Ètvrtek 12. února 1931

Heute ist eine Nachricht in den Zeitungen, daß die Glasindustriellen des Gebietes von Haida beschlossen haben, an die Arbeiter eine Kundgebung ergehen zu lassen, daß sie in die Betriebe nur noch werden zurückkehren können, wenn sie sich einen Lohnabbau gefallen lassen, u. zw. heißt es in dieser Kundgebung, daß der Lohnabzug, den die Arbeiter in Kauf zu nehmen hätten, betragen soll: 5% bei den Arbeitern, die einen Wochenlohn unter 120 Kè ins Verdienen bringen, und 10% bei einem Wochenlohn von über 120 Kè. Man stelle sich einmal vor, was das heißt. Wir haben Reden hier gehört über die Krise der Landwirtschaft, Klagen gehört von vielen, die hier zu Worte gekommen sind. Aber man soll sich einmal vorstellen: Wo gibt es das ein zweites Mal, daß man sich erdreistet, Menschen, Familienerhaltern, die 120 Kè in der Woche haben, also nicht einmal 20 Kè pro Tag, noch einen Lohnabzug aufzuhalsen! Man soll sich vorstellen, welch ungeheuere Frivolität dazu gehört! Ich möchte sagen, daß diese Unternehmer wahrscheinlich nicht einmal ahnen, was sie mit dieser ihrer Provokation herbeiführen können. Ganz abgesehen davon, daß diese Schäbigkeit, die sich darin äußert, absolut nicht zur Behebung der Wirtschaftskrise beitragen kann, da eine solche Verelendung der Menschen die Situation im allgemeinen nur zu verschlimmern vermag. Ganz abgesehen davon, muß ich dieses Vorgehen als eine Herzlosigkeit plakatieren, als Kurzsichtigkeit, als Schäbigkeit. Wir sprechen soviel von Volksgemeinschaft. Das sind deutsche Unternehmer, die so etwas deutschen Arbeitern antun. Da haben wir die Reden, die Phrasen von der Zusammenfassung des ganzen deutschen Volkes in diesem Staate unter Führung des Herrn Jung, des sudetendeutschen Führers. Und da haben Sie die Menschen, mit denen wir uns zusammenschließen sollen. Das soll die Volksgemeinschaft werden, eine Gemeinschaft ausgebeuteter Menschen mit ihren Ausbeutern, ihren rücksichtslosen Ausbeutern. Das sind Dinge, die unmöglich sind. Ich muß sagen, daß es auf der ganzen Linie so ähnlich ist! Die Arbeiter haben sich ihren Verein "Arbeiterfürsorge" geschaffen. Das sind Menschen mit kärglichem Verdienst, die von ihrem schwachen Verdienst und geringen Einkommen noch Geld abgeben, um ihren in noch größerer Not befindlichen Brüdern und Schwestern beizustehen. Wo sind die Spenden der Tantiemenbesitzer? Wo sieht man etwas ähnliches an charitativer Fürsorge bei denen, die in Hülle und Fülle haben und im Überfluß leben? Als ich nach Prag fuhr, hatte ich Gelegenheit, einem Gespräch zuzuhören, das für die Situation charakteristisch ist. Eine Dame hat sich beklagt, in welche unangenehme Situation sie hineingeraten ist, sie hat sich nämlich einen Schlafwagenplatz nach Nizza bestellt und im Bureau hat man ihr gesagt, daß nichts zu machen ist, daß sämtliche Schlafwagenplätze schon auf 4 Wochen hinaus besetzt sind. Und für die Arbeitslosen nichts. Dabei ist die Krise ein Erfolg dieser kapitalistischen Wirtschaft, ein Erfolg der Planlosigkeit, Profitgier und Überrationalisierung, der Zerstörung des inneren Marktes durch Zerstörung der Kaufkraft der Arbeiter. Das hat uns in diese Katastrophe hineingeführt. Man sagt heute gern: Wir hungern, weil wir Überfluß an Brot und Gütern haben, weil wir zu viel produzieren. Das ist nur bedingt, nur halb, nur scheinbar richtig, die Wahrheit ist etwas anderes. Wir haben Überfluß an Gütern, weil die Massen der Menschen diese Güter nicht kaufen können. Als zweiter Redner vor mir hat Herr Koll. Hodina gesprochen. Er hat auch die Rationalisierung in der Industrie mitbehandelt und gemeint, die Arbeiter und Arbeiterführer, die sich von der Rationalisierung viel gutes versprochen haben, hätten sich schwer geirrt, in Wirklichkeit sei etwas sehr schlimmes aus der Rationalisierung herausgekommen. Was haben wir von der Rationalisierung gesagt? "Wir haben im Prinzip nichts dagegen, daß wirklich rationalisiert werde, wir haben nichts gegen arbeitssparende Maschinen, wir stehen nicht auf dem Standpunkt, daß in alle Ewigkeit hinein z. B. Glas nicht anders erzeugt werden dürfte, als daß so und so viele Menschen ihre Lungen ruinieren, daß sie die Glasbläserpfeife an den Mund setzen, sich den Mund verbrennen und diese gesundheitsschädliche Arbeit verrichten, wenn man imstande ist, mit Maschinen ohne Schädigung von Arbeitern das Glas zu erzeugen. Wir haben nichts dagegen einzuwenden, daß die Errungenschaften der Technik und der Chemie in den Dienst der Menschheit gestellt werden. Wogegen wir etwas einzuwenden haben, das ist die Art und Weise, wie das geschieht". Wenn die Rationalisierungsmethoden bei gleichbleibender Arbeitszeit, bei gleichbleibendem Lohn schrankenlos durchgeführt werden, so führen sie natürlich zu einem Unglück. Das Malheur ist das, daß wir heute nur eine auf Profit aufgebaute Wirtschaft haben, das Unglück ist, daß diese Wirtschaft planlos arbeiten muß, daß es keine Möglichkeit gibt, Plan in diese Wirtschaft hineinzubringen. Ich erinnere bloß daran, daß z. B. die Unternehmer längst daran gegangen sind, ein Konjunkturforschungsinstitut zu errichten und eine planmäßige Erzeugung herbeizuführen, daß das aber alles Schiffbruch gelitten hat, weil die Profitgier daran hinderte, daß das zu einem Erfolge führen könnte. Und wir sagen uns, daß die Errungenschaften der Technik und der Chemie, daß arbeitsparende Maschinen, daß alles das, was menschlicher Erfindungsgeist bisher zu schaffen imstande war und weiter zu schaffen imstande sein wird, daß das uns von einem Unglück in das andere hineinstoßen muß, solange die Profitwirtschaft besteht und daß das alles zum Segen für die Menschheit wird in dem Augenblicke, wo wir anstelle der Profitwirtschaft von heute die Planwirtschaft des Wirtschaftssozialismus haben werden.

