Unsere Partei ist da kürzlich vom Bunde der Landwirte angeschossen worden, daß wir uns angeblich um die Hauseigentümer nicht kümmern. Es ist interessant, daß im sozialpolitischen Ausschuß bei allen Sitzungen der letzten Zeit nicht ein einziger Vertreter vom Bunde der Landwirte anwesend war.
Das, was in der letzten Zeit geschehen ist, ist nichts als Augenauswischerei. Es wird am letzten Tage eine Enquete einberufen, und als wir den Vorsitzenden des sozialpolitischen Ausschusses Koll. Dr. Winter fragten, was es denn mit dieser Enquete eigentlich für eine Bewandtnis habe, erfuhren wir nach langem Herumdebattieren, daß diese Enquete mit einer schönen Etikette nichts anderes ist als ein Privatunternehmen des Dr. Kalaš und daß die Ergebnisse für den sozialpolitischen Ausschuß nicht im geringsten bindend seien.
Meine Herren! Wenn im Herbst diese Vorlage neuerdings verhandelt werden soll, sind wir überzeugt, daß die Hauseigentümer blutwenig erreichen werden und zwar deswegen, weil man von sozialisistischer Seite sagen wird: die Arbeitslosigkeit, die Not steigt, in dieser Zeit könnt Ihr natürlich nicht verlangen, daß man Eueren Wünschen entspricht.
Die Folgen des Provisoriums werden unter anderem sein: weitere Unsicherheit der Mieter und der Vermieter, aber auch Unsicherheit des gesamten Baugewerbes. Der Staat läßt sich als Mieter schützen, indem er, wenn er Mieter ist, nicht mehr zahlt als 340 %. Leute aber, die ein Einkommen von 70.000 Kè haben, werden auch geschützt. Leute, die, wie festgestellt, 2 Autos besitzen, aber ihre Bücher sehr gut zu führen verstehen, werden ebenfalls geschützt, während auf der anderen Seite die Besitzer kleiner Häuser Taschenpfändungen ausgesetzt sind. Es ist Tatsache, daß alle Steuern erhöht worden sind, daß eine Menge Subventionen gestrichen worden sind, daß man aber auf der anderen Seite zuläßt, daß auch heute noch das Finanzministerium alljährlich den Besitzern von großen Zinshäusern riesige Summen hinwirft. Obwohl wir schon wiederholt darauf gedrängt haben, daß der Staat in diesem Falle von seinem Regreßrecht Gebrauch macht, hat es die heutige Regierung der Sozialisten und Agrarier nicht für nötig gefunden, aus dieser Steuerquelle zu schöpfen.
Ein Fehler des Provisoriums ist auch der, daß mit den Bauplätzen nach wie vor in vielen Gemeinden gewuchert wird und daß Agenten gewisser Bausparkassen in die Dörfer gehen, die Leute dort betrügen, ohne daß es ein Gesetz gäbe, diesen Leuten das Handwerk zu legen. Für all das trägt die heutige Regierung die volle Verantwortung Unsere Partei hat zum ganzen Wohnungsgesetz immer eindeutig Stellung genommen. Wir haben gesagt: Schwache Leute müssen geschützt werden und der Mieterschutz für schwache Leute wird noch so manches Jahr dauern müssen. Aber es gibt genug Schichten in der Bevölkerung, wo die Valorisierung der Mieten in einem rascheren Tempo als bisher möglich wäre. Es gibt arme Mieter., es gibt aber auch arme Hauseigentümer.
Unsere Partei hat auch dann, wenn
sie in der Opposition war, zu allen Gesetzen immer positiv Stellung
genommen. Wir haben entweder pro oder kontra gestimmt. Bei der
heutigen Vorlage müssen wir aber einmal eine Ausnahme machen und
uns das erstemal von einer Abstimmung absentieren, mit der Begründung,
daß wir gar keine Lust haben, diese Komödie hier mitzumachen.
(Potlesk.)
