Pátek 22. dubna 1932

Wir hatten in der gestrigen Sitzung Gelegenheit, von dieser Stelle aus zu hören, daß der Berichterstatter zum Umsatzsteuererhöhungsgesetz erklärte, daß er keine Möglichkeit sehe und daß auch keine Anregung von irgendeiner Seite gekommen sei, wie das Gleichgewicht des Staatshaushaltes auf einem anderen Wege herzustellen wäre, als auf dem der Steuererhöhung. Die sozialdemokratischen Parteien haben das, was wir zu wiederholtenmalen verlangt haben, in einem Gesetzesantrag - und als Teilhaber der Regierung gewissermaßen mit bestimmter Aussicht auf Erfolg - niedergelegt, und wir erwarteten von der Verkürzung der Militärpräsenzdienstzeit unter Berücksichtigung der außerordentlichen Wirtschaftskrise eine bedeutende Herabsetzung der Militärausgaben. Sowohl im gestrigen Wehrausschuß als auch durch das heutige Referat des Berichterstatters wurde uns aber klar, daß scheinbar die Mehrheit der Regierungsparteien sich durchaus von einem entgegengesetzten Standpunkt leiten läßt. Wir haben hier aus dem Munde des Herrn Referenten gehört, daß Ziel und Zweck dieser Vorlage nicht die Herabsetzung der Militärlasten seien, sondern einzig und allein, wie er sich ausdrückte, eine Maßnahme, die berufen sein soll, im Wege einer Umgestaltung gewissermaßen dem Heereskörper seine Schlagkraft im alten Ausmaß aufrecht zu erhalten. Mit einem Wort: Kein Abbau des Militarismus, keine Ersparungen an Militärausgaben, sondern nach wie vor Aufrechterhaltung des bisherigen militaristischen Aufbaues der èechoslovakischen Armee.

Mir ist aber auch klar, daß mit dem Augenblick, wo diese Vorlage als Regierungsvorlage eingebracht wurde, alle Regierungsparteien die Verantwortung für diese Regierungsvorlage tragen. Schon in der gestrigen Wehrausschußsitzung mußten wir erfahren, daß sowohl die Vertreter der Regierungsparteien, als auch - und darauf kommt es ausschlaggebend an - der Landesverteidigungsminister voll und ganz von den Gedanken durchdrungen sind, daß mit dieser Militärvorlage durchaus nicht an einen Abbau des Militarismus geschritten werden soll, sondern nur im Wege der Einführung der schon lange versprochenen, einmal schon Gesetz gewesenen, aber niemals durchgeführten 14monatigen Dienstzeit eine Geste gemacht und in der Weltöffentlichkeit der Eindruck hervorgerufen werden soll, alsob es sich hier um einen Abbau des Militarismus handle, alsob man in der Èechoslovakischen Republik bemüht sei, gewissermaßen dem in Genf durch Dr. Beneš vertretenen Abrüstungsgedanken freiwillig Rechnung zu tragen. Wer hier noch in einem gewissen Zweifel war, wurde heute hier eines Besseren belehrt, soweit er die Ausführungen des Koll. Špatný gehört und verstanden hat.

Der Herr Berichterstatter hat - und das will ich ihm anrechnen - wahrscheinlich nicht allein seine eigenen Ansichten hier vorgebracht, sondern das ihm von bestimmter Seite vorgelegte Material so verwertet, wie er es als Mitglied einer èechischen Regierungspartei verwerten zu müssen glaubte. Der Hauptinhalt des Berichtes hat sich gar nicht mit der Gesetzesvorlage beschäftigt, sondern war wohl mehr in den Intentionen des Generalstabs gelegen, der sich ja die ganzen Jahre und Monate bemüht, allen wirklichen Abrüstungsbestrebungen entgegenzuwirken. Wir brauchen uns ja nur der letzten Ausführungen des Herrn Generalstabschefs Syrový vor jener Offiziersversammlung zu erinnern, wo er zur gleichen Zeit, als durch den Mund des Außenministers Dr. Beneš die Abrüstungsbereitschaft bekannt gegeben wurde, gestützt auf das Offizierskorps erklärte, daß es zu keiner Abrüstung kommen dürfe und kommen solle.

