Pátek 13. øíjna 1848

Abendsitzung am 13. October 1848.

Vorsitzender: Präs. Smolka.

Anfang um 5 Uhr.

Präs. Die Adresse, welche an Seine Majestät abgesendet werden soll, ist bereits entworfen; da aber der Herr Abg. Borrosch, der sie vortragen soll, nicht anwesend ist, so werde ich mir erlauben, vorzuschlagen, daß die Wahl des zweiten Vice-Präsidenten vorgenommen werde; auch wird der permanente Ausschuß über einiges Wichtige, was vorgekommen ist, Bericht erstatten,

(Die Wahl wird vorgenommen.)

Präs. Jetzt werden die Stimmzettel verlesen, wobei ich bemerke, daß auch die der Herren aus dem permanenten Ausschusse mitbegriffen sind.

Die Abstimmung lieferte folgendes Resultat. An der Abstimmung haben Theil genommen 197 Mitglieder; die absolute Stimmenmehrheit beträgt 99; der Abg. Pillersdorff erhielt 90, der Abg. Ambrosch 54, der Abg. Hagenauer 42, der Abg. Lasser 3, Abg. Schuselka 5 und Abg. Umlauft 3 Stimmen.

Es hat sich somit keine absolute Majorität ergeben; das Scrutinium muß nochmals vorgenommen werden, und zwar nach der Geschäftsordnung zwischen den beiden Herren Abg. Pillersdorff und Ambrosch, welche die meisten Stimmen haben. Ich ersuche die Wahl nochmal vorzunehmen. (Geschieht.)

Die Wahl hat zu folgendem Resultate geführt. An der Wahl haben sich betheiligt 202 Mitglieder. Die absolute Mehrheit ist 102 Stimmen. Der Herr Abg. Pillersdorff hat 159 Stimmen erhalten, und ist demnach zum zweiten Vice-Präsidenten erwählt. (Großer anhaltender Beifall.)

Abg. Pillersdorff. Wenn ich hoffen darf, daß die Wahl, wodurch Sie mich geehrt haben, und wodurch ich mich so sehr geehrt fühle, aus dem Vertrauen in meine Gesinnungen entsprungen ist, und in die Bereitwilligkeit, unseren würdigen Herrn Präsidenten in seiner schwierigen Aufgabe zu unterstützen, und aus dem Vertrauen in meine Gesinnung, die mit der Ihrigen so ganz übereinstimmt, unsere Bemühungen und unsere Kräfte dazu aufzubieten, um die Volksfreiheiten und die Entwickelung unseres constitutionellen Baues zu fördern: glaube ich Sie versichern zu können, daß Sie sich nicht getäuscht haben; aber ich besorge, daß Sie sich in dem Maße meiner Kräfte getäuscht haben, und deßhalb bitte ich Sie um Entschuldigung und Nachsicht. (Beifall.)

Präs. Außer dem Herrn Abg. Pillersdorff erhielt der Herr Abg. Ambrosch 43 Stimmen. Ich würde nun den Abg. Borrosch ersuchen, die Adresse vorzutragen, wenn er sich hier befinden sollte. (Ist abwesend.)

Also ersuche ich den Herrn Schuselka, zur Berichterstattung des permanenten Ausschusse zu schreiten.

Abg. Schuselka. Wir haben von dem Abg. Löhner eine telegraphische Depesche erhalten: "Löhner ist gestern um 10 Uhr Nachts nach Selowitz gekommen, wurde aber um 1 Uhr bei Falkenhain nicht vorgelassen; man verweigerte den Erzherzog zu wecken, nachdem man vorgegeben hat, die Sache sei ihm schon bekannt. Die anderen Abgeordneten, nämlich die Deputation, wurde um 8 Uhr Nachts bei Seiner Majestät dem Kaiser vorgelassen; er gab ihnen die Antwort von fast gleichem Inhalte, wie das Manifest vom 6. October, datirt zu Schönbrunn. Fürst Lobkowitz gab zweimal mündliche Auskunft: Graf Auersperg und Banus Jellaèiè würden nicht angreifen, sondern sich nur vertheidigen; Jellaèiè fechte nur gegen Ungarn, und es müßte erst rücksichtlich seiner verfügt werden. Schriftliche Antwort wurde verweigert. Nachrichten laufen ein, Fürst Windischgrätz lasse alle Stunden, oder alle 6 Stunden — es ist schwer zu lesen — ein Bataillon marschiren. Eine andere telegraphische Depesche aus Olmütz zeigt an, daß Wessen berg in Olmütz angekommen sei.

Diesen Nachmittag erschien vor dem permanenten Ausschusse ein Abgeordneter des Baron Jellaèiè, ein Cavallerie-Officier, escortirt von Garden der akademischen Legion. Er brachte folgende, an den Reichstag gerichtete Zuschrift des Banus:

"Hoher Reichstag!

"Aus der Antwort, welche ich gestern die Ehre hatte, an Seine Excellenz den commanirenden Generalen Grafen Auersperg aus Anlaß einer von Seite des hohen Reichtages an denselben gerichteten, und zweifelsohne von demselben bereits erwiederten Zuschrift, zu geben, wird der hohe Reichstag die Motive, welche mich vor die Mauern Wiens geführt haben, zuverlässig mit Beruhigung entnommen haben. Ich erlaube mir zu diesem nur noch die bestimmteste Erklärung zuzufügen, daß es mir eben so sehr meine eigene innigste Ueberzeugung, als meine Stellung zur heiligsten Pflicht macht, die freien Institutionen unseres Vaterlandes nicht allein nicht anzutasten, sondern mit allen meinen Kräften zu schützen.

"Mein jetziges Verhältniß zu der herrschenden Partei in Ungarn ist ja eben der Beweis für mein Streben nach Gleichberechtigung und gesetzlicher Freiheit. Die Anarchie, die Herrschaft der rohen Gewalt ist ein Fluch für alle Völker, und diese zu bekämpfen ist eines jeden rechtlichen Staatsbürgers Pflicht, und in diesem Sinne biete ich mit aller Energie des Willens und der Thal jeder gesetzlichen Gewalt meine Hilfe an.

