Støeda 9. bøezna 1938
Hohes Haus! Am 4. März hat hier der Herr Ministerpräsident
eine Erklärung abgegeben, in der er in ruhiger, sachlicher
und würdiger Weise die Stellung kennzeichnete, die die Èechoslovakische
Republik gegenüber den auf eine kriegerische Auseinandersetzung
hinzielenden Bestrebungen durch die europäischen Mächte
einnimmt. Das Echo dieser Erklärung in der Weltpresse, selbstverständlich
mit Ausnahme der den fascistischen Direktiven unterstehenden Presse,
war ausgezeichnet. Der feste Wille der Èechoslovakischen
Republik. ihren Platz in der Friedensfront zu halten und den Kriegstreibern
an ihren Grenzen mit Einsatz all ihrer Mittel ein gebieterisches
Halt zuzurufen, hat bei allen Friedensliebenden in der ganzen
Welt freudige und dankbare Anerkennung gefunden, Anerkennung aber
auch gefunden in jenen Kreisen des Sudetendeutschtums, die sich
darüber klar sind, was der Krieg für ihr Land und ihr
Volk bedeuten würde und die nicht wünschen, daß
das Sudetenland zu einem zweiten Flandern werde. Wohl, die Rechnung
zwischen Èechen und Sudetendeutschen in diesem Staate ist
noch lange nicht ausgeglichen, die Abmachungen vom 18. Feber legten
erst den Weg dazu frei, und alle vernünftigen Deutschen und
Èechen in diesem Staate wissen ganz genau, wieviel noch
zu tun übrig bleibt, um hier in allen Völkern, die den
Staat bewohnen, die Überzeugung reifen zu lassen: "Hier
können wir als Gleiche unter Gleichen bleiben, leben und
für eine gemeinsame schöne Zukunft wirken." Aber,
meine sehr Verehrten - das möchte ich mit besonde rem Nachdruck
hervorheben - in Friede und Freiheit nach den Grundsätzen
der Vernunft und der Menschlichkeit wollen wir dieses Ziel erarbeiten,
und wer unsere Brüder und Schwestern in Kerker und Konzentrationslager
wirft, der kann uns keine Freiheit bringen. Wer unsere Kinder
töten will, der kann nicht unser Freund heißen, wer
unsere Heimat in eine Wüste verwandeln will, der kann nicht
unser Erlöser sein. (Výkøiky poslancù
sudetskonìmecké strany.)
Am 1. März dieses Jahres - das ging ja der Erklärung
unseres Ministerpräsidenten voraus - ließ der Generalfeldmarschall
Goering die Welt durch eine Rede aufhorchen, die eine Kriegsfanfare
war, eine Rede, wie man sie gewöhnlich nur erwartet 8 Tage
vor dem tatsächlichen Ausbruch eines Krieges, die ein Fackelzug
durch die europäische Pulverkammer genannt werden durfte.
Staunenswert war dabei die deutlich zur Schau getragene Begeisterung,
mit der ein Teil der sudetendeutschen Presse diese Alarmrede aufgemacht
hat. Ich habe die eine Frage da aufzuwerfen: ahnen diese Leute
wirklich nicht, worum es geht? Freuen Sie sich schon darauf, demnächst
einmal das Schicksal der galizischen Juden im Weltkrieg teilen
zu sollen? Wissen Sie nicht, was Ypern heißt, Dixm uiden,
Langemarck u. s. w.? Ich halte es für notwendig, nach der
Seite des sudetendeutschen Volkes darüber ein Wort zu sagen,
weil ich glaube, es wird manche Ernüchterung bringen und
manche Leute, die in ihren Gedankengängen total verrannt
sind, wieder auf die Bahn der Vernunft zurückführen.
Ich gehöre zu jenen Menschen, die Flandern kennen - die es
gekannt haben vor dem Krieg und die es kennen nach dem Krieg.
