Sobota 14. øíjna 1848

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Zweiundfünzigste Sitzung des constituirenden Reichstages,

am 14. October 1848.

(Permanenz.)

Vorsitzender: Präs. Smolka.

Anfang um 11 Uhr Vormittags.

Präs. In Fortsetzung der gestern Abends unterbrochenen Sitzung, werde ich mir erlauben das Resultat der Abstimmung über die Wahl der Schriftführer bekannt zu geben. Zufolge der Geschäftsordnung ist zur Wahl eines Schriftführers wenigstens ein Viertheil der Stimmen aller Abgeordneten erforderlich, demnach 96 Stimmen. Nach dem vorgenommenen Scrutinium erhielt der Abg. Gleispach 175 Stimmen und ist demnach zum Schriftführer gewählt. Als Schriftführer-Stellvertreter erhielt der Abg. Motyka 127 Stimmen und ist demnach auch gewählt. Alle übrigen Stimmen haben sich so getheilt, daß kein Abgeordneter mehr die erforderliche Anzahl von 96 Stimmen erhalten hat. Die meisten Stimmen erhielt der Abg. Wienkowski, nämlich 43, und der Abg. Kobuzowski 40 Stimmen. Ich würde mir erlauben vorzuschlagen, keine neue Wahl zur Besetzung der Stellvertreterstelle vorzunehmen. Einer oder der andere dieser Herren dürfte so gefällig sein, einstweilen diese Stelle zu versehen, nachdem wir Hoffnung haben, daß der Abg. Zwickle in einigen Tagen schon genesen sein, und seine Stelle wieder einnehmen wird. — Ferner erlaube ich mir noch der hohen Kammer anzuzeigen, daß nachdem die gestrige Sitzung schon geschlossen war, mehrere Herren den Wunsch ausgesprochen haben, es möchte mit der gestern an Seine Majestät abgeschickten Deputation auch der Abg. Selinger abgehen, und zwar aus dem besondern Grunde, weil derselbe im freundschaftlichen Verhältnisse zum Fürsten Lobkowitz steht, dessen Lehrer er einst war. Da daran gelegen ist, daß die an Seine Majestät abgeschickte Adresse Erfolg habe, und vielleicht eine Vermittlung durch diese, wie wir erfahren haben, in der unmittelbaren Nähe Seiner Majestät befindlichen Person geschehen könnte, so glaubte ich, kein Mittel unbeachtet lassen zu dürfen, das zu einer befriedigenden Lösung führen konnte. Da ich aber in dieser Beziehung die hohe Kammer nicht mehr befragen konnte, so hat es das Vorstands-Bureau auf sich genommen, dem Abg. Selinger dazu den betreffenden Urlaub zu geben, und er ist auch abgereist. Ich finde mich verpflichtet, dieß der hohen Kammer anzuzeigen.

(Schriftf. Wiser verliest das Protokoll der gestrigen Vormittagssitzung von 11 Uhr Vormittags bis 1 Uhr Nachmittags. Es wird genehmigt.)

Präs. Ich erlaube mir an die hohe Kammer die Anfrage zu stellen, ob die Urkunden, auf welche in dem heutigen so eben gelesenen Protokolle sich bezogen wird, nämlich die Adresse der Olmützer Garden, sodann die Kundmachung Seiner Majestät, die Proclamation und die Antwort des Baron Jellaèiè wörtlich ins Protokoll aufgenommen werden sollen.

(Ja! ja!)

Schriftf. Gleispach. Ich erlaube mir vor Allem der hohen Versammlung meinen Dank auszusprechen, für das in mich gesetzte Vertrauen; ich werde mich bemühen demselben nach meinem besten Wissen und Gewissen nachzukommen. (Beifall.)

(Schriftf. Gleispach liest das Protokoll der Abendsitzung vom 13. October 1848. Dieses Protokoll wird über Befragen des Präsidenten genehmigt.)

