Pondìlí 18. prosince 1848

Abg. Brestel. Meine Herren! ich wünschte hier in der Materie eine kleine Abänderung, die mit dem Sinne der Sache besser übereinstimmen dürfte. Nach der Fassung, wie der Paragraph hier vorliegt, ist die erste Lesung nichts Anderes, als daß die Versammlung erklärt, sie wolle irgend ein Gesetz zum zweiten Male lesen, d. h. sie wolle sich mit diesem Gesetze befassen. Dadurch aber, daß die Versammlung einen Gegenstand an einen bestehenden Ausschuß oder an einen speciell gewählten Ausschuß verweist, ist es deutlich ausgesprochen, daß sie sich mit diesem Gegenstande befassen wolle; ich glaube, daß hinein gesetzt werden soll, die Überweisung eines Gegenstandes an einen Ausschuß ist die erste Lesung dieser Sache, denn es ist die einfache Erklärung, sich mit diesem Gegenstände befassen zu wollen. Wenn eine Sache einer Commission überwiesen würde, wäre daher eine sogenannte erste Lesung im Sinne der Geschäftsordnung vorzunehmen überflüssig. Ich mache darauf aufmerksam, weil ich nicht bei dem Constitutionsentwurf, bei den Grundrechten eine Zwischenzeit von 8 Tagen haben will; denn, meine Herren, was soll die erste Lesung heißen? Sollen wir entscheiden, ob wir die Grundrechte in Berathung ziehen sollen? Dadurch, daß der Constitutionsausschuß den Entwurf verfaßt, daß wir sie in den Abtheilungen durchdebattirt haben, haben wir hinlänglich erklärt, daß wir sie in Berathung ziehen wollen. Eine solche neuerliche Erklärung ist nur ein bloßer Zeitverlust, ohne irgend einen erträglichen Vortheil. Ich wäre daher der Ansicht, daß eingeschaltet werde:,, Eine Überweisung an den bestehenden Ausschuß oder an eine besondere Commission hat stets als die erste Lesung zu gelten. "

Bei dieser Gelegenheit habe ich noch eine stilistische Bemerkung vorzubringen. Der Herr Berichterstatter bringt vor, man soll sagen: "bei der ersten Lesung 2c.  ohne Stellung irgend eines Amendements. " Wenn abgestimmt werden soll, ob zweimal gelesen werden soll oder nicht, so sehe ich nicht ein, wie noch ein Amendement gestellt werben könnte.

Präs. Der Abg. Strobach hat das Wort.

Abg. Strobach. Ich glaube, daß die erste Lesung eine ganz andere Bedeutung hat, als welche von dem Herrn Abg. Brestel zu Grunde gelegt wurde. Es ist nicht die Überweisung eines Gesetzes oder Antrages an einen Ausschuß oder an eine Abtheilung, sondern Gegenstand der ersten Lesung ist die Debatte über das Prinzip des Antrages, und das sollte den Gegenstand der ersten Lesung bilden. Spricht man sich für das Princip nicht aus, so wird man sich auch nicht aussprechen für die zweite und dritte Lesung. In der zweiten Lesung ist erst die Debatte über die einzelnen Bestandteile vorbehalten.

Präs. Der Abg. Neuwall hat einen Antrag vorgelegt, nämlich im letzten Absatze soll es heißen, anstatt:,, wischen der zweiten und dritten Lesung" "zwischen jeder Lesung. " Wünscht der Abg. Neuwall den Antrag zu begründen?

Abg. Neuwall. Im Falle der Antrag des Abg. Brestel angenommen wird, wäre es beinahe überflüssig; aber so wie der §. gegenwärtig steht, kann es sich leicht ereignen, daß irgend ein Gesetz eine solche Dringlichkeit hat, daß ein Termin von acht Tagen, welcher unverändert festgestellt bleiben müßte, zwischen der ersten und zweiten Lesung ein Schade für das Gesammtwohl sein würde. Um diesem Schaden vorzubeugen, und in wichtigen Fällen eine kürzere Frist bestimmen zu können, sehe ich nicht ein, warum diese Bestimmung, zwischen der zweiten und dritten Lesung einen kürzeren Termin festsetzen zu lassen, nicht auch auf den Termin zwischen der ersten und zweiten Lesung auszudehnen wäre, und ich möchte die Abänderung aussprechen, daß zu jeder Lesung die Autonomie der Kammer einen kürzeren Termin festsetzen kann.

Präs. Wenn Niemand mehr das Wort ergreift, so sehe ich die Debatte für geschlossen an, und ersuche den Herrn Berichterstatter, darauf zu erwidern.

