Støeda 17. ledna 1849

Officielle stenographische Berichte über die  Verhandlungen des österr. Reichstages.

Dreiundsiebzigste (XXI.) Sitzung des österreichischen constituirenden Reichstages in Kremster

 am 17. Jänner 1849.

Tages  Ordnung.

I. Ablesung des Sitzungsprotokolles vom 16 Jänner 1849.

II. Zweite Lesung der Grundrechte.

Vorsitzender: Präsident Strobach.

Auf der Ministerbank: Stadion, Thinnfeld.

Anfang: 1/4 11 Uhr.

Präs. Ich erkläre die Sitzung für eröffnet, und ersuche den Herren Schriftführer, das Protokoll über die gestrige Sitzung vorzulesen.

 (Schriftf. Ullepitsch liest, statt des erkrankten Schriftf. Streit, das Protokoll der Sitzung vom 16. Jänner 1849 vor).

Präs. Hat Niemand eine Einwendung gegen das vorgelesene Protokoll zu machen?

Dylewski. Es ist am Ende des Protokolles der Ausdruck gebraucht. über den mehrfach laut gewordenen Ruf wegen Schließung der Sitzung.  Ich glaube, daß die Kammer selbst es in ihrem Interesse finden wird, daß es hier nicht stehe, daß mehrfach der Ruf nach Schluß der Sitzung laut geworden wäre, wo es sich um eine so wichtige Frage handelt; es wäre am Platze, das Wort mehrfach wenigstens wegzulassen, damit es uns nicht Gelegenheit gäbe, daß wir uns mit Reue daran erinnern, daß wir den Ausdruck "mehrfach" so schnell angenommen haben.

P r ä s. Die Abänderung wird vorgenommen werden. Da sich Niemand zu einer weitern Einwendung gegen das Protokoll meldet, so erkenne ich das Protokoll als richtig angenommen.  Der Schriftf. Streit ist als krank angemeldet.  Der Abg. Ruliß aus Völkermark ist bereits am 13. in die Versammlung eingetreten.  Im Schulausschuss würden nachstehende Functionäre gewählt: der Abg. Haimerl als Vorstand, der Abg. Wocel als dessen Stellvertreter, der Abg. Praschak als Schriftführer, der Abg. Zimmer als dessen Stellvertreter.

Abg. Haimerl. Ich bitte um's Wort. Die Mitglieder des Ausschusses für Schul und Unterrichtswesen traben in gebührender Würdigung der Wichtigkeit und des bedeutenden Umfanges der ihnen gestellten Aufgabe sich wechselseitig verpflichtet, die dießfälligen Beratungen sofort zu beginnen, und mit vereinter Kraft zur Erreichung des vorgesteckten Zieles hinzuwirken. Da mich meine verehrten Herren Collegen mit dem Vorsitze beehrt haben, so erlaube ich mir die Bitte an den Herrn Präsidenten, Vorkehrungen treffen zu wollen, damit die das Schul und Unterrichtswesen betreffenden Eingaben und Geschäftsstücke dem Ausschusse sobald als möglich zugetheilt werden.

Präs. Diesem Wunsche wird jedenfalls entsprochen werden, weil unser Reglement dieß ohnehin vorschreibt.  Ich erlaube mir, die Mitglieder des volkswirtschaftlichen Ausschusses aufzufordern, daß sie morgen Mittags 12 Uhr zu einer Versammlung zusammentreten. Ich muß mir die unangenehme Bemerkung erlauben, daß die Herren Mitglieder dieses Ausschusses bereits zweimal aufgefordert worden sind, zu erscheinen, aber niemals vollständig erschienen sind; es ist mir von mehreren Mitgliedern das Ersuchen überreicht worden, daß ich den Herren bekannt gebe, daß diejenigen, welche morgen zum drittenmal nicht erscheinen, nach den Bestimmungen der Geschäftsordnung behandelt werden, es werden ihre Namen kund gegeben, und neue Wahlen eingeleitet werden. Ferners ersuche ich die Herren Mitglieder des Finanzausschusses, am heutigen Tage um 5 Uhr zu einer Sitzung sich zu versammeln, Der Herr Vorstand des ConstitutionsAusschusses hat mich ersucht, die Herren Deputierten für Illyrien aufzufordern, sich zu versammeln, um einen Suppeenten für den bedeutend erkrankten Abg. Ambrosch im Constitutionsausschusse zu wählen. Ich ersuche die Herren Deputaten aus dem Gouvernement Illyrien, damit sie sich um 4 Uhr in der ersten Abtheilung zur Wahl versammeln möchten. Es liegen zwei Interpellationen vor, und zwar jene des Abg. Szábel.

