Ètvrtek 11. ledna 1849

hinwegdekretieren, welches Jahrhunderte lang trotz aller Stürme in ganz Europa sich erhält, und nebst vielen Schattenseiten auch seine Lichtseiten hat, und mehrfach in das staatliche und soziale Leben verflochten erscheint; warum wollen Sie, sage ich, ein Institut beseitigen, welches, wenn Sie es auch heute mit Worten wegdekretieren, doch so viel Lebenskraft hat, um sich ungeachtet Ihres Beschlusses einer ungeschwächten Fortdauer zu erfreuen? 

So lauten die Gründe, welche jene Herren angeführt haben, um Sie für den dritten Paragraph, wenn nicht zu Gunsten des Adels, doch zu Gunsten der adeligen Bezeichnung zu stimmen, Ihnen ans Herz legten: wenn nun einmal die fatale Demokratie unvermeidlich ist, so wolle man doch diese bittere Pille für den Adel wenigstens sauber verzuckern. (Heiterkeit.) Ich, meine Herren, bin durchaus nicht dieser Ansicht, und die Minorität im Constitutionsausschusse ist es auch nicht zur Freude wahrer Demokraten (Heiterkeit), und wenn sie auch nicht mit einem hochtrabenden Pathos eines Anhaltdessau´schen Landtages erklärt: "Der Adel ist abgeschafft, " so hat sie mit einer artigen, seinen Delicatesse also formulirt: "Alle Standesvorrechte und alle Adelsbezeichnungen haben von nun an aufzuhören, und find nicht mehr zu verleihen. " Der Adel an sich kann unsertwegen bestehen nach seinem Belieben, und das lobe ich, denn, wenn irgendwo, so ist hier der Name die Sache. Belässt man die Bezeichnung, so belässt man die ganze Kaste, man belässt ihre Wirksamkeit, man belässt das Hauptmoment der Aristokratie, die äußerlich in die Augen fallende, wenn auch geringfügige Unterscheidung unter den Staatsbürgern, ja, was noch mehr ist, man erinnert stets den Adel für künftige Generationen immer und ewig daran, was er einmal besessen, wo von ihm jetzt nichts übrig geblieben ist, als der Titel. (Beifall.) Man spornt ihn an, die unermesslichen Vorrechte, welche gerade an diesen Titel sich knüpfen, zu erringen, das heißt, man erklärt die Reaction für permanent. (Beifall.) Schassen Sie aber, meine Herren, die Adelsbezeichnungen ab, so werden Sie freilich das gegenwärtige Geschlecht der Adeligen unangenehm berühren (Heiterkeit), aber es gibt Männer in unserer österreichischen Aristokratie  ich kann es sagen, ich muß es sagen  die sich daraus gar nichts machen werden. (Heiterkeit.) Wenn ich also das Wort ergriff, um gegen die Abschaffung der Adelsbezeichnungen zu sprechen, so that ich es nicht, meine Herren, weil es so allgemein, so populär ist, nur den Adel abzuschaffen, nein!  sondern weil ich dieselbe für eine politische, soziale, und historische Nothwendigkeit halte.

