Ètvrtek 14. záøí 1848

Schuselka. Sind der Hr. Kriegsminister geneigt, dießfalls eine Untersuchung einzuleiten?

Latour. Wenn mir Jemand einen Zettel schickt, ohne Unterschrift, so kann ich ihn nicht nöthigen, diese mir bekannt zu geben.

Schuselka. Der Officier, der den Namen weggeschnitten hat, ist doch bekannt.

Latour. Er hat ihn wahrscheinlich weggeschnitten, um nicht denselben zu kompromittieren. (Gelächter).

Löhner. Ich erlaube mir, an das Ministerium in eine Anfrage zu stellen, welche am Besten der Herr Justizminister beantworten durfte. Ich habe gestern Abends über eine Mittheilung des Ministers der öffentlichen Arbeiten ersucht, er mochte die Berichte schriftlich auf den Tisch des Hauses niederlegen, ich habe einen bestimmten Grund dabei gehabt, nämlich, weil der Herr Minister der öffentlichen Arbeiten, von dem man zwar nicht verlangen kann, daß er Jurist sei, einen ganz eigentümlichen Begriff zu haben scheint, von dem, was revolutionär ist; die Terminologie aber, was revolutionär, ist für ein Volk, das seine Wiedergeburt einer Revolution zu danken hat, sehr wichtig, und man muß wissen, was unsere Autoritäten unter dem Worte revolutionär verstehen, und zu verstehen geneigt sind, daher bemerke ich, daß der Minister der öffentlichen Arbeiten erklärt hat, es haben sich Leute gezeigt, die auf ihrem Hüte das revolutionäre Zeichen getragen hätten. Dieses bestand aus der eigenen Erläuterung des Hrn. Justizministers, in einem Zettel, wo es hieß: Man wünsche den Sicherheitsausschuss wieder zurück.

Ich muß mich berufen, daß dieser Bericht auf den Tisch des Hauses hatte niedergelegt werden sollen, wo nicht, so berufe ich mich auf die stenographischen Berichte, von der gestrigen Sitzung, ich habe mir den Ausdruck genau gemerkt, ich äppellire an die Mitglieder, die gestern hier waren, daß er in diesem Sinne gebraucht worden ist, und bitte den Herrn Justizminister zu erklären, ob es die Meinung des Ministeriums sei, daß das Tragen eines Zettels, wodurch zu keiner Gewalt gegen die rechtmäßige Autorität aufgefordert wird, was unpassende Wunsche er sonst immer enthalten mag, schon für das Wort "revolutionäre" hinreichend Grund gibt. Ich erkläre für meinen Theil ausdrücklich, daß ich durchaus nicht dafür wäre, daß der Sicherheit Ausschuß wieder eingesetzt werde, der Sicherheits-  Ausschuß ist nach meiner Überzeugung todt und begraben; aber fragen muß ich: ob schon das Tragen dieses Zettels, da es in einer ganz ruhigen, unverfänglichen und ungefährlichen Weise stattgefunden habe, eine revolutionäre Manifestation sei?