Abg. Szábel. Ich bedauere, daß ich in eigener Angelegenheit das Wort ergreifen muß, bezüglich der Interpellation. Der §. 97 der Geschäftsordnung hat für Interpellationen eine Art der Behandlung vorgeschrieben, wodurch Interpellationen ihre Bedeutung ganz verlieren, und lediglich auf Eingaben an das Ministerium heruntersinken. Ich glaube, um wenigstens einiger Maßen den Schein zu rechtfertigen, um den Abgeordneten, die Interpellationen einbringen, die Möglichkeit zu gewähren, diese Interpellationen selbst vorzutragen, den Geist der Geschäftsordnung dahin deuten zu sollen, daß Interpellationen zwar an das Vorstandsbureau eingegeben, aber dennoch nicht wie lediglich Eingaben von dem Schriftführer, sondern von den Interpellanten vorgelesen werden. (Bravo.)

Präs. Mit dieser Ansicht könnte ich nicht ein verstanden sein, weil der Zweck der Übergabe der Interpellationen ans Vorstandsbureau offenbar kein anderer sein kann, als jener, sie durch Glieder des Vorstandsbureaus ablesen zu lassen; sollte dagegen das hohe Haus in irgend einer anderen Art die Bestimmung der Geschäftsordnung auslegen, so bitte ich, sich darüber auszusprechen Infolange ein solcher Ausspruch nicht vorliegt, glaube ich die Geschäftsordnung in dem von mir angedeuteten Sinne auffassen zu müssen.

Abg. Brauner. Ich erlaube mir zu bemerken, daß die Interpretation des Herrn Präsidenten nicht die richtige sein dürfte, denn das Ministerium ist etwas ganz anderes, ist kein Theil der Reichsversammlung. Nach Außen wird der Reichstag durch den Vorstand repräsentirt, also auch dem Ministerium gegenüber, und die Correspondenz und Mittheilung an das Ministerium kann doch nicht von einem Reichstagsdeputierten, sondern nur durch das Vorstandsbureau an das Ministerium geschehen, deßwegen glaube ich, wird das, was der Herr Präsident bezweckt, auch erreicht, wenn auch eine Interpellation aus den Gründen, die der Herr Abg. Szábel bemerkt hat, von dem Interpellanten selbst entweder gesprochen oder gelesen wird.

Präs. Ich glaube nicht, daß es dem Zwecke entsprechen würde, wenn wir eine lange Debatte darüber eröffnen, sondern es mag sich das hohe Haus selbst darüber aussprechen. Diejenigen Herren, also, welche die Ansicht des Herrn Abg. Szábel theilen, wollen es durch Aufstehen kund geben (Geschieht.) Die Ansicht ist angenommen.

Abg. Szábel. Meine Herren, ich werde die Ehre haben, Ihnen eine Interpellation vorzulesen, die nach meiner Ansicht so wichtig ist, wie noch keine wichtigere diesem hohen Hause vorgekommen ist; es handelt sich um die Freiheit der Presse. (Bravo.)

(Liest.) Interpellation an den Herrn Minister Präsidenten.

Da die freie Presse ein allgemeines, geistiges Eigenthum ganzer Völker, ja ein Eigenthum der civilisirten Welt ist, so muß ein, wenn auch durch außerordentliche Verhältnisse scheinbar gebotener Eingriff vor den Richterstuhl der Gesammtheit gezogen, in der Öffentlichkeit seine Kritik finden.

Wenn wir auf die eben abgelaufenen 10 Monate der Entwicklungsperiode von Österreichs Wiedergeburt zurückblicken, so finden wir die Presse bald Hand in Hand gehend mit der Bewegung, bald als Leitstern der öffentlichen Meinung voranleuchtend, aber auch häufig durch den sturmbeflügelten Lauf der Revolution überholt, auf neue ungeahnte Bahnen geschleudert, zu neuen Forschungen angespornt, ja im Interesse der allgemeinen Wohlfahrt dazu berechtiget, dazu verpflichtet.