Betrachten Sie alle die Verfassungsbauten, welche seit der christlichen Zeitrechnung in Europa unternommen wurden, es ist allerdings wahr, dem Adel siel am ersten ein, die Allmacht regierender Fürsten zu beschränken, indem sie ständische Verfassungen ins Werk setzten;  das war eine herrliche Zeit für die Aristokratie! (Heiterkeit.) Die Herren Stände, der geistliche und weltliche Adel, kamen jährlich auf den sogenannten Landtag zusammen, zu welchem aus guten Mitleiden sie auch einige Bürgermeister von königlichen Städten zugezogen haben. (Lachen.) Sie machten den Fürsten ein Gnadengeschenk mit Bewilligung von Steuern, welche aber das Volk zahlen mußte. (Heiterkeit.) Sie legten sich fleißig Vorrechte über Vorrechte zu, sie gaben fleißig Acht, damit sie ja nicht das Geringste dem lieben Staate selbst zahlen müßten, sondern Alles das Volk. (Bravo.) Überhaupt wachten sie strenge darüber, daß weder der Fürst, noch das Volk zum Selbstbewußtsein kämen (Bravo), doch das Letzte gelang ihnen nicht. Manchmal regte sich das Volk, da sägten sie alsogleich den Fürsten: Das Volk ist dein Feind,  und es wurde unterdrückt und geknechtet Manchmal regte sich ein Fürst, trat kräftiger, entschiedener auf, zum Besten des Volkes. Da sagte der Adel dem Volke: Der Fürst ist dein Seind, und der Fürst wurde überwältigt.  So hetzte der Adel Fürst und Volk gegeneinander, und während zwei stritten, lachte der dritte.  Erst nach Entdeckung Amerikas (Lachen), als durch den verbreiteten Handel der Bürgerstand zum Flor kam, da ersannen die Fürsten ihren Vortheil, und indem sie sich seines Reichthumes gegen den Adel bedienten, gewannen sie die Oberhand. Der Glanz des Adels sing an zu erbleichen, aber dagegen wucherte der Absolutismus in üppiger Pracht. Da kam die französische Revolution, ganz Europa erbebte tief in seinen Grundfesten; dem Volke sielen Schuppen von den Augen. Es gelang zwar einem genialen Emporkömmling dieser Revolution, die Fluthen der großen Volksbewegung auf kürze Zeit mit Militärherrschaft zu dämmen, aber der begeisterte Freiheitskampf des Jahres 1813 vernichtete ihn.

Nun galt es, dem Volke zu geben, was des Volkes war vom Anbeginn, was das Volk sich um die Throne verdient gemacht hatte, was es in seinen loyalen Wünschen aussprach  freisinnige Constitutionen. Die Fürsten, erschreckt über die erwachte, bis hierher schlummernde Löwenkrass des Volkes, klammerten sich abermals an den Adel; sie gaben dem Volke Constitutionen, aber mit ersten Kammern, mit Censur und Polizei; damit sollte sich das Volk bescheiden, und in seinen vorigen Schlaf verfallen! (Heiterkeit.)

Aber sie irrten sich furchtbar. Der Februarsturm des verflossenen Jahres hat diese trügerischen Scheinbilder der Verfassungsbauten wie Seifenblasen hinweggeweht. (Beifall.) Und wissen Sie, meine Herren, was das Volk jetzt verlangt? Das Volk will, daß die Demokratie zur vollen Geltung gelange, daß sie in dem Neubau der europäischen Staatenverfassungen zur Wahrheit werde (Beifall), und dieses zu realisiren, sind, glaube ich, auch wir hierher in Folge des 15. Mai berufen. (Beifall.) Damit wir dieses Mandat wie Biedermänner erfüllen, müssen wir vor Allem dahin arbeiten, daß die Gleichheit aller Staatsbürger vor dem Gesetze bis in die kleinsten Details festgestellt werde. Wir müssen dafür sorgen, daß der Name eines Staatsbürgers die einzige Adelsbezeichnung sei, und daß in einem demokratischconstitutionellen Staate wir außer dem Fürsten und dem Volke keinen Stand mehr kennen; und das müssen wir thun, weil das Volk darin die allerbeste Garantie des demokratischconstitutionellen monarchischen Principes erblickt, und nicht mit Unrecht, denn nähme man dem Adel alle Privilegien und Vorrechte, belässt man ihm den Titel, so wird er aus der gigantischen Sündstute des vorigen Jahres genug gerettet haben.

Einmal ist schon der Titel an sich eine Auszeichnung, und demnach ein Vorrecht. In dem Titel der Adelsbezeichnung lebt der Adel als Erbadel fort. Der Titel ist der Vereinbarungspunkt dieser bis jetzt viel vermögenden Kaste. Bei einem geringfügigen Anlaß im Staatsleben steht auf einmal die Aristokratie, wie ein kompakter Körper wieder da; und, meine Herren, sie hat viel verloren, sie wird Alles daran setzen, um wenigstens wieder Etwas zu erringen!  Wenn also unser Verfassungswerk von längerem Bestande sein soll, wenn die Bewegung des vorigen Jahres sich vollkommen legen, wenn das Volk ruhig in die Zukunft blicken soll, so muß die Aristokratie ganz untergehen im großen Strome des Volkslebens, und darum sage ich, meine Herren, die Aufhebung der Adelsbezeichnungen ist eine politische Nothwendigkeit.