Wenn wir heute die Regierungsvorlage vor uns sehen und die Begründung gehört haben, erkennen wir, daß sich Generalstabschef Syrový 100%ig mit seinen Ansichten durchgesetzt hat, also ein Beweis dafür, daß hier nicht die Regierungsparteien entscheidend bestimmt haben, wie die Gesetzesvorlage gestaltet werden soll, sondern daß es sich hier nur gewissermaß en um eine Art Virement innerhalb des Heeresetats gehandelt hat, bei welchem es ermöglicht wurde, nach außenhin zu zeigen, daß die 18monatige Dienstzeit endlich auf 14 Monate herabgesetzt wird.

Schon in der seinerzeitigen Vorlage des Jahres 1926 wurde im Berichte darauf hingewiesen, daß die Einführung der 14monatigen Dienstzeit derzeit noch nicht möglich sei und im Gesetze selbst, das im Jahre 1927 beschlossen wurde, ist ausdrücklich vorgesehen worden eine 14monatige ordentliche Dienstzeit und 4 Monate als eine gewisse Zusatzdienstzeit. Koll. Špatný hat also hier - ob mit Recht oder Unrecht, mag er selbst oder vielleicht die Herren des Generalstabs entscheiden - einen Bericht vorgetragen, der in seinem ersten Teil sich überhaupt nicht mit der Vorlage beschäftigt hat und der einzig und allein bemüht war, der Bevölkerung dieses Staates und vor allem der èechischen Bevölkerung das Grausen beizubringen, u. zw. an der Hand dieses vorhin gekennzeichneten Berichtes, den ich im gestrigen Wehrausschuß gewissermaßen als aus einem Traumbuch entnommen bezeichnet habe, und zwar deshalb, weil hier mit Behauptungen operiert wird, mit denen man sich in der ganzen Welt nur lächerlich machen kann. Koll. Špatný hat zum Teil eingesehen, daß er sich gestern lächerlich gemacht hat, und hat heute - das muß ich anerkennen - bei der Aufzählung der feindlichen waffenstarrenden Heeresbestände den republikanischen Schutzbund in Deutschösterreich und die ungarische Feuerwehr weggelassen. Nicht weggelassen hat er alle anderen vaterländischen Organisationen, die herhalten mußten, um die Heeresstände der angrenzenden Staaten in erschauernder Höhe der erschreckten Öffentlichkeit vorführen zu können.

Ich glaube, wir irren uns nicht, wenn wir sagen, daß er auch vielleicht aus bestimmten politischen, wirtschaftspolitischen Gründen sich veranlaßt sah, diesen schreckenerweckenden Bericht hier zu erstatten, um den breiten Massen der arbeitenden, erwerbenden Bevölkerung das Schlucken der so unangenehmen, ja untragbaren Steuervorlagen etwas zu erleichtern.

Herr Koll. Špatný hat uns hier eine endlose Aufzählung gegeben von den Heeresbeständen, den großen Organisationen, die angeblich militärisch aufgezogen sind, den geheimen Waffenfabriken, die angeblich Deutschland in der Schweiz, in Holland, in Moskau, in Schweden usw. errichtet hat, ja es mußte sogar das in der ganzen Welt bekannte und anerkannte wissenschaftliche Institut, das Kaiser Wilhelm-Institut dazu herhalten, hier als Kriegswerkstätte in Erscheinung zu treten. Er hat es auch nicht unterlassen, alle großen industriellen Organisationen in Deutschland, die I. G. Farben und wie sie alle heißen mögen, so darzustellen, als ob das die Brutstätten kommender Kriege wären und dort jene Millionen von Bazillen und jene Gasmengen erzeugt würden, die im nächsten Krieg die Entscheidung herbeiführen sollen. Ich stehe auf dem Standpunkt, entweder hat er mit seinen Behauptungen Recht oder hat er Unrecht. Hat er Recht, dann ist es doch zwecklos, überhaupt noch an dem Fortbestand eines stehenden èechischen Heeres auch nur das geringste Interesse zu zeigen, denn wenn sich wirklich ein solcher Gaskrieg, so wie er ihn gezeichnet hat, von dieser Stelle in Vorbereitung befindet, dann ist es doch sinnlos zu glauben, daß man gegenüber solchen Gasangriffen mit irgend einem stehenden Heer Widerstand leisten kann. Aber es ist bezeichnend, daß er, obwohl innerlich sich bewußt, daß er nur große Fabeln vorgetragen hat, doch so tut, als ob er diese Fabeln für wahr halten würde, um die èechische Bevölkerung in Schrecken zu treiben, damit sie sich bereit findet, die große Reihe von Steuervorlagen geduldig zu schlucken.

