Úterý 16. ledna 1849

Officielle stenographische Berichte über die Verhandlungen des österr. Reichstages.

Zweiundsiebzigste (XX.) Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages in Kremster am 16. Jänner 1849.

Tages  Ordnung.

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 12. Jänner 1849.

II. Zweite Lesung der Grundrechte. Vorsitzender: Präsident S t r o b a c h.

Auf der Ministerbank: Stadion, Thinnfeld.

Anfang: 1/4   11 Uhr.

P r ä s. Ich erkläre die Sitzung für eröffnet, und ersuche den Herrn Schriftführer, das Protokoll über die letzte Sitzung vorzulesen. (Schriftführer Motyka verliest das Protokoll vom 12. Jänner 1849) Hat Jemand gegen das vorgelesene Protokoll eine Einwendung zu erheben?

Abg. Umlauft. Ich würde mir erlauben, zu bitten, daß die Stelle, welche sich auf die Berichte der Reichstagsrechnungsprüfung  Commission bezieht, noch einmal gelesen wird. Es kommt darin meines Erachtens ein Ausdruck vor, der etwa für die Commission nicht zweckmäßig befunden werden dürfte, nämlich der Ausdruck ,, Belehrung." Es dürfte zweckmäßig sein, vielleicht bloß von rücksichtswerthen Bemerkungen zu sprechen.

Präs. Ich glaube, daß diese Bemerkung vom Herrn Schriftführer berücksichtiget werden wird, ohne daß darüber sich eine Debatte zu entspinnen braucht. Hat noch Jemand eine Einwendung darüber vorzubringen? (Niemand.) Es wird demnach die Berichtigung eintreten, und das Protokoll ist für richtig aufgenommen anzusehen.  Ich habe drei Herren Abgeordneten Urlaube auf acht Tage bewilligt, und zwar den Abg. Král, Dworzak und Jaruntowski. Der Herr Abg. Doblhoff hat ein Einschreiten überreicht, worin er sein Amt als Deputirter niederlegt. Ich fordere den Herrn Schriftführer auf, dieses Einschreiten der hohen Kammer allenfalls zur Kenntniß zu bringen. 

Schrift. Streit (liest.)

Hohes Reichstags Präsidium!

Nachdem ich in Folge einer allerhöchsten Bestimmung Seiner Majestät den Gesandtschaftsposten im Haag anzutreten, und binnen kurzen dahin abzugehen habe,  in dieser, meine dauernde Abwesenheit von hier bedingenden Dienstleistung aber außer Stand gesetzt bin, den Verpflichtungen eines Abgeordneten des österreichischen Reichstages ferner nachzukommen, so sehe ich mich bemüßigt, mein dießfälliges Mandat hiermit zurückzulegen, und die ergebenste Bitte zu stellen, den hohen Reichstag hievon zu verständigen, und wegen einer neuerlichen Wahl des zweiten Stadtbezirkes zu Wien, das Erforderliche einzuleiten.

Kremsier, am 15. Jänner 1849.

Doblhoff m. p.

Präs. Es wird das Ministerium vom Vorstandsbureau aus angegangen werden, eine neue Wahl auszuschreiben.  Ferner ist mir der Abg. Wojtowicz als krank angemeldet worden.  Falls die zur Redaction der stenographischen Berichte des Reichstages gewählten Herrn Redactoren nicht darüber einig wurden, in welcher Art sie den Dienst versehen werden, so fordere ich die Herren auf, welche aus der vierten, fünften und sechsten Abtheilung gewählt worden sind, für diese Woche die Verificirung der Protokolle zu übernehmen. Ich ersuche daher die Herren, im Redactionsbureau Nachmittag erscheinen zu wollen.  Es sind in der letzten Sitzung Aufforderungen an die Herren Mitglieder mehrerer Commissionen von mir ausgegangen, damit sie die allfälligen Wahlen der abgängigen Vorstände vornehmen. Ich ersuche, sie mitzutheilen.

Schriftf. Streit. Der Ausschuß zur Berichterstattung über die Requisition um Gestattung des Verfahrens gegen den Herrn Abg. Kaim, hat folgende Wahlen bekannt gegeben:

die

I.

Abth.

hat

gewählt

den

Hrn.

Abg.

Polaczek

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2.

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Streit

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3.

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Forster

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4.

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Fr. Schmitt

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5.

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Prato

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6.

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Borrosch

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7.

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Hawelka

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8.