Justizmine. Bach. Ich kann nur dem Ministerium Gluck wünschen, daß es durch diese Interpellation in den Stand gesetzt wird, die hier berührten Thatsachen der Kammer in der Art vorzulegen, wie sie wirklich vorgefallen sind, und um Mißverständnisse wegzuräumen, die durch einen von dem Hrn. Minist. Schwarzer gestern gebrauchten Ausdruck hervorgerufen worden zu sein scheinen. Ich glaube wohl nicht, daß die hohe Kammer so weit gehen werde, dem Gesamtministerium für jedes Wort, was ein einzelner Minister hin in der Kammer gesprochen hat, die Verantwortung auferlegen zu wollen. Die Thatsache, auf welche angespielt wurde, ist dem Hause von dein Herr Interpellanten keineswegs vollständig mitgetheilt worden. Im Allgemeinen würde freilich ein Zettel, der nichts anders enthalt als den Wunsch, ich bitte wohl zu erwägen den Wunsch, daß der Sicherheitsausschuss wieder auflebe, durchaus nichts gefährliches, nichts gesetzwidriges enthalten, allein die Voraussetzung meine Herren, daß es so gewesen sei, ist geradezu tatsächlich unwahr, es ist nicht richtig, daß die Zettel, welche getragen wurden, nichts anders enthielten, als den ganz unverfänglichen Wunsch, daß der Sicherheitsausschuss wieder aufleben möge, es ist ebenso nicht richtig, daß das Tragen dieses Zettels in einer ganz ruhigen unverfänglichen und ungefährlichen Weise stattgefunden habe, sondern die Thatsachen wie sie stattfanden, sind folgende: Gestern Nachmittag zwischen fünf und sechs Uhr war auf dein Hof vor dem Kriegsgebäude ein großer Theil Nationalgarde und ein Theil Militär versammelt. Das Militär war von der Nationalgarde, die früher auf den Sammelplatz angekommen war, mit Jubel empfangen worden, und Burgermehr und Truppe fraternisierten miteinander in brüderlicher Übereinstimmung zur Erhaltung der öffnet den Ordnung. Plötzlich kamen bewaffnete Scharen in Reih und Glied unter Commando, anmarschiert. Diese bewaffnete Scharen, welche zum Theil aus Nationalgarde, zum Theil aus Personen bestanden, welche die Abzeichen der akademischen Legion trügen, hatten diese Zettel auf den Huten aufgesteckt, von denen ein Exemplar, wie ich voraussetze, gestern selbst hier in der hohen Kammer vorgekommen ist. So weit ich mich auf den Inhalt erinnere, so stand darin ungefähr "nur die Wiederherstellung des Sicherheitsausschusses, kann unsere bedrohte Freiheit retten, darum aus freiheitsbegeisterte Wiener" Kurz diese Zettel enthielten einen Aufruf, der so gefaßt war, daß darum mit aufregendem Ausdrücke auf die Unterdrückung der Freiheit hingewiesen und zur Errichtung des Sicherheits-  Ausschusses als des einzigen Mittels, die Freiheit zu retten, hingewiesen wurde. In einem solchen Zeichen, getragen von Männern, welche damit, bewaffnet und in Reih und Glied, in ihrer pflichtmäßigen Eigenschaft als Wahrer der öffentlichen Ordnung eine politische Demonstration versuchen, in einem solchen Zeichen, in solcher Lage kann ich nichts ungefährliches, nichts vollkommen gesetzmäßiges erkennen; im Gegentheil mußte das Tragen eines solchen Zeichens, getragen von Gliedern der Volkswehr als völlig unstatthaft und ungesetzlich abgestellt werden. Niemanden ist's verwehrt, im gesetzlichen Wege und in gesetzlicher Form zu petitioniren; allein bewaffnete Demonstrationen dieser Art können unmöglich von der vollziehenden Gewalt gestattet werden. Nach der Überzeugung des Ministeriums ist es sein Recht und seine Pflicht, für Ordnung, Ruhe und Sicherheit zu wachen, es konnte daher das Begehren um Wiedererrichtung des Sicherheitsausschusses nicht zugestehen. Zu einem solchen Ausspruch ist es aber zweifellos berufen. Nachdem nun, sage ich, das Ministerium entschieden erklärt hatte, daß es die Wiedereinsetzung dieses Sicherheitsausschusses nicht gestatten könne, und ungeachtet dieser von der vollziehenden Gewalt ergangenen Verfügung mit der bewaffneten Demonstration dagegen fortgefahren, und die Widersetzlichkeit gegen diese Ministerialentscheidung durch das Ausstecken jener demonstrativen und aufreizenden Zeichen auf eine herausfordernde Weise an den Tag gelegt wurde, konnte das Ministerium darin nur einen Act der Widersetzlichkeit gegen eine von den competenten Behörden ausgegangenen Verfügung erkennen.

(Rechts und im Centrum, Bravo; Links, Zischen.)

Ich bitte meine Herren, mich vollenden zu lassen. Das Ministerium hat in dieser Überzeugung sofort das Tragen dieses Zeichens als einen ungesetzlichen Act, als einen Act erklärt, welcher die Widersetzlichkeit gegen eine Verfügung des Ministeriums ausdrückt, und ausgesprochen, daß Personen, welche dieses Zeichen aufstecken, und in Reihe und Glied mit den Waffen eine drohende Stellung annehmen, in ungesetzlicher Haltung, in offenbarer Auflehnung wider die öffentliche Gewalt sich besinnen. Diese Erklärung wurde so fort durch die Organe der öffentlichen Gewalt, durch den Kommandanten der Nationalgarde selbst, den auf dem Hofe versammelten widersetzlichen Haufen verkündiget, und denselben bedeutet, die Zeichen niederzulegen, widrigenfalls zu ihrer Entwaffnung und Verhaftung geschritten würde. Ich glaube das Ministerium hat nicht nur in seinem Rechte, es hat auch in seiner Pflicht gehandelt. (Beifall im Centrum und Rechts, Zischen Links.)

Meine Herren, wir sind stets bereit, wenn Zweifel darüber auftauchen, ob das Ministerium in irgend einem Acte nicht streng gesetzlich und constitutionell gehandelt habe, und darüber im Hause eine Erklärung gefordert wird, dieselbe mit aller Offenheit zu geben erbietig. Allein meine Herren, wenn unsere Anwesenheit in der Kammer fortwährend dazu benützt wird, um die executive Gewalt herabzusetzen, so müssen wir dies gerade im Interesse der Freiheit beklagen. Nur eine starke vollziehende Gewalt kann die Freiheit schützen und verbürgen Mit Recht fordern wir daher, daß man das Recht der Interpellation nicht benütze, um das Ansehen der executiven Gewalt zu schwächen, und daß man den Interpellationen nicht tatsächliche Unterstellung zum Grund legt, für welche kein Beweis gebothen werden kann.

