Støeda 25. øíjna 1848

ließ er sich zu einer Modifikation herab, er erklärte sich nämlich, bereit zu sein, nicht so unbestimmt wie es geschehen sei, bloß einige Individuen zu bezeichnen, sondern er erklärte sich bereit, die Namen derselben zu nennen (Gelächter), die er haben will (Heiterkeit und Zischen). Wir haben, immer auf unserem Standpuncte verbleibend, dem Abg. Brestel durchaus nicht die Vollmacht gegeben, daß er als Abgesandter des Reichstags oder des Ausschusses vor dem Fürsten Windischgrätz erscheine. Der Abg. Brestel hat dieß auch mit Nachdruck geltend gemacht, und sich lediglich auf den Wunsch des Herrn Finanzministers hinaus begeben. In dieser Stellung verbleibend, haben wir auch keine weiteren Schritte eingeleitet, in der Voraussetzung, daß die hohe Kammer und die Bevölkerung überzeugt sein werden, daß wir uns in keine Verhandlung einlassen würden, die wir nicht vor die Oeffentlichkeit bringen können, in eine Verhandlung, die nicht für die Interessen aller Parteien und im Interesse der Freiheit gepflogen und zu Ende gebracht würden, daß wir uns nie herbeilassen werden, einen Frieden zu schließen, bei dem eine oder die andere Partei vernachlässiget würde, wie es bei so manchen Friedensschlüssen geschehen ist. Dieß halten wir uns für verpflichtet vor der Oeffentlichkeit auszusprechen.

Es ist soeben ein Schreiben von den beiden Reichstags-Commissären aus Frankfurt, Welcker und Mosle, an den Herrn Präsidenten eingelangt, und ich bin beauftragt, es vorzulesen. (Liest:)

"Hohes Reichstags-Präsidium!

"Wir haben die Ehre gehabt, diesen Morgen Ihr vermittelst Courier an uns abgesandtes Schreiben zu empfangen. So wie schon vorher in dem Lager des Feldmarschalls Fürsten Windischgrätz haben wir auch hier gleich gestern nach unserer Ankunft beim Minister von Wessenberg und heute bei Seiner kaiserl. Majestät für eine unblutige und möglichst versöhnende und milde Beendigung der bestehenden Zerwürfnisse zu wirken gesucht. Wir werden in dieser Bemühung fortfahren, und sobald es uns möglich sein wird, nach Wien kommen.

"Olmütz am 24. October 1848.

Hochachtungsvoll verharrend

Die Reichstags-Commissäre.

C. Welcker m. p., Mosle m. p.

"An ein hohes Präsidium des Reichstages zu Wien."

Ich komme nun zum eigentlichen und wichtigsten Gegenstände unseres heutigen Berichtes. Ich bin beauftragt, folgendes Schreiben Seiner Majestät, welches vom Minister Wessenberg an den Herrn Präsidenten des Reichstages eingelangt ist, vorzulesen:

"An den Herrn Präsidenten des österreichischen Reichstages.

"Ich habe die Ehre, dem Herrn Präsidenten des Reichstages beiliegenden Erlaß Seiner kaiserlich-königlichen Majestät mit dem Ersuchen zu übersenden, davon alsobald die hohe Reichsversammlung in Kenntniß zu setzen, und mir den Empfang bescheinigen zu wollen. Für den Fall aber, daß der Reichstag seine Sitzungen unterbrochen haben sollte, wäre der Beschluß Seiner kaiserlich-königlichen Majestät mittelst öffentlicher Kundmachung den Mitgliedern der Reichsversammlung zur Kenntniß zu bringen.

"Olmütz den 22. October 1848.

Der Minister-Präsident

Wessenberg m. p."

Der Erlaß Seiner Majestät lautet:

"Wir Ferdinand der Erste, constitutioneller Kaiser von Oesterreich, König von Ungarn ec. ec.

"Die Unserem Herzen so schmerzlichen Ereignisse in der Hauptstadt der Monarchie und die Fortdauer des anarchischen Zustandes daselbst, haben Uns zur Wahrung des Thrones und des Glückes Unserer Völker in die traurige Nothwendigkeit versetzt, die offene Empörung durch die Gewalt der Waffen zu unterdrücken, wie Wir dieses in Unseren Manifesten vom 16. und 19. October l. J. Unseren Völkern verkündiget haben.

"Bei dem gestörten Zustande der gesetzlichen Ordnung in der Hauptstadt, und bei dem bevorstehenden Eintritte militärischer Maßregeln ist für den Reichstag unmöglich geworden, daselbst seine Berathungen fortzusetzen. Wir finden Uns daher bewogen, anzuordnen, daß der Reichstag seine Sitzungen in Wien alsobald unterbreche, und Wir berufen denselben auf den 13. November nach der Stadt Kremsier, wo er in der Lage seyn wird, sich ungestört und ununterbrochen seiner großen Aufgabe, der Ausarbeitung einer den Interessen Unserer Staaten entsprechenden Verfassung ausschließlich widmen zu können.