Hohes Haus! Fast hätte man feststellen müssen, daß die Regierung das erstemal ihr Wort gehalten hat und daß sie den Mut und die Kraft besitzt, einen Versuch zur endgültigen Lösung des Wohnungsproblems zu machen. Aber es ist wieder nichts als ein Provisorium, das zur Beschlußfassung präsentiert wird von einer Regierung, die nicht die geringste Scham darüber empfindet, ein gegebenes Wort nicht einzulösen, ja, die es nicht einmal für nötig hält, dem Hohen Haus eine Erklärung über den neuerlichen Wortbruch abzugeben. Wenn deutsche und èechische Parteien sich zu einer Regierung zusammenschließen, so hat eine derartige Koalition doch nur dann einen Zweck, wenn man über die Lösung nationaler Probleme sich vorher ein Programm macht und nicht nachher mit der Ausrede, daß zwei deutsche Minister unter insgesamt fünfzehn keine Wunder wirken können, den ganzen Jammer sudetendeutscher Mitregierung entschuldigt. Bei der primitivsten Beachtung solcher Selbstverständlichkeiten wäre eine Politik unmöglich, die gestützt und geschützt wird im Inland und im Ausland von zwei deutschen Parteien, die in erster Linie den Schutz der Scholle und des Arbeitsplatzes zu übernehmen hätten, die aber ohnmächtige Zuschauer in dem sudetendeutschen Drama sind, das uns den Heimatboden und die Arbeitsplätze nimmt und wo der Sadismus selbst vor Grabsteinen nicht Halt macht, weil es nach Ansicht der Behörden in diesem Staat keine deutsche Heimaterde mehr gibt.
Während man Jagd macht auf unsere deutsche Jugend und Pankrac bevölkert, bettelt man um Abschußerlaubnis für Rehböcke 14 Tage vor dem gesetzlichen Termin, geht auf Anstand beim neuen èechischen Landadel, ehemals deutschem Besitz, und wundert sich, daß da draußen selbst die Bauern für derartige Erfolge der Regierungsbetätigung keinerlei Verständnis aufbringen. Erfolge, die so verschwiegen werden müssen, daß nicht nur die èechische Öffentlichkeit, sondern überhaupt niemand etwas davon merkt, können niemals ein Freibrief sein für politisches Wohlverhalten, wenn Heimat und Volk dabei zugrunde gehen und die Freiheit mehr geknebelt wird, als von einem Metternich. Daß sich die Knebelungsversuche nur gegen die Opposition richten, ist umso schlimmer, denn dann erst haben ja die Worte des Innenministers, daß die deutschen Regierungsparteien sich auch über unsere Agitationsmethoden beklagen, sinnvolle Bedeutung erlangt und dieses Ministerwort gibt uns ja neuerliches Agitationsmaterial, ebenso die Rote Wehr der antimilitaristischen Sozialdemokraten und die landständische Jugend mit ihrem stillen Heldentum. Die Komödie, die sie mit der faszistischen Gruppe aufführen, ist weder eine Legitimation, noch kann sie darüber hinwegtäuschen, gegen wen sich einzig und allein die Drangsalierungen des gesamten Polizeikabinetts Udržal richten.
Wenn eine Regierung aus sozialistischen und Agrar- und Bürgerparteien gegründet wird, so kann sie erfolgreiche Kompromißarbeit nur dann für Staat und Volk leisten, wenn vor dem Zusammenschluß in großen Zügen ein gemeinsames Arbeitsprogramm aufgestellt wird. Geschieht dies nicht, so muß politischer Kuhhandel, ehrliche Arbeit verdrängen, muß das Parlament nur die demokratische Draperie für die Arbeit hinter den Kulissen abgeben, und es werden dann Gesetze auf so widersinnige und widerwärtige Art gemacht, wie in den letzten Jahren. Gesetze ist eigentlich nicht der richtige Ausdruck, es waren niehr Kompensationsgeschäfte, die mehrfach noch mit einem härteren Ausdruck bezeichnet werden sollten. (Pøedsednictví pøevzal místopøedseda Zierhut.)
Erinnern wir uns noch an die Restgüter, Bahnhofbuchhandlungen, Bahnrestaurationen, Kohleneinfuhrscheine, Banken- und Konsumsanierungen, Exportkredite usw. bis zu den Parteibrennereien beim Spiritus und Benzinmischungsgesetz. Ist es Ekel vor solch einem Gebahren, ist es Schuld Trapls mit der leeren Tasche, daß man sich von der Subventionspolitik abwenden will? Denn es schämen sich auf ei nmal die Koalitionsgewaltigen der drei neuen Kreditvorlagen, leugnen die Vaterschaft und lassen es gar nicht auf eine Blutprobe ankommen, sondern sie beschließen, die Beratungen einzustellen. Unvollkommen, überflüssig werden die Vorlagen genannt, selbst der Berichterstatter und der Vorsitzende rücken davon ab.
