Pùvodní znìní ad XI./4926.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Emmerich Radda und Genossen
an den Justizminister und den Minister des Innern
wegen der Beschlagnahmepraxis gegenüber dem Mährischen Grenzboten in Iglau.
In dem Artikel des Mährischen Grenzboten vom 2. Oktober 1924, der sich mit der vom Regierungskommissär Výborný gegründeten städtischen Musikschule befasst, wurde folgender Satz von der Staatspolizei beschlagnahmt:
Es ist selbstverständlich, dass die deutschen Kreise diese rein èechische Gründung höflichst ablehnen müssen und von der Einladung zum Schulbesuche keinen Gebrauch machen können.
In derselben Nummer wurde folgende Briefkastennotiz zur Gänze beschlagnahmt:
Einigen Mitgliedern des Deutschen Theatervereines.
Wir danken Ihnen;- dass Sie unsere Stellungnahme in Sachen des Besuches der èechischen Bar durch Mitglieder unseres deutschen Ensembles teilen. Auch sind wir ganz Ihrer Ansicht, dass sie hiezu durch das Beispiel einiger Mitglieder Ihres Vereines verleitet werden. Was den Hausverkauf des Obmannes an das èechische Legionärunternehmen betrifft, so haben wir uns keineswegs in Stillschweigen gehüllt. Wir können nicht in jedem einzelnen Falle Stellung nehmen und haben aus diesem Grunde wieder die Veröffentlichung des Besitzwechsels aufgenommen; Sache der engeren Oeffentlichkeit bezw. der einzelnen Vereine ist es, die Konsequenzen einer solchen Tat zu ziehen.
Schliesslich wurde in der Nummer vom S. Oktober 1924 folgende Notiz beschlagnahmt:
Die Verfolgung des Mährischen Grenzboten.
Die letzte Zeit hat unserer Leserschaft Beispiele genug geliefert, in welcher Weise gegen ans vorgegangen wird. Harmlose Notizen, in denen kein Mensch etwas finden kann, wurden Donnerstag beschlagnahmt. Natürlich bilden sie nur den Vorwand; was unterdrückt werden soll, ist der Kampfgeist unseres Blattes, das insbesondere den hiesigen Tschechen ein Dorn im Auge ist. Doch nicht umsonst heisst es im Sprichwort: Viel Feind, viel Ehr. Es ist Sache unserer deutschen Bevölkerung, uns durch immer grösser werdende Abnehmerzahl zu zeigen, dass sie Verständnis für diese Verfolgungskampagne hat, umsomehr als uns durch die fortwährenden Beschlagnahmen ein nicht geringer Schaden erwächst. Zur letzten Beschlagnahme wollen wir nur bemerken, dass die Polizei bis in die Drukkerei vordrang.
Man muss sich wundern, dass das Iglauer Kreisgericht in dem Inhalte dieser Notizen einen strafbaren Tatbestand erblicken konnte, zumal diese Notizen gegenüber dem offenkundigen Predigen des Boykottes gegen alles Deutsche in den èechischen Blättern und èechischen Flugschriften geradezu harmlos genannt werden müssen.
Man kann sich des Hindruckes nicht erwehren, dass alle in Betracht kommenden Zensurstellen es darauf angelegt haben, den Mährischen Grenzboten durch die fast an jeder Nummer verübte Beschlagnahme materiell so zu schädigen, dass er sein Erscheinen einstellen muss. Es scheint also, dass es sich um eine bewusste chauvinistische Unterdrückung dieses deutschen Blattes handelt, was ganz zu dem in Iglau herrschenden Gewaltsystem passt.
Die Unterzeichneten fragen daher die Herren Minister:
1. Ist Ihnen diese Beschlagnahmepraxis bekannt?
2. Sind Sie imstande, eine solche Zensurpraxis zu rechtfertigen?
3. Sind Sie geneigt, dafür Sorge zu tragen, dass deutsche Zeitungen nicht durch eine derartig ungerechtfertigte Beschlagnahmepraxis in ihrem Bestande bedroht werden?
4. Sind Sie geneigt, die Pressfreiheit auch den deutschen Zeitungen gegenüber zu gewährleisten?
Prag, am 11. November 1924.