Was haben uns die kapitalistischen Wirtschaftsführer in der gegenwärtigen Situation zu sagen gewußt? Nichts. Sie sind genau so planlos wie ihre Wirtschaft. Was haben die Kapitalistenvertreter hier im Hause zu äußern gehabt? Da hat z. B. der Sprecher der Nationalpartei Koll. Kallina folgendes geäußert: "Den Hungernden und Frierenden ist mit dem sozialistischen Flickwerk der pseudodemokratischen Methoden der Gewährung von Unterstützungskronen auf die Dauer nicht gedient. Die Menschen wollen mit Recht Arbeit und Brot, sie wollen die Gewähr haben, ihren Familien durch ihrer Hände Arbeit ein gesichertes Dasein zu schaffen". Wer nimmt aber den Arbeitern Arbeit und Brot? Wer raubt ihnen denn das gesicherte Dasein? Das ist doch derselbe Kapitalismus, zu dessen politischen Anwälten auch die Herren von der Nationalpartei zählen. Ich erinnere die Herren an das Beispiel von Rothau. Heute, in der Zeit, in der das Rothau eine Verhundertfachung erfahren hat, indem das Elend von Rothau an allen Ecken und Enden ein gleiches hat, ist Rothau nicht mehr das, was es vor einem halben oder einem Dreivierteljahr war, das besondere Kennzeichen der schrecklichen Auswirkung der kapitalistischen Wirtschaft. Aber in Rothau haben weit über 1.000 deutsche Familien durch ehrliche harte Arbeit ihr Brot verdient. Alles, was die Rothauer Werke wurden, sind sie aus der Arbeitskraft, aus der Arbeitsliebe, dem Eifer und der Tüchtigkeit dieser Arbeiter geworden; und als die Möglichkeit noch größerer Gewinne gelockt hat, da hat der Generaldirektor der Rothauer Eisenwerke, der bis vor kurzem Parteivorsitzender, Parteimandatar der deutschen Nationalpartei war und nur im gegebenen Augenblick mit Dr. Rosche und den anderen Dissidenten der Nationalpartei zur Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft hinübergewandert ist, einfach glatt das Geschäft gemacht, daß die Werke von Rothau verlegt werden. Die deutschen Aktionäre, die die Dividenden und Tantiemen eingesteckt haben, waren ohneweiters damit einverstanden, und das gesicherte Dasein dieser Arbeiter hat mit einem Schlage ein Ende gefunden. Volksgenossen-Direktoren und Volksgenossen-Aktionäre haben ihre Volksgenossen-Arbeiter in dem Augenblicke, da sie einen größeren Profit bekamen, in das Elend hineingejagt, haben ihnen Arbeit und Brot und das gesicherte Dasein genommen.

