Sobota 29. èervence 1848

(An haltender Beifall.) Wenn Jemand Garantien zu fordern berechtigt ist, so sind wir es. (Lauter Beifall.) Nicht von Sr. Majestät, wir kennen dessen edles Herz, aber von jener fluchwürdigen Camarilla, die ihn wie eine dreifache Mauer umgibt. (Beifall.) Aber wir fordern keine Garantien, wir fordern Vertrauen um Vertrauen, und diese Forderung wird die Kammer aussprechen, diese Forderung muß sie aussprechen. (Starker Beifall.)

Abg. Pillersdorff. Ich habe in diesem ernsten feierlichen Augenblicke um das Wort gebeten, um diesen wichtigen Gegenstand auf jenen Gesichtspunct zurückzuführen, der mir der entschiedenste und wichtigste zu sein scheint, und um wo möglich, dazu beizutragen, daß der Gegenstand der Erörterung eine ruhige, würdige und gedeihliche Erörterung und Beschlußnahme erfahre. Meine Absicht war bloß, den Antrag des Ministeriums einfach zu unterstützen, meine Abficht war, jede Parteiansicht und andere Auffassung davon entfernt zu halten, weil mir der Moment so wichtig scheint, und es verdient, demselben die volle Aufmerksamkeit zuzuwenden, daß jede Beimengung eines andern Gegenstandes schädlich und hier nicht am Platze ist, wenn sie eine einzelne Maßregel betrifft, die dem gegenwärtigen Cabinet, oder seinem Vorgänger zur Last fällt und eine abgesonderte Erörterung finden kann, so wie nach meinem Erachten nichts mit diesem Gegenstande gemein hat. Da aber doch ein Moment des früheren Cabinets erwähnt wird, so bin ich so frei, einige Worte dar» über zu bemerken, in sofern ich dabei betheiligt war. Als nach den Zugeständnissen der Märztage das verantwortliche Ministerium zusammengesetzt wurde, hat dieses die Absicht ausgesprochen, und es nach seiner Überzeugung für seine Pflicht gehalten, diese Zugeständnisse in ihrem vollen Maße und Ausdehnung ohne Rückhalt zur Ausführung zu bringen. Das Ministerium war in der Ansicht und der Überzeugung, nach seiner Pflicht gehandelt zu haben, gestärkt, bis die Maitage eingetreten sind. Als diese eintraten, mußte das Ministerium die Überzeugung fassen, daß seine Ansichten nicht mehr übereinstimmen mit der Bevölkerung Wiens, deßhalb hat es seine Stellen in die Hände Seiner Majestät zurückgelegt, hat es aber für seine Pflicht gehabten, Sr. Majestät vorzuschlagen, den Wünschen der Bevölkerung die beste Folge zu geben, und sie zur Sanction vorzulegen. Das war anfangs die Stellung des Ministeriums, indem es seine Pflicht zu erfüllen trachtete, und in dieser Überzeugung ist es jetzt noch, daß man unter diesen Umständen nicht anders handeln könnte, nicht anders handeln durfte. Das Wenige habe ich in Bezug auf die Vergangenheit zu bemerken. Ein weiterer Punkt, dessen der Minister des Innern erwähnt, ist: wenn sich das Ministerium gegenwärtig bewegen gefunden hat, Sr. Majestät mit allem Nachbrücke, Ernst und Würde die Bitte vorzutragen, in seine Residenz zu rückzukehren, und auf die Folgen aufmerksam zu machen, welche diese Verzögerung nach sich ziehen könnte, und vor den Folgen zu warnen, welche diese Verzögerung für die Persern Sr. Majestät und die Dynastie, für die Monarchie haben könnte, so hat es nur in seiner Pflicht gehandelt. Und ich glaube, beifügen zu mussen, daß es nur in Consequenz und als Fortsetzung dessen gehandelt hat, was auch das frühere Ministerium als seine Pflicht angesehen hat, wozu sie alle Deputationen von hier aufgefordert und bestärkt, und das Ministerium Vertrauensmänner gewählt hat. So viel sei mir über die Vergangenheit zu bemerken erlaubt. — Da ich mir beim Beginne meiner Bemerkungen nur das Wort erbeten habe, um den Antrag des Ministeriums zu unterstutzen, so muß ich auf eine Verschiedenheit aufmerksam machen, welche zwischen diesem Antrage und einem anderen Antrage des Herrn Deputaten aus Böhmen besteht. Das Ministerium hat den Reichstag aufgefordert, Sr. Majestät auch seinerseits die Gründe vorzustellen, welche es unerläßlich machen, daß Se. Majestät in die Residenz zurückkehre; der Herr Abgeordnete ans Böhmen hat gesagt, es sei keine würdige Sprache für den Reichstag, in seiner Stellung zu bitten, sondern der Reichstag sei berufen zu fordern, er müsse fordern. Dieser Ansicht kann ich nicht beitreten. Der Reichstag, so ausgedehnt seine Macht ist, Beschlüsse zu fassen, hat gegenüber Sr. Majestät eine andere Stellung. Er hat dem Kaiser Rath zu geben, Vorschläge zu empfehlen, und mit aller Wärme zu unterstützen. Fordern heißt befehlen, befehlen kann man nur Untergebenen. Gegenüber des constitutionellen Oberhauptes des Staates kann Niemand befehlen. Das liegt schon in den Grundlinien der Monarchie. Ich kann mich nur unbedingt dem Antrage des Ministeriums, wie er gestellt ist, anschließen.

