Poslanecká snìmovna N. S. R. È. 1924.

I. volební období.

9. zasedání.


Pùvodní znìní.

4595.

Antrag

des Abgeordneten Hugo Simm und Genossen

betreffend die Errichtung von Wohnhäusern.

Die Gefertigten stellen folgenden Antrag Das Abgeordnetenhaus wolle beschliessen:

Gesetz

vom................,

Biber die Errichtung von Einfamilienwohnhäusern für die ständigen Arbeiter in Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft im Gebiete der Èechoslovakischen Republik.

Die Nationalversammlung der Èechoslovakischen Republik hat folgendes Gesetz beschlossen:

§ 1.

Der Staat übernimmt die Errichtung von 250.000 Arbeiter-Einfamilien-Wohnhäusern in den verschiedenen Städten, Industrie- und Agrargebieten unter Zugrundelegung nachstehender Bauperioden:

a)

im

Jahre

1925

50.000

Häuser

b)

1926

50.000

c)

1927

30.000

d)

1928

30.000

e)

1929

30.000


f) in den Jahren 1930, 1931 und 1932 je 20.000 Häuser.

§ 2.

Die Häuser werden nach einem dem Bedarfsverhältnisse entsprechender Schlüssel errichtet:

a) an der Peripherie der Städte für das städtische Proletariat, in Landluftlage,

b) in Industriezentren ausserhalb der durch Rauch, Gas, Staub und sonstigen gesundheitsschädlichen, atmosphärischen Verunreinigungen liegenden Landgebieten,

c) in Agrargebieten mach Lage der verfügbaren, geeigneten Bauplätze.

§ 3.

Die Baukosten eines solchen Arbeiter-Einfamilien-Wohnhauses können betragen:

a) in der teuersten Baukostenklasse 25.000 Kè,

b) in den unteren Baukostenklassen je nach Teuerung der Löhne und Materialpreise abgestuft weniger.

§ 4.

Jedes dieser Einfamilien-Arbeiter-Wohnhäuser hat zu enthalten:

eine Küche und ein Zimmer im Gesamtausmasse von zusammen mindestens 35 m2 Fussbodenfläche, einen Raum für Heizmaterial und Bodenraum, einen kleinen Keller, sowie ein - entsprechend den geltenden sanitären Bestimmungen - gut isoliertes Klosett. Ueberdies an das Haus angrenzendes Gartenland im Ausmasse von mindestens 40 m2.

§ 5.

Die Aufbringung der Baukasten erfolgt durch den Staat, die Bezirke und die Gemeinden. Seitens des Staates werden 80, seitens des Bezirkes 10%, seitens der Gemeinden 10% zu den Kosten der jeweils zu errichtenden Gebäude geleistet.

§ 6.

Anspruch auf Zuweisung eines solchen Wohnhauses hat jeder Arbeiter der ausser sich selbst nach für mindestens einen Familienangehörigen (Gattin, Kinder, Eltern) zu sorgen hat, auf Grund der im § 8 festgelegten Voraussetzungen.

§ 7.

Die Zuteilung erfolgt in der Weise, dass sie dem Verhältnis der Steuerleistung der einzelnen Nationen dieses Staates entspricht, d. h. es werden nach dem Schlüssel der Steuerleistung der einzelnen Nationen alljährlich in den verschiedenen Gebieten, Städten und Industrieorten eine entsprechende Anzahl von Einfamilien-Wohnhäusern an die Arbeiter der èechischen, der deutschen, der slowakischen und magyarischen und polnischen Nationalität zugeteilt.

§ 8.