Ich gebe eines zu, daß das nur Flickwerk ist, was wir hier machen können, wenn Sie wollen, sozialistisches Flickwerk. Wir wollten gern den ganzen Sozialismus machen, davon können die Herren von der Nationalpartei überzeugt sein, ich möchte sie aber fragen: Hätten uns die Herren dabei auch unterstützt? Sie sehen ihre Aufgabe doch in der Hauptsache darin, alles, was Sie an Kraft aufbringen können, zu tun, zu dem Zwecke, uns daran zu hindern. Übrigens, Flickwerk, die Ernährungsaktion, die unser Parteivertreter in der Regierung durchgesetzt hat, ein Flickwerk! Sicher bleibt sie weit hinter dem, was wir wollen und was notwendig wäre, zurück. Das ist nicht unsere Schuld, das kommt aus den Machtverhältnissen. Aber mit dieser Ernährungsaktion, mit diesem sozialistischen Flickwerk sind tausende und abertausende deutscher Familien über Wasser gehalten worden. Wenn Herr Koll. Kallina die Statistik zur Hand nimmt und die Auswirkungen der Krise auf die Bevölkerung nach der Statistik beurteilt, wird er finden, daß im deutschen Gebiete die Krise am ärgsten wütet, das größte Elend in den Randgebieten, und zwar in den deutschen Gebieten zu finden ist, und daß viele Hunderte userer deutschen Volksgenossen nur deshalb leben, nur deshalb noch nicht verhungert sind, weil Minister Czech das sozialistische Flickwerk, über das Koll. Kallina jetzt spöttelnd hinweggeht, in der Regierung gegen eine Mehrheit, die anderer Meinung ist, durchsetzt.

Was haben die Christlichsozialen zu sagen gehabt? Sie waren in der Hochkonjunktur am Ruder, ihre Sorgen sind in dieser Zeit des reichlichen Verdienstes und der reichen Geldmittel im Abbau der sozialen Lasten gelegen gewesen. Die Geschichte der christlichsozialen Partei hier ist auf immer verknüpft mit der Schaffung jenes Gemeindefinanzgesetzes und jener Verwaltungsreform ... (Posl. Pohl: Und der Steuergesetze!) jawohl, und der Steuergesetze, aber in erster Linie des Gemeindefinanzgesetzes und der Verwaltungsreform, die dazu gef ührt hat, daß viele Arbeiten in den Gemeinden brachgelegt werden mußten, da für soziale Fürsorgezwecke kein Geld in den meisten Gemeinden war und die meisten Gemeinden, wie wir von einer Reihe von Rednern bei der Verhandlung der Novellierung des Gemeindefinanzgesetzes gehört haben gezwungen waren, die letzten Reserven aufzubrauchen, die ihnen von früherher zur notdürftigen Aufrechterhaltung der Gemeindeagenden zur Verfügung standen, und die heute mit leeren Händen dastehen in dem Augenblick, wo jeder hungrige Gemeindeangehörige kommt und Hilfe verlangt. Dr. Czech hat die produktive Arbeitslosenfürsorge ins Leben gerufen. Wir haben Tausende von Gemeinden, die nicht wissen, wie sie sich in den Rahmen dieser produktiven Arbeitslosenfürsorge einschalten sollen, weil alle Voraussetzungen dazu fehlen, weil alles Geld weg ist auf Grund jener Gesetze, die die Christlichsozialen mit herbeigeführt haben. (Souhlas.) Sie spötteln heute über das Genter System, bzw. über die Verbesserungen, die ein Erfolg der sozialdemokratischen Arbeiten in der Regierungskoalition gewesen wären. Was wollten Sie machen? Haben die Christlichsozialen in der Zeit, in welcher sie mit an der Macht gewesen sind, etwas zur Verbesserung des Genter Systems getan? Haben sie sich auch nur einen Augenblick damit beschäftigt? Ja, schon, aber das, was geschehen sollte, war eine Verschlechterung des Genter Systems. Es war vorgesehen eine Herabsetzung der Staatsbeiträge, also die Herbeiführung eines Zustandes - wenn das gemacht worden wäre daß die Gewerkschaften längst nicht imstande gewesen wären, ihre aus den Pflichten des Genter Systems fließenden Aufgaben zu erfüllen. Und dann möchten wir die Herrschaften, die christlichsoziale Volkspartei, die doch eine Tochter der alten österreichischen christlichsozialen Partei ist und die mit dieser Partei noch immer in allerinnigster Verbindung steht, wie wir besonders aus den Jubelartikeln in der "Deutschen Presse" immer wieder, bei jedem Heimwehrvorstoß gesehen haben, daran erinnern, welche Rolle in der Krise die österreichischen Christlichsozialen spielen. Es hat sich vor kurzem um die Frage gehandelt, ob angesichts der großen Arbeitslosigkeit in Österreich die Arbeitslosenfürsorgebeträge noch weiter gezahlt werden sollen, und die Christlichsozialen, die an der Herrschaft in Österreich sind, haben ihre Zustimmung zur weiteren Auszahlung der Arbeitslosenfürsorgebeträge abhängig gemacht von dem Gelingen eines Erpressungsversuches an der Gemeinde Wien. Sie haben gesagt: "Entweder wird die sozialdemokratische Verwaltung von Wien unseren Wünschen - Parteiwünschen - entgegenkommen oder aber es werden die Arbeitslosen hungern". Mit einem solchen Christentum kann man allerdings keinen Staat machen.