Präs. Ich habe die Ehre der hohen Kammer anzuzeigen, daß die Deputation, nämlich die erste Deputation, welche an Seine Majestät abgesendet wurde, zurückgekehrt ist, und es wird der Abg. Peitler Bericht über den Erfolg der Sendung erstatten. Ich ersuche den Herrn Abg. Peitler zur Berichterstattung zu schreiten.

Abg. Peitler (von der Rednerbühne). Durch den hohen Reichstagsbeschluß vom 11. d. M. wurde bekanntlich eine Deputation aus zehn Mitgliedern an Seine Majestät abgeordnet. Wir haben über das Resultat unserer Mission an den Reichstag einen schriftlichen Bericht erstattet, welchen ich hiemit mit Bewilligung des hohen Häuses vorlesen werde. (Ja, ja! — Liest:)

"Hoher Reichstag!

"Die gefertigte Deputation — mit der Mission betraut, Seiner Majestät nachzueilen, und eine Adresse bezüglich Allerhöchst Ihrer tief beklagenswerthen Entfernung aus der Nähe Wiens, dann der diese Stadt bedrohenden Truppen, namentlich des Banus Jelaèiè zu überreichen — reiste unverzüglich, nachdem sie diese Adresse erhalten, am 11. dieses, Nachts auf der Nord-Eisenbahn ab, und erreichte Brünn gestern Früh um 9 Uhr. Nachdem wir in Erfahrung gebracht, daß der Kaiser das letzte Nachtlager in der Probstei Pöltenberg nächst Znaim genommen habe, und gestern in Selowitz, einem dem Erzherzoge Albrecht gehörigem Schlosse und Markte, südlich drei Stunden von Brünn, übernachten wolle, begaben wir uns dahin.

"Erst spät am Abende trafen Ihre Majestäten der Kaiser und die Kaiserin unter Militär-Bedeckung ein, zugleich die kaiserlichen Hoheiten Erzherzog Franz Carl und die Erzherzogin Sophie mit ihren vier Prinzen.

"Wir wurden sohin in das Audienzzimmer zu treten eingeladen, wo sich beide Majestäten und Seine kaiserliche Hoheit der Erzherzog Franz Carl und Fürst von Lobkowitz befanden. Nachdem der Abg. Schmitt auf den Wunsch der übrigen Gefertigten eine kurze Ansprache gehalten, überreichte er die Adresse in die Hände Seiner Majestät des Kaisers, Höchstwelcher sie nach einem flüchtigen Blicke in dieselbe, dem dienstthuenden Fürsten von Lobkowitz übergab, und eine Antwort herablas, die uns wesentlich ein Theil jenes bekannten Manifestes zu sein schien, welches der Herr Minister Krauß zu contrasigniren verweigert hatte.

Nach Beendigung der Lesung zogen sich die Majestäten mit dem Herrn Erzherzoge sogleich nach der gewöhnlichen Hof-Etiquette auf eine zwar freundliche, jedoch leider kurz abfertigende Weise zurück, und die Deputirten mußten mit dem innigen Bedauern scheiden, daß ihnen keine Gelegenheit geboten war, die Petitionen des hohen Reichstages mündlich zu unterstützen; nur erhielten selbe durch den Fürsten Lobkowitz die mündliche Zusicherung, daß die Truppen nicht angriffsweise verfahren würden, und Seine Majestät aus der Adresse mit besonderer Freude entnommen habe, daß der Reichstag Vertrauen auf Sein kaiserliches Wort hege.

"Die Deputirten gingen nun unter sich über das, was weiter zu thun sei, zu Rathe, und einigten sich in der Ansicht, daß, da bie Antwort Seiner Majestät die speciellen Petitionspuncte nicht berührte, die Deputation im schriftlichen Wege Seine Majestät um eine specieller eingehende Antwort und deren schriftliche Mittheilung zu bitten hätte. Eine in diesem Sinne von dem Deputirten Schmitt verfaßte Eingabe an Seine Majestät, wovon wir den Aufsatz beilegen, wurde noch um Mitternacht in die Hände Seiner kaiserlichen Hoheit des Erzherzogs Franz Carl zur Uebergabean Seine Majestät überreicht.