Die Mission der Presse ist daher eine doppelte, nämlich als Organ der öffentlichen vorherrschenden Meinung vertritt sie die Gegenwart, und ist ihr Eigenthum; als Forscherin auf dem Felde des staatlichen Lebens vertritt sie die Zukunft, und ist ein Eigenthum der auftauchenden Generation. In dieser wahren edlen Bedeutung ist die Freiheit der Presse das Palladium der freien Entwicklung der Nationen, und so lange sie die austauchenden Ideen oder die von Revolutionen aufgestellten Grundsätze beleuchtend, belehrend, würdevoll behandelt, infolange sie nicht zum Widerstand reizend, offenen Aufruhr predigt, ist sie in ihrer doppelten Eigenschaft unantastbar, und muß dem Eingriffe der Staatsgewalt unter allen Verhältnissen entruckt bleiben Nach dieser, wie ich hoffen darf, anerkannt wahren Auffassung des Wesens der freien Presse, muß ich bekennen, daß die Kunde von der Verordnung des Feldmarschall Leutnants Baron Welden, die Ost Deutsche Post betreffend, mich mit Betrübnis erfüllte. Die betreffende Verordnung lautet: "Die Ostdeutschenpost vom 7. Jänner bringt unter der Überschrift  ,,das Ereignis in Kremsier" einen Artikel, der seinem Inhalte nach hinter den aufreizendsten und revolutionärsten Aufsätzen der Wiener Schandpresse in den Octobertagen nicht zurückbleibt. (Zischen.)

Da diese Sprache selbst in gewöhnlichen Zeiten unzulässig wäre, erscheint sie ganz unvereinbar mit dein Belagerungszustande. Durch die Aufnahme dieses Artikels in das von Ihnen redigirte Zeitungsblatt, "die Ostdeutschenpost"" haben Sie den Bedingungen entgegengehandelt, unter welchen Ihnen mit dem Erlasse vom 7. December das Wiedererscheinen dieser Zeitschrift gestattet wurde. Diese Zeitung wird daher auf ausdrücklichen Befehl des Herren Minister Präsidenten sogleich unterdrückt, und darf von morgen an nicht mehr erscheinen.

Wien am 9. Jänner 1849.

Vom Militär und Civil Gouvernement. Welden." 

Wenn ich diese Verordnung vom Standpunkte Wiens als zunächst betheiligt auffasse, so kann ich den Schmerz nicht verhehlen über den bedaurungwerten Zustand, in welchem sich eine der ansehnlichsten Residenzstädte der Welt befindet (Bravo), nicht genug, daß diese Stadt für die begangenen Fehler eines Theiles ihrer Bevölkerung vielleicht mehr, als der Staatszweck fordert, gedemütigt ist, nicht genug, daß eine Partei, welcher früher entweder der Muth, oder die politische Fähigkeit mangelte, den überstürzenden Elementen vorzubeugen, nun nach einem durch sie nicht erkämpften Siege unedel auf den Nacken des Besiegten tretend, ihn höhnt und denuncirt. (Beifall.) Nicht genug, daß die zum größten Theile erbärmliche Presse der Gegenwart die wahnsinnige der Vergangenheit mehr als überbietet, und selbst in ihren, anerkannt halb officiellen Organe mit schnöden Witzeleien über Alles herfällt, ja den Reichstag, in ihm die Maibewegung, die ihn geboren, in ihm die Krone selbst, welche ihn berufen, besudelt (Beifall)  mit all dein noch nicht genug, soll nun diese hart bedrängte Stadt auch die freisinnigen Organe der Presse entbehren? es soll ihr noch die geistige Nahrung, welche in reiner Schale gebothen ward, verkümmert werden? Allein diese Verordnung enthält auch folgende Stelle: "Diese Zeitung wird daher auf ausdrücklichen Befehl des Herrn Ministerpräsidenten sogleich unterdrückt, und darf von morgen an nicht mehr erscheinen. '' Dieser inhaltsschwere Satz deutet darauf hin, daß die Verordnung nicht allein wegen dem Belagerungszustande Wiens gegeben ward; hier spricht der Ministerpräsident, und nicht der Stadtgouverneur, hier hat der Locale Standpunkt aufgehört, und es beginnt der Staatliche, mit kurzen Worten, der Minister als verantwortlicher Repräsentant der Krone tritt der freien Presse, dem Eigenthum der Gesammtheit auf den Nacken (Beifall), und sich nicht begnügend mit den Garantien, welche aus höheren Staatsrücksichten gegen den Mißbrauch durch Repressivmaßregeln gebothen sind, über deren Anwendung eine Jury zu entscheiden hätte, greift es in eigener Sache als eigener Richter zum letzten Mittel, und erdrückt die Presse. (Bravo.) Hier ist nicht der Ort, auf den Inhalt des verpönten Zeitungsartikels einzugehen, aber so viel muß ich vorübergehend erwähnen, daß ich als Geschworner den Verfasser freisprechen würde; es genügt, daß man die constitutionellen Formen, daß man die Garantien der freien Presse mit Füssen getreten hat und ich muß mit Bedauern bemerken, daß ich diese That des Ministeriums mit dein Programme desselben im grellen Widerspruche finde (anhaltender Beifall); in Widerspruch mit jener Stelle, wo es lautet: "Wir übernehmen die Handhabung der Regierungsgewalt aus den Händen Sr. Majestät zugleich mit der Verantwortlichkeit, fest entschlossen, jeden unverfassungsmäßigen Einfluß fern zu halten, aber eben so wenig Eingrisse in die vollziehende Gewalt zu gestatten"  in Widerspruch mit jener Stelle, wo es lautet: "Ein zweifaches Ziel wird uns hierbei vorschweben: Ungeschmälerte Erhaltung der den Völkern Österreichs zugesicherten Freiheit; Sicherstellung der Bedingungen, ohne welche die Freiheit nicht bestehen kann; daß diese zur lebendigen Wahrheit, daß ihren Bedingungen Erfüllung werde, dahin gedenken wir mit Ernst und Nachdruck zu wirken. Das Ministerium will nicht hinter den Bestrebungen nach freisinnigen und volkstümlichen Einrichtungen zurückbleiben, es hält vielmehr für seine Pflicht, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen" (Lachen)  und endlich im Widersprüche mit folgenden Worten des Programms, welche von Vorlagen und Umstaltungen im constitutionellen Geiste sprechen, lautend: "Eben so auch über Hintanhaltung des Mißbrauches der Presse durch Repreßiv Maßregeln, über Regelung des Vereinsrechtes, auf einer mit den Staatszwecken verträglichen Grundlage, und über die Einrichtung der Nationalgarde. Denn, eben weil das Ministerium die Sache der Freiheit zu der seinigen macht. hält es die Wiederherstellung eines gesicherten Rechtszustandes für eine heilige Pflicht." Nun, es gehört sehr viel Spitzfindigkeitstalent dazu, in dieser Maßregel die Betätigung jener Grundsätze zu erkennen, welche wir in dem Programme mit Freuden begrüßten, denn die ungeschmälerte Erhaltung der den Völkern Österreichs zugesicherten Freiheit, die ausgesprochene Pflicht, sich an die Spitze der Bewegung zu stellen, läßt sich in diesen Maßregeln kaum erkennen; dagegen ist die gegründete Besorgniß vorbanden, daß durch derlei inconstitutionelle Verordnungen die Freiheit der Presse vernichtet wird.