Ich fühle mich verpflichtet, den Bericht des Herrn Koll. Špatný in einer Richtung zu ergänzen, denn es scheint, trotzdem ich annehme, daß dem Generalstab die Unterlagen dieses Berichtes viele und viele Millionen gekostet haben dürften, diesem doch eine der wichtigsten kriegerischen Maßregeln Deutschlands, Deutschösterreichs, Ungarns, ja sogar Polens - obwohl es ein befreundeter Staat ist - entgangen zu sein. Denn wie ich aus sicherer Quelle, zwar streng vertraulich, erfahren habe, sollen diese Staaten längs der gemeinsamen Grenze mit der Èechoslovakei im Laufe der vergangenen 12 Jahre 178.922 Bienenzüchter angesiedelt haben, von denen jeder mindestens 20 bis 30 Bienenstöcke unterhält. Diese Bienen sollen im Ernstfalle aus ihren Körben befreit und als Angriffswaffe gegen das èechoslovakische Heer in Bewegung gesetzt werden. Ich bitte den Koll. Špatný, in seine Aufzählung der feindlichen kriegerischen Maßnahmen auch noch diese Maßnahme aufzunehmen, damit sie vollständig ist.

Nun zum zweiten Teil des Berichtes, der sich ganz kurz mit der Vorlage selbst beschäftigt hat. In dem Bericht, der uns unter Druck Nr. 1720 vorliegt, wird darauf hingewiesen, daß es ein bedeutender Erfolg und ein Beweis für die Friedensliebe der Èechoslovakei sei, daß man nunmehr an die Einführung der 14monatigen Dienstzeit schreite. Ich habe bereits darauf hingewiesen, daß diese Einführung der 14monatigen Dienstzeit aber auch nicht das geringste mit dem Abbau des Militarismus und der Militärlasten zu tun hat, daß also in gar keiner Richtung dem seinerzeitigen sozialdemokratischen Antrag und seiner Begründung Rechnung getragen wurde. Herr Minister Dr. Viškovský hat sich gestern endlich auf Grund meiner Anfrage bemüßigt gefühlt, in dieser Richtung auch eine offene Antwort zu geben, und er hat wörtlich erklärt, daß die in Verhandlung stehende Vorlage ein Werk sei, das nicht den augenblicklichen Verhältnissen angepaßt werden darf, sondern hier handle es sich nur um eine Stabilisierung des Heeres auf lange Dauer. Die Feststellung des Herrn Ministers wurde von meinem sehr geehrten Herrn Vorredner Machník noch unterstrichen, er hat erklärt, und er muß es ja als Mitglied der Partei des Ministers wohl wissen, daß es sich um die endgültige Stabilisierung der èechoslovakischen Heeresverhältnisse handelt. Der Herr Minister hat sich gestern noch deutlicher ausgedrückt, indem er erklärt hat, daß die Herabsetzung auf 14 Monate bei gleichzeitiger Erhöhung des Rekrutenkontingents die letzte Grenze der Herabsetzung überhaupt sei. Aus letzterer Feststellung ist zu ersehen, daß man auch für die Zukunft nicht an einen Abbau des Militarismus denkt und auf meine Zwischenfrage, wie es mit der Bereitwilligkeit stehe, bei der Abrüstungskonferenz in Genf im Sinne einer weitestgehenden Abrüstung mitzuwirken, erklärte der Minister, daß er nur über die inneren Notwendigkeiten spreche. Für mich ist es klar, daß wenn der Außenminister in Genf in Vertretung der Èechoslovakischen Republik, also des Gesamtstaates, sich auf den Friedensfreund, den Abrüstungsfreund aufspielt, während gleichzeitig sein Kollege, der èechoslovakische Heeresminister, in der gleichen Stunde in Prag im Wehrausschusse erklärt, daß die Einführung der 14monatigen Dienstzeit die letzte Grenze sei, hier ein Widerspruch klafft, der wohl erkennen läßt, daß entweder in der einen oder anderen Richtung nicht die Wahrheit gesagt wurde. Der Herr Minister hat auch als Schreckgespenst gegenüber den sozialdemokratischen Parteien und wahrscheinlich