Úterý 13. února 1849

des Staates sein, wie der Gedanke, so lange er nicht ausgesprochen ist, nie von einer Polizei hat bevormundschafstet werden können. Wenn der Staat von der Glaubensfreiheit spricht, so kann er immer nur die Momente im Auge haben, die seiner Wirksamkeit zugänglich sind. Er kann daher nur die freie Religionsausübung, die Verehrung des höchsten Ideals, die Symbole, die Gebräuche, die Handlungen, die für die Religiösen die Bedeutung der Verehrung haben, als Gegenstand seines Gesetzes behandeln; aber auch nur dann wird von der Glaubensfreiheit wirklich die Rede sein können, wenn der Staat auch diese Symbole frei gewährt, wenn er die Verehrung keinen Schranken unterzieht, denn so wie der Mensch sich nicht begnügt zu denken, so wie er seinen Gedanken eine Form geben will, so begnügt sich der Mensch nicht zu glauben, sondern der Glaube muß eine Form erhalten, er wird erkennbar durch die That. Der Staat darf aber auch in diese Form nicht eingreifen; denn der Staat hat die äußeren Handlungen, und die bürgerlichen Verhältnisse des Menschen zu beachten, der Staat soll Gesetzgeber sein, aber er darf nicht Theologe werden, denn, wenn der Staat Theologe werden wollte, so müßte er, um consequent, um principienmäßig zu verfahren, sich für eine bestimmte Glaubenslehre entscheiden, und alle anderen aus seinem Gebiete ausscheiden. Aber selbst diese Aufgabe wird für den Staat, wo nicht unmöglich, so doch nie vollständig ausführbar sein. 

