutsche Bürgerschule in Böhm, Aicha besuchte. An diesem Zustande ist auch nach dem Umsturze bis zum Jahre 1921 nichts geändert worden. Im Jahre 1921 wollte der èechische Ortsschulrat diese Kinder nicht mehr aufnehmen, doch hat der Landesschulrat damals entschieden, daß die Aufnahme vorzunehmen sei. Die Gleiche Taktik wiederholt der èechische Ortsschulrat auch im heurigen Jahre; und diesmal stieß er nicht mehr auf den Widerstand des Landesschulrates. Die Folge davon war, daß von 101 zur Aufnahme erschienenen Kindern 42 vom èechischen Ortsschulrate nicht aufgenommen wurden. Es sind darunter Kinder, die schon lange die Bürgerschule in Böhm, Aicha besucht hatten, ferner Kinder, die in Böhm, Aicha in Familienpflege waren, endlich auch Kinder aus dem deutschen Waisenheim in Böhm. Aicha. Dadurch hatte man die Kinderzahl der deutschen Bürgerschule unter 90 herabgedrückt, somit den Grund, weshalb im Vorjahre das Aufhebungsbegehren der deutschen Bürgerschule nicht günstig erledigt werden konnte, beseitigt. Es setzte daher der öffentliche und geheime Kampf gegen die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha mit erneuter Kraft ein.
Der Stadtrat in Böhm. Aicha erließ eine Flugschrift folgenden Inhaltes:
Protestní schùze obèanstva.
Nìmecká mìšanská škola v Èeském Dubì má ve tøech tøídach celkem 59 žákù,
Èeské tøídy pri škole v Proseèi, Radostínì, Vyskøi, Bìlé a ve Volavci byly zrušeny, aby zbyteèné a prázdné školy nìmecké mohly býti dále udržovány.
Dostavte se v nejvìtším poètu na protestní schùzi v nedìli dne 24. záøí 1922 o 9 hod. dopol. do Dìlnického domu v Èeském Dubì,
Na køivdy musí býti lidem dùraznì poukázáno.
Mìstská rada v Èeském Dubì.
Alle Vorstellungen bei den Behörden, den betroffenen Kindern, die ohne Unterricht blieben, die Aufnahme wenigstens provisorisch zu gestatten, waren vergebens. Es mußte in jedem einzelnen Fahle der langwierige Beschwerdeweg beschritten werden. Sämtliche Beschwerden wurden natürlich vom èechischen Bezirksschulausschuß in Turnau abgewiesen. Von den dagegen eingebrachten Rekursen wurden vom Landesschulrate 19 günstig erledigt und 22 abgewiesen; einer ist wegen eines Formfehlers noch nicht erledigt.
Günstig wurden erledigt die Rekurse der Kindeseltern aus den Gemeinden Kessel, Oschitz, Johannesthal, Bad Kunnersdorf, Merzdorf und Kridal. Abgewiesen wurden dagegen die Ansuchen jener Eltern, welche in den Gemeinden Kriesdorf, Seifersdorf, Hammer am See, Böhm, Neuland, Halbehaupt und Wolschen ihren ständigen Wohnsitz haben mit der Begründung, daß sie in eine Bürgerschule ihres Bezirkes näher hätten und somit nur zur künstlichen Füllung der deutschen Bürgerschule herangezogen worden seien.