Viceprof. Abg. Borrosch hat das Wort.

Abg. Goldmark. Ich habe es bloß zu Gunsten des Abgeordneten Pillersdorff cedirt.

Vicepräs. Ich glaubte. Sie hätten es abgetreten.

Abg. Goldmark. Ein großer Mann hat einst gesagt: Es gibt im Leben Augenblicke, wo der Mensch dem Wettengeiste näher steht, als sonst, und eine Frage frei hat an das Schicksal. In den Tagen vom März bis hierher waren einige obwohl wenige solche Augenblicke. Ich glaube, daß gegenwärtig ein solcher Moment gekommen sei. Wir werden indessen die Antwort nicht abwarten, sondern wir werden dieselbe selbst machen. Es ist eine sonderbare, aber eine mir erklärliche Meinung, die über die Märztage und Maiereignisse noch immer bei einigen Herren vorwaltet. Es ist sonderbar, daß die Märzereignisse, die offenbar revolutionären Ursprungs waren, die den Absolutismus des Monarchen gebrochen, von allen Provinzen mit einstimmigem Jubel in Wien begrüßt wurden, und daß hingegen die Maibewegungen, welche nicht das Geringste gegen den Thron, gegen den erlauchten Monarchen bezweckt hatten, die gar nicht.! wollten, als den Feudalismus, die alte Macht des Unrechts, das mißbrauchte Vorrecht einer einzigen Fraction der Aristokratie, die sich über da« Volk stellen wollte, zu brechen, das man hingegen diese Bewegungen so anseinden konnte. (Beifall.) 34 frage Sie, meine Herren: welcher einzige Moment ist in den Maibewegungen vorgekommen, der als Beweis gegen die Sicherheit des Thrones, gegen die Sicherheit des Monarchen auch nur scheinbar dienen könnte? Alles, was in den Maitagen gefordert und errungen wurde, ist abgerungen worden einigen Standen, die geglaubt haben, die Märzereignisse für sich allein ausbeuten zu können. (Beifall.) Ich frage Sie, meine Herren, ist da eint Ursache zu sagen: Der Thron ist in Gefahr? Ich frage: konnte der Herr Abgeordnete Stadion sich mit Recht daraus berufen, weil es vom vorigen Ministerium officiell ausgesprochen wurde? Wissen wir nicht, wie viel Unwahrheiten je officiell behauptet wurden? (An haltender Beifall.) Man beanstandet noch die Existenz einer sogenannten Behörde. Ich frage jenen Herrn Abgeordneten, ob man aus dem Wirkungskreise und den Beschlüssen dieser Behörde nur Ein Moment, Einen Beweis führen könne, daß diese Beschlüsse gegen die Sicherheit des Monarchen, gegen die Sicherheit der Krone gerichtet wären? Ich frage, ob nur der Schein eines Beweises vorhanden ist? Der Herr Abgeordnete gesteht selbst zu, daß dieser Behörde Dank gebühre, und diese Behörde hat ihre Existenz von Ihnen, meine Herren, abhängig gemacht und in den ersten Tagen des Reichstages erklärt, sie stehe unter dem Reichstage. Ich glaube, daß wir sehr gut wissen, welches Bewandtniß es mit den Gründen hat, die von Innsbruck gekommen sind, die Se. Majestät abhalten, hierher zurückzukehren. Ich muß schließlich die Art und Weise, wie der Herr Abgeordnete aus Böhmen die Adresse gehalten wissen will, unterstützen. Wir können nicht annehmen, daß man dem Reichstage von Innsbruck aus bloß Befugnisse zugestehen will, wie in der Antwort zu ersehen ist. Der Reichstag braucht keine Befugnisse, der Reichstag ist souverän und tritt von seiner Souveränität in der Verfassungsurkunde, die erst ausgearbeitet wird, das Nöthige dem Monarchen ab. (Beifall.) Ist das der Fall, so können wir durchaus nicht bitten. Wir werden nicht befehlen, aber wir können es in einer würdigen ernsten Sprache, wie das Wohl des Volkes, das wir hier vertreten, und das Wohl des Thrones einzig und allein nur von der Rückkehr des Kaisers abhänge, vorstellen. (Beifall.)