unter Bezugnahme auf die in der gleichen Sitzung vorliegenden sozialdemokratischen Anträge auf Herabsetzung der Präsenzdienstzeit auf 12 Monate erklärt: Wir sind nicht so reich wie Frankreich, daß wir uns die 12monatige Dienstzeit gönnen könnten. Ich muß in diesem Zusammenhang darauf hinweisen, daß man hier von eigenartigen Voraussetzungen auszugehen beliebt. In früheren Zeiten haben die Vertreter der demokratischen und republikanischen Parteien über das Gottesgnadentum der Kaiser und Könige gelächelt. Es scheint mir, als ob sie nunmehr in einen ähnlichen Fehler verfallen, indem sie jetzt von einem Gottesgnadentum ihrer Gesetze als Grundlage ihrer weiteren Tätigkeit ausgehen. Sie tun so, als ob das èechoslovakische Wehrgesetz mit seinen Riesenausmaßen gewissermaßen von dem lieben Herrgott in die Welt gesetzt worden wäre und daß an diesem Wehrgesetz für alle Zukunft nicht mehr gerüttelt werden dürfe. Uns handelt es sich selbstverständlich bei unseren Forderungen um eine möglichst weitgehende Herabsetzung der militärischen Dienstzeit, aber bei gleichzeitiger Herabsetzung der Militärausgaben und niemals um eine Herabsetzung der Miltärdienstzeit bei gleichbleibenden Militärausgaben und noch viel weniger wie es in der vorliegenden Gesetzesvorlage geschieht, um die Erhöhung des Rekrutenkontingents um weitere 5000 Mann. Ich habe schon im Wehrausschuß darauf hingewiesen, daß man wahrscheinlich die Geltung der 14monatigen Dienstzeit erst mit dem 1. Oktober 1933 angesetzt hat, weil man so hofft, daß sich in der Zwischenzeit doch irgendwie die Möglichkeit ergeben wird, daß der Generalstab auf Grund seiner Berechnungen, Erhebungen und des Probedienstes, der im kommenden Jahre eingeleitet wird, zum Schluß vor die Versammelten èechischen und deutschen Regierungsparteien hintreten wird, um ihnen zu erklären, daß er sich bei der Beratung und Stellungnahme zu diesem Gesetzentwurf geirrt habe, und die Praxis ergeben habe, daß mit dem Plus von 5000 Rekruten das Auslangen nicht gefunden werden könne. Dann werden einzelne der èechischen Parteien - es haben dies schon die Nationaldemokraten und die Nationalsozialisten angedeutet - erklären, wir haben dem Gesetzentwurf nur zugestimmt, weil uns Minister Viškovský erklärt hat, daß auf Grund der gesetzlichen Bestimmungen und der darin enthaltenen Vorkehrungen es möglich sein werde, die Schlagkraft des Heeres zu erhalten; nachdem wir nun aus dem Munde des Generalstabs erfahren, daß dem nicht so sei, sehen wir uns gezwungen, den weiteren Forderungen des Generalstabes Rechnung zu tragen. Ich habe schon gestern im Wehrausschusse darauf hingewiesen, daß dann, wahrscheinlich auf dem Wege der Umbildung der Regierung - wie man es hier im Staate zu machen beliebt, daß, wenn einige Parteien eine weitere Erhöhung des Kontingentes für untragbar erklären, man sie auf eine zeitlang in die Opposition schickt, um wieder andere Parteien auf die Regierungsbank zu nehmen - die Sache gemacht werden wird. Ich möchte darauf hinweisen, daß wir daher mit besonderem Nachdruck auf der Annahme unseres Antrages beharren, um solchen Machinationen von vornherein entgegenzuwirken, daß bereits mit 1. Oktober 1932 die 14monatige Dienstzeit eingeführt werde. Den sozialdemokratischen Parteien muß es ein Leichtes sein, für diesen Antrag zu stimmen, nachdem er ja fast wörtlich gleichlautend ist mit dem Antrag, den sie selbst am 1. Dezember 1931 hier in diesem Hause eingebracht haben, welcher Antrag auch gestern in der Ausschußsitzung zur Verhandlung vorlag.