Abg. Mayer. Ich muß mich erst gegen das Amendement des Abg. Brestel aussprechen, daß die Überweisung eines Gesetzes oder Antrages an einen bestehenden Ausschuß oder Commission als erste Lesung zu gelten habe. Ich weise auf einen praktischen Fall hin, wo wegen des Kredits die Sache an den Ausschuß gewiesen, und heute zum ersten Male der Bericht gelesen würde; denn nicht die Überweisung oder Forderung des Ministeriums, sondern der Ausschussbericht bildet ja die Basis der künftigen Verhandlung, mithin war das heute die erste Lesung. Das muß in allen Fällen stattfinden, und ich kann daher keineswegs zugeben, daß eine Verweisung an einen Ausschuß, der doch nach unserer Geschäftsordnung erst einen Bericht vor das Haus zu bringen hat, als erste Lesung angesehen werde; der Vortrag des Berichtes ist und bleibt erste Lesung. Es ist allerdings richtig, daß es sich nicht darum handelt, daß er abgelesen werde, sondern ehe man beschließt, daß die zweite Lesung zuzulassen sei, ist doch nothwendig, daß man über das Princip überhaupt abspreche; es kann ein Antrag an und für sich nach den Anordnungen der Geschäftsordnung einem Ausschusse überwiesen werden müssen, daß aber die Überweisung selbst schon ein Präjudiz für dessen zukünftige Annahme fei, wird Niemand behaupten. Über den Zusatz: "ohne Zulassung von Amendements, " wurde bemerkt, daß, wenn über eine zweite Lesung abgestimmt wird, ohnehin kein Amendement mehr gestellt werden könne;  wenn dieß auch überflüssig scheint, so hat die Erfahrung gelehrt, daß dergleichen Fälle vorkommen, und damit in Zukunft kein Zweifel obwalte, wird hier von dem Grundsatze:,, superflau non nocent" Anwendung gemacht. Wenn ferner gewünscht wird, daß das Wörtchen "wenigstens" in der 4. Zeile wegbleibe, weil es einen angeblichen Widerspruch mit dem Schlusssatze enthält, so muß ich mir die Bemerkung erlauben, daß bei dein §. 83 nicht bloß von Gesetzentwürfen, sondern auch von dem Constitutionsentwurf die Rede sei. Wenn das Wörtchen "wenigstens" fällt, so wäre es dann ein Widerspruch, weil die Ausnahme des zweiten Satzes sich auf Gesetzentwürfe beschränkt, keineswegs aber Anwendung auf den Constitutions  Entwurf findet. "Zwischen der zweiten und dritten Lesung"  darin liegt nach der Ansicht des Ausschusses ein tiefer Sinn; es ist eine Consequenz des aufgestellten Grundsatzes, daß bei der ersten Lesung nur über das Allgemeine und das Princip verhandelt wird, während bei der zweiten Lesung die Hauptverhandlung stattfindet, wobei alle einzelnen Punkte in Erörterung gezogen werden. Der ganze §. hatte zum Zweck, Überstürzungen zu verhindern, und Bedächtigkeit herbeizuführen. Wenn bei der zweiten Lesung Amendements eingebracht, und alle Punkte in reifliche Erwägung gezogen, amendirt und verbessert werden, dann kann man bei der zweiten und dritten Lesung wohl eine kürzere Frist feststellen; aber zwischen der ersten und zweiten Lesung muß ein längerer Termin gegeben werden, damit Jeder das Gesetz reiflich erwägen und durchdenken kann. Dieß ist der Grund, welcher die Commission leitete, und auch der Grund, warum bei der früheren Lesung dieses Absatzes die ursprüngliche Fassung beibehalten wurde.