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Smolka

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9.

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Wiser

Der Ausschuß hat sich auch constituirt, und es ist der Abg. Franz Schmitt zum Vorstande, der Abg. Hawelka zum Schriftführer, der Berichterstatter aber noch nicht gewählt worden. In dem Ausschusse für Unterrichtsangelegenheiten wurde in den Abtheilungen und Gouvernements gewählt, und zwar: In den Abtheilungen, von der ersten der Abg. Löhner, von der zweiten der Abg. Miklositsch, von der dritten der Abg. Kaubek, von der vierten der Abg. Ohéral, von der fünften der Abg. Praschak, von der sechsten der Abg. Kudler, von der siebenten der Abg. Haimerl, von der achten der Abg. Zimmer, von der neunten der Abg. Hönig. In dem Gouvernement von Nieder  Österreich: Füster, Oberösterreich: Wiser, Böhmen: Wocel, Mähren und Schlesien: Carl Schneider, Steiermark: Trummer, Tirol: Strasser, Illirien: Rulitz, Galizien: Krause Johann, Dalmatien: Radmilli, Küstenland: Madonizza.

P r ä s. Ich ersuche die gewählten Herren, heute Nachmittag um 5 Uhr in der ersten Abtheilung sich zu versammeln, um die Vorstände zu wählen, die dann in der nächsten Sitzung mitzutheilen wären.

Schriftf. Streit. In den Petitionsausschuß wurde von der fünften Abtheilung gewählt: Statt des Abg. Faschank der Abg. Marin; in den Finanzausschuß von der neunten Abtheilung; statt des Abg. Herwig der Abg. Sitka, in den Ausschuß zur Prüfung der Reichstagsrechnungen von der zweiten Abtheilung statt des Abg. Slavik der Abg. Frantzl. In den Staats und volkswirtschaftlichen Ausschuß wählte das Gouvernement Böhmen statt des Abg. Herzig den Abg. Stark; in den Petitionsausschuß das Gouvernement Ober Österreich mit Salzburg statt des Abg. Lasser den Abg. Kreil Der Vorstand des volkswirtschaftlichen Ausschusses ist noch unbekannt.

Präs. Es ist mir vom Schriftführer dieses Ausschusses die Ausforderung mitgetheilt worden, damit ich die Herren Mitglieder desselben angehe, sie möchten sich heute Nachmittags um 5 Uhr versammeln, um den Vorstand zu wählen.

Schriftf. Streit. Der Petitionsausschuß hat den Abg. Pienczykowski zum Vorstande, und den Abg. Král zu dessen Stellvertreter gewagt. Ferner hat die dritte Abtheilung in den Staats und volkswirtschaftlichen Ausschuß den Abg. Brestel als Ersatzmann für den Abg. Robert gewählt.

Präs. Wegen der Wahl des Vorstandes in der Commission zur Ausarbeitung des Rekrutierungsgesetzes werde ich mich noch mit den Gliedern dieses Ausschusses ins Einvernehmen setzen, bevor ich sie auffordere, zur Wahl der Vorstandes zu schreiten.  Es ist ein Einschreiten von dem Abg. Schmerling eingesendet worden, es betrifft die Bewilligung eines Urlaubes. Ich ersuche, es vorzulesen.

Schriftf. Ullepitsch. Vorerst mache ich die Mittheilung, daß von 356 Abgeordneten 10 auf Urlaub abwesend, und 8, nämlich die Herren Abgeordneten Cavalcabó, Engelhofer, Wagner, Paul, Ambrosch, Kudlich, Geier und Wojtowicz als krank gemeldet sind. Das Gesuch des Abg. Schmerling aber lautet: Hoher Reichstag! Wie die beigeschlossene Urkunde nachweiset, wurde mir die Ehre zu Theil, in dem ersten Wahlbezirke der innern Stadt Wien zum Abg. für die constituirende Reichsversammlung gewählt zu werden. Ich überreiche daher vor Allein die Legitimationsurkunde mit der Bitte, mich als legitimirt anzuerkennen.