Dr. Radda, Dr. Lodgman, Ing. Kallina, Dr. E. Feyerfeil, Dr. Brunar, Pittinger, Dr. Korláth, Dr. Lelley, Palkovich, Szentiványi, Dr. Jabloniczky, J. Mayer, Heller, Dr. Lehnert, Kraus, Dr. Schollich Matzner, Dr. Keibl, Windirsch, Zierhut, J. Fischer, Kaiser, Böllmann, Füssy, Dr. Körmendy-Ékes.
Pùvodní znìní ad XII./4926.
Interpellation
der Abgeordneten Alois Stenzl, Dr. Radda und Genossen
an den Justizminister
in Angelegenheit der Beschlagnahme des Mährischen Grenzboten.
In der Folge 135 des Mährischen Grenzboten vom 16. November 1924 fielen dem Rotstifte des Iglauer Zensors aus nachstehenden offenen Brief der Ortsgruppe Iglau der deutschen Gewerbepartei die spationierten Stellen zum Opfer:
Offener Brief.
Gesetz und Willkür.
Die Ortsgruppe Iglau der deutschen Gewerbepartei sieht sich gezwungen, den Weg der breitesten Oeffentlichkeit in einer Angelegenheit zu betreten, die insbesondere für die Gast- und Schankgewerbe in Iglau von elementarer Bedeutung ist, da sich diesem Gewerbe gegenüber die Gewerbebehörde I. Instanz unter der Diktatur des der Stadt aufgezwungenen Regierungskommissärs Handlungen und Entscheidungen zuschulden kommen lässt, die deutlich den Stempel der krassesten Gesetzesverletzung an sich tragen und ein Schulbeispiel rücksichtslosesten Despotismusses darstellen.
Während der nun schon einjährigen Tätigkeit des auch bereits in seinen Freundeskreisen äusserst missbilligt gewordenen Regierungskommissärs waren in Iglau teils durch Todesfall, teils durch Aenderung des Hausbesitzes verschiedene Konzessionen im Gast- und Schankgewerbe freigeworden.
Nun ist vom leitender Stelle den massgebenden Unterbehörden eine dem diesbezüglichen Gesetze entsprechende Direktive zugegangen, dass Gasthauskonzessionen nur auf je 500 Einwohner, Branntweinschankkonzessionen nur auf je 5000 Einwohner zu verleihen send, wurde gleichzeitig die strikteste Einhaltung dieser Richtlinien angeordnet.
In Iglau scheint nun die berufene Behörde ausserhalb der Verpflichtung zu stehen, den Anordnungen und Verfügungen und Erlässen der Oberbehörde striktest nachzukommen.
Dies bewiesen die unter dem Regime des Regierungskommissärs erteilten Konzessionsverleihungen, die dem Gast- und Schankgewerbe gegenüber getroffenen Verfügungen die nahezu alle den Schein an sich tragen, als wolle man diesen Stand, den Hauptsteuerzahler, mit allen möglichen Mitteln zugrunde richten.
Trotz energischer und vollauf berechtigter Proteste und Einwendungen seitens der Gastwirtegenossenschaft und anderer berufener Korporationen werden Konzessionen verliehen für Lokale, bei welchen selbst der unerfahrenste Laie deutlich erkennt, dass man sich hiebei über die einfachen Vorschriften mit geradezu staunenswerter Kühnheit hinweg setzt. Zwischen zwei schon bestehenden, nur vier Häuser voneinander entfernten Gasthäusern wunde eine dritte Konzession verliehen. Es wurden Lokale als zur Ausübung des Gastgewerbes geeignet anerkannt, die sich nacht einmal für einen Grünzeugladen eignen. Die Vorschriften der Gewerbeordnung bezüglich der Lehr- und Gehilfenzeit existieren nur jenen Personen gegenüber, denen man rücksichtslos jede Existenz und Erwerbsmöglichkeit unterbinden will. Denn nur so ist es doch möglich, dass einem Lehrling, der noch ein Jahr zu lernen hat, eine Konzession verliehen wird. Unglaublich, aber wahr und sehr traurig.
Was die Vorschriften wegen der Sperrstunde anbelangt, s haben der Regierungskommissär und die dazu berufenen Stellen sich ein eigenes System zurückgelegt, dass es einem soliden Unternehmen unmöglich macht, den schweren Kampf durchzuführen, den ihm die Zeitverhältnisse auferlegen. Eine noch so berechtigte Verlängerung der Sperrstunde erscheint ausgeschlossen - im Gegenteil! - Wehe dem armem Opfer, das nur 5 Minuten länger offen hat! Da werden Strafen diktiert, die selbst einem Glatzköpfigen die Haare zu Berge steigen. Die Bars aber, zwei an der Zahl erfreuen sich des grössten Wohlwollens und der besten Fürsorge, denn sie erhalten jede Begünstigung, deren sie nur teilhaftig werden können.
