Čtvrtek 7. dubna 1932
Hohes Haus! Im Auftrage der Deutschen christlichsozialen Volkspartei, der Deutschen nationalsozialistischen Arbeiterpartei, der Deutschen Nationalpartei und des Sudetendeutschen Landbundes, der Deutschen Arbeits- und Wirtschaftsgemeinschaft, der Deutschen Gewerbepartei und des Zipser Deutschen Abgeordnetenklubs habe ich die Ehre folgende Erklärung abzugeben: Seit Monaten unternehmen die politischen Staatsorgane durch Einvernahmen, Hausdurchsuchungen und Verhaftungen Eingriffe in die Rechtssphäre sudetendeutscher Staatsbürger; die čechische Presse bringt täglich unkontrollierte und unkontrollierbare Nachrichten über eine hochverräterische oder geheimbündlerische Tätigkeit im deutschen Lager; jede Verdächtigung und anonyme Anzeige wird zum Ausgangspunkt eines Verfahrens gemacht, das sich oft monatelang hinzieht, ohne daß in der čechischen Öffentlichkeit verzeichnet wird, daß die anhängigen Fälle fast durchwegs zur Einstellung des Verfahrens führen.
Dieses noch von keiner verantwortlichen Stelle gerügte Vorgehen der Behörden und ihrer einzelnen Organe sowie die Verhetzung durch die čechische Presse hat die politische und nationale Atmosphäre außerordentlich vergiftet, die schwachen Versuche ein auf ethische und rechtliche Grundsätze aufgebautes Zusammenleben der Völker des Staates herbeizuführen, zum Stillstand gebracht.
Indem wir gegen diese neue Welle des Mißtrauens und der Verfolgungen auf das Entschiedenste Einspruch erheben, erklären wir, daß wir dieses Vorgehen als gegen das deutsche Volk, nicht gegen Einzelne gerichtet ansehen und daher durch die Eingriffe der politischen Verwaltung und die Übergriffe ihrer Organe uns in unserer Gesamtheit getroffen fühlen müssen. (Potlesk.)
Der Umfang und die Rücksichtslosigkeit der Verfolgungen zwingen uns, diese Verfolgungen ebenso wie die Abwehr des Unrechts als eine gemeinsame sudetendeutsche Angelegenheit anzusehen. (Potlesk.)
Wir haben von allem Anfang an dahin gedrängt, daß die ordentlichen Gerichte das Verfahren so rasch als möglich zum Abschluß bringen. Dabei sind wir von der Überzeugung geleitet, daß sich die Harmlosigkeit der Anklagen und Denuntiationen nach den Prinzipien der Gerechtigkeit rasch erweisen wird. Wir wollen auch, daß dem ordentlichen Gerichtsverfahren vollkommen freier Lauf bleibe, verlangen aber die weitgehendste Beschleunigung dieses Verfahrens.
In diesem Sinne fordern wir von der deutschen Bevölkerung Ruhe, Besonnenheit und Zurückhaltung und erwarten von ihr, daß sie mit Würde und mit Vertrauen zu den berufenen Vertretern ihrer Interessen den Spruch der Gerichte abwarten.
Wir verlangen unter gleichzeitiger Verurteilung der Methoden der politischen Verwaltung insbesondere des Spitzelsystems, daß dem gegenwärtigen aufpeitschenden und unhaltbaren Zustande ein Ende bereitet werde, damit endlich eine gewisse Beruhigung eintritt, die umsomehr notwendig ist, als die Bevölkerung unter einer trostlosen Wirtschaftslage ohnedies genug leidet.
Das Vorgehen bei den Untersuchungen
könnte den Schluß gestatten, daß es eine Einschüchterung der deutschen
Bevölkerung und eine Zerreißung der kulturellen Bande mit dem
deutschen Gesamtvolke bezweckt. Demgegenüber erklären wir, daß
nichts imstande ist, uns von der auf Naturrecht beruhenden deutschen
Kulturgemeinschaft loszureißen. Wir nehmen für unser Volk unter
allen Umständen die gleichen Rechte in Anspruch, die heute wie
dereinst das čechische Volk wie alle anderen für sich beanspruchen,
nämlich, den ständigen Kulturaustausch mit dem Gesamtvolke. (Potlesk.)
Meine Damen und Herren! Der Herr Abg. Dubický hat sich bemüßigt gefühlt, gegen die im Namen von 6 deutschen Parteien abgegebene Erklärung des Herrn Abg. Fritscher in einer Art und Form Stellung zu nehmen, die sofort auf das allerschärfste zurückgewiesen werden muß. Der Herr Abg. Dubický hat beliebt, von den 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen und von ihren Rechten in einer Form zu sprechen, mit einer Herablassung, als ob wir in diesem Staate eine Minderheit wären, die auf die Gnade der Herren angewiesen wäre, in einer Form, die geradezu protzenhaft geklungen hat; er ist sich vielleicht dessen gar nicht bewußt. Wir weisen diese Form und Art auf das allerentschiedenste zurück, wir sind hier in diesem Staate keine Minderheit, (Výkřiky.) die Herren werden sich angewöhnen müssen, von den 3 1/2 Millionen Sudetendeutschen und von ihrem unverjährbaren Rechte anders zu sprechen (Potlesk.) als in dieser Form und diesem Tone. Wir sind keine Minderheit in diesem Sinne, wir haben keine Gnade zu erbetteln und wir haben hier das Recht auf unser Eigenleben in unserer Heimat, wir haben das Recht auf eigene Verwaltung unserer Heimat, (Výkřiky posl. Dubického.) das Recht auf eigene Verwaltung unserer Schule, das Recht auf unsere Scholle und das Recht auf den deutschen Arbeitsplatz.