"Es werden demnach alle zum constituirenden Reichstage erwählten Volksvertreter aufgefordert, sich bis zum 15. November in der Stadt Kremsier zuverläßlich einzufinden, um daselbst die unterbrochenen Berathungen in Beziehung auf die Verfassung fortzusetzen, und solche mit Beseitigung aller Nebenrücksichten in Bälde einem gedeihlichen Ende zuzuführen.

"Wir versehen Uns, daß alle zum constituirenden Reichstage gewählten Vertreter des Volkes ihren Pflichten gegen das Vaterland eingedenk, sich angelegen sein lassen werden, pünctlich zur obenbestimmten Zeit an dem bezeichneten zeitweiligen Sitze des Reichstages zu erscheinen, und sich daselbst ungesäumt mit der baldigen Lösung der ihm gewordenen großen Aufgabe ernstlich zu beschäftigen.

"Olmütz den 22. October 1848.

Ferdinand m. p.

Wessenberg m. p."

Der Präsident des Reichstages hat diese verhängnißvollen Actenstücke dem permanenten Ausschusse zur Berathung übergeben. Der Eindruck, den dieser Allerhöchste Befehl, uns nach Kremsier zu begeben, auf den Ausschuß machte, konnte kein anderer als ein schmerzlicher sein. Uns Alle erfüllt die Ueberzeugung, daß diese Maßregel eine der unglückseligsten und verderbendrohendsten sei, die in diesen verhängnißvollen Tagen noch getroffen wurden.

Wir mußten zu der Ueberzeugung gelangen, daß wirklich Diejenigen, welche Seiner Majestät solche Rathschläge ertheilt haben, und die Verantwortlichkeit für dieselben auf sich zu nehmen gedenken, geradezu darauf ausgehen, während sie für die Aufrechthaltung des Thrones, für das Glück der Völker, ja sogar für die Aufrechthaltung der Freiheit zu wirken vorgeben, geradezu das Gegentheil zu beabsichtigen scheinen. Wir mußten die Ueberzeugung gewinnen, daß es die Absicht dieser Männer sei, die Stadt Wien zu Grunde zu richten, diese Stadt Wien, die sich in den verhängnißvollsten Zeiten durch alle Jahrhunderte hindurch mit beispielloser Treue, mit hingebender Aufopferung an ihr Regentenhaus angeschlossen hat, die die schwersten Zeiten der Prüfung tühmlich und ehrenvoll überstanden hat, die selbst in gegenwärtigen Zeiten, ungeachtet dieses furchtbaren Zustandes, welchen man über sie verhängt hat, noch keinen Augenblick ihre Anhänglichkeit an den constitutionellen Thron verläugnet hat. Wir mußten zu der Ueberzeugung kommen, daß es für die Stadt, für die Monarchie, für den Thron eine verderbliche, eine wirklich unverantwortliche Maßregel sei, den Reichstag von hier weg nach Kremsier zu rufen. Wie mußten ebenso vom praktischen Standpuncte die Ueberzeugung theilen, daß eine Verlegung des Reichstages aus dem Mittelpuncte der Monarchie hinweg, eine Lostrennung des Reichstages von den höchsten Centralbehörden der Monarchie, von den besten wissenschaftlichen Hilfsmitteln, wie sie die Residenzstadt darbietet, aus dem Mittelpuncte des politischen Lebens, dessen Anregungen unumgänglich nothwendig sind, wenn eine, den Zeitbedürfnissen entsprechende Verfassung ausgearbeitet werden soll, daß eine Losreißung des Reichstages von den Centralpuncten des politischen, geistigen und socialen Lebens geradezu eine Unmöglichkeit sei. (Beifall.)

Eben so sehr mußten wir erkennen, daß namentlich in der jetzigen Zeit, in diesen Tagen und in diesen verhängnißvollen, Gefahr drohenden Wochen die Abberufung des Reichstages die fürchterlichste Maßregel gegen die Stadt Wien wäre, und ich sage es offen, eine fürchterlichere als selbst die Drohung des Belagerungszustandes. Wir Alle waren von Einem Gefühle beseelt, und ich setze es voraus, daß dieses Gefühl in dieser hohen Versammlung vorherrschen wird, daß ein Jeder von uns, der ein Herz im Leibe hat, in dieser Zeit nicht das Herz haben wird, Wien zu verlassen. (Stürmischer Beifall.)