Im übrigen ist es bezeichnend, daß der Herr Minister Dr. Viškovský in der gestrigen Sitzung einerseits erklärte, daß die Maßnahmen, die hier getroffen werden müssen, als innerpolitische, als innerstaatliche Maßnahmen ohne Rücksicht auf die Auswirkungen der Genfer Abrüstungskonferenz, von der man noch nicht weiß, zu welchem Ergebnis sie führen wird, zu werten sind, auf der anderen Seite, einige Minuten später, befaßte er sich aber doch mit der Genfer Abrüstungskonferenz, und zwar kennzeichnete er den Standpunkt, wie wir ihn schon wiederholt aus seinem Munde gehört haben, mit den Worten, daß es insolange nicht zur Abrüstung kommen könne, als nicht der französischen These "Zuerst Sicherheit, dann Abrüstung!" von den anderen Mächten beigepflichtet werden würde. Nun weiß heute schon jedes politische Kind, daß eine ganze Reihe großer entscheidender Staaten, so vor allem England, Italien und Amerika, es unbedingt ablehnen, dieser französischen These beizutreten, und die Aufrechthaltung einer solchen These ist sonderbar, da sie nicht Annahme finden kann, weil die verantwortungsbewußten Staatsmänner, denen es wirklich an der Schaffung der Grundlagen für einen wirtschaftlichen Wiederaufbau Europas gelegen ist, einer solchen These nie zustimmen können. Denn wenn diese These anerkannt werden würde, hätte es jeder Staat zu jeder Zeit in der Hand zu erklären: ich fühle mich noch nicht genügend gesichert und kann daher nicht abrüsten.

In diesem Zusammenhage muß ich das Zahlenmaterial des Herrn Špatný in einer bestimmten Richtung ergänzen. Ich bedauere, daß kein offizieller Vertreter des Generalstabes hier ist, der die Möglichkeit hätte zu überprüfen, ob diese Ziffern richtig sind. Koll. Špatný hat die Sache so dargestellt, als ob die Èechoslovakei von waffenstarrenden Gegnern und Nachbarn umgeben wäre. In einer Richtung hat er Recht: wenn er unter den "waffenstarrenden Nachbarn" Polen meint, ist dem zuzustimmen, da Polen bis an die Zähne bewaffnet ist. Nun einige wenige Ziffern, die klipp und klar der Öffentlichkeit zeigen sollen, wie es in Wirklichkeit mit der Waffenstärke der verschiedenen Staaten bestellt ist.

Nehmen wir vor allem die deutschen Ostgrenzen, die gemeinsame Grenze mit Polen und der Èechoslovakei. Auf Grund der vorhandenen Heeresbestände ist es diesen Staaten möglich, auf je 10 km aufmarschieren zu lassen: Deutschland 243 Mann, 2 leichte Maschinengewehre, erst auf 100 km 7 leichte Geschütze, 28 leichte und 2 schwere Maschinengewehre und sonst gar nichts. Polen hingegen an der gleichen Grenze auf je 10 km: 11.188 Mann, 7 leichte Geschütze, 2 schwere Geschütze, 32 leichte Maschinengewehre, 22 schwere Maschinengewehre, einen Kampfwagen, einen Tank und 5 Kriegsflugzeuge. Die Èechoslovakei hat diesen 243 Mann auf reichsdeutscher Seite auf je 10 km gegenüberzustellen 8506 Mann, 5 leichte Geschütze, 2 schwere Geschütze, 42 leichte Maschinengewehre, 8 schwere Maschinengewehre und 3 Kriegsflugzeuge.

An der Westgrenze Deutschlands entfallen wieder auf je 10 km 2 leichte Maschinengewehre und erst auf 100 km 7 leichte Geschütze, 28 leichte und 2 schwere Maschinengewehre, alle anderen Waffengattungen fehlen vollständig. Diesen 243 Mann auf deutscher Seite mit den 2 leichten Maschinengewehren stellt Frankreich gegenüber auf je 10 km 69.122 Mann, 23 leichte Geschütze, 25 schwere Geschütze, 3 Fliegerabwehrgeschütze, 318 leichte Maschinengewehre, 258 schwere Maschinengewehre, 27 Kampfwagen und 36 Flugzeuge. An der belgischen Grenze stehen den 243 reichsdeutschen Soldaten mit den 2 leichten Maschinengewehren auf je 10 km gegenüber 38.431 Mann, 38 leichte Geschütze, 17 schwere Geschütze, 3 Fliegerabwehrgeschütze, 187 leichte und 75 schwere Maschinengewehre, 14 Tanks und 15 Flugzeuge.