Ich stelle daher an den Herrn Ministerpräsidenten, eventuell an das Gesamtministerium folgende Fragen:

1. Ob das Ministerium gesonnen sei, die den Völkern Österreichs zugesicherte Preßfreiheit aufrecht zu erhalten?

2. Ob im Bejahungsfalle das Ministerium diese Maßregel in Betreff der Ostdeutschenpost als eine inconstitutionelle, jede wirkliche Preßfreiheit vernichtende aufzuheben gedenke? (Anhaltender allgemeiner Beifall.)

P r ä s. Ich werde diese Interpellation dem hohen Ministerium zur Beantwortung übergeben. Es liegt eine zweite Interpellation, die des Herrn Abg. Sierakowski vor. Will der Herr Abg. sie selbst vorlesen, oder soll ich die Vorlesung dem Herrn Schriftführer überlassen?

Abg. Sierakowski. Ich werde sie selbst vorlesen. (Besteigt die Tribune, und liest.) Es muß dem Herrn Justizminister nicht unbekannt sein, daß in Galizien der größte Theil der Schuldner aus landtästichen Güterbesitzern besteht, und daß fast drei Theile der gesamten Privatschulden des ganzen Landes auf obgenannte Güter verhypothecirt sind, ferner, daß die galizischen landtäglichen Güter mit Schulden überbürdet, in den meisten Fällen fast dem vollen Nennwerthe derselben gleich, in einigen sogar den wahren Werth dieser Güter übersteigen; weiter ist dem Herrn Justizminister die in Galizien bestehende Executiv Ordnung bekannt, kraft welcher auf den Fall der Unzahlungsfähigkeit des Schuldners eine gerichtliche Schätzung des Gutes zu Gunsten des Gläubigers vorgenommen, und im Licitationswege dasselbe veräußert wird. Nicht minder wird es dem Herrn Justizminister bekannt sein, daß durch den berüchtigten Machtspruch der absoluten Regierung mittelst Patents vom 25. September 1846, die Regulirung der Frohnen betreffend, nicht nur ein bedeutender Theil der Güterbesitzer um einen beträchtlichen Theil ihres Vermögens gebracht, sondern auch die auf den Güternverhypothecirten Gläubiger, welche um ihre Zustimmung nicht befragt wurden, eines ansehnlichen Theiles ihrer Hypothek entbehren mußten.