Präs. Zu der von der Commission beantragten Fassung des §. 83 liegen zwei Verbesserungs- und ein Zusatz  Antrag vor, die Verbesserungsanträge der Abg. Paul und Neuwall, und der Zusatzantrag des Abg. Brestel. Ich werde vor Allem die Unterstützungsfrage stellen. Der Verbesserungsantrag des Abg. Paul geht dahin, daß in dem ersten Absätze dieses Paragraphes das Wörtchen "wenigstens" weggelassen, oder anstatt desselben "in der Regel" gefetzt werde. Wird derselbe unterstützt? (Bleibt ohne Unterstützung.) Der Verbesserungsantrag des Abg. Neuwall lautet: damit im letzten Absatz statt der Worte "zwischen der zweiten und dritten Lesung" gesetzt werde: "zwischen jeder Lesung. " Wird dieser Antrag unterstützt? (Unterstützt.)  Der Zusatzantrag des Abg. Brestel lautet: "Die Überweisung eines Gesetzes oder Antrages an einen bestehenden Ausschuß oder an eine besondere Commission hat als erste Lesung zu gelten. " Wird dieser Antrag unterstützt? (Unterstützt.) Ich werde vor allem den Verbesserungsantrag des Abg. Neuwall zur Abstimmung bringen, sodann den Antrag der Commission, und endlich den Zusatzantrag des Abg. Brestel. Der Antrag des Herrn Abg. Neuwall geht dahin, damit in dem letzten Absatze statt "zwischen der zweiten und dritten Lesung" gesetzt werde "zwischen jeder Lesung. " Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieses Antrages sind, wollen aufstehen. (Minorität.) Der Antrag ist gefallen. Nun kömmt der Antrag der Commission zur Abstimmung, derselbe lautet: " Der Constitutions und jeder Gesetzesentwurf, so wie jeder nach Beschluß des Reichstages als Gesetzesentwurf zu behandelnde Antrag muß nach der geschehenen Ankündigung dreimal einer Lesung, Berathung und Schlußfassung, und zwar in Zwischenräumen von wenigstens 8, von der letzten Beschlußnahme an zu berechnenden Tagen unterzogen werden. Bei der ersten Lesung wird nur überhaupt, ohne Zulassung von Amendements, über die Frage, ob eine zweite Lesung stattzufinden habe, verhandelt und abgestimmt; bei der zweiten tritt die Berathung und Schlußfassung über die einzelnen Absätze des Entwurfes nach ihrer Reihenfolge ein; bei der dritten wird, ohne Versänderungsanträge über einzelne Punkte auszuschließen, über das Ganze des, nach den früheren Beschlüssen etwa geänderten Entwurfes abgestimmt. Bei einem Gesetzentwürfe kann der Reichstag eine kürzere Frist zwischen der zweiten und dritten Lesung festsetzen, bei dem Constitutionsentwurf aber wird er bestimmen, ob nicht eine längere Frist von einer Lesung zur ändern anzuberaumen sei. " Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieser Fassung des §. 83. alter Bezeichnung sind, wollen aufstehen. (Majorität.) Der Antrag der Commission ist angenommen.  Nun kömmt der Zusatzantrag des Abg. Brestel, welcher wünscht, damit noch gesetzt würde: "Eine Überweisung eines Gesetzes oder Antrages an einen bestehenden Ausschuß oder eine besondere Commission hat als erste Lesung zu gelten. " Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieses Zusatzantrages sind, wollen aufstehen. (Minorität.) Dieser Zusatzantrag ist verworfen.

Abg. Mayer. (Liest.) " XII. Interpellationen und Proteste. §. 84. Jedem Abgeordneten steht das Recht zu, durch Fragen an den Präsidenten der Reichsversammlung, an die Vorstände der Abtheilungen und der Ausschüsse, oder an die Minister auch einen Gegenstand zur Sprache zu bringen, der nicht auf der Tagsordnung steht, so wie auch von letzteren die Vorlage ältlicher Urkunden zu verlangen. In keinem Falle darf aber die Interpellation eine bereits begonnene Verhandlung unterbrechen. " Die Commission findet daran nichts abzuändern.

Präs. Wünscht Jemand über diesen Paragraph zu sprechen.

Abg. Prato. Ich beantrage bei diesem Paragraph einen Zusatz. Es trifft sich sehr oft, daß Interpellationen beabsichtiget werden, die aber nicht vorgebracht werden können, weil manchmal der betreffende Minister nicht zugegen ist. Wenn auch dem Minister frei steht, Interpellationen nach seinem Sinne oder ganz und gar nicht zu beantworten, soll es doch Jedem freistehen, seine Interpellation kundzugeben, denn die Interpellation ist nicht so sehr oft der Ausdruck einer Partei, sondern manchmal Bedürfniß einer Partei. Diesem Bedürfnisse wird abgeholfen, wenn mein Antrag angenommen wird, der dahin geht, daß nach dem Worte: "zu verlangen" eingeschaltet werde:,, Die Interpellationen an die Minister werden dem Präsidenten schriftlich übergeben, sogleich vorgelesen, und dann dem betreffenden Minister zur Beantwortung mitgetheilt. "

Abg. Brestel. Ich glaube den Vorschlag des Abg. Prato um so mehr unterstützen zu können, weil auf diese Weise wesentlich Zeit gewonnen wird, und auch für den Fall, wenn zufällig das Ministerium verhindert sein sollte, in der Sitzung zu erscheinen, es doch möglich wird, eine Interpellation zu stellen, da sie ohnehin nicht gleich beantwortet wird, sondern immer erst in der nächsten Sitzung, und dadurch nothwendig eine bedeutende Zeit verstießen könnte. Ich mache das hohe Haus darauf aufmerksam, daß bei Interpellationen, wenn sie auf diese Weise gestellt werden, mehr Zeit gewonnen wird, denn schriftlich gelesene Interpellationen werden immer kürzer, präziser sein, als mündliche Interpellationen, da man bei solcher Gelegenheit gewöhnlich eine längere Rede hält; es ist also, wie gesagt, im Interesse des Zeitgewinnes.

