Pondìlí 23. øíjna 1848

Präs. Als nächster Gegenstand der Tagesordnung erscheint der Bericht des permanenten Ausschusses. Es wurde vom permanenten Ausschüsse angezeigt, daß der Bericht noch nicht fertig sei, der Berichterstatter wird später erscheinen. Ich ersuche daher den Herrn Schrifrführer, das Protokoll der gestrigen Sitzung vorzulesen.

Schriftf. Gleispach (liest das Protocoll vom 22. October Vormittags).

Präs. Wünscht Jemand in Bezug auf die Fassung dieses Protokolles etwas zu erinnern?

Abg. Schneider. Bei dem Betrage, welchen ich überreicht habe, soll es statt: "Stadt Bielitz". heißen: "Stadt und Landgemeinde Bielitz". (Wird berichtiget.)

Präs. Wenn Niemand mehr das Wort verlangt, so werde ich später das Protokoll zur Abstimmung bringen, weil wir noch nicht in der beschlußfähigen Anzahl versammelt sind. Wir sind bloß 178 anwesend. — Ein weiterer Gegenstand der Tagesordnung ist der Bericht über Wahlacte. Ich ersuche die Herren Referenten, welche Wahlacte zum Vortrage zu bringen haben, dazu zu schreiten. (Es meldet sich Niemand.) Ein weiterer Gegenstand ist die Berathung über den Gesetzvorschlag wegen Unverletzlichkeit der Reichstagsmitglieder und gewaltsamer Störung der Reichstags-Verhandlungen.

Abg. Potocki. Ich habe durch eine Privatgelegenheit einen Brief vom Abg. Zamojski bekommen; er schreibt mir, daß er durch die Post seine Dimission eingeschickt hat, weil sein schlechter Gesundheitszustand es ihm nicht erlaubt, den Pflichten eines Volksvertreters länger zu obliegen. Diese Dimission ist bis Dato nicht gekommen; denn wir wissen es, daß viete Briefe aufgehalten werden. Ich habe diese Mittheilung machen wollen, damit es bei Zeiten hier vorgemerkt werde, und damit man wisse, daß er schon jetzt seiner Gesundheit wegen seine Dimission gegeben hat. Ich werde diese Zuschrift, dieses Privatschreiben zum Vorstande bringen, und es dort niederlegen. Ich glaube aber, die Sache ist von solcher Wichtigkeit, daß sie vor Ablauf der festgesetzten Zeit dem Vorstande bekannt werde.

Präs. Es wird dieses zur Wissenschaft genommen, und sobald das Gesuch eingelangt ist, wird das Nöthige verfügt werden, um eine neue Wahl auszuschreiben. — Ich werde mir erlauben, in den permanenten Ausschuß zu schicken, und die Herren einzuladen, die sich dort befinden, um bei der Berathung des Gesetzes wegen der Unverletzlichkeit der Reichstags-Abgeordneten zugegen zu sein. —

(Pause.)

Es ist so eben der Berichterstatter des permanenten Ausschusses erschienen, und ich ersuche ihn zur Berichterstattung zu schreiten.

Abg. Schuselka. Es sind abermals Geldbeiträge an den permanenten Ausschuß gekommen, zur Unterstützung der Nationalgarden und Studenten, und zwar von den Journalisten des Reichstages 125 fl. 20 kr. CM.; von der Gemeinde Rattersdorf 46 fl.; von der Gemeinde Ober-Wagram 14 fl.; von den Gemeinden Hub und Grub 10 fl.; von der Gemeinde Eglsee 5 fl., durch die Gemeinde-Abgeordneten Franz Porsch und Franz Ramler. Durch den Abg. Thar von der Gemeinde Mölk 187 fl. 58 kr. und von der Gemeinde Anzendorf 5 fl. 48 kr. Ich habe bereits die Ehre gehabt, anzuzeigen, daß wir über 864 fl. schon verfügt, und die Hälfte dem Studenten-Comité, die andere Hälfte dem Verwaltungsrathe der Nationalgarde zugewiesen haben. Eine zweite Verfügung über 777 fl, 11 kr. haben wir getroffen, indem wir dem Studenten-Comité 488 fl. 36 kr., dem Verwaltungsrathe der Nationalgarde 88 fl. 35 kr. und an den Gemeinderath für die Hinterbliebenen der Gefallenen 200 fl. zugewiesen haben. — Die eben eingegangenen Beträge werden nach demselben Maßstabe ihrer Bestimmung zugeführt.

