Úterý 22. srpna 1848

Es muß auch hier wieder das Principielle ausgeschieden werden.

Abg. Hawlicek. Ich muß die hohe Kammer bitten, daß sie mir das freie Wort gütig angedeihen lasse, weil ich sie sogleich darauf aufmerksam machen will, auf die Unachtsamkeit, mit der sie der Debatte folgt. In dein Augenblicke als die Kammer mit großer Majorität beschlossen hat, den zweiten Theil des Antrages des Abg. Loh n er dem Constitutionsausschusse zuzuweisen, nämlich den Antrag, ich erinnere mich nicht genau der Worte, aber der Gedanke ist der, das) der Staat den Abel nicht anerkennt, aber dieses, was darüber zu verfügen sei, ist dein Constitutionsausschusse übermittelt worden, damit er darüber Vorberatdüngen pflege, faßt sie den Beschluß den Antrag des Abg. Sierakowski, der zehnmal weiter geht, nämlich der den Adel aufhebt, in Vollberathung zu nehmen. Ich wundere mich wie die hohe Kammer in kaum fünf Minuten zu einem solchen Beschlusse kommen kann.

.Präs. Ich habe mir die Anfrage gestellt, ob der Antrag des Abg. Sierakowski nicht in Verbindung mit dem Antrage des Abg. Löhn er zu bringen wäre, dafür hat man sich nach vorläufiger Unterstützung ausgesprochen. Ich glaube, es liegt in dein Beschlüsse kein Beschluß, daß heute die Vollberathung über den Antrag des Abg. Sierakowski vorzunehmen fei; dadurch wird nur Gelegenheit geboten, den Antrag des S i e r a k o w s k i zur Einsicht zu nehmen, und der Motivirung dieses Antrages freier Lauf gelassen, ich glaube aber eine kumulative sogleich Berathung ist noch nicht ausgesprochen.

Abg. Hein. Ich stelle abermals den Antrag, den Antrag des Abg. Sierakowski dem Constitutionsausschusse zuzuweisen.

Präs. Wird der Antrag unterstützt? (Allgemein.)

Abg. Riege r. Ich wollte der Ansicht des Abg.

H ein beitreten. Ich sehe nicht ein, welchen Zweck wir haben sollen, solche Anträge zu überstürzen; es sieht gerade so aus, als ob wir Bürgerliche den Zeitpunct nicht erwarten können, wann der Adel seiner Vorrechte und Titel beraubt wird. (Zischen.) Ich bin eben so gut Demokrat als irgend Jemand in der Versammlung; wir werden und müssen beschließen, daß der Abel aufgehoben werde, was zum Schütze der demokratischen Monarchie ist, aber wir werden es beschließen gemeinsam mit allen anderen Grundsätzen der Constitution. Es ist nicht zweckmäßig, daß wir die einzelnen Puncte der Constitution herausnehmen und darüber debattiren; nehmen wir die Constitution in Verbindung, wie sie der Constitutionsausschuß vorlegen wird, und debattiren wir Paragraph für Paragraph. Auch ich könnte mir das Vergnügen machen, wie andere Abgeordnete, und einzelne Paragraphe zur Sprache bringen, aber ich sehe den Zweck nicht ein; ich glaube es nothwendig und der Würde unserer Versammlung angemessen, daß wir Ordnung in der Debatte halten, und ein System zur Berathung bringen, aber nicht über jeden Paragraph einzeln abstimmen. (Allgemein Bravo.)

Präs Wünscht Jemand das Wort in der formellen Frage?

Abg. Helfert. Ich stimme mit meinem Herrn Vorredner vollkommen überein; aber ich will nur auf einen zweiten Widerspruch aufmerksam machen, und ich begreife nicht, wie man sich bei der ersten Gelegenheit durch die Erfahrung nicht habe witzigen lassen. Ich glaube nämlich, wenn wir die Bestimmung festsetzen sollen: "Von nun an soll Niemand mit dem Adel beteilt werden," so ist dieß ein Gesetz, und ich weiß nicht, ob wir den §. 84 einmal über das andere Mal übergehen sollen, wo es heißt: daß jedes Gesetz erst einer Commission übergeben und dann dreimal gelesen werde. Ich habe das Wort schon früher begehrt, habe es aber nicht erhalten, und wollte in vorhinein aufmerksam machen, daß wenn meine subjective Annsicht auch nicht die richtige wäre, doch wenigstens früher über die Prinzipienfrage abgestimmt werde. Leiber ist dieses nicht geschehen, weil ich nicht zum Wort gekommen bin.