Beinahe gleichzeitig mit dieser Wahl haben mich Seine Majestät der Kaiser zum k. k. österreichischen Bevollmächtigten bei der deutschen Centralgewalt ernannt, welche Ernennung ich bei der Wichtigkeit dieses Postens für Österreich nicht ablehnen zu dürfen, erachtet habe. Die deutsche Nationalversammlung geht in der Berathung des Verfassungswerkes so rasch vorwärts, daß eine baldige Beendigung des Provisoriums, und daher auch meines Amtes in Aussicht steht, und ich dann meinen Sitz in dem österreichischen Reichstage einnehmen kann. Vorerst sehe ich mich aber unter den obwaltenden Umständen zu der Bitte veranlaßt, der hohe Reichstag wolle mir einen Urlaub von sechs Wochen bewilligen.

Frankfurt, am 9. Jänner 1849.

Anton von Schmerling.

Urkunde.

Die unterfertigte Wahl Commission bestätiget hiermit, daß Herr Anton Ritter von Schmerling, Doctor der Rechte, niederösterreichischer Landstand und gewesener Reichsminister zu Frankfurt am Main, in der Stadt Nr. 74 wohnhaft, im ersten Wahlbezirke der innern Stadt Wien zum Abgeordneten für die constituirende Reichsversammlung gewählt worden ist. Zugleich ladet dieselbe den neugewählten Herrn Abgeordneten ein, sich unverweilt beim hohen Reichstage zu Kremsier in Mähren einfinden, und mit dieser Urkunde legitimiren zu wollen.

(L. S.) Wien, am 23. December 1848.

Dr. Joseph Pacher, Prof. Joh. Reméle, als Commissions Mitglied. als Commissions Mitglied.

Dr. Joseph Radda, Johann Kropf, als Obmann als Commissionmitglied.

Joseph Gunkel, Dr. M. Engel, als Kommissionsmitglied. als Kommissionsmitglied.

Dr. Franz Schmitt.

Präs. Diejenigen Herren, welche für die Bewilligung des Urlaubes sind, wollen aufstehen. (Viele Mitglieder erheben sich.) Ich muß gestehen, daß ich die Abstimmung für zweifelhaft halte, ich werde die Gegenprobe vornehmen.

Diejenigen Herren, welche gegen die Bewilligung des Urlaubsgesuches sind, wollen es durch Aufstehen kund geben. (Es geschieht.) Es ist die Majorität, nach meiner Ansicht.  Es sind einige Interpellationen dem Vorstande überreicht worden.

Der Herr Schriftführer wird die Gefälligkeit haben, sie mitzutheilen.

Schriftf. Streit (liest).

Abgeordneter Sierakowski interpelliert das Ministerium des Ackerbaues und die beiden Ministerien des Handels und der Finanzen.

Es sind mir Nachrichten aus der Provinz aus zuverlässigen Quellen zugekommen, daß die Einfuhr von russischen Rohproducten, als: Getreide, Vieh, Pferde u. s. w. nach Galizien gestattet, ferner die Einsuhr des russischen Branntweines erlaubt, und alles dieses unter sehr niedrigen Zollauflagen, welche noch durch die Unterschleife der Finanzbeamten in ein Unbedeutendes verwandelt werden, so daß diese zur Beschützung der Nationalindustrie aufgestellten Schutzzölle ihrem Zwecke im Geringsten nicht entsprechen.

Da die Quelle des Reichthums unserer Provinz bekanntlich der Ackerbau und die Viehzucht ausmacht, da wir bei der veränderten Lage der Dinge, welche aus Anlaß der aufgehobenen Frohnen hervorgegangen ist, die Concurrenz mit dein Nachbarstaate, wo bekanntlich die Production des Getreides wenig oder nichts kostet, nicht aushalten können, da demnach in dieser Bewilligung von Einführung fremden Getreides, in ein so getreidereiches Land wie Galizien, nur eine verdeckte Absicht stecken kann, alle Grundbesitzer zu Grunde zu richten, und selbst die Einfließung der currenten Grundsteuer unmöglich zu machen, da mir bei einer solchen Lage der Dinge das Benehmen des Ministeriums in dieser Sache unerklärlich vorkommt, so stelle ich an dasselbe folgende Fragen: 

1. Ist der Minister des Ackerbaues gesonnen, zum Schutze dieses wichtigsten Zweiges des Nationalreichthums etwas zu thun, welches denselben vor dem gänzlichen Verfalle zu retten im Stande wäre, entweder mittelst Verbot der Einfuhr, oder durch angemessene Erhöhung der Schutzzölle? 

2. Ist der Minister des Handels Willens, etwas Ähnliches in Betreff der Einfuhr fremden Branntweins, fast des einzigen Industriezweiges des Landes, welcher außerdem noch hoch besteuert ist, zu verfügen?