Bei der Zuteilung von Einfamilienwohnhäusern ist die Anwartschaftberechtigung nach folgenden Voraussetzungen zu ermitteln:

a) erstberechtigt sind jene Arbeiter, welche in der betreffenden Gemeinde, in deren. Verwaltungsgebiet sie im Arbeit stehen, geboren und heimatsberechtigt sind,

b) zweitberechtigt sind jene Arbeiter, welche mindestens 10 Jahre in einer und derselben Gemeinde wohnhaft und mindestens 10 Jahre sich durch Lohnarbeit ihr Brot verdienten,

c) in gemischtsprachigen Gemeinden haben jene Anwärter, welche der nationalen Majorität in der Gemeinde zugehören, - nach a) und b) gleichberechtigten Anwärtern der anderen Nationalitäten den Vorzug bei der Zuteilung von Wohnhäusern,

d) in allen Fällen nach a), b) und c) sind vorerst die Aeltesten und Alterberechtigten der Reihe nach mit Einfamilienhäusern zu beteilen.

§ 9.

Die Durchführung der Gesamtaktion erfolgt unter dem Vorsitz des Ministers für soziale Fürsorge durch eine Staats-Wohnungs-Fürsorge-Kommission, welcher angehören:

a) je ein Vertreter der beteiligten Ministerien,

b) je ein Vertreter der Industriellen Verbände,

c) je ein Vertreter des nach Nationalität gegliedertem Gewerbes und

d) je ein Vertreter der unerkannten Gewerkschaften der Arbeitnehmer.

In den Gauen, Bezirken und Gemeinden sind zu gleichem Behufe (Gau-, Bezirks- und Gemeinde-) Wohnungs-Fürsorge-Kommissionen zu bilden, welche in gleicher Zusammensetzung unter dem Vorsitze des Gau- bezw. Bezirkshauptmannes bezw. Gemeindevorstehers (Bürgermeisters) ihre Tätigkeit ausüben.

§ 10.

Der Staats-Wohnungsfürsorge-Kommission obliegt:

a) die Festlegung des jährlichen Bauprogrammes auf Grund der Vorschläge der Gau- bezw. Bezirkswohnungsfürsorgekommission,

b) die Aufteilung des Bauprogrammes auf die einzelnen Gaugebiete - bezw. vor deren Amtsinstallierung auf die Bezirke,

c) die oberste Ueberwachung der Arbeiten, der gesetzentsprechenden Zuteilung an die anspruchsberechtigten Arbeitnehmer und der Anuitätenzahlung seitens der bereits beteilten Eigentümer.

§ 11.

Die Gau-Wohnungs-Fürsorge-Kommission sowie die Bezirkskommission stellen das Bauprogramm alljährlich auf Grund der vom den Gemeinde-Wohnungsfürsorge-Kommissionen erstattetem Anträge zusammen und unterbreiten dieselben der Zentralkommission in Prag. Sobald die Gaue errichtet sind, erstattet die Gaukommission diese Vorschläge an die Staats-Wohnungs-Fürsorge-Kommission (Zentralkommission) auf Grund von Anträgen der Bezirkskommissionen.

Die Gau-Wohnungs-Fürsorge-Kommission hat im Gaugebiete, die Bezirkskommission in ihrem Wirkungskreise die ordnungsgemässe Durchführung dieser Aktion zu überwachen.

§ 12.

Die Gemeinde-Wohnungs-Fürsorge-Kommission hat alle Zuteilungsansuchen auf die Anspruchsberechtigung der Bewerber genau zu prüfen und ist für die Gesetzmässigkeit ihrer Vorschläge verantwortlich. Sie hat die erforderlicher. Baugründe, welche den Bedingungen des. 2 entsprechen, ausfindig zu machen, und dieselben gegen Verrechnung an die Staatskassa bis höchstens zu dem wirklichen ortsüblichen Preise zu erwerben. Notwendige Zufahrtsstrassen zu den Häuserkolonien hat die Gemeinde auf eigene Kasten zu errichten, insbesondere darf, wo es sich um die Erschliessung neuer Baugründe handelt.

§ 13.

Auf jedes Gaugebiet, Bezirks- und Gemeindegebiet entfällt in jeder Bauperiode der aliquote Teil, der nach § 1 im Gesamtgebiete der Republik in dem betreffenden Baujahre auszuführenden Häuser in jenem Verhältnisse, in welchem die Gesamtzahl der berechtigten Ansuchen zu der Gesamtzahl der für das betreffende Jahr nach § 1 auszuführenden Bauten steht.