Am allerärgsten aber - und das möchte ich mit besonderem Nachdruck feststellen - treiben es aber jene Arbeiterparteien, deren Ziel die Zerstörung der Arbeiterfront um jeden Preis ist. Auch nach dem Unglück von Dux war es ihre erste Sorge gewesen: "Wie verschieben wir diese Toten auf das Konto der Sozialdemokratie?" Es war, darin wird mir wohl jeder beipflichten müssen, der dieser Szene am vergangenen Donnerstag beigewohnt hat, ein trauriges Schauspiel, als hier die Hakenkreuzler mit den Kommunisten in eine Konkurrenz, möchte ich sagen, in der Leichenfledderei eingetreten sind. Aber die Kommunisten haben sich darauf besonnen, daß sie diese Konkurrenz nicht brauchen. Es war das der Augenblick, als Herr Jung auf die Tribüne gegangen war und als ihm Viktor Stern zugerufen hat: "Der Arbeitermörder klagt die Arbeitermörder an!" Es hat sich ihm darum gehandelt, auf alle Fälle dieses Hineinhauen durch die Hakenkreuzler in die gleiche Kerbe wie die Kommunisten unmöglich zu machen. Wir haben uns da an ein köstliches Geständnis von kommunistischer Seite erinnert. Die Nationalsozialisten haben bekanntlich ein Funktionärorgan und geben darin Weisungen an die Führerabteilungen hinaus. Die Kommunisten haben gleichfalls ihr Funktionärorgan. Der Redakteur des kommunistischen Funktionärorgans hat die nationalsozialistische Zeitschrift gelesen und hat sofort in dem kommunistischen Organ geschrieben: "Diese Burschen - nämlich die Hakenkreuzler - haben unsere Methoden gründlich studiert. Das ganze Heft ist eine einzige Anweisung, wie Nazi unter Benützung unserer Methoden und Parolen die Massen am besten belügen und betrügen kann." (Veselost.) Sie können es nicht brauchen. Sie haben - die Kommunisten - eines versäumt: sich für das Belügen und Betrügen der Arbeiter ein internationales Patent geben zu lassen, und weil sie es nicht patentiert haben, weil ihre Methoden nicht geschützt wurden, weil es ihnen die Hakenkreuzler nachmachen, sind sie natürlich entrüstet und ihre Wut hat sich geäußert in dem Augenblicke, als die Konkurrenz in der Leichenfledderei hier war. Die Hakenkreuzler haben sich ganz kolossal entrüstet über Arbeitermorde. Ja, wenn man ein Anbeter Mussolinis ist, wenn man ein Verherrlicher des Mordens in Italien ist, wenn man einer Partei angehört oder mit ihr zusammenarbeitet, wie die reichsdeutsche nationalsozialistische Partei, die Sonntag um Sonntag Arbeitermorde setzt, wenn man in der Partei Fememörder wie Leutnant Heine duldet, hat man allerdings das Recht verwirkt, auch über solche traurige Dinge, wie sie sich in Dux abgespielt haben, ein Urteil abzugeben.