Sie ist aber auch eine soziale; denn die Vortheile, welche der Adel aus seiner Stellung im sozialen Leben bisher genoss, sind bei Weitem umfangreicher und ergiebiger als die Vorrechte, welche ihm die politische Verfassung einräumte. Der Adel bildete zuvörderst die nächste Umgebung der Fürsten, und nicht in Folge der Grundrechte, sondern in Folge einer herkömmlichen Sitte. Ist dann zu wundern, daß die Regenten so wenig volkstümlich dachten? Doch nicht bei Hofe allein, auch im gemeinsamen Leben wurde der Adel furchtbar bevorzugt. Man sah, daß ihm die alleinige Befähigung angekünstelt wurde, die höchsten, ersten, einflussreichsten, aber auch ergiebigsten Ämter im Staate zu bekleiden. Der Adel hatte Minister, Gouverneure, Präsidenten,  das Volk: Concipienten, Secretäre, höchstens Räthe. (Beifall.) Der Adel hatte Erzbischöfe, Bischöfe, Domherrn,  das Volk: Kapläne (lebhafter Beifall), Pfarrer und höchstens Dechanate. Der Adel hatte Feldmarschälle. Generale, Stabsoffiziere,  das Volk: Unterofsiciere, Unter und Oberlieutenants, höchstens Hauptleute;  mit einem Worte, der Adel hatte den Genus, das Volk die Mühe. (Beifall.)

Ändern Sie das, meine Herren, befreien Sie die Fürsten von diesen Fesseln, womit sie das Herkommen an den Adel und die Adelsbezeichnungen band, geben Sie ihnen Gelegenheit, sich wieder mit Männern aus dem Volke zu umgeben, und so die Jahrhunderte lang dem Volke widerfahrene Zurücksetzung wieder gut zu machen. Schneiden Sie der Kamarilla, diesem auf constitutionellen Boden unheimischen, wohl durch Absolutismus dorthin verpflanzten Gewächse jeden künftigen Nachwuchs ab, beseitigen Sie die Missstimmung zwischen den verschiedenen sogenannten Ständen, und trachten Sie dafür, daß in dem verjüngten Österreich nur ein Stand ist, der freie Staatsbürgerstand. (Bravo.) Dadurch werden Sie dem Communismus und Sozialismus den besten Riegel vorschieben, und so das Selbstgefühl eines Jeden im Volke erhöhen, Jeden zur Thätigkeit anspornen, welcher nun das Höchste erreichbar ist, und darin liegt die soziale Bedeutsamkeit dieser Frage. 

Das wichtigste Motiv ist aber die historische Nothwendigkeit. Wir hörten in dem schönen Frühlinge des verflossenen Jahres schöne Worte ertönen, die das Volk so lieblich aufnahm und sich daran ergötzte, und dieser Wahlspruch bestand aus den schon bekannten Zauberworten: Freiheit, Gleichheit" und aus dem noch nie vernommenen Losungsworte: "Brüderlichkeit. "  Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit!  so scholl es in allen Gauen des Vaterlandes, und die Geschichte einer neuen Zeit begann. (Beifall.) Meine Herren, hier bietet sich Ihnen eine hübsche Gelegenheit, dieselbe mit einem großartigen Acte einzuweihen, und das dritte Losungswort:,, die Brüderlichkeit" praktisch zu machen, es zu ermöglichen, daß in der Geschichte der neuen Zeit sich alle Menschen Brüder nennen, und Brüder seien, und als Brüder im Geiste der christlichen Freiheit und Gleichheit leben,  nicht wie in der Geschichte der Vorzeit sie sich Fürsten und Grafen, wohl gar Herrschaften und Unterthanen tituliert, und diesem Titel gemäß sich auch gegen einander betragen haben.  Doch hiefür liegt in der Geschichte noch ein ganz anderer Grund vor; so lange wir in die Denkbücher derselben zurückgehen, so lange wir verschiedene Stände und insbesondere den Adel darin finden, so lange hat er nie die allgemeine Wohlfahrt, sondern nur sein egoistisches Sonderinteresse verfolgt. Darum, die Geschichte trügt nicht, der Geschichte muß man Glauben schenken, und demnach die Adelsbezeichnungen einmal für allemal abschassen.