Abg. Brestel. Ich wollte nur in Kurzem das erwähnen, was der geehrte Herr Redner unummittelbar vor mir gesagt hat, nämlich: ich wollte dem entgegentreten, daß der Reichstag nur bitten könne um die Rückkehr des Kaisers, daß er dieselbe nicht fördern könne. Meine Herren, ich sage: Der Reichstag kann nicht bloß die Rückkehr des Kaisers sondern, sondern es ist seine Pflicht, dieselbe zu fordern. Ich sage, es ist unsere Pflicht, die Rückkehr des Kaisers zu fordern, weil es unsere Pflicht ist. Alles dasjenige zu begehren und anzustreben, was für das Wohl der von uns vertretenen Völker und für das Wohl der Monarchie nöthig ist. Wir wollen eine Monarchie, eine demokratische Monarchie aus dem Grunde, weil wir glauben, daß dieß die einzige Regierungsform sei, die für das Wohl unserer Volker passend ist, und zwar darum, weil dadurch die Stabilität in der obersten Behörde gesichert ist, weil dadurch der Anarchie, dem zwecklosen Hin und Herstreben entgegengearbeitet wird. Wenn aber, meine Herren, der Kaiser nicht dort ist, wo der Reichstag ist, wenn die gesammte Macht nicht beistimmen ist, wer möchte dann die Macht leiten, welche theilweise dem Monarchen als der executiven Behörde übertragen ist? Wenn der Monarch an einem und der Reichstag an einem ändern Ort ist, so ist kein vollkommenes Zusammenwirken möglich, seine Stabilität der Behörden. Wir haben auf diese Weise eine Staatseinrichtung, die schlimmer ist all jede andere, die mit den Nachtheilen einer republikanischen Regierungsform zugleich die einer monarchischen vereiniget. (Beifall.) Wir müssen dahin streben, wir, die wir berufen sind, das Wohl der Völker zu begründen, daß die Rückkehr des Kaiser? so schnell als möglich, ja augenblicklich erfolge. Ich säge: es ist die Pflicht des Kaisers, zurückzukehren, denn, wer ein Amt übernimmt, übernimmt auch dipplichten mit dem Amte, und das Amt, das der Kaiser übernommen hat, kann er nur am Sitze des Reichstages ausüben. (Beifall.) Aus demselben Grunde muß ich mich dagegen erklären, daß ein Stellvertreter des Monarchen hier herkomme. Ein Monarch kann keinen Stellvertreter ernennen, und für den Fall, daß die absolute Unmöglichkeit vorhanden wäre, müßte uns erst der Vorschlag gemacht werden, wir müßten erst einwilligen, ob wir einen Stellvertreter und welchen Stellvertreter wir haben wollen. (Anhaltender Beifall.)