Herr Jung hat über die Krisenursachen in seiner Art gesprochen. Er hat nur politische Ursachen gesehen, er hat etwas falsch gesehen. Er hat von der Wirkung des Finanzkapitals gesprochen, alsob das eine Sache für sich allein wäre, und gar nichts gesagt von den Wirkungen der blindwütigen Rationalisierung. Das ist seiner Aufmerksamkeit entgangen. Interessant war dabei, was sich während seiner Rede selbst abgespielt hat. So hat Herr Krebs auf einen Zwischenruf des Koll. Heeger sich ausdrücklich gegen die Demokratie erklärt, er hat namens der Hakenkreuzler - er ist ja Reichparteisekretär ein Bekenntnis gegen die Demokratie abgegeben. Er hat erklärt - wörtlich, ich habe mir das notiert: "Die Demokratie ist eine kapitalistsiche Herrschaftsform, wir sind also für den Ständestaat. Demokratie ist Volksherrschaft ..." (Posl. Geyer: Soll und Haben ist ein Unterschied!) Herr Kollege, ich werde Ihnen sagen, die Demokratie gibt der Arbeiterklasse, die an Zahl stärker ist als irgend eine andere Klasse im Staate, dasselbe Recht wie allen anderen. Es hat heute der allerletzte Arbeiter, die allerärmste Frau genau das gleiche politische Recht wie die allerreichsste. Es handelt sich nur darum, von diesem Rechte einen vernünftigen Gebrauch zu machen, es handelt sich darum, die Waffen auszunützen, um die wir gekämpft haben. (Výkøiky posl. Geyera a Grünznera.) Um diese Errungenschaft haben unsere Väter und Großväter einen schweren Kampf gekämpft, um diese Demokratie haben sie ihre Existenz geopfert, um diese Demokratie haben sie Kerker bezogen und sind bei Demonstrationen unter den Hufen der Pferde gelegen. (Hluk. - Místopøedseda Špatný zvoní.)

Und nun, da wir diese Möglichkeit erreicht haben, sollen wir sie wegwerfen? Wir sollen uns um das allgemeine gleiche Wahlrecht wieder bringen lassen und noch dazu mit Hilfe einer sogenannten Arbeiterpartei? Ja, sagte Herr Jung ... (Posl. Geyer: Das ist schon wieder eine Verdrehung, das ist unrichtig!) Was ist unrichtig? Er hat gesagt: "Wir sind noch heute für das allgemeine Wahlrecht". Wenn wir aber Ständekammern einführen, so ist das ein Rückschritt in eine längst vergangene Zeit, in die Zeit des Ausklanges des Mittelalters, und wenn wir dann auch unter den einzelnen Ständevertretungen immer noch das allgemeine Wahlrecht hätten, was bedeutet denn das schon im Kampf um die politische Macht? Die Arbeiter würden die politische Macht, die sie auf Grund der Demokratie erreichen können, einfach wegwerfen. Und wer gibt den Arbeitern diesen Rat zum Selbstmord, wer gibt ihnen den Rat, all das mit Füßen zu treten, wofür ganze Generationen von Arbeitern gekämpft, geblutet und gelitten haben? Der Herr Jung hat in diesem Zusammenhang noch weiter erklärt: "Es ist eine Verleumdung der nationalsozialistischen Partei, wenn man sie eine faszistische Partei nennt". Sie seien keine faszistische Partei, und als stärkstes Gegenargument hat er das Alter der nationalsozialistischen Partei hingestellt: "Wir sind doch viel älter, und der Faszismus ist eine Neuerscheinung." Meine Damen und Herren, die nationalsozialistische Bewegung hat eben eine ganze Reihe von Wandlungen durchgemacht. Sie war nicht immer dasselbe. Ich erinnere nur daran, zu welcher Zeit die nationalsozialistische Bewegung entstanden ist. (Rùzné výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) Damals, als die Arbeiter begonnen haben, ihren Wahlrechtskampf sichtbar zum erfolgreichen Ende zu tragen, damals als die Bourgeoisie gesehen hat, daß die Arbeiter aufhören werden, lediglich ein Objekt der Gesetzgebung und Verwaltung zu sein, zu der Zeit, als die Gewerkschaften der Arbeiter immer umfassender und stärker wurden und die Unternehmer sich sagen mußten: Der Tag kommt uns näher und näher, an dem wir Unternehmer und Arbeiterklasse gleich stark sein werden - zu dieser Zeit haben die Unternehmer begonnen, sich eine gelbe Bewegung unter den Arbeitern aufzuzüchten. Zu dieser Zeit ist die Aufpäppelung der deutschvölkischen Arbeiterschaft begonnen worden. (Výkøiky posl. Geyera.) Ja, sehr geehrter Herr Kollege, wir erinnern uns noch daran, wie Ihr heutiger Reichsparteisekretär den Unternehmern mitgeteilt hat, daß er zu Gegendiensten sehr gern bereit sei, wenn man ihm entgegenkomme. Hier hat der Herr Parteisekretär Krebs gesagt mit Bezug auf uns, indem er sehr niedrig auf den Erdboden zeigte: "So klein werden wir Euch machen!" Dasselbe hat der Herr Krebs der Bourgeoisie schon lange vor dem Weltkrieg versprochen und sein Versprechen bis zum heutigen Tage nicht eingehalten, wie er auch heute es uns gegenüber nicht einhalten wird. (Posl. Geyer: Die Entwicklung wird es ja zeigen!)