Diese Behauptung stimmt für Hallbehaupt und Wolschen überhaupt nicht, welche beide nach Böhm. Aicha näher haben. Die Entfernung von Böhm, Neuland nach Böhm. Aicha ist fast die Gleiche, wie zu seiner Bezirksbürgerschule. Hammer am See ist zwar weitergelegen, doch nur der Straße nach, welche einen weiteren Bogen beschreibt. Die ständig benützten Fußwege kürzen den Weh nach Böhm. Aicha um 3 km ab. Kriesdorf ist ein 2 km langer Ort, welcher in 2 Schulsprengel geteilt ist und günstige Wegverhältnisse nach Böhm. Aicha aufweist. Von Seifersdorf kann D. Gabel nicht täglich zufuß erreicht werden, und hat außerdem schlechte Zugsverbindungen. Aus allen diesen Orten besuchen die Kinder schon seit Jahren die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha. Von einer absichtlichen Füllung der Bürgerschule im heurigen Schuljahre kann daher nicht Besprochen werden. Die Gründe, warum sie die Bürgerschule dort selbst besuchen, sind die, daß die eigene Bürgerschule, besonders jene in Niemens immer stank überfüllt ist und die weiter entfernten Kinder nicht aufnimmt, ferner die steten wirtschaftlichen Beziehungen der genannten Gemeinden mit Böhm, Aicha und endlich die Möglichkeit der leichteren Erlernung der èechischen Sprache, da die Kinder in Kost zu èechischen Bewohnern gegeben werden, wo sie sich nur dieser Sprache bedienen.
2 Kinder wurden außerdem abgewiesen, die in Böhm, Aicha bei Pflegeeltern wohnen. Das eine Kind ist eine Vollwaise, beide Eltern sind an Lungentuberkulose gestorben. Der Vormund ist sehr arm und kann das Kind nicht erhalten. Es befindet sich bereits seit Mitte Mai 1920 in Böhm. Aicha und hat dort seit dieser Zeit seinen ständigen Wohnort. Durch die Nichtaufnahme kann es seiner Schulpflicht nicht nachkommen. Das zweite Kind, welches die Bürgerschule bereits im Vorjahre besucht hat, ist Halbweise und stammt aus Weipert, wo ihre Mutter noch 5 andere Kinder zu versorgen hat. Es wurde daher durch eine Wohltätigkeitsaktion in Böhm. Aicha untergebracht.
Endlich sind unter den abgewiesenen Kindern 8 Kinder, aus dem Waisenheime des Fräulein Helene Schmidt. Hier hat das Präsidium entschieden, daß die Kinder aus diesem Heime keinen gesetzlichen Anspruch auf die Aufnahme in die Böhm. Aichaer Bürgerschule haben.
Diese Entscheidungen bezüglich der Kinder aus dem Waisenheime sowie dar beiden Pflegekindern Böhm. Aicha sind einfach ungeheuerlich und geeignet, jede Aktion privater Kinderfürsorge zu unterbinden. Das Kinderheim, während des Krieges für verwahrloste Kinder gegründet, ist eine Wohltätigkeitsanstalt, welche der Staat eher zu fördern hätte, als seinen Bestanï aus kleinlichen Gründen zu unterbinden, in dem er die Kinder einfach hindert, ihrer Schulpflicht nachzukommen.