Wird mit Jahresabschluss die volle, roch 1 festgesetzte Bauzahl nicht fertiggestellt, so ist im folgenden Jahre der verbliebene Rest an Neubauten neben der für das neue Jahr des gesetzten Bauzahl unvermindert nachzuholen.

§ 14.

Die Zuteilung der einzelnen Wohnhäuser erfolgt an die Anspruchberechtigten in vollkommen fertigem, beziehbarem Zustande der Bauten.

§ 15.

Die Ausführung der Bauten erfolgt auf Grund des dem Motivenberichte beigehefteten Entwurfes, welcher als amtliche Normaltype zu gelten hat. Abweichungen vom dieser Type können in Ausnahmsfällen durch die Staatswohnungsfürsorgekommission über Antrag des Anspruchsberechtigten zugestanden werden, wenn durch die Abänderung die Baukosten keine Erhöhung erfahren. Wird durch die beantragte Aenderung eine Erhöhung der Baukosten bedingt, so hat der anspruchsberechtigte Antragsteller die Mehrkosten ganz aus eigenem zu tragen und zugleich mit seinem Abänderungsansuchen eine Kaution in der Höhe der voraussichtlichen Mehrkosten bei dem zuständigen Bankamte des Finanzministeriums zu hinterlegen.

§ 16.

Die Finanzierung der Aktion erfolgt durch den Staat. Die Bezirke und Gemeinden haben den auf sie entfallenden Beitrag von je 10% alljährlich bis zum 31. Dezember an die Staats-Wohnungs-Fürsorge-Kommission in jener Höhe zu entrichten, welche dem für ihr Gebiet während des vergangenen Jahres tatsächlich aufgewendeten Baukostenbetrage im gesetzlichen Verhältnisse entspricht.

§ 17.

Von dem seitens des Staates für jedes Einfamilienhaus aufgewendeten Kapitale entfallen an nichtrückzahlbaren Beiträgen, also als Subvention seitens

a) des Staates 30%,

b) des Bezirkes 10%,

c) der Gemeinde 10%,

zusammen 50% der Baukosten. Den Rest von 50% das send maximal 12.500 Kè hat der Beteilte als Käufereis an die Staatskasse zu entrichten.

§ 18.

Die Abzahlung des Kaufpreises seitens des mixt einem Arbeiter-Einfamilien-Wohnhauses Beteilten hat in der Zeit von höchstens 20 Jahren zu erfolgen. Die Zahlung hat zu geschehen

a) für Beteilte mit wöchentlicher Entlohnung in Wochenraten,

b) für solche mit Monatsbezügen in Monatsraten. Die wöchentliche Rate darf nicht weniger als 15 Kè, die Monatsrate nicht weniger als 60 Kè Kapitalsabzahlung Betragen.

§ 19.

Die Verzinsung des vom Beteilten zu leistenden Kaufpreises wirb mit 5% des Kapitales festgesetzt, sodass sich im Mittel 21/2% Laufender Zinsenleistung ergeben. Die wöchentlichen Gesamtleistungen haben demnach bei 834 Wochen Tilgungsfrist mindestens 22.5 Kè zu betragen. Hievon leistet der Beteilte zwei Drittel, der Unternehmer, in dessen Dienste der Beteilte jeweils steht, ein Drittel.

§ 20.

Der Unternehmer oder Arbeitgeber haftete für die richtige und regelmässige Leistung der Ratenzahlungen an die Staatskassa. Er hat den bei ihm Beschäftigten, mit Wahnhäusern Beteilten bei jeder Lohn- oder Gehaltszahlung den entsprechenden Betrag in Abzug zu bringen und diesen ergänzt durch den von ihm zu leistenden Beitrag am die behördliche Zahlstelle binnen 5 Tagen mach jeder Lohnzahlung abzuliefern.

§ 21.

