Pøedseda (zvoní):
Pane øeèníku, volám
vás k poøádku za urážlivá slova, kterých užíváte.
Posl. dr Stern (pokraèuje): Das ist nicht mein Wort, das ist das Wort des Richters, das ist die Anklage, der Richter hat erklärt, daß bis zu einem gewissen Grade der Beweis für diese Beschuldigung erbracht worden ist. Das darf nicht einmal die Zensur unterdrücken, geschweige denn, daß man das nicht im Parlamente sagen dürfte.
Die Regierung, das ganze Parlament, die Abgeordneten hier, sie haben jetzt die Wahl, entweder den Justizminister fallen zu lassen oder offen vor aller Welt den ganzen Sumpf zu zeigen, der dieses ganze System bedeutet. Dabei ist den Herrschaften noch ein kleines Malheur passiert, welches der ganzen Sache noch ein anderes Bild gibt und zeigt, wie diese Verkommenheit, wie dieser moralische Sumpf viel tiefer sitzt, noch weiter ausgebreitet ist, wie sich die Herrschaften halten [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 23. dubna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.]
Im Gerichtssaal hat der Advokat
irrtümlicherweise, wie wir hier zugeben müssen, den Herrn Justizminister
Dr. Meissner beschuldigt, daß er für eine Intervention,
durch welche die Strafe einer Bank, die ungesetzliche Handlungen
und Betrügereien begangen hat, herabgemindert werde, wodurch sich
die Bank ungeheuere Verdienste gesichert hat, daß er dafür 100.000
Kè bekommen hat. Der Advokat hat dort erklärt, daß es eine Korruption,
daß es eine Bestechung ist, wenn ein führender Politiker zum Minister
ging, dort durchsetzte, daß die Bank milder bestraft wird, daß
sie nur eine halbe Million zu zahlen hat, wo sie sonst viel mehr
zahlen müßte, daß sie weiter mit Devisen handeln darf, obwohl
sie sich gegen die Gesetze vergangen hat, und wenn er dafür 100.000
Kè nimmt, so ist das eine Bestechung und Korruption. Im selben
Gerichtssaal saß der Herr Dr. Winter, der Parteifreund
und Verteidiger des Herrn Dr. Meissner. Wenn mir im Gerichtssaal
jemand derartiges sagt, so muß doch mein Verteidiger aufstehen
und muß sagen: Das ist nicht wahr! Das hat der Herr Dr. Winter
nicht gemacht, er hat geschwiegen, er hat kein Wort gegen diese
Dinge gesagt und hat nur ursprünglich, wie das zum erstenmale
vorgebracht wurde, gesagt: Das gehört nicht hieher, das hat mit
Korruption nichts zu tun. Und später, wie das klipp und klar gesagt
wurde, hat er überhaupt geschwiegen und darauf nicht mehr erwidert.
Das hat der Herr Dr. Winter gemacht, der in diesem Falle
ganz genau gewußt hat, daß Herr Dr. Meissner unschuldig
ist, das hat der Parteifreund des Herrn Dr. Meissner gemacht,
der ganz genau gewußt hat, daß er selbst es war, der diese 100.000
Kè eingesteckt hat. Damit hat er sein schlechtes Gewissen gezeigt.
Wenn das nicht Korruption gewesen wäre, hätte Herr Dr. Winter
auftreten und sagen müssen: "Pardon, diese 100.000 Kè sind
nichts Schlechtes. Jedenfalls hat Herr Dr. Meissner das
nicht gemacht, sondern ich, der Dr. Winter." Nein,
er hat Angst gehabt, es könnte herauskommen, daß er der Lump war,
der diese 100.000 Kè genommen hat und hat seinen Parteifreund,
seinen Minister im Dreck, möchte ich sagen, sitzen lassen, hat
dazu geschwiegen und hat so mit dazu beigetragen, daß ein bürgerlicher
Richter den Herrn Justizminister verurteilt hat. Denn es ist ganz
selbstverständlich, daß diese Tatsache auch auf den bürgerlichen
Richter mit eingewirkt hat. Nachher kam Dr. Meissner, der
wahrscheinlich von dieser Art Kollegialität nicht sehr erbaut
war und sich wahrscheinlich mit Dr. Winter im stillen Kämmerlein
sehr ernst auseinandergesetzt haben wird, mit der Erklärung: "Schaut
Euch diese Kommunisten an, solche Lumpen behaupten von mir, daß
ich 100.000 Kè genommen habe. Es ist nicht wahr, ich habe niemals
diese 100.000 Kè genommen." [Další slova byla usnesením
pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 23. dubna 1931 podle §u 9,
lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.] kommt
Herr Dr. Winter und erklärt: "Ich habe diese 100.000
Kè genommen." Er muß das in der Presse zugeben und erklärt
dazu: [Další slova byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny
ze dne 23. dubna 1931 podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena
z tìsnopisecké zprávy.] das ist ein Akt des Sozialismus, wenn
man von einer reichen Bank 100.000 Kè nimmt, dann nimmt man den
reichen Banken weg, was sie unseren Arbeitern herausgerissen haben.
