Pùvodní znìní ad I./4229.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Ernst Schollich und Genassen
an den Justizminister
wegen der unausgesetzten und ungerechtfertigten Beschlagnahme des Südmährerblattes in Brünn.
Das Südmährerblatt in Brünn verfiel in seinen Folgen 131, 133, 134, 135 u. 136 an einer ganzen Reihe von Stellen der Beschlagnahme.
Die beschlagnahmten Stellen haben folgenden Wortlaut:
Folge 131: I. Es rast die See, die will ein Opfer haben. In diesem vergifteten Dunstkreis spielt sich der Spionageprozess gegen zwei Deutsche ab - Und der eine von ihnen ist der bestgehasste deutschnationale antisemitische Abg. Dr. Baeran, mit dem die Herren Tschechen schon längst ein Hühnchen zu rupfen lüstern waren. Mit welch boshafter Schadenfreude man gerade über ihn jetzt zu Gerichte sitzt, verrät der tschechische Berichterstatter der Prager Presse mit seiner giftigen Feder, der Baerans Politik damit kennzeichnen will, dass sie nur von dem einen Gedanken geleitet sei, den Staat zu entwürdigen, zu verleumden, die Staatsverwaltung in ununterbrochenen Angriffen zu zermürben und anstelle der blühenden Staatsgemeinschaft einen Trümmerhaufen zu setzen, auf dem sich er und seine Freunde als Triumphatoren auftun wollten.
Und nun ergibt sich die merkwürdige Tatsache, dass alles, was der deutsche Abgeordnete in unermüdlicher Tätigkeit zutage gefördert hat, dass alle seine Anklagen, die er in ernsthafter Auffassung seiner Pflicht als Volksvertreter gegen die rohe Vergewaltigung der unterdrückten Nationen und gegen die Korruption in diesem Staate im Volkshause, in Versammlungen und Zeitungen erhoben hat, aus durchaus Leuteren Quellen stamme - nicht deutsche, sondern vor allem tschechische Offiziere und Mannschaften waren seine wichtigsten Mitarbeiter und Helfershelfer -, dass er trotz aller Kreuz - und Querfragen seitens der Richter, des öffentlichen Anklägers, der Zeugen und Sachverständigen über jeden Verdacht einer Ausspähung geheimer, militärischer Vorkehrungen zugunsten eines fremden Staates, sowie der Verbindung mit unlauteren Elementen, bezahlten und unbezahlten Spitzel, erhaben ist. Auch die verschiedenen wiederholten Gegenüberstellungen mit Leutnant Nowakovsky, Schwabe und anderen verliefen ergebnislos und lieferten der Anklage keine Unterlage.
II. So erhalten die Verhältnisse in diesem Staate durch diesen Ausspähungsprozess eine eigentümliche Beleuchtung: Die Pfeile fallen zurück auf den der sie ausgeschleudert. Wer der wahrhaft Schuldige ist, kann nicht zweifelhaft sein, wenn man bedenkt, wie der geheime Nachrichtendienst des tschechischen Generalstabes sich mit unzuverlässigen Kreaturen umgibt und sich ihrer bezahlten nichtswürdigen Dienste bedient, um die parlamentarische Tätigkeit mißliebiger Abgeordneter zu belauern und ihnen alle nur erdenklichen Fallen zu stellen. Die Haltung und die Aussagen des vom öffentlichen Ankläger aufgerufen Kronzeugen, des Majors Soukup, sprechen dafür. Sogar die Verlesung von Versammlungsreden des Abg. Dr. Baeran, die doch unter behördlicher Aufsicht stattfanden und in Zeitungen, wie im Brünner Montagsblatt vom Stifte des staatlichen Zensor unbehelligt erscheinen durften, muss dem Zwecke dienen, Belastungsmaterial für den Angeklagten herbeizuschaffen. Es drängt sich dem unbefangenen Beobachter die Meinung auf dass solche Reden und Zeitungsartikel eben deswegen unbeanstandet geblieben sind, damit man sie bei gegebener Gelegenheit - eben jetzt beim Spionageprozess mit umso grösseren Nutzen verwenden konnte. Ferner sei die Frage erlaubt, ob in einem anderen Staate bei einem ähnlichen Gerichtsverfahren der Oberst Rauschwitz, der vom Angeklagten in offener Gerichtssitzung als Urheber und Organisator der Zuträgerwirtschaft - in Deutschland habe er unter dem Titel einer harmlosen Handelsgesellschaft Hansa ein ganzes System von Spionage eingerichtet - bezeichnet wird, als Sachverständiger möglich wäre. Man bedient sich der heute so leicht käuflichen Leute (Konfidenten), die in Budapest Spionage gegen die Tschechoslowakei und umgekehrt in Prag Spionage gegen Ungarn betreiben und lässt sie dann, wenn man ihrer Dienste nicht mehr bedarf, über die Grenze irgendwohin entkommen. Ein solcher Verbrecher und politischer Hochstapler, ein durch und durch anrühriges Individuum ist dieser Holdinger der ruhige harmlose Staatsbürger mit seiner stets vollgefüllten Geldtasche zu Brandreden, Aufruhr und politischen Mordtaten aufzureizen suchte und als agent provocateur auch den Abg. Dr. Baeran wie ein köstliches Fangwild einzukreisen suchte, der sogar die Stirn noch an ihn, als er bereits in Untersuchungshaft war, unter nichtssagenden Gründen heranzuschleichen.
Die hochnotpeinliche Untersuchung gegen Dr. Baeran in der Spionagesache ergab nichts belastendes. Die Umtriebe des Holdinger-Schufterle hat der Abg. Dr. Brunar übereinstimmend mit den Aussagen des Angeklagten bestätigt, mit neuen Enthüllungen bereichert und in einwandfreier Weise dargestellt.
Der Entlastungszeuge, Abg. Knirsch der Deutschen Nationalsozialist Eschen Arbeiterpartei, dessen Auftreten und Aussagen einen vorzüglichen Eindruck machten, wenn wir nicht irren, selbst auf die Geschworenen, konnte im grossen ganzen nur bestätigen, dass Aufmarschpläne... nicht nur Dr. Baeran sondern auch andere deutsche Abgeordnete von einem Diplomaten (nicht aber von Bojnocy) bekanntgemacht wurden und begreiflicherweise ihre besondere Aufmerksamkeit erregten. Vergeblich bemühten sich die militärisch und national interessierten Funktionäre des Gerichtsverfahrens, den peinlichen Eindruck dieser Enthüllungen in Anbetracht der vom Aussenministerium als korrekt bezeichneten Beziehungen der Republik... zu verwischen.