Es ist kein leerer Wahn - es ist traurigste Wahrheit, dass der Regierungskommissär und seine Organe zum Totengräber für das solide Gast - und Schankgewerbe geworden sind.
Wir fordern daher alle parteifreundlichen Abgeordneten auf, mit allem Nachdruck und gesetzlichen Mitteln diesem unerhörten Despotismus in dieser ruinösen Willkür ein Ende zu setzen, und entscheidende Abhilfe zu schaffen.
Die Ortsgruppe Iglau der deutschen Gewerbepartei.
Diese Art der Handhabe der Zensur widerspricht der in dieser Republik so oft gepriessenen Freiheit. Sie ist beschämend für die Lenker dieses Staates, die entweder nicht den Willen haben, den untergeordneten Organen endlich das Handwerk zu legen, oder die nicht die notwendige Autorität haben, ihren Anordnungen Nachdruck zu verleihen.
Die Gefertigten fragen daher den Herrn Minister:
1. Ist er bereit, dafür zu sorgen, dass das Recht der freien Meinungsäusserungen nicht eingeschränkt wird?
2. Ist er bereit, diese einer demokratischen Republik unwürdige Knebelung der Presse endlich einzustellen?
Prag, am 18. November 1924.
Stenzl, Dr. Radda, Dr. Spina, Dr. Medinger, Dr. Lodgman, Dr. Schollich, Dr. Hauselch, Dr. E. Feyerfeil, Kostka, Dr. W. Feierfeil, Knirsch, Dr. Petersilka, Kaiser, J. Fischer, Sauer, Böllmann, Dr. Luschka, J. Mayer, Heller, Windirsch, Dr. Kafka, Schubert.
Pùvodní znìní ad XIII./4926.
Interpellation
des Abgeordneten Josef Mayer und Genossen
an den Justizminister
in Angelegenheit der Beschlagnahme des Deutschen Landrufes in Eger.
Die Übergriffe, die sich die Egerer Staatsanwaltschaft in der Zeitungsbeschlagnahme leistet, spotten jeder Beschreibung. Es dürfte sich kein Mensch mehr wundern, wenn man in die Zurechnungsfähigkeit der diensttuenden Beamten Zweifel setzt. Vor wenigen Tagen haben die Gefertigten den Herrn Justizminister darauf aufmerksam gemacht, dass die Staatsanwaltschaf in Eger ein Gedicht des Schweizer Dichters Konrad Ferdinand Meyer beschlagnahmte, das aus dessen Feder Huttens letzte Tage schildert. Der Deutsche Landruf konnte nachweisen, dass dieses Gedicht der Druckschrift 4017/IX der Abgeordnetenkammer der èechoslovakischen Nationalversammlung aus dem Jahre 1923 auf Seite 22 entnommen ist. In einem Artikel, in dem der Deutsche Landruf dies nachweist, bezeichnet er diese Beschlagnahme offen als einen Übergriff dieser Behörde und er weist darauf hin, dass solche Beschlagnahmen doch nur den Stempel des Lächerlichen für die èechoslovakischen Behörden zur Folge haben kann. Es muss als eine Frechheit bezeichnet werden, wenn sich die Staatsanwaltschaft in Eger unterfängt, diese nur allzuwahren Worte neuerlich zu beschlagnahmen.
Die Gefertigten fragen den Herrn Minister.
1. ob er geneigt ist, der Staatsanwaltschaft in Eger klar zu machen, dass die Beschlagnahme eines Gedichtes, das im Protokolle der Abgeordnetenkammer gedruck ist, einen offenen Übergriff dieser Behörde darstellt?
2. Ob er des weiteren geneigt ist, die Staatsanwaltschaft in Eger darauf aufmerksam zu machen dass diese Beschlagnahme wirklich den Stempel des Lächerlichen für die èechoslovakischen Behörden im Gefolge hat? und
3. dass er die schuldtragenden Beamten zur Verantwortung zieht und dafür sorgt, dass dem Deutschen Landrufe für den durch der. Mutwillen dieser Beamten entstandenen Schaden der volle Ersatz geleistet wird?