Ich kann ein Wort davon reden, welch ein herrliches, gesegnetes
Land dieses Flandern gewesen ist, kann etwas sagen von den wunderbaren
Städten, von den herrlichen Domen, von den großartigen
Kaufhäusern, etwas von dem flutenden Leben in diesen Orten,
etwas von den rauschenden Wäldern, in denen man sich stundenlang
ergehen konnte und von den prachtvoll üppig stehenden Feldern,
und ich habe dieses Land gesehen nach dem Krieg, mit den zerschossenen
Kirchen, mit den zertrümmerten Tuchhäusern, habe es
gesehen mit den abrasierten Wäldern, bin durch ein Gebiet
gefahren, in dem man eine Stunde oder zwei mit dem Auto reisen
kann, ohne auch nur auf den Strunk eines Baumes zu kommen; alles
vom Erdbo den vertilgt, ganze Städte von der Größe
des einst herrlichen Ypern einfach vom Erdboden hinweggewischt,
nichts als ein Trümmerhaufen. Ja, da sage ich mir, das sollen
die Sudetendeutschen auch bedenken und sie dürften dann wahrscheinlich
ihre Einstellung zu den Ereignissen unserer Zeit einigermaßen
ändern. Wollen Sie haben, daß Karlsbad ein Ypern und
Aussig ein Dixmuiden wird? Wollen Sie, daß aus unseren Wäldern
Halden werden und aus unseren Städten rauchende Schutthaufen?
Niemand wird das wollen, gewiß nicht, aber man muß
auch dann in seiner Auffassung gegenüber den Dingen die entsprechenden
Konsequenzen bei seinem Wollen ziehen. Es ist unfaßbar der
Leichtsinn, mit dem die Menschen da wieder mit dem Gedanken eines
Krieges spielen. Unfaßbar ist das Vergessen der Menschen.
Sonst wäre es doch nicht möglich, daß heute, 24
Jahre nach dem Ausbruch des Weltkrieges und 20 Jahre nach dem
furchtbaren Abschluß dieses entsetzlichen Geschehens wieder
vom Krieg gesprochen wird, der 12 Millionen Tote und 20 Millionen
Krüppel gekostet hat; und wir wissen genau, daß die
modernen Kriegsmaschinen das Mehrfache dieser Opfer in einem neuen
Krieg fordern würden. Wir wissen, daß es heute keine
Fronten und kein Hinterland geben würde, daß da einfach
die Greise, Frauen und Kinder alle an der Front stünden.
Und doch spielt man mit dem Gedanken des neuen Krieges.
Aber meine Verehrten, das Klagen nützt natürlich nichts.
Wer an die Gewalt appellieren will, den kann man nur durch Gewalt
wieder zur Vernunft bringen, und wer die Pazifisten für Friedenswinsler
hält, dem muß der Friedenswille aufgezwungen werden.
Darüber kann es keine Täuschung geben, und wenn man
mir hundertmal nachsagen wollte, daß ich damit eine Tat
setze, die heute von einem Großteil des sudetendeutschen
Volkes nicht nur nicht verstanden, sondern außerordentlich
mißverstanden wird; ich halte mich doch als ein Mann dieses
Volkes und als einer von denen, die mit allen Fasern ihres Herzens
an ihrer Heimat und an diesem ihrem Volke hängen für
verpflichtet, von dieser Stelle aus tragische Irrtümer zu
berichten. Unser Volk muß vor allen Dingen vor einem großen
Irrtum bewahrt werden, daß es irgendeinen lokalisierten
Krieg mehr in Europa geben könnte. Man muß zu der Wahrheit
stehen und muß den Menschen begreiflich machen, daß
es kein neues 1866 und kein neues 1871 mehr geben würde,
daß es nur ein Entweder-O der; entweder keinen Krieg oder
einen neuen Weltkrieg geben kann; denn wer heute eine Grenze überschreitet,
zündet damit die ganze Welt an. Wer sich im Klaren ist über
die politischen und minitärischen Bündnisse in unserer
Zeit, oder der nationalen und internationalen, der weltanschaulichen
und wirtschaftlichen Verbundenheiten der Staaten untereinander,
der weiß es, daß die ganze Welt in dem Augenblick
engagiert wäre, wenn irgendwo der Krieg entzündet würde.