"Der hohe Reichstag erlaube mir am Schlusse noch die Bemerkung, wie bedauerlich es ware, wenn bei einem etwaigen Ueberschreiten der österreichischen Gränze durch die magyarischeu Truppen die Gegend um Wien der Schauplatz eines blutigen Kampfes, und Wien selbst den Gräueln eines verderblichen Krieges preisgegeben würde, den ich im Interesse der Menschheit und des österreichischen Gesammtvaterlandes so gerne vermieden und einen Frieden herbeigeführt wissen möchte, der auf feste Garantien gestützt, im Stande wäre, Ruhe, Ordnung und gesetzliche Freiheit, somit das glückliche Gedeihen des Kaiserstaates und aller seiner Theile unter dem Scepter unseres constitutiouellen Kaisers und Königs bleibend zu sichern.

"Hauptquartier Rothneusiedl am 13. October 1848.

Jellaèiè m. p.

F.M.L. Ban."

Ihr permanenter Ausschuß hat diese Zuschrift in Berathung genommen und sich zu dem Beschlusse vereiniget, daß diesem Schreiben jedenfalls eine Antwort zu geben sei, und zwar die nicht von dem Reichstage selbst, sondern im Auftrage des Reichstages vom permanenten Ausschusse zu erfolgen wäre. Wir haben uns erlaubt, zur Vereinfachung des Geschäftes eine Antwort zu entwerfen, die ich Ihnen vorlesen und Ihrer Genehmigung unterziehen werde.

"An Seine Excellenz den Banus von Croatien Baron Jellaèiè!

"In Erwiederung auf die Zuschrift Euerer Excellenz läßt der constituirende Reichstag durch seinen permanenten Ausschuß Folgendes erklären:

"Es herrscht in Wien weder Anarchie noch rohe Gewalt (Beifall), sondern der Reichstag ist im Vereine mit dem k. k. Ministerium bemüht, in Abwesenheit Sr. Majestät des Kaisers die gesetzliche Ordnung aufrecht zu erhalten, und er wird hierin durch die vortreffliche Haltung des Volkes mit glücklichem Erfolge unterstützt. (Beifall.) Das Außergewöhnliche unseres Zustandes besteht lediglich darin, daß das ganze Volk in Waffen ist, und auch dieser außerordentliche Zustand ist in der That ein natürlicher, weil sich das Volk von Wien durch die kriegerische Aufstellung zweier Armeen vor seinen Thoren bedroht sehen muß. (Beifall.) Der Anmarsch Euerer Excellenz hat bereits den Nachzug einer ungarischen Armee zu Folge gehabt, welcher uns bereits durch ein in der Reichsversammlung mit Acclamation aufgenommenes Schreiben des ungarischen Reichstages kund gegeben worden ist. — Auch wir müßten es sehr bedauern, wenn die Umgebung Wiens der Schauplatz eines blutigen Kampfes würde, allein diese traurige Möglichkeit ist einzig und allein durch die Ankunft Euerer Excellenz veranlaßt worden, und muß daher der Reichstag die bereits durch das k. k. Ministerium Euerer Excellenz gemachte Erklärung wiederholen, daß das einzige Mittel zur Vermeidung eines blutigen Conflictes und zur Beruhigung Wiens der Abzug des Euerer Excellenz Befehlen folgenden Heeres sein kann. (Beifall.) Wie sehr übrigens der Reichstag auch seinerseits im Interesse der Menschlichkeit, im Interesse des österreichischen Gesammtvaterlandes, einen auf festen Garantien gestützten Frieden wünscht, beweist die in der Reichsversammlung beschlossene Adresse an Seine Majastät den Kaiser und König, wovon Euere Excellenz anliegend eine Abschrift erhalten."

Wir bezogen uns da auf die Adresse, welche der Reichstag beschlossen hat, über Antrag des Abg. Borrosch, Seiner Majestät vorzutragen. Wir halten es nämlich eben im Interesse der Menschlichkeit und der Humanität allerdings für unsere Pflicht, die Gelegenheit zu ergreifen, um zu zeigen, daß wir eben mit Rücksicht auf die höheren und höchsten Interessen auch daran gedacht haben, diesem verderblichen Völkerconflict nach unseren Kräften vorzubeugen oder vorzubeugen zu suchen. Deßhalb haben wir uns erlaubt zu beantragen, daß eine Abschrift dieser Adresse an Seine Majestät, dem Ban Jellaèiè beigelegt werden möge.

Ich bitte nun zu entscheiden, ob diese Antwort in der Art wie sie jetzt vorgelesen worden ist, erfolgen soll. (Bravo! Ja!)

Präs. Wünscht Jemand das Wort darüber zu nehmen?

Abg. Goldmark. Ich bin mit der Haltung dieser Adresse, die ganz der Würde dieser hohen Kammer angemessen ist, vollkommen einverstanden. Indessen glaube ich jedoch, daß man den Herrn Baron Jellaèiè aufmerksam mache darin, daß es sich für einen Mann von seiner Stellung nicht gezieme, ein so kurzes Gedächtniß zu haben und zu sprechen auf der einen Seite von der Aufrechthaltung der freien Institutionen und auf der anderen Seite eine der wichtigsten Institutionen so anzugreifen, wie es in demselben Momente, in dem ich spreche, geschieht, und wie es schon früher geschehen ist.

Ich frage Sie, meine Herren! mit welchem Rechte kann der Banus Jellaèiè, da er nicht als Feind vor unseren Mauern, wenigstens seiner Angabe nach, gekommen ist, die Umgebung Wiens, die ihn wahrhaftig nicht angegriffen hat, entwaffnen, und dadurch das allgemeine Waffenrecht, das Recht der Nationalgarde, Waffen zu tragen, in der That auf Null reduciren.

Wenn man ein solches Recht angreift, das ist in Wahrheit ein Zeichen eines sehr geringen Gedächtnisses, wenn nicht etwas noch Schlechteren.

Ich glaube daher in dieser Adresse, die ich übrigens ganz dem Herrn Berichterstatter überlasse, den Ban Jellaèiè auf diesen Widerspruch aufmerksam zu machen, und zwar um so mehr aufmerksam zu machen, da in diesem Momente der Angriff bei der St. Marxer Linie nicht nur in kleinerem, sondern auch in einem größeren, wenn auch maskirten Maßstabe geschehen ist. Ich beantrage daher, ihn aufmerksam zu machen, an geeigneter Stelle, auf diesen Widerspruch, welcher in der Adresse im Vergleiche mit den bisherigen Handlungen enthalten ist, nämlich auf die Entwaffnung der ganzen Umgebung, die sich bisher nicht feindselig gezeigt und die ihn nicht angegriffen hat; zweitens auf die Brandschatzung und willkürliche Einquartierung, das wahrhaftig nicht ein Freund thut.