Prag, am 12. November 1924.
J. Mayer, Dr. Luschka, Dr. Petersilka, Böhr, Dr. Hanreich, Böllmann, Kaiser, Dr. Radda, Matzner, Dr. Lodgman, Zierhut, Windirsch, Dr. Spina, Heller, Ing. Jung, Knirsch, Wenzel, Patzel, Simm, Scharnagl, Dr. W. Feierfeil.
Pùvodní znìní ad XIV./4926.
Interpellation
des Abgeordneten Dr. Brunar und Genossen
an den Minister für öffentliche Arbeiten
betreffend Misstände in der systematischen Elektrifizierung Mährens und Schlesiens.
Die bei den böhmischen Elektrizitätsverbänden aufgedeckten Korruptionsaffären bieten den Gefertigten den Anlass auch auf die ungesunden Verhältnisse bei den mährisch-schlesischen Elektrzitätsaktiengesellschaften hinzuweisen. Diese vom Staat und von den Ländern geforderten und mit einem Monopolcharakter versehenen Unternehmungen sind: die West-, Mittel- und Nordmährische- und die Mährisch-schlesische Elektrizitätsaktiengesellschaft. Sie allein besitzen das Recht der Gemeinnützigkeit nach dem Gesetz über die systematische Elektrifizierung vorn 22. Juli 1919, Nr. 438 Slg. d. G. u. V., während das gleiche Recht allen anderen, darunter auch dem deutschen Zweckverbande der Elektrizitätsgenossenschaften und Werke Mährens und Schlesiens. Sitz Jägerndorf, mit der Begründung verweigert wurde, dass die restlose Aufteilung Mährens und Schlesiens unter diese Aktiengesellschaften bereits erfolgt sei, sodass keinem andern mehr das sogenannte Gemeinnützigkeitsrecht verliehen werden könne. Die Gebarung dieser Unternehmungen, welche zusammen weit über 100 Millionen Kè an öffentlichen Geldern vom Staate, den Ländern und Gemeinden verwalten, entzieht sich vollständig dem Einblick der Oeffentlichkeit. Deutsche Vertreter sind im Verwaltungsrate jeder dieser Aktiengesellschaften verschwindend wenig, im Aufsichts- und Direktionsrate überhaupt keine, sodass dortselbst eine nahezu kontrollose Wirtschaft herrscht. Allgemein bekannt ist nur das eine, dass diese Gesellschaften, von denen wir als Beispiele nur die Nordmährische (Newag) und die Mährisch-schlesische (MSE) herausgreifen wollen, trotz der gossen Unterstützung aus öffentlichen Mitteln. Jahre hindurch mit Defizit arbeiteten und nicht einmal eine bescheidene Verzinsung der Investitionssummen zustande brachten, ja dass dem Vernehmen nach sogar an eine beträchtliche Abschreibung des Aktienkapitales gedacht werden muss. Dass beweist am deutlichsten, dass in diesen Unternehmungen Steuergelder verschleudert werden. Anstatt aber eine strenge Untersuchung vorzunehmen und die beunruhigte Oeffentlichkeit über deren Ergebnis rückhaltslos aufzuklären, sucht die Regierung die geradezu gemeinschädlichen Unternehmungen vor dem Zusammenbruch dadurch zu bewahren, dass sie die deutschen Gemeinden Nordmährens und Schlesiens eine nach der anderen dazu zwingt sich den offiziellen E. A. G. anzuschliessen und zwar in der Regel auf folgende Weise: wenn ein Elektrizitätswerk wegen erhöhter Inanspruchnahme erweitert werden muss, verweigert die Gewerbebehörde ihre Zustimmung hiezu mit der Begründung, der Anschluss an die Newag oder MSE wäre ökonomischer. Wird aber nachgewiesen, dass dies tatsächlich nicht zutreffe, weil z. B. das Elektrizitätswerk Jägerndorf den Abdampf und das heisse Kesselwasser für ein Volksbad und eine Fernheizanlage verwenden will, wodurch die Gestehungskosten des elektrischen Stroms so bedeutend herabgemindert werden, dass jede Konkurrenz aus dem Felde geschlagen ist, so gibt die Behörde einfach überhaupt keine Erledigung heraus, begeht also eine glatte Rechtsverweigerung, nur um das Elektrizitätswerk gegen sein Interesse zum Anschluss an die E. A. G. zu zwingen. Ein solcher Fall einer denegatio juris liegt z. B. hinsichtlich des Elektrizitätswerkes Jägerndorf vor, das anfangs Jänner 1923 um die gewerbebehördliche Bewilligung zur Aufstellung einer Dampfturbinenanlage angesucht hat, worüber am 14. März 1923 die Kommission stattfand, ahne dass bisher auch nur eine Entscheidung der ersten Instanz zu erreichen gewesen wäre.