Und wenn unlängst in der französischen Kammer unter
dem Jubel der Kammer erklärt werden konnte, daß jede
französiche Regierung, wie immer sie heiße, unbedingt
ihr Interesse an Mitteleuropa bekunden müßte und daß
jeder Angriff in Mitteleuropa mit entsprechenden Maßnahmen
in Frankreich beantwortet werden müßte und wenn wir
andererseits ebenso genau wissen, daß keine englische Regierung,
sie mag heißen, wie sie wolle, desinteressiert sein kann,
in welches Schicksal Frankreich hineingerät, so wissen wir,
womit wir es zu tun haben könnten, wenn irgendwo die Kriegsfackel
zur Entzündung käme. Es hat der Herr Chamberlain vorgestern
darüber gesprochen, daß die Rüstungsmaßnahmen,
die England bisher getroffen hat, seines Erachtens noch weitaus
nicht genügen dürften, so steht im englischen Weißbuch
verzeichnet und geschrieben, daß der Personalstand der Marine
um ein Viertel erhöht wurde, daß 59 neue Kriegsflughäfen
errichtet wurden, daß für 1938 350 Millionen Pfund,
das sind rund 50 Miliarden Kè und für 1939 noch mehr
für Rüstungszwecke eingesetzt sind und daß man
vier Jahre 1500 Millionen Pfund, das sind 210 Milliarden Kè,
das vierzehnfache des èechoslovakischen Jahresbudget, vorgesehen
hat! Wer die Sprache dieser Ziffern nicht zu verstehen vermag,
der allerdings kann in seinem Kriegstaumel noch weitergehen, aber
wer sich darüber Rechenschaft zu geben vermag, der wird daraus
die Konsequenzen ziehen müssen, daß alles getan werden
muß, den Ausbruch des Krieges zu verhindern und daß
in jedem Menschen die Erkenntnis festgelegt werden muß,
daß der Ausbruch eines Krieges die Entzündung der ganzen
Welt bedeuten würde. Vielleicht ist die Größe
der Gefahr ein Garant des Friedens. Wir erinnern uns aus der Schulzeit
an eine Geschichte vom delphischen Orakel, wie dieses dem Perserkönig
auf dessen Frage zur Antwort gab: "Wenn Du den Grenzfluß
überschreitest, wirst Du ein großes Reich zerstören."
Er hat ihn überschritten, und er hat ein großes Reich
zerstört - es war sein eigenes. Heute weiß jeder Angreifer,
das Ende würde wesentlich schlimmer sein, zehnmal ärger
noch als Versailles es gewesen ist. Wir wünschen dieses Ende
nicht. Wir wünschen nicht, daß ein deutsches Unglück
von namenlosem Ausmaß das Ende wäre, und darum wünschen
wir auch den Anfang dazu nicht. Als Menschen schlechthin und als
Deutsche insbesonders stehen wir zu allen Verteidigern des Friedens.
Wer Deutschland liebt, sein Volk liebt, nicht sein System, der
kann ihm nicht wünschen, daß es in einen Krieg hineintaumelt,
und die Vorgeschichte des 4. Feber zeigt uns, daß diese
Ansicht auch von der deutschen Armeeoberleitung geteilt wird.
Und sie wird geteilt von der deutschen Industrie und Landwirtschaft,
und auch die flammenden Kriegsfanfaren, die Generalfeldmarschall
Göring losgelassen hat, können nicht darüber hinwegtäuschen,
daß am 4. Feber doch nur ein Kompromiß zwischen Armee
und Partei in Deutschland gefunden werden konnte. Denn es besteht
da doch eine Reihe von Tatsachen, über die wir auch unserem
Volke gegenüber ein bischen eingehender Rechenschaft geben
müssen, damit das Volk sich ordentlich auskenne und daraus
seine Schlußforderung zu ziehen vermöge, einige Tatsachen,
die bestehen. (Rùzné výkøiky.)
Deutschlands Wirtschaft ist heute nach dem Urteil ausgezeichneter
Fachmänner auf dem Stand der Wi rtschaft von 1917, im dritten
Kriegsjahr. Das deutsche Heer ist glänzend gerüstet,
das wird niemand bestreiten, aber es ist gerüstet für
den Anfang. Die Ersatzstoffindustrie in Deutschland ist großartig
inszeniert, aber sie ist unzulänglich für ein längeres
Durchhalten. Der Achsengenosse Italien ist militärisch geschwächt,
er ist gezwungen 300.000 Soldaten dauernd im Ausland in Lybien
und Abessinien zu halten, kann niemanden von dort abziehen, ist
finanziell in Bedrängnis und wirtschaftlich erschöpft.