Abg. Borrosch. Ich möchte es nur nicht als ein "müssen " sondern, als ein "dürfen" unterstützen, denn sonst kommen wir ganz in die schriftlichen Verhandlungen und alle ihre Nachtheile hinein. Es wird sich sehr oft finden, daß eine unverzögerte mündliche Interpellation höchst nothwendig und zweckmäßig ist, und dann immer noch mit der nähern Motivirung auf Verlangen des Ministeriums schriftlich übergeben werden muß, wie es bisher oft auch der Fall war. Dagegen erlaube ich mir auch einen Zusatz Paragraph zu dem Capitel der Interpellation, den ich dann übergeben werde; er bedarf keiner Motivirung, da er in sich selbst hinlänglich begründet ist, und ich brauche nur auf den dießfalligen Brauch in der englischen Kammer hinzuweisen.

Abg. Mayer. Meine Herren! die Commission selbst hat einen Zusatzparagraph in dem Sinne und zu dem Zwecke, wie er eben ausgesprochen würde, beantragt. Gestatten Sie, daß dieser Antrag der Commission zur Kenntniß gebracht werde:,, Jede Interpellation, welche an die Minister gerichtet werden will, ist in schriftlicher, den Gegenstand kurz und bestimmt bezeichnender Fassung, wenigstens 24 Stünden vor der Sitzung bei dem Vorstande einzureichen, der hievon den betreffenden Minister in die Kenntniß fetzt. Der Präsident läßt die Interpellation, sobald der Minister anwesend ist, unmittelbar vor dem Übergange zur Tagesordnung vorlesen, und stellt hierauf die Unterstützungsfrage. (Heiterkeit.) Wird die Interpellation von wenigstens 50 Mitgliedern unterstützt (Oho!), so wird der Interpellant zu einer bündigen Begründung zugelassen. Eine Interpellation, die nicht hinreichend unterstützt ist, wird hinterlegt. "

Präs. Der Abg. Schuselka hat das Wort.

Abg. Schuselka. Ich anerkenne sehr das Bestreben der Commission, dis Interpellationen möglichst zu beschränken; denn wir haben es gesehen, und müssen es bekennen, daß das Recht, Interpellationen zu stellen, in dieser hohen Versammlung manchmal die Grenzen überschritten hat. Allein ein Beschränken des Interpellationsrechtes, welches geradezu eine Aufhebung desselben ist, wird sich hoffentlich das hohe Haus nicht gefallen lassen (Bravo), denn eine solche Aufhebung liegt in dem vorgeschlagenen Paragraphe, der auch an und für sich dem Zwecke gemäß, den er erreichen will, geradezu misslungen ist. Er macht die Interpellationen weitschweifiger und veranlaßt mehr Zeitverschwendung, denn sie muß 24 Stunden vorher dem Präsidenten übergeben werden, dann muß dem Minister die Anzeige erstattet, dann muß, wenn der Minister in der Kenntniß ist, die Sache vorgelesen werden. Ist die Interpellation vorgebracht, dann muß erst die Unterstützungsfrage gestellt werden, und wenn sie unterstützt ist, so wird erst die Begründung zugelassen. Es ist also viel mehr gethan, und mehr Zeit ausgewendet, wie bisher; denn bisher hat man die Interpellationen nur einfach vorgebracht, welches allenfalls so viel Zeit erfordert, als zum Lesen der Interpellation nothwendig sein würde. Auch wird dadurch der Zweck der Interpellation ganz verfehlt, denn wenn ich z. B. um halb ein Uhr hereinkomme, und auf der Post einen Brief finde, der es mir zur heiligen Pflicht macht, das Ministerium zu interpelliren, so muß ich dennoch darüber 24 Stünden hingehen lassen, und daraus kann in dringenden Fällen ein wesentlicher Nachtheil entstehen. Man müßte sich vorbereiten, ganze Reden auszuarbeiten und zu Papier zu bringen; der Begriff und das Wesen einer Interpellation ist aber nur der, eine kurze, und kurz begründete Anfrage an das Ministerium zu stellen. Eine Unterstützungs- frage bei Interpellationen zu richten, widerspricht dem Begriffe derselben, denn es handelt sich nicht darum, das Haus zu befragen, ob es die Interpellation zu seiner Angelegenheit mache, sondern es ist in dem Rechte eines Abgeordneten begründet. das Ministerium öffentlich zu fragen, und dem Ministerium ist das Recht eingeräumt, eine Interpellation auch nicht zu beantworten. Unsere Herren Minister haben von diesem Rechte noch nicht Gebrauch gemacht, sie können es aber, und wir sehen es in allen Parlamenten Europas. daß der Fall vorkommt, daß die Minister offen erklärten, aus diese Interpellation keine Antwort zu geben oder geben zu wollen. Das ist das einzige Unterstützungsmoder Abweisungsmittel einer Interpellation. Das hohe Haus hat aber nach meiner Ansicht nicht zu entscheiden, und nirgends ist dieser Usus vorgekommen. Was die Auserlesung der Pflicht anbelangt, eine Interpellation schriftlich überreichen zu müssen, so muß ich mich aus denselben angeführten Gründen dagegen erklären. Diesem hieße den Zweck vereiteln, wenn man augenblicklich eine Interpellation stellen will, von deren Dringlichkeit man sich überzeugt hat. Es wäre dieß mit der Anzeige an den Minister verbunden, und mit der Abwartung, bis der Minister kommt, um sie anhören zu wollen. Bei der jetzigen Lage, wo unsere Minister sich leider immer auf dem Wege von Olmütz nach Kremsier befinden müssen, würde dadurch eine hinausschiebjung von Interpellationen, die, wie wir von der Ehrenhaftigkeit des Hauses erwarten müssen, nur immer in dringenden Fällen gestellt werden, manchmal den Zweck aufheben. Aus diesen Gründen muß ich mich von meinem Standpuncte aus gegen den ganzen Paragraph erklären, und darauf antragen, daß die Beschränkung des Interpellations- Rechtes gänzlich ausbleibe. (Beifall.)