Präs. Abg. Claudi hat das Wort. Abg. Claudi. Ich finde, daß man leider über den Antrag des Abg. Sierakowski sich in eine Debatte einlasse, und ich weiß nicht, ob in der ganzen Versammlung jemand ist, der diesen Antrag nicht wirklich theilt. Ich finde, daß dabei gar nichts zu debattiren ist, und ich glaube, daß wohl Niemand die Rednerbühne besteige, um ein Paradepferd zu reiten, sondern aus Überzeugung und wenn man mit einer Ansicht nicht einverstanden ist. Wenn wir aber Alle einig sind, daß es in Österreich keinen Adel mehr geben soll, weil wir Demokraten sind, so sehe ich auch nicht ein, warum darüber eine Debatte eingeleitet werden sollte, aber auch nicht, warum über eine Sache, die wir so zu sagen, in unser Blut aufgenommen, eine Vollberathung gepflogen werden soll. Ich bin allerdings nicht einverstanden, daß wir einzelne Sachen aus dem Konstitutionsberichte herausreißen; aber es gibt einzelne Sachen, welche Folgerungen sind, und die wir herausreißen müssen. Oder sollen wir mit allen freien Zugeständnissen und mit der Erklärung, daß wir die freien Ideen in uns aufgenommen haben, warten, bis uns der Constitutionenconstitution  Ausschuß sein Elaborat zur Berathung vorlegt? Warum sollen wir nicht wirklich der demokratische Reichstag sein, von dem wir immer sprechen? (Beifall.) Warum sollen wir nicht jetzt schon aussprechen können durch ein Factum, durch eine That: Wir sind wirklich der demokratische Reichstag, von dem wir immer sprechen. Ich wünsche, daß keine Debatte eingeleitet werde, sondern es soll ganz einfach zur Abstimmung geschritten werden. Wir stimmen für den Antrag, daß in Österreich kein Adel mehr bestehe und daß kein weiterer mehr ertheilt werde; ich bin überzeugt, es würde die vollkommene Majorität der Kammer sich dafür aussprechen; ich glaube daß wir keinen Grund dagegen hören werden, in einem Staate, wo die vollkommenste Gleichheit aller Principien ausgesprochen werden ist. (Beifall.)

Abg. Löhner. Ich muß über das Formelle sprechen, über das Formelle nämlich, daß man Anstand nimmt, und behauptet: wir könnten nicht über den ersten Punct meines Antrages in eine erörternde Berathung eingehen. Ich erkläre mich gegen diese Auffassung, ich glaube, daß hier ein Gesetz etwas ganz Anderes ist, als wie es in der Geschäftsordnung bemerkt ist, und als der Antrag, welchen die Kammer ebenso zu beschließen hat. Es existirt kein Gesetz. daß der Adel verliehen werden muß. Es steht jetzt dein Ministerium zu, den Adel zu verleihen, früher stand dieß Recht bloß dem Monarchen zu; ich glaube, wenn die Kammer ausspricht, das Ministerium hat von nun an es nicht mehr zu gebrauchen, so liegt darin nicht der Begriff eines wirklichen Gesetzes. Abg. Hawliceck. Ich glaube nur gegen das, was der Abgeordnete aus Kuttenberg bemerkt, Einiges anzuführen. Ich kann es nämlich nicht gut vertragen, wenn man den Begriff "demokratisch" zu oberst kehrt, und ich glaube, daß es Jeder im Herzen hat, daß wir ein demokratischer Reichstag sind; ich glaube also sagen zu müssen, wenn es sich vom Adel handelt, mit der Demokratie inne zu halten. Wir sind nichtadelige Demokraten, dieß würde den Adeligen besser anstehen, auszusprechen, daß der Adel gleich aufgehoben werden soll. Wenn der Bürgerliche es so ausspricht, so sieht es eigennützig aus. (Murren.) Ich glaube, es wird bei mir so wie beim Abg. Rieger gezischt werden, aber dieß wird nicht beweisen, daß wir adelig sind; wir sind bürgerlich, und wenn wir frei denken, können wir über die Aufhebung des Adels nicht augenblicklich dekretieren, und es wird uns eben so gut anstehen, wenn wir uns die Sache besser überlegen. Abg. Strasser. Bezüglich der vom Abg. Löhner ausgesprochenen Behauptung erlaube ich mir zu bemerken, daß allerdings auch Gesetze bestehen, welche die Verleihung des Adels vorschreiben, und es ist in den einzelnen Ordensstatuten der Fall, wenn nämlich irgend ein Staatsbürger seiner Verdienste wegen das Ritterkreuz oder Großkreuz, den Leopoldsorden und sonst einen anderen Orden erhält, so heißt es immer: in Folge der Statuten dieses Ordens wird er in den österreichischen Rittermoder Freihertzstand erhoben; deswegen glaube ich, daß die Bestimmung, wodurch diese Ordensstatuten dirigiert werden sollen, allerdings als ein Gesetz zu betrachten sei. Übrigens gedenke ich keineswegs gegen das dem Antrag des Abg. Löhner zu Grunde liegende Princip das Wort zu führen. Abg. Helfert. Der Bemerkung des verehrten Mitgliedes für Satz erlaube ich mir die einfache Frage entgegenzustellen. Ich kenne nur drei Arten der staatlichen Wirksamkeit, nämlich die gesetzgebende, die richterliche und executive oder administrative. Ich frage nun: sind wir ein gesetzgebender Körper oder ein richterlicher oder ein administrativer Körper? Es wirb glaube ich. Niemand darüber im Zweifel sein, daß ein gesetzgebender Körper sind, und so kann auch Niemand darüber in Zweifel sein, daß eine Verfugung, die wir als Reichstag ins Publikum in die Dessentlichkeit hinausschicken, keine andere als eine gesetzliche sein könne, daß daher Alles, was aus unserer Mitte ausgeht, ein Gesetz ist. Ich muß sagen, daß ich den Zweifel daran nicht begreifen kann.