Bei Uebergabe eines Wahnhauses an den Anspruchsberechtigten ist ein Kaufvertrag abzuschliessen. Dieser Kaufvertrag ist vorm Vorsitzenden der Gemeinde-Wohnungs-Fürsorge-Kommission und denn Käufer (Beteilten) gegenzufertigen.

Nach Abschluss des Kaufvertrages und Erlag der ersten Rate durch den Beteilten, tritt der Beteilte in das mach den §§ 24 und 25 beschränkte Eigentumsrecht des nun ihm gehörenden Hauses ein.

Seine auf diesem Hause haftende Schuld wird grundbücherlich sichergestellt.

§ 22

Ist der Beteilte durch unverschuldetes Unglück, Arbeitslosigkeit, Krankheit oder sonstige unvorhergesehene Ereignisse vorübergehend nicht in der Lage seinen regelmässigen Zahlungsverpflichtungen nachzukommen, so ist ihm über sein, bei der Gemeinde-Wohnungs-Fürsorge-Kommission einzubringendes diesbezügliches Ansuchen seitens der Bezirks-Wohnungs-Fürsorge-Kommission für die Dauer der Behinderung eine Zahlungsstundung zu bewilligen, wenn das Ansuchen von der Gemeinde-Wohnungs-Fürsorge-Kommission befürwortet wurde.

§ 23.

Die Stundung kann unter zwei Bedingungen erfolgen u. zw. dass die Nachzahlung erfolgt:

a) durch Erhöhung der Wochen- oder Monatsraten bis zur Tilgung des Rückstandes,

b) durch Verlängerung der Tilgungsfrist über die vorhergesehene Gesamtfrist hinaus.

§ 24.

Im Falle der Wert der èechoslovakischen Währung während der Dauer der Ratenzahlungen sich ändern sollte, so ist der Rest des noch zu zahlenden Kaufpreises, bezw. die Ratenhöhe entsprechend zu valorisieren und mit jenem Werte in Einklang zu bringen, welchen die èechoslovakische Krone ein Tage der Zuteilung des Hauses tatsächlich besass.

§ 25.

Der Beteilte darf das ihm zugeteilte Haus im Falle der Verkaufsabsicht unter allen Umständen nur der Wohnungs-Fürsorge-Kommission zum Kaufe anbieten. Fr erhält im Falle des Rückkaufes nur den wirklich eingezahlten Betrag mit Hinzurechnung eines eventuellen Wertzuwachses ausbezahlt. Erst wenn die Wohnungs-Fürsorge-Kommission den Rückauf ablehnt, steht ihm das Recht zu, das Haus freihändig an eine dritte Person zum vollen Werte zu verkaufen.

Freihändige Verkäufe, welche ohne ausdrückliche Genehmigung der Wohnungs-Fürsorge-Kommission erfolgen, sind rechtsungültig.

Dies Bestimmung gilt bis 5 Jahre nach voller Entrichtung des Kaufpreises durch den Beteilten. Nach dieser Frist entfällt jede Beschränkung des Eigentümers bezüglich seines Verfügungsrechtes über sein Eigentum einschliesslich des freihändigen Verkaufes zum vollen Werte.

§ 26.

Stirbt der Geteilte bevor der schuldige Kaufpreis, bezw. alle Raten voll getilgt sind, so haben dessen unmittelbare Erben (Grattin, Kinder) das Recht, in die Rechte ihres Erblassers einzutreten. Dieselben müssen jedoch alle Verpflichtungen des Verstorbenen übernehmen.

§ 27.

Es steht den Bewerben frei, den von ihnen zu leistenden Kaufpreis per 50 dir Baukostensumme zu grösseren Ratenbeiträgen im kürzerer Frist oder auch gegen vollen Erlag der Kaufsumme sofort bei Abschluss des Kaufvertrages zu zahlen, bezw. im Laufe der Tilgungsfrist jederzeit den Schuldenrest im ganzen auf einmal abzustossen. In diesem Falle gilt die Frist der 5jährigen Wartezeit bis zum Eintritt des unumschränkten Eigentums und Verfügungsrechtes vom Tage der vollständigen Begleichung der Kaufschuld angerechnet.