Endlich ist auch dem Herrn Justizminister bekannt, daß durch die mittelst Gesetzes des hohen Reichstages vom 7. September 1848 abgesprochene Aufhebung der Frohnen und sonstigen untertänigen Leistungen die landtästichen Güter um die Hälfte ihres wahren Werthes fallen müßten, wodurch nicht nur bei einer Veräußerung des Gutes in Folge einer gerichtlichen Abschätzung der ehemalige Besitzer desselben zu Grunde gerichtet und auf den Bettelstab gebracht, sondern auch die niedrigen verhypothecirten Gläubiger mit ihren Ansprüchen durchfallen müßten, bei Abschätzung der Güter aber auf die vom hohen Reichstage zugesagte Entschädigung als auf ein noch nicht bestehendes Recht keine Rücksicht genommen wird, und unmöglich genommen werden kann. Die Folgerung daraus: der Verkauf der Güter um die Hälfte des wahren Werthes und die oben angedeuteten Folgen.

Ich stelle demnach an den Herrn Minister der. Justiz folgende Fragen:

 1. Ob das Ministerium Etwas verfügt hat, oder zu verfugen Willens fei, diesem Unglücke, welches nicht nur einen bedeutenden Theil der Bewohner dieses Landes, bestehend aus Güterbesitzern und ihren Gläubigern, ins Verderben stürzt, sondern auch das Land mit gänzlichem Ruin bedroht, vorzubeugen.

2. Ob das Ministerium nicht gesonnen sei, dießfalls einen Antrag der Kammer vorzulegen.? Endlich 

3. Ob das Ministerium bereit wäre, einen an das hohe Haus gestellten Antrag zur Aufstellung eines Moratoriums, dessen Dauer sich wenigstens bis zur gänzlichen Entscheidung der Indemnisations Frage erstrecken müßte, bei diesem Hause zu unterstützen?

Präs. Diese Interpellation wird gleichfalls an den Justizminister zur Beantwortung übergeben werden.  Den 2. Gegenstand der heutigen Tagesordnung bildet die Fortsetzung der 2. Lesung der Grundrechte. Unter den Rednern, die gestern sprachen, war der Abg. Vacano der letzte; er sprach dagegen, folglich hätte nunmehr die Rednerbühne zu betreten der Abg. Brestel.

Abg. Brestel. Meine Herren! Nach den vielen Rednern, die bereits so gut und gründlich über den betreffenden Paragraph gesprochen haben, bin ich nicht mehr in der Lage, eine förmliche Vertheidigung der im. §. 3 enthaltenen Grundsätze vorzubringen. Ich werde mich einfach darauf beschränken, einige der Haupteinwendungen, die man gegen den §. 3 gemacht hat, zu widerlegen, und dann auch ein specielles, von mir eingebrachtes Amendement unterstützen. Man hat vor Allem gesagt, in diesem Paragraph seien Gegenstände ganz durcheinander zusammengewürfelt, die mit einander in keinerlei Beziehung stehen. Es ist dieß derselbe Vorwurf, der schon einmal den ganzen Grundrechten gemacht worden ist, und jetzt genau von derselben Seite gegen diesen Paragraph vorgebracht wurde. Man hat nebst bei gesagt, es feien in diesem Satze Ausdrücke, die überflüssig, die kränkend seien, enthalten, und man könnte weit größere Deutlichkeit erzielen, wenn einzelne Worte weggelassen würden. So z. B. hat man eingewendet, in dem Satze: "Alle Standesvorrechte auch die des Adels, sind abgeschafft"  feien die Worte: ,, auch die des Adels"  sei nichts Anderes als eine Kränkung, denn die Rechte des Adels feien Standesvorrechte, und es würde daher genügen, wenn man sagt: "Alle Standesvorrechte sind abgeschafft." Ich, meine Herren, bin nicht der Ansicht. Ich glaube, daß es in so wesentlichen Gesetzen durchaus nicht schadet, wenn man die größte Deutlichkeit erzielt, selbst auf die Gefahr hin, etwas Überflüssiges zu sagen. Wie nothwendig dieses ist, mag Ihnen aus dem Patente vom 7. September, ans dem Unterthansgesetze hervorleuchten, wo Niemand von allen, welche darüber abgestimmt haben, gezweifelt hat, daß durch dieses Patent der Zehent ohne Ausnahme aufgehoben fei, während man jetzt behaupten will, es sei der kirchliche Zehent in diesem Patente nicht enthalten. Sie sehen daher, daß es wirklich nicht schadet, wenn man etwas weitläufiger, ausführlicher ist. Es ist besser, man sagt ein Wort zu viel, welches unnöthig ist, als man sagt ein Wort zu wenig, durch welches Zweifel entstehen könnten. Ich muß daher um so mehr glauben daß auch dieses hier wesentlich nothwendig ist, weil man den Adel als Auszeichnung betrachten, und zuletzt sagen könnte, der Adel sei nicht mehr Stand, sondern er sei eine Auszeichnung für Verdienste. Ich glaube daher, daß die Hinzufügung dieser Worte durchaus nicht überflüssig fei. Eben so hat man die Worte:,, sind abgeschafft" kritisirt, und gesagt, dieses beziehe sich auf die Vergangenheit und keineswegs auf die Zukunft, und man könne in Folge dessen neue Standesvorrechte wieder einführen. Ich bin nicht der Ansicht, denn die Worte:,, sind abgeschafft" bezeichnen etwas, was den gegenwärtigen Zustand betrifft, und da die Constitution als solche stets Geltung haben wird, so werden diese Worte nichts anderes bedeuten, als: während der Dauer der Constitution.