Daß es nothwendig ist, dafür könnte ich Ihnen Belege, meine Herren, aus der Geschichte unendlich viele geben, aber ich will Sie mit einer Aufzählung derselben nicht ermüden; nur auf ein eklatantes Beispiel erlaube ich mir, Sie dennoch hinzuweisen. Der erste, edelste Demokrat, den je die Erde gesehen, der Gründer und Stifter eines demokratischen Reiches, wo alle Menschen Brüder sind, weil sie Alle Kinder eines und desselben Vaters sind, dieser König, wahrhaft von Gottes Gnaden, weil Sohn Gottes, ist von dem Adel seiner Zeit an das Kreuz gebracht worden. Sorgen Sie dafür, meine Herren, daß ja nicht in der Folge der Zeit die Demokratie wieder an das Kreuz genagelt werden möge (Beifall), und von wem?  Von dem Adel, meine Herren, denn der Adel, das waren unsere bisherigen Pharisäer. (Anhaltender großer Beifall.)

Präs. Ich habe bei dem §. 2 den Abg. Pitteri aufgerufen, als eingeschriebenen Redner zum zweiten Paragraph; er gab aber die Erklärung ab, daß er sich für §. 3 vorschreiben ließ, und nur durch Irrthum dieß bei §. 2 stattfand.

Abg. Pitteri. Ich hätte dasselbe gesprochen, was mein Herr Vorredner angeführt, und verzichte daher auf das Wort. (Allgemeiner Beifall.)

Präs. Sonach trifft die Reihe den Abg. Machalski.