Abg. Borrosch. Es wurde eben von einem verehrten Herrn Redner die Äußerung gemacht, daß der Monarch auch Pflichten für andere Theile der Monarchie, nicht bloß für Wien und für Eine Partei habe. — Nun, ich denke, die Monarchie st hier vollständig vertreten. (Beifall.) Gerade jeder andere Theil der Monarchie wäre in diesem Falle als Partei zu betrachten. Es wurde die verdiente rühmliche Anerkennung gezollt, durch volle zwei Monat die Ruhe in einer beispiellosen Weise gewahrt zu haben. Dem ungeachtet werden Behörden als weitere Garantie gefordert. Ich frage aber: wo war denn die Macht der früheren Behörden und wird Wien, wenn es das von ihm so vielverdiente Vertrauensvotum erhält, nicht noch mehr (ich beeifern wenn dieß irgend möglich wäre, die öffentliche Ruhe zu wahren? Der Reichstag verlangt nicht für Wien allein dieses Vertrauensvotum, er verlangt es im Namen aller Völker Österreichs, deren Wohlfahrt jetzt auf dem Spiele steht. — Wir stehen an einem furchtbaren Abstunde, wo der Bürgerkrieg uns bedroht, wo der Stand der Monarchie vielleicht in Frage gestellt ist. Der Reichstag scheint zur Rolle einer Art von Sicherheitsprobe ausersehen worden zu sein. (Großes Gelächter und anhaltender Beifall.) (Gerührt.) Ich bin überzeugt, und Gott weiß; es, daß ich die Wahrheit spreche, jeder von uns würde freudig auch Gut und Blut hinopfern, allein es hat den sich nicht um die Sicherstellung der 383 hier — was sind sie? in einem kleinen Treffen fallen mehr: es handelt sich um die Sicherstellung der Wohlfahrt des gemeinsamen Vaterlandes. (Beifall.) Die Art der Ansprache betreffend, so glaube ich, daß unsere Stellung hier eine solche Ausnahmestellung ist, wie sie wohl noch niemals bestanden hat, wie denn auch die Geschichte noch kein Blatt aufzuweisen hat, um die Monate, die wir dieses Jahr durchlebt haben, mit ihrem Griffel einzuzeichnen, um irgend einen Vorgang in der Vergangenheit als Beispiel dafür zu finden. Wäre ein geregelter Zustand, bestände bereits die Verfassung, dann allerdings hatten wir als gesetzgebender Körper nicht das Recht, uns gleichsam über die executive Gewalt stellen zu wollen, wir wollen es auch nicht; allein wir können, wir dürfen, wir müssen den Fortbestand des Reichstages abhängig machen von der Erfüllung jener Bedingungen, ohne die er ferner nicht mit einem Hoffnungsblick in die Zukunft zu tagen vermag. Die Art der Ansprache betreffend, so glaube ich, kann sie dem ungeachtet bei aller Kräftigkeit eine aus dem Herzen kommende sein, daher sollen wir des nie erlöschen dürfenden Dankes, der gebührenden Ehrfurcht gegen dag constitutionelle Staatsoberhaupt eingedenk bleiben, und Vertrauen zu erobern suchen, durch Vertrauen! (Beifall.) Abg. Miflosich. Es wurde früher ausgesprochen, daß eine Adresse an Se. Majestät gerichtet werden soll; es ist unter Andern die Frage entstanden, wer diese Adresse zu verfassen habe. Auf diese Frage hat man mit Declamationen geantwortet. Ich bitte daher diese Debatte, die zu keinem Resultat führen kann, fallen zu lassen und darüber abzustimmen, wer diese Adresse an Se. Majestät zu verfassen hat? Ohnedieß muß ja die Adresse an Seine Majestät später  vorgelegt werden; später debattiren wir, wenn sie uns vorliegt, jetzt ist jede Debatte nothvendigerweise resultatlos.