Präs. Ich ersuche diesen Antrag vorlegen zu wollen.

Abg. Smreker. Ich würde wünschen, daß in dieser Zuschrift kurz und klar bemerkt werde, daß wenn Jellaèiè nicht unverzüglich seinen Rückzug antritt, man auch der Nothwendigkeit weichend die Bevölkerung Wiens bei allfälligen Gewaltthätigkeiten nicht zurückhalten könne. (Beifall.)

Abg. Schuselka. Ich bin mit der Ansicht der Herren Goldmark und Smreker einverstanden, nämlich in soferne einverstanden, daß ich diesen Widerspruch allerdings herausfühle, daß ich das, was bei den Linien Wiens geschehen ist, die Stellung, welche die Armee einnimmt, beklage, sowie meine Herren Collegen bei dem permanenten Ausschusse. Es ist uns in dieser Beziehung sehr schwer geworden, das Gefühl der Entrüstung zu unterdrücken, dadurch, daß wir, wie es in solchen schwierigen Angelegenheiten nöthig ist, eben den faktischen Stand ins Auge fassen, und dieser faktische Stand zeigt uns nun, daß überall und zu allen Zeiten, wenn eine Armee in großen Massen sich aufstellte, dieß ohne Belästigung der Bewohner, und namentlich auch der eigenen Sicherheit wegen ohne Entwaffnung niemals geschehen ist, und niemals kann. Wir haben deßhalb es nicht in unserer Aufgabe gehalten, uns mit dem Banus Baron Jellaèiè über diese Puncte in unserer Antwort in ein kritisches Gezänk einzulassen. Wir haben diese Zustände als traurige Nothwendigkeiten, die sich bei einem Marsche der Armee, die sich nirgends vermeiden lassen, erkannt, und geglaubt, daß es in der Würde der Sache liege, dieses mit Stillschweigen zu übergehen. Ich bin jedoch gerne geneigt, falls die hohe Kammer beschließen sollte, auf diese Puncte einzugehen, um dem Wunsche des Herrn Abgeordneten zu genügen; glaube aber nur in Betreff des einen Punctes noch die Mittheilung machen zu müssen, daß der traurige Zutstand allerdings eingetreten ist, daß jetzt vielleicht schon an einigen Puncten der Linie gekämpft wird, indem sich die dort aufgestellten bewaffneten Bewohner der Vorstädte und der nahe gelegenen Ortschaften nicht mehr zurückhalten lassen, den Angriff zu beginnen. Wir find durch Garden der Legion dringend aufgefordert worden, dagegen zu wirken; denn diese eben so tapfern als besonnenen Garden der akademischen Legion sehen es vollkommen ein, daß solche vereinzelte Angriffe nur zum Verderben ausfallen müssen, fruchtlos Menschenblut kosten, und Kräfte, die wir noch brauchen können, unnütz vergeudet würden. Wir haben uns daher veranlaßt gesehen, nicht nur eine Zuschrift hinauszusenden, und das schriftlich zu wiederholen, was wir vielen dieser Herren oft mündlich gesagt haben, sondern wir haben auch geglaubt, ihnen mittheilen zu müssen, daß vom Kaiser unserer Deputation die Versicherung gegeben wurde, daß die beiden Feldherren nicht angreifen werden. Wir haben, um unserer Sendung noch mehr Nachdruck zu geben, und einen günstigen Erfolg zu bezwecken, den Abg. Füster gebeten, mit mehreren Legionisten hinauszugehen und Alles anzuwenden, um die dortigen kampflustigen Schaaren zu bewegen, sich bloß defensive zu verhalten. Allein, indem ich dieses anführe, gestehe ich, daß diese Gründe mir nicht wichtig genug erscheinen gegenüber dem großen gewaltigen Momente, in dem wir stehen, darüber mit den Feldherren zu rechten, weil wir von der Ansicht ausgegangen sind, daß immer und überall, wo sich bewaffnete kampflustige Schaaren so nahe stehen, sich solche Vorpostengefechte, selbst gegen den Willen der Führer, leider nicht vermeiden lassen.

Wir haben bei dieser Gelegenheit freilich nicht umhin gekonnt, unter uns auszusprechen — und ich spreche es auch hier aus — daß ein sehr greller Widerspruch zwischen den Freundschaftsversicherungen, mit den Versicherungen, nur die Freiheit und Ordnung zu wahren, welche der Banus angab, und dem so nahen Anrücken an die Stadt vorliegt, — und noch weit mehr, als das Entwaffnen der Garden und Einquartieren und vielleicht nicht zu zarte Requiriren der Lebensmittel und Fourage, die unvermeidliche Nothwendigkeiten sind, wenn ein Feldherr mit seinen Truppen einrückt: aber dieß, daß der Banus die Truppen bis unmittelbar vor die Linie und mitten in den Gassen der umliegenden Ortschaften vorrücken läßt, steht in bedeutendem Widerspruche mit dem lebhaft ausgedrückten Wunsche, blutige Conflicte zu vermeiden.

Präs. Zu dem Antrage bes permanenten Ausschusses, der eben verlesen wurde, ein Antwortschreiben an den Banus Jellaèiè zu erlassen, liegt ein Verbesserungs-Antrag des Abg. Goldmark vor, welcher lautet: "Ich beantrage, daß in der Antwort an den Baron Jellaèiè auf die Widersprüche aufmerksam gemacht werde, der zwischen seinen Versprechungen, freie Institutionen aufrecht zu erhalten, und seinen Thaten herrscht."

Ich werde mir erlauben, den Antrag der Commission vor allem zur Abstimmung zu bringen, und sodann die hohe Kammer befragen, ob auch dieser vom Abg. Goldmark angeregte Umstand darin aufgenommen werden soll. (Unterstützt.)

Der Antrag der Commission ist der hohen Kammer verlesen worden, wünscht vielleicht die hohe Kammer, daß ich ihn nochmals lese? (Ruf: Nein, nein!) Jene Herren, welche dieses Antwort schreiben an den Ban Jellaèiè zuerlassen wünschen, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Majorität.)