In allen erwähnten Fällen bedeutet die Nichtaufnahme der Kinder eine direkte Gesetzverletzung. Der § 3 des Gesetzen vom 3. April 1919, Nr. 189 und seine Novelle vom 9. April 1920, Nr. 295 bestimmt ausdrücklich: Auch Schulkinder aus mehr als 4 km vom Schulgebäude entfernten Orten kann die Aufnahme in die Vollks- und Bürgerschule nicht verweigert werden, wenn und insoweit der Raum in den Lehrzimmern ausreicht und die Zahl vom 80 Kindern in einer Klasse nicht überschritten wird. Wohl hat der Ortsschulrat ïas Aufnahmerecht, er darf dieses aber nicht willkürlich handhaben, sondern ist an die eben erwähnten gesetzlichen Bestimmungen des § 3 gebunden. Auch der § 6, letzter Absatz des kleinen Schulgesetzes vom 13. Juli 1922, Nr. 226 S.d. G. u. V. steht mit dieser Bestimmung nicht in Widerspruch, da er nicht verfügt, daß diese Kinder nicht aufgenommen werden, sondern nur daß sie zur Erweiterung der Schule nicht gezählt werden,
Die Nichtaufnahme der 22 Kinder ist daher eine vollständige Ungesetzlichkeit, nur zu dem Grunde gemacht, um die Bürgerschule zur Auflassung reif zu machen; daß dieser Plan bei den Behörden, speziell beim Landesverwaltungsausschusse in Verhandlung steht, zeigt der Erlaß des Landesverwaltungssausschusses vom 25. Oktober 1922, Z. 122584/22 an den Ortsschulrat in B. Aicha, welcher lautet:
Der Landesverwaltungausschuß hat schon mit Zuschrift vom 16. Juni 1921, Z. 72958/21 dem Präsidium des Landesschulrates seine Zustimmung dazu ausgesprochen, daß die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha aufgelassen wird, hat mit Zuschrift Z. 87029/21 vom 15. Juli 1921 ausdrücklich deren Auflassung empfohlen, wobei er bemerkt, daß die Schule eventuell durch das Unterrichtsministerium nach § 20 des Ges. vom 10. Feber 1870 L. G. Bl. 22 aufgelassen werden könnte (falls sie mehr als 90 Kinder hat. Zu dem dortigen Ansuchen forderte sich die oben Erwähnte vom Präsidium des Landesschulrates einen Bericht, wie weit die Sache vorgeschritten ist und erhielt folgende Information:
Die oben angeführte Schule konnte im Schuljahre 1921-22 durch das Präsidium des Landesschulrates nicht aufgelöst werden, weil diese Schule über 90 Schüler hatte (§ 9 des Ges. vom 3. April 1919, Slg. 189), Die Angelegenheit wurde dem Unterrichtsministerium zur Entscheidung nach § 20 des Ges. vom 19. Feber 1870, L. G. Bl. 22 vorgelegt.
Über das neue Ansuchen um Aufhebung dieser Schule auf Grund ïer geringen Schülerzahl in diesem Schuljahr wirï das Verfahren durchgeführt. Namentlich ist es notwendig, zuvor rechtsgültig zu entscheiden über die zahlreichen Berufungen, welche die Eltern über die Vertreter jener Kinder überreichen, welche der Ortsschulrat von Böhm. Aicha nicht in die betreffende Schule aufgenommen hat,
Wir bemerken, daß der Landesverwaltungsausschuß die Anträge auf Reduzierung der èechischen und deutschen Schulen selbstverständlich nach denselben Grundsätzen aufgestellt.
Der Beisitzer: |
Der Vorsitzende: |
Crha, m. p. |
Nerad m. p. |
Der Fall von Böhm. Aicha ist der treffendste Beweis, wie vonseiten èechischer Behörden deutsche Schulen zur Auflassung vorbereitet werden.
Wir stellen daher an den Herrn Minister für Schulwesen und Volkskultur die Anfragen:
Ist dem Herrn Minister diese Angelegenheit, in welcher schon ungezähltemale beim Ministerium vorgesprochen wurde, bekannt?
Ist der Herr Minister bereit, den Widerspruch der Nichtaufnahme der erwähnten Schulkinder mit den gesetzlichen Bestimmungen des § 3 der Novelle vom 9. April 1920, Nr. 295 S.d. G. u. V. anzuerkennen, und zu veranlassen, daß die Kinder anstandslos an die deutsche Bürgerschule in Böhm. Aicha aufgenommen werden?
Ist der Herr Minister gewillt, entsprechende Weisungen zu veranlassen, ïaß der im Interesse der Öffentlichkeit gelegenen privaten Waisen- und Kinderfürsorge nicht durch unsinnige, den Schulbesuch dieser Kinder hindernde Bestimmungen unterbunden werde und somit anzuordnen, daß Waisenkinder und Kinder, die in Familienfürsorge stehen, die Schule des Ortes zu besuchen haben, in welcher sie sich in Pflege befinden?