Allein, als wir die Mittel beriethen, diesen von Seiner Majestät uns vorgezeichneten Weg zu beseitigen, diesen Erlaß unwirksam zu machen, da mußten wir zunächst auf das einzige Mittel verfallen, welches ich mit kurzen Worten dahin aussprechen will, daß wir von dem übelberathenen Kaiser an einen besser zu berathenden appelliren wollen; denn wir müssen voraussetzen, daß Seine Majestät, wenn Sie wirklich aufrichtig und im Interesse der Völker, des Thrones und der Dynastie berathen gewesen wären, nie und immerhin diese Verfügung getroffen hatten; denn wir müssen voraussetzen, daß unser Rath, — da wir ja berufen sind zur höchsten Aufgabe des neuen Staatslebens — daß unser Rath vielleicht, unser guter, ehrlicher, aufrichtiger, patriotischer Rath nicht unberücksichtiget bleiben dürfte. — Deßhalb hat der Ausschuß dahin sich vereiniget, alsogleich in einer Adresse die Vorstellung Seiner Majestät unterzubreiten, die das, was ich mit kurzen Worten berührte, ausführlich darstellt, die Unzulässigkeit und die Unmöglichkeit einer Abberufung des Reichstages von Wien nachweiset, die zu gleicher Zeit den wesentlichen Punct hervorheben soll, daß die Reichsversammlung in zwei Beschlüssen, nämlich in dem Beschlusse, eine Proclamation an die Völker zu erlassen, und in dem Beschlusse einer Adresse an Seine Majestät den Kaiser schon den Grundsatz ausgesprochen hat, daß nur Wien diejenige Stadt sein könne, die bei so verschiedenartigen Nationalitäten einen Reichstag in sich vereinigen kann, der allen verschiedenen Nationalitäten in ihrer Gleichberechtigung genügen soll, daß gerade Wien, welches wirklich im Kleinen ein Bild der Monarchie darstellt, in der Beziehung, daß hier die Vertreter der verschiedenen Nationen als Bürger ansässig sind und sich unter dem gleichen Bürgerrechte und gleich freien und vollen Lebensgenusse sich vereiniget haben, daß Wien in dieser Beziehung das Bild der zukünftigen österreichischen Monarchie in dieser Völkerverbrüderung der Nationalitäten darstelle, und daß deshalb auch am meisten zu hoffen ist, daß solche verschiedene Nationalvertreter gerade in Wien sich zu einem Friedenswerke vereinigen können und werden.

Der Ausschuß hat den Abg. Umlauft mit der Abfassung und Redaction der Adresse beauftragt, und er wird vielleicht diese von uns beschlossene, vielfach amendire Adresse am besten vorlesen können, weil er seine Schrift am besten lesen kann.

Abg. Umlauft. Die von ihrem Ausschusse beschlossene und zu einem Antrage an die hohe Kammer bestimmte Adresse lautet folgendermaßen:

"Eure Majestät!

"Der constituirende Reichstag hat Euerer Majestät niemals sprechendere Beweise von seiner unerschütterlichen Treue für die Freiheit, für das Wohl des Gesammtvaterlandes und für den constitutionellen Thron zu geben vermocht, als er sie in der aufopfernden Thätigkeit der letzten Tage darlegte, wo er, verlassen von Euerer Majestät und den Trägern der Executiv-Gewalt, allein durch das Gewicht seiner Autorität den hereindrohinden Gefahren der Anarchie und des Zerfalles der Monarchie entgegen trat.

"Mitten in diesen friedensvermittelnden Bestrebungen, deren vollkommene Anerkennung der Reichstag sowohl von Euerer Majestät, als von den Völkern durch Stimmen aus allen Theilen der Monarchie erhalten hat, trifft den Reichstag der Erlaß Euerer Majestät vom 22. October l. J., in welchem sie die versammelten Volksvertreter auffordern, alsobald ihre Sitzungen in Wien zu unterbrechen und sich zur Fortsetzung des Verfassungswerkes am 15. November in der Stadt Kremsier einzufinden.

"Gegen diese Vertagung des Reichstages, beziehungsweise dessen Berufung an einen anderen Ort, findet sich der Reichstag, im Bewußtsein der ihm gegen die Völker und gegen den Thron gleichmäßig obliegenden Pflichten, gedrungen, Euerer Majestät die nachfolgenden inhaltschweren Vorstellungen mit dem dringenden Anliegen zu unterbreiten die erwähnte Verfügung zurücknehmen zu wollen, um so mehr, als diese Verfügung mit dem kaiserlichen Worte vom 19. October, worin dem Reichstage die ungestörte und ununterbrechene Fortsetzung seiner Berathungen garantirt wurde, im offenen Widerspruche steht.