Das deutsche Flugwesen ist gewiß sehr gut. Und es ist wahr,
daß von Berlin nach Prag ein sehr kurzer Weg für ein
Flugzeug ist. Es ist aber ebenso wahr, daß von Prag nach
Berlin nicht weiter ist. (Sehr richtig!) Die deutsche Hauptindustrie
ist im Grenzgebiete gelegen, am Rhein, an der Ruhr, in Sachsen
und infolgedessen unmittelbar bei Ausbruch eines Krieges bedroht.
Die dichtest bewohnten Gebiete Deutschlands sind die Grenzgebiete,
so daß jeder Angriff vom Ausland her den ungeheuersten Schaden
in Deutschland anstiften und die deutsche Lebensenergie ins Herz
treffen würde. (Posl. dr Eichholz: Haben Sie das auch
vom General Krejèí erfahren?) Schauen Sie sich
die Landkarte an, bevor Sie solche Zwischenrufe machen, schauen
Sie, wo die deutsche Industrie ist, wo die dichtest bewohnten
Gebiete sind, nehmen Sie die Karte zur Hand und Sie werden diese
Frage nicht noch einmal wiederholen. Die Tatsache besteht weiter,
daß die Menschenmengen, die Munition, die Erze, Öle
und Lebensmittel auf antifaszistischer Seite vielmals größer
sind als auf deutscher Seite und auf Seite seiner Bundesgenossen.
Und ich sage Ihnen mit allem Ernst, den die Situation verdient:
Wer darüber schweigt, der täuscht das deutsche Volk
und versündigt sich an diesem deutschen Volke. (Souhlas.)
In Deutschland darf man nicht darüber reden. Hier ist
die freie Aussprache über die Regierungserklärung möglich,
in Frankreich und England wird über diese Fragen sowie über
alle Fragen der Verteidigung frei diskutiert. Der deutsche Reichstag
kennt nur eine Entgegennahme der Rede des Kanzlers. Ob einer in
Deutschland diese Rede anhört im Lautsprecher in Oberwiesenthal
oder in der Halle des deutschen Reichstages, in der Krolloper,
er kann da und dort nichts dazu sagen. Es ist böse, daß
das so ist. Wer die Kanzlerrede vom 20. Feber angehört hat,
sie war eine Antwort an die Armee, eine Feier des Aufstieges Deutschlands
seit der Machtübernahme. Wir haben uns eine Stunde lang eine
stolze Statistik anhören können. Hunderttausende Menschen
in unserem Lande waren sicherlich begeistert, als dieser Ziffernrausch
über sie erging. Auch der Prager Rundfunk hat die Rede übetragen,
sie ist auch dort gehört worden, wo man die Rede sonst nicht
angehört hätte. Darum muß es erlaubt sein, hier
eine Klarstellung zu dem in der Statistik Vorgebrachten vorzubringen.
Die Statistik, die der Herr Reichskanzler vorgetragen hat, hat
vor allem einen Fehler gehabt: Sie hat mancherlei verschwiegen.
Sie hat bei der Zahl der Arbeitslosen verschwiegen, wieviel der
Arbeitslosen beim Militär sind, wie viele in der Rüstungsindustrie
beschäftigt sind, wie viele in den Arbeitslagern sind, sie
hat die Tatsache des allgemeinen weltwirtschaftlichen Aufstiegs
verschwiegen und sie sagt nicht, ob das Saargebiet eingerechnet
wurde. Es wurde von der kolossalen Steigerung der Erzproduktion,
von der Steigerung der Kohlen- und Koksproduktion gesprochen,
man hat nicht mit einem Wort auch nur angedeutet, inwieweit die
neu hinzugekommenen Erzgruben und Hochöfen des Saargebietes
in Rechnung stehen. Vor allem litt diese Statistik unter einem
Fehler: sie ging von verschiedenen Anfangs- und Endpunkten des
Vergleiches aus. Es ist nicht gesagt worden, vor der Machtübernahme
war die Sache so und heute so, sondern bald ist als Anfangsvergleich
das Jahr 1929, bald 1933, bald 1923, bald 1934 genommen worden
und als Endpunkt des Vergleiches bald das Jahr 1935, bald das
Jahr 1938 und bald das Jahr 1937. Das ist natürlich nicht
eine Statistik, wie man sie haben muß, wenn man wirklich
ein klares Bild der tatsächlichen Verhältnisse gewinnen
will. Ich frage Sie nur um eines, meine Herren: Wie würde
es in England und in Frankreich und schließlich und endlich
auch hier bei uns einem Regierungschef gehen, der in derartiger
Weise dem Parlament mit statistischem Material aufwarten wollte?