Wir wissen, daß es bei den Religionen viel schneller und viel leichter geschieht, daß sich eine kirchliche Gesellschaft um kleiner, unbedeutender Spaltungen willen in Secten theilt, als daß sie sich des Gemeinschaftlichen wegen vereinigte. Wenn wir daher auch mit jenen Herren, die die Idee des politisch christlichen Staates, die sie, wie ich voraussetze, nur von der Glaubensseite aufgefaßt haben, noch heute vertheidigen, Osterreich nur von der Glaubensseite betrachten, von dem Glauben, von der Religion der Mehrheit, wenn wir ihn auch fortan als einen christlichen Staat betrachten wollen, wenn wir fortan die Lehre der Offenbarung als den Grundgedanken der Gesetzgebung anerkennen wollen, so würden wir auch da in eine ungeheuere Schwierigkeit kommen weil wir als Staat wieder entscheiden müßten, was schriftlich und was nicht christlich ist. Sehen wir auf die Geschichte unseres Christentums zurück, so werden wir finden, daß gerade in jenen Zeiten, wo das Christentum die Freiheit des Gedankens ehrte und gewährte, die christliche Kirche mächtig fortschritt, und daß sie mächtig wurde, daß aber von dem Augenblicke an, wo es die Kirche versuchte, einen Zwang zu üben, dieser Zwang an der Kirche sich schwer rächte, indem er sie in eine Gefahr brachte, die sie zwang, die Hilfe des weltlichen Armes für sich in Anspruch zu nehmen, und dadurch sich jene Abhängigkeit selbst zu bereiten, in der wir sie fanden. Wenn einer meiner Herren Vorredner gesagt hat, wir dürfen die Volksstimme nicht hören, und wenn wir diesmal die Volksstimme hören würden, so waren auch die Väter in Konstanz gegenüber dem Huß, gegenüber unserem großen Johann Huß in ihrem Rechte gewesen. Nun, meine Herren, wissen wir aber, daß sich die Volksstimme nicht gegen, sondern für Huß ausgesprochen habe, und ist es jenem Abgeordneten unbekannt, daß sich die Volkstimme in allen Schichten der Gesellschaft, von König und der Königin angefangen durch die ganze Intelligenz bis zu den untersten Schichten der Gesellschaft herab, für seine große Lehre entschied; das Volk in Deutschland aber war nicht das Volk, unter welchem Huß lebte, das war nicht das Volk, für welches seine Lehren gepaßt haben, noch nach der gesellschaftlichen Ordnung passen konnten. Noch nie st es gelungen, durch die Macht des weltlichen Armes einen Glauben auszurotten oder zu vernichten; noch nie ist es gelungen, eine Lehre zu finden, die für die Menschheit oder auch nur für ein größeres Staatsgebiet allgemein bindende Norm geworden wäre. So lange die Welt stehen wird, dürfte es immer verschiedene Glaubenslehren geben, und so lange die menschliche Gesellschaft existirt, werden sich in ihr Bekenner der verschiedensten Glaubenslehren finden, und jede dieser Glaubenslehren geht von der Ansicht aus, daß sie im Auftrage der Gottheit die Natur des Menschen regeln, und seine Leidenschaften zähmen könne. Es steht dem Staate, der nur Staatsbürger, keine Rechtgläubigen und keine Dissidenten kennt, nicht zu, zu entscheiden, welche Lehre die rechte und welche die unrechte fei. Der Staat darf sich aber auch nie in eine solche Entscheidung einlassen, er muß den Glauben, so lange er nicht in die Phasen der bürgerlichen Gesellschaft hemmend eingreift (und dann sind die Strafgesetze dafür), als ein Heiligthum betrachten, welches anzutasten sich am Staate selbst rächen würde, denn er würde durch seine Gesetze, die einen Glauben dem Staatsbürger aufdringen wollten, Heuchler erzeigen. Er würde durch die Heuchler die Gesellschaft verderben, er würde aber auch den Glauben, die Religion der größten Gefahr, ja selbst ihrem Untergange zuführen. Deshalb spreche ich mich für die unbedingteste Glaubens und Gewissensfreiheit, verbunden mit der freien Religionsübung, aus. Ich gehe weiter. Sowie der Glaube äußerlich thätig wird, so wird er gar bald die Gemeinschaft vieler Individuen, und wir kennen keinen Glauben, der das Eigenthum eines einzigen Menschen geblieben wäre. Wie aber der Glaube etwas Gemeinschaftliches für mehrere Individuen wird, dann strebt ganz naturgemäß diese Mehrheit der Individuen auch darnach, ihrer Gemeinschaftlichkeit eine Form zu geben; sie gründet für die Religion eine Anstalt, sie gründet einen Verein, eine Religionsgesellschaft, eine Kirche.

Die Religion verlangt es, und sie wird nur dann und nur so ihre Bestimmung erreichen, wenn man sich ihr freiwillig hingibt, bei aller freiwilligen Hingabe aber doch eine äußere Freiheit behält. Und eben dieses Merkmal bedingt die zweifache Stellung der Religionsgesellschaft im Staate. Aus diesen beiden Gesichtspunkten die Religionsgesellschaften aufzufassen, hielt ich für meine Aufgabe.

Ich sehe in der Religionsgesellschaft zunächst die Form des gemeinschaftlichen Glaubens, des gemeinschaftlichen Ideals, der gemeinschaftlichen Äußerung, der Anerkennung dieses Ideals; ich erkenne in ihr die Gemeinschaftlichkeit des theoretischen Dogmas, verbunden mit der praktischen Form, dem Cultus; eine Gemeinschaft der Ideale und der Begeisterung. Auch in dieser Eigenschaft hat die Kirche oder die Religionsgesellschaft eine religiöse Regierung, die in dem Menschen mit dem Aufkeimen des Glaubens ihren Anfang nimmt, in der innersten Eingebung des Menschen ihren Ursprung hat, und wie diese Regierung nur im Innersten des Menschen ihren Ursprung hat, so bildet sie auch nur durch freiwilliges Wirken der menschlichen Thätigkeit aus, sie regiert durch Liebe, und ihre Macht ist die Überzeugung. 