Abg. Umlauft. Ich kann den Antrag des Hrn. Abg. Miklosich nicht unterstützen. Wir müssen Voraus über die Gesichtspüncte im Klaren sein, über die Fassung der Adresse uns entschieden haben, ehe wir den Auftrag darüber irgend einem Ausschuß oder falls es genehmigt wird, dem Vorstandsbureau überlassen. Ich kann in dieser Beziehung auch nochmals den Antrag des Abgeordneten Klaudi auf das frostigste unterstützen. Uns als Vertreter eines souveränen Volkes kann es nicht zustehen, dem Monatchen, welcher nur die Souveränität des Volkes zu repräsentiren hat, als Bittende gegenüber zu stehen; in unserer Stellung halte ich es für rein unmöglich, daß der Monarch etwas Anderes wolle, als das Volk. Es ist das Wort gefallen: Wir fetzen voraus, der Kaiser will nicht hier her kommen; ich leugne das, im Gegentheil, er will herkommen, aber er wird daran gehindert; er wird hierher kommen. Ich unterstütze diesen Antrag auf das kräftigste und stelle den weiteren, daß wir vorläufig eine Commission oder einen Ausschuß zusammensetzen, welcher mit der Ausarbeitung dieser Adresse vorläufig betraut werden soll. Abg. F a s c h a n k. Meine Herren! Wir sitzen hier in Anerkennung der Resolution, und sie ist anerkannt; mithin kann ich sprechen. Ich bin kein Aristokrat, Demokrat, ich bin Gegner jeder Art Autokratie. Aristokratie, Demokratie, Plutokratie, und wie überhaupt alle Arten von Kratien und Herrschaften heißen mögen; denn kein Mensch ist berechtigt zu herrschen über andere, er ist nur berechtigt zu herrschen über das Thaten; wir haben keine andere Souveränität, als die Souveränität der Vernunft, und der Monarch ist nur das bildliche Symbol der Vernimmst auf dein Throne. (Gelächter.) Wir sind berechtigt zu handeln, aber auch nicht zu bitten, sondern vorzustellen, daß zu hier zu erscheinen habe, um jeder Anarchie, wie der Herr Borrosch richtig vor mir bemerkt hat, vorzubeugen. Die Herren mögen lachen, wie sie wollen; das, was ich aber gesagt habe, wird die Zukunft stets als richtig erweisen.

Abg. K u d l i c h. Ich glaube dagegen bemerken zu müssen, alle bisher gemachten Schritte zu thun; deßhalb spreche ich die Ansicht aus, weil diese Sache die wichtigste ist, sich ja nicht zu übereilen, weil uns dieses in Gefahr brächte. Wir haben zu erwägen: das junge Österreich, der junge Herkules, steht auf dem Scheidewege; es handelt sich nämlich: entweder eine gemütliche Adresse derjenigen Mitglieder vorzubringen, welche für die Gerungenschafen gut stehen, oder eine Adresse zu verfassen, welche er Würde des Volkes angemessen ist, das sich in der Anerkennung seiner loyalen Gesinnungen so gefühlt hat.

Minister Doblhoff. Ich wollte nur bemerken: die Angriffe, welche gegen das Ministerium in Bezug auf die Beweggründe, die es bestimmt haben, den heutigen Antrag zu stellen, gemacht worden sind, glaube ich heute übergehen zu können, nach dem der Antrag von der hohen Versammlung ein stimmig angenommen wurde (Bravo! Bravo!). Allein einen Vorwurf muß ich zurückweisen, und des ist, daß in Wien keine obrigkeitliche und executive Gewalt sei; ich muß demjenigen, der dieß behauptet hat, entgegenstellen, daß allerdings eine obrigkeitliche und executive Gewalt nur von dem Rechtsgefühlt des Volkes abhängig ist: aber zur Ehre derjenigen, welche gegenwärtig diese obrigkeitliche und executive Gewalt durchführen, muß ich insbesondere der Nationalgarde und denjenigen Behörden, die ganz aus Vaterlandsliebe, und nicht aus jenen Motiven, welche früher stattgefunden haben, die durch patriotische Gefühle Sicherheit, Ordnung und Ruhe in dieser Stadt wirklich musterhaft bewirkt und her gestellt, worüber wir gestern oder vielmehr heute Nacht ein besonderes Beispiel gehabt; zur Wahrung dieser muß ich den Vorwurf entschieden zurückweisen.

Vicepräs. Unter den vorgemerkten Rednern ist noch der Herr Abg. Stadion.

Abg. Stadion. Ich habe nur bemerken wollen, daß es nicht meine Absicht war, das Ministerium so hinzustellen, als ob das Ministerium auf das Factum der Abreise Sr. Majestät angetragen hätte; damals war es nothwendig, jetzt ist es. gleich gültig. (Gelächter.)

