Ètvrtek 22. února 1849

subsumirt werden. Und unter welchem Titel dürfte die Kirche auf ihre Freiheit Anspruch machen, etwa als Anstalt? Auch eine göttliche Anstalt wird zur menschlichen, wenn sie sich in bestimmten sinnlichen Formen äußert, wenn sie mit Zuhilfenahme menschlicher Mittel ihren Bestand gründet, und in einer Anstalt ist von Freiheit keine Rede, da sind Statuten, der Wille des Eigenthümers der Anstalt und eine alles dieses überwachende Aufsicht, nun freilich Regierungsaufsicht.

Man hat die katholische Kirche mit einer Lehranstalt verglichen, wo die Priesterschaft den Lehrer, das Volk den Schüler vorstellt; dieses ist auch insoferne praktisch wahr, als der Schüler gewöhnlich den Lehrer mißgünstig betrachtet, und ihn um seinen besseren Rock am Leibe beneidet. Der Lehrer glaubt Alles gethan zu haben, wenn er seine Stunden zuhält, ohne sich um den eigentlichen Fortgang des Schülers zu bekümmern, er war auch respectirt, weil ihm die hohe Regierung eine Zuchtruthe in die Hand steckte, nämlich Stolagebühren, Ausstellung der Armuths- und Moralitätszeugnisse, Katechisationen und religiöse Prüfungen vor der Trauung u. dgl. Was that aber der Ausgelernte, der der Zuchtruthe Entwachsene? Er bespöttelte den Lehrer und seine Schüler, leider! auch sehr oft die Lehre selbst. Die katholische Kirche muß und soll, wenn sie es auch nicht wäre, eine von Gottes Geist belebte, mit Bruderliebe umschlungene, das zeitliche und ewige Wohl des Menschen zum Zwecke habende freie Gesellschaft werden. Auf Grundlage der göttlichen Wahrheit und durch Verwirklichung der erhabenen Moral strebe Jeder nach Vollkommenheit, und unterstütze seinen Nebenmenschen durch guten Rath und That. Der Priester denke nie an seine Rechte, sondern nur an seine Pflichten, denn als solcher hat er gar keine Rechte; er hat einen schönen aber mühevollen Beruf. Das Jagen nach sogenannten Rechten oder Vorrechten schleppt die Kirche in die babylonische Gefangenschaft; nur die Kirche, nur sie hat Rechte, das Recht auf Freiheit, und sie wird frei werden, wenn auch der Verbesserungsantrag nicht angenommen werden sollte. Uebrigens handelt es sich nicht um Titel und Namen, man spreche die Freiheit aus unter welch immer einen Titel. Auch in dieser Frage beurkundet sich die menschliche Sucht nach dem Zuviel, welche oft das echte Maß verfehlt; einerseits wollte man alle erdenklichen Freiheiten haben, andererseits keine derlei verleihen. Man nimmt für die Kirche die richterliche, befehlende und strafende Gewalt in Anspruch und bedenkt nicht, daß eine solche Anforderung eben die Kirche in die Knechtschaft führe; denn wenn sie Urtheile schöpfen und Strafen verhängen soll, so müßte die Staatsgewalt dieselben nur als eine untergeordnete vollziehen oder sie würde der Kirche ein Privilegium in der Beziehung zugestehen; aber dann hat sie auch das Recht in die Urtheile hinein zu schauen, sie zu modificiren und aufzuheben, und um die Freiheit der Kirche ist es geschehen. Die Kirche hat ihren moralischen Zwang, der auf subjectivem Glauben und freier Unterwerfung beruht, und damit sei sie zufrieden. Aus dem Aufnahmsvertrage in die Gesellschaft, auf den man sich hier berufen hat, lassen sich, wenn er auch erwiesen wäre, solche Befugnisse nicht herleiten, weil es genügt, an den Wohlthaten und Segnungen der Kirche sich beheltigen zu wollen, um als Mitglied in dieselbe aufgenommen zu werden, und weil die moralische Pflicht und Glaube einer Natur sind, daß sie, gar nicht aufgezwungen werden können. Man verlangt für die Kirche die Leitung, bie Aufsicht der Schulen, und im Vorgefühle der Unhaltbarkeit einer solchen Forderung ängstigt man die frommgläubigen Seelen auf dim Lande durch in Umlauf gebrachte Gerüchte: der Reichstag wolle die katholische Religion aufheben, von nun an wird der Priester die lieben Kleinen in der Religion, im Katechismus und in der christlichen Sittenlehre nicht unterrichten können. Wenn auch solch eine Lügenpolitik, wenn solch verläumderische Kniffe, wie uns die Erfahrung lehrt, der Hauptgrundsatz gewisser Politiker sind, so ziemen sie sich noch gar nicht für die Geistlichkeit und dürfen am Ende sich für Jeden, um so mehr aber für einen Geistlichen als abgenützt und gefährlich beweisen. (Bravo! Bravo!) Denn nebst der Entlarvung müßten die Wahrheitsprediger, die auf Glauben Anspruch machen, die jede Lüge verdammen auf eine medice cura te ipsum gefaßt seyn, und ich muß erklären, daß so gut die Rechte, das Centrum als auch die Linke, also der gesammte Reichstag, wenn es zur Verfassung gehört, wenn es überhaupt in den Wirkungskreis des Reichstages gehört, es anordnen möchte, auf daß der Geistliche nicht die ganze Woche seinen Privatgeschäften nachgehe und den Sonntag mit einer kurzen Predigt abspeise, sondern daß er wenigstens eine Stunde des Tages dem Religionsunterrichte widme. Von freien Stücken kann er predigen die ganze Woche hindurch, und da wird ihm kein Reichstag dasselbe verwehren, um so weniger der jetzt hier tagende; aber Schulaufsicht, Leitung der Schule, das ist ein anderer Gegenstand, dazu ist das Ministerium des öffentlichen Unterrichtes.