(Výkøiky.) Sie irren sich ganz in unseren
Bestrebungen, wir wollen keine Atmosphäre vergiften, sondern
wollen klarstellen, wollen sagen, was ist. Der Herr Reichskanzler
beschwert sich über die dem heutigen System feindliche Presse
(Výkøiky: Mit Recht!), er kritiert sie als
Lügenpresse, die Völker entzweit und den Frieden stört.
In einem stimmen wir alle mit ihm voll überein: Lügen
gehören zurückgewiesen. Lügen schaden immer und
der Kampf gegen den Faszismus und für die Demokratie und
der Kampf für Freiheit und Menschlichkeit ist eine gerechte
Sache und bedarf keiner Lügen. (Hlasy: Wenn Sie Ihren
" Volkswille" lesen, er ist eine einzige Lüge!)
Ihr Blatt in Karlsbad wird erst in dieser Woche vier Erklärungen
abdrucken müssen, zu denen es verurteilt worden ist, weil
es uns beschimpftt und wahrheitswidrige Behauptungen gegen uns
gebracht hat. Mit Lügen arbeitet man auf Ihrer Seite. Aber
die Lügnerei soll unterdrückt werden. Sie werden mir
aber wenigstens eines zugeben, Sie werden wenigstens vor der Öffentlichkeit
soviel Gerechtigkeitssinn dartun sollen: Lügen sollen unterdrückt
werden, aber überall, auch in Deutschland, auch im deutschen
Rundfunk und auch im Hauptorgan der NSDAP. (Výkøiky.
- Hluk.)
Místopøedseda Langr (zvoní): Prosím
o klid.
Posl. de Witte (pokraèuje): Hat der deutsche
Rundfunk das Märchen verbreitet über die Sowjetflugplätze
in der Èechoslovakei oder. nicht? Hat er dieses Märchen
widerrufen oder nicht? Der Herr Reichskanzler hat von Pressebanditen
gesprochen und ich erinnere da nur - vielleicht haben Sie die
Güte, diesem Zitat, das ich bringen will, einige Aufmerksamkeit
zu schenken. Ich erinnere an folgenden schönen Bericht, den
man im "Völkischen Beobachter" lesen konnte und
der im Deutschlandsender und allen deutschen Reichssendern in
die Welt hinausposaunt wurde. Es wird da Folgendes über die
Èechoslovakei berichtet: Vor allem stellt der Bericht fest,
daß in führenden bürgerlichen Kreisen der Èechoslovakei
geradezu Entsetzen und Besorgnis über den unglaublichen Einfluß
u-nd Druck herrsche, den Sowjetrußland auf allen Zweigen
des staatlichen Lebens der Èechoslovakei ausübe, und
es wird nun von der Polizei gesagt: Die militärischen Vertrauensmänner
und Sachverständigen Moskaus kontrollieren heute tatsächlich
die gesamte èechoslovakische Armee. Wenigstens 2.000 militärische
Sachverständige der Moskauer Regierung sind heute in der
Èechoslovakei tätig. Neben der offiziellen Kanzlei
des èechoslovakischen Staatspräsidenten arbeitet ein
militärisches und polizeiliches Bureau der Komintern. Mit
großer Besorgnis und Angst wird von den älteren Mitgliedern
des èechoslovakischen Generalstabes festgestellt, daß
die gesamte èechoslovakische Armee heute mit großer
Planmäßigkeit und Geschick von den militärischen
Sachwaltern in der Richtung umgebildet werde, daß das èechoslovakische
Heer in Zukunft weniger dem Schutze des èechoslovakischen
Staates dienen werde, sondern vielmehr einen Vorposten der Komintern
in Europa bilde." Es wird weiter gesagt von der inneren Verwaltung
- es tut mir leid, daß der Herr Minister des Innern den
Platz verlassen hat, er könnte sich anhören, was man
sich in Deutschland über das Ministerium erzählt, dem
er vorsteht - es wird nämlich Folgendes gesagt: "Die
gesamte innere Verwaltung des Landes wird jetzt planmäßig
auf rein politische Grundlagen umgestellt. Die Ausbildung der
Polizei und Gendarmerie erfolgt auf Grund der Lehrbücher
des Moskauer Politbureaus, in denen das Hauptgewicht auf den inneren
Spionagedienst gelegt wird." Dann wird vom Beamtentum und
vom Militär gesprochen, das kommunistisch dirigiert wird.