Abg. Machalski. Bis auf diesen Augenblick habe ich, meine Herren, Ihre Geduld nie mit langen, weitläufigen Reden in Anspruch genommen, theils weil die Schwierigkeit, mich einer fremden Sprache zu bedienen, mich von diesem Platze fern hielt, theils weil ich den Vorwurf der Redseligkeit, der von einer gewissen Seite dieser hohen Versammlung nur zu häufig gemacht wurde, nicht noch mehr erschweren wollte. Nun aber, da es sich um die Feststellung der Verfassung für diesen Staat handelt, in dessen Verband nach der Fügung des Schicksals auch Millionen des Volkes, von dem ich selbst abstamme, gehören, da fühlte ich die Pflicht und auch die Kraft in mir, jene Schwierigkeit, so gut es ging, zu überwinden, und diesen Vorwurf unbeachtet zu lassen. Der Gegenstand, über welchen ich in Kurzem meine Ansicht vor dieses hohe Haus zu bringen Willens bin, betrifft den im dritten Paragraph der Gründrechte aufgestellten Grundsatz: "Alle Standesvorrechte, auch die des Adels, sind abgeschafft. " Ich muß aber im Voraus bemerken, daß ich diesen Gegenstand nicht von dem philosophischen, staatsrechtlichen, sondern aus dem besonders geschichtlichen und dem Lande, welches ich zu vertreten die Ehre habe, ganz eigentümlichen Standpunkte behandeln, und auch von Ihnen, meine Herren, gewürdigt und entschieden wissen wollte. Wenn ein Volk seine politische Unabhängigkeit, seine staatliche Existenz verliert, so stirbt es darum noch nicht ganz ab. Seine Sitten und Gebräuche, und insbesondere der Maßstab, den es bei Beurtheilung des Werthes seiner sozialen und politischen Zustände anlegt, bleiben noch lange Zeit dieselben, und leben selbst nach dem politischen Tode des Volkes oft noch Jahrhunderte lang fort. Und von diesem Standpunkte ausgehend, muß ich hier die offene, unumwundene Erklärung vor das hohe Haus bringen, daß auf den Adel als Stand, so wie er nach der Theilung unseres Vaterlandes in Galizien, unter österreichischer Regierung bestand, und noch zur Frist besteht, die öffentliche Meinung des Volkes, so wie des Adels selbst fast gar keinen Werth legt. (Bravo von der Linken.) Und zwar schon darum nicht, weil nach dem Verfalle der alten, aristokratischen Republik, deren Kraft und Kern der Adel ausmachte, auch dieser seinen Glanz, seine frühere einflussreiche, ausschließende Stellung im Staate, seine Macht, mit einem Worte seine politische Wichtigkeit fast ganze i ich verlor, und weil er von den Vorrechten, welche die Aristokratie in den übrigen Ländern Österreichs genoss, unter der neuen Regierung entweder keine hatte, oder diese bereits eingebüßt hat.  Es ist Ihnen bekannt, meine Herren, daß ein großer Landbesitz, welcher ungeheilt vom Vater auf Sohn übergeht, und auf diese Art den Glanz und die Herrlichkeit der Familie zu erhalten bestimmt ist, in allen Ländern, wo ein Adel existierte oder noch gegenwärtig existirt, die einzig wahre, dauerhafte Grundlage desselben bildet. Von all dem ist nun bei uns fast keine Spur vorhanden. Das alte Polen, wissen Sie, meine Herren, war keine Feudal, sondern es war, wie sonderbar dieß auch klingen mag, eine demokratische Adelsrepublik. Die Edelleute unter sich selbst waren vollkommen gleich. Daher auf dem ganzen großen Gebiete des alten Polens kein einziges Lehen, und durch die lange Reihe der Jahrhunderte, welche dieser Staat durchlebte, kaum einige Fideikommisse. Insbesondere aber sind in dem Lande, welches als Theil des ehemaligen Polens im Jahre I772 an Österreich siel, auf eine Bevölkerung von fast 5 Millionen Seelen meines Wissens nur zwei Fideikommisse in unbeweglichen Gütern vorbanden. Es entbehrte sonach der polnische Adel schon im Anbeginne seiner Existenz, diese solide, dauerhafte Basis, ohne welche derselbe alle andern Vorrechte, welche ihm, nach dem Verluste seiner politischen Wichtigkeit, noch verblieben, die er unter der österreichischen Regierung beibehielt, oder neu erlangte, früher oder später im Drange der Zeit nothwendig verlieren mußte. Und dieß geschah auch in der That. Ein Blick auf die Zustände des Adels in Galizien liefert dafür die sprechendsten Beweise. Selbst die alten historischen Geschlechter unseres Vaterlandes sind durch die allmälige Teilung des Vermögens auf ein, im Vergleiche mit dem Adel in anderen Staaten, nur bescheidenes Maß des Besitzthumes herabgekommen, ihr Glanz ist erblichen, ihr Cinfluß nur auf enge Kreise beschränkt. Das mit dem großen Landbesitze verbundene Recht der Gurtsherrlichkeit, und das Recht der Gerichtsbarkeit haben Sie, meine Herren, durch Ihren am 7. September v. J. gefaßten, und von Sr. Majestät Kaiser Ferdinand sanctioniren Beschluß bereits aufgehoben, und dadurch die staatsbürgerliche Gleichstellung des Adels mit den übrigen Bewohnern des Staates angesprochen. In demselben Beschlusse ist ferner die Aufhebung jedes Unterschiedes zwischen Domesticalfond Rustical Gründen dekretiert, und auf diese Art dem Adel das w i sch t i g e Recht benommen, große Landgüter ausschließend in Besitz zu nehmen. Endlich hat auch die Ausnahmestellung des Adels hinsichtlich des Militärdienstes durch eine neue Ordonnanz des Kaisers vom 5. Dezember v. J. ihr Ende genommen.