Dem permanenten Ausschusse liegt eine aus Innsbruck vom 16. October 1848 datirte Proclamation vor: "an die lieben Landsleute aus Tirol und Vorarlberg". Der permanente Ausschuß hat sich verpflichtet gefühlt, davon der hohen Versammlung eine Anzeige zu machen und in Betreff eines Theils dieser Proclamation einen Antrag zu stellen. Diese Proclamation lautet:

"Liebe Landsleute aus Tirol und Vorarlberg!

"Der Kaiser ist aus der Burg seiner Väter geflohen. — Er hat seine Hauptstadt verlassen, deren Straßen Aufruhr und Mord mit Bürgerblut besteckte, wo Verbrecher-Rotten seinen Minister erwürgten, und Vereine, die nur durch den Umsturz alles Bestehenden sich die Herrschaft zn erringen trachten, durch Bestechung und Verführung einen großen Theil der Volksmassen für sich gewonnen und bewaffnet haben.

"Unter solchen Einflüssen kann auch der Reichstag nicht mehr frei berathen. Die Gewalt ist übergegangen in die Hände von Menschen, welche die Freiheit im Munde führen, aber schrankenlose Tyrannei üben. Ihr letztes Ziel ist die Auflösung aller Bande der Gesetze und die Zertrümmerung der Monarchie, um aus den Ueberresten eine Republik zu gründen.

"Landsleute von Tirol und Vorarlberg! Als der Kaiser flüchtete, hat er durch ein Manifest uns alle aufgefordert, sich um ihn zu schaaren, und mit ihm die Monarchie und die Freiheit zu retten.

"Wo kann der Ruf des guten, tief gebeugten Monarchen, der seinen Völkern gerne und von Herzen Alles gab, was er geben konnte, einen wärmeren Anklang, eine tiefere Erwiederung finden, als in der Brust der Tiroler und Vorarlberger, die ein halbtausendjähriger, mit dem Herzblute besiegelter Bund an den Kaiser knüpft!

"Unsere Wahl kann nicht schwanken, wir schaaren uns um den constitutionellen Thron des Monarchen, wir folgen seinem Rufe, wir geben ihm Gut und Blut, mit ihm wollen wir stehen und fallen.

"Der ständige Landtags-Ausschuß hält es für seine Pflicht, in dieser schwierigen Zeit die Landesvertretung einzuberufen, und im Einklange mit den Behörden einstweilen jene Maßregeln zu treffen, welche die Noth des Augenblickes erheischt, zugleich aber auch eine Deputation an Seine Majestät den Kaiser zu entsenden.

"Zu diesem Zwecke wird gleichzeitig der vertagte Landtag einberufen, und derselbe mit stimmberechtigten Vertrauensmännern nach der Volkszahl verstärkt werden, damit die Volksvertretung auf diese Weise eingeleitet, die Verbindung Vorarlbergs mit Tirol in ständischer Beziehung angebahnt, und das beklagenswerthe Zerwürfniß mit unseren Brüdern in Wälschtirol gehoben werde.

"Landsleute! Wir rechnen auf Eure Liebe zum Kaiser, auf Eure bisher unerschütterte Treue, auf Euren bewährten Rechtssinn, auf Eure Mitwirkung zur Erhaltung des Friedens und der Ordnung, die uns bisher beglückten.

"Lasset uns aussprechen vor den Provinzen Oesterreichs, vor Deutschland und Europa, was wir wollen! Wir wollen den Fortbestand der constitutionellen Monarchie, wir erkennen in ihr den Hort der Rettung aus den Stürmen der Gegenwart. Wir wollen die Erhaltung des Kaiserstaates und die uralte Verbindung seiner Völker durch die geheiligte Person des Monarchen. Wir wollen die Gleichberechtigung aller Völkerstämme des Kaiserstaates; keine Nation unterdrücke die andere, sondern stehe brüderlich vereint zum Völkerbunde. Wir wollen als deutsche Provinz enge Verknüpfung mit Deutschland und seiner Centralgewalt, an deren Spitze durch des Volkes Stimme gerufen, unser alter Freund aus dem Kaiserhause, der Erzherzog Johann steht. Wir wollen die unverkümmerte Freiheit, wie sie uns durch das Wort des Kaisers verbürgt ist, aber wir wollen sie gebaut auf die Grundfesten des Rechtes und der Achtung vor dem Gesetze, weil ohne sie keine Freiheit denkbar ist. Wir wollen die Beachtung unserer religiösen, geistigen und materiellen Interessen. Wir wollen die Aufrechthaltung unserer provinziellen Selbstständigkeit, sie ist das Erbtheil eines Jahrtausendes, das kostbare Vermächtniß der Väter, das kein Volk ohne Selbstmord opfern kann; für sie stehen wir, wie jemals, Mann an Mann.