 3. Was der Herr Finanzminister verfügt hat, oder zu verfügen Willens fei, den wohlbekannten Unterschleifen der Finanzbeamten bei ähnlichen Gelegenheiten Einhalt zu thun, ferner wie sich eine solche Bewilligung von Einführung fremder Producte in unfern Ländern mit dem Silberausfuhrverbote vereinbaren läßt: da bekanntlich auf diese Art am meisten bares Geld aus dem Lande auf indirecte Art herausgebracht wird? 

Interpellation der küsteinländischen Abgeordneten Dr. Madonizza, Dr. Vidulich, De Franceschi, an den Herrn Minister des Innern.

Durch kaiserliches Manifest vom 14. März 1848 wurde die Preßfreiheit bewilligt und kund gegeben. Anfangs ohne alle Beschränkung, wurde sie im Laufe der Zeit einem Repressivgesetze unterworfen, und die Übertreter einem besonderen Gerichte mit Jury unterzogen. Dieses Verfahren stand mit den constitutionellen Grundsätzen in vollem Einklange.

Jedoch gefiel es dem Ministerin, in den letzteren Tagen andere Maßregeln zu veröffentlichen, welche, obgleich in allgemeinen Grundzügen gehalten, dennoch das primitive Preßgesetz in seinem Provisorio aufheben, und gerade durch die Allgemeinheit ihrer Bestimmungen den Vorständen in den Provinzen Veranlassung geben, dieselben unpassend anzuwenden, und oft so weit in ihrem Eifer zu gerathen, daß ein repressives in ein präventives Gesetz verwandelt wird.

Die unerwünschten Folgen der neueren Bestimmungen ließen nicht lange aus sich warten, und nach der Weise, wie das periodische Blatt "die Ostdeutsche Post" in Wien, wurde vor kurzen in Triest das Giornaledi Trieste suspendirt zu fast gleicher Zeit das Über schreiten des Isonzoo den italienischen Blättern aus Triest mit einigen Ausnahmen, wodurch man unwillkürlich auf eine privilegirte Preßfreiheit erinnert wird untersagt; ohne der strengen und unfreisinnigen Maßnahmen zu gedenken, denen die Redacteure der periodischen Blätter unterliegen, wobei die Polizei selbst unter gewissen Modalitäten sich betheiligt. Ein Umstand, welcher den Gedanken unwillkürlich auf jenen bedauerlichen Zustand zurückführt, auf dessen Ruinen das neue Staatsgebäude gebildet werden soll.

Aus diesen Gründen, und aus der Voraussetzung, daß in einem constitutionellen Staate die Gleichberechtigung der Nationalitäten und ihrer Sprache nicht bloß mit Worten zu gewährleisten, sondern in der That für Alle mit gleichmäßigen Vorschriften, damit sie zur Wahrheit werde, zu sorgen ist was zu befürchten steht, indem durch die Beschränkung der italienischen periodischen Blätter in unseren Ländern dem italienischen Nationalelemente die rechtlich gebührende Rechnung nicht getragen wird, unbeachtet des dadurch entstehenden materiellen Schadens,  fühlen wir uns bewogen, den Herrn Minister des Innern in Folgendem zu interpelliren: 1. Ob es in der Absicht des hohen Ministeriums liegt, durch die neueren Maßregeln das bestehende provisorische Preßgesetz mit Jury außer Kraft zu setzen.

 2. Ob die Preßfreiheit im constitutionellen Sinne ein Präventivgesetz zulasse.

 3. Ob ein eigenes Preßgericht mit Jury bestehen könne, und sich vereinbaren lasse mit einem Suspensionserlasse, welcher häufig von der Willkür der Administrativbehörde, und sogar auch von der Polizei ausgeübt wird, und von Beiden nicht selten eine unrichtige Anwendung findet.

 4. Falls die vorerwähnten Maßregeln, wie wir die feste Überzeugung haben, nicht dahin gerichtet seien, die Preßfreiheit, wie sie durch die Güte des Monarchen bewilligt, und mit den Grundsätzen eines constitutionellen Staates zu vereinbaren ist, zu verkennen und zu verleugnen, wodurch die letzte Normale bloß als formell zu betrachten ist: ob das hohe Ministerium geneigt sei, die Suspendirung des Giornale di Trieste, wo kein Grund eines exceptionellen Zustandes obwalte, also gleich zurück zu nehmen, ferner dahin zu wirken, daß von Seite irgend eines Provinzial  Regierungsorgans unseren italienischen periodischen Blättern die Vertheilung in den anderen Provinzen nicht verboten werde.