(Linkerseits Zischen.)

Meine Herren ich fürchte mich nicht, ich lasse mich durch das Zischen nicht einschüchtern; weil ich weiß, daß ich hier für Recht, Ordnung und gesetzliche Freiheit spreche.

Stürmischer anhaltender Beifall von der Rechten, und im Centrum; Zischen und Lärm von der Linken.)

Meine Herren, wer seit drei Wochen die Vorgänge in und außer dem Haufe aufmerksam verfolgt, wer den geheimen Triebfedern etwas näher auf den Grund zu sehen sucht, welche den Bewegungen der letzten 14 Tage zu Grunde zu liegen scheinen, die Leiter haben sich bisher nicht an die Oberfläche gewagt  wer, sage ich, diesen Bewegungen mit Aufmerksamkeit und Unbefangenheit folgt, der wird gewiß der Exekutivgewalt Recht geben, wenn sie in solchen Momenten vorsichtig ist, wenn sie sich nicht von dem Augenblicke, wo vielleicht nicht mehr die bloße Machtentwicklung genügt, überrumpeln lassen will. Meine Herren, die gestrige Bewegung war nicht so unschuldig, wie man sich die Mühe gibt, sie zu machen. Ich zweifle ob, wenn die Nationalgarde und mit ihr vereint das von der Nationalgarde requirte Militär nicht im ersten Momente imposant und mit voller Kraftentwicklung, beseelt von dem besten Geiste, aufgetreten wäre, ich zweifle, ob der gestrige Tag so ruhig vergangen wäre, als er wirklich vergangen ist. Das Zeichen, welches getragen wurde, ist nicht so unschuldig, als der Herr Interpellant es darstellte, man droht auf dem Zeichen mit Gefahr von Freiheit, man fordert als einzige Bürgschaft gegen die Gefahr für die Freiheit, die Wiedereinsetzung eines Tribunals, welches  nach dem Sinne dieser Verfügung  in ganz exceptioneller Stellung die höchsten Gewalten vereinigen, etwas ganz anderes, als der alte Sicherheitsausschuß werden sollte! (Man reicht dem Minister ein Exemplar des besprochenen Zettels.) So eben bekomme ich einen Abdruck dieses Zeichens. Auf diesem Zettel steht: "nur Eines kann Euch retten, die Wiedereinsetzung des Sicherheitsausschusses"; ist das so unschuldig? Ich scheue mich nicht, ich frage Sie meine Herren, ob das nicht eine drohende, höchst gefährliche Aufforderung ist? Doppelt gefährlich, wenn sie als Panier einer bewaffneten Schaar dient, die den frommen Wunsch mit den Waffen zu unterstützen kömmt?

Meine Herren, wenn das Volk nur Eines retten, wenn dasselbe nur die Wiedereinsetzung des Sicherheitsausschusses retten kann, dann kann es der Reichstag nicht retten, wissen Sie was das ist, meine Herren? Seit drei Wochen wird der Kreuzzug gegen die Mehrheit der Kammer gepredigt, seit der Zeit wird die Majorität dieses Hauses und mit ihr das Ministerium als volksfeindlich verdächtiget. Ich berufe mich dießfalls auf das Zeugniß der Kammer, und ich frage Sie, ob das vielfach besprochene Problem nicht der entschiedene Ausdruck dieser planmäßigen Verdächtigung ist? Oder haben Sie vielleicht nicht in Erinnerung, was man dem Volke fortan wiederholt, und als Dogma der Freiheit proclamiren: "Kümmert euch nicht, die Majorität des Reichstages ist freilich gegen euch, aber hinter der Minorität steht die Gesammtheit des Volkes. " Ich frage, ob das der wahre constitutionelle Boden ist, der Boden der Freiheit, wenn die Minorität sich über die Majorität stellen, für sich den Ausdruck des Gesamtwillens usurpieren will. Meine Herren! ich weiß, daß die Worte, die ich hier spreche, Gift sind für die Feinde der Freiheit; aber ich fürchte sie nicht. So lange ich Athem in meiner Brust habe, werde ich für die Freiheit und das Recht, aber auch für die gesetzliche Ordnung in die Schranken treten! Das ganze Ministerium ist von demselben Geiste durchdrungen, und es wird ähnlichen Bewegungen jederzeit mit aller Entschiedenheit, aber auch in den Grenzen des constitutionellen Bodens entgegen treten, und in diesem Geiste handelnd, hoffen wir auf die Unterstützung dieses Hauses. (Anhaltender stürmischer Beifall.)