Uebrigens wird die Rechtsordnung auch dadurch verletzt, dass Vertreter der sogenannten gemeinnützigen Aktiengesellschaften zu gewerbebehördlichen Lokalkommissionen wegen jedweder Aenderung an bestehenden Elektrizitätswerken beigezogen wenden, obwohl sie keine Anrainer sind und weder nach der Gewerbeordnung noch nach dem Elektrifizierungsgesetz etwas dabei zu tun haben. Ferner dürfen die politischen Behörden in solchen Fällen keine Entscheidung hinausgeben, ohne vorher die Wohlmeinung des Arbeitsministeriums eingeholt zu haben. Dadurch wird der Instanzenzug zu einer blossen Farce.
Mit derart ungesetzlichen Mitteln wurde bisher der Ausbau nahezu sämtlicher Elektrizitätswerke Nordmährens und Schlesiens verhindert und tatsächlich gelang es auf diesem Wege schon Troppau, Sternberg und M.-Schönberg zum Anschluss an die Newag bezw. MSE zu zwingen, während Jägerndorf, Neutitschein, M.-Trübau, Niklasdorf und andere Gemeinden noch in ähnlicher Weise bearbeitet werden. Ebenso ist den an der Staatsgrenze gelegenen Gemeinden der Strombezug aus dem benachbarten Preussen 2u günstigen Bedingungen dadurch unmöglich gemacht worden, dass die staatlichen Behörden auch dafür ein unersetzliches Monopolrecht der E. A. G. konstruierten, um ihnen auf Kosten der Bevölkerung einen ganz ungebührlichen Zwischengewinn zuzuschanzen. So z. B. hätten die Gemeinden des Freiwaldauer, Hennersdofer und Hotzenplotzer Bezirkes Strom vom Kraftwerke Oppeln zum Preise von 50 h für eine Kilowattstunde erhalten können, während die Newag versuchte, denselben Strom zum gleichen Preise von drüben im Grossen zu beziehen und ihn dann um den 8fachen Betrag abzusetzen! Ueberall treten diese sogenannten gemeinnützigen Unternehmungen als Zwischenhändler und Stromverteurer auf und versuchen aus der Bevölkerung zu ihrem Vorteil soviel als möglich herauszupressen. Ihr Aktienkapital haben sie grösstenteils in unrentablen Ueberlandleitungen, die überaus teuer und ohne Rücksicht auf den Bedarf gebaut wurden, in ganz unkaufmännischer Weise festgerannt. Der Verdacht, dass solche tote Leitungen nur gebaut wurden, um gewissen Firmen Beschäftigung und Verdienst zu schaffen, ist jedenfalls nicht ohne weiters von der Hand zu weisen. Oft hängen au kilometerlangen Leitungen bloss einige wenige Lampen wie z. B. an der Fernleitung Troppau Jägerndorf, von der niemand Strom bezieht, obwohl sie schon fast 11/2 Jahre besteht und allmählich zu verfallen beginnt. Um nun wenigstens die Bahnwerkstätte in Jägerndorf als Abnehmer zu bekommen und dadurch dem städtischen Elektrizitätswerke Jägerndorf einen grossen Konsumenten wegzunehmen, beabsichtigt die MSE noch eine zweite Leitung von Troppau nach Jägerndorf zu bauen, weil die Staatsbahndirektion Olmütz mit Recht eine gewisse Betriebssicherheit bei Störungen auf einer Leitung gewährleistet wissen will. Unbegreiflich ist dabei, warum diese Betriebsicherheit nicht durch Abschluss eines Gegenseitigkeitsvertrages mit dem im Orte bestehenden und genügend leistungsfähigen Elektrizitätswerke geschaffen wird. Ein diesbezüglicher Vorschlag wurde an das Ministerium für öffentliche Arbeiten am 25. Juni 1923 vom deutschen Zweckverbande der Elektrizitätsgenossenschaften Mährens und SchIesiens In einer ausführlichen Denkschrift erstattet, nach dem am 12. Mai 1923 mündliche Verhandlungen zwischen sämtlichen an der systematischen Elektrifizierung Mährens und Schlesiens interessierten Faktoren beim mährischen Landesausschusse in Brünn stattgefunden hatten. Bis heute wurde dieser wohlbegründete Entwurf für ein einträchtiges Zusammenarbeiten zwischen Zweckverband und E. A. G. keiner Antwort gewürdigt, obwohl das Arbeitsministerium inzwischen mehrmals auf Betreibungen hin, eine Fortsetzung der mündlichen Verhandlungen in Aussicht gestellt