Übrigens hat man gesagt, es sei nothwendig. hinzuzusetzen: für immer; dagegen habe ich nichts einzuwenden nach dem allgemeinen Grundsätze, ich sehe lieber ein Wort zu viel, als zu wenig, weil daraus Undeutlichkeit entstehen könnte. Dann hat man vorgeworfen, es hätte geheißen: "Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich," man hätte einzelne dieser Sätze, welche aus diesem Grundsätze folgen, aufgeführt, andere hingegen nicht aufgeführt; so hätte man Wesentliches vergessen zu sägen, z. B. daß Niemand einen exceptionellen Gerichtsstand haben solle, daß alle einem und demselben Gerichte unterliegen sollen. Was soll nun das heißen gegenüber dem Satze: "Vor dem Gesetze sind alle Staatsbürger gleich";  wäre denn das Gleichheit vor dem Gesetze, wenn Einzelne einen verschiedenen Gerichtsstand haben sollten? Daß dem nicht so sei, ist also ganz in diesem Satze enthalten. Nun ist man aber auf das übergegangen, daß theilweise von den meisten Rednern darauf eingegangen worden sei, es sollen keine Adelstitel weiter mehr verliehen werden. Man hat gesagt. die Untersagung von Adelstiteln sei durchaus nicht die Gleichheit des Gesetzes, sondern eine Schmälerung der Krone. der man das Recht, Auszeichnungen zu verleihen, dadurch beschränkt. Meine Herren, eben so könnte man sagen, auch die Abschaffung der Standesvorrechte sei eine Schmälerung der Rechte der Krone. Bis jetzt konnte auch die Krone Standesvorrechte erteilen, bis jetzt war die Verleihung von Standesvorrechten auch eine Verleihung von Auszeichnungen und allerdings von solchen Auszeichnungen, die einen weit größeren Werth gehabt haben, im Vergleich zu Titeln, weil sie einen materiellen Vortheil gewährt haben, in Wollte man daher einen Grund anführen gegen die Aufhebung der Adelstitel, so würde man consequent auch gegen die Aufhebung der Standesvorrechte sprechen, welche einen noch größeren Werth hatten, als die Adelsbezeichnungen. Überhaupt muß ich bei dieser Gelegenheit bemerken, daß die meisten Redner, die gegen die Ausübung der Adelstitel gesprochen haben, immer mehr bewiesen haben, als sie beweisen wollten; denn ihre Argumente, ob stichhältig oder nicht, passen eben so gut auf die Aufrechthaltung von Standesvorrechten, als auf die Aufrechthaltung von Adelstiteln. So ist schon dieses angenommene Argument von Auszeichnungen ein ähnliches, wenn man immer den Adelstitel als ein Besitztum betrachtet, wenn man von Eingriffen in das Eigenthumsrecht u s. w. spricht. Ja, meine Herren, ist dann die Abschaffung von Standesvorrechten nicht auch ein Eingriff in das Eigentumsrecht, ist in dem Falle die Abschaffung von Standesvorrechten nicht ein weit empfindlicherer Eingriff in das Eigenthumsrecht, weil dadurch wirklich materielle Vortheile entzogen werden? Und doch hat keiner von den Rednern gegen die Abschaffung der Standesvorrechte gesprochen, weil eben die Notwendigkeit und Gerechtigkeit dieser Abschaffung Allen in diesem hohen Hause vollkommen klar ist. Da aber aus den Argumenten, die min für die Beibehaltung der Titel vorgebracht hat, consequent die Beibehaltung der Standesvorrechte folgt, so ist eben, ohne auf diese Argumente näher einzugehen, die Unstichhältigkeit aller dieser Argumente de facto nachgewiesen. Man hat dann gesägt, in dem letzten Passus: "Keine Auszeichnung ist vererblich" sei etwas Jesuitisches, ein Hintergedanke enthalten. Meine Herren, ich glaube, bei einem Ausschusse, der aus so viel Mitgliedern besteht, wie der Constitutionsausschuß, nämlich aus 30,  da konnte wohl schwerlich bei der Annahme dieser Bestimmungen irgend ein Hintergedanke obwalten. Ich sehe auch nicht ein, warum der Constitutionsausschuß es nöthig gehabt hätte, seine eigentlichen Gedanken zu verdecken. Es geht aus dieser, und der ersten Fassung der Grundrechte vollkommen klar hervor, daß sie keine Hintergedanken nöthig hatten. Es zeigt auch der §. 1, daß der Constitutionsausschuß aus Männern besteht, die es nicht nothwendig haben, ihre eigenen Gedanken mit anderen Worten zu verdecken, oder Hintergedanken in die Sätze zu legen, wohl aber muß ich einsehen, daß es einem Redner, der dem gegenwärtigen Ministerium angehört, welches in seinem Programme von vollkommener Preßfreiheit, von Aufrechthaltung der Volksfreiheiten gesprochen, und dann als Folge dieser Zusicherungen willkürliche Unterdrückung von Journalen verfügt hat,  daß es einem Mitgliede eines solchen Ministeriums in den Sinn kommen konnte, den Worten anderer Leute ebenfalls Hintergedanken unterzulegen, nach dem allgemeinen Satze eines bekannten deutschen Sprichwortes, was ich nicht näher erörtern will. (Beifall.)