Diese religiöse Regierung regiert im Innern des Menschen und durch das Innere des Menschen, und wenn man die Kirche in dieser Beziehung vom Staate emanzipieren will, dann sage auch ich: die Kirche hat ein Recht auf ihre vollste Autonomie, sie hat ein Recht auf ihre vollste Selbständigkeit. Aber die Kirche ist zugleich eine äußere Anstalt, sie ist eine Anstalt im Staate, sie constituirt sich als Gesellschaft, sie wird äußerlich wirksam, sie greift in alle Momente des Staatslebens ein, fordert selbst materielle Unterstützung der Gläubigen, die doch Staatsbürger sind, sie wird mit einem Worte eine politische Macht, und in dieser Eigenschaft die Kirche vom Staate emanzipieren, das hieße die Kirche zu einem Gegenstaate machen, dem Staate einen Gegenstaat, dein bürgerlichen Gesamtwillen die kirchliche Hierarchie, der Freiheit die Autorität, der Democratie den Absolutismus entgegensetzen. Auf einem bestimmten Gebiete, für eine bestimmte Anzahl von Individuen, für ein Volk kann es nur eine machtvollkommene Gesellschaft, nur eine souveräne Gesellschaft geben; denn wie der Wille des Menschen, er mag sich äußern, wie er will, in den verschiedenen Richtungen doch nur immer e i n Wille ist, so ist auch der Mensch in allen seinen Tätigkeiten, sie mögen sich äußern wie sie wollen, doch nur Ein Mensch, und wenn er nur Ein Mensch ist, so kann er als Ein Mensch nur Einer Gesellschaft angehören, die alle Zwecke umfaßt, die machtvollemmen ist, er kann nur Einer souveränen Gesellschaft angehören. Der Staat umfaßt alle Zwecke des Menschen, der Staat hat sich die Sicherung aller Zwecke des Menschen zu seiner Aufgabe gestellt, der Staat fordert die Mitwirkung aller Individuen, er beansprucht die Verwendung aller Kräfte des Individuums, er kann daher auch nie zugeben, daß neben ihm eine gleichberechtigte, mit gleicher Machtvollkommenheit ausgerüstete, gleiche souveräne Gesellschaft im Staate existire, und wo der Gesamtwille zur Geltung gekommen ist, wo das Volk seiner Interessen sich bewußt geworden ist, dort wird auch immer nur von einer Kirche im Staate die Rede sein.