Auch bei diesen drei Kreditvorlagen sieht man deutlicher, denn je "das Produkt des Ausgleiches der Interessengegensätze in der Koalition", sagt Koll. Dr. Peters, den unlauteren Wettbewerb politischer Schleichhändler, sagen wir, denn nur aus dem Grund, weil eine Gruppe Staatsgelder fordert, fordern es auch die anderen und damit sich alle drei freuen in dem schönen Bund, sollen Millionen neuerdings aus der totkranken Wirtschaft erpresst werden.
Das bekannte Präsidentenwort: Demokratie ist Diskussion, erhält hier eine von Masaryk weder geahnte, noch gewollte landesübliche Auslegung, weil die Diskussion nicht wie in anderen Staaten, die von der politischen Freiheit weniger reden, dafür sie aber halten, sich zwischen Mehrheit und Minderheit abspielt, sondern sie wird innerhalb der Koalition abgewickelt. Seit Monaten, wenn nicht seit Jahren, wird Demokratie, weil Diskussion, in die Regierungslaube verlegt, einmal ist es eine Pìtka, einmal ein Achterund jetzt ein Siebenerausschuß, dann die politischen oder die Wirtschaftsminister, Ministerrat und dgl.
Einigt man sich nicht, so kann die Opposition überhaupt nicht Stellung nehmen, endlich einigt man sich, wenn die Linke weiß, was die Rechte tut. Dann kommt alles in amtlicher Verpackung in den Ausschuß und ins Haus und die Opposition hat gar keine andere Aufgabe als dem Auslande eine parlamentarische Erledigung von Gesetzesvorlagen vorzutäuschen, zu welcher nicht das geringste Mitbestimmungsrecht oder auch nur eine Diskussion im Sinne des Präsidentenrates der Opposition eingeräumt ist. Kennzeichnet man diese Vergewaltigung und Brüskierung, so wird man Faszist von den Vertretern eines Systems genannt, das dem Mehrheitsprinzip genau so huldigt, wie das Kabinett Mussolini.
Die jetzige Regierungsmehrheit ist mit einem Geburtsfehler nach wochenlangem Bemühen in die Welt gesetzt worden, der durchaus keine Kinderkrankheit darstellt, sondern sich von Jahr zu Jahr verschlimmert und der einst daran Schuld sein wird, daß diese Koalition von niemand betrauert, als von ihren Nutznießern, einen früheren Tod erleiden wird.
Seit Monaten siecht sie schon dahin und mit ihren Fieberwehen kann man nur jene Entgleisungen erklären, wenn auch nicht verstehen, in denen sich die Sláviks, der Dérer und Meissner gefallen, die ebensowenig ihrer juristischen Vorbildung als auch der marxistischen Ausbildung entsprechen.
Seit Monaten wird gehandelt, geschachert, gepackelt wie am Kaschmir in Krakau und seit Monaten ist das Parlament selbst fast ausgeschaltet. Neue Steuern, neue Belastungen, neue Erschwerungen des Lebensunterhaltes der Massen, aber auch Zuweisungen an politische Machtgruppen, ist der Weisheit letzter Schluß.
Beim Wohnungsgesetz kann man am besten ersehen, daß unnatürliche Bindungen große Fragenkomplexe nicht zu lösen in der Lage sind, es sei denn, daß vor Bildung der Koalition ein Arbeitsprogr amm vereinbart wird.
Man braucht weder ins Alchimistengäßchen zu geben, noch Sehergabe zu besitzen, um sich darüber klar zu sein, daß ein endgültiges Wohnungsgesetz mit den derzeitigen Regierungsparteien schwer oder unmöglich zu vereinbaren sein wird.