"Heute Morgens entsendeten wir die Deputations-Mitglieder Madonizza und Feifalik, um die schriftliche Antwort Seiner Majestät einzuholen; allein wie die angeschlossene Relation beweist, scheiterte zu unserem tiefen Bedauern auch dieser Versuch.

"So mußten wir also, wenig zufrieden mit dem Erfolge unserer Bemühungen, unsere Rückreise nach Brunn antreten, während der Hof seine Reise von Selowitz ohne Berührung dieser letzteren Stadt über Raußnitz nach Wislau fortsetzte und, wie verlautet, morgen in Olmütz eintreffen will. Brünn am 13. October 1848. J. B. Radmilli m. p., Dollschein m. p., Clementi m. p., Madonizza m. p., Peitler m. p., Borkowski m. p."

(Die Adresse lautet:)

""Euer Majestät!

""Die von dem durch Eure Majestät selbst berufenen Reichstage in dem wichtigsten Momente der jüngsten Zeitgeschichte abgesandte Deputation muß es tief bedauern, daß ihr bei der durch die Reise Euerer Majestät herbeigeführten Eile nicht die Gelegenheit gegönnt wurde, jene Mittheilungen zu machen, welche durch die Darstellung der wahren Lage und der Größe der Gefahr geeignet gewesen wären, eine dem Gegenstande entsprechende reifliche Erwägung und Allerhöchste Schlußfassung zu bewirken.

""Die unberechenbare Verantwortlichkeit, welche die in Ehrfurcht gefertigte Deputation, bei dieser Mission übernommen hat, macht es derselben zur heiligsten Pflicht, die Antwort Euerer Majestät sich schriftlich zu erbitten.

""Bevor jedoch das entscheidende Wort Eurer Majestät in der für uns und für das Vaterland nothwendigen Form zum verheerenden Blitzstrahle oder zum segnenden Sonnenblick werde, sei es uns gegönnt, noch Folgendes in der durch die Zeit gebotenen Kürze beizufügen.

""Die in Ehrfurcht gefertigte Deputation hegt ebenso wie der gesammte Reichstag das unerschütterliche Vertrauen in die vollste Unverbrüchlichkeit des kaiserlichen Wortes Euerer Majestät, als den von uns gekannten besten und redlichsten Monarchen.

""Es handelt sich auch nicht um irgend den leisesten Zweifel in das kaiserliche Wort, sondern um Maßregeln, welche nicht bloß das Wohl Wiens und seiner Bewohner, sondern das Wohl der Monarchie und den europäischen Frieden in Frage stellen.

""Wenn die Deputation nach den Wahrnehmungen des heutigen Tages und den letztlich vorgefallenen Ereignissen sich leider nicht der Hoffnung hingeben kann, die Rückkehr Euerer Majestät in dem gegenwärtigen Augenblicke zu erwarten, so muß dieselbe dennoch ihrem aushabenden Mandate zufolge den dießfälligen Wunsch des Reichstages nunmehr auf das wärmste empfehlen, als es auch nie eine Secunde gab, in welcher die uns heilige Person Euerer Majestät in der Mitte der Wiener Bürger gefährdet gewesen wäre.

""Was die Nichtanwendung der militärischen Gewalt gegen die Stadt Wien betrifft, so glaubt die gefertigte Deputation einen in der Geschichte Euerer Majestät als ewig glänzenden Stern dastehenden Moment hervorheben zu sollen, der unvergeßlich in dem Andenken der Oesterreicher fortleben wird, nämlich die in den ersten Märztagen von Euerer Majestät aus Höchsteigenem Antriebe und frei von allem Einflusse, das beste Herz eines Monarchen beurkundenten Worte: "Ich lasse auf meine Wiener nicht schießen."