Um das geht der Kampf, den wir führen, wir Nationalsozialisten, von denen er als von Hochverrätern zu sprechen beliebt im Zusammenhang mit dem Kampfe um unser Recht. Und die, die in Pankraz sitzen, die, derer sich heute die 6 deutschen Parteien angenommen haben, die haben nichts anderes verbrochen, davon sind wir überzeugt, als für dieses Recht ihrer Heimat und ihres Volkes zu arbeiten und zu kämpfen. (Sehr richtig!) Es ist für uns Sudetendeutsche aber bezeichnend, daß das Mitglied einer čechischen Regierungspartei, (Výkřiky posl. dr Hanreicha, Dubického a dr Schollicha.) der Partei, die den Ministerpräsidenten in diesem Staate stellt, sich nach fünfjähriger Zusammenarbeit Deutscher und Čechen in der Regierung, die sich einstmals gegründet hat auf das angebliche Regierungsprogramm, daß diese Zusammenarbeit dazu führen soll und dazu führen wird, daß in diesem Staate Gleiche neben Gleichen leben und wohnen werden, daß der Abg. Dubický nach fünfjähriger Zusammenarbeit hier als Repräsentant und Vertreter einer der größten Regierungsparteien in dieser Form, in dieser Art über die Rechte von 3 1/2 Millionen Sudetendeutscher spricht. (Výkřiky posl. dr Hanreicha, Dubického a inž. Junga.)
Es wurde die heutige Sitzung, was ja selbstverständlich war, auch dazu benützt, um vonseite der verschiedenen Parteienvertreter wider uns Stellung zu nehmen in dem großen Konflikt, der im nordwestböhmischen Bergrevier ausgebrochen ist. Es wurde im Zusammenhang mit der Besprechung des nordwestböhmischen Bergarbeiterstreiks Kritik geübt insbesondere auch an der Beteiligung meiner Parteigenossen und meiner Partei an diesem Streik, sowohl vom ersten Redner, dem kommunistischen Abgeordneten Gottwald, wie auch vom letzten Redner, dem Abg. Dubický. Mit Herrn Abgeordneten Gottwald werde ich mich von dieser Stelle aus nicht auseinandersetzen. Ich glaube nicht, daß die Ausführungen des Herrn Abg. Gottwald, dessen Partei eine große verantwortliche Stellung bei diesem Streik hat, daß die Art, wie er hier aufgetreten ist, wie er den Standpunkt seiner Partei und den der anderen Parteien hier dargestellt hat, von hohem Verantwortlichkeitsgefühl diktiert war. Was er uns gegenüber hier ausgeführt hat, die wir Schulter an Schulter mit den Bergarbeitern aller anderen Parteien stehen, darüber werden wir uns außerhalb des Parlaments auseinandersetzen. Ich möchte aber davor warnen, mit dieser Taktik und mit dieser Methode des Kampfes fortzusetzen; denn glauben Sie ja nicht, daß die Bergarbeiter am Schluß des Kampfes nicht aus ihrem eigenen Gefühl heraus ihr Urteil darüber zu fällen wissen werden, wer in diesem Kampf mit vollem Verantwortungsgefühl und mit voller sittlicher Verantwortung gestanden ist.
Aber dem Herrn Koll. Dubický hat es beliebt, auch über den Bergarbeiterstreik im westböhmischen Revier zu sprechen, und er verstieg sich zu der Vernaderung, daß hinter diesem Streik, an welchem die Kommunisten und Hakenkreuzler führend beteiligt sind, andere als wirtschaftliche und soziale Motive, nämlich politische Motive stecken, denn er meinte verwundert, es sei doch merkwürdig, daß ausgerechnet, während die Hochverratskampagne gegen die Nationalsozialisten im Zuge sei, wir uns jetzt dort führend an dem Streik beteiligen.