Wenn das Problem nicht so ernst wäre, so hätte man sich belustigen können, wie im sozialpolitischen Ausschuß die Gegensätze aneinander prallten und man sichtlich bemüht war in Wort und Bild Prags tönende Koalitionsscheu den Hörern vorzuführen, denn das war kein Riß mehr, das war ein solenner Krach der Koalition. Der Hausherrensekretär von Prag, der beim Umsturz auf ein Restgut gefallene und so mit dem Boden verwurzelte Abg. Dubický gaben den Ton an und selbst der Kommunist fand keine stärkeren Worte als die beiden Vertreter der größten Koalitionspartei.
Um das Begräbnis I. Klasse ein wenig zu verzögern, wurde ein Siebenerausschuß geschaffen, dessen Arbeit, besser gesagt Sabotage jeder Arbeit das vorliegende Provisorium verschuldet.
Man mag sich zu dem Entwurfe des neuen Wohnungsgesetzes und einzelnen Paragraphen desselben stellen wie immer man will, anerkannt muß werden, daß mit ihm der Versuch unternommen werden wollte, Schluß zu machen mit der ewigen Unsicherheit für Mieter, Hausherr und Besitzer subventionierter Häuser. Auch wir sind mit vielen Bestimmungen nicht einverstanden, sowohl als völkische Partei, als auch als sozialistische Partei und möchten nur unseren Standpunkt nicht ebenso begründen, wie die meisten bürgerlichen Parteien.
Wir bedauern, daß eine ernste und sachliche Beratung nicht eine Einigung möglich gemacht hat, bedauern das auch um der Gemeinden willen und der Unterbindung der Bautätigkeit wegen.
Auch die Deutschen Sozialdemokraten, die in hervorragender Weise an dem Wohnungsgesetz mitgearbeitet haben, werden einsehen müssen und alle Erfahrungen der Vergangenheit sprechen eine ebenso deutliche, als traurige Sprache, daß in diesem Staate jede soziale Reform, jeder Staatssozialismus, zur Èechisierung unserer Heimat, zur Verdrängung deutscher Menschen mißbraucht wird. Bodenreform, Bahnverstaatlichung zeigen den hier üblichen Weg, aber auch jedes andere Hilfswerk ist ein probates Mittel zu unserer Entrechtung, denn es zeigt sich seit 1918, daß Sozialismus und Demokratie sehr wirksam in den Dienst einer nationalen Vergewaltigungspolitik und einer Polizeiherrschaft gestellt werden können, nicht nur in diesem Staat, sondern auch anderswo.
Je weniger Sie also für die Zentralgewalt schwärmen und durch neue Gesetze diese stärken helfen, desto mehr dienen sie jener Selbstverwaltung, die Sie auch auf's Panier geschrieben haben und für welche Forderung sie, wenn auch zu Unrecht, das Primat geltend machen.
Also auch bei der Wohnungswirtschaft wird es gut sein, sich der Gemeinde in ausgiebigster Weise zu bedienen, aber nicht als Büttel der politischen Verwaltung, sondern als Selbstverwaltungskörper. Der Ruf nach der Selbstverwaltung ist nicht von so großer Bedeutung, als Betätigung in dem Sinne der Stärkung des Verwaltungsrechtes der Keimzellen des Staates.
Es ist ja sinn- und zwecklos sich mit den einzelnen Bestimmungen des derzeit nicht aktuellen Wohnungsgesetzentwurfes zu befassen aber auch mehr als übefrlüssig zu der vorliegenden Novelle etwas zu sagen, weil sie weder eine Lösung anstrebt, noch vorbereitet, ja nicht die geringste Änderung bringt, demnach nur als Verlegenheitswerk zu betrachten ist, das nicht die Stärke der Koalition beweist, sondern ihre Schwäche, ihre Ohnmacht.
Ich möchte nur vom Standpunkt der Gemeinden und der katastrophalen Lage derselben einige Worte sagen. Dies nicht zuletzt deshalb, weil mir dies als der einzige Ausweg erscheint, um die Gegensätze zu überbrücken und die Bauförderung weiter zu ermöglichen.