Es ist wohl notwendig, an diesen Brief zu erinnern, der das mit geradezu klassischer Deutlichkeit aufzeigt. Der Brief lautet (ète):

"Bodenbach, am 23. Feber 1913. An das ehrenfeste Parteisekretariat der Deutschradikalen Partei, Prag. Die Gefertigten erlauben sich hiemit, auf die am Samstag den 22. ds. mit Herrn Schwanzar gepflogene Unterredung zurückzukommen und ersuchen das geehrte Parteisekretariat, bzw. dessen Leiter um ihre gütige Unterstützung. Seit dem Jahre 1908 bestand in Karlsbad ein Sekretariat der deutschen Arbeiterschaft, welches bis zum Jahre 1911 von Seiten der Herren Stadtverordneten mit einer Summe von 1.000 K alljährlich subventioniert wurde." - Das war damals eine rein bürgerliche Stadtvertretung, rein kapitalistisch. - "Durch verschiedene Kämpfe (es waren persönliche Streitigkeiten) kam es soweit, daß einige unserer Parteigenossen den politischen Kampf auf das persönliche Gebiet übertrugen und daß die deutschradikalen Stadtvertreter gegen die beantragte Subvention stimmten. Wenn nun unsere junge Bewegung dort in diesem Bezirke nicht einen festen Stützpunkt in einem Sekretariat besitzt, so können wir ruhig sagen, daß in diesem Bezirke noch lange nichts zu erreichen ist."

Und jetzt kommt das Maßgebende: "Die bürgerlichen Parteien sind alle zu schwach, um diesen Bezirk zu erobern. Dazu wird die Arbeiterschaft gebraucht, und es ist deshalb notwendig, daß jemand diese Aufgabe übernimmt. Dies kann aber nur eine freigestellte Kraft tun, die ihre ganze Kraft in den Dienst der Sache stellt.

Das Sekretariat mußte nun aber, nachdem diese Subvention nicht mehr bewilligt wurde, sich auflösen. Wir gestatten uns nun, an das verehrliche Parteisekretariat das Ersuchen zu stellen, bei dem Herrn Abgeordneten Löß und Herrn Doroschkin dahin zu wirken, daß diese Herren es veranlassen, daß wir vonseiten der Stadtvertretung wieder diesen Betrag bekommen. Es wird in dieser Sache am Montag, den 3. März von Seite des Leiters der deutschen Zentralstellenvermittlung Herrn Krebs, vorgesprochen werden, wo diese Sache mit Herrn Doroschkin persönlich besprochen wird. Die Gefertigten richten deshalb an die verehrliche Leitung des deutschradikalen Parteisekretariates das Ersuchen, Herrn Doroschkin zu empfehlen, im Interesse der nationalen Sache zu veranlassen, daß eine Nebenstelle der deutschen Zentralstellenvermittlung in Karlsbad geschaffen wird, in welcher der betreffende Beamte gleichzeitig die gewerkschaftlichen Arbeiten der deutschen Arbeiterschaft im Karlsbader Bezirke zu verrichten hätte.

Wir sehen einer geneigten Antwort entgegen und zeichnen, zu Gegendiensten gerne bereit, mit treudeutschem Heilgruße A. Hannewald, Bodenbach a. E., Kaiser Franz Josefstraße 33., M. Cznitschner, Tetschen a. E., Kamnitzerstraße 384, Deutsche Zentralstellenvermittlung Österreichs. Der Amtsleiter Hans Krebs, Wien, VII, Kandlgasse Nr. 33." (Výkøiky.)

Ich bin überzeugt, es existieren außer diesen Briefen noch eine ganze Reihe ähnlicher Dokumente. Ich habe den Brief nur als klassischen Beleg dafür noch einmal in Erinnerung gebracht, wie diese deutsche Arbeiterpartei entstanden ist und zu welchem Zwecke, warum sie von den Unternehmern subventioniert wurde und wie die Herren den Unternehmern erklärt haben, daß man anders die Arbeiterschaft nicht zu Boden ringen könnte, als indem man diese scheinbare Organisation deutscher Arbeiter gründet und aus kapitalistischen Mitteln entsprechend unterstützt.