Jetzt werde ich mir erlauben, über den Zusatz-Antrag die Unterstützungsfrage zu stellen, für den Antrag des Abg. Goldmark, damit nämlich in dem Antwortschreiben an den Ban Jellaèiè auf die Widersprüche aufmerksam gemacht werde, die zwischen seinen Versprechungen für die freien Institutionen und seinen Thaten herrschen. (Unterstützt und angenommen.)

Ich werde demnach den Herrn Berichterstatter ersuchen, diesen Zusatz-Antrag aufzunehmen.

Ein Abg. Ich erlaube mir die Anfrage, ob dem Ban Jellaèiè das kaiserliche Schreiben in Abschrift mitgetheilt worden ist, das letzte nämlich mit der Versicherung des Kaisers, daß beide Feldherren nicht in der Absicht anzugreifen da sind.

Präs. Das ist eine telegraphische Nachricht des Abg. Löhner, sollte diese vielleicht mitgetheilt werden? (Nein, nein!)

Ich glaube die hohe Kammer wird wohl einverstanden sein, damit dieser Zusatz-Antrag des Abg. Goldmark vom Abg. Schuselka redigirt und das Schreiben sofort expedirt werde. (Ja, ja!)

Abg. Borrosch (besteigt die Tribune zur Mittheilung der von ihm verfaßten Adresse an Seine Majestät.)

Im Auftrage der Commission habe ich diese Adresse verfaßt, welche bis auf den Eingang von der Commission einmüthig angenommen wurde.

Dieser Eingang betraf eine Erwiederung, gleichsam möchte ich sagen, eine Wahrung gegenüber dem Manifeste aus Schönbrunn und der gestern uns kundgewordenen Veröffentlichung. Den Gründen, welche dagegen vorgebracht wurden, daß es nicht zweckmäßig scheinen dürfte, ganz verschiedenartige Gegenstände mit einander zu vermengen, habe ich mich gefügt, ihnen die gerechte Anerkennung nicht versagen könnend.

Die Adresse lautet nun wie folgt:

"Euer Majestät!

"Ein Zeitraum von nur drei Tagen liegt zwischen der letzten und der gegenwärtigen ehrfurchtsvollen Adresse des constituirenden Reichstages an Euere Majestät, und dennoch hat seitdem jede Stunde für Millionen Staatsbürger, welche die aufopferndste Liebe für Volksfreiheit mit unerschütterlicher Treue gegen den constitutionellen Monarchen und mit vollster Gerechtigkeits-Erzeugung gegen jede Nationalität Oesterreichs vereinen, den drohenden Zerfall des Staates immer näher gerückt; denn nationale Wirren durchkreuzen jedes der Freiheitsverwirklichung und der Vaterlandsrettung geweihte Streben. Es ist nun dahin gekommen, daß das alleinige, leider so lange unbeachtet gebliebene Mittel, Völkerwünschen die gebührende Rechnung zu tragen, jetzt inmitten der in Sturmeswogen aufbrausenden Fluthen der letzte Hoffnungsanker bleibt. Nur ein internationaler Völkercongreß des österreichischen Gesammt-Vaterlandes, dessen Idee zum Heile Aller nur mehr durch die Macht der materiellen Interessen und des Bedürfnisses gegenseitiger Schirmung der Volksfreiheit wie der Nationalitätsrechte verwirklichbar ist, nur ein solcher Völkercongreß bietet als letztes Rettungsmittel sich dar.

"Die Armee, deren Bestimmung es ist, das Vaterland gegen auswärtige Feinde zu schirmen, kann noch manchen durch Völkerglück zu theuer bezahlten Sieg im gräßlichen Bürgerkriege erfechten, aber ein Uebel nicht beheben, welches sich vielmehr vergrößern muß, weil endlich die durch sie bekämpften übermächtigen Interessen in ihr selber sich geltend machen, und sie in feindliche Heere spalten. — Eure Majestät! Die Völker vertrauen auch jetzt noch ihrem constitutionellen Monarchen, und können nicht, wollen nicht glauben, daß Euer Majestät liebevolles Herz sich werde abhalten lassen, auch den Völkern zu vertrauen, und einen friedlichen Congreß der blutigen Waffengewalt vorzuziehen. Eurer Majestät erhabener Name wird ein von den Herzen der Völker geheiligter, ein unsterblicher sein in der Geschichte, wenn Eure Majestät dieser dringenden Bitte des loyal vorgehenden Reichstages Gehör geben. Als wahrhaft loyaler Reichstag darf er zu keiner Täuschung den unfreiwilligen Anlaß geben, und muß namentlich in Bezug auf das Königreich Ungarn die mögliche Deutung auf das entscheidenste ablehnen, als wolle der österreichische Reichtag als friedliches Werkzeug denselben Zwecken dienen, welche bisher durch Waffengewall in Ungarn angestrebt werten und wodurch eben der Bürgerkrieg auch in den westlichen Kronländern Eurer Majestät aufzulodern beginnt.

"Der constituirende Reichstag hat einzig und allein den Zweck im Auge, die Brandfackel des Bürgerkrieges zu löschen und die dem Reichstage obliegenden Pflichten gegen die durch ihn vertretenen Völker erfüllen zu können, und die Wahrung der internationalen Interessen zwischen der Krone Ungarns und den im constituirenden Reichstage vereinigten Provinzen jenen Völkerverbrüderungsbund zu ermöglichen, der durch die Selbsterhaltungspflicht Aller geboten ist, woferne nicht die Rechte des erblichen Thrones, der Volksfreiheit, der Nationalitäten und die durch gemeinsame materielle Interessen bedingte Vaterlands Wohlfahrt gefährdet werden sollen.

"Der constituirende Reichstag beschwört demnach Eure Majestät auf das feierlichste, einen Friedenscongreß der Völker des Königreiches Ungarn und seiner Kronlänter durch frei von ihnen gewählte Abgesandte unverzüglich in Wien eröffnen zu lassen, unter Zuziehung eines internationalen Ausschusses, bestehend aus Abgeordneten des constituirenden Reichstages, und unter Mitwirkung der beiden verantwortlichen Ministerien von österreichischer und ungarischer Seite. Möge dieser Friedenscongreß den Anlaß bieten, mit thunlichster Beschleunigung auch das lombardisch-venetianische Königreich beizuziehen.