Vicepräs. Ich bitte, wenn die Herren eine Abstimmung wünschen, so stelle ich zuerst die Anfrage, ob abgestimmt werden soll, oder ob die Debatte für geschlossen angesehen werden soll? Diejenigen Herren, welche wünschen, daß die Debatte geschlossen fei, wollen aufstehen. (Einverstanden). Ans der früheren Debatte ergaben sich drei Anträge, und zwar der Antrag des Abg. Hagenauer, welcher dahin ging, daß der Entwurf der Adresse dem Bureau übertragen, sodann die Berathung von den Vorständen dar einzelnen Abtheilungen vorgenommen, und das Resultat den Abtheilungen vorgelegt werden soll; der zweite Antrag ist der des Abg. Violand: das Resultat oder den Entwurf und die Berathungen der hohen Reichsversammlung zur Genehmigung vorzulegen; der dritte Antrag ist der des Abg. Hauschild: daß der Entwurf der Adresse nicht dem Bureau zu übertragen sei, sondern, um das Princip aufrecht zu erhalten, nach der Vorschrift der Geschäftsordnung eine ganz eigene Commission zu bilden, und den Entwurf der Reichsversammlung zur Genehmigung vorzulegen. Ich bin so frei, den Antrag des Abg. Hauschild vor allen ändern zur Abstimmung zu bringen. Er lautet wesentlich dahin, die Adresse wäre von einem noch heute aus den Abtheilungen zu bildenden Ausschusse zu entwerfen, und sodann der Reichsversammlung vorzulegen. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, mögen aufstehen. (Die Majorität ist entschieden.)

Vicepräs. Nun wäre über die Adressenfrage abzustimmen.

Abg. Brestel. Ich stelle den Antrag, daß die Entwürfe morgen der hohen Versammlung vorgelegt werden. (Ruf: Heute!)

Ein Abg. In den Abtheilungen heute, in der Versammlung morgen. (Mehrere Stimmen: Eine Abendsitzung!)

Vicepräs. Die Frage hängt mit einer Anderen zusammen, nämlich: ob wir nicht vor allem Andern wegen Beschleunigung der Sache die Sitzung in Abtheilungen auflösen, einen Ausschuß wählen, Und eine zweite Sitzung in pleno abhalten wollen, in welcher der Entwurf zur Genehmigung vorgelegt werde. Diejenigen Herren, welche dafür sind, wollen dieses durch Aufstehen zu erkennen geben. (Wird einstimmig angenommen.) Ich glaube, mit dieser Frage ist eine zweite unmittelbar in Verbindung, nämlich jene der Deputation. Dieß muß vor der Auflösung der hohen Versammlung in die Abtheilungen entschieden werden, weil diejenigen Herren, welche allenfalls zur Deputation gewählt werden, vorhinein in Kenntniß gesetzt werden müssen, um ihre Vorbereitungen zu treffen, und nach der Genehmigung der Adresse sogleid) abreisen zu können. — Ich bitte daher, diese Frage vor der Auflösung in Abtheilungen zur Sprache zu bringen.

Abg. Violand. Ich erlaube mir, an den Herrn Kriegsminister eine kurze Frage zu stellen: ob nämlich eine Weisung an die in Wien befindliche Garnifon ergangen fei, dem Reichstage, wenn er versammelt erscheint, die gebührende Achtung zu bezeugen, und zwar zu salutiren?

Kriegsminister Latour. Ich glaube, daß die Wiener Garnison von zu gutem Patriotismus beseelt ist, als daß es nöthig sein sollte, ihr eine solche Weisung zu geben. Jeder Staatsbürger fühlt hohe Achtung vor den Vertretern der Nation. Übrigens wüßte ich nicht, wie ich eine solche Salutirung anempfehlen sollte, da die Herren keine Abzeichen tragen.

Abg. Violand. Ich meine, wenn der Reichstag in Gesammtheit erscheint. — Übrigens in Folge obiger mich sehr erfreuenden Mitteilung bitte ich den Herrn Kriegsminister, den Officier zur strengen Ahndung zu ziehen, welcher gestern, wo der Reichstag in Gesammtheit zur Todteenfeier sich begab, in dem innern Burgplatze, wo die Franzensstatue steht, trotz dem, daß die Nationalgarde vorgetreten ist und salutirte, mit der Zigarre im Munde, gelehnt an die Thüre stehen blieb, mit dem anderen Officier sprach, und das Militär an den Schranken gelehnt zuschaute. Jeder Mensch hat gewußt, daß der Reichstag sich zur Todteenfeier begibt, und folglich muß es auch der Officier gewußt haben. Der Herr Officier am äußeren Burgplatze hat seine Pflicht erfüllt, und salutirt. Ich bitte jenen Officier zur strengen Verantwortung, zu ziehen, denn sein Benehmen hat gestern im Volke eine große Gährung hervorgebracht.