hat. Offenbar wünschen die E. A. G. eine derart friedliche Vereinigung der Meinungsverschiedenheiten hinsichtlich der Elektrifizierung Mährens und Schlesiens nicht. Sie hoffen vielmehr mit Hilfe der Staatsgewalt und der Landesbehörden ihr angemasstes Monopolrecht auch gegen den Willen der Bevölkerung durchsetzen zu können, um auf diese Weise ihre Finanzen wieder in Ordnung zu bringen. Bezeichnend ist es jedenfalls, dass die Präsidenten der Newag und MSE gleichzeitig Präsident und Elektrizitätsreferenten der Landesausschüsse in Mähren und Schlesien sind. Dadurch ist es erklärlich, dass diese, den Gemeinden vorgesetzten autonomen Landesbehörden, oft nicht die Interessen der Gemeinden, sondern vielmehr die der Elektrizitätsgesellschaften wahren, ein Zustand der in einem Rechtsstaate für unmöglich gehalten werden sollte. Auf diese Weise wurden schon zahlreiche Gemeinden, trotz ihrer misslichen Finanzlage, zur Zeichnung von Obligationen und Regiebeiträgen für die genannten Elektrizitätsaktiengesellschaften verhalten, obwohl sie auf andere Art billigeren Strom bekommen könnten, andererseits nimmt man den Gemeinden die Möglichkeit, ihre eigenen Elektrizitätswerke so auszugestalten, dass sie im Sinne des Gemeindefinanzgesetzes vom 12. August 1921, Nr. 329 § 22, Ueberschüsse zur Bedeckung der allgemeinen ordentlichen Gemeindeausgaben abzuwerfen in der Lage wären.
Gegen diese offenkundig ungesetzliche Begünstigung der E. A. G. zum Nachteile der Gemeinden und der Stromabnehmer, hat nicht nur der deutsche Zweckverband der Elektrizitätsgenossenschaften und Werke Mährens und Schlesiens wiederholt, aber leider ohne Erfolg, Stellung genommen, auch die Schutzverbände der èechischen Elektrizitätsgenossenschaften in Mähren haben bereits mehrmals die alles andere als gemeinnützige Tätigkeit der E. A. G. öffentlich gegeisselt und eine Vergenossenschaftlichung der ganzen Elektrifizierungsbestrebungen gefordert. Nur auf solche Weise könnte das Verständnis für eine systematische Elektrifizierung in den breiten Schichten geweckt und das Vertrauen hergestellt werden, das nötig ist um Gutes zu schaffen. Durch ehrenamtliche Mitwirkung der frei gewählten Verterter der Bevölkerung in den Gemeinden und in den Elektrizitätsgenossenschaften an dem Werke der Elektrifizierung, würden ausserdem die übermässig hohen Regiekosten wesentlich herabgedrückt, die jetzt in den E. A. G. infolge eines unverhältnismässig grossen Beamtenapparates allzuviel von den Einnahmen verschlingen. Auch müsste die Wirtschaftlichkeit in der Gesamtgebarung dadurch gehoben werden. Nur wenn vor Errichtung eines neuen Fernleitungsnetzes ein entsprechender Stromkonsum durch Fühlungnahme mit den Interessenten gesichert ist, kann sich eine Rentabilität ergeben. Zu dieser Fühlungnahme taugen jedoch die Beamten der E. A. G. am allerschlechtesten wie die Erfahrung lehrt, dazu gehören vielmehr Vertrauensmänner der Bevölkerung selbst. Darum ist es unverantwortlich, dass die vom deutschen Zweckverbände angebotenen guten Dienste von der Regierung bisher nicht in Anspruch genommen wurden. Das Misstrauen der deutschen Bevölkerung Mährens und Schlesiens insbesondere hat jetzt durch die Aufdeckung der Korruptionsaffären in Böhmen neue Nahrung gefunden, umsomehr, als auch bei der Newag und MSE die Vergebung von Aufträgen, die oft in die Millionen gehen, bisher nie öffentlich erfolgte, da ferner auch hier die in Elektrizitätsangelegenheiten ausschlaggebenden Beamten der Landesausschüsse und des Arbeitsministeriums gleichzeitig im Verwaltungsrat dieser Gesellschaften sitzen, ja sogar der Elektrizitätsreferent des mährischen Landesausschusses nicht nur Vorsitzender der Verwaltungsräte mehrerer E. A. G., sondern auch Rechtsfreund einer der grössten Lieferungsfirmen sein soll.