"Der Reichstag schließt seine ehrfurchtsvolle loyale Adresse mit der heiligen Versicherung, daß er nur das Gesammtwohl aller Völkerschaften des österreichischen Kaiserstaates vor Augen hatte, der innerhalb seiner Gränzen den internationalen Verhältnissen Rechnung tragen muß, um statt des unhaltbaren alten Staatsbaues einen neuen, den durch kaiserliches Wort garantirten Errungenschaften entsprechenden, aufführen zu können. Es ist der Moment eingetreten, wo noch Gerechtigkeit und Weisheit vielleicht eine nach verwüstenden Bürgerkriegen zuletzt dennoch sich einstellende Nothwendigkeit zur Grundlage von Völkerfreiheit und Völkerglück machen können. Der constituirende Reichstag legt somit das Wohl oder Wehe von Millionen Menschen Eurer Majestät an das für sie gewiß in Liebe schlagende Fürstenherz, und wird, wenn minder unbefangene Beurtheiler der Sachlage sich berathend zwischen Eure Majestät und den loyalen Reichstag stellen, wenn sie diese mit dem erblichen Throne und der Volksfreiheit es gleich treu meinende Adresse zu einer vergeblichen machen sollten, sein Wirken dem Urtheile der Nachwelt anheimstellen.

"Gott segne Eure Majestät, und durch Deren Entschluß die Völker Oesterreichs!

Wien den 13. October 1848."

Präs. Verlangt jemand in Bezug auf diese Adresse das Wort?

Abg. Kanski. Ich mache den Antrag, daß man in der Adresse das Wort: "ehrfurchtsvollste" auslasse, und bloß sage: "Adresse"; denn nach meinem Dafürhalten ist dieses Wort mit der Würde einer freten Volksrepräsentanten Kammer unvereinbar.

Abg. Borrosch. Ich wüßte nicht, daß sich dieses Wort mit der Würde irgend einer Kammer der Welt nicht vereiniget hätte. Es ist Pflicht, zu jeder Zeit die dem Monarchen gebührende Achtung auszudrücken.

Abg. Hubicki. Ich bin der Ansicht, daß es unmöglich ist, sich in eine Debatte über die Adresse einzulassen, und trage darauf an, dieselbe früher in Druck zu legen. (Nein, nein!)

Präs. Verlangt noch Jemand das Wort?

Abg. Pillersdorff. Die Adresse, wie sie der Herr Antragsteller abgetesen hat, ist das Ergebniß des Antrages, den derselbe gestern gestellt hat, und welcher eine lange und gründliche Erörterung gefunden hat. Der Herr Antragsteller ist beauftragt worden, diesen Antrag in die Form einer Adresse einzukleiden, die hohe Versammlung hat eine Commission bestimmt, diese Adresse zu prüfen, und diese Commission war heute lange damit beschäftiget, jeden einzelnen Satz, ich möchte sagen, jeden einzelnen Ausdruck mit größter Sorgfalt und Behutsamkeit zu prüfen. Der Herr Antragsteller hat in mehreren Puncten seine früheren Ideen aufgegeben oder modificirt. Ich glaube, es darf mit voller Beruhigung dem Antrage, der gegenwärtig vorliegt, zugestimmt, und die Debatte nicht länger und weiter ausgedehnt werden. (Ruf: Ich unterstütze.)

Abg. Dylewski. Ich wünsche nur dieser Adresse diejenige des ungarischen Reichstages beizuschließen und sich vielleicht darauf zu berufen, sie aber auf jeden Fall beizuschließen.

Präs. Ich ersuche mir alle diese Anträge schriftlich vorzulegen, und ich muß darauf bestehen, daß dieß immer geschehe, indem ich einen nicht schriftlich gestellten Antrag nicht zur Berathung kommen lassen kann.

Ein Antrag, der des Abg. Kanski geht dahin, das Wort "ehrfurchsvoll" auszulassen. Abg. Hubicki stellt den Antrag, daß die Adresse in Druck zu legen sei. Abg. Dylewski, damit die Adresse der ungarischen Reichsversammlung beigeschlossen werde.

Abg. Hubicki. Sollte die Debatte darüber nicht geführt werden, so fällt mein Antrag von selbst weg.

Präs. Also wünschen, damit gleich darüber abgestimmt werde?

Berichterst. Borrosch. Ich würde mich erbieten die Adresse nochmals zu lesen, aber ich möchte es wenigstens nicht auf mein Gewissen nehmen, auch nur einen Tag verloren zu haben, in der Ermöglichung des Guten, in Ermöglichung des Heilbringenden, was ja vielleicht dennoch die Folge davon sein kann (Beifall). Besonders da eine eigene Commission ernannt wurde und wir heute wenigstens fünf Stunden dieser Prüfung gewidmet haben, so glaube ich, daß selbst der eine oder der andere Erörterungspunct kaum dürfte mit jener Allseitigkeit besprochen werden können, weil es eben wieder die ausführliche Motivirung für und gegen voraussetzt, wovon natürlich der Einzelne nicht wissen kann. Was das Beischließen der ungarischen Adresse betrifft, so erkläre ich mich dagegen. Wir haben gestern diese Adresse ganz unveranlaßt durch jene Adresse aus freiem Antriebe beschlossen. Wird sie beigelegt, so erscheinen wir dadurch gleichsam motivirt worden zu sein, und ich finde das der Würde der hohen Kammer durchaus nicht angemessen. Bekannt übrigens ist hier ganz gewiß ohnehin, und ich sehe nicht ein, sie, da kein Causal-Nexus zwischen dieser und jener Adresse besteht, warum der österreichische constituirende Reichstag gleichsam einen Beischluß der seinigen daraus machen soll.

Abg. Dylewski. Ich frage das Präsidium, ob die Adresse der unzarischen Reichsversammlung bereits gedruckt worden ist?

Präs. Ja, es ist geschehen.

Abg. Dylewski. Wenn das ist, so verzichte ich darauf. Aber daß diese Adresse sehr viel Motive dazu bietet, womit wir jetzt laut werden, das glaube ich darin zu finden, und daß die Ungarn alles angeboten haben, um zur Schlichtung ihrer Angelegenheiten zu gelangen.

Abg. Fedorowicz. Ich mache den Antrag, über diese drei Zusätze zur Tagesordnung überzugehen.

Präs. Ich glaube, die Adresse selbst ist an der Tagesordnung.

Abg. Hubicki. Ich ziehe meinen Antrag zurück.