""Euerer Majestät angestammte Herzensgüte wird es nicht verkennen, daß eine im Buche der österreichischen politischen Entwickelungsgeschichte mit zehnfachem Flor umhangene That nicht die Ursache sein dürfe, daß Hunderttausende dem Elende und Untergange hingeopfert werden, daß dir Bestand der österreichischen Monarchie, deren Herz- und Pulsschlag- ader die Haupt- und Residenzstadt Wien ist, untergraben, und unter den gegenwärtigen Verhältnissen zweifellos ein europäischer Bürgerkrieg herbeigeführt werde.

""Unterlassen können wir aber nicht, darauf aufmerksam zu machen, daß die Anwesenheit eines kroatischen Heeres, dessen Tendenz eine ganz andere schien, auf österreichischem Grund und Boden vor den Thoren Wiens eine mindestens ganz extra-ordinäre Erscheinung sei, die geradezu die übelsinnigsten Deutungen hervorruft.

""Die Rückkehr dieses Heeres in die ihm zuständigen Landestheile erscheint demnach als eine unerläßliche Forderung der Rückkehr und Befestigung des gesetzlichen Zustandes, der von jedem Ehrlichdenkenden, freilich nicht stets mit den passenden Mitteln, angestrebt, und dessen Schöpfung dem jungen Reichstage auf solche Weise möglichst erschwert wird.

""Die ehrfurchtsvoll gefertigte Deputation stellt sohin mit Berufung auf das in den Märztagen gegebene große kaiserliche Wort, die dringendste Bitte: ein militärisches Einschreiten gegen Wien ungesäumt hintanzuhalten, und die Entfernung des croatischen Heeres vom österreichischen Boden schleunigst zu verfügen.

""Die von Euerer Majestät als constituirenter Reichstag berufene Versammlung könnte unter solchen Umständen sich nicht mehr als frei tagend betrachten, und würde in die Lage versetzt, die dafür erforderlichen Garantien von Euerer Majestät zu erbitten.

""Den letzten Punct, nämlich die ungesäumte Zusammensetzung eines volksthümlichen Ministeriums, braucht die Deputation bei dem dafür von Euerer Majestät gegebenen kaiserlichen Worte lediglich Euerer Majestät zur Beschleunigung zu empfehlen.

""Von den jetzt zu treffenden Maßregeln hängt nebst den großen politischen Folgen aber auch die unersetzbare Zugrunderichtung des Wohlstandes von Millionen ab, deren Schicksal wir dem so guten Herzen Euerer Majestät vertrauungsvoll anheimstellen. Mit tiefster Ehrfurcht Euerer Majestät ec.""

(Folgen die Unterschriften der Deputation.)

"Den 13. October begab ich mich in Begleitung des Herrn Abg. Madonizza Morgens vor 7 Uhr in das Schloß zu Selowitz, um daselbst die etwa erfolgte schriftliche Antwort Seiner Majestät auf die reichstägliche Adresse, um welche die Deputation in einer eigenen an Seine Majestät gerichteten Petition gebeten hatte, entgegenzunehmen Wir fanden daselbst bereits Alles zur Abreise gerüstet.

"Ich ersuchte den Fürsten Lobkowitz, welcher der Kammer Seiner Majestät vorsteht, um die Auskunft, ob die Deputation sich einer schriftlichen Antwort Seiner Majestät zu erfreuen habe. Der Fürst erwiederte, er werde sich sogleich erkundigen. Nach Verlauf einer guten halben Stunde kehrte Fürst Lobkowitz mit einem Zettel in der Hand zurück, wir traten mit ihm abseits, und er las uns aus dein Blatte Papier, welches mit etwa fünf Zeilen beschrieben, jedoch von Niemanden gefertigt war, als die Antwort Seiner Majestät, eine in sehr allgemeinen Ausdrücken abgefaßte und daher für das Gedächtniß unhaltbare Erwiederung vor; und als ich darauf bemerkte, daß mir hierin über den Hauptpunct der Adresse, nämlich über die Zurückziehung der Truppen des Banus Jellaèiè nichts enthalten zu sein scheine, entgegnete er, der Sinn dieser Antwort gehe eigentlich dahin, es hätten kaiserlich königliche Truppen in Folge der Ereignisse in Ungarn die österreichische Gränze überschritten, und es könne gegenwärtig noch nicht beurtheilt werden, welche Stellung sie künftig einzunehmen hätten.