Abg. Jonak. Ich erbitte im vorhinein mir von der hohen Kammer Entschuldigung rücksichtlich dessen was ich sagen werde. Wie der Kudlich'sche Antrag nur Verhandlung gekommen ist, haben die Herren für die Dringlichkeit desselben so Mannigfaches erwähnt, man hat gesagt: Meine Herren! sprechen Sie es ans bevor dem Bauer die Geduld vergeht, bevor er sich das nimmt, was wir ihm zuerkennen wollen. Siehe da! der Kudlich'sche Antrag und dessen Verhandlung zieht sich acht, zehn bis vierzehn Tage herum, inzwischen kömmt ein anderer Antrag, der soll zur Vollberathung kommen. Man weist uns nach, das Demokratische Element erheische es, anzusprechen, es gäbe keinen Adel; man drängt uns zu einer Vollberathung, man will, wir sollen darüber neuerdings in größter Eile absprechen, ob es einen Adel gibt oder nicht, und während wir hier vielleicht über den Adel sprechen, und uns durch lange Vollberathungen und durch eine neue Masse von Amendements hindurchwinden, leidet der arme Bauer. Sollte er sich vielleicht deswegen vertrösten müssen, weil wir jetzt gerade für gut finden, das demokratische Element in der Abschaffung des Adels geltend zu machen? Das demokratische Element verlangt zuerst, daß wir als Menschen das Herz am rechten Flecke haben, und wenn wir das sind, so müssen wir den Adel sein lassen, der geniert uns nicht, der kümmert uns nicht. Wir wollen dem Bauer helfen und ihn in den normalen Zustand versetzen, der ihm gebührt. Und wo Gott uns hingesetzt hat— (Zischen auf der Linken.) Zischen Sie nur meine Herren, das ist mir gleichgültig. Ich kämpfe hier für den Bauer so gut, wie ich oben gekämpft habe, ich kämpfe für das Recht. Der Adel kann warten und die Bestimmung kann warten, ob wir sie auch noch vierzehn Tage hinaussetzen; der Bauer kann nicht warten; und gerade diejenigen, die dieß auseinandergesetzt haben, die von mehr als demokratischen Standpuncte ausgehen, haben gesagt, er könne, er solle nicht warten. Verweisen wir die Debatte wohin sie gehört, bleiben wir uns consequent und überstürzen wir uns nicht in ewige Inconsequenzen, damit wir zu etwas tüchtigem kommen, damit der Bauer beruhigt, das Volk beglückt wird, damit der Bauer, damit das Volk Vertrauen habe. (Beifall im Centrum und theilweise auf der Rechten und Zischen auf der Linken.). Abg. Neuwall. Ich wollte nur bemerken, so lange Österreich) ein absoluter Staat war, war das Recht den Adelstand zu verleihen ein ausschließliches Recht des Monarchen. Dadurch, daß die Constitution durch die bekannten Ereignisse vom Kaiser bewilliget worden ist, hat er von seinen Rechten diejenigen abgegeben, die die Constitution ihm nehmen und dem Volke übertragen wird. Nun aber ist in den meisten constitutionellen Ländern die Adelsverleihung ein Prärogativ der Krone. Wir wissen nicht, wie unsere Constitution in dieser Beziehung ausfallen wird. Wenn wir jetzt schon das aussprechen, was in dem ersten Theile des Antrages des Abg. Löhner ausgesprochen wird, bevor wir zur eigentlichen Constitutionsfrage kommen, glaube ich greisen wir vor, wenn wie sagen: nach der Constitution kann dieß sein oder nicht, bevor wir nicht über die Constitution selbst berathen haben.