Wenn wir die Gegensätze unberührt von der Wohnungsstatistik, Wohnungsaufsicht usw. betrachten, die meiner Ansicht nach ein untrennbarer Bestandteil jedweder Wohnungswirtschaft sind, so können wir feststellen; die Sozialisten sagen: Die Wohnung ist keine Ware, der Kapitalismus ist nicht bereit, die Anforderung an Klein- und Kleinstwohnungen zu befriedigen und zwar zu Mietzinsen, für welche die Leute mit vermindertem Einkommen aufzukommen vermögen. Deshalb muß die Öffentlichkeit die Lösung in die Hand nehmen, deshalb müssen hiezu die Hausherren, aber auch die Mieter in Altwohnungen und die etwas beitragen, die seinerzeit beim Bau unterstützt wurden.
Die anderen, vor allem die Agrarier, leugnen Wohnungsnot, bestreiten die Verpflichtung der Allgemeinheit zur Hilfe, verteidigen die Rechtsansprüche der bisherigen Subventionsempfänger und versprechen sich alle Lösung von einer ungebundenen Wirtschaft am Wohnungsmarkt.
Jede Subventionspolitik, an sich, soweit sie einzelnen zugute kommt, ist zweifellos ein Unrecht, insbesondere dann, wenn nicht alle einen Anspruch darauf haben, die den gesetzlichen Voraussetzungen entsprechen, sondern mehr oder weniger auf das Wohlwollen und die Gnade der Subventionsbehörden angewiesen sind.
Warum der Entwurf von staatlicher Bauförderung spricht, ist nicht recht einzusehen, denn der Staat gibt nichts dazu, treibt Beiträge nur ein und spielt den noblen Spender auf Kosten der anderen.
1. Verzichtet er 20 bis 30 Jahre auf die Hauszinssteuer, die den Gemeinden gehört.
2. Befreit die Bauten von Umlagen, die den Gemeinden, Bezirken und Ländern gehören.
3. Befreit er die Wohnungen von dem Mietzinsheller, der der Gemeinde gehört.
4. Subventioniert er künftige Bauten mit Hilfe des Baufondbeitrages auf Kosten der Hausherren und Altmieter.
5. Überläßt er den Gemeinden die vollen Kosten für die Straßen, Licht, Kanal, Gasund Wasserleitung in den neuen Wohnvierteln.
Also Noblesse auf Kosten der anderen. Einmal hatte der Staat entgegen dem klaren Wortlaut des Gesetzes bewußt die Gemeinden geschädigt durch die Bodenreform, die ein Segen hätte werden können für viele Gemeinden und es wäre möglich gewesen, den Gemeinden die Grundlage zu einer gesunden Finanz-, Siedlungs- und Wohnungspolitik zu schaffen und das Bild der kommunalen Verschuldung wäre nicht so grausig. Bis Ende 1929 hatten wir 7.223 Millionen Gemeindeschulden, die jährlich um mehr als 700 Millionen trotz Amortisation ansteigen. Bis Ende 1931 wurden Bauten mit einem anerkannten Bauwert von 7.174 Millionen unterstützt.
Die Summen gleichen sich also, wenn auch bis Ende 1931 die Gemeindeschulden sicher die Höhe von 8.5 Millionen, also mehr als der Geldumlauf des Staates erreicht haben dürften, oder ein Viertel der Staatsschuld.
Die ganze Tragödie der kommunalen Verschuldung ermißt man am besten, wenn man die der Staatsgewalt zur Verfügung stehenden Einnahmsquellen gegenüber den Gemeindeeinnahmen vergleicht, obwohl der Staat nur ein Viertel seiner Einnahmen zum Zinsendienst benötigt, viele Gemeinden aber alle derzeit restringierten Einnahmen. Das Parlament bestreitet kaum, alle neuen Einnahmen Herrn Minister Trapl zu bewilligen; um die Gemeinden kümmert sich niemand.
Herr Minister Czech könnte sich ein großes Verdienst um die Gemeinden erwerben, wenn er auch sie unter seine Fürsorge nehmen würde. Die endgültige Lösung der Bauförderung gibt ihm dazu einen Anlaß und ich kann nicht glauben, daß dann die bürgerlichen Vertreter der Bauförderung, auch dann diese noch in gleicher Weise bekämpfen würden, wenn daraus nicht Einzelnen, sondern den notleidenden Gemeinden ein Vorteil entstünde.