"Der Reichstag hat es bereits durch wiederholte Beschlüsse in der Adresse an Euere Majestät vom 18. und in dem Manifeste an die "Völker Oesterreichs!" vom 20. October ausgesprochen, daß Wien der einzige mögliche Sitz eines Reichstages sei, welcher der Gleichberechtigung so verschiedener Völker entsprechen soll, und daß der Reichstag seine Verlegung an einen anderen Ort für keine Gewährschaft der ferneren Freiheit in der Berathung, sondern nur als eine Anmuthung betrachten könne, als habe er seine hohe Stellung, seine heilige Pflicht jemals durch Einflüsse von außenher außer Acht gelassen, oder als sei er fähig, dleß in Zukunft zu thun.

"Was dem Reichstage einerseits die Wahrung seiner Ehre auferlegt, dazu steht er sich auch durch seine hohe Mission verpflichtet, Euerer Majestät ungescheut seine Ueberzeugung mit den offensten Worten zu erklären, daß keine Maßregel unheilvoller für die Zukunft Oesterreichs, gefahrdrohender für den Fortbestand der Gesammt-Monarchie und für die Aufrechthaltung der Krone selbst sein könne, als die Verlegung des constituirenden Reichstages nach einen anderen Ort.

"Schwächung des Verbandes der Provinzen, nationale Eifersucht und Ueberhebung, ja Bürgerkrieg! würden die unausweichlichen Folgen sein.

"Wien allein, der durch Jahrhunderte ehrwürdig gewordene Sitz des Monarchen, der gastliche Aufnahmsort aller Nationalitäten, bietet sich als der neutrale Boden dar, auf welchem die friedliche Einigung sämmtlicher Völker Oesterreichs, die Constituirung des Vaterlandes, im Sinne der Gleichberechtigung zu einem dauernden Zukunftsbau vollendet werden kann, und in diesem Sinne haben die Volksvertreter ihr Mandat, das sie zur constituirenden Reichsversammlung nach Wien und nur nach Wien berief, übernommen. Aber auch Wien selbst, woher den Völkern Oesterreichs die Freiheit gekommen, — Wien, dessen Aufopferungen für die Rechte der Völker im Laufe von sieben Monaten unermeßlich waren, — Wien selbst hat in seiner Stellung allen anderen Städten der Monarchie gegenüber die vorzüglichsten Anrechte, bei der Neugestaltung des österreichischen Kaiserstaates bedacht zu werden. Eine Verlegung aber des Reichstages aus dem Centralpuncte der Verwaltung und dem Sitze der Ministerien, würde nicht nur dem Reichstage die zu seinem Verfassungswerke nothwendige unmittelbare Berührung mit den Central-Behörden und die Benützung der reichen wissenschaftlichen Hilfsmittel Wiens entziehen, sondern auch Wien selbst durch die Schmälerung seines Verkehres und öffentlichen Lebens vielfachen Bedrängnissen Preis geben, die unmöglich in dem Willen Euerer Majestät gelegen sein können! Wien, von dessen treuen Kämpfen für das Haus Habsburg die Geschichte aller Jahrhunderte erzählt!

"Euere Majestät! In dem Allerhöchsten Erlasse vom 22. October steht abermals der Ausspruch voran, daß in der Hauptstadt der Monarchie ein anarchischer Zustand, ja offene Empörung herrsche.

"Die Vertreter aller Völker Oesterreichs, die bis zu dieser Stunde in dieser Hauptstadt tagen, halten es für ihre nicht zu umgehende Pflicht, wie sie es schon vordem wiederholt gethan, Euerer Majestät noch einmal im Angesichte von ganz Europa und mit dem heiligen Ernste unverbrüchlicher Wahrheitsliebe die Versicherung zu geben, daß gegenwartig weder Anarchie noch Empörung in den Mauern Wiens herrscht. Die Gefahr eines solchen Zustandes könnte nur eintreten, wenn die treue und loyale Bevölkerung, aus deren Mitte sich die Mehrzahl der für den geregelten Zustand der öffentlichen Verwaltung verantwortlichen Beamten pflichtvergessen entfernt haben, wenn diese Bevölkerung durch die Vertagung des Reichstages den letzten Haltpunct verlöre, an den sie die Hoffnung einer friedlichen Vermittelung knüpft, — wenn sie andererseits durch das Herandringen unerbittlicher Gewaltmaßregeln zu einem Verzweiflungskampfe getrieben würde, der in jedem Falle nur verderbenbringend für Oesterreich endigen kann.

"Aus diesen Gründen erkennt es der Reichstag für ein Gebot seines Gewissens und der Nothwendigkeit an, in diesen Tagen der allerhöchsten Gefahr seine Stelle nicht zu verlassen, sondern, seiner Pflicht gegen die Völker und gegen Euere Majestät getreu, auszudauern in dem Vermittlungswerke, das er zur Lösung der unheilvollen Wirren begonnen hat, in welche Oesterreich gestürzt worden ist.