Präs. Der Abg. Popel.

Abg. Popiel. Ich stimme vollkommen mit dem Antrage des Sprechers vor mir überein, daß vor der Entscheidung über die Unterethansfrage kein anderer Gegenstand zur Vollberathung kommen soll. Was aber den Umstand anbelangt, den ein anderer Abgeordneter berührt hat, daß nur adelige Demokraten über die Aufhebung des Adels sprechen sollen, so muß ich bemerken: ich bin ein adeliger Demokrat und unterstütze den Antrag, daß der Adel aufgehoben werde.

Abg. Brestel. Meine Herren! Es ist hier der Zweifel erhoben worden, ob der erste Theil des Antrages von Löhner ein Gesetz sei oder nicht. Ein Beschluß der Kammer liegt vor, daß über diesen Antrag in Vollberathung überzugehen sei. Nun ist oder die Schwierigkeit erhoben worden, ob er ein Gesetz sei oder nicht. Es liegt uns nun am Herzen, daß wir in dieser Angelegenheit wirklich einen Beschluß fassen können, und was wollen wir mit der Annahme dieses Antrages erreichen? Daß sein Adel mehr verliehen werde bis zu dem Augenblicke als in der Konstitution festgesetzt werden wird, daß es überhaupt keinen Adel mehr gibt. (Bravo.) Damit wir nun aus diesem Labyrinth herauskommen, in welches wir dadurch gerathen sind, daß man den Antrag jetzt als ein Gesetz ansehen will, trage ich an, die Kammer möge folgende motivierte Tagesordnung beschließen. (Bravo.) Eine motivierte Tagesordnung können wir in jedem Augenblick beschließen, nämlich:"Die Kammer, in der Überzeugung, daß das Ministerium auf keine weitere Verleihung von Adelstiteln antragen werde, geht zur Tagesordnung über." (Beifall.) Durch diesen Antrag erreichen wir den Zweck, den wir erreichen wollen; daß bis zur definitiven Annahme der Constitution kein weiterer Adel verliehen wird, und in der Constitution wird, so hoffe ich wenigstens, der Adel abgeschafft werden. Wir können nun das wirklich beschließen und unsere Gesinnung der ganzen Welt kund geben, ohne uns in die Fußangeln zu verwickeln, die wir uns in unserer eigenen Geschäftsordnung gelegt haben. (Beifall.)

Präs. Wird dieser Antrag unterstützt. (Sehr zahlreiche Unterstützung. Ruf: Abstimmen!) Ich glaube die Unterstützung war schon von der Art, daß ich sie für eine Abstimmung nehmen kann. Ich erlaube mir, meine Herren, die Tagesordnung für morgen in Antrag zu bringen. Die Ablesung des Sitzungsprotokolls. Berichte über die Wahlacte. Berichte des Ausschusses zur Prüfung beanstandeter Wahlen. Fortsetzung der Berathung über den Kudlich'schen Antrag. Verhandlung über den Selingerstraßer'schen Antrag. Weitere Ankündigung der Anträge. Ist die hohe Kammer mit dieser Tagesordnung einverstanden? (Ja.) Die nächste Sitzung ist Morgen 10 Uhr. Die heutige ist geschliffen. 

(Schluß um halb 3 Uhr.)

Ende des ersten Bandes.


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