§ 28.

Die Gemeinde-Wohnungs-Fürsorge-Kommission hat darüber zu wachen, dass die an die Anspruchsberechtigten ins Eigentum übergegebenen Wohnhäuser nicht verwahrlost werden, sodass die Dauerhaftigkeit und der volle Wert vor der Tilgung der vollen Kaufschuld nicht herabgemindert wird. Ausserdem sind diesbezügliche Kontrollen von allen Instanzen der Wohnungs-Fürsorgekommission regelmässig durchzuführen.

§ 29.

Jeder Missbrauch dieses Gesetzes von Anspruchberechtigten zum Zwecke der Spekulation, bezw. zur mutwilligen Schädigung des Staates, des Bezirkes und der Gemeinden an öffentlichem Eigentume wird mit Gefängnis von 3 Tagen bis zu 2 Jahren bestraft. Ausserdem geht der Täter jeden Anspruches auf Zuteilung eines Hauses für alle Zeit verlustig.

§ 30.

Personen, welche in böswilliger Absicht die Anspruchsberechtigung entgegen diesem Gesetze in ihren Rechten verkürzen, die Erlangung des Anspruchsrechtes oder die Bewerbung um Wohnhäuser oder die Zuteilung solcher an die berechtigten Bewerber mit dem bösen Willen zur Schädigung derselben zu vereiteln suchen, werden bestraft:

a) für den Versuch mit Gefängnis von 3 Tagen bis zu 3 Monaten,

b) für die vollbrachte Tat mit Gefängnis von 1 Monat bis zu einem Jahre.

§ 31.

Die Durchführung dieses Gesetzes obliegt den Ministern für soziale Fürsorge, für Finanzen und für öffentliche Arbeiten.

§ 32.

Das Gesetz tritt mit dem Tage seiner Kundmachung in Kraft.

Begründung.

Die seit 8 Jahren währende, stetig zunehmenden Wohnungsnot hat einen Umfang erreicht, welcher nicht nur die unmittelbar Betroffenen den schwersten sozialen und sittlichen Gefahren ausliefert sondern auch das gesamte staatliche Leben wie den Staat selbst einer Katastrophe zutreibt. Alle bisherigen Gesetze zur Beseitigung gier Wohnungsnot (Mieterschutz, Baugenossenschaft und Bausubventionen) haben nicht die geringste Abhilfe gebracht. Das Mieterschutzgesetzt ist obwohl unentbehrlich, so die grösste Behinderung zur Entfaltung der Bautätigkeit, weil die Hausbesitzer, verbittert durch die Beschneidung ihres Verfügungsrechtes über ihren alten Hausbesitz die Errichtung von Neubauten prinzipiell ablehnen. Indem es also einerseits den eine Wohnung innehabenden Mietern ein Stück. Dach über ihrem Haupte sichert, bildet es andererseits die Ursache, dass eine ungeheuere Zahl arbeitender Menschen zu nutzenden in einem elenden Raume zusammengepfercht, ein aller Menschwürde hohnsprechendes Dasein fristen müssen. Welchem unschätzbaren Schaden an Leib und Seele diese nach Hunderttausenden zahlenden Menschen beiderlei Geschlechtes und aller Altersstufen erleiden müssen, kann heute auch der grösste Sozialpsychologe noch nicht annähernd ermessen. Die Folge dieser rücksichtslosen Pflichtvernachlässigung des Staates gegenüber seinen ehrlich arbeitenden Bürgern werden sich erst im Verlaufe der nächsten Jahrzehnte zeigen und zu einer furchtbaren Tragödie auswirken, wenn nicht in letzter Stunde mit einer wirklich grossen sozialpolitischen Tat diesen Parias des Staates und der Gesellschaft wirkliche Hilfe und Rettung vor seelischer und leiblicher Verderbung gebracht wird. Diese rettende Tat zum Wohle des werktätigen Volkes, zum Wohle von Staat und Gesellschaft zu vollbringen, ist die Aufgabe des vorliegenden Gesetzentwurfes.