"Die Zustimmung Euerer Majestät zu diesem einmüthigen Beschlusse muß der Reichstag in der Antwort ersehen, die Euere Majestät auf seine Adresse vom 13. October zu ertheilen geruhten, und in welcher Sie alle Maßregeln des Reichstages zur Hintanhaltung der Anarchie durch Ihre vollkommene Anerkennung gutgeheißen haben.

"Schließlich kann der Reichstag nicht umhin, Euerer Majestät die Erfüllung der mit dem Allerhöchsten Handbillete vom 6. October l. J. ertheilten Zusicherung nochmals dringendst ans Herz zu legen, denn nur durch die schleunige Berufung eines Euerer Majestät, wie dem Volke gleich ergebenen Ministeriums, kann jener unheilschwangere Zustand einem glücklichen Ende zugeführt werden, der bereits jetzt in den Provinzen die gefährlichste Aufregung erzeugt hat.

"Wien den 25. October 1848."

Präs. Wünscht Jemand über diese Adresse das Wort?

Abg. Borrosch. Es gilt hier eine ganz offene, eine ganz entschiedene Erklärung; ich halte sie für eine heilige Pflicht, und die Unterlassung derselben würde ich für einen Verrath ansehen an der constitutionellen Freiheit. Der Reichstag soll von hier verlegt, er soll bis 15. November vertagt werden. Der Reichstag hat es oft genug ausgesprochen und bethätigt, er sei, was seinen eigenen Organismus betrifft, autonom. Er ist es auch! denn ein constituirender Reichstag kann eben nur autonom oder gar nicht existiren. Ein Drittes wäre ein früherer Landtag. Als autonom hat der Reichstag hinsichtlich seiner Vertagung allein zu bestimmen. Nicht eine Stunde Vertagung kann ihm anbefohlen oder decretirt werden. Geben wir zu, daß wir bis 15. November dürfen prorogirt werden, wer steht dann nicht für eine Prorogation auch von einem Viertel-, von einem halben Jahre, auch von noch längerer Zeit. Wie man von dem constitutionellen Boden weicht, wie man hier nicht streng am: "principiis obsta" festhält, dann ist man der Willkür verfallen; denn man kann weiteren Ausdehnungen der einmal stattgefundenen Ueberschreitung durchaus nichts entgegensetzen. Eben so ist es mit der weiteren Versetzung an einen anderen Ort; denn es könnte sich finden, daß der Reichstag am Schlepptau des Hofes reisen müßte, vielleicht nach Innsbruck, vielleicht da, vielleicht dort hin, ein jedes Vierteljahr wo anders hin sich versetzen lassen müßte. (Beifall.) Wo werden wir dann hinkommen? Ein Freund bewährt sich in der Noth. Constitutionelle Freiheit ist das Mandat, welches uns hieher geführt hat, ihr haben wir Treue geschworen, sie ist jetzt die bedrängte Freundin, hier hat sich nun der Reichstag als Freund in der Noth zu bewähren. (Beifall.)

Wie oft ist der 13. März gerühmt worden, wie oft der 15. Mai als der Geburtstag dieses constituirenden Reichstages, wie oft haben wir unsern Dank ausgesprochen gegen die Bevölkerung! Damals als von den 2 Millionen hier die Rede war zur Unterstützung der kleinen Gewerbe, da protestirte ich feierlich, daß man mit Geld danke, — das Herz dankt, die That dankt; jetzt mögen sie bewähren die Vertreter der Völker Oesterreichs, daß sie die so oft den Wienern mit Worten gezollten Dankesbezeugungen nun auch durch die That erfüllen. Wien jetzt verlassen, hieße es meiner innigsten Ueberzeugung gemäß der Rache Preis geben. Wien muß gerettet werden, gerettet von einem Verzweiflungskampfe, dessen Sieg und dessen Niederlage ich gleich beklagenswerth finde. Wegen einer von jedem Freiheitsfreunde verabscheuten Frevelthat, die jetzt gewiß selbst Jene, welche in blinder Leidenschaft sie verübten, tief bereuen, soll wegen dieser einzelnen That die Volksfreiheit verrathen werden? Dann müßte man auch die Heiligachtung vor dem Gesetze, der hier stets das Wort gesprochen wurde, deshalb verleugnen, weil im Namen des Gesetzes mit kaltem Blute tausend Justizmorde auf ein einmaliges Opfer der Volksrache verübt wurden! Dann müßte man auch irre werden an dem göttlichen Christusgebote der Bruderliebe, weil im Namen des Christenthums Autodafé's, Inquisition, Kreuzzüge und Religionskriege stattfanden. Die Freiheit bleibt heilig, das Gesetz bleibt es, und das göttliche christliche Gebot der Bruderliebe bleibt es. Diejenigen aber, welche die Freiheit unterdrücken wollen, die klagen sie ob einzelner Ausschweifungen an. — Politisch kann ich die Reichstagsverlegung aus denselben Gründen nicht gerechtfertigt finden, welche früher der Herr Berichterstatter vortrug und der Abfasser der Adresse, und um nichts zu wiederholen, lasse ich mich darauf weiter nicht ein. Nur so viel muß ich bemerken, daß eine Verlegung des Reichstages gerade nach Kremsier eine de facto ausgesprochene Czechisirung des Reichstages sein dürfte. (Beifall). Ob er dort freisinnig tagen wird, ob freisinniger als hier in dieser angeblichen Anarchie, wo wenigstens, Alle sind wir Zeugen, das Publikum auf der Gallerie einen Anstand bewahrt in diesen Tagen, wie in den allerruhigsten Zeiten bei anderen Parlamenten so etwas kaum vorkommt, ob er dort dann so freisinnig tagen wird — ich weiß es nicht. (Gelächter. Beifall.)