Es wird von der Polizei und Gendarmerie gesprochen, die im Sinne
der kommunistischen Einstellung von Moskau überp rüft
wird. Dann kommt der Glanzpunkt des ganzen Berichtes, der von
unserer Industrie handelt. Da heißt es wörtlich: "Die
èechoslovakische Industrie gerät gleichfalls immer
stärker unter den Einfluß Moskaus. In den Hauptindustriezweigen
wird jetzt das entscheidende Gewicht nicht auf die Leistungsfähigkeit,
sondern auf die Zugehörigkeit der Arbeiterschaft zur kommunistischen
Partei gelegt." (Veselost.) Es wird dann noch
davon gesprochen, wie von den Kommunisten bei den nationalen Minderheiten
gewirtschaftet wird, und ich sage Ihnen das Entscheidende: Es
war ein Jahr Zeit zum Widerruf dieses Unsinns. Der Unsinn ist
in der Weise in die Welt geschickt worden, daß man ihn erst
in ein ungarisches Blatt gab, dann hat ihn der "Völkische
Beobachter" und der deutsche Rundfunk übernommen. Es
war ein Jahr Zeit zum Widerruf. Wo ist der Widerruf geblieben?
Ihre Presse, die mit Wonne jede Deklaration von Deutschland aufnimmt,
hat diese Sache wohlweislich unterschlagen, weil Ihre Schriftleiter
sehr gut gewußt haben, daß sie damit in der Èechoslovakei
nur dem allgemeinen Gelächter verfallen würden. Aber
in Deutschland? Da lebt heute jeder Mensch, weil eine Gegenäußerung
nicht getan werden kann, in dem Glauben, daß es in der Èechoslovakei
so aussieht. Da stelle ich die Frage: Hört denn der Pressebandit
auf, ein Pressebandit zu sein, wenn er seine stinkenden Lügen
über einen Nachbarstaat Deutschlands verbreitet? (Rùzné
výkøiky poslancù sudetskonìmecké
strany.) Die Tatsache ist so felsenfest, daß Sie daran
nicht zu rütteln vermögen. In Deutschland muß
heute doch jeder Mensch glauben, daß die Èechoslovakische
Republik eine bolschewistische Räuberhöhle sei, die
man besser heute als morgen ausbrennen soll. Der Unterschied ist
einfach der: Wenn man diese Frage aufwirft, so wird in demokratischen
Staaten der Lügner schließlich effektiv überführt,
so wie Ihre Presse in Karlsbad mehrmals öffentlich überführt
wurde. In autoritären Staaten riskiert jeder den Kopf, der
einer Lüge entgegentritt. Unterbindung der Pressehetze, Niederkämpfung
der Presselügen, ja! Aber einen Satz möchte ich da sagen:
So geht es nicht, daß man in demokratischen Staaten nicht
mehr die Wahrheit über den Faszismus schreiben dürfte,
während in faszistischen Ländern die gräßlichsten
Lügen gegen die Demokratien systematisch organisiert werden.
Die Demokratie verteidigen, heißt die Wahrheit verteidigen.
Die Demokratie korrigiert selbst die Fehlleistungen. In demokratischer
Verständigung ist die europäische Befriedigung zu schaffen.
Gewalt schafft nur Gewalt und muß in Chaos münden.
Aber ich will nicht bestreiten, daß auch die demokratischen
Staaten eine große Reihe schwerer Fehler begangen haben,
die sich bitter rächen mußten. Ich denke da an das
Beispiel Österreichs und an den Anschlußwillen in Österreich.
Was zur Zeit Weimars ein großer Dienst am Frieden gewesen
wäre, ist heute sicherlich die allerstärkste Friedensbedrohung.