So sieht in Wirklichkeit die Welt aus, und da wagt es Koll. Špatný, hier einen Bericht zu erstatten, der das Gegenteil behauptet. Die Ziffern, die ich vorgebracht habe, sind offizielle Ziffern, die von einem jeden Generalstäbler bestätigt werden müssen, soweit er mit den Verhältnissen vertraut ist, und ich würde es begrüßen, wenn der Herr Landesverteidigungsminister anwesend wäre, um zu veranlassen, daß ein Vertreter des Generalstabes hier öffentlich von dieser Tribüne zu den von mir gebrachten Ziffern Stellung nimmt, damit endlich einmal die Welt erfahre, wie ungeheuer übergerüstet die Staaten im Osten und Westen Deutschlands sind und wie lächerlich gering Deutschlands Heer und die ihm verbliebenen leichten Abwehrwaffen, auf Grund der im Völkerbundsvertrag übernommenen Verpflichtungen sind. Ich glaube aus diesen Ziffern geht klar hervor, daß es sich seitens des Koll. Špatný um einen irreführenden Bericht handelt, und ich verstehe es nicht, wie der Herr Minister Viškovský, der doch für diesen Bericht mit verantwortlich ist, einen solchen Bericht passieren lassen kann, ohne gegen ihn Stellung zu nehmen.

Im übrigen sehen wir - und wer die Tagesblätter von gestern und heute gelesen hat, wird mir beipflichten müssen - daß Frankreich u. zw. nicht offen hervortretend, sondern diese Geschäfte besorgt immer der èechische Außenminister Dr. Beneš an der Spitze der Kleinen Entente und jener bekannten Haager Schiedsgerichtsmehrheitsmächte aus Südamerika, Kuba usw., daß dieser französische Block sich ununterbrochen bei den zur Zeit in Genf stattfindenden Abrüstungsverhandlungen bemüht, jede wirklich praktische Abrüstung, die allein zur Befriedung der Welt führen könnte, zu verhindern. Wir sind Zeugen dessen, daß die Vertreter Englands, Italiens, ja sogar Amerikas nunmehr mit Vorschlägen an die Konferenz herangetreten sind, die wirklich eine halbwegs vernünftige Grundlage für eine wirklich erstrebte Abrüstung bilden könnten. Aus dem Vorschlage, der durch den bekannten jetzigen rumänischen Gesandten in London Titulescu namens des französischen Blocks in der gestrigen Sitzung vorgebracht wurde, ist zu erkennen, daß man unter allen Umständen die Abrüstungskonferenz unter der weitreichenden und ausschlaggebenden Mitwirkung des èechischen Außenministers Dr. Beneš torpedieren will.

Referent Koll. Špatný hat hier die Behauptung aufgestellt, daß die hier vorliegende Gesetzesvorlage der Öffentlichkeit - so hat er seine Ausführungen geschlossen - den Beweis erbringen soll, daß die Èechoslovakei an der Spitze jener Mächte marschiere, die ernstlich bestrebt sind, abzurüsten, wobei er doch vorher selbst zugab und gestern durch dén Mund des Ministers festgestellt wurde, daß von Abrüstung keine Rede sein könne, weil nicht eine èechische Krone auf Grund dieses neuen Gesetzes erspart werden kann, ja im Gegenteil, daß er bemüht sein werde, mit den vorhandenen Mitteln das Auslangen zu finden. Er gab bekannt, daß nach Einführung der 14monatigen Dienstzeit es notwendig sein werde, neue Schießplätze, Exerzierplätze zu errichten und die Verlegung von Truppenteilen in verschiedene Garnisonen vorzunehmen. Auf der einen Seite wird erklärt, daß der durchschnittliche Mannschaftsstand von 105.000 auf 87.000 Mann herabgesetzt wird, auf der anderen Seite wird nun erklärt, daß neue Investitionen auf Grund des Gesetzes notwendig sein werden. Diese Investitionen werden wohl dazu dienen, das neuerlich erhöhte Rekrutenkontingent entsprechend unterzubringen. Daß er den französischen Staatsblock wirklich nicht ernst meint, beweist, daß einer der glänzendsten und kundigsten Politiker der Welt Lloyd George die französische Abrüstungsblockpolitik am 22. Jänner 1930 mit den Worten charakterisierte: "daß Frankreich, Polen, die Èechoslovakei, Südslavien und Rumänien sich bis jetzt beharrlich geweigert haben, das Versprechen einzulösen, das alle Siegerstaaten in dem Friedensvertrag gegeben haben, der dem Deutschen Reiche aufgezwungen wurde. Das sei ein gemeinsamer Winkelzug, der unbedingt früher oder später zu internationalen Konflikten führen wird." Dieser treffenden Kennzeichnung des ehemaligen englischen Premiers ist wohl nichts hinzuzufügen.