Ich gehe über auf das Anticonstitutionelle dieser Maßregel; ich habe das Eine davon schon am Eingange berührt, nämlich die Autonomie der Kammer, und muß fest darauf bestehen, daß die Adresse nicht in Form einer Bitte vorgetragen werde (Beifall), denn eine Bitte schließt schon die mögliche abschlägige Antwort in sich, eine Adresse mit den eindringlichsten Vorstellungen, ja, aber auch mit dem fest ausgesprochenen Entschlusse an dem richtig Erkannten zu beharren. Als Seine Majestät damals eingeladen wurden, von Innsbruck hieher zu kommen, hätte ich manchen Ausdruck etwas milder gewünscht, weil ich nämlich die Stärke nicht in Kraftworten, sondern in der bethätigten Kraft eines Entschlusses finde. Diese sich bethätigende Kraft jetzt zu bewahren, ist aber unsere Pflicht. Eine Versetzung des hohen Reichstages von hier, hat, ich bin es fest überzeugt, unmittelbar die Hervorrufung nicht bloß eines Bürger-, sondern eines Racenkrieges, ja, wie ich fürchte, einen Kampf zwischen der Civilisation des westlichen Mittel-Europa gegen das von Osten eindringende Chinathum zur Folge.

Es sind mehrere Zweifel angeregt worden, welche ich vom constitutionellen Boden aus im Vorhinein zu widerlegen für meine Pflicht erachte. Nämlich man solle die Wähler erst um ihre Meinung befragen. Entweder sind die Wähler selber der constitutionellen Begriffe sich klar bewußt, dann könnten sie nur bejahend ihre Antwort ertheilen, oder sie sind sich derselben nicht bewußt, so haben sie eben dem von ihnen gewählten Vertreter durch ihr Vertrauen zugleich die Vollmacht ertheilt, ihre constitutionellen Rechte zu wahren. Ein Anfragen deßhalb würde die Abgeordneten in der That der Möglichkeit Preis geben, die Wahlbezirke ihrer constitutionellen Rechte zu berauben. Ueberhaupt bin ich aber gegen solche Anfragen; denn wer den Vertreter erwählte zu einem Reichstage, der hat ihm in Vorhinein carta bianca ertheilt, so lange er auf dem constitutionellen Boden beharrt. Wir würden sonst beständig das Schauspiel erleben können, daß wegen einzelner Fragen ein Abgeordneter zurückberufen, dann vielleicht wieder in der Schnelligkeit hingeschickt und der andere abberufen würde. Also dieß ist ein für allemal den constitutionellen Begriffen der Rechte eines Vertreters entgegen. Eine andere Frage entsteht — wie? wenn ein Theil der Versammlung dennoch nach Kremsier geht — beinahe die Hälfte des Reichstages ist uns nach und nach abhanden gekommen — und dort wäre nun die Majorität, so ist sie constitutionell dann zwar eine numerische Majorität, aber nicht auf dem constitutionellen Rechtsboden, und die numerische Minorität würde dennoch auf dem constitutionellen Rechtsboden, also meiner Ueberzeugung nach die constitutionell berechtigte Majorität sein. Sie sehen, zu welchen gefährlichen Folgerungen ein solcher Erlaß führt, was er unmittelbar hervorzurufen vermag. Ich glaube, wir sind jedoch durch unsere früheren Beschlüsse demselben ja zuvorgekommen, wir haben in dem bekannten 6.Puncte die Untheilbarkeit des hohen Reichstages ausgesprochen, und überdieß im Puncte 1 seine ununterbrochene Fortsetzung, auch unter den bedrohlichsten Umständen in Wien. Nicht minder ist alles dieses auch in der Adresse an die Völker, so wie in den beiden ersten Adressen an Seine Majestät ausgesprochen, und auf der Grundlage jener früheren Beschlüsse abermals beschlossen worden. — Wien, die Wiege des Reichstages, war ununterbrochen bisher seine Heimat, und ich bin überzeugt, daß eine Verlegung desselben an was immer für einen Ort, diesen Ort zum Grabe eines constituirenden Reichstages in Oesterreich machen muß. Wenn auch von unseren Abgeordneten hier ein Theil wegginge, wenn die schon weggegangenen sich anderwärts versammelten, welche Versammlung ist die berechtigte? Doch Diejenigen, welche auf ihrem heimischen Boden blieben und ununterbrochen forttagten! Die von hier abgehenden Deputirten haben offenbar kein Recht zu tagen; hat es nicht der Erste, so haben es nicht Zehn, haben es nicht Dreißig. So kann das bloße Vervielfachen der Zahl unmöglich ein Recht begründen; denn ein Recht ist nicht arithmetischer, sondern eben geistiger Natur. Aber das Recht ist auf dieser Seite, ist für das Tagen des Reichstages in Wien.