Prag, am 15. Dezember 1922.
Dr. Schollich, Pittinger, Dr. W. Feierfeil, Simm, Dr. Kafka, Kostka,
Dr. Brunar, Dr. Radda, Dr. Petersilka, Scharnagl, Dr. Lehnert, Kraus, Dr. Luschka, Dr. Lodgman, Patzel, J. Mayer, Ing. Jung, J. Fischer, Mark, Schälzky, Böhr, Schubert, Dr. E. Feyerfeil,
Pùvodní znìní ad XIX/4041.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Czech, Dr. Haas, Taub und Genossen
an den Justizminister betreffend die Übergriffe der Staatsanwaltschaften bei des Konfiskation von Druckschriften.
In der Verfassungsurkunde wird die Preßfreiheit gewährleistet. Mit diesem Grundsätze stehen schon an und für sich die preßpolizeilichen Vorschriften des alten österreichischen Preßgesetzes und die Bestimmungen der Strafprozeßordnung über das Preßverfahren in schreiendem Gegensatz. Es wäre daher unbedingt geboten, ein Preßgesetz zu schaffen, welches den Grundsatz der Preßfreiheit tatsächlich verwirklicht. Die Èechoslovakische Republik entbehrt bisher nicht nur ein modernes Preßgesetz und ein modernes, den demokratischen Grundsätzen entsprechendes Verfahren. Es muß vielmehr festgestellt werden, daß die Praxis der aus dem alten Österreich übernommenen Vorschriften über die Presse vom einem weitaus reaktionären Geiste erfüllt ist, als im Österreich in den letzten Jahren vor dem Kriegssausbruche. Die Staatsanwaltschaften konfiszieren unter Berufung, auf den in den letzten Jahren vor Kriegsausbruch praktisch bereits nicht mehr angewendeten § 302 des Strafgesetzbuches Abhandlungen und Aufrufe wirtschaftlicher Korporationen, welche lediglich die theoretische Rechtfertigung immer gesetzlich anerkannten Ziele und die Aufforderung zur Förderung dieser Ziele beinhalten. Wäre schon die Heranziehung dieser erzreaktionären Bestimmung welche der weitesten Auslegung Spielraum läßt, zum Zwecke der Drosselung der Preßfreiheit eine Ungeheuerlichkeit, so wird die geübte Konfiskationspraxis zu einem Akte der krassesten Willkür, wenn man sieht, daß nur jene Druckschriften der Konfiskation verfallen, welche sich gegen die kapitalistischen und privatwirtschaftlichen Interessen kehren, während es keinem Staatsanwalt einfällt, Preßerzeugnisse zu konfiszieren, welche in Wahrung der kapitalistischen Interessen der besitzlosen Volksklassen angreifen und schädigen.
Ein Beispiel dieser krassen Willkür hat die Brünner Staatsanwaltschaft geliefert durch die Konfiskation des Leitartikels, welcher in der Nummer 12 vom 1. Dezember 1922 des Vìstník dìlnického potravniho spolku Vzájemnost-Vèela erschienen ist. Der Leitartikel ist ein Werbeartikel anläßlich der internationalen Genossenschaftswoche und die konfiszierten Stellen beinhalten nichts anderes als die bereits vielfach wiederholte theoretische Begründung der Notwendigkeit der Gennossenschaftsbewegung, sowie die Aufforderung an die Arbeiterschaft, den Genossenschaften beizutreten und dadurch ihre Untertützung den kapitalistischem Machthabern zu entziehen und auf dem Weg zur Sozialisierung fortzuschreiten, Diese Konfiskation gehört zu den krassesten Willkür
akten unter den zahlreichen Akten der Willkür bei Konfiskation von Druckschriften,
Die Gefertigten richten daher an den Herrn Justizminister folgende Anfragen
1. Sind dem Herrn Justizminister die Übergriffe der Staatsanwaltschaften, insbesondere der erben angeführten Übergriffe der Staatsanwaltschaft in Brünn bekannt?