Löhner. Ich habe auch eine Interpellation zu stellen. Ich möchte eigentlich fragen, wie viel von dieser Antwort für mich bestimmt war. Der Herr Minister hat für gut befunden, an die Kammer zu sprechen, das mag in seinem Rechte sein; ich hätte aber gewünscht, daß ich früher dazu gekommen wäre, eine andere Interpellation zu stellen. Ich habe zwei Fragen zu stellen. Die erste ist: es sind von hiesiger Seite mehrfache Interpellationen gestellt worden, feit zwei Monaten, mit dem Ersuchen um die Vorlage gewisser Papiere. Das Ministerium hat, laut der stenographischen Berichte, die Vorlage dieser Papiere zugesagt, bis jetzt aber habe ich noch keine gesehen, und ich habe mir vorgenommen, daß über denselben Gegenstand, über welchen bereits vor zwei Monaten eine Interpellation vom Abg. Neuwall gestellt wurde, die Papiervorlage verlangt werde. Er hat vom Finanzministerium ein Verzeichniß verlangt über diejenigen Beamten, welche seit dem März beurlaubt, pensioniert und quiescirt worden sind. Bis jetzt ist mir, obgleich damals das Ministerium diese Vorlagen versprach, davon nichts bekannt, und in Folge dessen mag es gekommen sein, daß neuerlich ein Antrag gestellt wurde, was es denn eigentlich für ein Bewandtniß mit den Mitgliedern des ehemaligen sogenannten Staatsrates habe?

Wenn diese Papiere wären vorgelegt worden, so wäre vom Herrn Präsidenten die Mittheilung erfolgt, und es hätte der Interpellant seine Neugierde darüber befriedigen können.

Ich und die Kammer wissen aber bis heute noch nicht, ob diese Papiere ausgeliefert worden sind.

Ich habe noch eine andere Frage. So habe ich verlangt im September die Vorlage über die Arbeiten der Provinzial  Landtage, sie sind mir zugesagt worden, aber sie liegen mir nicht vor; dieß alles hat mich gehindert den Vorschlag zu machen, es möchten unterdessen, während die Verhandlungen des Reichstages dauern, die Thätigkeit der Landtage suspendiert werden; das Ministerium hat mich neulich selbst daran erinnert, und ich meines Theils muß erklären, daß ich einen Antrag gestellt hätte, wenn mir diese Papiere zur Einsicht gegeben worden wären.

So wurde von mir am 24. August das Ersuchen an den Minister des Äußern und der Finanzen gestellt, um Vorlage der Papiere über die Güter des Herzogs von Toscana in Böhmen, die Papiere sind noch nicht angekündigt worden. So stellte ich eine Anfrage an den Herrn Minister des Innern in einer sehr wichtigen, von mir weitläufig motivierten Interpellation, um Vorlage über die Rekrutenaushebungen, die seit März stattfanden, in welchem Maße und zu welcher Zeit? Die Vorlage der Papiere wurde versprochen, ist aber bis heute nicht erfolgt.