Abg. Goriup. Ich habe von dem Rechte der Interpellation noch nie Gebrauch gemacht, und rede daher jetzt den Interpellationen nicht das Wort, um die Missbräuche, die damit getrieben werden könnten, zu vermehren. Ich gehöre aber einer Provinz an, welche sehr wenige Abgeordnete herschickte, und es wäre daher in vorkommenden Fällen unmöglich oder doch sehr schwer, fünfzig Unterstützer für irgend einen Gegenstand, der mittelst einer Interpellation vorgetragen werden wollte, aufzubringen, indem Deputirte, die zu anderen Provinzen gehören, mit den Interessen und dem Gegenstande der Interpellation nicht so vertraut sein dürften, um zu beurtheilen, ob sie der gewünschten Interpellation die Unterstützung gewähren können oder nicht. Ich glaube also, daß dieß dem vernünftigen Ermessen jedes Abgeordneten ohne weitere Unterstützung anheimgestellt werden müsse, indem sonst die Abgeordneten derjenigen Provinzen, welche hier nicht zahlreich vertreten sind, offenbar im Nachtheile wären Die anderen Gründe und Einwendungen, die gegen den beantragten Zusatzparagraph sprechen, hat mein Vorredner schon angeführt, und ich werde sie nicht wiederholen.

Abg. Thiemann. Ich muß mich ebenfalls wider den Commissionsantrag erklären, und zwar aus denselben, von dem verehrten Herrn Abgeordneten für Perchtoldsdorf vorgebrachten Gründen, und erlaube mir zu diesen noch einen von der Wirkung der Interpellation hergeholten weitern Grund vorzubringen.

Ich hatte die Ehre, in diesem hohen Hause eine Interpellation zu stellen, welche die Übergabe von 3000 von mir, vertretenen österreichischen Staatsbürgern an die Krone von Sachsen betraf. Ich erhielt Gelegenheit zu dieser Interpellation aus einem Zeitungsartikel, den ich an einem Tage, ich erinnere mich nicht mehr genau, wann  im Lesezimmer zu Gesichte bekam. Die Sache war dringlich, ich stellte die Interpellation, und die Wirkung war, daß, als die Nachricht davon mit der nächsten Post im Orte Rumburg erschien, der daselbst zur Übergabe bereits anwe sende k. k. Commissär sich bewogen fand, diese Übergabe zu sistieren, und nachträglich hat das Ministerium diese Sistierung genehmigt. Meine Herren, ich frage Sie, was wäre geschehen, wenn diese Interpellation hätte 24 Stunden früher angemeldet werden sollen? Die Folge wäre gewesen, daß 3000 österreichische Staatsbürger an die Krone von Sachsen übergeben worden wären, und ihr Vertreter in diesem hohen Hause nicht einmal das Wort für sie hätte ergreifen können.

Präs. Der Abg. Borrosch hat das Wort. Sie haben auch einen Antrag vorgelegt?

Abg. Borrosch. Das ist ein Extrazusatzantrag. Ich habe übrigens nichts mehr den gegen diese Bureaukratisirung der Kammer bereits erschöpften Gründen beizufügen, und verzichte deßhalb auf das Wort. (Allgemeine Heiterkeit.)