Man kann ruhig behaupten, dass Baerans Fall vom juristischen Standpunkte günstig steht, d. h., dass der Angeklagte vor einem Richter-Senate gut bestehen würde. Anders steht es mit der psychologischen Atmosphäre, in der sich der Prozess abspielt. Wie eine dunkle, schwere Gewitterwolke lastet und brütet die tschechische Mentalität (noch immer Kriegspsychose) über dem Haupte des zu Unrecht Beschuldigten, die selbst trotz aller günstigen Umstände, namentlich in dieser Zeit der politischen Hochspannung, ein Opfer zu fordern scheint.
III. Auch die Untersuchungen des Stinkbombenwurfes, ergaben wesentlich nichts neues. Der Ankläger liess zwar mindestens ein Dutzend Zeugen einvernehmen, die widersprechenden Angaben machten und vor allem weder die Geschworenen noch die Zuhörer davon überzeugen konnten; dass das von D. Baeran angewendete Obstruktionsmittel oder nach seiner Absicht Demonstrationsmittel einen ernsten Schaden anzurichten geeignet wäre. Die Ungefährlichkeit dieses Spielzeugs wurde vom Zeugen, bezw. Lieferanten Schottak aus Brünn einwandfrei nachgewiesen. Dasselbe gilt von den Glassplittern, die auf den Boden verstreut waren, - kleine Fragmente von seidenpapierdünnen Beschaffenheit - die, selbst wenn sie jemanden ins Gesicht gefallen wären, nicht hätten verletzen können. Der ganze aufgebotene Apparat, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen, erwies sich demnach als verlorene Mühe, vielleicht zum Verdrusse einiger radikaler Heissporne. Interessant war die Feststellung, dass schon einmal, einige Zeit vor Baerans Stinkbombe, im Abgeordnetenhause sich die Wirkung einer solchen bemerkbar machte - der widerliche Gestank. Damals hat die Perolinspritze ihre Pflicht getan und im übrigen liess man die Sache ungeschoren und ununtersucht. Wie der Präsident Tomášek zu Protokoll gab, seien die Herren damals mit dem Gestank genug bestraft wegesen.
Derselbe Zeuge hatte auch in einer klugen Denkweise die richtige Empfindung, dass diese Sache nicht zum Gegenstand eines Strafverfahrens gemacht werden könne und solle. Anderer Meinung war das Präsidium des Abgeordnetenhauses, dessen.. namentlich gegen Dr. Baerans missgünstiger Gesinnung man es zuzuschreiben hat, dass sich eine ernste Gerichtsversammlung um diese Sache, wahrhaftig eine blosse Lappalie tagelang bemüht, und Zeugenverhöre vornehmen lässt. Eine lichtvolle Darstellung der damaligen Ereignisse und Begleitumstände der denkwürdigen Sitzung des Abgeordnetenhauses vom 27. Jänner 1922 gab wiederum der Abg. Knirsch, der, ähnlich wie sein Kollere Wenzel von der Nationalsozialistischen Arbeiterpartei, die ungeheure Erregung der oppositionellen Abgeordneten in allen Farben schilderte, einerseits über die unerhörte Zensur der Rede des Kommunisten Haken durch den Präsidenten, andererseits über dessen Starrsinn, ungeachtet aller Lärmszenen den blossen Schein der ungestört fortlaufenden Sitzung erwecken zu wollen. Die Gutachten der ärztlichen Sachverständigen Prof. Dr. Slavík und Dozent Dr. Kalmus, lassen sich folgendermassen kurz zusammenfassen: So ungünstig der erstere lautet, so wurde der ungünstige Befund durch das letztere zur Gänze aufschoben, da unter den gegebenen Umständen und in der Situation, wie sie in der Sitzung am 27. Jänner vorlag, die Gefahr einer körperlichen Verletzung für alle Umstehenden ausgeschlossen war.
Sein überaus stark betontes Nationalgefühl reisst ihn zuweilen mit sich fort und verleitet ihn zu vorschnellen Massnahmen, so gegen den Verteidiger Dr. Goller und dessen Kanzleifräulein, aber auch zu einem gehässigen Tone, sei es gegen den Angeklagten, sei es selten die Verteidigung nm allgemeinen. Teilweise verständlich, da die Národní Listy während der Verhandlung einmal ihrer Unzufriedenheit mit der Angriffslust des Staatsanwaltes Ausdruck gab. Er lässt Protokolle verlesen, die für den Angeklagten Ungünstiges behaupten wollen und Dinge zur Sprache bringen, aus dessen Tätigkeit als Abgeordneter, die durchaus nicht zur Sache gehören. Hier ist besonders der Bericht der Brünner Polizei zu erwähnen, worin dem Dr. Baeran allerlei Verbrechen angedichtet werden, die vollständig um beweisbar sind und eben wegen des Mangels in Beweisen dem verhassten deutschen Abgeordneten aufgebürdet werden. Der Angeklagte selbst hat die Art dieser Beweisführung mit allerlei unbewiesen en Klatschgeschichten als überaus gehässig bezeichnet und nur dazu bestimmt, um die Geschworenen in ungünstigem Sinne zu beeinflussen. Die übrigen Mitglieder des Gerichtshofes tragen äusserlich Ruhe und Gelassenheit zur Schau; ob sie nicht auch innerlich mit der Gereiztheit des Staatsanwaltes aus demselben Beweggrunde einverstanden sind, wird man schwer entscheiden können.
Unter den Belastunszeugen scheinen auch manche ihren Stolz darein zu setzen, dem Angeklagten etwas am Zeug zu flicken, so z. B. der in der Stinkbombengeschichte als Zeuge einvernommene Sekretär des tsch. nat. soz. Abgeordnetenklubs, Dr. Kahánek, der Vertreter jener Partei, wie Dr. Baeran sagte, die ihn am meisten hasse. Ebenso werden vom Staatsanwalt Erwähnungen aus dem Buche Kaháneks Wie die deutschen Parlamentarier im Parlamente reden getan, die mit der Prozessache als solcher in gar keinem Zusammenhange stehen. Der in der Spionagegeschichte einvernommene Untersuchungsrichter Dr. Stivan, ein blutjunger Mensch, der sich angesichts seiner hohen Vorgesetzten seiner unangenehmen Aufgabe in sichtlich gezwungener Weise entledigt, nimmt die und da Zuflucht zu der ständigen Redewendung, er habe die Reden Baerans gegen Hofdinger im Zusammenhange nicht verstanden; diese Art der ablehnenden Verantwortung kann nun freilich müht näher nachprüfen, jedenfalls ist sie sehr bequem und kennzeichnet den Nonsens der hierzulande üblichen Sprachenpraxis, einen deutschen Angeklagten einem Untersuchungsrichter zu überantworten, der die Sprache desselben nicht oder nicht genügend beherrscht. Recht bedenklich erscheint auch der Umstand, dass der Untersuchungsrichter zufällige Gesten und Handbewegungen Dr. Baerans in einem für diesen nachteiligen Sinne auslegt (so die angeblich bittende Pose gegen Schwabe, den der Angeklagte nicht einmal sehen konnte), ferner, dass er dem Angeklagten den Einblick in wichtige Aktenstücke verweigert hat - derselbe Vorwurf trifft den Staatsanwalt hinsichtlich zahlreicher Protokolle und belastender Aussagen -, sodass der Angeklagte erst während der Verhandlungen davon erfährt, ein merkwürdiger Vorgang, den auch der Verhandlungsleiter gegenüber dem Zeugen Dr. Stivan mit sichtlicher Unruhe zur Kenntnis nimmt.