2. Ist der Herr Justizminister geneigt, den Staatsanwaltschaften Weisungen zu eben, daß sie die staatsgrundgesetzliche gewährleistete Preßfreiheit zu wahren und respektieren haben?
Prag, am 12. Dezember 1922.
Dr. Czech, Dr. Haas, Taub,
Jokl, Heeger, Palme, Grünzner, Hillebrand, Hoffmann, Kaufmann, R. Fischer, Schweichhart, Hackenber, Hausmann, Schäfer, Dr. Holitscher, Blatny,
Roscher, Beutel, Hirsch, Deutsch, Häusler,
Pùvodní znìní ad XX/4041.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. H. Brunar und Genossen
an den Minister für Nationalverteidigung wegen des Erlasses des MNO. Zl. 643908 s. o. 39 ex 1922.
Auf Grund des Erlasses des MNO. Zl. 643.908 s. o. 39 ex 1922 wurden die Millitärpensisten aufgefordert, einen ihnen zugeschickten Fragebogen, in welchem sie ihre Zivilgebühren anzugeben haben, bis längstens 20. XI. 1922 auszufüllen, und einzusenden, widrigenfalls ihnen die Gebühren mit Ende des Jahres 1922 eingestellt werden würden.
Diene Drohung ist so ungeheuerlich, daß sie wie ein schlechter Witz erscheint. Denn auf die Gebühren, welche ein Pensionist bezieht, hat er auf Grund seiner Dienstzeit einen gesetzlichen Anspruch. Sie können ihm nur aus dem im Gesetz angegebenen Grunde anerkannt werden. Die nicht rechtzeitige Ausfüllung oder die Nichtausfüllung eines Schriftstückes ist aber kein gesetzlicher Grund.
Aus diesem Grunde fragen die Gefertigten:
1. Wie rechtfertig der Herr Minister den obzitierten Erlaß
2. Was bezweckt das MNO. mit dieser Aufforderung?
3. Ist der Herr Minister geneigt, den Erlaß zurückzunehmen?
Prag, den 12. Dezember 1922.
Dr. Brunar,
Dr. Lodgman, Dr. Keibl, Dr. Radda, Pittinger, Schälzky, Dr. Lehnart, Dr. Medinger, Kraus, Dr. Schollich, Matzner, Zierhut, Bobek, Böhr, Simm, Patzel, Ing. Kallina, Knirsch, Ing. Jung, Wenzel, Scharnagl
Pùvodní znìní ad XXI/4041.
Interpellation
des Abgeordneten Ing. Kallina und Genossen
an den Ministerpräsidenten, sowie au den Minister des Innern und den Minister für Schulwesen und Volkskultur
betreffend die Verwaltungs- und Schulverhältnisse in der deutschen Stadt Dobschau in der Slovakei,
Dobschau, die einzige deutsche Stadt des Komitates Gömör liegt im Quellengebiete der Sajó inmitten hübscher Wäldern in freundlichem Hügelland. Die Stadt verfügt über große Waldungen und bedeutende Gruben, die Bevölkerung verarmt aber allmählich infolge des Unterganges des Bergbaues, demzufolge ist die Auswanderung nach Amerika sehr beträchtlich. Die Zahl der Einwohner betrug im Jahre 1880 noch 5592, i J. 1910 5011, i. J. 1919 4568.
In den früheren Zeiten wurden zumeist Eisenerze gegraben, später verlegte man sich auf Kobalt und Nickel. Die weltberühmtem Kobaltgruben am Czemberg waren siet dem Jahre 1830 in Betrieb, erst in den letzten Vorkriegsjahren wurden sie von der australischen Konkurrenz stark bedrängt. In der Umgebung von Dobschau standen bis zur allerletzten Zeit zahlreiche Gruben und Hütten in Betrieb, von welchen besonders die ärarischen, die fürstl. Koburgschen, die Werke der RimamuránySalgótarjáner A.-G, die Eisenbergwerke des Grafen Dyonis Andrässy und des Eisenwerkes Concordia erwähnt zu werden verdienen.