(Posl. Kundt: Warum habt Ihr es damals nicht gemacht?) Sie
erinnern sich noch wohl sehr genau daran, Sie waren damals noch
anders orientiert und werden sehr gut wissen, daß die deutschen
und die österreichischen Sozialdemokraten den Kampf geführt
haben und Sie werden auch wissen, welche Hindernisse bestanden
und deshalb sage ich das Anklagewort gegen die Demokratie und
stelle die Fehler der Demokratie freimütig und öffentlich
fest. Die deutschen und österreichischen Sozialdemokraten
haben heiß um den Anschluß gerungen und damals nur
taube Ohren gefunden. Als die deutsche Demokratie verblutet und
erschlagen war, war auch der österreichische Anschlußwille
getötet. Es war wohl der verhängnisvollste Fehler der
demokratischen Großstaaten, auch dann noch die österreichische
Demokratie im Stich zu lassen und damit den Zustand von heute
herbeizuführen, der wohl in der ganzen Welt mit Ausnahme
gewisser faszistischer Kreise schwer beklagt wird. Sie ließen
die österreichische Demokratie niederknüppeln und Österreich
zum Spielball zweier faszistischer Mächte werden. Nun sind
wir Zeugen eines Wunders geworden, des Wunders nämlich, daß
die österreichischen einst anschlußbegeisterten Sozialisten,
Feinde des autoritären Systems, auch des österreichischen
Systems von heute, zu jedem Kampf gegen den Anschluß bereit
sind. Sie wollen ein freies deutsches Österreich, sie wollen
ein Bollwerk des Friedens an der Donau, sie wollen keinen Faszismus
im Lande und keine Kolonie fremder Faszisten sein. Sie warten
auf das Echo in der demokratischen Welt. Darum möchte ich
hier mit allem Nachdruck betonen, es wäre eine Ehrensache
und es ist eine Lebenssache der Weltdemokratie, daß dieses
Echo nicht ausbleibt.
Nun noch ein Wort zur Erklärung des Ministerpräsideten.
(Rùzné výkøiky.) Ich werde
den Herren noch Gelegenheit geben, sich aufzuregen. Also noch
ein Wort zur Erklärung des Herrn Ministerpräsidenten.
Er hat hier sehr hübsch formuliert zum Ausdruck gebracht,
von dem Nachbar - gemeint ist der deutsche Nachbar - scheiden
uns mehr psychologische als politische Barrieren; und ich möchte
dem hinzufügen: diese psychologische Barriere geht mitten
durch das ganze deutsche Volk. Im deutschen Volke tobt ein Kampf,
der dem èechischen Volke erspart ist. In unserem Volke
tobt überall ein Kulturkampf, hier bei uns, in Deutschland
und in Österreich, überall, wo außerhalb der Schweiz
und des Elsaß Deutsche wohnen. Es ist ein Kampf, der gekämpft
wird zwischen Menschlichkeit und ihrem Gegenteil, es gibt ein
Kampf zwischen Achtung und Mißachtung des Nebenmenschen.
Es denken die einen an den geistigen Wettkampf, an verständnisvolle
Problemlösungen und die anderen denken an den Krieg, an Galgen,
Kerker und Konzentrationslager. Kein Èeche würde auf
den Einfall kommen, wie er bei uns gang und gäbe ist im sudetendeutschen
Volk, vor allem seit der Zeit, da sich in Deutschland der Umbruch
vollzogen hat. Im èechischen Volk gibt es so viele Parteien,
die hart aufeinander stoßen, es gibt dort die Klassengegensätze
und Interessengegensätze wie bei uns, aber kein Èeche
würde auf den Einfall kommen, gegen èechische Parteien
die Niederknüppelung zu verlangen und jeden, der nicht parteimäßig
mit ihm geht, als dem Volksverräter zu bezeichnen, den man
niederschlagen müßte.