"Ich ersuchte sodann mir die schriftliche Antwort Seiner Majestät einzuhändigen; der Fürst erwiederte aber, dieses nicht thun zu können. Auf mein weiteres Ersuchen, mir den Zettel copiren zu lassen, schien er darauf einzugehen, allein plötzlich entschuldigte er sich, nicht länger verweilen zu können, indem Seine Majestät eben auf dem Puncte stehe, abzureisen; und da er sich unmittelbar darauf entfernte, geschah es, daß auch keine Copie genommen werden konnte.

"Unmittelbar darauf traten beide Majestäten, mit des Erzherzogs Franz Carl kaiserlicher Hoheit, dessen Frau Gemahlin und vier Herren Söhne heraus und bestiegen die Reisewägen.

Joh. Feifalik m. p. D. Madonizza m. p."

Soweit der schriftliche Bericht. Ich finde mich veranlaßt, auch noch Etwas mündlich zur näheren Verständigung beizusetzen. Hinsichtlich des Empfanges der Deputation dei Seiner Majestät im Hoflager haben sich einige Gerüchte verbreitet, welche den wahren Sachverhalt etwas entstellen. Daher ich hierüber einige Aufklärungen geben werde.

Diese Gerüchte betreffen erstens unser langes Antichambriren im Schlosse Selowitz und zweitens unsere kurze Abfertigung von Seiner Majestät. Wie wir in Selowitz ankamen, wurde der Vice-Gouverneur, Graf Lazansky, von dem Zwecke unserer Reise und unserer Mission verständiget, es war jedoch eine große Verwirrung in dieser kleinen Ortschaft. Wir bekamen kein Zimmer, sondern mußten zu ebener Erde im Vorhause und auf dem steinernen Pflaster richtig eine Stunde lang warten. Die Garde war neben uns, die Nationalgarden von Brünn nämlich, welche in einer Anzahl von ungefähr 200 Mann ebenfalls nach Selowitz gekommen waren, standen vor uns, und sie und hauptsächlich die Nationalgarde-Officiere ärgerten sich, daß man einer Reichstags-Deputation nicht einmal ein Zimmer anweiset, und vielleicht sind auch diese die Ursache, daß das übertriebene Gerücht entstanden ist. Ich muß jedoch zur Rechtfertigung des Grafen Lazansky, oder eigentlich des Hofes, bekennen, daß der Hof gar nichts von unserer Ankunft früher gewußt habe, bis wir angemeldet und dann auch sogleich, und zwar vor allen Anderen vorgelassen wurden, daß der Hof daher ganz unschuldig war, und daß der Graf Lazansky, ehe wir fortreiseten, uns eilends um Entschuldigung gebeten habe, dieß sei nicht aus Mißachtung, sondern nur deßhalb, weil wirklich kein geeignetes Zimmer vorhanden war, geschehen. Jedenfalls ist der Hof unschuldig, (Heiterkeit) wir bekümmerten uns auch nicht viel darum, aber weil das Gerücht entstanden ist, so mußte ich die Sache vorbringen.