Deshalb stellen die Gefertigten hiemit an den Herrn Minister für öffentliche Arbeiten folgende Anfragen:
1. Sind Ihnen die geschilderten Zuständen Bezug auf die systematische Elektrifizierung Mährens und Schlesiens bekannt, wie verantworten Sie diese und was gedenken Sie zur Beseitigung der Uebelstände zu tun?
2. In welcher Weise können Sie die Misswirtschaft in den Elektrizitätsaktiengesellschaften, die zum grössten Teile mit öffentlichen Geldmitteln arbeiten, aufklären und rechtfertigen?
3. Wie wurden die Arbeiten und Lieferungen bei diesen E. A. G. vergeben, an wen und zu welchen Preisen?
4. In welcher Weise gedenken Sie der weiteren Verschleuderung von Steuergeldern durch die E. A. G. in Mähren und Schlesien Einhalt zu tun, bezw. eine Sanierung oder Liquidierung derselben durchzuführen?
5. Haben Sie Kenntnis von der Kumulierung der Funktion eines Vorsitzenden und Elektrizitätsreferenten des Landesausschusses mit der eines Präsidenten des Verwaltungsrates der E. A. G. und obendrein mit der Funktion eines Rechtsvertreters grosser Lieferungsfirmen und billigen Sie diese Aemterhäufung?
6. Wollen Sie veranlassen, dass die den Verwaltungsräten der E. A. G. angehörigen Beamten der Landesausschüsse und des Arbeitsministeriums sofort diese Verwaltungsratsstellen als unvereinbar mit ihren Amte niederlegen?
7. Sind Sie gewillt, die noch unerledigten gewerbebehördlichen Verfahren bezüglich Erweiterung bestehendes Elektrizitätswerke (z. B. Jägerndorf und Niklasdorf i. Schles.) endlich im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen zu erledigen und die Unterbehörden anzuweisen, in Hinkunft derartige Ansuchen immer streng nach dem Gesetz und unbeeinflusst durch die E. A. G. oder durch Oberbehörden zu erledigen?
8. Wie verhalten Sie sich gegenüber einer Vergenosenschaftlichung der gesamten Elektrifizierungsbestrebungen in Mähren und Schlesien?
9. Wollen Sie im Falle des Weiterbestandes der E. A. G. dahin wirken, dass den Deutschen ein ihrer Kopfzahl und Steuerleistung entsprechender Einfluss im Verwaltungs-, Aufsichts- und Direktionsrat eingeräumt wird?
10. Sind Sie bereit die eheste Wiederaufnahme der Verhandlungen der Newag und der MSE mit dem deutschen Zweckverbände der Elektrizitätsgenossenschaften und Werke Mährens und Schlesiens in die Wege zu leiten und zu einem den gerechten Forderungen des Zweckverbandes entsprechenden Abschluss zu bringen?
Prag, am 6. November 1924.
Dr. Brunar, J. Mayer, Zierhut, Dr. Radda, Dr. Lelley, Bobek, Dr. Schollich, Windirsch, Dr. Jabloniczky, Heller, Szentiványi, Matzner, Böllmann, Palkovich, Dr. Keibl, Ing. Kallina, Dr. Korláth, Dr. Lodgman, Dr. Körmendy-Ékes, Kraus, Dr. Lehnort, Dr. E. Feyerfeil, Füssy.
Pùvodní znìní ad XV./4926.