Endlich ist bezüglich Croatien die Staatsschrift für uns in Aussicht gestellt worden, sie ist bis heute noch nicht vorgelegt; auch wurde uns neuerlich zugesagt die Vorlage von Papieren, die feit den 17. Mai also vor einer schönen Zeit begonnen werden mußten, zu sammeln, nämlich die Untersuchungsacten der damaligen Ereignisse, mit welchen sich die Entfernung Sr. Majestät verbindet, diese Papiere sind bis heute abermals nicht vorgelegt. Nun frage ich das gesammte Ministerium, ob und wann es diese Gesamtpapiere vorzulegen gedenke.  Eine weitere zweite Frage:  Es sind gestern Berichte hier vorgelesen worden vom Kriegsminister, vom Minister der öffentlichen Arbeiten und endlich vom Minister des Handels, unterdessen sind wieder auf anderer Seite Berichte eingelaufen von Augenzeugen, von Mitgliedern dieser Kammer, die, ich stehe nicht an zu erklären, im directen Widerspruche gestanden haben mit den uns vorgelegten Papieren. Ich erkläre ferner, daß mir von mehreren Seiten Notizen zugekommen sind, welche den Zusammenhang der Bewegung einerseits der Volksleute, aber eben so wenig den Zusammenhang der Bewegung von Seite der Nationalgarde und Militär erklären, namentlich ist gestern eine Ankündigung gemacht worden, die mir ein Rätsel ist. Ich habe nämlich den Oberkommandanten Streffleur gesehen mit dem vom Herrn Justizminister so hart inkriminierten Zettel auf seinem Hute, und zwar nicht in einer Begleitung, wo man glauben möchte, daß er nicht im Zustande der Freiheit wäre, sondern er hat den Zettel in Gegenwart mehrerer Hauptleute der Garde am Hute behalten. Ich verstehe nicht, wie ein Officier, wie ein Oberkommandant der Nationalgarde einen solchen Zettel aufzustecken gezwungen werden konnte, denn dann wäre es eine Ehre gewesen, sich dagegen zu wehren, oder wie es kommt, daß er freiwillig diesen Zettel getragen hat, was die Folge haben konnte, daß auch andere irregeführt wurden, denn wenn der Oberkommandant den Zettel auf seinem Hute trägt, so konnten sie doch nicht glauben, daß er Hochverräter ist. (Bewegung.) Meine Herren, ich hätte den Zettel nie aufgesteckt, denn ich halte den Sicherheitsausschuß für gestorben und begraben, aber ich behaupte nur, daß das Benehmen des Oberkommandanten mir höchst unbegreiflich ist. Es sind mir z. B Notizen zugekommen, daß nach einem vom Obercommando ergangenen Befehle, schon seit gestern Früh der größte Theil der akademischen Legion an verschiedene Puncte in ihre Pflicht geschickt waren, nämlich zum Dienst; auf der ändern Seite haben wir gehört, die Legion fei beisammen, wolle den Reichstag sprengen, Republik proclamiren, und was weiß ich noch was, ich kann da den Zusammenhang über das, was geschehen ist, durchaus nicht erkennen. Ich stelle also die Frage ans Ministerium.

Ob das Ministerium seinerseits nichts einzuwenden hat, gegen den von mir schon gestern gestellten Antrag (die Kammer kann sich erinnern) über die Ursachen, den Verlauf, den Zusammenhang, die Motive und den Charakter der gestrigen Bewegung, und das Verfahren der Behörden dabei einen erschöpfenden Bericht auf den Tisch des Hauses niederzulegen. Ich zweifle nicht, daß, wenn das Ministerium seinerseits keine Einwendung macht, ich um so mehr hoffen darf, daß mein Antrag zur Erörterung kommen darf. (Beifall und Zischen.)

Justizminister Bach. Ich erlaube mir nur den letzten Punct der Interpellation zu beantworten. Die übrigen Puncte, welche ein langes Examinahthorium enthalten über sechs oder sieben Gegenstände, werden die übrigen Herren Minister, in deren Wirkungskreis dieselben gehören, gewiß beantworten können. Ich kann nur sagen, daß die Acten, die von der verschiedensten Art sind, gewiß in kurzer Frist werden vorgelegt werden. Was die Untersuchungsacten rücksichtlich der Maivorfälle betrifft, so sind sie erst vor wenig Tagen verlangt worden, und ich gestehe offen, daß die letzten Tage die Minister so in Anspruch genommen haben, daß sie nicht Zeit finden konnten, diese bereits ins Archiv gelangten Acten zu requirieren, allein in der nächsten Sitzung werden sie vorgelegt werden. Ich bitte nur nicht den Zweifel zu hegen, daß das Ministerium nicht etwa gedenkt, die Erfüllung von derlei Zusicherungen hinaus zu schieben oder gar missliebige Acte nicht vor das Haus bringen zu wollen. Was aber die Untersuchung der gestrigen Vorfalle betrifft, so hatte bereits der Kriegsminister die Ehre dem hohen häufe anzuzeigen, daß sie unverzüglich eingeleitet und mit größerem Eifer fortgesetzt werden wird. Ich glaube, daß das ein Act ist, welcher der vollziehenden Gewalt überlassen werden sollte und nicht wie der Herr Interpellant meint, daß darin eine Veranlassung gefunden werde, durch die Aufstellung einer Commission dem Ministerium ein Mißtrauensvotuni auszusprechen. (Nein, nein.)

Finanzminister Krauß. Nachdem eine so lange Reihe von Interpellationen in der Einen enthalten ist, so werde ich mit der Beantwortung der Ersten beginnen. Die erste Interpellation ist an mich gerichtet und beruht auf dem Factum, daß der Herr Abg. Neuwall mehrere Ausweise gefordert hat. Ich habe eine zu hohe Achtung vor dein Abg. Neuwall, als daß ich glauben sollte, daß Neugierde das Motiv war, welches ihm zur Interpellation damals bestimmt hat; ich glaube, es liegen viel wichtigere Gründe vor, als bloße Neugierde. Nun, was die Sache selbst betrifft, so muß ich bemerken, daß ich gleich damals erklärt habe, es sei nicht möglich die geforderten Ausweise in so kurzer Zeit vorzulegen, ich müsse vorerst die Behörden vernehmen und Zusammenstellungen darüber machen lassen, dieß ist denn auch geschehen, und ich hoffe in Kürze diese Ausweise vorlegen zu können. Der Herr Interpellant scheint aber den Gegenstand nicht ganz richtig aufgefaßt zu haben, wenn er glaubt, daß über die Glieder des Staatsrates in diesen Ausweisen etwas vorkommen könne.