Abg. Goldmark. Ich werde noch für einige Momente die Aufmerksamkeit der hohen Kammer in Anspruch nehmen. Obwohl ich gewünscht hätte, daß die Adresse kürzer und gedrungener gemacht wäre, so verzichte ich doch auf jede weitere Abänderung derselben. Ich erlaube mir nur für einen einzelnen Satz gegen das Ende, wo gesprochen wird von den Garantieen durch das kaiserliche Wort, einen kleinen Zusatz. Ich glaube nebst diesen Garantieen haben wir, wenn dieser wohlthätige Congreß zu Stande kömmt, eine eben so große und kräftige Garantie in dem Willen der Völker und in ihrem Bunde; und ich würde beantragen: "den durch den freien Willen der Völker und durch das kaiserliche Wort garantirten Zustand" u. s. w. Diesen kleinen Zusatz möchte ich mir erlauben, der im Ganzen nichts ändert.

Abg. Borrosch. Es heißt die Stelle: (und er liest die betreffende Stelle vor.)

Abg. Goldmark. Um so passender ist dieser Zusatz hier, da eben von einem Staatsbaue durch die Völker die Rede ist.

Abg. Borrosch. Durch die Völker wird er auch ausgeführt; wenigstens bei uns haben wir bie Constitutions-Urkunde noch zu vollenden, dann erst können wir sagen, die Völker Oesterreichs haben den Bau aufgeführt, jetzt sind wir noch im Aufführen begriffen.

Abg. Goldmark. Es ist nicht von unserer Constitution die Rede, sondern von einem Völkerbunde, und von einem Staatsbaue durch die Völker.

Präs. Ich werde eine ordentliche Debatte einleiten; ich bitte; der Abg. Nadler hat das Wort.

Abg. Nadler. Wir sind jetzt im Begriffe zum vierten Male eine Deputation an Seine Majestät zu senden: zum ersten Male schickte man den Abg. Löhner; (Ruf: Nein!) zum zweiten Male ist ein Abgeordneter mit der Antwort des Banus an Seine Majestät abgeschickt worden, derselbe hat nicht die Ehre gehabt, vor Seiner Majestät vorgelassen zu werden; zum dritten Mal hat das hohe Haus eine Deputation abgeschickt an Seine Majestät, welche aber nach der telegraphischen Depesche keinen Effect hervorgebracht zu haben scheint. Was diese vierte Botschaft mit dieser Adresse ausrichten wird, müssen wir noch erwarten; es ist von der größten Wichtigkeit, dieses Princip vorerst zu entwickeln. Ich hätte gewünscht, daß dieß geschehen könnte; indessen bei der Dringlichkeit der Zeitumstände und der Verhältnisse hat das Haus für gut befunden, darauf einzugehen. Die Adresse ist sehr loyal, es ist aber wohl keine Möglichkeit, alles anzuführen und über jeden einzelnen Satz zu debattiren, und ich glaube wir können uns verlassen auf unseren Ausschuß, den wir dazu gewählt haben, und ich würde rathen, damit von unserer Seite kein Anlaß gegeben wird, etwa eine Friedensvermittlung zurückgewiesen zu haben, daß wir diese Adresse annehmen und ohne weiteres absenden, obwohl ich auch von ihr keine großen Hoffnungen habe.

Präs. Wünscht noch Jemand das Wort?

Abg. Fedorowicz. Dieser Gegenstand erheischt jedenfalls eine sehr gründliche und tiefe Ueberlegung; aber eben die Dringlichkeit der Sache, welche uns gestern bewogen hat, den Entschluß zu fassen, sobald als möglich die Adresse an Seine Majestät zu entwerfen, nöthigt uns auch, sie schnell an Seine Majestät zu senden. Die Herren wissen alle, daß wir uns in einer außerordentlichen Lage befinden.

Die Debatten waren in unserem Hause immer schwierig, und dürften jetzt um so schwieriger sein, weil sie über Gegenstände geführt werden, die außerordentlich sind. Die Kammer hat mit ihrem Vertrauen eine Commission zur Prüfung dieser Adresse gewählt. Diese hat einige Stunden damit zugebracht um sie zu prüfen, und wenn wir das Wahre um was es sich handelt, nämlich Zeit zu gewinnen, wenn wir das bezwecken wollen, so bitte ich das hohe Haus, die Adresse wie sie ist, anzunehmen.

Abg. Goldmark. Ich glaube durchaus nichts gegen die von der Versammlung niedergesetzte Commission gesprochen zu haben, weil ich in der Adresse nichts geändert wissen will, sondern nur einen Zusatz beantrage, welcher in den gegenwärtigen Verhältnissen begründet ist. Ich muß noch einmal wiederholen, daß wenn wir alle Garantieen faktisch in unserer Kraft haben würden, ich in der Kraft des Volkes die besten Garantieen sehe; und ich bitte Sie diesen kleinen Zusatz nicht unbeachtet zu lassen, und als solchen anzunehmen. Ich bitte den Herrn Präsidenten gefälligst die Stelle vorzulesen.

Präs. Der beantragte Zusatz des Herrn Abg. Goldmark lautet: "den durch den freien Willen der Völker und das kaiserliche Wort" — (er liest die betreffende Stelle der Adresse.) In der ursprunglichen Anlage heißt es lediglich: "durch das kaiserliche Wort".

Abg. Borrosch. Jedenfalls muß dieser Zusatz an eine andere Stelle kommen, denn hier glaube ich nicht erst bemerken zu müssen, ist er vollkommen unpassend. Ein Volk garantirt sich selber nicht, das Volk will. Das ist eben der Begriff einer constitutionellen Monarchie, daß die Krone das garantirt, was das Volk will; den eigenen Willen garantirt sich Niemand. Sie müßten daher wenigstens ein anderes Zeitwort wählen, denn es kann doch nicht Volk und Fürst zugleich garantiren.

Präs. Wünscht noch Jemand das Wort? (Niemand.) Da Niemand mehr das Wort ergreifen will, so halte ich die Debatte für geschlossen, und erlaube mir den Herrn Berichterstatter auf den Standpunct der Debatte zu stellen, indem ich bemerke, daß der Abg. Hubicki seinen Antrag zurückgenommen hat, ebenso der Abg. Dylewski, welcher den Anschluß der ungarischen Adresse wünscht.