Ich habe unsere Stellungnahme zu diesem Streik schon in der letzten Sitzung dargelegt und habe darauf verwiesen, wie weltfremd die Herren von den Regierungsbänken den Ereignissen im wirklichen Leben draußen gegenüberstehen. (Sehr richtig!) Es ist hirnlos, zu behaupten, daß die deutschen Nationalsozialisten aus parteipolitischen oder politischen oder hochverräterischen Gründen sich dort hinter den Streik stellen, hinter einen Streik, an welchem doch über die Hälfte čechische Volksangehörige beteiligt sind, an einem Streik, dem sich jetzt sogar auch die Jednota, also die Vertreter der čechischen nationalsozialistischen Organisation, angeschlossen haben. Und wenn die Herren ein bißchen Einsicht in die Wirklichkeit hätten, wenn sie wüßten, was draußen vorgeht, dann würden sie von diesen Bänken aus anders sprechen als in einem Ton anmaßender protzenhafter Unternehmer. (Předsednictví se ujal předseda Malypetr.) Was uns bewogen hat, in den Streik einzutreten, bzw. verantwortlich an demselben teilzunehmen, habe ich in der letzten Sitzung dargelegt. Wir haben nicht den Streik mit beschlossen. Ich habe schon dargetan, daß er der Ausbruch einer verzweifelten Stimmung gewesen ist, ich habe die berechtigten Gründe zu einer solchen Erbitterung dargelegt. Wir haben erst, als der Streik ein allgemeiner gewesen ist, uns die Frage vorgelegt: Was tun? Die Leute sich selbst überlassen oder aber verantwortungslosen Elementen, worunter ich - und das stelle ich hier fest - nicht die verantwortliche Führung der kommunistischen Partei gemeint habe, sondern unverantwortliche Elemente, die nicht im Namen einer Partei oder Organisation draußen im Streikgebiet agitieren? Wir haben Stellung genommen zu den Ursachen, und es war für uns eine Selbstverständlichkeit, mitverantwortlich einzutreten, als der Streik allgemein wurde, und mitzuhelfen und mitzuarbeiten, damit er mit einem Erfolg nicht allein für die Bergarbeiter, sondern mit einem Erfolg für die gesamte Arbeiterschaft endet und daß er allen verantwortlichen Faktoren ein Warnungszeichen dafür sein soll, daß auf dem bisher betretenen Wege nicht weiter gegangen werden kann und darf, sondern daß andere Wege beschritten werden müssen. Das war der Grund unserer Beteiligung und in diesem Sinne und Geiste stehen wir Schulter an Schulter mit den Bergarbeitern ohne Unterschied der Nation und der Partei und wir werden an ihrer Seite stehen, bis wir den Kampf zu einem erfolgreichen Ende ausgekämpft haben. Die Regierung hat sich freilich nicht sehr bemüht, bisher in den ausgebrochenen Konflikt so einzugreifen, wie es seitens einer verantwortungsbewußten und von der Sachlage überzeugten Regierung notwendig wäre. Was sie in den letzten Tagen getan hat, war, den Sicherheitsdienst im Bergrevier zu konzentrieren. Ich möchte von dieser Stelle aus nur warnen, daß dieser Sicherheitsdienst sich wie bisher auswirkt. Ich war auf der großen Tagung der Bergarbeiter in Brüx. Die gesamte Presse hat anerkannt, daß es eine der gewaltigsten Kundgebungen war, die das Bergrevier gesehen hat, und sich in der musterhaftesten Ordnung und Disziplin abgewickelt hat. Und wer Zeuge dieser gewaltigen, eindrucksvollen Kundgebung gewesen ist, der mußte Hochachtung bekommen vor dem Geiste und der Disziplin, die die Massen bewegte. Nicht ein einziger Zwischenfall ergab sich, nicht eine einzige Möglichkeit für die Gendarmerie oder Polizei, einzugreifen. Und wie die Massen diszipliniert kamen, so zogen sie diszipliniert ab. Die ganze Bevölkerung stand hinter den Massen. Als wir zur Bahn gingen, begegneten wir in einer menschenleeren Straße von Brüx einer Kompagnie Gendarmerie unter Führung eines Stabsoffiziers, die mit aufgepflanztem Bajonett durch die Straßen zum Bahnhof marschierte und am Bahnhof Front machte. Der Kommandant kommandierte: Bajonett versorgen, das Gewehr entladen! Und wir waren Augenzeugen davon, daß die Gendarmerie mit geladenen Gewehren durch die Stadt zog, daß sie mit geladenen Gewehren zur Bahn marschierte, unter dem Eindruck dieser disziplinierten Kundgebung, die nicht den geringsten Anlaß bot, auch nur für einen einzigen Gendarmen, einzugreifen. Und wundern wir uns dann, wenn die Sicherheitsbehörden derartige Vorkehrungen treffen, daß bei dem geringsten Anlaß und Konflikt diese geladene Gewehre losgehen und Unheil anrichten, wie es in Freiwaldau und Dux geschehen ist?
Wir warnen die Regierung, in diesem
alten Geiste fortzufahren, gewaltige Kämpfe derartig zu beurteilen,
und wir verlangen von der Regierung, daß sie sich ihrer Verantwortung
in vollstem Maße bewußt wird und das Ihrige dazu beiträgt, daß
der Konflikt so weit wie möglich in einer Weise bereinigt wird,
die die Arbeiter nicht zu neuer Hoffnungslosigkeit verurteilt,
sondern den Ausblick auf eine lichtere und bessere Zukunft eröffnet.
(Potlesk.)