Kremsier, am 16. Jänner 1849.

Dr. Madonizza. Dr. Vidulich.

De Franceschi.

Abg. Löhner. Ich trete dieser Interpellation bei. (Es erheben sich viele Abgeordnete der Linken mit der Äußerung, dieser Interpellation beizutreten.)

P r ä s. Die Interpellation wird dem Ministerium mitgetheilt. Übrigens muß ich mir hier die Bemerkung erlauben, daß mir die Rechtswirkung des Beitrittes zu dieser Interpellation unbekannt ist, und ich weiß nicht, in welcher Art dieses gültig zu machen wäre.  Den zweiten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet die zweite Lesung der Grundrechte.

Abg. Feifalik. Bevor zur weiteren Tagesordnung übergangen wird, erlaube ich mir noch eine Mittheilung zu machen, die, wie ich voraussetze, nicht bloß in diesem Raume, sondern auch außer demselben mit einigem Interesse wird aufgenommen werden. Ich hatte bereits vor einiger Zeit die Ehre, aus Anlaß der Interpellation des verehelichen Mitgliedes für Perchtoldsdorf zur Kenntniß zu bringen, daß der Constitutionsausschuß, in dessen Namen ich spreche, aus seiner Mitte ein engeres Comité von fünf Personen gebildet habe, welchem die Aufgabe zu Theil würde, dem Ausschusse einen Entwurf der Constitutionsurkunde als Grundlage seiner künftigen Berathungen vorzulegen. Mit gutem Vorbedachte hat der Constitutionsausschuß bei der Bildung dieses Comités Rücksicht genommen, daß in den für dieses Comité gewählten Männern die Hauptrichtungen der öffentlichen Meinung, über diesen höchstwichtigen Gegenstand ihre Vertretung finde. Dieses Comité hat nun am 13. d. M. dem Ausschusse einen Entwurf der Constitution für die Völker Österreichs vorgelegt (Beifall), und diesen Entwurf in den meisten Punkten als den gemeinsamen Ausdruck seiner Meinung erklärt. Der Entwurf war ein solcher, daß der Constitutionsausschuß ihn vollkommen geeignet fand, als Grundlage seiner künftigen Beratungen zu dienen. Der Constitutionsausschuß hat mich aus diesem Anlasse aufgefordert, dem hohen Haufe hievon Kunde zu geben, und er sah sich hiezu durch den Umstand veranlaßt, daß vor Kurzem der Wunsch geäußert wurde, von Zeit zu Zeit Kenntniß zu erlangen von der Thätigkeit des Ausschusses, welchen Wunsch der Constitutionsausschuß vorzugsweise auf sich selbst beziehen zu müssen glaubte. Indem ich mich meines Auftrages entledige, füge ich noch den Wünsch bei, es möge diese Mittheilung denen, die uns gesendet, die Überzeugung verschaffen, daß der hohe Reichstag nie seine hohe Aufgabe außer Augen gelassen habe, sondern volle Lebenskraft und Befähigung in sich finde, das hohe Werk, zu dem ihn Kaiser und Volk berufen, anzufassen, und mit kundiger Hand so bald als möglich der Vollendung zuzuführen. (Beifall.)

P r ä s. Den zweiten Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet die zweite Lesung der Grundrechte. Bei der letzten Berathung ist die Specialdebatte über den §. 3 nicht geschlossen worden. Es ist eine Anzahl von Rednern noch eingeschrieben. Bevor der erste Redner aufgefordert wird, den gegenwärtig die Reihe trifft, die Tribune zu besteigen, erlaube ich mir noch, einen Antrag, der vom Abg. Sidon in Folge seiner abgehaltenen Rede mir überreicht wurde, dem hohen Hause mitzutheilen, und zu fragen, ob er unterstützt wird. Er lautet: "Alle Standesvorrechte und alle Arten von Adelsbezeichnungen sind abgeschafft, und dürfen nicht mehr verliehen werden. Wird dieser Antrag unterstützt. (Zureichend.) Es sind mir weiteres Anträge überreicht worden von den Abg. Borrosch und Löhner. Ich werde dann erst die Unterstützungsfrage stellen, bis die Herren Antragsteller dieselben begründet haben.  Die Reihe trifft nunmehr den Abg. Trojan.