"Laßt uns, liebe Landsleute, auf Gott vertrauen, der die Geschicke der Völker lenkt. Laßt uns festhalten an den Geboten der heiligen Religion, sie führt uns sicher auf dem Wege zur Rettung. Laßt uns einig sein! Denn Eintracht gibt allein Stärke, sie macht das Kleine groß. Laßt fahren in dieser schwer bedrängten Zeit kleinliche Zwiste und Meinungsverschiedenheiten, wo es nur Hilfe gibt, wenn Einer für Alle, und Alle für Einen stehen. Laßt uns einander hilfreich sein wie Brüder. Laßt uns wandeln auf der Bahn des Gesetzes, auf ihr ruht Gottes Segen. Laßt uns Selbsthilfe und Gewalt verschmähen, sie führen zur Unterdrückung. Treten wir entgegen den Wühlern, denen kein Mittel zu schlecht ist zur Erreichung ihrer schmachvollen Zwecke; die unter dem Vorwande der Volksbeglückung Gesetzlosigkeit und Anarchie wollen, um aus dem Schiffbruche Eurer Güter ihr Glück zu erbauen. Laßt uns Muth fassen in dieser dunkeln Zeit, denn Muth und Zuversicht, das Recht und die Gesetze zu wahren, sind mit Gottes Hilfe Rettungsanker. Gehen wir, liebe Landsleute, entschlossen auf dieser Bahn, und glauben wir fest und sicher, daß uns diese Sterne leiten werden durch die schwarze Gewitternacht, bis der Tag des Friedens und der Freiheit anbricht, der uns lohnen wird für die muthige Ausdauer.

Innsbruck, 16. October 1848.

Benz, k. k. Gubernial-Vicepräsident.

Wolkenstein, Präsident des tirolerischen Landtages."

Abg. Schuselka. Der permanente Ausschuß hat sich mit dem Inhalte dieser Proclamation nur in soferne beschäftiget, als diese Proclamation die Einberufung des tirolischen Landtages eigenmächtig, durch kein Ministerium vermittelt und ohne Befehle anordnet, im Widerspruche gewissermaßen mit dem Inhalte dieser Proclamation selbst, welche aufruft, daß man in dieser drückenden und schweren Zeit einig sein müsse, daß Alle für Einen, und jeder Einzelne für Alle einstehen müsse, steht nach unserer Ansicht die Einberufung eines Landtages und eigenmächtig, ohne Verbindung mit dem hohen Reichstage oder mit dem Ministerium eine Verfügung zu treffen, gerade ein Zerreißen der Einigkeit, die jetzt so Noth thut, — und so hat sich der permanente Ausschuß veranlaßt gesehen, den Antrag der hohen Kammer zu stellen: das Ministerium möge aufgefordert werden, diese eigenmächtige Einberufung des tirolischen Landtages als ungiltig und unzulässig zu erklären.

Präs. Wünscht Jemand über diesen Gegenstand zu sprechen?

Abg. Gleispach. Ich erlaube mir zu bemerken, daß hier noch nicht constatirt ist, in wieferne es den Ständen frei steht, einen Landtag zusammenzuberufen oder nicht. Die steierischen Stände haben unbedingt das Recht, einen Landtag einzuberufen, so oft sie es für gut finden; es hat dieses Recht der Landeshauptmann ganz allein, es hat dieses Recht eine Anzahl von Landständen. Wenn nun in Tirol die Landstände dasselbe Recht haben, so glaube ich, kann es ihnen in keinem Augenblicke benommen werden, einen Landtag einzuberufen, und zwar deßwegen, weil durch die neuen Institutionen die bisherigen Rechte unmöglich verloren gegangen sein können, und so lange die neuen nicht garantirt sind, und so lange kein Verlangen war, die bisherigen aufzugeben, in soferne sie nicht collidiren, unmöglich eine Veranlassung sein kann, Jemanden ein Recht zu nehmen, welches er bisher besessen hat.

Abg. Maffei. Ich muß bemerken, daß der Landtag in Innsbruck nur prorogirt war; obwohl ich ein Südtiroler bin, so muß ich dieß bemerken. Der Landtag war einberufen für diesen Herbst oder Sommer und war nur prorogirt, und soll jetzt wieder begonnen werden, und ich glaube, daß deswegen wir hier nicht einschreiten können.