Vor vier Jahren hat ihr Führer Konrad Henlein erklärt:
Ehrlichkeit, Sauberkeit im politischen Kampf sei für ihn
eine conditio sine qua non. Er hat sich damals unbedingt für
die Demokratie ausgesprochen und verlautbaren lassen, daß
er jeden aus seiner Partei ausschließen lasse, der sich
mit den Nationalsozialisten drüben oder hier verbünden
würde. (Posl. Kundt: Wo hat er das gesagt? Lesen Sie die
Weisungen besser!) Sie konnten es nachlesen, im "Veèer"
hat es ausdrücklich gestanden und ist im "Aufbruch"
reproduziert. Sie können nicht tun, als ob Sie es nicht gelesen
hätten. Es ist nur vergessen worden, seitdem sind ja schließlich
drei oder vier Jahre vergangen. Er hat damals auch gesagt, daß
er von gewissen, heute hohen hakenkreuzlerischen Funktionären
nur mit Verachtung denken kùnne. Und heute geht sein Stellvertreter,
der Herr K. H. Frank her, und heißt in einer öffentlichen
Versammlung vor tausenden Menschen die demokratischen deutschen
Parteien rote, grüne und schwarze Blattläuse, die man
zwischen den Fingern zerdrücken müsse, spricht von der
Ausrottung des roten Gesindels und als das rote Gesindel bezeichnet
er die Partei des sudetendeutschen Volkes, die dem deutschen Arbeiter
erst die Kultur erobert hat. Meine Herren, das ist die Barriere,
von der ich sprach, von der ich sagte, daß sie mitten durch
das deutsche Volk geht: auf der einen Seite Moral, und auf der
anderen wirklich ein Ausfluß der Unmoral, auf der einen
Seite Sauberkeit und Anständigkeit gegenüber von Schmutz
und Roheit. Solche Barrieren gibt es nicht im èechischen
Volke und eine solche Barriere gibt es auch nicht zwischen dem
deutschen Volk und dem èechischen Volk.
Wir haben, wie ich wiederholen möchte, vieles in der Rechnung
zwischen Èechen und Deutschen in unserem Lande noch unbeglichen.
Der 18. Februar hat uns nur einen Weg geöffnet und ich möchte
hier sagen, der 18. Februar muß nicht nur in all den Punkten
eingelöst werden, wo schwarz auf weiß niedergelegt
ist, was erreicht werden soll, der 18. Februar muß sich
auch wirtschaftlich durchsetzen. Es geht uns nicht um den Briefträger,
es geht uns nicht um den Eisenbahnkondukteur, es geht nicht nur
darum, daß im sudetendeutschen Gebiete Deutsche am Eisenbahnoberbau
beschäftigt werden sollen, es geht nicht nur um einen Sektionsrat
oder einen Sektionschef da und dort, es geht uns nicht nur um
die 40.000 Stellen, die uns verloren gegangen sind, denn wir werden
auch, wenn sie wieder mit Deutschen besetzt sind, noch 100.000
oder mehr deutsche Arbeitslose haben. Es geht uns darum, daß
unsere Bergleute im sudetendeutschen Gebiet genau so viel Schichten
verfahren können, wie die Bergleute im èechischen
Siedlungsgebiet. (Posl. Kundt: Na also!) Es geht uns darum,
daß die Schlote von Rothau wieder zum Rauchen gebracht werden,
daß alle staatlichen Möglichkeiten ausgeschöpft
werden, alle Hilfsmöglichkeiten in Gang gesetzt werden, zu
dem Zweck, um eine Ersatzindustrie im sudetendeutschen Gebiete
aufzubauen und unsere Industriefriedhöfe aus der Welt zu
schaffen. 18. Februar, das heißt für uns auch: keinerlei
nationalpolitische Sonderbehandlung mehr! Die deutschen Städte
müssen gleich behandelt werden mit den èechischen
Siedlungen, die deutschen Bürger mit den èechischen,
erst dann wird der 18. Februar richtig eingelöst sein. Dahin
streben wir.
Aber der Krieg gegen die Èechoslovakei, d. h. ein Krieg
auch gegen unsere Heimat, ist keine Lösung. Bomben auf deutsche
Kinder werten wir nicht als nationale Tat. Für unsere Heimat
alles - ein Spruch, den Sie bei uns überall hören können,
für unsere Heimat alles, aber nicht Giftgase und nicht Feuerbrände!
Und ich schließe, indem ich hier sage: mit den Èechen
kö nnen, wollen, müssen und werden wir uns verständigen,
aber mit unseren kulturellen Antipoden, mit den Bedrohern unserer
Heimat, mit Leuten, die unsere Kinder mit Bomben belegen würden,
mit denen wird es niemals, niemals und niemals eine Verständigung
geben! (Potlesk.)