Ich wünschte, daß diese Puncte in der Adresse noch mit eingeflochten würden. — Ferner ist heute — ich glaube, es wird wohl vielen Herren nicht bekannt sein — aus der Staatsdruckerei das Steuererhebungs-Patent erschienen, worin es heißt: "Wir Ferdinand der Erste sanctioniren den folgenden von Unserem verantwortlichen Ministerium Uns vorgelegten Reichstagsbeschluß". Es ist diese sanctionirende Formilirung gar nichts Unwesentliches, sondern die eigentliche Unterscheidung zwischen einem wahrhaft constituirenden Reichstage, also einer von der Volkssouveränität durch seine Vertreter unter der Sanction der Krone ausgehende Verfassungsurkunde und einer octroirten. Dieser wesentliche Unterschied ist endlich anerkannt, er ist es nach festem Beharren; — beharren wir auch jetzt fest mit kaltblütiger Besonnenheit, mit zäher Ausdauer und möge das — was ich nicht Ihnen zurufe, denn ich weiß, es lebt ja eben in Ihrem Herzen — nicht minder von der Bevölkerung Wiens dem Heere gegenüber eingehalten werden, so wird, wie ich hoffe, auch da ein parlamentarisch erkämpfter Sieg auf unserer Seite sein.

Abg. Pillersdorff. Wenn ich meiner Wahrnehmung trauen darf, so ist das Gefühl, welches in dieser Versammlung aus Anlaß des Rescriptes herrscht, so einstimmig, daß ich jede weitere Erörterung für überflüssig und unzeitig halten würde. Ich unterdrücke auch das schmerzliche Gefühl, welches mich als Abgeordneten der Stadt Wien in diesem Augenblicke beherrschen muß, wenn ich denke, daß diese so schwer heimgesuchte Stadt, welche durch so viele Drangsale bedrängt ist, nun auch noch den so harten Schlag erfahren soll. Ich kann aber nicht das schmerzliche Gefühl unterdrücken, welches mich erfüllt, wenn ich bedenke, daß gerade ein Abgeordneter Wiens seine Hand zur Gegenzeichnung dieses Rescriptes gegeben hat. (Stürmischer Beifall.) Ich erlaube mir darum auch nicht in eine nähere Beurtheilung darüber einzugehen, noch irgend etwas zur Unterstützung anzuführen, nur habe ich noch dem permanenten Ausschusse meinen innigsten Dank auszudrücken, daß er in so warmen, ln so beredten Worten so entscheidend aufgetreten ist, dem übelberathenen Monarchen die Wahrheit zu zeigen und dasjenige anzudeuten, wozu ihn sein Gefühl und Herz geneigt finden wird. — Ich möchte mir nur noch einen Wunsch erlauben, damit über den Erfolg der Sache, über die Art und Weise nicht der geringste Zweifel besteht, doch nm jeden Vorwurf einer Uebereilung und Ueberstürzung zu vermeiden, die hohe Versammlung aufzufordern, nicht heute einen Entschluß darüber zu fassen, sondern diesen Entwurf dem Drucke zu übergeben, und den nächsten Tag, vielleicht den morgigen zur Berathung zu bestimmen.

Abg. Peitler. Wo der Reichstag tagt, da muß sich auch das Ministerium einfinden, damit man die Minister interpelliren kann. (Lachen.) Eine Versetzung des Reichstages nach Kremsier müßte eine Übersiedlung des ganzen Ministeriums, der Ministerialräthe, der sämmtlichen Gesandten und des Gesandtschaftspersonales zu Folge haben. Es könnte in der Adresse auf die Unzukömmlichkeit auch aufmerksam gemacht werden.