Präs. Der Abg. Umlauft hat das Wort. (Ruf: Schluß der Debatte.) Der Antrag auf Schluß der Debatte wurde gestellt. Eingeschrieben sind noch die Herren Umlauft, Prato und Palacky. (Der Antrag auf Schluß der Debatte wird unterstützt und angenommen.)

Haben die Herren dafür oder dagegen spreuwollen? Vielleicht wollen Sie unter sich einen Sprecher wählen?

Abg. Palacky. Ich habe weder dafür, noch dagegen sprechen wollen, sondern nur für eine Modificirung des Antrages.

Präs. Ich bitte also, wollen Sie sich verständigen.

Abg. Rieger. Ich trage an, nachdem nur 3 Redner eingeschrieben sind, daß die Kammer erlaube, daß sie alle 3 gehört werden. (Ruf: Nein! nein!  Pause.)

Präs. Ich bitte, meine Herren, haben Sie sich geeinigt?

Abg. Prato. Wir verzichten alle auf das Wort. (Bravo!) Nur muß mein Antrag zur Abstimmung gebracht werden.

Präs. Der Herr Berichterstatter 

Abg. Mayer. Ich verzichte ebenfalls auf das Wort. (Beifall.)

Präs. Es wurde von der Commission beantragt, den §. 84 unverändert zu lassen. Der §. 84 liegt Ihnen vor, und zu diesem hat der Abg. Prato einen Verbesserungsantrag gestellt, und zwar: Im §. 84, nach den Worten "zu verlangen" soll eingeschaltet werden:,, Die Interpellationen an die Minister werden dem Präsidenten schriftlich übergeben; sie werden sogleich vorgelesen, und dann dem betreffenden Minister zur Beantwortung mitgetheilt. " Das ist ein Zusatzantrag. Ich werde demnach den Antrag der Commission auf unveränderte Annahme des §. 84, dann den Zusatzantrag des Abg. Prato zur Abstimmung bringen.

Der Antrag der Commission geht dahin, daß der §. 84 unverändert angenommen werde. Die Herren, welche für die unveränderte Annahme dieses Paragraphes sind, wollen aufstehen. (Majorität) Der §. 84 alter Bezeichnung ist angenommen. Der Zusatzantrag des Abg. Prato lautet: (Liest ihn.) Diejenigen Herren, welche für die Annahme dieses Zusatzes sich aussprechen, wollen ausstehen (Majorität.) Der Zusatzantrag ist angenommen.

Abg. Mayer. Die Commission zieht ihren Antrag zurück. §. 85 alter Fassung. (Liest ihn.) Die Commission findet nichts zu bemerken.

Präs. Wo wünscht der Abg Borrosch den Antrag eingeschaltet?

Abg. Borrosch. Jetzt, vor dein kommenden §.

Präs Es tragt die Commission auf die unveränderte Annahme des. §. 85 an. Borrosch hat einen Paragraph beantragt, welcher vor diesem kommen konnte, er lautet: "Wird der Antrag gestellt, und von 50 Mitgliedern unterstutzt, über eine Interpellationsbeantwortung eine Debatte zu eröffnen. so ist diese durch den Majoritätsbeschluß des Hauses zuzulassen " Wünschen Herr Antragsteller diesen Antrag zu begründen?

Abg. Borrosch. Er kann eben so oft ganz im Interesse der Regierung selbst, wie der hier Vertretenen liegen, und ich weise nochmals, wie gesagt, in dieser Beziehung nur auf jene Länder hin, wo das parlamentarische Leben langst über dergleichen Fragen bejahend entschieden hat.

Präs. Wünscht noch Jemand zu sprechen?

Abg. P r a t o. Ich würde über den §. 85 etwas bemerken. Es ist von meinen Freunden vielfach mein vorgeschlagener Zusatzantrag missdeutet, oder mißverstanden worden, als wenn ich durch diesen Zusatzantrag eine jede Motivirung der Interpaellation abgeschnitten hätte. Zuerst finde ich zu bemerken: in einer schriftlichen Interpellation kann man die Motivirung auch vorbringen, denn es ist nicht festgesetzt, wie kurz oder wie lang die Interpellationen sein sollen. In Bezug auf die Wirkung, die eine Interpellation haben kann, erlaube ich mir aber zu §. 85 etwas zuzusetzen, denn der §. 85 lautet: (liest ihn nochmals vor.) Ich glaube, es soll einem Jeden frei stehen, nachdem der Minister eine Interpellation beantwortet hat, wenigstens in Bezug auf diese Antwort einen Antrag zu stellen, und ihn zu begründen, dann wurde auch das weg fallen, was etliche meiner Freunde besorgen in Be zug auf das schriftliche Einbringen der Interpellationen. Denn, wenn es Jedem frei steht, auf die Beantwortung einer Interpellation einen Antrag zu stellen, so kann er die Gründe der Interpellation auch mündlich besser erörtern; daher beantrage ich, daß am Ende des §. 85 gesetzt werde: "Nach der Antwort des betreffenden Ministers kann der Interpellant oder jeder Abgeordnete einen Antrag stellen, und ihn motiviren "