Man hat dann auch gegen den Satz gesprochen: "Ausländer sind vom Eintritte in Civildienste und in die Volkswehr ausgeschlossen;" für diesen muß ich mich erklären, obwohl ich gleichfalls dasjenige Amendement erwähne, welches ich mir erlaubt habe, auf den Tisch des Hauses niederzulegen; ich habe nämlich gesagt: "Ausländer sind vom Eintritte in Civildienste und in die Volkswehr ausgeschlossen; Ausnahmen von dieser Regel sollen nur bei Besetzung von Lehrkanzeln an höheren Unterrichtsanstalten, oder in Folge eines eigenen, für jeden Fall besonders zu erlassenden Specialgesetzes gestattet werden. Daß man nun bei dem höheren Unterrichte auf den Universitäten eine Ausnahme von der Regel eintreten lassen soll, damit bin ich vollkommen einverstanden, und sehe die Nothwendigkeit davon vollkommen ein, weil die Wissenschaft kein eigentliches Vaterland hat, weil die Wissenschaft als solche ein Gemeingut der ganzen Welt ist, und daher zufällig eine Nation in einem Fache wirklich Ausgezeichnetes leisten kann, während im Gegensatze aus einer Anderen, weniger Vorzügliches darin hervorgehen kann, weil man endlich sich eben die Mittel zur Beförderung der Wissenschaft nicht nehmen kann, nicht nehmen soll. Das ist der einzige Fall, den ich in den Grundrechten ausgenommen wissen wollte, und wobei ich zugleich wünschte, daß für jeden Ausnahmefall von der gesetzgebenden Gewalt als solcher eine specielle Bewilligung notwendig sein soll. Daher sage ich: oder in Folge eines für jeden besonderen Fall speciell zu erlassenden Gesetzes. Ich muß bei dieser Gelegenheit noch auf einen Ausnahmefall zurückkommen, den der Herr Kriegsminister vorgeführt hat, nämlich auf den Ausnahmefall in der Marine. Ich glaube, daß dieser Ausnahmefall nicht in die Grundrechte aufgenommen werden sollte, denn ich betrachte dieses, nämlich einen solchen Ausnahmefall in die Grundrechte aufzunehmen, als eine Verletzung einer Provinz, die hier in diesen Räumen repräsentirt ist, als eine Verletzung von Dalmatien. Meine Herren, die Dalmatiner sind in der ganzen Welt bekannt als ausgezeichnete Seesoldaten. Wir haben in dieser Beziehung nicht nur tüchtige Matrosen, sondern tüchtige Männer von Kauffahrtenschiffen, die mit ihren Schissen weite Reifen bis nach Brasilien unternommen haben. Haben sie auch die zu höheren Schiffsdiensten genug ausgebildeten Männer nicht in der Art, als nothwendig, so trifft die Schuld wesentlich die bisher bestandene Regierung, die Dalmatien in der Beziehung vollkommen vernachlässigt hat; es läßt sich aber erwarten, daß durch zweckmäßige Einrichtung der Schulen, des Unterrichtes Dalmatien die nöthigen Leute auch für die höhern Fächer wird stellen können. Man hat zu verstehen gegeben, daß man sich auf diejenigen, welche man zur Marine verwenden könnte, auf die Bewohner der Küste nicht verlassen könne. Ich muß sagen, es ist dieß eine Verdächtigung der Dalmatiner, die im verflossenen Frühjahre ausdrücklich bewiesen haben, daß sie ihrer Fahne vollkommen treu blieben, zur Zeit, als die Venetianer abgefallen sind. Es ist also dieß, wie gesagt, eine ganz unnöthige Verdächtigung. Daß manchmal eine Ausnahme erforderlich sein soll, gebe ich zu, aber in diesem Falle muß ein specielles Gesetz, mit genauer Anführung der Stelle erlassen werden. Ein Redner vor mir hat gesagt, es fei ein schlechtes Auskunftsmittel, man kann sich nicht vorbehalten, daß man der gesetzgebenden Gewalt für specielle Fälle eine Ausnahme bewillige, die Ausnahme für Personen bewillige. Die Anstellung eines Ausländers sei Sache der Verwaltung, und man griffe so in das Verwaltungsgebieth über. Diese Ansicht muß ich als irrig erklären, weil es nicht Sache der gesetzgebenden Gewalt ist, sich in Anstellungen zu mischen, das wäre unbezweifelt Sache der Executivgewalt als, solcher aber es wäre auch Sache der Executivgewalt, die darüber bestehenden Gesetze und Normen zu befolgen, sie darf sich als solche von diesen Gesetzen und Normen nicht dispensiren. Es sind solche Gesetze und Normen nothwendig, und ich hoffe, meine Herren, daß wir uns nicht darauf beschränken werden, Fremde aus dem Staatsdienste auszuschließen, sondern wahrscheinlich auch in einer pragmatischen Dienstordnung die Regeln festsetzen werden, unter welchen Einzelne zu öffentlichen Ämtern befördert werden können, und die Staatsgewalt wird sich auch nach diesen Regeln notwendigerweise halten müssen, und wenn sie in einem einzelnen Falle es für nöthig erachtet, von diesen Regeln eine Ausnahme zu statuiren, so wird sie sich an die gesetzgebende Gewalt wenden müssen, die in diesem Falle nicht eine Anstellung der Person, sondern bloß die Bewilligung zur Überschreitung des Gesetzes im speciellen Falle festsetzt. Es ist dieß durchaus kein Eingriff in die Verwaltung; es ist ein vollkommen rechtmäßiger, constitutioneller Vorgang.