Sie sehen also, meine Herren, daß dem Adel in Galizien die Grundbedingungen abgehen, welche diesem Stand Glanz, Würde, Macht und Reichtümer, kurz eine besonders ausgezeichnete politische Stellung im Staate verschaffen, und welche gegen ihn die Pfeile des Neides und Hasses von Seite des Volkes zu richten geeignet wären; er ist bereits in Galizien auf eine staatsrechtliche, fast ganz gleiche Stufe mit den andern Bürgern gestellt, und sein Einfluß erstreckt sich dort nur eben so weit, als sein Vermögen oder persönliches Verdienst reicht. Denn was selbst die übrigen Vorzüge und Auszeichnungen betrifft, auf welche der Adel in Österreich einen ganz besondern Anspruch hatte, die ich aber mehr für eine Befriedigung der Eitelkeit, als für wesentliche Vorrechte halte, so wie auch die factischen Vortheile, welche die Aristokratie in den übrigen Provinzen Österreichs, gleich der englischen, aus ihrer bevorzugten Stellung mit so vieler Umstecht zu ziehen verstand, nämlich die fast ausschließliche Beschlagnahme der höchsten Posten in der Staatsverwaltung und in der Armee  selbst diese Auszeichnungen und Vortheile kommen dem polnischen Adel nur sehr selten und in sehr beschränktem Maße zu Gute. Sie werden in der ganzen Reihe der Jahre von 1772 bis auf diesen Augenblick unter den Räthen der Krone Österreichs, so wie an der Spitze seiner Armee  Corps nur sehr wenige polnische Namen finden, obgleich wenigstens in letzterer Beziehung dem polnischen Adel Mangel an Tauglichkeit eben nicht vorgeworfen werden kann. Es ist dieß überhaupt eine merkwürdige Erscheinung, die sich nur durch die eigentümliche Stellung des polnischen Adels zur Regierung erklären läßt, daß die österreichische Regierung, während sie in den übrigen Ländern der Monarchie die Aristokratie auf eine ganz besondere Weise auszeichnete und begünstigte, sie dieselbe von Anbeginn, als Galizien an Österreich siel, bis auf das Jahr 1846 mit allen Kräften zu demokratisieren suchte, und, das Werk ist ihr so ausgezeichnet gelungen, daß Ihnen, meine Herren, sehr wenig oder gar nichts in der Beziehung zu thun übrig bleibt. (Beifall links) 

Ich muß noch eines tatsächlichen Umstandes erwähnen, welcher auf die Meinung, die der Adel in Galizien von sich selbst als Stand, gegenwärtig hat, ein klares Licht zu werfen, und auch Ihnen, meine Herren, bei der Schlußfassung über diesen Gegenstand einen willkommenen Anhaltspunct zu bieten vermag. Als nämlich im April des vorigen Jahres der damalige Gouverneur von Galizien, der gegenwärtige Minister des Innern, den galizischen Landtag zusammenberief, in welchem, wie in den übrigen Ländern Österreichs  etwa mit Ausnahme Tirols, nur adelige Häupter saßen, da sahen diese Herren ein, daß sie in diesen Zeiten inkompetent sind, ausschließend über die Rechte und Interessen des Volkes zu Gerichte zu sitzen; sie erkannten, daß ihre letzte Stunde als Stand geschlagen hat, und der Landtag löste sich von freien Stücken auf. (Bravo.) Eben dieselbe Eigentümlichkeit, welche der Adel in Galizien rücksichtlich seiner politischen und staatsrechtlichen Stellung bietet, eben dieselbe Eigentümlichkeit stellt sich auch in Rücksicht auf die Adelsbezeichnungen, auf seine Titeln dar. Und in dieser Richtung hat der polnische Adel das Besondere, daß er eigentlich gar keine Adelsbezeichnungen, gar keine Titeln kennt.

Ich habe bereits im Verlaufe meiner Rede die Ehre gehabt, zu erwähnen, daß das alte Polen keinen Unterschied im Adel selbst kannte, es gab keine adelige Hierarchie, keinen höheren und niederen Adel. Die Edelleute in Polen waren unter einander rechtlich vollkommen gleich. Wir haben in unserer Sprache viele Sprichwörter, welche sich auf diese vollkommene Gleichheit des Adels beziehen. Die altslavischen Bezeichnungen als: Starosten, Wojwoden u. d. gl. bezeichnen eben nichts anderes, als höhere Staatsämter, und wurden von diesen geführt, welche sie bekleideten, und eben nur so lange, als diese Männer im Amte waren. Dagegen waren die zahlreichen Adelsabstufungen und Unterschiede der Edlen von, der Ritter, Barone, Grafen, Comtes, Vicomtes, Marquis, Fürsten, wie sie auf dem Boden des altgermanischen, westeuropäischen Feudalismus entsprangen, unseren alten Institutionen gänzlich fremd. Ja, als in den früheren Zeiten fremde Fürsten den polnischen Adel mit solchen Titeln beehren wollten, wies er sie mit Verachtung von sich. Erst in der schlechten Zeit unseres Vaterlandes, nämlich zur Zeit des Verfalles desselben schleichen sich diese Titeln nach und nach in das Land ein, und nach der Theilung Polens wurden sie von fremden Regierungen scharenweise ohne besonderen Unterschied verliehen. Allein eben darum, weil sie fremd, weil sie exotisch, weil sie nicht auf dem Boden der Volksinstitutionen aufgewachsen, sondern von Fremden eingeführt, nicht im Bewußtsein des Volkes gegründet waren, konnten sie auch weder in der Meinung des Volkes, noch in der Achtung der damit Betheiligten je tiefe Wurzel schlagen. Diese deutschen, feudalen Titeln, meine Herren, in Polen sind wirklich wie ein Schmarotzergewächs, das nur an der Oberfläche unseres Volkslebens wuchert;  sie aus dem Andenken des Volkes zu vertilgen, wird gar keine Mühe kosten, ihre Aufhebung wird wenig Schmerz, gar keine Nachwehen erzeugen.