Im Zusammenhang mit den Ausführungen meines Vorredners Koll. Machník fühle ich mich noch verpflichtet, auf einen Teil dieser Ausführungen zurückzukommen. Koll. Machník hat hier auseinandergesetzt, daß zwar die Èechoslovakei über einen Militarismus verfüge, aber es bestünde angeblich ein himmelweiter Unterschied zwischen dem Militarismus des alten Österreich und dem der neuen Èechoslovakischen Republik und er erklärte, der Militarismus des alten Österreich wäre auf der Devise aufgebaut gewesen - ich werde mir erlauben, das in der èechischen Staatssprache vorzulesen - Kdo má moc, ten má právo, wer die Macht hat, der hat das Recht. Der neue Militarismus der Èechoslovakei diene angeblich nur als Friedensinstrument und sei nur berufen, Angriffe abzuwehren. Wie Koll. Machník dazu kommt, zu behaupten, daß der èechoslovakische Militarismus auf der These nicht aufgebaut ist: Wer die Macht hat, der hat das Recht, verstehe ich nicht. Der èechische Militarismus wurde doch nur aufgebaut, um die gegen ihren Willen in diesen Staat hineingepreßten Nationen und Nationsteile niederhalten zu können. Und es ist unglaublich, wie er sich infolgedessen zu einer solchen Auffassung aufschwingen konnte. Es ist doch eine unbestreitbare Tatsache, daß der èechische Militarismus in erster Linie dazu dient, den sogenannten - wie die Èechen sagen inneren Feind niederzuhalten und als diesen Feind bezeichnen sie - übrigens hat Koll. Machník in seinen Schlußausführungen diesen inneren Feind auch noch näher gekennzeichnet - jeden, der nicht bereit ist, den èechoslovakischen Staat auf Grund des Verfassungoktrois des Jahres 1920 als èechischen Nationalstaat auszubauen. Verzeihung, das ist Schindluder treiben mit dem Worte Demokratie, mit dem Wort: Wer die Macht hat, hat das Recht, bezogen auf die altösterreichischen Zustände. Es ist doch grundfalsch und ich muß mich hier mit Koll. Machník auseinandersetzen. Es ist ganz falsch, zu glauben und zu behaupten, und da scheint sich wieder das Gottesgnadentum widerzuspiegeln, die èechischen Zentralisten, die èechischen Machthaber bilden sich nämlich ein, der èechoslovakische Staat, so wie er jetzt besteht, sei ein èechischer Nationalstaat, in dem alle nichtèechischen Volksteile als Eindringlinge, als Kolonisten betrachtet werden, weiter daß diese Staatsgrundlagen von Gott in die Welt gesetzt worden sind und daß eine Abänderung dieser Staatsgrundlagen niemals möglich sei, und - wie er behauptet - daß das èechische Heer die Aufgabe habe, jede angestrebte Änderung dieser èechischen Nationalstaatsgrundlagen, jeden solchen Versuch mit bewaffneter Gewalt niederzuschlagen. Verzeihung, meine Herren, dieser Ansicht des Kollegen Machník muß ich mit aller Entschiedenheit entgegentreten. Es widerspricht jeder demokratischen Auffassung, sich überhaupt auf einen solchen Standpunkt zu stellen, denn selbst im Verfassungsoktroi heißt es im § 1, "daß alle Macht in diesem Staate vom Volke kommt." Auch nicht wahr ist es, weil das Gegenteil hier bewiesen wurde. Die Verfassungsgesetze wurden einem ordentlich gewählten Parlament noch nicht zur Beschlußfassung und Bestätigung vorgelegt, sondern man begnügt sich nach wie vor vielleicht unter Berufung auf das Gottesgnadentum, auf das Verfassungsoktroi zu pochen, auf Grund dessen die èechischen zentralistischen Grundlagen dieses Staates in die Welt gesetzt wurden. Aber die Geschichte lehrt uns, daß es nichts Ewiges auf der Welt gibt, insbesondere dann nicht, wenn die Regierungen, vor allem in Zwangsstaaten, versuchen, gegen den Willen ganzer Schichten oder Teile der Bevölkerung zu regieren. Auch die alten, absolutistischen Herrscher mußten es erleben, daß neue im Volke sich entwickelnde Kräfte, ständische Kräfte, Klassenkräfte - wir sahen dies besonders am Beginn des jetzigen Jahrhunderts - gegen den Willen der absolutistischen Herrscher, die sich ebenfalls auf starke Heere gestützt haben, sich einfach durchgesetzt haben, weil solche Kräfte, wenn sie aus dem Innersten entströmen, niemals mit Bajonettspitzen niederzuhalten sind.