Wenn er vorausgesetzt hat, daß diese Glieder des Staatsrates ohne Beschäftigung geblieben seien, so möge er gütigst erwägen, daß der Staatsrats nicht allein für die deutschen und slawischen, sondern auch für die übrigen Provinzen, und unter diesen auch für ein Land, nämlich Siebenbürgen eingesetzt war, welches erst in der neuesten Zeit mit Ungarn vereinigt worden ist. Der Staatsrats hatte daher bis zu diesem Zeitpuncte Beschäftigung. Von den Individuen des Staatsrates konnte also in dem Ausweise nicht die Rede sein, in welchem die feit dem März d. I. mit Fortbezug ihres Gehaltes vom Dienste mit Urlaub abwesenden Beamten aufzuführen sind.

Die Pensionierung der Glieder des Staatsrates ist erfolgt, nachdem die Beratungskörper, denen sie angehörten, in Folge der Änderungen in den ungarischen Ländern auch aufgelöst wurden. Dieß ist die Änderung, die mit den Mitgliedern des Staatsrates vorging. Was das übrige betrifft, so sind dieß Gegenstände, welche die übrigen Minister berühren. Namentlich wird rücksichtlich der sogenannten toskanischen Güter der Herr Minister des Äußern die Interpellation beantworten. Ich habe schon ursprünglich die Ehre gehabt, zu erklären, daß, wo Staatsverträge eintreten, der Minister des Hauses antworten werde, und der Minister des Hauses ist in der Lage darauf zu antworten. Ich weiß nur so viel, daß bereits in dein Congreßacte vom Jahre 1815 die gedachten Güter als ein Privateigenthum Sr. Majestät bezeichnet werden.

Min. Doblhoff. Auch von meiner Seite ist in Erfüllung der Zusage, die verlangten Acten vorzulegen, keine Lässigkeit eingetreten, ich muß aber nur bemerken, daß es sich hier nicht um Acten handelt, die sich in der Registratur oder auf meinem Arbeitstische befinden, sondern um solche, die erst gesammelt werden müssen, und von einem solchen Umfange, daß es unmöglich war, sie bis jetzt zu liefern Da aber der Herr Interpellant Mißtrauen zu haben scheint, daß von meiner Seite dieselben nicht gegeben werden, so erlaube ich mir, ihn einzuladen, zu mir zu kommen, und sich zu überzeugen, daß ich iii Bezug auf die Sammlung obiger Acten, die Provinziallandtage betreffend, bereits Alles verfügt habe, und daß erst vorgestern ein Convolut eingelangt ist, welches verschiedene Ausarbeitungen der Provinziallandtage enthaltet. In Bezug auf die Rekrutenaushebung aber berufe ich mich auf den Herrn Kriegsminister, daß erst vorgestern möglich war, die verlangten Auskünfte über die Verwendung der ausgehobenen Rekruten zu ertheilen. Diese Acten liegen bereit, und ich werde sie morgen auf den Tisch des Hauses niederlegen, da ich gestern und vorgestern wirklich nicht in der Lage war, sie zu übergeben.

In Bezug auf die ungarische Staatsschrift muß ich erklären, daß das Ministerium den Entschluß noch nicht fassen konnte, dieselbe vorzulegen. Rucksichtlich des provisorischen oder des Stellvertreters des Nationalgarde Oberkommandanten und der Thatsache, welche früher ausgesprochen worden ist, daß er selbst jenen besprochenen Zettel aufgeklebt haben soll, muß ich erinnern, daß wir ihn, nachdem uns diese Nachricht zugekommen ist, sogleich zur Verantwortung gezogen haben, er sich aber entschieden erklärt hat, dieses nicht gethan zu haben. Nachdem uns aber diese Nachricht von einem Abgeordneten zugekommen ist, werden wir uns alle Muhe geben, der Sache auf den Grund zu kommen.

L ö h n e r. Der Herr Minister der Arbeiten hat diese Nachricht gestern gebracht.

H a w l i c z e k Ich habe eine Interpellation an den Präsidenten des Hauses zu stellen. Der Herr Abg von Saaz wundert sich sehr, daß gestern über diese Vorgange in Wien verschiedenartige Nachrichten in das Hans gekommen sind, namentlich über die Nachricht, daß Barrikaden gebaut würden. Ich frage, ob es nicht der Abg. von Saaz selbst war, welcher diese Nachrichten ins Haus brachte (Lebhafte Heiterkeit)

Präs Die Nachricht wurde mir überbracht vom Abg. von Saaz, und ich habe sogleich dem Hause die Mittheilung gemacht.