So tief seid Ihr gesunken, daß Ihr das für eine Selbstverständlichkeit
erklären müßt. Daß sind diejenigen, die von den Arbeitern verlangen,
daß sie am 1. Mai unter ihren Fahnen demonstrieren sollen, diese
Leute, die heute erklären müssen, daß es selbstverständlich, daß
es anständig ist, wenn einer 100.000 Kè für solche feine Geschäfte
bekommt. Was habt Ihr Euch gegenseitig vorzuwerfen, Ihr Støíbrný,
Meissner, Winter usw.? Einer seid Ihr wie der andere,
nur die Zahl unterscheidet Euch. Das einemal sind 15.000, das
anderemal 100.000, das drittemal 10 Millionen Kè [Další slova
byla usnesením pøedsednictva posl. snìmovny ze dne 23. dubna 1931
podle §u 9, lit. m) jedn. øádu vylouèena z tìsnopisecké zprávy.]
(Potlesk komunistických poslancù.)
Dieser Fall einer Auslieferung ist typisch für die neuen faszistischen Methoden, mit denen man die Immunität der Abgeordneten beseitigt. Es wird dem Abg. Höhnel vorgeworfen, daß er in einer Versammlung nicht sofort auf Befehl aufgehört hat zu reden. Bei dem Terror, der gegen die Vers ammlungen der Arbeiter angewendet wird, würde das bedeuten, wenn sich die kommunistischen Abgeordneten an dieses Prinzip halten würden, daß in kurzer Zeit überhaupt das Versammlungsrecht der Arbeiter vollständig erledigt wäre, und wir nur noch das Recht hätten, zuzusehen, daß sechs sozialistische Minister sich in der Regierung versammeln und derartige Methoden gegen das Proletariat anwenden. Es wird ihm weiters vorgeworfen, daß er, als er weggeführt wurde, einen von den betreffenden Wachleuten verletzt haben soll. Es wird nicht einmal behauptet, daß er irgendwie geschlagen hat oder etwas ähnliches. Offe bar war er mit brutaler Gewalt weggeschleppt worden, offenbar ist er selbst mißhandelt worden, wobei sich vielleicht irgendeiner von den Gendarmen oder Polizisten - das ist ganz gut möglich - die Hand verletzt hat. Dafür soll jetzt der Abg. Höhnel bestraft werden, der in einer derartig brutalen Weise behandelt wurde.
Die Erfahrung zeigt, daß diese Anzeigen vom Gericht es absolut nicht mit der Wahrheit genau nehmen; ich selbst wurde vor einigen Tagen freigesprochen und es mußte ein Urteil gegen mich aufgehoben werden, weil sich herausgestellt hat, daß die Angaben des Staatsanwalts aus der Luft gegriffen waren. Ich war wegen ganz anderer Dinge verurteilt worden. Es ist eben in der Regel so, daß, wenn sich bei Gericht herausstellt, daß die Angaben gegen einen kommunistischen Abgeordneten nicht wahr sind, er nicht freigesprochen wird, sondern wegen irgendwelcher anderer Dinge, derentwegen er sogar von diesem Parlamente nicht ausgeliefert worden wäre, verurteilt wird.
Mit solchen Methoden sucht man tatsächlich die kommunistischen Abgeordneten unhörbar und unsichtbar zu machen. Es häufen sich die Auslieferungen in der letzten Zeit derartig, daß tatsächlich die Möglichkeit besteht, wenn es den Herrschaften paßt, die ganzen kommunistischen Abgeordneten ins Gefängnis zu bringen, nur, weil sich die kommunistischen Abgeordneten wehren gegen die brutale Art und Weise, in der das Vers ammlungsrecht der Arbeiter, dieses primitivste Recht der Arbeiterschaft, gehandhabt wird. Die Arbeiter haben nicht einmal das Recht, in den Vers ammlungen ihren Ruf um Brot und Arbeit laut werden zu lassen.