Nach dem Umsturze hat sich die Politik einige rmaßen für den Moment geändert. Die Partei hat dann "Nationalsozialistische Arbeiterpartei" geheißen, die neulackierte Firma hat den Zweck gehabt, selbstverständlich eine Täuschung der Arbeiter hervorzurufen. Es war die Zeit, in der das Wort "Sozialismus" plötzlich einen großen Klang bekommen hat, auch in den Ohren der Menschen, die sich bisher ihre Ohren gegenüber diesem Wort verstopft hatten. Sie haben dann die deutsche Revolution begrüßt, sie haben den heißen Kampf der Mehrheitssozialisten gegen den Spartakusbund gutgeheißen, sie haben sich gegen den Monarchismus und Militarismus ausgesprochen, und erst im Jahre 1920 haben sie sich wieder auf ihre ureigene Aufgabe besonnen und den Anschluß an die Reaktion im Reiche draußen gefunden. Ich möchte Ihnen sagen: Auch dabei sind sie nicht immer konsequent geblieben. Denn auch ihre Einstellung zu Hitler hat entsprechende Wandlungen durchgemacht. Als Hitler damals den Bräuhausputsch in München gemacht hat, diesen Novemberputsch, da hat der "Tag" erklärt, daß Hitler eine eitle Primadonna sei, und er hat ihm die Fähigkeit zur Führerschaft überhaupt abgesprochen. Später hat man das verklausuliert, man sei mit den telegraphischen Nachrichten nicht auf der Höhe gewesen und hätte manches falsch angesehen. Heute aber sind sie wieder ganz bei der Hitlerbewegung, ganz! Die Parteitage werden von ihren Vertretern mit besucht, von den Herren Jung und Krebs (Posl. Simm: Das geschieht wohl bei Ihnen nicht!), sie sind aber dort, sie reden bei allem mit, sie sind mit dabei, und ich möchte Sie aufmerksam machen, (Hluk a rùzné výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) daß all das, was gegen die Demokratie ist, z. B. was am Nürnberger Parteitag gesagt worden ist, das jubelnde Echo des nationalsozialistischen "Tag" gefunden hat. Sie halten zu dieser Hitlerbewegung trotz des Verrates, den z. B. Hitler an Südtirol begeht. (Posl. Simm: Es fehlt Ihnen jede Legitimation, darüber zu sprechen!) Trotz dieses Verrates an Südtirol ... (Posl. Geyer: Das verstehen Sie nicht!) Ich werde Ihnen gleich sagen, ob ich es verstehe.

Místopøedseda Špatný (zvoní): Prosím o klid.