Abg Z i m m e r. Der Herr Abg. Prato hat sich geirrt, nicht darüber haben sich seine Freunde gewundert, daß durch die schriftliche Interpellation die Motivirung abgeschnitten ist, denn das kann man durch bogenlange Interpellationen besser thun, als mündlich; aber darüber hat man sich gewundert, daß von der Linken manche Interpellationen abgeschnitten werden. Wir haben die öffentliche Abstimmung verworfen, um es im Geheimen zu erfahren, jetzt wird das mündliche Interpelliren durch das schriftliche verworfen  über diese Consequenz hat man sich gewundert. (Heiterkeit.)

(Der Schluß der Debatte wird beantragt und angenommen)

Präs Nach Bestätigung der Herren Schriftführer hat der Herr Minister noch früher das Wort verlangt

Minister Thinnfeld Ich habe eigentlich nicht als Minister hier zu sprechen, sondern als Deputirter, und vorzüglich über den Zusatzantrag des Herrn Abgeordneten von der Kleinseite Präs. Wenn über Interpellationen eine Debatte veranlaßt werden kann, so wird dadurch dem eigentlichen Zwecke, warum ein Antrag gestellt werden muß, warum wir einen förmlichen Gang zu gehen haben, entgegengetreten. man kann jede Sache vor das Haus zur Debatte, und allenfalls zur Abstimmung bringen, im Wege der Interpellation Es ist dann der ruhige, gemäßigte und derjenige Gang ganz dadurch vereitelt, den man für jeden wichtigen Gegenstand sich hier vorgenommen hat Ich glaube, daß eine Debatte in Folge einer Interpellation auf keine Weise zugelassen werden kann  Den Antrag des Abg. Prato, daß man das Recht habe, über eine Interpellation einen Antrag zu stellen, halte ich für überflüssig. Antrage stellen kann Jeder und zu jeder Zeit, sie mussen aber auf dein gewöhnlichen und ordentlichen Wege behandelt werden Ich glaube, daß man bei dein Paragraph bleiben soll, so wie er von der Commission beantragt wurde, daß weder auf eine Interpellationsantwort eine Debatte zuzulassen, noch daß hinsichtlich der darauf zu stellenden Anträge eine besondere Einschaltung in der Geschäftsordnung zu machen sei.

Präs. Wünscht der Herr Berichterstatter zu erwidern?

Abg M a y e r Die Commission hat den §. 85 unverändert anzunehmen beantragt, gegen den Zusatzantrag, daß über Interpellation  Beantwortungen Debatten eingeleitet werden sollen, glaube ich mich aber im Sinne der Commission aussprechen zu müssen. Ich glaube, daß die Trennung der Staatsgewalt aufhören würde, wenn über Interpellationen und deren Beantwortung eine Debatte eröffnet wurde Es steht Jedem das Recht zu, wenn er keine genügende Auskunft erhält, eine neue Interpellation daran zu knüpfen; daß diese aber in Form einer Debatte eingekleidet werden müßte, dafür glaube ich mich nicht aussprechen zu sollen

Präs. Aus Anlaß des von der Commission beantragten § 85 in unveränderter Form, hat der Abg Borrosch den Antrag gestellt, einen eigenen Paragraph vor den § 85 zu setzen. Dieser neu zu fassende Paragraph würde lauten: (wie oben.) Wird dieser Antrag unterstützt? (Geschieht) Er ist hinreichend unterstützt. Diejenigen Herren, welche für die Annahme des vom Herrn Abg. Borrosch beantragten Paragraphs sind, wollen aufstehen. (Minorität.)  Der Antrag der Commission geht dahin, damit der §. 85 alter Fassung unverändert angenommen werde; diejenigen Herren, weiche sich mit dem Commissionsanträge vereinigen, wollen aufstehen. (Wird angenommen).

Abg. P r a t o. Ich habe einen Zusatzantrag gestellt

Präs. Er ist mir nicht schriftlich vorgelegt worden, indes kann ich den Zusatzantrag zur Abstimmung bringen, weil er angekündigt, und darüber verhandelt wurde, wollen Sie mir den Antrag übergeben. (Pause) Der Antrag des Abg. Prato lautet, daß gesetzt werde: "Nach Beantwortung des Ministers steht jedem Abgeordneten das Recht zu, einen bezüglichen Antrag zu stellen und zu begründen. " Wird dieser Antrag unterstutzt;? (Nicht unterstützt).