Ich protestiere gegen diese brutalen
Methoden. Wir verlangen, daß dieser Antrag auf Auslieferung abgelehnt
wird und wir werden die Arbeiter aufrufen, gegen dieses faszistische
System zu kämpfen. Wir werden die Arbeiter darüber aufklären,
daß die Gefahr besteht, daß dieser trockene Faszismus eines schönen
Tages von der Bourgeoisie und ihren sozialfaszistischen Agenten
in offenen, brutalen Faszismus verwandelt wird.
Der Abg. Stern soll deshalb ausgeliefert werden, weil er in einer Znaimer Versammlung angeblich - es heißt ausdrücklich "prý" - einen Ausruf gemacht hat, der dem Bestand dieser Republik und dieses Staates gefährlich wird. Sie haben sich angeblich bisher bei der Auslieferung der Abgeordneten davon leiten lassen, ob diese Abgeordneten sich gegenüber der Polizei tätlich vergriffen haben oder nicht. Sie haben die Erklärung abgegeben, daß wegen Reden und derartiger Angelegenheiten eine Auslieferung nicht erfolgen soll.
Wir stehen nun in der heutigen
Sitzung vor der dritten Au slieferung eines kommunistischen Abgeordneten
und die bezeichnendste davon ist die Auslieferung des Abg. Stern,
der deshalb ausgeliefert wird, weil er einen Ausspruch angeblich
getan hat, der den Interessen dieses Staates nach dem Republikschutzgesetz
nicht entspricht. (Výkøiky: Was soll er gesagt haben?) Das
wird wahrscheinlich in der Relation nicht stehen. Im vorigen Jahre
haben uns die sozialfaszistischen Abgeordneten und zum Teil auch
die bürgerlichen Abgeordneten als politis che Kinder bezeichnet,
sie haben uns als Phraseure bezeichnet, und heute ist ihnen eine
Phrase, die Abg. Stern angeblich in der Znaimer Versammlung
gesprochen hat, so gefährlich, daß sie ihn deshalb an das Messer
der kapi talistischen Justiz ausliefern. Es ist dies bezeichnend
für die Entwicklung, die diese Justiz und diese Demokratie und
dieser Parlamentarismus unter Teilnahme der Sozialfaszisten, der
èechischen wie der deutschen Sozialfaszisten in der Regierung
genommen hat. Es ist bezeichnend, daß man heute, wo die Not unter
den breiten Massen der arbeitenden Bevölkerung auf das höchste
gestiegen ist, versucht, die Wortführer, die immunen Abgeordneten
in das Zuchthaus zu bringen, die immunen Abgeordneten der kommunistischen
Partei, die früher als politische Kinder und Phraseure bezeichnet
wurden! Euer System muß verflucht schwach sein, muß auf schwachen
Füßen stehen, wenn die Rede oder der Ausruf eines Abgeordneten
so gefährlich erscheint, daß Ihr ihn ausliefert. Aber glaubt nicht
- ich habe das vorhin in meiner Rede zu meinem Falle erklärt -
glaubt nicht, daß Ihr die revolutionäre Bewegung zerbrechen könnt!
Ihr könnt uns einsperren, Ihr habt momentan die Macht dazu. Aber
wir sind stärker als Ihr, wir werden durch Euere Kerker durchbrechen.
Euere Mauern sind nicht so dick, um unsere Wort und Ausrufe zu
dämpfen. Wir werden genau so über Euch hinweggehen, wie einst
die von Tausenden von Henkern verfolgte kommunistische Partei
in Rußland, wir werden genau so über Euch hinwegschreiten, wie
die russische Arbeiterklasse unter Führung der verfolgten kommunistischen
Führer es getan hat. Verfolgt uns, steckt uns in die Zuchthäuser!
Wir werden unsere Nachfolger finden, für einen werden Hunderte
Proletarier auf unseren Platz treten, für einen kommunistischen
Abgeordneten werden Hunderte Betriebsarbeiter seine Stelle ausfüllen,
sie werden dasselbe sagen, was wir gesagt haben. Liefert uns an
das Messer der kapitalistischen Republik! Ihr könnt uns nicht
zerbrechen, wir sind stärker als Ihr und wir werden trotz alledem
über Euch siegen! (Potlesk komunistických poslancù.)