Abg. Trojan. Ich räume meinen Platz dem Herrn Abg. Dylewski ein.

Abg. Dylewski. Meine Herren, Sie hörten vor mir einen Redner aus Galizien, welcher sich damit entschuldigte, daß er der deutschen Sprache nicht vollkommen mächtig ist, und Sie darum um Nachsicht bat. Ich weiß sicher, ich werde noch schlechter sprechen, aber es heißt Gleichberechtigung, und Sie müssen mich anhören (Heiterkeit) Ich bedauere, daß man wegen des Adels hier so viel gesprochen hat, und selbst der Herr Abgeordnete für das Wiener viertel Josephstadt hat erklärt, daß der Adel schon gar keine Vorrechte mehr habe, also, warum streiten wir denn so viel?! Ich glaube aber, er bat noch einige Vorrechte; er hatte das Vorrecht der Militärfreiheit, nun, dieß ist zwar abgeschafft, aber provisorisch, folglich müssen wir dieses doch in unsere Verhandlung aufnehmen Dann hatte der Adel früher das Recht, oder eigentlich die Pflicht, Personal Stempel zu gebrauchen, er mußte gewöhnlich hoher sein, und richtete sich nach der Würde des Titels Es ist dieses zwar durch das bisherige Stempelpatent abgeschafft vor den, aber es handelt sich um eine Reform des Stempelpatentes, und kann wieder eintreten, aber es ist im Interesse des Adels, daß auch dieses Vorrecht zum Vortheile des Adels aufhöre Er war, hoffe ich, ausschließlich, und ich glaube, er i st heute viel leicht nicht mehr ausschließlich berechtigt, und sollte er heute noch ausschließlich berechtigt sein, so glaube ich, wurde sich dieses von selbst beheben. Ich sage noch mal, diese Frage betrachte ich nicht als so wichtig, und der Adel beweist ja selbst, daß jetzt, da mit dem Adel kein Adelsreich das ist, kein Geld, kein Vermögen verbunden ist, er diesen Adeligen gar keine Rucksicht mehr schenkt, welche bloß den Titel haben, und welche deshalb, nur deßhalb der Vergessenheit überliefert werden, als wenn sie gar nicht adelig wären Die frühere Regierung hat auch die Gleichartigkeit des Adels ohne Geld, wohl aber die Wichtigkeit des Geldes anerkannt, da sie Artstet und Enkel, welche sich keine Verdienste um das Vaterland erworben hatten, geadelt hat Als vor ein paar Jahren Preußen die unglückliche Idee gefaßt hat, durch neue Schaffung von Adel die Idee der Monarchie zu heben, da lachte ganz Europa, und Preußen gab diese Idee wieder auf Sie sehen, meine Herren, daß das Institut des Adels nicht mehr zeitgemäß ist, und wie jedes Institut, das einen blühenden Ansang, eine herrliche Mitte, und wenn es aufgehoben sein wird, einen traurigen Ausgang hat, so ist es auch mit diesem Institute, es ist also nicht werth, daß wir darüber so viel streiten. Ich gehe es aber selbst mit voller Anerkennung zu, daß der Adel seiner Zeit große Verdienste um das Volk, um die Menschheit hatte Meine Herren, diese Verdienste können nicht vermischt werden, und werden stets als Zierde jenes Standes im schönen Angedenken der Geschichte bleiben, aber dieses Andenken, dieses Verdienst wird bleiben wir mögen den Adel aufheben, oder belassen Obwohl ich nicht dafür bin, glaube ich, daß diese Verdienste, diese Erinnerungen desto länger bewahrt werden, wenn man durch Aufhebung des Adels den Trägern desselben, den Nachkommen dieser adeligen Geschlechter die Möglichkeit benimmt, durch spätere schlechte Thaten diese Verdienste zu beeinträchtigen. Es ist überhaupt mit dem Adel,  die Geschichte beweist es immer so beschaffen gewesen, daß er zu gebührender Macht und Ansehen gelangte, wo er sich der Volksrechte annahm, so wie in England, und deßhalb steht der Adel dort noch so hoch; wo aber der Adel, wie in Deutschland, auf eigene Faust handelte, und sich um das Volk nicht kümmerte, sondern nur für seine eigene Existenz sorgte, da traf ihn das Schicksal des Vergessens, der Gleichgültigkeit und der Gehäßigkeit. Das läßt sich nicht vermeiden, das ist ein Factum, und, meine Herren, bestreiten Sie es auf der einen oder auf der andern Seite, das Factum wird dasselbe bleiben Das ist eben in England Es hat sich der Adel auch des Volkes angenommen, und als zur Beschrankung der Gewalt der Krone das Haus der Pairs errichtet wurde, da trachtete der Adel, daß auch die Gemeinen vertreten wurden, und diesem Stieben hat das Haus der Gemeinen seinen Ursprung zu verdanken. Hatte der Adel in Deutschland auch so gehandelt, und sich durch die Vertretung der Gemeinen um dieselben bekümmert, wahrlich die Staaten, welche den Absolutismus auf die höchste Stufe brachten, wären nie in so große Verlegenheiten gekommen, worin sie sich jetzt befinden, und wo die Wiedergeburt so schmerzliche Wehen verursacht In Österreich namentlich, glaube ich wenigstens, daß der Adel durch die Annahme des nicht rechtlich gemeinten Geschenkes der Enthebung vom Kriegsdienste sich völlig entmannen ließ Seitdem ist er ganz unschädlich geworden, und es ist Schade, soviel davon zu sprechen. Nun aber, die Constitution kann nicht zurückbleiben hinter dem factischen Zustande und der öffentlichen Meinung Ich habe schon gesprochen von den Vorrechten, der Enthebung von den Kriegsdiensten u. s w, und Sie wissen, meine Herren, es besteht noch ein Gesetz, kraft dessen man mit 500 fl und noch hoher bestraft wird, wenn man den unglücklichen Einfall haben sollte, durch Anmaßung der Adelswürde sein Ansehen erheben zu wollen, und gerade deßhalb muß in der Constitutionsurkunde etwas vom Aufhören dieser Rechte vorkommen Was dem Adel Gehalt verlieh, das weiden Sie, meine Herren, selbst erraten, es war die Patrimonial Gerichtsbarkeit, es war der Grundbesitz, es war das Herrschen über die sogenannten Unterthanen, und notorisch, ja sogar ausfallend war es, daß der Monarch diese Rechte ohne das mindeste Bedenken ausgehoben hat Kaum würde dieß in der hiesigen Kammer am 6 September beschlossen, ward schon dieser Beschluß am 7 sanctionirt. Auf dem Wege nach Olmütz hat der Monarch die erste Proclamation, nicht an den Adel, sondern an die sogenannten Bauern gerichtet; ja, da kann man füglich annahmen, daß es im Sinne des Monarchen liegt, den Adel nicht mehr mit diesem Gehalte, mit dieser Würde und Vortheilen zu belassen, wie es bisher gewesen ist. Sie werden, meine Herren, hoffe ich wenigstens, von mir glauben, daß ich auch kein Anhänger dieser Vereinbarungstheorie bin welche am 4. Jänner entwickelt wurde. Es ließe sich auch nicht mit jener Vereinbarungstheorie vereinbaren, daß wir gerade jetzt den Adel in Schutz nehmen, nachdem der Monarch sich von ihm abgewendet hat.