Abg. Prato. Ich erlaube mir zu bemerken, daß der Innsbrucker Landtag von Anbeginn an ungesetzlich war. Der Landtag von Tirol wurde zusammenberufen unter der immerwährenden Protestation eines Theiles von Tirol. Bis die Verhältnisse zwischen Wälsch-Tirol und Deutsch-Tirol nicht geregelt werden, kann kein Landtag in Innsbruck zusammenberufen werden, denn da kann unmöglich das ganze Land vertreten sein. — Wie Anfangs, als der Reichstag zusammenberufen wurde, die Versammlung des Tiroler Landtages eigentlich ungesetzmäßig geschah, so wäre auch die Wiederaufnahme dieses, wie der Herr Abg. Maffei zu meiner großen Verwunderung bemerkt hat, prorogirten Landtages eben so ungesetzlich als die erste Einberufung; deßwegen kann ich nur den Antrag der Commission unterstützen.

Abg. Turco. Ich wollte vor Allem nur bemerken, daß diesem Landtage damals, als er im Mai zusammenberufen wurde, auch die Bewilligung vom Ministerium zu dieser Abhaltung ertheilt wurde. In dieser Beziehung mag es für die nordtirolischen Bewohner auch eine Geltung haben. Die italienischen Bewohner der Kreise von Trient und Rovredo haben gleich anfangs gegen diesen Landtag protestirt, und zwar aus sehr wichtigen Gründen, welche jetzt anzuführen, glaube ich, nicht an der Zeit wäre, und die auch seiner Zeit werden geltend gemacht werden. Kein italienischer Deputirter ist nach Innsbruck gegangen, obwohl die Bevölkerung der beiden Kreise Trient und Roveredo beinahe die Hälfte der ganzen Provinz Tirol ausmacht. Wir haben gesagt, wir werden nicht nach Innsbruck gehen, weil erstens der Congreß nach dem alten Systeme zusammengesetzt, und vom Kaiser Prälaten, Ritter, und Repräsentanten der Städte zusammenberufen wurden, wo wir dagegen nur die Volksvertretung gewünscht hätten, nachdem dieselbe schon damals vom Kaiser zugesichert war. Zweitens protestirten wir mit Hinweisung auf unsere Nationalität, an einem gemeinschaftlichen Congresse in Innsbruck Antheil zu nehmen. Das galt aber gar nichts, die Herren kamen in Innsbruck zusammen, und meine Herren, was haben sie dort für Beschlüsse gefaßt? Selbst bei der neuen Verfassung wurde wieder das Geschick des Volkes in die Hände des Adels, der Prälaten und der Bürger gelegt, und man kümmerte sich nicht, daß das italienische Volk nicht repräsentirt sei. So ist die neue Verfassung zusammengestellt worden. Die Südtiroler, das ist die Italiener, haben keinen Theil an einem solchen Machwerk und werden auch nie daran Antheil nehmen. Wir haben protestirt und werden immer protestiren, je mehr nach Innsbruck zu einem gesammten tirolischen Landtage uns zu begeben. Wir glauben, die Italiener können nicht mehr in Innsbruck tagen. Die Nordtiroler und Italiener haben in jeder Beziehung ganz verschiedenartige Interessen, Sympathien und Wünsche — ich lasse selbst die höchstwichtige Nationalität bei Seite, — und da ist es nicht möglich, daß ein Volk vom anderen zusammengehalten und geknechtet werde, wie es bisher geschehen ist. Ja, wir waren von den Nordtirolern, oder vielmehr von den Innsbruckern bisher immer geknechtet, wir waren Sklaven, und so lange wir noch mit Innsbruck verbunden sein werden, werden wir immer geknechtet sein, und die Freiheit wird für uns nie bestehen, nur Ironie sein.

Zum eigentlichen Gegenstande zurückkehrend, mache ich noch die Bemerkung, daß, wenn auch jetzt der Landtagspräsident in Innsbruck, wie er immer heißen mag, den Landtag zusammenberufen hat, und wenn auch dieser Landtag genehmiget werden sollte, kein italienischer Abgeordneter sich nach Innsbruck begeben wird; was die Nordtiroler thun, ist uns gleichgiltig. Ich bitte daher, wenn von Tirol die Rede ist, wohl immer gut zu unterscheiden zwischen Nord- und Welschtirol, daß ist, zwischen den italienischen Kreisen Trient und Roveredo und dem übrigen Tirol, deren Vertreter hier sitzen, was bei den nordtirolischen Vertretern nicht der Fall ist. — Uebrigens schließe ich mich dem Antrage der Commission an.

Abg. Maffei. Ich verzichte auf das Wort, indem der Abg. Turco die Sache ganz richtig entwickelt hat. Wir erschienen beim damaligen Congresse nicht, und die Aufklärung des Herrn Turco ist ganz richtig.

Präs. Abg. Pillersdorff hat das Wort.