Abg. Potocki. Ich habe in dieser Angelegenheit um das Wort gebeten, weil ich den Gegenstand von einem anderen Standpuncte betrachte als meine Vorredner, und demungeachtet meine Stimme dem Antrage der Commission gebe. (Beifall.) Sie wissen, meine Herren! aus unserer kurzen Vergangenheit, daß ich jedesmal, wenn ich das Wort ergriffen habe, immer auf meinem rein nationalen, auf meinem rein polnischen Standpunct gestanden bin. Aus diesem meinem nationalen, meinem einzigen Standpuncte aus sehe ich auch heute diese Frage an, ich finde, daß mehr als ein Befehl, mehr als eine constitutionelle Form die Pflicht eines gewissenhaften Menschen gilt; es ist die Pflicht unseres Gewissens, es ist heute unsere Pflicht, die Stadt Wien zu schirmen und in diesem Augenblicke sie vor einem großen Unglücke, so viel in unserer Kraft ist, zu beschirmen. (Beifall.) Wir haben diese Pflicht deßwegen, weil die Freiheit, die jetzt in allen Provinzen eingeführt werden soll, diese Freiheit doch hier in Wien entsprungen ist, hier in Wien in den Märztagen ihre Wiege hatte. Wir haben diese Verpflichtung gegen Wien, weil später und vorzüglich weil nach dem 6. und 7. October das Illegale nicht hier sondern im Lager, im militärischen Lager sich befindet, und weil heute in diesem Augenblicke, nicht am 6. October, aber in diesem Augenblicke unsere Sache, die Sache des Reichstages, die Sache der Freiheit auf das Innigste mit der Sache von Wien verbunden ist. (Beifall.) Wir haben also die Pflicht, die erste, die größte Pflicht, in diesen Augenblicken bis zu dem Letzten hier zu verweilen. (Beifall.) Für meinen Theil finde ich, daß wir in diesem Augenblicke Seiner Majestät offen sagen müssen, daß für den jetzigen Augenblick, bis sich die Sachen nicht geschlichtet, wir unter keiner Bedingung von Wien weggehen können. (Beifall.)

Was die Frage selbst betrifft, so glaube ich, daß wir, nur als constituirender Reichstag, als ein Verfassungmachender Reichstag, sowohl in Kremsier als in einer anderen Stadt sein könnten. Aber außer diesem Charakter haben wir den Charakter eines Gesetzgebenden. Wir sind heute der einzige Reichstag; wir sind zwar der constituirende für die Zukunft, aber wir sind heute der constituirte; uns ist die Regierung verantwortlich; wir geben das Budget für dieses Jahr; wir müssen also nothwendigerweise dort tagen, wo die Centralregierung ist, — und wegen diesem zweiten Charakter können und dürfen wir uns nicht von dem jetzigen, dem Centralpuncte der Monarchie entfernen. Dieses sind die Gründe, die aus meinem Standpuncte mich bewegen, meine Stimme ganz dem Antrage der Commission zu geben. (Bravo.)

Aber ich kann nicht umhin, wenn ich das Wort ergriffen habe, ein Wort zu sagen in Antwort auf das, was der Abg. Borrosch gesagt hat. Er hat hier gesagt, daß, würde der Reichstag nach Kremsier verlegt, er dort czechisirt sein möchte. Gegen dieses Wort müßte ich protestiren; wir gehen ja aus von der Glechberechtigung aller Nationalitäten, wir können also auf eine Nationalität nicht ein schlechtes Licht werfen, wir haben nicht das Recht dazu; wir sollen nicht von Czechisirung, nicht von Germanisirung sprechen, wir wissen, daß wir uns alle die Hand gereicht haben, eben weil einer dem anderen das Recht eingeräumt hat, das zu sein, was er wirklich ist. (Beifall). Wir können von einem Czechen nicht verlangen, daß er etwas anders sei, als ein Czeche, und der Deutsche etwas anderes, als ein Deutscher. Gegen dieses Wort müßte ich protestiren. Wir haben, meine Herren, andere Gründe, diese Gründe sind sehr groß, sind sehr wichtig, und mehr als genügend. Wir brauchen also keine solchen Gründe anzuführen.

Präs. Es wurde mir vom Abg. Podlewski folgender Antrag überreicht: "Ich mache den Antrag, damit schon heute die Adresse im Principe angenommen und die Anzahl der Deputation bestimmt werden soll."

Abg. Borrosch. Ich muß nur noch sehr Weniges auf die Worie meines verehren Herrn Vorredners erwiedern. Er meinte, wir müßten für die Tage der Gefahr jedenfalls hier bleiben. Dem ist ohnedieß vorgesehen, da wir bis 15. November prorogirt sind, und ich glaube dargethan zu haben, daß der Reichstag hier zu tagen habe. Die politischen Gründe übergehe ich, sie wurden schon von dem Herrn Berichterstatter erschöpft und ich wiederhole nicht gerne. Wir haben bereits den Beschluß gefaßt und wiederholt beschlossen, alle jene, welche von hier in die Provinzen abgegangen sind, haben sich hier einzufinden. Dieser Beschluß ist anerkannt worden


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