Nun, meine Herren, gehen wir wieder auf die Geschichte zurück. Nicht als Kirche und Staat haben sich Pabsthund Kaiser bekriegt, sondern als Staat und Gegenstaat, und ihr Kampf war nicht ein Kampf des Glaubens gegen die weltliche Macht, ihr Kampf war ein Kampf um das Princip, ein Kampf über die Idee, die der Gründung des Staates zu Grunde liegt, ein Kampf über die höchste Machtvollkommenheit, ein Kampf über die Souveränität. Die Kirche will Hingebung und hat diese Hingebung immer gefordert, die Kirche hat aber auch immer die äußere Freiheit des Menschen anerkannt; die Kirchenfürsten haben in dieser äußeren Freiheit des Menschen ein Hemmnis anerkannt, das hinweggeräumt werden müsse, sie haben sich deßhalb, weil sie den Despotismus erstrebten, mit der weltlichen Macht vereinigt, und mit ihr für die Despotie, für den Absolutismus gekämpft. Wir sehen schon im fünften Jahrhundert die Kirche zugleich als die weltliche Macht auftreten, wir sehen sie als die Kirche des weltrömischen Reiches, wir sehen sie als eine kaiserliche Kirche; deßhalb, und weil das Kaiserreich der Kirche allein eine Zukunft zu bereiten schien, hat die Kirche nach dem Sturze des abendländischen Reiches festgehalten an den Überbleibseln desselben, festgehalten an allen ihren Erinnerungen, weil sie eben nur darin die Möglichkeit einer Zukunft, wie sie eben anstrebte, vor Augen sah, und so konnte es geschehen, daß die Kirche, als sie mit den Gewaltmitteln nicht mehr ausreichte, auch zu dem griff, wozu man im Staate gegriffen hat; wir sehen im achten Jahrhunderte, wie die Barbarei im Staate, so die Barbarei in der Kirche. Wir sehen auch damals zuerst die Trennung der geistlichen und weltlichen Macht, die Trennung der Kirche vom Staate; dort sehen wir zuerst oder hören wir zuerst das Zurufen der Kirchenfürsten an die weltliche Macht: Ihr habt kein Recht, euch in kirchliche Angelegenheiten zu mischen. Bald sehen wir die Mönche auftreten und wirken, wo der Klerus nicht mehr wirken konnte, wir sehen die Mönche, das Neue vorschützend, thätig werben, um das zu vollenden, was der Klerus vor ihnen begonnen hatte. Wir sehen die Trennung des Klerus von den Laien, wir sehen, wie sich nach unzähligen Kämpfen zwischen kirchlicher und weltlicher Macht unter Carl 1., wie sich nach den Kämpfen der Interessen des geistlichen Lehenbesitzers und der Interessen des Priesters endlich ein theokratischer Despotismus herausbildete, als dessen Begründer wir Gregor VII. begrüßen müssen. Aber auch Gregor VII. konnte den Kampf nicht vollenden, er mußte ihn bald wieder neu aufnehmen mit allen den freien Denkern; der Klerus mußte ihn Fortführen bis auf die heutige Zeit, und so kamen auch die Petitionen, die wir vor uns haben, in unser Haus. Deshalb, meine Herren, lassen Sie die Geschichte unsere Lehrmeisterin sein; lassen Sie uns nie vergessen, daß der Gläubige Staatsbürger ist, und daß der Mensch nur Einen Willen hat, daß er nur Ein Mensch ist, daß er also auch nur Einer Gesellschaft angehören kann; lassen Sie uns aber auch nie vergessen, daß die Organisation der Kirche nicht ihr Wesen, nicht die Religion ist, daß die kirchliche Hierarchie nicht zum Wesen der Religion gehört, und daß die kirchlichen Institutionen in der Organisirung nicht göttlichen, sondern menschlichen Ursprungs sind (Beifall); lassen Sie uns nie vergessen, daß gerade diese Institutionen menschlichen Ursprunges sind, die durch die ihnen zu Grunde liegende Idee einem Conflict mit dem Staate, der die Freiheit will, herbeiführen können.