Abg. Pillersdorff. Ich habe nur das Wort ergreifen wollen, um die factische Aufklärung über diesen Gegenstand zu geben, daß nämlich in Tirol die Landesstelle oder der Landeshauptmann nicht berechtiget war, die Stände einzuberufen, sondern daß eine Specialbewilligung Seiner Majestät des Kaisers erst eingeholt werden mußte, daher würde eine Einberufung vom Landeshauptmann illegal sein.

Präs. Abg. Borrosch hat das Wort.

Abg. Borrosch. Es ist hier in das Meritorische dieser Frage eingegangen worden. Ich habe meine Ansicht in dieser Beziehung oft genug in diesein Hause ausgesprochen. Meiner Ueberzeugung nach hätten an dem Tage, wo der Reichstag, der Vertreter aller Völker Oesterreichs, der deutsch-erbländischen Provinzen, Galiziens, Dalmatiens, hier zusammentrat, die Landtage alsogleich sich auflösen müssen. Ich war davon so fest überzeugt, daß, als ich nach den Pfingstereignissen hieher kam — es ist der Staatsmann hier, der damals verantwortlicher Minister war — ich diese vier Gegenstände zum Zwecke meines Hierseins machte, nämlich: Amnestie zu erwirken, augenblicklich zu erklären, daß nichts gegen die constitutionelle Freiheit beabsichtiget wird, also Beschleunigung der Wahlen für den Reichstag, der leider doch möglichst lange hinausgeschoben worden war. Es wurden dort aufs allerschleunigste noch zuvor, selbst auf die Gefahr hin, die Wahlen für den Reichstag dürften zu spät kommen — was auch der Fall war, und damals mit als ein Grund gegen die Deputirten aus Böhmen geltend gemacht wurde — in aller Schnelligkeit die Wahlen für den böhmischen Landtag angeordnet. Ich erklärte mich gegen den damaligen Gouverneur in Prag, daß ich es für anticonstitutionell in diesem Momente ansehen müßte, da man gar nicht, wissen könne, ob überhaupt in der Zukunft Landtage bestehen werden, und nach welchem Wahlmodus; sie wurde dessenungeachtet ausgeschrieben und ich erklärte mich ebenso als damaliger Stadtrath dem Bürgermeister und den Stadträthen gegenüber, daß ich mich an der Wahl nicht betheiligen werde, weil es gegen meine constitutionelle Ansicht laufe. Obwohl ich als Dritter gewählt wurde unter den Vertretern dieses Landtages, nahm ich dieses Mandat nicht an. Es haben deßwegen einige Herren Abgeordnete — ich glaube auch der Abg. Löhner — mehrmals von dem verantwortlichen Ministerium die genaue Vorlage gefordert, — leider ist dieses nicht geschehen. Einige Landtage haben noch ihre Arbeiten fortgesetzt; ich betrachte das überhaupt als einen für jetzt nicht erledigbaren Gegenstand und wünschte auch, daß gar nicht darauf eingegangen werde, und habe nur den einzigen Gesichtspunct festgehalten, daß so lange die Reichsversammlung tagt, jede andere unter dem Vorwande, diese Reichsversammlung tage nicht frei, oder nicht rechtmäßig, noch zusammentretende oder noch fortbestehende und nur unter diesem Vorwande Vorschriften erlassende Landtagssitzung in meinen Augen ein Verrath an der Völkerfreiheit sei. (Beifall.) Wir haben also, glaube ich, gar nicht darauf einzugehen, ob der Landtag von Tirol hiezu berechtigt gewesen, oder noch berechtigt sei, sondern uns einzig und allein an diesen Motiven zu halten, nach welchen man jetzt entweder Separationsgelüste oder gerade das herbeiführen will, was man sich den Anschein gibt zu verhindern — den Bürgerkrieg, den Racenkrieg. Ich erkenne jetzt nur eine einzige rechtmäßige Vertretung des erblichen Thrones, der Volksfreiheit, der Vaterlandswohlfahrt, das ist dieser Reichstag, und wer da sagt, er tage hier inmitten der Anarchie in ihren Interessen, ist entweder ununterrichtet, oder ein Verräther am Monarchen, am Volke, am Vaterlande. (Großer Beifall.)