Interpellation
der Abgeordneten Dr. Kafka, Kostka und Genossen
an den Minister des Innern
betreffend ein polizeiliches Verbot der Absingung des Liedes Wir hatten gebauet ein stattliches Haus!
Am Freitag, den 7. November 1924 fand der diesjährige Eröffnungsfestkommers der deutschen Studenten in Pragstatt. Bei diesem Festkommerse sollte unter anderem das Lied Wir hatten gebauet ein stattliches Baus, das folgenden Text hat, gesungen wenden: Wir hatten gebauet ein stattliches Haus und drin auf Gott vertraut, Trotz Wetter, Sturm und Graus. - Wir webten so traulich, so innig, so frei, den Schlechten wird es graulich, wir lebten Bar Zu treu. - Sie lugten, sie suchten, nach Trug und Verrat, verleumdeten, verfluchten, die junge, grüne Saat, - Was Gott in uns legte, die Welt hats veracht't, die Einigkeit erregte bei Guten selbst Verdacht. - Man schalt es Verbrechen, man täuschte sich sehr, die Form kann man Zerbrechen, die Liebe nimmermehr. Die Form ist Zerbrochen, von aussen herein, doch was man drin gerochen, war eitel Dunst und Schein. Das Band ist zerschnitten, war schwarz, not und gold, und Gott hat es gelitten, wer weiss, war es gewollt. - Das Haus mag zerfallen, was Irrats dann für Not? der Geist lebt in uns allen, und unsre Burg ist Gott.
Dieses Lied war in die gedruckte Liederfolge aufgenommen, sowie von der Polizeidirektion in Prag unbeanständet zur Kenntnis genommen. Knapp vor Beginn des Festkommerses teilte der Regierungsvertreter dem Vorsitzenden des Kommerses mit, dass das erwähnte Lied nicht gesungen werden dürfe.
Es handelt sich um ein Lied, das gelegentlich der Auflösung der deutschen Burschenschaft im Jahre 1819 enstanden ist. Nach seiner Veranlassung und nach seinem Inhalte hat es den Charakter eines Kampfliedes gegen die Reaktion. Es wurde auch während des Jahrhunderts seit seinem
Entstehen immer in diesem Sinne gewertet und verstanden.
Das plötzliche Verbot des Liedes stellt sich als ein unerhörter und unverständlicher Willkürakt dar, der sich würdig der berüchtigten Konfiskationspraxis der èechoslovakischen Zensurbehörden anschliesst. Die demokratische Republik verbietet ein Kampflied gegen die Reaktion, das im alten Oesterreich ohne behördliches Verbot geblieben ist. Erwägt man überdies, dass es sich um ein Lied aus dem Jahre 1819 handelt, so erweist sich das Verbot des Liedes nicht nur als ein Akt der Reaktion, sondern auch als ein Zeichen krassester Unbildung, durch die die Behörden nichts anderes erreichen können, als dass sie sich lächerlich machen.
Es scheint nicht, dass die Polizeidirektion in Prag eine solche unsinnige Verfügung aus eigener Initiative getroffen hat. Vielmehr ist der Verdacht berechtigt, dass eine Weisung von oben vorlag.
Die Gefertigten richten daher an den Minister des Innern die Anfragen:
1. Ist dem Minister des Innern das Verbot des Liedes Wir hatten Bedeuten ein stattliches Haus bekannt?
2. Ist dem Minister des Innern bekannt, wer diese famose Weisung verschuldet hat und ist er bereit, diesen Schuldigen zu nennen?
3. Welches sind die Gründe, die zu dem Verbote geführt haben?
4. Ist der Minister des Innern bereit, sofort die Schuldigen zur Verantwortung zu ziehen und entsprechende Weisungen herauszugeben, dass diese und ähnliche lächerliche Verfügungen unterbleiben?
5. Ist der Minister der Ansicht, dass Polizeiwillkür und Reaktion oder das Metternich'sche System zu den in der Èechoslovakei geschützten Rechtsgütern gehört.
Prag, am 17. November 1924.
Dr. Kafka, Kostka, J. Mayer, Budig, Dr. Hanreich, Kaiser, Böllmann, Schubert, Stenzl, Dr. Petersilka, Bobek, Dr. W. Feierfeil, Mark, Scharnagl, Dr. Spina, Pittinger, Knirsch, Patzel, Wenzel, Simm, Ing. Jung, Böhr, Køepek, Windirsch, Heller.