Es erübrigt daher noch der Antrag des Abg. Kanski, wegen Auslassung des Wortes "ehrfurchtvoll"; dann der Antrag des Abg. Goldmark.

Der Berichterstatter verzichteten vielleicht aufs Wort?

Abg. Borrosch. Nein. Ich will nur nochmal dem Herrn Redner gegenüber bemerken: bevor die Constitutions-Urkunde geschaffen ist, steht gegenüber die Garantirung.

Die Revolution ist ein heiliger Völkerwille, ist eine Thatsache, die sich nicht selber zu garantiren braucht; indem wir das Constitutions-Werk schaffen, und zwar auf der Grundlage einer constitutionellen Monarchie, so tritt dann statt der Garantie die Sanction entgegen, und sie werden, glaube ich, mir zugeben, daß hier diese Zusammenstellung, wenn man nur die zwei Worte beifügt, nicht paßt zu dem Worte Garantie.

Präs. Ich werde mir erlauben, nunmehr die Anträge zur Abstimmung zubringen, und zwar vor allen den des Abg. Kanski, nachdem er ein eigentlicher Verbesserungs-Antrag ist, der dahin geht, daß aus dieser Adresse im Eingange das Wort "ehrfurchtvoll" ausgelassen werde. Wird dieser Antrag unterstützt? (Nicht unterstützt.) Sodann glaube ich den Antrag der Commission, nachdem der Antrag des Abg. Goldmark nur ein Zusatz-Antrag ist, zur Abstimmung zu bringen.

Diejenigen Herren, welche den vorgelegten und eben früher verlesenen Antrag der Commission annehmen, wollen aufstehen. (Majorität.)

Nun werde ich noch den Antrag des Abg. Goldmark vorlesen, nämlich, damit hier an der Stelle, wo gesagt wird: "den durch das kaiserliche Wort garantirten Errungenschaften" noch beigefügt werde: "durch den freien Willen der Völker und das kaiserliche Wort". Wird der Antrag unterstützt? (Nicht zureichend unterstützt.)

Somit ist der Antrag der Commission im Ganzen angenommen. — Ich werde mir erlauben, nachdem wir unterbrochen worden sind, in der Wahl und Zusammensetzung des Bureau's, noch meinen gestrigen Antrag zur Sprache zu bringen, und die Herren zu ersuchen, damit sie jetzt zur Wahl der Schriftführer, nämlich zur Wahl eines stabilen Schriftführers und zweier Stellvertreter schreiten. Ich glaube, daß die Wahl in der Art wird geschehen können, damit sie in einer Wahlhandlung vorgenommen werde, nämlich, daß die drei Namen auf einen Wahlzettel geschrieben werden, und derjenige Herr, welcher die meisten Stimmen hat, wird Schriftführer sein, die der Stimmenzahl nach zunächst kommenden zwei anderen Herren werden Schriftführer-Stellvertreter sein.

Ich wurde eben daran erinnert, daß die Frage noch besprochen werden soll, wer diese Adresse an Seine Majestät überreichen soll. (Eine Stimme: Borrosch.)

Ein Abgeordneter. Ich beantrage den Herrn Borrosch.

Abg. Podlewski. Ich möchte den Antrag machen, drei zu wählen. (Nein! nur Einer.)

Präs. Ich bitte, wir werden über diesen Gegenstand verhandeln.

Abg. Borrosch. Ich erlaube mir die Bemerkung, eine Deputation darf nie aus weniger als aus drei Personen bestehen. Ich erinnere Sie an das Tres faciunt collegium — omne trinum perfectum. Es ist die nothwendige Controle, die durchaus nicht fehlen darf, und für einen zweifelhaften Fall die Möglichkeit einer Debatte mit der Entscheidbarkeit, einer Majorität, da ist die geringste Zahl dafür drei.

Abg. Potocki. Ich glaube, daß für diese Adresse, die doch die höchst wichtigste ist, eine Deputation von nur drei Mitgliedern nicht vollzählig genug wäre, weil sie wirklich im Vergleiche mit der anderen eine viel wichtigere und größere Adresse ist, als die andere.

Abg. Ziemialkowski. In Anbetracht der geringen Anzahl von Abgeordneten, die hier in Wien noch anwesend sind, muß ich mich dem Antrage des Abg. Potocki widersetzen. Ich fühle aber die Motive, die ihn zu diesem Antrage bewogen haben; auch ich glaube, daß eine so wichtige Adresse von einer zahlreichen Deputation überreicht werden soll; deßwegen stelle ich den Antrag, daß die drei Mitglieder, welche gewählt werden sollen, sich anschließen sollen der bereits an Seine Majestät abgesandten Deputation, und in Verbindung mit dieser bereits früher abgesandten Deputation die Adresse Seiner Majestät überreichen sollen.

Abg. Potocki. Ich habe wohl auch gedacht an diese Gründe, die mir der Herr Abg. Ziemialkowski gesagt hat, daß eine zahlreiche Deputation unsere Zahl sehr vermindern würde, aber meine Herren, wir müssen bedenken, daß dieser Congreß auch uns Allen sehr nahe am Herzen liegen muß. Glauben Sie, meine Herren, daß in diesem Congresse auch unser eigenes Interesse vorhanden sein wird, deßhalb möchte ich auch meine Collegen aus Galizien aufmerksam machen, daß auch wir bei dieser Deputation durch ein Mitglied repräsentirt werden. Wenn es nöthig war, die Gründe genau anzugeben, so habe ich es jetzt gethan.

Ein Abg. Ich erlaube mir den Antrag zu stellen, Niemanden aus der permanenten Commission abzusenden.

Präs. Wünscht noch Jemand über diesen Antrag zn sprechen?

Abg. Lasser. Ich glaube, wenn wir die Deputation auf die Mitgliederzahl von fünf erhöhen würden, so ist jeder Ausweg getroffen, der hier gesucht wird; wenn drei Mitglieder abgesendet werden, so kann möglicher Weise der Fall eintreten, daß sie nicht vollzählig sind, es kann irgend ein Mitglied durch körperliches Unwohlsein verhindert sein, daran Theil zu nehmen; fünf Mitglieder werden bei dem gegenwärtigen Stande des Hauses, ohne die Beschlußfähigkeit zu beeinträchtigen, möglich sein.

Ich beantrage zugleich, Herrn Borrosch zu wählen, mit dieser Adresse abzugehen, und ihm es zu überlassen, sich noch vier Mitglieder zu wählen.