Etwas Practisches zunächst. Ich glaube, wir erweisen dem Adel einen großen Dienst, wenn wir ihn diesem persönlichen Unterschiede entrücken, jetzt, wo er in das Gemeindeleben schreiten soll, wo er sonst durch seine persönlichen Unterschiede sicher zur Zielscheibe aller Gehäßigkeiten wird. Jetzt wird er als ein gleiches Glied mit den Übrigen in das Gemeindeleben treten, und das Gemeindeleben wird erst durch Freiheit und Gleichheit wahrhaft. Der Abgeordnete für den Wienerbezirk Josephstadt hat uns gesägt, die Aufhebung des Adels in Ungarn sei eine Klippe, an der das einige, große, mächtige Österreich vielleicht scheitern könnte. Ich habe diese Überzeugung nicht, die Aufhebung des Adels als Adel, dieser persönlichen Vorrechte allein werde ein solches Unglück, glaube ich, nicht bringen; aber ich freue mich, daß ich in diesem Argumente den Beweis erblickt habe, wie dieser Abgeordnete mit Andern das historische Recht, und das Recht überhaupt vertreten will, und wie er, so wie ich, glauben will, daß die Mißachtung oder das mit Füßen treten des Rechtes wahrlich eine Klippe für das künftige einige Österreich sein würde, und, meine Herren, es würde sich nicht um die Rechte des Adels als einzelne Kaste, aber es würde sich um die Rechte der Völker handeln; und sollte es dahin kommen, daß wir die Ansicht des Herrn Abgeordneten für Krems befolgen, welcher z. B. gegen ein Volk deswegen Krieg führt, und den Krieg für gut erkennt, weil wir dort bloß Handel zu führen haben, und Eisenbahnen brauchen, dann würde es schlecht mit der Zukunft des einigen Österreichs stehen. (Beifall) Ich kann nicht einsehen, wie man bei einem solchen Grunde nicht sogleich nach der Moldau, Wallachei, ja sogar nach Indien vordringen solle, um Handel zu haben, und Eisenbahnen zu bauen, da ja alle diese armen Schlucker, die dort wohnen. die Moldauer, die Wallachen, die Armenier u. s. w. uns bloß Vortheile bringen sollen; was geht uns ihr Recht an, was liegt uns daran, daß sie dort schon früher gewesen, und auch das Recht zu haben glauben, nach ihrer Weise glücklich und frei zu sein. Das einige Österreich braucht Handel und Eisenbahnen  packt Euch fort. (Lachen.)