Was die Sachverständigen betrifft, so nimmt unter ihnen der Oberst Rauschwitz gegen den Angeklagten eine besondere Haltung ein. Es ist kaum zu glauben, dass dieser Mann, noch so jung an Jahren, schon einen so hohen militärischen Rang einnimmt; der Prager Volkswitz sagt, er habe mehr Dienstjahre, als Altersjahre. Er verschmähte es auch nicht, sich mit den militärischen Zeugen - unbemerkt zwar von dem Vorsitzendem aber nicht von anderen Umstehenden - durch Zeichen zu verständigen (so einmal mit Oberstleutnant Soukup mit seiner Notizbuch, dann wieder mit dem Stabskapitän Miloš Weiss durch eine entschiedene Kopßbewegung). Und wenn er, wie so häufig, die ernsten Verhandlungen mit spöttischem Lächeln und anderen Aeusserungen der Voreingenommenheit begleitet, so kann man sich des Eindruckes nicht erwehren, dass dieser Mann, in Anbetracht des offenkundigen Mangels wirklich beweiskräftigen Anklagestoffes, von dem Bewusstsein des heute fast allein herrschenden Grundsatzes Macht geht vor Recht beherrscht wird.
Folge 133: I. Merkwürdig, seit der Tschechenstaat besteht, immer ist er in Gefahr - seit Deutschland durch schamlosen Verrat und durch den... frieden von Versailles entwaffnet und besiegt wurde, ist der Frieden und die Rune aus Europa verschwunden. Das monarchistische Deutschland mit seinem schlagfertigen Meere erhielt unserem Weltteile durch 44 Jahre den Frieden. Die Demokratie, die in dem dunklen Mächten gegen Deutschland angezettelten Weltkriege zu Siege gelangte, ist nicht im Stande Ruhe, Ordnung und Frieden zu schaffen. Das sollte zu denken geben.
II. Denn schon schreit der Poincarésche Pöbel in Paris nach dem Vormarsch nach Berlin. Da mögen sich wohl neue kühne Hoffnungen in der Brust so manches vom Grössenwahnsinne besessenen Tschechengehirnes regen. Vielleicht verwirklich dir Grosse Bruder aus Paris die Träume, die den Hradschin umgaukeln...
III: Verehrte Gnädige Frau! Der Parlamentarische Klub der deutschen Nationalpartei hat soeben einen Bericht über den Verlauf des Prozosses gegen Ihren Herrn Gemahl unseren treuen Parteigenossen, entgegengenommen und mich beauftragt. Ihnen die aufrichtigste Anteilnahme der Partei zum Ausdrucke zu bringen.
Die Umstände, unter denen sich das Gerichtsverfahren abgespielt hat, haben keinen Zweifel darüber gelassen, dass es sich der tschechischen Politik und die Beseitigung eines unbequemen und gefährlichen Gegners handelte. Nicht um die Verweisung des Prozesses an die an sich unzuständigen Prager, also tschechischen Geschworenen, sondern auch die Beeinflussung der Geschworenenbank durch die tschechische Presse im Sinne des Schuldspruches, das Verhalten der Zuhörer, die Anrufung patriotischer Gefühle gegenüber einem angeblichen Staatsverbrecher und die auf der Geschworenenbank wiederholt zutagegetretene gehässige Voreingenommenheit gegenüber dem deutschen Beklagten deutschen dahin, dass das Gerichtsverfahren trotz ausstehender Beweise mit einem Schuld -, also Fehlspruche Buden würde.
Wir mussten daher nach der ganzen Sachlage mit der Verurteilung Ihres Herrn Gemahls rechnen, wir sind aber geradezu entrüstet, und erschüttert durch die Annahme entehrender Beweggründe der Tat, die selbst der Staatsanwalt zu behaupten nicht gewagt hat und die wir als Kenner der politischen Tätigkeit Dr. Baerans der ganzen Oeffentlichkeit gegenüber mit Verachtung zurückweisen.
Trotzdem wollen wir an den uns gesteckten Zielen festhalten und die unvermeidlichen Opfer unseres Kampfes in dem Bewusstsein tragen, dass sie schliesslich nicht umsonst gebracht sein werden.
Wir halten es für unsere und des ganzen deutschen Volkes selbstverständliche Pflicht, Ihnen unsere Kräfte zur Verfügung zu stellen, um wenigstens von Ihnen die Folgen dieses Prozesses fernzuhalten, soweit die in unserer Macht steht.
Nehmen Sie, verehrte Gnädige Frau, nebst dieser Versicherung den Ausdruck unserer Verehrung entgegen.
Abg. Dr. Lodgman. |
Gleichzeitig wurde beschlossen, den Parteistellen die Sammlung von Geldmitteln für den Fond politisch Verfolgter nahezulegen, da die Kosten der Verteidigung und die sonst mit denn Prozess verbundenen Auslagen sonder Partei aufgebracht werden müssen. Im übrigen wird der parlamentarische Klub die nächste Gelegenheit im Abgeordnetenhause oder Senate benützen, und das Vorgehen der tschechischen Behörden gegen Dr. Baeran entsprechend zu beleuchten. Weder das offenbare Fehlurteil der Geschworenen; noch die gehässige Annahme entehrender Beweggründe der Tat vermögen die Partei in ihrer politischen Richtung wankend zu machen, sondern legen ihr umsomehr die Pflicht auf, gegen das hier herschende System vorzugehen.
Der Klub empfiehlt den Parteistellen, in Versammlungen und Kundgebungen oder in sonst zweckdienlicher Form gegen das herrschende Verfolgungssystem, wie es sich im Prozesse Baeran darstellt, Stellung zu nehmen.