Kriegsminister Latour. Ich werde diesen Vorfall streng untersuchen lassen.

Abg. Sierakowski. Ich bitte den Herrn Kriegsminister das Resultat uns morgen mitzutheilen.

Abg. Miklosich. Es ist früher gesagt vor den, daß für die nach Innsbruck abzusendende Deputation Mitglieder gewählt werden sollen. Ich richte nun die Frage an die hohe Versammlung, ob die Mitglieder aus den Abtheilungen, oder wie es häufig in Anregung gebracht wurde, aus den einzelnen Provinzen gewählt werden zollen?

Vicepräs. Ich glaube, das Princip ist beschlossen worden, es handelt sich nur darum, die Art der Ausführung zu berathen.

Abg. Mayer. Es liegt bis jetzt noch kein Antrag über die Art der Ausführung vor, und es ist dem Vorstande hierüber noch nichts bekannt. Wenn die hohe Versammlung es erlaubt, so werde ich einen Antrag stellen. Es ist in der Antwort Sr. Majestät hervorgehoben, daß Se. Majestät es seinen väterlichen Absichten schuldig zu sein glaubt, nach Wien noch nicht zurückzukehren, weil der Reichstag nicht frei Tage, weil diese Frage in Berathung gezogen werde. Der Reichstag repräsentirt alle Volker Österreichs. Ich glaube, wir müssen sagen, daß wir frei tagen, da wir hier find. Denn eben dadurch liefern wir den Beweis, daß wir frei sind, weil wir da sind; denn da wir als freie Männer herkommen, so würden wir nicht an unserem Platze sein, wenn dem Reichstage nicht die volle Freiheit des Tagens gewährt wurde; unser hier sein ist der sicherste Beweis dafür. Ich glaube zu beantragen, daß die Deputation nach den Gouvernements gewählt werde, und zwar aus jedem Eines der Mitglieder, damit Alle sagen können, daß wir frei tagen. Ich erlaube mir noch auf den Umstand aufmerksam zu machen, daß es nicht ganz gleich gültig sein dürfte, den braven Tirolervolke zu sagen, daß auch seine Abgeordneten sich hier frei fühlen, und daß auch der Reichstag sich frei fühle. Ich glaube, daß diese Überzeugung zunächst in die Gemüther dieses alterprobten Volkes, durch Männer aus Ihrer Mitte hinein gelegt werden möge; ich glaube, daß diese hochherzige Nation sich auf den hohen Standpunkt mit den Übrigen Provinzen stellen, und anerkennen werde, daß es das Wohl des gesamten Staates fordere, daß sie das Ihrige dazu beitragen, daß Se. Majestät nicht bloß in der Mitte Tirols, sondern sich in der Mitte Österreichs befinde. Ich glaube zu beantragen, daß sich die 10 gewählten Mitglieder noch durch 2 Mitglieder aus Tirol verstärken mögen. Ich glaube den Herrn Abg. Klebelsberg, Bürgermeister der Stadt Innsbruck, und den Herrn Abg. Straffer in Vorschlag zu bringen. (Dieser Antrag wird von mehreren Mitgliedern unterstutzt.)

Vicepräs. Meine Herren! Als zweiter Punct der heutigen Tagesordnung ist die Geschäftsordnung vorgeschrieben, davon dürfte es nach dem früher ausgesprochenen Wunsche sein Abkommen haben. Ich erlaube mir nur zu fragen, wann wir Nachmittag zusammenkommen sollen, um die Adresse zu berathen? Die Tagesordnung dürfte für heute Nachmittag nichts Anderes enthalten, als die Ablesung des Sitzungsprotokolles, und die Berathung über den Entwurf der Adresse, dann die Anzeigen der aus den Gouvernements gewählten Deputirten.

Abg. Neuwall. Ich erlaube mir darauf hinzuweisen, daß das Geschäft, welches jetzt vorliegt, nämlich die Wahl der Commission zur Entwerfung der Adresse, in einer halben Stunde vollbracht sein kann. Es wäre unveranttvortlich, wenn wir, nachdem wir den gestrigen Tag ganz verloren haben, auch den heutigen Tag verlieren. Nachdem erst Abends der Adressenentwurf vorgelegt werden kann, so ist jetzt noch einige Zeit übrig, um die Geschäftsordnung vorzunehmen. Jeder Tag kostet 3000. ft. und die Verantwortlichkeit, die wir haben, ist eine große. (Bewegung.)