Löhner. Wollen Sie Herr Präsident mir bestätigen, daß ich diese Nachricht Ihnen ins Ohr gesagt habe, und daß ich es Ihnen überlassen habe dem Hause die Mittheilung zu machen oder nicht. (Lachen.)

Ein Abgeordneter. Ich trage auf Tagesordnung an.

Präs. Wird der Antrag unterstützt? (Erfolgt) Diejenigen Herren, welche dafür sind, daß zur Tagesordnung übergegangen werde, wollen aufstehen (Majorität)

Rieger. Ich trage an, daß wir uns in einer Abendsitzung um 6 Uhr versammeln.

Präs. Erlauben einen Gegenstand, der mich betrifft Ich halte es für wichtig. Den zweiten Gegenstand der Tagesordnung bildet die Präsidentenwahl, er muß in genauer Erwägung gezogen werden. Aus Anlaß der Begründung, daß heute keine Interpellation vorzunehmen wäre, habe ich als Grund angeführt, daß ich der Meinung anhange, daß der Reichstag ein constituirenden sei, und sich nach meiner Meinung nicht mit der Exekutivgewalt zu befassen habe. Ich glaube, daß dieß meine Worte sind. Diese Meinung hat nun Anlaß zu einem Antrage des Abg von Saaz gegeben. Dieser Antrag lautet: "Ich glaube, da der Herr Präsident in seiner eben vorgebrachten Äußerung erklärt hat, daß der Reichstag sich bloß mit der Legislatur zu beschäftigen habe, also ein indirektes Tadels Votum gegen unsere ganze gestrige Thätigkeit ausgesprochen hat, wolle die Kammer beschließen: Der Herr Präsident habe dieses zurückzunehmen. "  Ich glaube es ist ein Antrag der aus Anlaß der heutigen Debatte vorgebracht wurde.

Ich wurde wünschen, daß dieser Antrag zur Verhandlung käme, und weil er mich betrifft, so muß ich den Herrn Vicepräsidenten Strasser bitten, meinen Platz einzunehmen. (Aufregung, Ruf: Den Vicepräsidenten Hagenauer!)

Präs. Er ist nicht hier. Die Kammer wird mir einen Dienst thun, wenn sie den Antrag in Berathung zieht.

Doliak. Ich bitte ums Wort Ich trage auf Tagesordnung an.

Präs. Ich bin verpflichtet, diesen Antrag zur Abstimmung zu bringen. Doch wurde ich es sehr wünschen, daß vorläufig über den ersten Antrag verhandelt wurde, denn mir kann es nicht gleichgültig sein, daß meine Meinung, wenn sie auch von den Beschlüssen der hohen Kammer abweicht, schon als ein Tadels Votum angesehen werde, zumal der gefaßte Beschluß der hohen Kammer keine andere Folge hat, als daß er in Vollzug gesetzt werden muß, die Beurtheilung desselben aber nicht ausschließt, die ebenso mir, wie jedem anderen Kammermitgliedes zusteht.

Abg. Goldmark. Ich bitte Herr Präsident um das Wort in einer formellen Frage und nicht in Beziehung auf den Antrag.

P r ä s Der Herr Vizepräsident Straffer wird darüber verfügen. (Der Herr Vizepräsident Straffer besteigt die Tribüne und der Herr Präs. Strobach verläßt dieselbe.)

Vicepräs. Strasser. Ich erlaube mir vor Allem die hohe Versammlung zu ersuchen, mir die Erklärung dahin abzugeben, ob dieser Antrag unterstützt wird.

Abg. Löhner. Ich bitte mir die Begründung zu erlauben.

Abg. Goldmark. Ich bitte um das Wort über das Formelle der Frage, bevor über das Meritorische des Antrages gesprochen wird. Die Interpellationen haben begonnen in einer so hochwichtigen Angelegenheit, die bei mir, die bei der hohen Kammer, durchaus kein Lachen erregen konnte.

Es ist nach einer halben Stunde beschlossen worden zur Tagesordnung überzugehen. Ich wollte denselben Gegenstand in einer Interpellation berühren, würde jedoch durch den Übergang zur Tagesordnung unterbrochen. Nun kommt der Antrag, dessen der Herr Präsident erwähnt, und dessen Dringlichkeit ich anerkenne, und ich will nicht bestreiten, daß er zur Debatte kommen soll; da aber der Beschluß auf die Tagesordnung stillschweigend zurückgenommen ist, muß ich bitten, im Interesse des Gegenstandes die früher schon vorgemerkte Interpellation zu gestatten, da der Beschluß auf Tagesordnung zurückgenommen worden ist. (Ruf: Nein! Nein!)