IV. Der Klub der Deutschen Nationalpartei erhebt gegen dieses Vorgehen des tschechischen Gerichtsvorstandes schärfsten Widerspruch und stellt fest, dass es sich nicht nur als Willkürakt. sondern auch als gröbliche Verletzung der in den Gesetzen niedergelegten Wahlpflicht darstellt, die sich wiederum in Form der Listen -, also Parteiwahlrechtes abspielt. Folgerichtiges Denken müsste daher zur Anschauung führen, dass es eines jeden Wahlpflichtigen Recht sei, die verschiedenen Parteianschauungen zu verfolgen und kennen zu lernen, und dass es unzulässig sei, wenn die Staatsbehörden jemanden, den sie selbst zur Wahl verpflichtet haben, dieses Rechtes berauben wollen. Die willkürliche Unterscheidung des Herrn Oberlandesgerichtsrates Frybes in staatsfreundliche und staatsfeindliche Parteien kann an diesem Verhältnisse nichts ändern, zumal die Nationalpartei dem Gerichtsvorstande von Teplitz das Recht bestreitet, über die Wertung von Parteien zu entscheiden. Die gegenwärtige Richtung der Staatspolitik erklärt die Deutsche Nationalpartei für ebenso staatsfeindlich wie die slowakische Volkspartei oder die kommunistische Partei und es müsste bei Anerkennung solcher Anschauungen dahin kommen, dass man den Staatsbeamten schliesslich verbietet, die eine oder die andere Partei zu wählen. Dies aber bedeutet begreiflicherweise die Rückkehr zum alten Polizeistaate, welcher die Staatsbürger nach ihrer Gesinnung eingeschätzt und behandelt hat.
Aus allen diesen Gründen fordert die Deutsche Nationalpartei die Unterlassung derartiger Willkürakte und spricht die Erwartung aus das die Präsidenten der beiden Kammern gegen dieses Vorgehen im Namen der Demokratie Einspruch erheben werden.
V. Aus Leserkreisen wird uns geschrieben:
Bitte Sie hiemit freundlichst, in Ihrer nächsten Blattfolge die Anschrift der Frau Doktor Baeran, der Gattin unseres geblieben Abgeordneten Dr. Alois Baeran, bekannt zu geben, damit es den deutschgesinnten Bewohnern dieses Freistaates möglich gemacht wird, sich mit Frau Baeran in Verbindung zu setzen, und ihr, die durch das Urteil über den Gatten in eine bedrängte Lage geraten ist, unsere, vom Herzen kommende Hilfe unmittelbar abgedeihen lassen zu können.
In unserem Herzen war Dr. Alois Baeran immer geschätzt. Er war nicht nur ein aufrechter Kämpfer für unser Recht und unsere Freiheit, sondern auch derjenige, der die meisten Korruptionen aufgedeckt hat. Er tat dies im alten Oesterreich und hat dies auch jetzt. Er war und ist ein unbeugsamer, offener, ehrlicher Charakter, den jeder ohne Unterschied der Gesinnung schätzen und lieben muss, weil solche Männer sehr dünn gesät sind.
Unsere Liebe zu ihm kann nichts Abbruch tun.
Mit deutschem Grusse Ihr
stets ergebener (folgt Unterschrift) |
Solche und ähnliche Briefe erhalten wir täglich in Mengen, deshalb geben wir auf diesem Wege allen Freunden, Anhängern und Parteigenossen unseres Abgeordneten die Anschrift seiner Gattin bekannt:
Frau Anni Baeran, Brünn, Bäckergasse 7, I. Stock.
VI. Es dürfte keinen Deutschen geben, der nicht an diesem in der Geschichte des Rechtslebens unerhörten Prozesse Interesse hätte.
Wir empfehlen die Broschüre auch den Büchereien einzuverleiben, als ein geschichtliches Dokument, das für immerwährende Zeiten beweist, wie in diesem Freistaate die freigewählten Vertreter unseres Volkes gerichtet werden, wie es unter dem demokratischen Regime um Recht, Gesetz, Freiheit und um die hochgepriessene Kultur des 20. Jahrhunderts bestellt ist.
VII....
VIII. Im alten Osterreich hätte er selbstverständlich ein solches Ansuchen glatt abgelehnt, denn damals galten noch die Gesetze, heute aber gilt die Willkür tschechischer Výbory, nach deren Pfeife die Herren Bezirkshauptmänner tanzen. Ueber dieses Verhalten des Herrn Ministerialrates wird noch ein Wort zu reden sein, allein wichtiger ist, dass die Schrift mit Ihren Karten zur Kenntnis der reichsdeutschen und österreichischen Oeffentlichkeit gelangt. Das Sudetendeutschtum bedarf der Aufklärung über den tschechischen Imperialismus... selbstverständlich nicht, wohl aber muss die reichsdeutsche und österreichische Oeffentlichkeit bei jeder Gelegenheit über das wahre Gesicht der Tschechen aufgeklärt werden, und das wird ausgiebig geschehen, wie wir dem Herrn Ministerialrate Hesslova mitteilen können.
Folge 134: I. Aber die Bestialitäten der Franzosen im besetzten deutschen Gebiete unterscheiden sich nicht im geringsten von dem Hausen der wilden Söldnerhaufen vor 300 Jahren. Denn gegen die Bevölkerung waren die ärgsten Ausschreitungen erlaubt. Plünderung, Diebstahl, Raub, Mord, Schändung, Notzucht waren damals Spässe, mit denen die rohe Soldateska sich selbst bei guter Laune erhielt. Klagen darüber fanden bei den Befehlshabern taube Ohren. Jeder Durchmarsch glich einem verheerenden Orkan. Die Soldaten lebten mit Dirnen in einer Art von wildem Haushalt, wodurch sich der Tross ins Ungemessene vermehrte, sodass das mitlaufende Gesindel das eigentliche Heer oft an Stärke übertraf. Die Massen erhielten sich lediglich durch Beutemachen und Plünderung. Im endlosen Zuge, mit Wagen und Packtieren wälzte sich die Masse vorwärts, sie fiel wie ein Heuschreckschwarm in Städte und Dörfer, ass auf, was sie konnte, nahm mit, was ihr gefiel, und zerstörte, was sie nicht brauchte. Die Bauern mussten ihr letztes hergeben: Geld und Brot, Rosse und Wagen, Futter und Vieh - ja aus dem eigenen Hause wurden sie vertrieben, ihre Frauen und Töchter misshandelt, der Hausrat geplündert, zerschlagen, beschmutzt, vernichtet. Jeder Ungebühr war der Bauer preisgegeben, während die Städte mit ihren festen Mauern doch einigermassen gegen die Gewalttaten der rohen Banden geschützt waren.