Das ist die kurze geschichtliche Skizze, welche ich von dem eigentümlichen Standpunkte des Adels in unserem Lande vor dieses hohe Haus zu bringen mir erlaubte, eben damit Sie auch diesen Umstand berücksichtigen, und dem Principe der Gleichheit, in dessen Namen wir hier versammelt sind, volle und unbedingte Anerkennung verschaffen. (Großer Beifall.)

Präs Der Abg. Wilder hat das Wort.

Abg. Wilder. Meine Herren, ich befinde mich leider wieder in der Lage wie beim zweiten Paragraph, daß ich gegen den §. 3 eingeschrieben bin, und eigentlich für denselben zu sprechen habe. Es ist dieß Folge von meiner Ansicht, daß ich glaube, wenn man dem Paragraph in seiner ganzen Stylisirung nicht beitreten kann, man sich gegen denselben erklären müsse, wenn man auch die Wesenheit nach dem Inhalte des Paragraphes selbst theilt. Ich für meine Person, meine Herren, habe von dem Inhalte des Adels selbst keine gar große Ansicht, mir ist es für meine Person lieb, wenn ein Deszendent von mir durch eigenes Verdienst zu irgend einer Auszeichnung sich emporschwingt, daher keine erbliche Auszeichnung genießt.

Ich habe eine mir gebotene Gelegenheit zu einem Verdienste benützen können, mir war der Adel gegeben, ohne daß ich darum bat. Ich lege ihn mit Vergnügen aus den Altar des Vaterlandes nieder, ich müßte mich aber, da ich einen doppelten Adel habe, gegen eine Ansicht eines Redners vor mir ganz tüchtig verwahren. Er hat uns nämlich darauf hingewiesen, daß wir uns hinsichtlich Ungarns scheuen sollten, in irgend einer Weise es bestimmt und positiv auszusprechen. Meine Herren, ich bedauere, daß dieses hohe Haus nicht zugleich das Recht besitzt, über dergleichen Rechte jenseits der Leitha (Heiterkeit) abzusprechen, denn nie und nimmermehr würde ich zu einer innigen Verbindung mit Ungarn rathen, wenn etwa jenes Adelsinstitut mit allen seinen Vorrechten uns zu Theil werden sollte, welches jenseits der Leitha in Wirksamkeit war. (Heiterkeit.) Wir wollen hier feste Vertreter des Volkes haben, wie sie uns auch versprochen sind, wir wollen daher keine Vertreter der eigenen Person haben, wie sie jenseits der Leitha stattfinden. (Heiterkeit.) Auch diesen Adel jenseits der Leitha, meine Herren, lege ich mit Vergnügen hier nieder.