Die Stadt wird in einem Freibrief Bélas IV. i. J. 1243 unter dem Namen Topsucha zum erstenmale erwähnt. Der Ursprung der Stadt Dobschau ist eigentlich bis zum Jahre 1326 zurückzuführen. Im XV. Jh. entstand zwischen den Besitzern des Gebietes;, den Familien Bebek und Csetneki ein langwieriger Streit, welcher den Bergbau von Dobschau unterbunden hat. Im Jahre 1417 hatte Dobschau allerdings den Charakter einer Bergstadt und erhielt vom König Sigismund Schwert und Marktrecht. Der Bergbau erfuhr besonders unter König Mathias einen Aufschwung, da er die Gruben von Dobschau gegen die gewaltsamen Enteinungen des Georg Bebek unter seinen Schutz stellte. Im XVII. Jh. erlitt die Stadt - nachdem sie seit 1556 unter türkischer Herrschaft war und i. J. 1584 auch niedergebrannt wurde - infolge der Gewalttaten der Gutsherren entsetzliche wirtschaftliche Schäden, doch wurde sie ihrer Freiheit nicht beraubt. Zu den Zeiten Thökelys und Räköczis bestand in Dobschau eine Waffenschmiede, welche aber infolge des Sturzes Rákóczis auch zugrunde ging.
Nach der Ära Ráköczis wurde die Stadt vom Gutsherren Paul Lány stark bedrängt, so daß sie beim König Schutz suchte; als Ergebnis kam im Jahre 1733 vor der Zipser Kammer eine derartige Vereinbarung zustande, welche die Stadt Dobschau in ihre alten Rechte versetzte; die Stadt übte bis zum Jahre 1780 auch das Recht der Grubendonation aus. Im XVI-XVIII, Jh. wurden außer Eisenauch andere Erze gegraben, in ihrer eigentlichen Blüte standen die Bergwerke aber im XIX. Jh., seitdem am Czemberg nach den bis dahin als Wertlos gedachten Kobalt- und Nickelerzen gegraben wurde.
Seit dem Kriegsende ist Dobschau gleich dem Gölnitztale lahmgelegt, die allgemeine Wirtschaftskrise traf auch diese einst blühende Stätte deutschen Fleißes. Die deutsche Bevölkerung ist ihres Erwerbes, aber auch ihrer Schulen und ihrer Sprachrechte beraubt. Dobschau leidet unter der Gewalt der Machthaber und ist der Slowakisierung preisgegeben!
Dobschau leidet schwer unter der gewaltsamen Unterdrückung der neuen Machthaber und der neu eingesetzten Behörden. Jahrhunderte hindurch brachte deutscher Fleiß und deutsche Arbeit die Stadt auf ein hohes wirtschaftliches und kulturelles Niveau, die brutale Gewalt will aber heute von dem, was deutsch war und deutsch geblieben ist, nichts wissen. Wider Gesetz werden die Rechte der Deutschen in verhöhnender Weise mißachtet, in Schule und Verwaltung soll alles slovakisiert werden,
Trotzdem die in den staatl. Schulen eingeschriebenen Kinder zu 75-80% Deutsche sind, wird im der Volksschule slovakisch, in der Bügrerschule èechisch unterrichtet. Die Abordnungen der interessierten Eltern erhielten zahlreiche Versprechungen in Prag und Preßburg, verwirklicht wurde aber keine. Der Schulminister Habrman erklärte den Vertretern der Bevölkerung, Dobschau sei slovakisch und müsse auch slovakisch bleiben. Die Herren Lichener, Gäl, Èäjda verhinderten in wohlwollender Weise bis nun die Eröffnung der deutschem Schulen.