Hauschild. Ich muß dem entschieden widersprechen; es ist von dem Antrage auf Tagesordnung nicht abgegangen worden. Der Antrag des Abg. für Saaz war ein persönlicher Angriff auf den Herrn Präsidenten, darauf hat unserer Geschäftsordnung nach der Angegriffene immer das Recht zu sprechen, ohne Berücksichtigung der Tagesordnung. Es ist überhaupt in diesem Haufe von mancher Seite Sitte geworden, das Bureau anzugreifen, das Bureau zum Diener des Hauses zu machen. Ich glaube, daß wir als Bureaumitglieder auch Glieder des Hauses sind, und uns gegen solche muthwillige Anfechtungen auch jedenfalls verwahren müssen. (Centrum und rechts Beifall.)

Lohner. Ich erlaube mir hierauf zu erwidern, daß zuerst zur Tagesordnung geschritten worden ist, hierauf wurde ein neuer Gegenstand von dem abgetretenen Präsidenten, nämlich mein Antrag vorgebracht, mithin ist der Beschluß der Kammer, zur Tagesordnung überzugehen, richtig eingehalten worden, indem man auf den nächstfolgenden Gegenstand überging. Dieser Gegenstand ist bereits in Angriff genommen worden, und mithin steht dem Interpellanten wieder der Anspruch zu interpelliren frei, und will man dieß hintertreiben, so muß erst wieder der Antrag auf Tagesordnung gestellt werden. Darf ich mir nur noch erlauben zu sagen, daß ich für meinen Theil nichts weiß von Angriffen aufs Bureau, und ich fordere die Herren auf, die im Bureau sind, und die darum, wie alle von uns es wissen müssen, daß es sich hier nicht um persönliche Angriffe gehandelt. Wenn der Herr Präsident in seiner Machtvollkommenheit als Präsident der hohen Kammer diesen Gegenstand in den Bereich der Tagesordnung gebracht hat, so müßte erst ein neuer Antrag auf Tagesordnung gestellt werden.

Hein. Wenn nur ein neuer Antrag auf Tagesordnung gestellt werden soll, so stelle ich ihn, denn es ist Zeit genug, daß die Geduld der Kammer nicht länger mißgebraucht werde.

Szabel. Ich muß zu dem Berichte des Abgeordneten für Saaz noch einige Worte der Berichtigung anführen. Es wurde von der Kammer der Beschluß gefaßt, zur Tagesordnung überzugehen, und an der Tagesordnung steht die Wahl des Präsidenten.

Der Herr Präsident hat hierdurch, daß die Wahl des Präsidenten an der Tagesordnung steht, die Veranlassung gefunden, einen ihn betreffenden Gegenstand zur Sprache zu bringen, das ist durchaus kein fremder Gegenstand; sondern ein mit der Wahl des Präsidenten im Zusammenhange stehender Gegenstand. Ich glaube daher, daß der Übergang zur Tagesordnung nur wegen eines persönlichen Bezuges auf den Präsidenten wieder von einem Abgeordneten vorgeschlagen wurde.

(Ruf: Abstimmung über die Präsidentenwahl.)

Vicepräs. Strasser. Es ist der Antrag auf Übergang zur Tagesordnung gestellt, wird er wieder unterstützt? (Zahlreich unterstützt.)

Vicepräs. Ich glaube, es ist auch die Majorität.

Löhner. Ich komme jetzt zur Begründung meines Antrages.

Hein. Ihr Antrag ist nicht auf der Tagesordnung.

Rieger. Ich glaube mich sehr wohl erinnern zu können, da in einer Sitzung, wo ich den Antrag gestellt habe, die hohe Kammer möge erklären, was unter den Worten: "Übergang zur Tagesordnung", zu verstehen sei, eben der Herr Abgeordnete für Saaz die Einwendung gemacht habe, daß der Übergang zur Tagesordnung so viel heiße, als der Antrag werde fallen gelassen. Ich glaube damals hat die Majorität der Kammer dein beigestimmt, und ich glaube der Abgeordnete für Saaz wird sich diesem Beschlüsse fügen, auch in diesem Augenblicke.

Vicepräs. Ich erlaube mir die Frage zu stellen an die hohe Versammlung, sie möge sich aussprechen, ob jetzt nach dieser Sachlage zur Präsidentenwahl übergegangen werden soll oder nicht? (Ja, ja.) Diejenigen Herren, welche sich dafür aussprechen, wollen es durch Aufstehen erklären. (Geschieht.) Majorität.

(Kleine Pause.)

(Glockenzeichen.)

Meine Herren, ich bitte in Folge des gefaßten Beschlusses, mit der Wahl des Präsidenten zu beginnen, und daher auf die bereits vorliegenden


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