Der Entwurf des Gesetzes über die Errichtung von Einfamilienhäusern für die ständigen Arbeiter in Industrie, Gewerbe und Landwirtschaft im Gebiete der Èechoslovakischen Republik gründet sich auf dem demokratischen Gedanken der Gerechtigkeit, allen arbeitenden menschlichen Bewohnern dieses Staate auch eine menschenwürdige Wahnstätte in der bescheidensten Form zu sichern. Der Staat hat die Pflicht, dafür Sorge zu tragen, dass jeder seiner Bürger, welcher durch ehrliche Arbeit und unermüdlichen Fleiss zu dem Lebensunterhalte, bestehen und Gedeihen dieses Staates beitragen, ihre Familien in einem ruhigen eignen leime sicher geborgen wissen und sie selbst auch nach des Tages Mühe in den eigenen vier Wänden bescheidenes Familienglück geniessen können, ohne sich die paar Stunden des Familien Lebens durch die mitunter rücksichtslosen Chikanen der Hauseigentümer verbittern lassen zu müssen oder gar in steter Sorge vor Kündigung seiner kaum angewärmten Wohnung zu (eben. Das Gesetz ist also auf den Gedanken gegründet, jeder arbeitenden Familie ein eigenes Heim zu bieten, ein Häuschen, mag es noch so klein und bescheiden sein, welches auch unter erschwinglichen Bedingungen zum Eigentum der Arbeiterfamilie wird. Ein eigenes Haus, welches sich jede Familie einrichten kann wie es ihr gefällt und wie sie es vermag und wo spie nach Belieben schalten und walten darf ahne Gefahr an jedem beliebigen Tage auf die Strasse gesetzt zu werden.

Nachdem der Staat vor allem anderen das allergrösste Interesse daran hat, innerhalb seiner Grenzen ausschliesslich Bürger zu wissen, welche friedliebend und zufrieden sich in das grosse Räderwerk der Gesellschaft einschalten; Bürger, welche unter Anerkennung der Tatsache, dass der Staat an ihnen seine Pflicht erfüllte, auch ihrerseits gerne dem Staate geben, was des Staates ist, so ist es selbstverständlich, dass der Staat einen grossen Teil der Kasten dieser Art von Wohnungsfürsorge zu übernehmen und zu tragen trat. Aber nicht nur der Staat, auch die autonomen Verwaltungsinstitutionen haben das gleiche Interesse daran, in ihren Verwaltungsgebieten die Zahl der Besitzlosen, ein menschenunwürdiges Dasein fristenden, unzufriedenen Mitbürger möglichst herabzumindern, indem sie sich bestreben, die Zahl der Besitzenden, zufriedenen Menschen in ihrem Wirkungskreise zu vergrössern. Aus diesem Grunde ist es nicht nur soziale Menschenpflicht, sonderte ebenso wie beim Staate der eigene Vorteil für Bezirk und Gemeinde, wenn sie zu den Kosten, welche der Ausbau von Einfamilien-Arbeiter-Wohnhäusern in ihrem Verwaltungsgebiete erfordert, einen entsprechenden Anteil beitragen. Schliesslich ist es aber auch der Arbeitsgeber und Unternehmer, welcher ein vitales Interesse daran hat, sich und seinem Betriebe eine bodenständige, sesshafte Arbeiterschaft zu sichern. Der Arbeiter, welcher jahrelang, vielleicht sein ganzes Leben in ein und demselben Betriebe oder bei ein und demselben Unternehmen zubringt, wird mit dem Betriebe, und mit dem Unternehmen derart verwachsen, dass ihm jede Maschine, jedes Landwerkzeug, ja jedes Stückchen Material eine liebe und vertraute Sache ist, dass er sich an dem Gedeihen und Aufblühen des Unternehmens mitfreut, als ob es sein eigener Vorteil wäre und Unglücksschläge, welche das Unternehmen treffen, wenn auch oft uneingestanden, im Herzen tief mitempfindet. Solche Arbeiter sind mit allen Einzelheiten der oft sehr komplizierten Produktionsweise vollkommen vertraut und es ist klar, dass durch sie der Vorteil des Arbeitsgebers viel mehr gewahrt wird, wie durch unzufriedene, oft wechselnde fremde Arbeiter. Es ist demnach im Interesse des Unternehmers und Arbeitsgebers gelegen, dass jeder in seinem Betriebe beschäftigte Arbeiter sesshaft und bodenständig wird. Das ist aber nur möglich, wenn dem Arbeiter durch ein eigenes Helm, durch einen festen Besitz am Orte des Unternehmens das Leben erträglich gemacht wird. Der Unternehmer nützt also nur sich selbst, wenn er dazu beiträgt, dass durch Zuweisung eines kleinen, eigenen Heimes, je eines Einfamilienwohnhauses an seine Arbeiter, diese bodenständig und dauernd sesshaft werden. Es wird also auch der Unternehmer u den Kosten dieser Einfamilienwohnhäuser beizutragen haben.