Abg. Wienkowski. Ich muß diesem Antrag, den Abg. Borrosch abzusenden, widersprechen, indem wir in diesem Augenblicke ihn in der Kammer nicht entbehren können. (Bravo!)

Abg. Gschnitzer. Ich glaube daß hier, wo es sich um die Beantragung eines Völkercongresses handelt, vorzüglich darauf zu sehen sei, daß die verschiedenen Nationalitäten vertreten werden. (Bewegung.) Ich würde in dieser Beziehung beantragen, daß ein Böhme, ein Pole, ein Italiener und ein Deutscher gesendet werde.

Viele Stimmen: Nein! nein!

Abg. Fedorowiez. Um die Zeit abzukürzen, stelle ich den Antrag, es dem Vorstandsbureau zu überlassen, der Kammer die Mitglieder zur Annahme vorzuschlagen.

Viele Stimmen: Ja! ja!

Präs. Die Debatte ist für geschlossen anzusehen, ich werde aber noch die Anträge vorbringen; sie wurden mir zwar nicht schriftlich vorgelegt, aber so viel ich mir dieselben aufgezeichnet habe, so liegt vor, ein Antrag des Abg. Borrosch, daß drei Mitglieder abgesendet werden.

Abg. Borrosch. Ich habe gesagt, drei ist das Minimum, und das in Erwiederung auf den Vorschlag, drei zu senden. Ich habe diesem Antrag beigestimmt, und würde auch beipflichten, daß fünf gesendet werden, was noch besser ist, weil jemand krank werden kann.

Präs. Ich werde mir also erlauben, sogleich die Frage zur Abstimmung zu bringen, ob fünf gesendet werden sollen. Diejenigen, welche dafür sind, wollen sich erheben. (Wird angenommen.)

Es handelt sich noch darum, was der Herr Abg. Gschnitzer angetragen hat, damit aus jeder Nationalität Einer abgesendet werde. Wird dieser Antrag unterstützt? (Wird nicht unterstützt.)

Wollen sich die Herren aussprechen, wie diese Deputation gewählt werden soll. (Ruf: Durch Proposition des Präsidenten!)

Abg. Borrosch. Ich erlaube mir diesen Antrag wenigstens für die drei Hauptnationalitäten, die hier in Betracht kommen, nämlich, die deutsche, czechische und polnische auszudehnen. Nach Provinzen ist es ohnehin nicht möglich, noch weniger nach den kleinern Abzweigungen. Die italienische Nation fällt weg, weil von einer Beiziehung des lombardisch-venetianischen Königreiches die Rede ist, wovon aber keine Vertreter in diesem Hause beiwohnen.

Abg. Turco. Aber in unserem Hause sind viele, die ein großes Interesse haben für ein künftiges Wohl des venetianischen Köngreiches.

Abg. Potocki. Ueberlassen wir es dem Vorstande.

Präs. Das Bureau hat sich vereint auf nachstehende Herren Abgeordnete: Alois Fischer, aus Salzburg (nachdem ich glaube, daß es zwei gibt), Wierzchlejski, Hagenauer, Herzig und Prato.

Es liegt zu diesem Antrage in dieser Beziehung auch ein Antrag des Abg. Ziemialkowski vor: "Die eben beschlossene Deputation von fünf Mitgliedern soll die gegenwärtige Adresse in Gemeinschaft der schon früher abgesendeten Deputation Seiner Majestät überreichen."

Demnach wäre die frühere Deputation mit einer telegraphischen Depesche zu benachrichtigen, daß sie auf die eben beschlossene Deputation von fünf Gliedern im Hoflager warte.

Präs. Wünscht hierüber jemand zu sprechen?

Abg. Fischer. Ich bitte statt meiner den Abg. Lasser zu wählen.

Präs. Ist die hohe Versammlung damit einverstanden, daß statt des Abg. Fischer der Abg. Lasser zu dieser Deputation gewählt werde.

Abg. Demel. Ich glaube, wenn der Abg. Lasser mitgeht, daß dann aus Salzburg zwei Abg. gewählt sind, und es dürfte doch politisch sein, daß auch aus Mähren ein Abgeordneter dabei sei.

Abg. Fischer. Ich bin aus Salzburg bei der Deputation.

Präs. Diejenigen Herren, welche damit einverstanden sind, daß statt des Abg. Fischer der Abg. Lasser mitgehe, wollen aufstehen.

(Minorität).

Abg. Ambrosch. Ich muß der hohen Kammer anzeigen, das der Abg. Prato sich auch im permanenten Ausschusse befindet, daher statt seiner eine andere Wahl vorzunehmen wäre.

Präs. Das könnte wohl geschehen.

Ich bringe nun den Antrag des Abg. Ziemialkowski zur Abstimmung, nämlich, daß diese Deputation von fünf Mitgliedern sich vereinigen möge mit der schon früher abgesendeten Deputation, und so vereinigt diese Adresse zu überreichen hätte; daß die früher abgeschickte Deputation mittelst telegraphischer Depesche zu benachrichtigen wäre, damit sie am Hoflager Sr. Majestät bis zur Ankunft der fünf Mitglieder warte.

Wird dieser Antrag unterstützt? (Unterstützt.)

Diejenigen Herren, welche für diesen Antrag stimmen, wollen aufstehen. (Minorität.)

Präs. Ich bitte, ich Halte diese Angelegenheit für beendigt. (Ruf: Sie ist nicht beendigt, ich würde vorschlagen, statt Herrn Abg. Prato den Herrn Turco zu wählen).

Wenn die hohe Kammer damit einverstanden ist, wolle sie dieß durch Ausstehen kund geben. (Majorität.)

Es gehen demnach die Abg. Fischer, Wierzchlejski, Hagenauer, Herzig und Turko.

Ich bitte nun zur Wahl der Secretäre zu schreiten. (Ruf: Morgen.) Ich werde die Zetteln einsammeln lassen.

Ich werde mir erlauben den Antrag zu stellen, daß die Wahlzettel abgegeben werden sollen, und daß dann das Bureau das Scrutinium vornehme. Ich werde mir erlauben die Sitzung bis auf morgen 11 Uhr zu unterbrechen. Ich bitte die Wahlzettel abzugeben. Die Sitzung ist unterbrochen.

(7 1/4 Uhr Abends.)


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