Aus diesem Anlasse muß ich die Herren Antragsteller ersuchen, immer, wenn ein Antrag gestellt wird, ihn gleich zu übergeben, weil man sonst zu lange warten muß, wenn die Antrage erst auf die Aufforderung des Präsidenten redigirt werden.

Abg. Mayer (Liest) "§ 86. Ein Protest" hier beantragt die Commission einzuschalten: "eines oder mehrerer Abgeordneten gegen einen Vorgang in der Reichstagssitzung"  hier beantragt wieder die Commission, einzuschalten: "den sie für geschäftsordnungswidrig halten, oder gegen einen Reichstagsbeschluß wird nur dann, wenn er noch in der nämlichen Sitzung angekündigt, und längstens vor Beginn der nächsten dem Vorstande schriftlich eingereicht wird, nach geschehener Vorlesung zu Protokoll genommen. Auf gleiche Art wird es mit der Gegenerklärung auf den Protest gehalten. Eine Verhandlung über Protest und Ge Gehneerklärung, so wie wiederholte Erklärungen werden nicht gestattet. "

Präs. Wünscht Jemand hierüber zu sprechen? (Niemand.) Jene Herren, welche für die Annahme des so eben vorgelesenen Paragraphen sind, wollen aufstehen (Wird angenommen.)

Abg. Mayer. (Liest)

" XIII. Eingaben.

" §. 87. Eingaben an den Reichstag sind schriftlich einzusenden. " Hier beantragt die Commission den Zusatz: "Das Verzeichniß derselben wird den stenographischen Berichten beigefugt. "  Den 2. Absatz dieses Paragraphes in ungeänderter Fassung beantragt die Commission, am Schlusse dieses Abschnittes der Eingaben zu setzen.

Präs. Wünscht Jemand über diesen Paragraph etwas zu sprechen? Diejenigen Herren, welche für die Annahme des §. 87 in folgender Form sind. (liest ihn nochmals vor) wollen aufstehen. (Majorität. Der Paragraph ist angenommen.

Bezüglich dieses Capitels der Geschäftsordnung hat der Abg. Paul mehrere Antrage gestellt, ich werde sie verlesen lassen, und ersuche den Herrn Abgeordneten, immer sogleich zu bemerken, bei welchem dieser Punkte er beharre.

Schriftf. Gleispach (Liest) "Der hohe Reichs tag beschließt:

1. Diejenigen Petitionen, welche Gegenstände betreffen, die der Berathung eines besonderen Ausschusses zugewiesen sind, sollen sogleich vom Petitionsausschüsse kurrenter an den betreffenden Ausschuß überwiesen werden "

Abg. Mayer. Die Commission hat diesen Punkt aufgenommen.

Schriftf. Gleispach "2 Bei Petitionen gemischten Inhaltes sind an die einzelnen Ausschüsse die in deren Bereich gehörenden Punkte in gleichlautenden Abschriften zu Übermachen.

3. Petitionen, welche eine dringende Erledigung erheischen, sind vom Petitionsausschüsse sogleich in Berathung zu ziehen, und mit seiner Begutachtung binnen 3 Tagen der hohen Reichsversammlung zur Entscheidung vorzulegen

4 Jede andere Petition ist längstens binnen 4 Wochen vom Tage der Überreichung, von Seiten des Petitionsausschusses in Erledigung zu bringen.

5. Zur Aufarbeitung der Rückstande ist der Petitionsausschuss, wenn derselbe es für nothwendig erachtet, mit 9 außerordentlichen, durch die Abtheilungen zu wahrenden Mitgliedern zu verstärken.

6. In jeder Woche ist, so lange die Erledigung der älteren Petitionen nicht erfolgt ist, ein ganzer Tag zu einer außerordentlichen Reichstagssitzung zum Behufe der Erledigung der Berichte des Petitionsausschusses anzuberaumen. "

Präs. Mit Ausnahme des ersten Punktes, welchen der Herr Abg, da ihn schon die Commission aufgenommen hat, zurückgezogen hat, beharrt er auf dem Antrage.

Abg. Mayer. Die Commission selbst hat über Andeutungen, die sie vom Petitionsausschüsse erhielt, auf mehrere Bedürfnisse furtgedacht, damit die Arbeiten desselben befordert werden. In wie ferne dadurch die Anträge des Abg. Paul ihre theilweise Erledigung finden, wenigstens was das Formelle der Geschäftsordnung, und nicht andere Gegenstände belangt, wird sich dann besser beurtheilen lassen, wenn der Antrag der Commission zur Kenntniß genommen sein wird. (Liest.),, §. 88. Sämmtliche Eingaben werden mit kürzer Angabe ihres Inhaltes in ein Verzeichniß eingetragen"  die Worte: "und der Versammlung in jeder Sitzung vor dem Übergange zur Tagesordnung angekündigt" wären zu streichen,


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