Diese entsetzlichen Schufverhältnisse finden in jenen der Verwaltung ein würdiges Gegenstück. Im April 1919 wurde von den städtischem Beamten der Treueid für die Republik gefordert. Da ihn diese mit Berufung darauf, daß die Friedensverhandlungen noch nicht stattgefunden hätten, verweigerten, wurden sie einfach davongejagt. An Stelle der alten Beamten kam ein Tierarzt-Bürgermeister, Schlosser-Obernotar, StraßenarbeiterStadthauptmann, Waldheger-Waldmeister - also alle vom Fache, mit der nötigen Qualifikation! Der Waldheer, der jetzt Waldkurator und Gemeinderichter, also sein eigener Vorgesetzer in einer Person ist - verfügt über einen diplomierten Forstingenieur und regiert, wie ein Pascha, der Zsupan sagt aber zu allem Ja und Amen. Der Herr Waldheer - Richter ist zugleich Schulstuhlpräses und hat seit zwei Jahren jetzt zum erstenmal dem Schulstuhl einberufen; er hat Arbeiten, welche von städtischen Steuergeldern bezahlt werden müssen, ohne den Magistrat zu befragen, vergeben und begründete dieses Vergehen damit, daß die ganze Sache die Gemeinde überhaupt nichts angehe. Er hat das Präliminar uns Doppelte überschritten, und schaltet und waltet ganz eigenmächtig. Der Herr Waldheger-Richter bezieht außer seinen Bezügen als Richter auch die des Waldkurators (eine Stelle, die er für sich geschaffen hat), obzwar zu dieser Arbeit ein dipl. Forstingenieur angestellt ist.
Obendrein genießt er freilich seine alten Naturalbezüge, welche er als Waldheger genossen hat. Dieser berüchtigte Herr hat mit seinen Gesinnungsenossen der Danubius A-G. eine Kaution von 700.000 K nachgesehen, obzwar die genannte A.-G. zur Entrichtung derselben vertragsmäßig verpflichtet gewesen wäre. Statt sieben wurden nur einmalhunderttausend Kronen entrichtet.
Nun, da dieser Herr die Slovenská Beseda derart bevorzugte, daß dieselbe sich trotz Verbot in der Schule eingerichtet hat und auf Kosten der Gemeinde Holz und Licht verbraucht, darf nach diesem Berichte keinen wundern,
Die Gefertigten richten mit Rücksicht auf diese unerhört skandalösen Zustände an den Herrin Ministerpräsidenten und die genannten Herrn Ressortminister die Anfrage:
1. Sind der Regierung die in Dobschau herrschenden Zustände bekannt?
2. Was gedenkt die Regierung zu tun um diese allen Rechtsverhältnissen hohnsprechenden Zustände ehestens zu beseitigen?
Prag, am 12. Dezember 1922.