Ich wünsche mir also Glück zu dieser schon anfänglichen Äußerung der Achtung für das historische Recht. Mögen auch so Viele da sein, als da wollen, wir, hoffe ich, werden nicht bloß dazu berufen sein durch die Constitution, um bloß zu helfen, solche Rechte auszuheben oder mit Füßen zu treten, die der Monarch, weil sie ihn persönlich betreffen, doch nicht so leicht hätte abschaffen können; ich meine, meine Herren, sollten wir bloß ein solches Agnus Dci sein, und bloß dazu dienen, dann würde ich für die ganze Constitution danken. Nun, ich komme endlich darauf zurück, daß ich ganz gleichgültig bin in dieser Frage, mag man den Adel aufheben oder nicht, er ist schon aufgehoben, factisch aufgehoben; aber Sie können nicht das Factische mit Stillschweigen belassen, denn das war eben schlimm, daß man eine Menge geschriebener Gesetze hatte, die gegen das Factische verstießen, und daß diese Gesetze kraftlos waren gegen die Facta, und die Regierung der Gewalt beraubten, die sie durch Erlassung wirklich anpassender Gesetze mit Recht haben kann und soll. Indeß ich darauf zurückkomme, was der Herr Abgeordnete für Krems gesagt, ist es nun erwiesen; daß er durch die Niederlegung seiner Diplome auf den Altar des Vaterlandes nicht viel geschenkt hat, und in seinem Interesse muß ich bemerken, daß das doppelte Erinnern an diese Niederlegung bei mir einen sehr peinlichen Eindruck gemacht hat. Es ist nämlich gerade jetzt, wo es dem Elemente, woher die Diplome kommen, schlecht geht, und ich wünschte nicht, daß sich der Herr Abgeordnete unter das Panier der Anhänger der Vorsehung Gottes stelle. Sie wissen, daß nach dem Tode Cromwell's, wo der ältere Sohn sich nicht an der Regierung betheiligen wollte, der Jüngere aber nicht die Fähigkeit zu regieren hatte, es anfing, sich darum zu handeln, ob die Partei wirklich so stark sei, daß sie ihren Einfluß und ihre Macht behaupten würde. Die Partei sing an, schwächer zu werden, und damals bildete sich, wie wir aus der Geschichte wissen, jene denkwürdige Partei der Anhänger der           V o r s e h u n g g o t t e s, welche glaubten, eine Todsünde zu begehen, wenn sie es mit einer Partei hielten, welche Gott bereits verlassen hat; das war vielleicht klug, aber es war nicht schön, und ich hoffe, daran wird uns kein Abgeordneter erinnern, und damit, daß ich dem Herrn Abgeordneten von Krems gegenüber diesen Vorwurf vermeide, glaube ich ihm einen großen Dienst zu erweisen. (Beifall.)

Viel wichtiger, meine Herren, ist hier die Frage wegen Ausschließung der Ausländer vom Civil und Militärdienste, und ich rede gerade von ihr, weil sie wichtig und unzweifelhaft ist, weil meine Vorredner wenig davon gesprochen haben, und weil sich auch der Herr Kriegsminister in dieser Sache geäußert hat. Die Ausnahme für die Marine erkenne ich an. Es ist sehr richtig, weil Österreich eine starke und tüchtige Marine Noth thut, daß wir für den Anfang auch Ausländer, besonders zu


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