Abg. Pillersdorff. Ohne in die Frage einzugehen, ob künftig Provinzial-Vertretungen neben dem Reichstage stattfinden sollen, weil das ein Gegenstand ist, welcher der künftigen Constitution und den Beschlüssen des Reichstages selbst vorbehalten ist, habe ich nur geglaubt das Wort nehmen zu müssen, weil der Herr Abgeordnete, der vor mir gesprochen hat, sich bezogen hat auf Antrage und Begehren, die er an das Ministerium gestellt hat, zu einer Zeit, wo ich einen Theil desselben gebildet habe, und in der Beziehung muß ich nur einige Daten berichtigen und erläutern, die sich auf jene Periode beziehen. — Gleich nachdem das Wahlgesetz vom 9. Mai erschienen ist, welches die Aufforderung enthielt, zum Reichstage die Wahlen vorzunehmen, sind die gemessensten Befehle an alle Provinzen ergangen, die Wahlen vorzunehmen und sie so zu beschleunigen, daß bis 26. Juni, bis wohin der Beginn des Reichstages festgesetzt war, alle Abgeordneten nicht nur erwählt, sondern auch an ihren Plätzen sein könnten. Diese Maßregel hat nur in Böhmen auf Widerstand gestoßen. Es sind die Mai-Ereignisse eingetreten, und es ist bekannt, daß als Folge der Mai-Ereignisse die Bildung einer sogenannten provisorischen Regierung in Böhmen vorgenommen wurde. Als ich davon Kenntniß erhielt, fand ich mich sogleich veranlaßt, dieselbe für null und nichtig zu erklären, und gegen alle Handlungen, welche daraus entspringen konnten, zu protestiren und diese provisorische Regierung und Jeden verantwortlich zu machen, der an derselben Theil nimmt. Die böhmischen Stände haben sich damals veranlaßt gefunden, eine Deputation nach Innsbruck an Seine Majestät den Kaiser abzuschicken. Unter ihren verschiedenen Begehren war auch das der Abhaltung eines Provinzial-Landtages. Sie haben diesen Gegenstand so dringend und unerläßlich dargestellt, daß sie Seine Majestät durch eine Deputation gebeten haben, die Bewilligung zur Abhaltung dieses Landtages zu ertheilen. Diese Deputation hat von Seiner Majestät von Innsbruck aus die Bewilligung zur Abhaltung des Landtages erhalten, ohne daß das Ministerium Kenntniß davon erlangt hatte, als bis es schon die Entscheidung hatte. In dieser Entscheidung war, so viel ich mich erinnere, der Termin nicht ausgedrückt. Als ich die Kenntniß hievon erlangt hatte, erklärte ich, der Provinzial-Landtag könne nicht stattfinden, ehe nicht die Abhaltung des Reichstages beschlossen sei. Ich erklärte, daß es ein Widersinn wäre, einen solchen Landtag auszuschreiben, während der Reichstag hier abgehalten wird. Ich habe neuerdings darauf gedrungen, daß die Wahlen sogleich vorgenommen werden, und das Resultat mir übergeben werde. Darüber sind ausweichende Erklärungen erfolgt, daß einer solchen Protestation in keinem Falle Gehör gegeben werden könne, worunter auch die Erklärung, man solle auch die Vornahme der Wahlen für die Provinzial-Landtage einleiten. — Als ich gesehen habe, daß diesem Auftrage keine Folge geleistet wird, so ließ ich eine Aufforderung an die Kreisämter selbst ergehen, zu den Wahlen zu schreiten; die Folge war, daß die Wahlen zwar vorgenommen wurden, aber jene Verzögerung eintrat, wodurch die böhmischen Deputirten später hier eintrafen. Ich muß also nur bemerken, daß vom Ministerium durchaus Nichts geschehen sei, was den Provinzial-Landtagen eine Geltung oder die Ermächtigung gegeben hätte, die Wahlen dazu vorzunehmen. Der einzige Act, welcher in dieser Hinsicht erfolgt ist, ist von Innsbruck aus erfolgt, und das Ministerium hat durchaus keinen Antheil daran genommen.

Präs. Es ist weiter kein Redner vorgemerkt, und ich fordere den Herrn Berichterstatter auf, allenfalls das letzte Wort zu ergreifen.

Abg. Schuselka. Ich glaube, daß der Gegenstand durch die vorhergegangenen Reden erschöpft wurde, namentlich durch die Hinweisung des Abg. Borrosch, daß wir lediglich auf die Motivirung der Einberufung des tirolischen Landtages Rücksicht nehmen müssen, die darin besteht, daß gesagt wird, aus dem Grunde, daß der Reichstag nicht frei berathen könne, müsse man Vorkehrungen treffen und den Landtag in Tirol einberufen. Es war also dieses ganz entschieden, wenn ich auch nicht das schlimmste Wort anwende, Verrath am Vaterlande, so doch eine Auflehnung gegen den constituirenden Reichstag, und dieses war genug Motiv für uns, das Ministerium aufzufordern, die nöthigen Schritte zu thun; und mehr hat der permanente Ausschuß auch nicht beantragt, als auf gewöhnlichem Wege durch das Ministerium hinzuweisen, daß die eigenmächtige Einberufung eines Landtages während des Reichstages, der beschlußfähig und vom Kaiser anerkannt ist, unter solchen Umständen unzulässig sei.