Die Einteilung des Bauprogrammes nach 1 des Gesetzentwurfes erfolgte deshalb in der vorhergesehenen Weise zu 50.000, 30.000 und 20.000 Bauten pro Jahr, in der einzelnen Etappen, damit in der ersten Zeit möglichst rasch der allerdringlichsten Not abgeholfen werde. Im sechsten Baujahre werden die Ratenzahlungen für die bereits zugeteilten Häuser jenen Betrag über schreiten, welchen der Staat für das laufende Jahresprogramm als Subvention beizusteuern hat.

§ 2 sieht die Errichtung der Arbeiterhäuser-Kolonie in gesunder Landluft vor, um den tagsüber in ungesunder Atmosphäre schwer arbeitenden Menschen in der freien Zeit den Aufenthalt in Bakterien- und rauchfreier Umgebung zu ermöglichen.

Die Bemessung der Baukosten für die Einheit mit Kè 25.000 in § 3 gilt für die höchste Baukostenklasse, d. s. Grosstädte und Industriezentren. In kleinen Städten und kleinen Fabriksorten sind die Baukasten bedeutend billiger, in Landgemeinden (Agrargebieten) noch niedriger als in den letzteren.

Die in § 4 vorgesehenen Bauverhältnisse sind zwar das Minimum des wirklichen Bedarfes, jedoch mit Rücksicht daraus, dass die verschiedenen Nebenräume, insbesondere der Bodenraum bis zum letzten Winkel ausnützbar sind, immerhin für die bescheidenen Ansprüche einer Arbeiterfamilie ausreichend.

Von der Anspruchsberechtigung für alleinstehende Personen wurde in § 6 deshalb abgesehen, weil alleinstehende Arbeiter von vorneherein einen solchen Anspruch kaum erheben dürften und auch keinerlei tatsächliches soziales Bedürfnis für eine Zuteilung von Häusern an solche Personen vorhanden ist.

Die in § 7 festgelegte Aufteilung nach dem Schlüssel der nationalen Steuerleistung wurde aus dem Grunde vorgesehen, damit dieses rein soziale Gesetz nicht von vornherein wieder zum Anlass nationaler Streitigkeiten werde.

Die Anspruchsabstufung im Sinne des 8 hielten die Antragsteller aus dem Grunds für notwendig und gerecht, weil in erster Linie die erbeingesessenen Arbeitnehmer jeder Gemeinde Anspruch auf ein eigenes Heim in ihrer Heimat besitzen. Erst in zweiter Linie kommen jene, welche von auswärts zugewandert sind und sich ihre Heimatsberechtigung erst durch 10jährigen Aufenthalt in der Gemeinde erworben haben. Der Absatz c) des § 7 erscheinst wiederum aus Gründen der Demokratie und der Erhaltung des nationalen Friedens notwendig.