Man hat gegen das Wort, der Adel sei abgeschafft, eine Menge Einwendungen gemacht, und hat gesagt, abschaffen sei ein zu harter Ausdruck, man möge es mildern, man möge nicht diejenigen kränken, denen man das Recht nimmt. Meine Herren! die Härte einer Sache, wie des Wortes abschaffen, liegt nicht im Worte, sondern sie liegt im Sinne; ob wir sagen, der Adelstitel ist abgeschafft, oder ob wir sagen, der Adelstitel hat aufgehört, das wird für die Betreffenden vollkommen eins und dasselbe sein; was sie schmerzlich berühren wird, dürfte das Wegnehmen der Titel sein, keineswegs aber das Wort, unter welchem dieser Titel weggenommen worden ist.

Ich muß hier, meine Herren, auf eine Menge Irrtümer eingehen, die man bei Gelegenheit der Aufhebung der Adelstitel vorgebracht hat. Vor Allem muß ich bemerken, daß ich mich für das Amendement ausspreche, welches dahin lautet: "Auszeichnungen jeglicher Art werden vom Staate weder verliehen noch anerkannt." Das ist derjenige Satz, für den ich mich ausspreche, und ich glaube, in diesem Sinne fallen alle Einwendungen weg, die man gegen die Aufhebung der Adelstitel noch ferners gemacht hat. Man hat gesagt, man könne historische Erinnerungen nicht verwischen oder umstoßen, man könne nicht Jemanden den Namen rauben, Jeder hat auf den Namen das gleiche Recht. Ja, meine Herren, wer will denn die historischen Erinnerungen


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