Posl. de Witte (pokraèuje): Der Herr Gottfried Feder hat das Programm der Nationalsozialisten geschrieben und in diesem Programm ausdrücklich gesagt: "Wir verzichten auf keinen Deutschen in Südtirol, in Sudetendeutschland, in Polen, in der Völkerbundkolonie Österreich." Von der ersten bis zur vierten Auflage des Programmes hat dieser Satz drinnengestanden, daß die Nationalsozialisten auf keinen Deutschen in Südtirol verzichten. In der fünften Auflage war dieser Satz draußen, er steht seitdem nicht mehr drinnen. (Rùzné výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) weil die Hitlersche Zensur ihn daraus entfernt hat. Ich kann noch eine ganze Anzahl anderer Beispiele anführen, wenn Ihnen an dem einen nicht genug ist. So hat Hitler bereits im November 1922 gesagt: "Mit Italien, das seine nationale Wiedergeburt erlebt, muß Deutschland zusammen gehen, dazu ist nötig ein klarer und bündiger Verzicht Deutschlands auf die Deutschen in Südtirol; in der Politik gibt es keine Sentiments, sondern nur Kaltschnäuzigkeit." Was geschieht in Südtirol (Rùzné výkøiky.) mit den Deutschen? (Místopøedseda Špatný zvoní.) Wissen Sie, daß in Südtirol keine deutsche Privatschule geduldet wird, daß in Südtirol deutsche Kreuze und Gfabinschriften auf den Friedhöfen entfernt werden, wissen Sie, daß dort die Menschen gemordet und gemeuchelt werden, daß sie um alles gebracht werden, daß es kein nationales Bekenntnis des Deutschtums geben kann, und das wird von dem Manne gemacht, dem sie deshalb hofieren, weil er nicht nur die Deutschen in Südtirol, sondern auch die Arbeiterbewegung in Italien niedergeschlagen hat. (Posl. Kasper: Sie ausgerechnet reden über die Arbeiterbewegung!) Und, meine Herren, daß jeder Ihr Bundesgenosse ist ... (Posl. Kasper: Da sind mehr Deutsche preisgegeben worden, von Ihresgleichen!) daß jeder Ihr Bundesgenosse ist, der den Faszismus will, beweist auch Ihre Haltung zu den Ereignissen in Österreich. Sie werden doch nicht leugnen wollen, daß der "Tag" jeden Arbeitermord, der in Österreich von den Heimwehrbanditen begangen wurde, bejubelt hat, Sie werden nicht leugnen wollen, daß Sie hinter der Heimwehrbewegung gestanden sind, sozusagen mit allen Fasern Ihres Herzens. Die Parole "Nieder mit dem Roten Wien!" beweist mehr als irgendein anders, und schauen Sie: Was ist dieses Rote Wien? Da haben die Sozialdemokraten allerdings die Herrschaft in der Hand. (Rùzné výkøiky. - Místopøedseda Špatný zvoní.) Da ist es allerdings so weit, daß es im Rahmen der kapitalistischen Wirtschaft und im Rahmen eines kapitalistisch verwalteten Staates möglich ist, von unserem Programm soviel als möglich zu verwirklichen. Was ist geschaffen worden? Heute hat Österreich die vorbildlichste Jugendpflege, die vorbildlichste soziale Fürsorge der ganzen Welt. Heute ist der Wohnungsbau in Österreich das glänzendste Beispiel sozialen Schaffens auf dem Gebiete der Baubewegung, heute ist die Schule in Wien eine Musterschule, zu der die Intelligenz aus allen Ländern der Welt eilt. Das, was in Wien, in diesem seinerzeit so sichtlich dem Untergang geweihten Wien, dem sterbenden Wien, wie man damals allgemein gesagt hat, von den Sozialdemokraten geleistet wurde, das hat tausenden und abertausenden deutschen Kindern das Leben erhalten und tausenden deutschen Müttern die Möglichkeit der weiteren Existenz gegeben. Das war die größte nationale Tat, die unter den gegebenen Umständen gesetzt werden konnte, und trotzdem Ihre Parole: "Nieder mit dem Roten Wien!" Wenn Sie wirklich so volksbewußte Deutsche wären und wenn etwas echt wäre an Ihrem Gerede vom Sozialismus, so müßte Ihre Stellung umgekehrt sein. Wir haben andere Fragen in Wien gehabt. Man hat gegen die Wiener Gemeinde in kapitalistischen Kreisen ein riesiges Kesseltreiben vor allem deshalb eingeleitet, weil die Wiener Gemeindeverwaltung Häuser gebaut hat, ohne dafür das Bankkapital in Anspruch zu nehmen, weil sie sich nicht in die Zinsknechtschaft der Banken begeben hat; sie hat praktisch das gemacht, wovon Sie immer als von Ihrem Programm reden, und trotzdem "Nieder mit dem Roten Wien!" Sie meinen es auch mit diesem Kampf gegen die Zinsknechtschaft keineswegs so ernst, als Sie tun, er ist in Wirklichkeit ein Ablenkungsmanöver und indirekter Schutz für das kapitalistische System. Donnerstag hat der Herr Jung auch nur diesen Teil der kapitalistischen Ausbeutung gesehen. Aber ich sage: Es ist wohl ganz egal, ob der Kapitalist Aktien einer Bank oder Aktien einer Fabrik kauft, es ist egal, in welcher Art und Weise der Mehrwert der Arbeit vom Kapitalisten als Ertrag seiner Kapitalien für sich in Anspruch genommen wird. Im übrigen will ich sagen: Sie führen doch so häufig gegen uns Ihren Kampf gegen die Zinsknechtschaft, gegen das Bankkapital, als Ihre ureigenste Erfindung ins Treffen. Sie tun so, alsob wir Sozialdemokraten nicht auch darauf gekommen wären, daß das Bankkapital eine furchtbare Funktion in dieser Richtung ausübt, daß die Bankkapitalisten wie Blutegel an unserem Volke hängen. Wenn Sie sich die Mühe genommen hätten, in Karl Marx nachzublättern, würden Sie gefunden haben, daß er Ihnen das alles vorweggenommen hat. Denn im dritten Band des Marx'schen "Kapital", Abschnitt V, der sich mit der Teilung des Profits in Zins und Unternehmergewinn befaßt, heißt es wortwörtlich: "Das Kreditsystem, das seinen Mittelpunkt in den angeblichen Nationalbanken hat und den großen Geldverleihern und Wucherern um sie herum, ist eine enorme Zentralisation und gibt dieser Parasitenklasse eine fabelhafte Macht ... und diese Bande weiß nichts von der Produktion und hat nichts damit zu tun. Die Akte von 1844 und 1845" es sind die englischen Bankgesetze gemeint "sind Beweise der wachsenden Macht, dieser Banditen, an die sich die Finanzierer und Stockjobbers anschließen." (Posl. Simm: Was ha ben Sie davon konkretisiert?) Wir kämpfen gegen den Kapitalismus, verstehen Sie doch, gegen das kapitalistische System. Wir kämpfen gegen das System und damit kämpfen wir doch auch gegen die Wirkungen dieses Systems inbezug auf Geld und Geldverwaltung. (Hluk.) Wie ist es denn Ihnen überhaupt ernst mit diesem Kampfe? (Hluk.) Sie werden zugeben, daß ich nicht gleichzeitig auf so viele hören und antworten kann. (Hluk.)


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