In § 15 sind Voraussetzungen berücksichtigt, welche die Verhältnisse besser situierter Arbeiter und Beamten betreffen. Er regelt die Ansprüche auch jener Personen, welche r der beschränkte Raum auch 4 nicht genügt und die sich sodann auf eigene Kosten die Vergrösserung des Normalhauses entsprechend ihren Wünschen schon vor der Bauinangriffnahme sichern können.

Die befristete Beschränkung des Eigentumsrechtes nach den 21 und 25 ist deshalb notwendig, um den Missbrauch des Gesetzes zu Zwecken von Spekulation möglichst zu verhindern.

Die in den § 22 und 23 vorgesehene Stundung der Ratenzahlungen in bestimmten Fällen ist eine selbstverständliche soziale Massnahnne, ohne welche das Gesetz seinen humanitären Zweck nur halb erfüllen könnte.

Die schweren Strafen für den Missbrauch des Gesetzes und für die versuchte oder vollbrachte Störung oder Vereitelung der gerechten Durchführung desselben sind notwendig, um etwaige Versuche, sei es seitens autonomer Gemeindewesen, sei es von Seite einzelner Unternehmer, sich den ihnen durch die gesetzliche Beitragspflicht zu entziehen, von vornherein auf ein Mindestmass zu beschränken. Andererseits muss aber auch vorgebäugt werden, da s sich Anspruchs berechtigte zu Werkzeugen gewissenloser Spekulanten hergeben oder selbst Spekulieren, Häuser auf Kosten des Staates oder der Steuerträger überhaupt zu einen billigen Preise zu erwerben, um sie dann zu dem doppelten Betrage an dritte Fernstehende zu verkaufen.

Die Aufbringung der Mittel hat durch Rufname einer Anleihe zu geschehen, welche in 50 Jahren rückzahlbar sein könnte. Der Amortisations- und Zinsendienst ist zu sichern vor allem durch Ersparnisse im Budget des Ministeriums für Meerwesen sowie durch Erhöhung der Erbschafts- und Luxussteuer.

Uebersichtsplan der Finanzierungsergebnisse.

Kosten in 1000 Kè

     

Jahr

Erfordernis

Beitrag v. Bezirk u. Gemeinde

Anteil des Staates

Raten und Zinsen

Unbedeckt in 1000 Kè

In 1000 Kè steigende Schuld

1925

1,250.000

250.000

1,000.000

-.-

1,000.000

-.-

1926

1,250.000

250.000

1,000.000

58.500

941.500

1,941.500

1927

750.000

150.000

600.000

117.000

483.000

2,424.500

1928

750.000

150.000

600.000

152.100

447.900

2,872.400

1929

750.000

150.000

600.000

187.200

412.600

3,285.000

1930

500.000

100.000

400.000

222.300

177.700

3,462.700

1931

5p0o.000

100.000

4()0.000

245.700

154.300

3,617.000

1932

500.000

100.000

400.000

269.100

130.900

3,747.900

1933

-.-

-.-

-.-

292.500

-.-

-.-


Es werden also bereits im siebenten Baujahre die staatlichen Einnahmen an Zinsen und Raten seitens der Unternehmer und der Beteilten seine Ausgaben an Zinsen und Anuitäten nicht nur decken, sondern es verbleibt sogar schon ein Ueberschuss für seine Anuitätenreserve. Vom siebenten Jahre an erhöht sich dieser Ueberschuss alljährlich progressiv, sodass der Staat eigentlich nur die Zinsen für die ersten 6 Baujahre aus Eigenem zu tragen hat.

Prag, am 28. März 1924.

Simm, Patzel, Dr. Radda, Ing. Jung, Palkovich, Wenzel, Füssy, Knirsch, Dr. Jabloniczky, Böhr, Dr. Lelley, Dr. Körmendy-Ékes, Dr. Brunar, Dr. Schollich, Dr. Lehnert, Kraus, Dr. Keibl, Dr. E. Feyerfeil, Matzner, Ing. Kallina, Dr. Lodgman.

 

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