Der Fortschritt des 20. Jahrhunderten besteht darin, dass dies alles, was damals im 30jährigen Kriege geschah, heute mitten im Frieden von den Franzosen, einem angeblichen Kulturvolke; in deutschen Landen verübt wird. Keine Schandtat des vor 300 Jahren geführten Krieges gibt es, die sich nicht heute am Rheine oder im Ruhrgebiete wiederholen würde. Wieder trifft es die Bauern besonders hart und der Unterschied zwischen einst und jetzt liegt nur darin, dass die deutschen Städte keine schützenden, festen Mauern mehr besitzen und der französischen Willkür geradeso preisgegeben sind, wie das flache Land.
Wie es den deutschen Bauern ergeht, kann man aus einem Berichte ersehen, der folgendes mitteilt:
Die Franzosen besetzten in grosser Zahl die einzelnen Höfe. Da Platz für die Zahl ihrer Pferde nicht vorhanden ist, wird das vorhandene Vieh rücksichtslos aus den Ställen herausgenommen, muss frei im Hofe stehen, wobei so manches Stück gestohlen wird. Heu und Stroh führt der Feind nicht mit. Daher werden alle Futtermittel rücksichtslos requiriert und das eigene Vieh muss Hunger leiden. - Die Brutalität der Franzosen geht soweit, dass sie ungedroschenes Getreide als Streut für ihre Pferde benützen. Wie Heuschrecken fallen sie über die Höfe und lassen nichts unversehrt. Die grossen Truppenübungen werden auf bestelltem Ackerland abgehalten, die Saatbestände mit wohllüstiger Absicht vernichtet. Auf den bestellten Feldern werden Feuerstellungen für die Artillerie ausgehoben, wodurch ebenfalls die Saatbestände der Vernichtung anheimfallen. Stacheldraht und spanische Reiter umgeben die einzelnen Höfe. In den Häusern der Bauern werden entsetzliche Verwüstungen angerichtet, das Bettzeug entweder vernichtet oder mitgenommen. Auch sonst wird viel über Diebstahl aller Art, verübt durch die grande nation, geklagt.
Die deshalb gebildeten Schadenabschätzungskommissionen werden an ihrer Tätigkeit gewaltsam verhindert.
So hausen die Franzosen heute ebenso, wie ihre Vorfahren vor 300 Jahren.
Und in den Städten? Was am Rhein geschieht ist zu bekannt, um nochmals erwähnt zu werden. Trotzdem ist es notwendig, wenigstens ein oder das andere Bild französischer Kultur vor den Augen der Leser zu entrollen. Wir folgen wieder dem gewissenhaften Bericht eines Augenzeugen:
In Weimar ging ein Polizeibeamter an einem französischen Offizier vorbei, ohne ihn zu grüssen. Darauf sprang der Offizier von hinten auf den Beamten zu und schlug ihn mit der umgekehrten Reitpeitsche über den Kopf, ins Gesicht und wohin er traf. Der Polizeibeamte, der nur eine Mütze trug, taumelte schon nach den ersten Schlägen und stürzte blutüberströmt zusammen. Gleichwohl schlug der Offizier in der rohesten Weise weiter auf ihn ein, er versetzte ihm dreissig bis vierzig Schläge. Gleichzeitig rief er einen vorbeikommenden Trupp französischer Soldaten heran, die sich ebenfalls auf den Polizeibeamten stürzten, ihm Koppel, Seitengewehr und Pistole entrissen und ihn dann mit Fäusten und Stiefeln bearbeiteten. Man schlug ihm ein Koppel um eines seiner Handgelenke und schleifte ihn wie einen Toten über die Strasse fort.
Das sind Rohheiten, die sich täglich abspielen, abgesehen davon, dass die Franzosen gewaltsam in die Geschäftsläden eindringen, um die Herausgabe von Waren zu erzwingen, wobei natürlich wieder nach Möglichkeit gestohlen wird.
Die Tschechen billigen heute nicht nur die Besetzung des Ruhrgebietes, sondern freuen sich sogar darüber. Selbst der schwerverwundete Rašín gab auf seinem Krankenlager seiner Befriedigung darüber Ausdruck.
Die Mentalität eines Volkes ist am besten aus seiner Geschichte erkenntlich. Was an Grausamkeiten an 30jähnigen Kriege geschah, wurde nur von einem Lande schon vorher übertroffen: Böhmen!
Denken wir an den Prager Sonntag - 30. Juli 1419. Damals stürmte der tschechische Pöbel unter Žižkas Führung das Neustädter Rathaus, tötete einen deutschen Ratsherrn in der Folterkammer, warf den Bürgermeister, drei Ratsherren, einen Unterrichter und sechs Gerichtsdiener beim Fenster hinaus auf die Strasse, wo sie mit Spiessen aufgefangen und grausam ermordet wurden.
Es gibt tschechische Künstler-karten, die noch heute die Ermordung unschuldiger, wehrloser deutschen Männer verherrlichen...
Und als die Hussitenkriege entflammt waren, da fielen sie mit unbeschreiblicher Grausamkeit und Zerstörungslust über alle Vertreter und Werke des Katholizismus und des Deutschtums her. Die herrlichsten Kulturdenkmäler wurden zertrümmert, die blühendsten Kulturstätten verödet, alle katholischen Landedelleute, alle deutschen Kaufleute und Handwerker in den Städten gemordet, Greise, Kinder und Frauen mit hönischer Freude in den Flammen ihrer brennenden Häuser geworfen.
Und da wir schon einmal geschichtliche Erinnerungen wachrufen, so sei des tschechischen Regimes in Böhmen bei Ausbruch des 30jährigen Krieges gedacht. In einer der besten Schilderungen desselben heisst es:
Bestechlichkeit und Unterschleife waren an der Tagesordnung in Trinkgelagen vergeudeten die Generale ihre Zeit, der Adel entzog sich scharenweise seiner Dienstpflicht, das Landaufgebot lief auseinander, die Söldner, die binnen Breiviertel Jahren nur auf dreieinhalb Monate Sold erhalten hatten, hungerten, versetzten, verkauften Kleider und Waffen. Nur durch die verzweifelsten Mittel, durch Wegnahme sämtlichen Grundbesitzes, Plünderung der Klöster und Zwangsanleihen gelang es das Nötigste zu beschaffen.
Auch dieser Bericht fordert zu Vergleichen mit Gegenwart heraus!
Wer die Vergangenheit, die Geschichte der Völker kennt, der versteht auch die Gegenwart, weiss, warum sich die Tschechen über die Besetzung des Ruhrlandes freuen und findet das Bündnis der Franzosen und Tschechen begreiflich - denn es entspringt derselben Mentalität.