Der zweite Punct betrifft unsere kurze Abfertigung. Es ist allerdings wahr, wir sind sehr kurz abgefertiget worden, allein ich glaube, daß man dieses Seiner Majestät verzeihen müsse, weil sowohl Seine Majestät als auch die Kaiserin von der Reise sehr angegriffen waren. Wir wären gerne über diese Formalitäten hinausgegangen, wenn wir nur in materieller Hinsicht unseren Zweck erreicht hätten, aber auch dieß ist nicht der Fall. Unsere Mission bestand nämlich aus drei Puncten: Erstens, den Kaiser sobald als möglich zur Rückkehr in seine Residenz zu bewegen; zweitens die Zurückziehung der Truppen des Grafen Auersperg; und drittens den Rückmarsch des Banus Jellaèiè nach Croatien von Seiner Majestät zu erwirken. Leider ist diese Mission in allen ihren Puncten mißlungen.

Was die Rückreise Seiner Majestät anbelangt, so wird diese wohl sobald nicht ausführbar sein; denn wie wir aus der mündlichen Antwort entnommen haben, lebt der Kaiser unter dem Eindrucke des Mordes des Kriegsministers G. Latour, der hat auf Ihn einen üblen Eindruck gemacht; Seine ganze Umgebung ist militärisch.

Daß das Militär wegen dieser Ermordung erbittert sei, ist bekannt, und es scheint, daß man diesen Eindruck bei Seiner Majestät im frischen Angedenken zu erhalten strebt. So lange dieser Eindruck nicht entfernt ist, wird Seine Majestät nicht zurückkehren. Uebrigens ist es noch ein Glück, daß er nach Olmütz gegangen ist und nicht nach Prag. (Heiterkeit und Beifall.) Von zweien Uebeln muß man das kleinere wählen. Nun meine Herren, wir müssen die Wahrheit sagen.

Was den zweiten Missionspunct betrifft, die Zurückziehung der Truppen des commandirenden Generalen Grafen Auersperg, so hat Seine Majestät uns hierüber nichts gesagt, aber Fürst Lobkowitz gab uns dic mündliche Zusicherung, daß die Truppen angriffsweise nicht gegen Wien verfahren werden.

Auf die Bemerkung des Abg. Schmitt — welcher erkrankte und in Brünn zurückbleiben mußte — ob Seine Majestät sich selbst so geäußert hätte, daß das Militär nicht angriffsweise verfahren werde, entschuldigte sich Fürst Lobkowitz, das sei seine persönliche Ansicht.

Was endlich den dritten Punct, nämlich den Rückmarsch des Ban Jellaèic mit seinen Trupper nach Croatien betrifft, so äußerte sich der Fürst Lobkowitz dahin mündlich — denn schriftlich haben wir leider gar nichts erhalten — der Ban führe den Krieg bloß gegen Ungarn, was er künftig für eine Stellung einnehmen werde, hänge von den Umständen ab.

Daraus kann man entnehmen, daß der Ban ganz unumschränkte Vollmacht haben dürfte. Der Ban ist wenigstens so aufrichtig, daß er es offen gesteht, daß der Kanonendonner ihm die Richtung seiner Marschlinie angibt, und daß er es auf das Aeußerste werde ankommen lassen. Sollte dieß geschehen, sollte es wirklich zum Bürgerkriege kommen, so hat der Reichstag hiefür keine Verantwortung, denn er hat kein Mittel unversucht gelassen, dieß zu verhindern. Er hat sein großes Vermittlerwerk zwischen dem höchsten Souveränitätsträger und dem souveränen Volke mit aller Energie und Beharrlichkeit geführt, die Folgen haben Diejenigen zu verantworten, welche den Krieg veranlaßten. (Bravo!)

Präs. Der permanente Ausschuß hat angemeldet, daß er Bericht erstatten werde, es wird gleich der Herr Berichterstatter erscheinen. —

Es wurde vom permanenten Ausschusse das Ansuchen gestellt, daß sich die Herren Deputirten bis drei Uhr Nachmittags wieder versammeln, und zwar präcise und vollzählig, weil eine wichtige Berathung gepflogen werden soll, betreffend eine Antwort, die an Ban Jellaèiè abgesendet werden soll.

(Unterbrochen um 1 1/4 Uhr.)


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