Ich habe das Wort nur ergriffen, um Ihnen, meine Herren, die Voraussetzung auszusprechen, daß Sie bei der Aufhebung dieser Rechte nicht einen verletzenden Ausdruck gebrauchen werden. Der Ausdruck "abgeschafft" ist, meine Herren, doch ein bitterer Ausdruck, für diese bisher in so vielen Beziehungen des Civil und Militärdienstes hochgestellte Classe. (Lachen.) Gebrauchen Sie gütigst den Ausdruck, daß er nicht mehr stattfinden solle, er drückt dasselbe aus und verletzt nicht. Eine zweite Rücksicht, meine Herren, warum ich das Wort ergreife, ist, Ihnen hinsichtlich des Eintrittes der Ausländer in hiesige Civil und Militärdienste die Stabilirrung irgend einer Ausnahme anzuempfehlen. Es hat es Niemand so unliebsam gesehen, als ich, meine Herren, daß wir insbesondere in dem so tapferen, so tüchtigen Heere eine große Anzahl von Ausländern haben; allein so sehr ich dafür bin, daß dieser Übelstand für die Zukunft aufgehoben werde, so muß ich Ihnen doch ins Gedächtniß rufen, daß dermalen Ausländer für die Freiheit und das Recht in Ungarn in Masse kämpfen, für die Freiheit und das Volksrecht selbst. Ich erinnere Sie an Knéčanien´s wackere Kämpfe für die Freiheit des serbischen Volkes  verletzen Sie auch in dieser Hinsicht nicht. Anbelangend die Ausnahme, welche ich Ihnen empfehle, so bin ich mit dem Abgeordneten  Kleinseite Prags vollständig einverstanden, daß wir unter unsern 3536 Millionen Menschen genug finden werden, welche Talente, Fleiß und Thätigkeit besitzen, um bei weitem in dem größten Umfange der Regel der Ausländer entbehren zu können. Allein es gibt Fälle, wo die Consequenz des Polizeistaates (Heiterkeit) es dahin brachte, daß in gewissen Fächern nicht jene tiefe, umfassende Kenntniß vorhanden ist, welche dermalen schon nothwendig wäre. Ich will Sie darauf verweisen, meine Herren, welche tüchtige Artillerie wir haben, und erwähne ihrer in dieser Hinsicht, daß diese Artillerie seiner Zeit großenteils von Ausländern gebildet wurde; ich will Sie auf das, was der Herr Kriegsminister angeführt hat, verweisen, denn eine tüchtige Seemacht, von der wir hoffen wollen, daß sie nicht bloß auf dem Papiere vorhanden sein wird,  eine tüchtige Seemacht ist uns nöthig, und da müssen wir gerade so beginnen, wie damals bei der Artillerie, unbeschadet der sonst tüchtigen Kenntnisse, die sich bei einzelnen Gelegenheiten schon bei unserer Flotte erwiesen haben. Es kann auch sein, daß auch bei gewissen technischen oder wissenschaftlichen Fächern in einer Zeit, wo der Aufschwung des Wissens schneller und kräftiger befördert werden muß, Gelegenheit wird, einen oder den anderen Ausländer zurufen; verschließen Sie, meine Herren, diesem, der vielleicht aus Anhänglichkeit an sein Vaterland die hiesige Staatsbürgerschalst nicht immer annehmen würde,  verschließen Sie, sage ich, diesem nicht den Eintritt nach Österreich, in österreichische Dienste. Es wird die Übergangsperiode, gewiß nur eine kurze sein, eben weil wir so viele Talente im Inlande besitzen, aber für diese muß bei dem schnellen Umschwunge des Polizeistaates in den Rechtsstaat, der eintrat, gesorgt werden. (Ruf: Schluß der Sitzung.)

Präs. Wird der Antrag auf Schluß der Sitzung unterstützt? (Unterstützt.) Diejenigen Herren, welche sich für den Schluß der Sitzung aussprechen, wollen dieß durch Aufstehen kundgeben. (Majorität.) Der Schluß der Sitzung ist ausgesprochen worden.  Wollen erlauben, daß ich die Tagesordnung für morgen in Antrag bringe. (Ruf: Montag.)

Ich glaube, deßhalb wird morgen die Sitzung abgehalten, weil wir die vorige Woche um eine öffentliche Sitzung weniger gehabt haben, aus Anlaß des Beschlusses über den Antrag des Herrn Abg. Szábel.  Mit Rücksicht auf den, über den Antrag des Herrn Abg. Prato gefaßten Beschluß erlaube ich mir, nachstehende Tagesordnung in Antrag zu bringen:

Ablesung des Sitzungsprotokolls der heutigen Sitzung, Berichte über die Wahlacte, dann der Bericht der Commission zur Prüfung der Reichstagsrechnungen, und endlich Vorträge des Petitionsausschusses. Vor dem Übergange zur Tagesordnung werden die, im Vorstandsbureaus erliegenden Anträge dem hohen Hause angekündigt, und allenfalls auch zur Motivirung zugelassen werden. Die Sitzung wird morgen um 1 0 Uhr beginnen; die heutige Sitzung ist geschlossen.

Schluß der Sitzung 2  1/4 Uhr.

Kremstier. Aus der k. k. Hof und Staatsdruckerei.


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