Ich will die Kirche nicht als Polizeianstalt, und die Lehre nicht als Diktat der Gewalt. Der Glaube soll frei sein, und seine äußere Regung, seine Form soll frei sein; aber da, wo es sich um Institutionen handelt, die mit dem Staate einen Conflict herbeiführen können, wo man uns nicht entgegen rufen kann: sie sind göttlichen Ursprungs, und gehören dem Innersten des Menschen an, da darf der Staat seinen Einfluß nie aufgeben. In einem Staate, der nicht mehr auf göttliches Recht sich stützt, in einem Staate, wo der Absolutismus gebrochen ist, da hat der Absolutismus der Kirche keinen Verbündeten mehr, und die Kirche wird, wie sich die naturgemäße, demokratische Form im Staate ausbildet, und wie wir auf diese naturgemäße Einrichtung der menschlichen Gesellschaft den Staat zurückzuführen trachten, auch trachten müssen, durch zeitgemäße Änderungen der Institutionen die Macht, die Gewalt des hierarchischen Ansehens und Reichtums abzuschütteln, und der Kirche verjüngt jene Formen wiederzugeben, die sie in ihrem Ursprunge hatte. Wie im Staate, so sehen wir in der Kirche den Absolutismus in immerwährendem Kampfe mit der Demokratie, die Stabilität im Kampfe mit dem Fortschritte. Wahrend der göttliche Stifter unserer Religion zu den Menschen sagte: "Könige herrschen über Völker, und lassen sich gnädige Herren nennen; so soll es unter uns nicht sein; " während er sagte: "Ich bin nicht gekommen, um zu herrschen über Euch, sondern um Euch zu dienen; " während er zu den Aposteln sagte: "Weidet die Herde, nicht als ihre Gebieter, sondern als ihre Vorbilder; " während die Apostel bei allem, was sie thaten, sich mit den Laien in's Einvernehmen setzten; während sie zu ihren Berathungen Laien zuzogen; während die Apostel, um die Last der weltlichen Angelegenheiten, die sie drückten und in der Ausübung ihres geistlichen Berufes hinderten, von der geistlichen Macht zu trennen, das Institut der Diakonen schufen; während sie diese Diakonen aus Laien wählen ließen, und nachher mit dem heiligen Geiste gesegnet haben; während alles dieß in der Urzeit des Christentums geschah, haben gar bald die Priester im zweiten Jahrhunderte begonnen, eine Kirchengeschichte zu machen, um den Klerus von den Leien abzusondern, und sie hatten die Geschichte noch vor dem zwölften Jahrhunderte vollendet. Trotz der Worte des heiligen Ambrosius: "Petrus war der erste im Bekennen, aber nicht der erste im Herrschen, der erste im Glauben, aber nicht der erste im Amte, " trotz dieser Worte und anderer Texte der Schrift, aus denen wir ersehen, daß die Gleichheit und Brüderlichkeit eine Grundform unserer göttlichen Lehre war, sehen wir in den Ereignissen der Zeit die Kämpfe des Absolutismus sich an hierarchischen Institutionen herausbilden, die endlich zur völligen absoluten Monarchie wurden. Wie aber auch die Kirche sich bemühte, diesen Kampf zu vollenden, es gelang ihr nie vollständig, und konnte ihr nie vollständig gelingen, weil es sich hier um eine Macht handelt, die für sich kein Gesetz braucht, die sich in gesetzliche Schranken nicht einzwängen läßt, die auch ohne Institutionen bestehen kann: die Macht des Glaubens, die Macht der Idee, die Macht der Überzeugung, die Macht der Einsicht, die Macht der öffentlichen Meinung. Und diese Macht fordert gewaltig auch heute eine Reform in jenen menschlichen Institutionen, die nicht zum Wesen der Kirche gehören. "Es ist eine charakteristische Thatsache, ein radikaler Fehler der der Kirche" sagt Guizot, "daß sie den Klerus von den Laien absonderte, daß sie die Regierenden von den Regierten trennte, und den Letzteren einen zu geringen Einfluß auf die Leitung der kirchlichen Angelegenheiten ließ. " "Fürwahr" sagt er weiter, "es ist begreiflich, wie man seine materiellen Interessen einem ändern übertragen kann, aber Niemand kann es fassen, wie es möglich ist, seine Persönlichkeit, sein Höchstes, seine Größe einer Autorität anzuvertrauen; und fürwahr, eine solche Knechtung ist ärger, als die, welche den Leib bindet und an die Scholle fesselt. "