II. Man vergleiche jene Haltung der Tschechen mit ihrer heutigen. Im tsch.-sl. Freistaate leben 31/2 Millionen Deutsche. Weil nun diese in einer reich deutschen Stadt für ihre gemarterten Brüder am Rhein und arider Ruhr eine Kundgebung veranstalteten, wurden sie mit brutaler Gewalt auseinandergetrieben.
III. Freilich, nach dem glorreichen Umsturze mussten sie erkennen, dass Worte und Taten zweierlei sind. Heute hat man auf dem Hradschin für die slowakische Selbstverwaltung nichts mehr übrig, zumal auch Masaryk, als tschechoslowakischer Präsident, seine Meinung darüber geändert hat - wobei nur zu bemerken wäre, dass gerade die amerikanischen Slowaken es waren, die den grössten Teil jener Dollar - Summen aufbrachten, die Masaryk die Verwirklichung seiner Träume ermöglichten -
IV. Vom Staate nicht...
V. Vor einiger Zeit kam ein Rekwitzer Krowat zugewandert, der natürlich auf das gastfreundlichste aufgenommen wurde. Nicht nur zur Weinlese wurde er eingeladen, auch am Kirtag machte er sich unter den Tanzenden breit, was bei einigen Gästen Missfallen erregte. Als man dem ungebetenen Gast bedeuten wollte, dass seine Anwesenheit nicht erwünscht sei, da stellten sich einige Altburschen schützend vor ihn. Sie geboten dem Krowaten ruhig weiterzutanzen, denn sie wollten für seine Sicherheit; sorgen.
Merkwürdig: Als eine deutsche Klentnitzer Familie um das Zuständigkeitsrecht ansuchte, da bekam sie es nicht - jeden fremden, hergelaufenen Faulenzer nimmt man unter die schützenden Fittige.
Mit dem völkischen Selbstbewusstsein ist es hier wirklich schlecht bestellt der Fremde wird gehätschelt und gefüttert, während die alteingesessenen Handwerker zugrunde gerichtet werden. Wenn es so weiter geht, so werden wir nicht nur mit dein Bau einer zweistöckigen Schule beehrt, sondern - ihr lieben Pulgramer der zugewanderte Krowat kann eines schönen Tages noch - euer Bürgermeister werden.
Folge 135: I....
II. Auch der Baeransprozess wird einen willkommenen Anlass zu mancherlei Verwechslungen von Ursache und Wirkung bieten. Niemand konnte aus dem Verfahren herauslesen, dass der Angeklagte fremden Mächten Ausspäherdienste geleistet habe, aber er wurde zu vier Jahren schweren Kerkers verurteilt und nun wird man folgern: Wenn eine so furchtbar schwere Strafe verhängt wurde, dann muss er es arg getrieben haben. Er ist ein Liebling des Volkes,...
Folge 136: I. Schutzgesetz! Als ob es die tschechische Demokratie nicht verstände, dass alte österreichische kaiserliche Strafgesetz in einer Weise gegen uns Deutsche auszunützen, wie es die vielbeklagte und vielgeschmähte Persekution der Tschechen im alten Oesterreich nie zustande Gebracht hätte.
II. Wie einen Menschen, der aus einem Repetiergewehr in eine Menschenmasse hineinschiesst, weil er weis, dass er nur Deutsche treffen kann. Für uns Deutsche bedeutet jedes Geschworenengericht einen Staatsgerichtshof, weil man doch unmöglich annehmen kann, dass tschechische Geschworene in parteiischer Weise für deutsche Angeklagte und gegen den Staat Stellung nehmen könnten.
III. Die Kosten der Verteidigung des Abgeordneten Dr. Baeran werden beiläufig 100.000 Kè betragen. An dieser Summe ist Abgeordneter Dr. Radda nicht beteiligt, der die Verteidigung seines Klubgenossen unentgeltlich übernommen hat. Die genannte Summe muss in der nächsten Zeit aufgebracht werden. Die Mitglieder des Klubs haben bereits einen monatlichen Beitrag von je 100 Kè übernommen, sind aber ausserstande, grössere Beträge zu leisten. Die Volksgenossen, die bei Aufbringung dieser Summe mitwirken wollen, werden ersucht die Beiträge an den Parlamentarischen Klub der Deutschen Nationalpartei, Prag, Abgeordnetenhaus, einzusenden. (Erlagscheine w erden über Wunsch zur Verfügung gestellt). Bisher ist der geringste Teil der aufzubringenden Summe gedeckt. Es ist aber wohl Pflicht der deutschen Kreise, den parlamentarischen Klub in diesen seinen Bestrebungen zu unterstützen.
IV. Weiter werden wir seit einiger Zeit mit einem tschechischem Friseur Pan Hanaczek aus Pohrlitz beglückt, der auf 3 Jahre ein Zimmer bei Frau Dworschak mietete und das Haus dann gerne kaufen möchte. Hoffentlich wird das Haus, wenn es veräussert werden sollte, den Deutschen erhalten.
V. Wir machen die deutschen Gemeindeverwaltungen und die deutsche Oeffentlichkeit darauf aufmerksam, dass dieser Verein eine vollständig tschechische Leitung hat, die kaum der deutschen Sprache mächtig ist. Wir würden gegen das Bestreben der Vereinigung nicht einzuwenden haben, wenn sie sich auf das tschechische Gebiet beschränken würde. Aber so freift sie auch in das deutsche Gebiet über und übersandte, besonders in Mähren, an die deutschen Gemeindeämter die angeführten Aufrufe. Die Tschechen mögen in jenen Gebieten, wo sie die Mehrheit haben, machen, was sie wollen, aber von unserem Gebiete sollen sie die Hände weglassen, weil wir es nicht nötig haben, unsere Witwen und Waisen einer tschechischen Vereinigung zuzuführen und auch die deutschen Gemeinden lieber die Geldmittel für die im Orte ansässigen bedürftigen Witwen und Waisen verwenden mögen und sie nicht nach Brünn einzusenden notwendig haben.
In der Tatsache, dass der Rotstift des Zensors in beinahe jeder Folge des Südmährerblattes in Brünn wütet, erblicken die Gefertigten eine Beschlagnahmepraxis, wie sie eines demokratischen Freiheitsstaates unwürdig ist, ja sie kommen zu der Ansicht, dass die mit der unausgesetzten Beschlagnahme verbundene wirtschaftliche Schädigung des Blattes beabsichtigt ist.
Die Gefertigten fragen den Herrn Minister, ob er bereit ist, an die unterstellten Zensurbehörden endlich die Weisung herauszugeben, das freie Meinungsrecht der Presse zu wahren?