Ing. Kallina,
Dr. Brunar, Dr. Radda, Dr. Medinger, Bobek, Simm, Knirsch, Ing. Jung, Wenzel, Patzel, Böhr, Zierhut, Dr. Petersilka, Kraus, Dr. Lehnert, Dr. Keibl, Schubert, Dr. Schollich, Dr. E, Feyerfeil, Dr, Lodgman, Matzner,
Pùvodní znìní ad XXII/4041.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Rudolf Lodgman und Genossen
an den Minister des Innern
in Angelegenheit der Pfändung von Gemeindeumlagen durch die politische Bezirksverwaltung Böhm. Leipa,
Mit den Bescheiden vom 10. November 1922, Z. 48.402, und vom 3. Dezember 1922, Z. 49,701., hat die politische Bezirksverwaltung in Böhm. Leipa zum Zwecke der Einbringung der Kosten der zwangsweisen Anbringung der neuen Ortstafeln die Pfändung der vom Steueramt in Böhm. Leipa für die Rechnung dieser Betrage von 1500 K bezw. 2000 K angeordnet und das Steueramt angewiesen diese Beträge an die politische Bezirksverwaltung abzuführen,
Die gegenständlichen Vollstreckungsverfügungen der politischen Bezirksverwaltung sind gesetzwidrig,
1. Nach § 8 des Gemeindefinanzgesetzes vom 12. August 1921, Slg. Nr. 329, ist die Wirtschaft der Gemeinde in den Grenzen des Voranschlages
zu führen. Nach § 5, Absatz 2, dieses Gesetzes unterliegen Verschiebungen in den Ausgabs- und Einnahmsposten des Voranschlages der Genehmigung der unmittelbaren Aufsichtsbehörde (d. i. der Bezirksverwaltungskomissions). Die politischen Behörden sind nicht berechtigt, den Haushaltsplan der Gemeinden zu ändern und die voranschlagmäßige Gebahrung durch Eingriffe zu stören. Der Weg, auf welchem allein die Gemeinde zur Erfüllung einer öffentlichen ihr nach dem Gesetze obliegenden Leistung oder einer auf einem vollstreckbaren Titel beruhenden Geldleistung verhalten werden kann, ist im § 7, Absatz 3, des bezogenen Gesetzes zwingend vorgezeichnet. Wenn das Vorgehen der politischen Bezirksverwaltung Schule macht, müßte die größte Verwirrung in den Gemeindehaushältern eintreten,
2. Nach § 15 der Exekutionsordnung vom 27. Mai 1896, R. G. Bl. Nr. 79, kann gegen eine Gemeinde die Exekution zum Zwecke der Hereinbringung von Geldforderungen, falls es sich nicht um die Verwirklichung eines vertragsmäßigen Pfandrechtes handelt, nur in Ansehung solcher Vermögensbestandteile bewilligt werden, welche ohne Beeinträchtigung der durch die Gemeinden zu wahrenden öffentlichen Interessen zur Befriedigung des Gläubigers verwendet wenden können. Diese Exekutionsbeschränkung muß ebenso wie für das gerichtliche auch für das administrative Vollstreckungsverfahren gelten. Die im Beschwerde gezogenen Verfügungen der politischen Bezirksverwaltung verstoßen auch gegen dieses Gesetz, da sie die durch die Gemeinden zu wahrenden öffentlichen Interessen durch Entziehung der hierfür bestimmten Einnahmen beeinträchtigen,
3. Das administrative Vollstreckungsverfahren kennt die Pfändun von Forderungen und die Erlässe von Drittverboten nicht. Die politische Bezirksverwaltung hat nun Forderungen der Gemeinden gegen das Steueramt gepfändet und an das Steueramt ein Drittverbot erlassen. Daß es sich nicht um Bargeldpfändung, Sendern um Pfändung einer Forderung handelt, geht daraus hervor, daß die beim Steuermte eingezahlten und nunmehr gepfändeten Gemeindeumlagen den Gemeinden noch nicht übergeben, als nach nicht in ihrem Besitz und gewahrsam sind. Die politische Bezirksverwaltung hat also einen auch formell gesetzwidrigen Vollstreckungsakt gesetzt.
Die Gefertigten fragen den Hern Minister des Innern, ob ihm der geschilderte Vorfall bekannt ist und ob er bereit ist, die gesetzwidrige Verfügung von amtswegen aufzuheben,
Prag, den 15. Dezember 1922.
Dr. Lodgman,
Ing. Kallina, Dr. Radda, Dr. Scholich, Dr. E. Feyerfeil, Knirsch, Patzel, Mark, Bobek, Böhr, Dr. Brunar, Zierhut, Dr. Keibl, Dr. W. Feierfell, Dr. Lehnert, Dr. Petersilka, Dr. Medinger, Matzner, Dr. Spina, J. Mayer, Kraus, Wenzel, Inž. Jung,