Von diesem Standpunkt ausgehend möchte ich dem Kollegen Machník die gute Lehre geben, daß er im Interesse seines eigenen Volkes nicht seine falschen Ansichten weiter vertreten soll, denn diese Ansichten müssen naturnotwendig zu einem Zusammenstoß führen; denn mögen sie heute noch pochend auf die Spitzen der Bajonette Ihres Heeres, Ihres militaristischen Gendarmeriekorps, Ihres Zollwächterkorps usw. usw. und besonders gestützt auf das Heer von Spitzeln in diesem Staate sich bemühen, die nationale Bewegung unter den einzelnen Volksstämmen niederzuhalten - es wird Ihnen vielleicht gelingen, ein, zwei, drei, vier Jahre, ich weiß nicht wie lange - aber eines schönen Tages werden sich diese unterdrückten Volksteile, wird diese heranwachsende Jugend, die auf Grund der gesetzlichen Auswirkungen auch in diesem Staate nicht mehr die Möglichkeit haben wird, den Lebensunterhalt auf dem eigenen Heimatboden zu erlangen, diese so arbeitslose Jugend wird sich zus ammenschließen und wird darüber nachdenken wie es denkbar, wie es möglich ist, daß in einem republikanischen Staatswesen nicht einmal die Möglichkeit geboten werden soll, auf eigenem Volksboden Brot und Arbeit zu finden. Bei der Fortsetzung der bisherigen Politik, die besonders in den letzten Monaten sich so außerordentlich verschärft hat, ist es naturgemäß, daß der Widerstand hervorwachsen wird, der sich zuerst nicht gegen den Staat an sich, sondern gegen die Staatsgrundlagen, gegen das Verfassungsoktroi richtet, einfach ein Widerstand, der, pochend auf den berechtigten Anspruch auf die Oberhoheit innerhalb der geschlossenen Volksgebiete sich einfach dieses natürliche Recht der Selbstbestimmung zu erkämpfen wissen wird. Ich halte es darum für vollständig falsch, wenn Kollege Machník sich auf den Standpunkt stellt, wle er es im Schlußwort getan hat, daß alle diejenigen, die nicht bereit sind, sich für den èechischen Nationalstaat einzusetzen, die nicht bereit sind, sich einzusetzen für das Symbol des èechischen Nationalstaates - der doch in Wirklichkeit ein Nationalitätenstaat ist, was heute schon die ganze Weltöffentlichkeit weiß - kein moralisches Recht haben, keinen Anspruch erheben könne auf irgend welche staatliche Anstellungen. Kol. Machník verstieg sich sogar soweit, jede öffentliche Tätigkeit solchen Männern zu verbieten. Das ist selbstverständlich nicht nur ein undemokratischer Standpunkt, sondern meines Erachtens nach ein unverantwortlicher und unüberlegter Standpunkt. Denn ich stand und stehe auf dem Standpunkt, daß der Staat hier ist wegen der Bevölkerung und nicht umgekehrt die Bevölkerung wegen des Staates und ich stehe auf dem Standpunkt, daß trotz aller nationaler Unterdrückung letzten Endes das gesunde heilige Naturrecht der Völker sich durchsetzen wird. Das als Antwort auf die Ausführungen des Koll. Machník.


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