Prag, am 10. April 1923.
Dr. Schollich, Dr. Lodgman, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Radda, Dr. Medinger, Matzner, J. Mayer, Böhr, Patzel, Bobek, Simm, Schubert, Schälzky, Knirsch, Kraus, Ing. Jung, Zierhut, Dr. W. Feierfeil, Dr. Lehnert, Ing. Kallina, Dr. Keibl.
Pùvodní znìní ad II./4229.
Interpellation
des Abgeordneten Kraus und Genossen
an den Justizminister
wegen Beschlagnahme des Nordböhmischen Volksanzeigers vom 24. Jänner 1923.
Diese Zeitung wurde wegen eines Artikels Verurteilt beschlagnahmt.
Nun hat aber auch die Staatsanwaltschaft in B. Leipa nach Artikel 3, des Gesetzes vom 17. Dezember 1862, R. G. Bl. Nr. 8 ex 1863 die Anklage erhoben, was einen Eingriff in ein noch nicht abgeschlossenes Gerichtsverfahren bildet. Der Artikel Verurteilt ist vollständig sachlich gehalten, wie aus der nun folgenden Abschrift hervorgeht:
Verurteilt!
Haida, 22. Jänner |
Baeran wandert in den Kerker! Besiegt und geschlagen wurde ein deutscher Führer, zur trecke gebracht der bestgehasste Mann.
..., konnte nichts anderes erwartet werden als die Verurteilung, welche sich am besten durch den Ausspruch des ehemaligen Ministers Stransky kennzeichnen lässt und der nach den Ausführungen des Verteidigers Dr. Goller nachstehend lautete: Unter den Geschworenen sitzen 6 Frauen, denen man vorreden kann, was man will.... Am allerwenigstens konnte ein Dr. Baeran auf Freispruch rechnen, dem schon im vergangenen Sommer während seiner Vortragsreisen in Dutzenden von Briefen aus tschechischen Kreisen mit dem Totschlagen, Erschiessen und Knochenbrechen gedroht wurde. Der Mass gegen diesen Mann wurde selbst im Gerichtssaale nur mühsam unterdrückt. Immer wieder zischte es im Auditorium auf und selbst Geschworene mussten wegen merkwürdigen Gebahrens gerügt werden. Das Wort deutsch wirkt nun einmal wie ein rotes Tuch auf jeden Ueberpatrioten.. Wird derselbe zum Ueberfluss noch Abgeordneter, dann befindet er sich nicht mehr auf dem Wege ein Kochverräter zu werden, sondern er ist bereits einer. Daher der heilige Eifer, den Staat vor möglichst vielen Deutschen - die nur Hochverräter sein können - zu schützen und zu retten und deshalb die Unzahl von Staatsrettern in Farm von Spitzeln, Konfidenten, Denunzianten usw.
Erst der Glaube, dann die Erkenntnis! Genau wie im Mittelalter. Auch damals war diese Reihenfolge praktisch verwerteter Grundsatz und Hauptthese wissenschaftlicher Forschung gewesen. Die Kirchenrechtslehrer Anselmus von Canterburg, Thomas von Aquinon, Skotus usw. hatten in Ansehung der Beweisführung vom Dasein Gottes und der Weltvorstellung im Sinne der Kirche den Richtweg aufgestellt, dass das Wessen der Schöpfung nur auf Grundlage des Glaubens erkannt und bewiesen werden könne. Diese scholastische Religionsphilosophie übertrug sich selbstredend auf das weltliche Gerichtsverfahren, sodass ganze Jahrhunderte hindurch ausschliesslich das Gefühl, d. h. die Voreingenommenheit, die Gewalt, der Hass, die Furcht oder der Vernichtungswille Recht sprachen, wobei die Ankläger nur die Aufgabe hatten, für die von vornherein feststehende oder bestimmte Verurteilung das nötige Beweismaterial zu erbringen.
Baeran war, noch ehe der Prozess begann, vom tschechischen Gefühlsleben verurteilt. Wie liesse sich sonst das jahrelange Bespitzeln, Beobachten und auf Schritt und Tritt Verfolgen erklären und zu was für einem Zwecke wäre das Sammeln und Auffangen von Briefen, Schriften, Reden und Protokollen geschehen? Einzig und allein, um den Mann zu erlegen, der dem tschechischen Gewaltsystem unangenehm wurde. Um ihn unschädlich zu machen, brauchte man ein Netz von Fangmaschen, in das der sonst Gewarnte salbst bei aller Vorsicht doch einmal hineinstolpen musste, bezw. hineingestossen werden konnte.
Man umstelle doch das Haus eines weder Politik noch sonst wie geschäftetreibenden ruhig dahinlebenden Bürgers mit Häschern und Ortstratschhyänen und streue allerhand Verdächtigungen aus. Was für Ungeheuerlichkeiten werden da nicht in kurzer Zeit zutage treten und welches Monstrum von Verbrechen würde sich da nicht durch gewisse Spuren zusammenreimen lassen? Die Weltgeschichte liefert sattsam bekannte Beispiele, dass für jedes gewünschte Verbrechen sogenannte Indizien zu erbringen seien.
Baeran musste daran glauben, weil er mit besonderem Talente Sumpfblasen und Eiterbeulen am Staats- und Volkskörper unerschrocken aufdeckte und weil er nicht nur ein Anwalt der Deutschen, sondern selbst derjenigen Tschechen und Andersnationalen war, die als kleine Leute sich des in diesem Staate alles vermögenden Einflusses tschechischer Regierungsgötter entraten mussten.
Schon die riesig aufgemachte Anklage sollte im In- und Auslande ein Schauern erwecken Hochverrat, Bombenattentat, Militärspionage! In Wirklichkeit Stinkbombenscherz, vor dem kein Gymnasiast erbleicht und der auch dem Parlamentspräsidenten Tomášek nicht um seine Löwenstimme brachte; weiters Tratsch und schlimmsten Falles einige Indizien, die gerade so weit reichten, um lückenhafte Vermutungen nicht ganz lächerlich erscheinen zu lassen. Das ist alles, was heraus kam. Bewiesen, gerichtsmässig bewiesen wurde nichts. Erwiesen wurde im Gegenteil, dass eine Schuld nur durch bezahlte Spione und Konfidenten konstruiert werden konnte, also durch charakterlose Menschen, die Geld dafür erhielten.
Das besondere Ziel im Kampfe gegen Baeran war vor allem die Entehrung, was aber selbst die Mithilfe notorischer Lumpen (wie der famose Holdinger!) nicht fertig zu bringen vermochte. Noch ist es in jedermanns Erinnerung, wie der Berichterstatter des Immunitätsausschusses die Auslieferung Baerans mit dem Bedeuten befürwortete, dass nicht etwa Idealismus, sondern gemeiner Gewinn die Triebfeder seines Handelns gewesen zu sein scheine.