Es müßte doch bei etwas gutem Willen möglich sein, jedwede Bauunterstützung in Hinkunft nur den verschuldeten Kommunen zukommen zu lassen und zwar mit dem projektierten 4%igen Zinsenzuschuß für den vollen anerkannten Bauwert und für die ganze Dauer der 30-jährigen Amortisationsfrist. Auf eine derartige Unterstützung müßten alle Gemeinden einen gesetzlichen Anspruch haben für Bauwerke bis zur Einreichung ihrer kommunalen Verschuldung, ausgenommen die Schulden, die auf sich selbst erhaltene Betriebe entfallen.
Selbstverständlich bedeutet dies für die Gemeinde keine momentane finanzielle Erleichterung, aber es bedeutet die Schaffung von Vermögenswerten, die den Vermögensstand der Gemeinde wesentlich verbessern und die ihnen den Weg ebnen zu Besitz und Befreiung aus Schuldknechtschaft.
Weder die politischen Parteien, weder die Hausbesitzer, noch die Mieter, die ja alle schließlich die Gemeinden darstellen, werden sich auf die Dauer und mit denselben Argumenten einer solchen Lösung entgegenstemmen können, die nicht auf Kosten der Allgemeinheit Einzelne, begünstigt, sondern auf Kosten einzelner der Allgemeinheit dient. Gemeinnutz geht vor Eigennutz, das sei Begründung für dieses soziale Hilfswerk zugunsten der Gemeinden.
Verbunden müßte die Maßnahme werden allerdings mit einem Baugrundenteignungsrecht zugunsten der Gemeinden, im Sinne einer sozialen und nicht nationalen Bodenreform.
Eine solche Maßnahme ist nur dann ein Recht und keine Belastung, wenn als einziger Grundsatz gilt: aus der Enteignung zugunsten der Gemeinden darf dem Enteigneten kein wirtschaftlicher Nachteil, aber ebenso kein finanzieller Vorteil entstehen. Nur dann wird es möglich sein, gerecht jene wahnsinnigen Kosten aufzuteilen, die den Gemeinden aus der Erschließung des Baugeländes, besonders bei offener Bauweise der Ein- und Zweif amilienhäuser entstehen.
Von der kommunalen Verschuldung von über 8.5 Milliarden entfällt mindestens auf die Verschuldung aus Anlaß der Bautätigkeit ein Viertel.
Mindestens so wichtig wie die Bekämpfung der Wohnungsnot ist die Bekämpfung des Wohnungselends. Die Aufsichtsbehörden vertreten, der gähnenden Leere des Landesfonds wegen, den bequemen Standpunkt, daß Wohnungsfürsorge nicht in den Aufgabenkreis der kommunalen Tätigkeit fällt.
Ich habe aufgezeigt, welche Milliardenopfer die Gemeinden direkt und indirekt gebracht haben ohne Berücksichtigung eigener Bauten, Opfer, die denen des Staates gleichzustellen sind und sie in Hinkunft um ein Vielfaches übertreffen werden. Die Gemeinden sind weiter hiezu berufen und bereit, aber sie sind am Ende ihrer Kraft. Die Regierung muß die Sachlage kennen und daraus die einzig richtige Folgerung ziehen. Ein Weg scheit uns in den Bauförderungen zu liegen. Es ist dies nicht die Rettung, aber ein Weg zur Wahrung des kommunalen Besitzes.
Jede Aufwertung des Gemeindeeigentums nützt auch dem Staat, denn frei wird die Gemeindeselbstverwaltung nur sein, wenn sie nicht betteln muß um Brosamen eines völlig ungenügend dotierten Landesfondes.
Will der Staat den Gemeinden helfen, dann zeigen wir einen Weg. Will er ihren Untergang, dann soll er ihnen nicht bieten hilfreiche Hand, sondern soll auf ihre Kosten und unter Aufbürdung von Lasten eine Bauförderungspolitik wie bisher betreiben.
Aufstieg und Ruin liegt in Ihrer
Hand. Sie tragen mindestens dasselbe Maß der Verantwortung für
alle Gemeinden wie die Gemeindeverwaltungen, denen Sie ein Großteil
der Einnahmen genommen und so gut wie nichts bei steigenden Ausgaben
gegeben haben. (Potlesk.)