Präs. Ich werde den Antrag der permanenten Commission zur Abstimmung bringen, da nach sowohl von den Herren Secretären als von mir vorgenommenen Zählung 198 Mitglieder anwesend sind. Zum Antrage der permanenten Commission liegt kein Verbesserungsantrag vor, jener lautet aber:

"Das Ministerium werde aufgefordert, die eigenmächtige Berufung des Tiroler Landtages für ungesetzlich und unzulässig zu erklären."

(Unterstützt und angenommen.)

Ich werde nun, da die erforderliche Anzahl Abgeordneter anwesend ist, das Sitzungsprotokoll der gestrigen Abendsitzung vorlesen lassen und zur Abstimmung bringen.

(Secretär Gleispach liest das Protokoll und es wird genehmigt.)

Präs. Ich ersuche den Herrn Berichterstatter fortzufahren.

Abg. Schuselka. Ein sehr interessantes Gegenstück zu dieser Innsbrucker Proclamation bildet eine Zuschrift, eine Adresse, welche von den beiden italienischen Kreisen, von den Städten Trient und Roveredo an die Reichsversammlung eingelangt ist. Das Original ist in italienischer Sprache abgefaßt; der Ausschuß hat ein Mitglied beauftragt, eine Uebersetzung zu liefern, welche ich vorzutragen die Ehre haben werde. Sie lautet:

"Hohe constituirende Reichsversammlung!"

"Die bedeutungsvollen Ereignisse, welche in diesen letzten Tagen und noch gegenwärtig die Hauptstadt des Reiches erschütterten und noch erschüttern, versetzten auch diese Bevölkerung in große Aufregung. Doch die hohe Versammlung der Vertreter des souveränen Volkes mit ihrem festen, würdevollen Verhalten und durch ihre weisen und freisinnigen Vorkehrungen hat unseren Muth gekräftiget, indem sie unser Zutrauen bestärkte zu der immerwährenden Fortdauer jener freien constitutionellen Verfügungen, welche alle die Völker der Gesammtmonarchie zu höherer und glücklicher Zukunft berufen."

"Sie verstand mit der Kraft einer weisen Mäßigung die Rechte und Interessen aller Parteien zu schützen, sie verstand sowohl der Willkür als der Zügellosigkeit und der Anarchie vorzubeugen, und so zwischen dem Fürsten und dem Volke jenes Band aufrecht zu erhalten, welches ein Beweis und eine Nothwendigkeit einer jeden freien und gut geregelten Regierung ist."

"Mitten unter so vielen Bewegungen, in einem so feierlichen Augenblicke gibt die Bevölkerung der zwei italienischen Kreise von Trient und Roveredo ihrem unwiderstehlichen Drange noch, indem sie der hohen Versammlung, welche sich ewige Verdienste um das Volk und die constitutionelle Monarchie erwarb, ihre einstimmige Anerkennung und die Gefühle der lebhaftesten Dankbarkeit darbringt."

"Diese Bevölkerung also, weit entfernt von einem jeden reactionären Geiste gegen ihre wohlthätigen Maßregeln, stimmt ihnen vielmehr vollkommen bei und verspricht, so viel es an ihr liegt, für jetzt und für die Zukunft den Vertretern des Volkes aufrichtige und unerschütterliche Unterstützung, so auch treuen Gehorsam ihren hohen Beschlüssen."

"Wolle der Allmächtige unsere würdigen Vertreter immer mehr erleuchten und ihre edlen Vorsätze unterstützen, damit sie ihren schweren aber hohen Beruf erfüllen können, dessen Vollbringung, nachdem die verschiedenen Nationen in einem freien und brüderlichen Verbande vereiniget sein werden, in dem schönsten Blatte der Geschichte unter dem Segen der Zeitgenossen der Bewunderung der entferntesten Nachkommen überantwortet werden wird."

"Die Verordneten der Stadtgemeinden zu Trient und Roveredo als Dollmetscher der Gesinnung aller Bewohner der zwei Kreise bitten die hohe constituirende Versammlung, diese ihre loyalen Gesinnungen freundlich entgegen zu nehmen."

"Am 15. October 1848.

(Folgen 50 Unterschriften der Gemeindevorstände aus den Kreisen Trient und Roveredo.)