Abg. Mayer. Der Grund wäre sehr practisch zu einer andern Zeit, aber heute, glaube ich, sind unsere Gemütheck so bewegt, daß wir nicht an das Mechanische der Geschäftsordnung gehen können, Meine Herren, wenn wir auch den Ausschuß aus unserer Mitte wählen, so würden wir unsere Ideen und Gefühle doch nicht von dem abstrahiren können, was der Ausschuß zu ihn hat. Nachdem wir die wichtigste Frage des Vaterlandes vor uns haben, so ist es geboten, daß wir sogleich zur Wahl der Ausschusse schreiten, und nach dieser Wahl uns in die Gouvernements wirtheilen, um die Deputirten zu wählen; damit werden einige Stunden und nicht eine halbe Stunde verfließen.

Abg. Umlauft. Ich wollte auf denselben Umland aufmerksam machen und in dieser Beziehung Den Herrn Präsidenten bitten, die Bestimmung zu treffen, daß sich die Versammlung nach der Wahl abermals hier her begebe. Es ist nun die Frage: um wie viel Uhr wir Nachmittags zusammen kommen sollen?

V i c e p r ä s. Ich würde zur Abendsitzung die fünfe Stunde in Antrag bringen.

Abg. Mayer. Diese Frage wird abhängen von der Beendigung der Adresse. (Viele Stimmen: Um 6 Uhr.)

Vicepräs. Sind Sie damit einverstanden, daß die Plenarsitzung heute Abend um 6 Uhr ab gehalten werde, so bitte ich aufzustehen. (Wird einstimmig angenommen.) Was die Tagesordnung anbelangt, so ist ohnehin aus dem heute Behandelten die Folge, daß zunächst der Entwurf der Adresse zu berathen sei. Ich ersuche daher die Herren, vor Allem sich jetzt in die neun Abtheilungen zu begeben und nach Maßgabe der Geschäftsordnung den Ausschuß zur Entwerfung der Adresse wählen zu wollen. Bis diese Wahl vollbracht sein wird, bitte ich Sie, sich nach Gouvernements zu vertheilen, und die Wahl der Deputirten, je einen Deputirten aus einem Gouvernement vorzunehmen.

Ein Abg. Umgekehrt wäre besser, daß zuerst Die Wahl nach Gouvernements, und dann die des Ausschusses vorgenommen werde.

Abg. Borrosch. Ich bitte, den Ausschuß früher zu wählen, denn die Entwerfung der Adresse braucht Zeit und die Wahl der Gouvernements kann zwei Stunden wegnehmen.

V i c e  P r ä s. Diejenigen Mitglieder, welche einverstanden sind, daß zuerst der Ausschuß gewählt werden soll, wollen sich erheben. (Alles erhebt sich.) Dadurch ist die zweite Frage schon entschieden. Heute werden keine weitern Billett mehr ausgetheilt werden. Ich trage daher darauf an, daß die für die Vormittagssitzung verthbitten auch für Nachmittag gelten sollen.

Abg. Gobbi. Es ist ohnehin schon so eingeführt.

Ein Abg. Ich bitte, wo sollen wir uns nach den Gouvernements versammeln?

Vicepräs. In jenen Localitäten, wo neulich die Verlosung in die Abtheilungen vorgenommen worden ist.

Abg. Umlauft. Ich muß bemerken, daß noch nicht abgestimmt und Beschluß gefaßt worden ist über dm Antrag vom Hrn. Mayer: es sei aus jedem Gouvernement eine Person als Deputirter zu wählen. (Ruf: Ist schon abgestimmt.)

Vicepräs. Es ist noch ein Gegenstand zur Abstimmung zu bringen. Die Frage ist erledigt, daß eine Person aus jedem Gouvernement zu wählen sei, dagegen wären die zwei Deputirten aus Tirol nicht durch das Gouvernement, sondern durch die Reichsversammlung zu bestimmen. (Ruf: Schon abgestimmt, schon angenommen.) Somit ist die Sitzung geschlossen. Sind Herren da, die noch in keine Abtheilung eingelost sind, so wollen dieselben hier  bleiben.

(Schluß der Sitzung 12 1/2 Uhr.)

(Aus der k. k, Hof. und Staatsdruckerei.)


Související odkazy



Pøihlásit/registrovat se do ISP