Meine Herren, diese Worte Guizot's lassen uns einen Blick werfen in die Phasen der Gesellschaft, sie sollen uns aber auch auffordern, das zu thun, was die Gesellschaft verlangt. Die Zeit, die Gesittung, ja die Existenz des Staates fordert es, daß wir eine Reform eintreten lassen in jenen Institutionen, die nicht göttlichen Ursprunges sind, die ihren Ursprung menschlichen Einrichtungen verdanken. Wir dürfen es nie zugeben, daß solche Institutionen den Fortschritten des Staates hemmend entgegentreten, daß sie sich mit einer Wucht entgegenfetzen, wo die Zeit zum Fortschritte drängt; um dieses zu bewerkstelligen, muß die Kirche in ihrer äußeren Gestaltung jene Institutionen erhalten, die bedingen, daß die Kirche im Staat als äußere Gesellschaft, ohne den Staat zu gefährden, existiren könne, und nur so werden Sie, meine Herren, das Werk vollenden, das Joseph II. wenn gleich im absoluten Geiste seiner Zeit begonnen hat. Was Joseph II. seiner Zeit entsprechend im absoluten Sinne begonnen hat, das sollen wir im Geiste der Freiheit unserer Zeit entsprechend vollenden. Nur so können Sie den Seelsorger zu einem treuen, geliebten Hirten seiner Herde machen, wenn die Gläubigen, wenn die Laien ihn selbst berufen, denn nur so wird er ein Mann ihres Vertrauens sein, nur so, meine Herren, werden Sie es ermöglichen, daß das Kirchenvermögen für den Zweck verwendet wird, dem es gehört, für die Zwecke der Kirche, nicht für die Zwecke der geistlichen Hierarchie. Vergessen wir nie, meine Herren, daß der Unterschied zwischen Priester, Laie und Bischof erst ein Erzeugnis späterer Zeit ist. Vergessen wir nie, daß die eigentlichen Lehrer, daß die Apostel keinen unterschied zwischen Praesbiter und Epischopus gekannt haben, vergessen wir nie, daß die Gemeinde nur dann, wenn sie selbst Antheil nimmt an der Leitung ihrer äußeren kirchlichen Angelegenheit, auch jenen Gesamtwillen in die Kirche als äußere Anstalt bringen werde, der in dem Staate die Gemeinschaft repräsentirt. Nur so werden Sie es auch ermöglichen, daß jene verderbliche, das Ansehen der Religion^und Priester gleich vernichtende Simonie verschwind, wie leider noch heut zu Tage getrieben wird, indem man für die Ausspendung der heiligen Sakramente ein Entgelt, eine Stola fordert, nur so werden Sie es auch ermöglichen, daß die Religion, zu jenem göttlichen Ansehen wieder gelangt, das ihr die Zeit durch ihre Kämpfe, durch solche Einrichtungen theilweise geraubt hat. Wenn man uns sagt: meine Herren, die Kirche ist nicht frei, o sage ich aus vollster Seele: ja die Kirche ist nicht frei, aber w e r ist nicht frei, w e r macht sie nicht frei, macht sie der Staat nicht frei? Meine Herren, sehen Sie auf jenen Staat hin, der ein kirchlicher Staat ist, der ein Territorium hat, in welchem das Oberhaupt der Kirche mit dem Oberhaupte des Staates zusammenfällt. Hat dieser Staat die Kirche emanzipiert in dem Geiste, wie sie emanzipiert werden muß, hat dieser Staat jene zeitgemäßen Institutionen geschaffen, welche nothig sind, um das Ansehen der Kirche zu kräftigen und zu erhalten?

Meine Herren, die Kirche ist nicht frei, aber wenn Jemand in dieser Kirche nicht frei ist, so ist es nicht die kirchliche Hierarchie. Der Priester ist nicht frei, denn er hat kein Votum in kirchlichen Angelegenheiten, die Hierarchie herrscht überall und sie herrscht immer; der Gläubige ist nicht frei,. denn auch er hat kein Votum in kirchlichen Angelegenheiten und auch er wird beherrscht von der kirchlichen Hierarchie. Darum, meine Herren, vollenden Sie das Werk, und wenn Sie das Werk vollenden wollen, so sehen Sie auf das System, sehen Sie aber auch auf das System jener, die die Kirche unter den Panieren der Freiheit zu etwas anders machen wollen, als sie jetzt ist; sehen Sie nicht auf das Panier, das sie tragen  die Freiheit; sondern auf diejenigen, die das Panier tragen. (Beifall.)

Präs. Ich werde mir erlauben, den Schluß der Sitzung anzutragen, nachdem Nachmittags noch mehrere Ausschusssitzungen stattfinden.

Die nächste Sitzung ist morgen um 10 Uhr, die Tagesordnung dieselbe wie die heutige; ich erkläre die Sitzung für geschliffen.

Schluß der Sitzung 2  3/4 Uhr.

Kremstier. Aus der k. k. Hof und Staatsdruckerei.


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