Präs. Es wurde mir hier vom Abg. Podlewski ein Antrag vorgelegt, welcher lautet:

"Nachdem bereits seit 5 Tagen aus Galizien keine Post angekommen, und es wahrscheinlich ist, daß die Post auf den Befehl des Fürsten Windischgrätz aufgehalten wird, wodurch ein unendlicher Nachtheil erwachsen kann, und auch die Arbeiten des constituirenden Reichstages gestört werden, indem höchst wichtige Eingaben an den Reichstag zurückgehalten werden, stelle ich den Antrag: der hohe Reichstag wolle die Herren Minister Wessenberg und Krauß auffordern, dem Fürsten Windischgrätz zu bedeuten, die Aufhaltung der Posten dem Militär nicht zu erlauben, indem er widrigenfalls für alle diese Gewaltschritte und die Verletzung des Briefgeheimnisses strengstens verantwortlich gemacht würde."

Abg. Sidon. Da aus Böhmen durch viele Tage keine Briefe eingetroffen sind, so würde ich bitten, daß unsere Provinz auch rücksichtlich dieses Antrages mit einbegriffen würde.

Präs. Der Antrag wurde im Allgemeinen gestellt. (Liest nochmals den Antrag.)

Abg. Umlauft. Ich werde mir einen Abänderungsantrag erlauben. Statt: "nicht zu gestatten" möge gesetzt werden: "strengstens zu untersagen."

Abg. Goldmark. Ich muß mich dafür erklären, daß dieser Beschluß — ich hoffe, er wird gefast werden — nur dem Minister Krauß zugewiesen werde. Die Stellung, die der Minister Wessenberg in Olmütz angenommen hat, ist eine solche, er hat Acte von solcher Wichtigkeit vorgenommen, daß ich für meine Person ihn nimmermehr als solchen anerkennen kann, und ich kann nicht zugeben, daß von dieser hohen Versammlung Schritte gethan werden , wodurch der Minister Wessenberg von uns als solcher anerkannt wird. Ich beantrage daher, daß dieser Beschluß bloß dem Herrn Minister Krauß zur sofortigen Exequirung zugewiesen werde.

Präs. Nehmen vielleicht der Herr Antragsteller diese Abänderung auf, daß statt "nicht zu gestatten" gesetzt werde: "strengstens zu untersagen?" (Polewski: Einverstanden.)

Abg. Borrosch. Was der Herr Redner vor mir bemerkte, ist höchst anticonstitutionell; nicht die Kammer als solche ernennt Minister, erkennt sie an und erkennt sie nicht an; eine Kammer kann Minister zur Abdankung durch parlamentarisch constitutionelle Maßregeln zwingen, kann aber nicht sagen, so lange noch ein nur von der Krone zu ernennender Minister fungirt, daß sie ihn nicht anerkennen, mit ihm nichts zu thun haben will, am wenigsten ein einziger Abgeordneter. Die Sachlage ist die, daß uns bis jetzt das kaiserliche Wort, ein neues volksthümliches Ministerium zu ernennen, leider! noch nicht eingehalten worden ist. Das ist der Boden, auf dem wir eben so unerschütterlich feststehen, wie auch alle bis jetzt stattgefundenen Maßregeln constitutionell zu bekämpfen und zu besiegen vermögen, wofern nicht physische Gewalt, die natürlich dann die ultima ratio überall ist, das verhindern würde. Nun das Letztere glaube ich nun und nimmermehr. Eine solche Schmach, ganz Europa gegenüber wird man sich nicht aufladen. Von dem früheren Ministerium waren noch 5 Personen. Es hat der eine leider sein Mandat zurückgegeben, meiner Ueberzeugung nach — es ist für mich ein geachteter Ehrenmann und ein Freund der Volksfreiheit — etwas voreilig, weil ein constitutioneller Minister nur in dem Falle abdanken darf, wenn von der Kammer aus ein Gesetz eingebracht, also der Volkswille zur Sanctionirung vorgelegt wird, und der Monarch diese Sanctionirung verweigert, dann ist ein constitutioneller Minister verpflichtet, der Kammer als Repräsentantin der Volkssouveränität zu sagen: ich konnte die Sanctionirung nicht erwirken, Ich danke ab. Im gegentheiligen Fall hat ein constitutioneller Minister seine Pflicht erfüllt, sobald er die Contrasignatur verweigert, er ist dadurch außer Verantwortung, und der ohne der Contrasignatur erschienene Act ohnehin ungültig. Er hat dann zu erwarten, ob der Monarch sagt: Ich schenke dir als Rathgeber der Krone mein Vertrauen nicht mehr. Ich bitte also das genau festzuhalten, und daß wir, bis das neue


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