Was mit einer solchen Bemerkung beabsichtigt und welch schmählichem Erwarten da eine Gasse gebahnt wurde, lässt sich nur ermessen, wenn man weiss, dass des deutschen Mannes höchstes Gut neben seinem Volke die Ehre und die reinen Hände sind. Um ihn der allgemeinen Verachtung auszusetzen, wurde bereits vor dem Forum der Parlamentstribüne aus das Rüstzeug verkündet, mit welchem dem Verfolgten das Kainszeichen des Geächteten auf die Stirn gebrannt wenden sollte. Lodgman hat pflichtgemäss gehandelt, dass er solch niedriger Unterschiebung durch seine bekannte Erklärung gebührend entgegentrat und mannhaft sagte, dass die Edelsinnigkeit Baerans über allen, Zweifel stehe und dass Hochverrat als solcher in den Augen des deutschen Volkes nichts Entehrendes darstelle. Damit wellte Lodgman sagen, dass Kramáø, Rašín usw., die wegen Hochverrat seinerzeit verurteilt wurden, vom deutschen Volke nicht niedriger eingeschätzt werden.
Doch streifen wir noch kurz eine auffallende Erscheinung des Prozessverlaufes. Jeder Unbefangene, der die Gerichtsverhandlung verfolgte, kam, ob er wollte oder nicht, zu dem Empfinden, dass etwas ganz anderes auf der Anklagebank sass, als Baeran, nämlich: das leichtfertige und ungeheure Summen verschlingende Spitzel- und Konfidententum, das ein Heer von Lügnern und Ungebern züchtet. Das Hervorzerren dieses geheimen Ueberwachungssystems an die Oeffentlichkeit ist kein geringes Verdienst und alle Abgeordneten, ob Tschechen oder Deutsche, sollten sich ernstlich damit befassen. Kann es doch in seiner weiteren Auswirkung das gesamte Privat- und Geschäftsleben der auf den Index Gestellten gefährden und die Praxis so weit treiben, dass die Menschen, wie von einem staatlich geschaffenen Teleplasma durchdrungen, auf ihre Loyalität hin erforscht werden, damit sie gegebenenfalls bei widerspenstiger Gehirntätigkeit in flagranti gefasst werden.
Welch gefährliches Wespennetz wurde da berührt. Nicht minder blossgestellt wurde die schon sprichwörtlich gewordene Korruption und der Mangel an Pflichtbewusstsein, so dass die staatsstolzen Beneš-, Rašín- und Kramáøleute sich bis unter die Haarwurzel verfärbt haben dürften.
Die Dum-Dumgeschosse gegen Arbeiter, dort ein Offizier, der eine halbe Rotte Slowaken wie die Katzen niederknallen lässt, anderwärts Unterschlagung, Zensur, Gesinnungsqualifikation. Das zaristische Russland, mehr noch Sinnverwandtes vom Geiste des Ignatus von Loyola spuckt in die Kessel der neuzeitlichen Verfassungen, bezw. verähnelt sich mit dem Geiste der Pìtka. Kurz, das Beweisverfahren erweckte den Eindruck, als ob der Staat und seine Konfidenten, nicht aber Baeran, auf der Anklagebank sassen, was selbst die Národní Listy in ihr er Nummer vom 11. d. M. verdriesslich zugab, indem sie obige Worte fast wörtlich schrieb. Wie stark dieser Eindruck so nebenbei bemerkt war, geht aus der Tatsache hervor, dass der Staatsanwalt sich die grösste Mühe gab, ihn zu verwischen und einen grossen Teil seines Plädoyers hierzu verwandte. Das Urteil selbst (vier Jahre Kerker!) beweist, dass die Schwächen der Regierenden und mögen sie noch so gross sein, sich sofort in ganz besondere Stärke verwandelt, wenn es gilt, dem Deutschtum Front zu machen.
Baeran ist unschuldig, er ist ein Dulder. Ich dulde für einen Dritten, mein Name ist ohne mein Wissen missbraucht worden. Wäre ich ein Hochverräter, würde ich es laut sagen, so aber kann ich mich nicht mit fremden Federn schmücken. Ich habe mein Wort gegeben, zu schweigen, sind seine ergreifenden Worte. Welch sittliche Kraft liegt in ihnen! Mögen die Kläffer gegen den nun Schmutz werfen, den Klang seines metallreinen wehrlosen und in den Kerker geworfenen Mann Schlamm und Namens vermögen sie nie und nimmer zu dämpfen.
Das höchste Gut des Mannes ist sein Volk, Baeran opferte ihm Freiheit, Gesundheit und das beschauliche Leben einer gesicherten Existenz. Heute ist er ein Bettler. Er verlor seine Beamtenpension, den Doktorgrad, sein Vermögen und Mandat. Wie wird das deutsche Volk sich diesem Manne gegenüber verhalten? Werdest die Hunderttausende, die ihm zujubelten und feierten, sich dieses Mannes wert erweisen und werden sie Sorge tragen, dass er nicht morgen schon ein Verlassener oder gar Vergessener ist? Wir wollen, wir müssen es hoffen!
Die Beschlagnahme ist ein Uebergriff der Staatsanwaltschaft in B. Leipa und durch keine gesetzlichen Bestimmungen zu rechtfertigen; noch eigener mutet es in einem demokratischen Staate an, wenn der Staatsanwalt ausser der Beschlagnahme eine Anklage erhebt, weil es sich in diesem Artikel um ein Verfahren handelt; welches noch nicht abgeschlossen ist.
Die Unterzeichneten, überzeugt davon, dass die Beschlagnahme gesetzlich unbegründet ist, dass auch die Anklage die erhoben wurde, jeder gesetzlichen Grundlage entbehrt, stellen an den Herrn Justizminister die Anfrage:
1. was er zu tun gedenkt, um die Staatsanwaltschaft in B. Leipa zu veranlassen in Zukunft derartige unbegründete Beschlagnahmen und Anklagen zu unterlassen und
2. ob der Herr Minister bereit ist, die Beschlagnahme aufzuheben?
Prag, am 23. März 1923.
Kraus, Dr. Lodgman, Dr. Keibl, Dr. Brunar, Dr. Medinger, Dr. Radda, Dr. Petersilka, Simm, Dr. W. Feierfeil, Dr. Luschka, Ing. Kallina, Dr. Lehnert, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Schollich, Matzner, Budig, Schälzky, Scharnagl, Bobek, Mark, Böhr.