Meine Herren! Der Herr Abgeordnete für Ellbogen hat Ihnen die Petition der 70 oder 80 Lehrern vorgelesen, und ich wiederhole das was ein Redner gesagt hat, will die katholische Kirche emancipirt seyn vom Staate, so emancipire auch sie ihrerseits den Staat. Dieß ist aber ein Gegenstand, der zum §. 19 gehört und ich behalte mir eine nähere Erörterung bis zur Zeit vor. Andererseits hat man das Josephinische System, das die Kirche dem Staate vollends unterwirft, gelobt; so ersprießlich dieses System seiner Zeit seyn mochte, ich würde es nicht wagen, ihm heute das Wort zu reden; denn wenn ein katholischer Herrscher "von Gottes Gnaden" Kirchenreformen oder überhaupt Reformen unternimmt, frage ich, meine Herren, wer hat dae Recht zu sagen, ob er von Gottes Gnaden, mit Gott oder gegen Gott etwas beginne, als der nach dem Ausdrucke der Kirche des Bevollmächtigten Gottes, seines Stellvertreters, der Fels, auf den die Kirche gebaut ist. Jeder katholische Herrscher "von Gottes Gnaden" ist dem Bischof untergeordnet. Anders verhält es sich mit einem constitutionellen Herrscher, mit dem Herrscher von Volkes Gnaden. Man schmückte sich mit Federn der Kirche; als aber die Kirche daran rupfte, machte man gewaltigen Lärm. Und was bewirkte endlich das Josephinische System. Die Kirche wurde beschränkt, auch gedemüthigt, um den Staat, alias die Hausmacht zu heben. Nur die Kirche, nur sie ist über alle Bischöfe, nur in ihr ist jedes Individuum eine bloße Null, eine Einzelnheit. Man gebe ihr die Freiheit, sie wird sich besser reformiren, als alle Josephinischen Systeme; man erwecke von Todten die alten Synoden, die wahrhaft christlichen der ersten Jahrhunderte, in welchen nicht die Priesterschaft, sondern die Gläubigen der Kirche vertreten waren, und das Unkraut der Ueppigkeit, der mistischen Faulenzerei, der Herrschsucht wird ausgerottet seyn. Solche Vertreter, solche Synoden werden Bischöfe, werden Hirten aufstellen, wie sie ihnen, wie sie der Kirche nothwendig sind, aber nicht geschmeidige Regierungs-Creaturen. Man hat uns ferner gewarnt, eine Verfassung zu machen, für welche man erst ein Volk suchen müßte, oder welche dem Staatszweck nicht zuträglich wäre. Nun was die Staatszwecke anbelangt, das wissen wir aus der Erfahrung, daß sie nicht immer Volkszwecke sind, (Bravo!) und da läßt sich füglich ein dilema cornutum denken; was aber die Wünsche des Volkes anbelangt, das ist allenfalls ein beachtenswerther Umstand; nur glaube ich nicht, daß es die Aufgabe der Gesetzgebung sei, in die untersten Schichten der Gesellschaften hinab zu steigen, sondern mit Berücksichtigung der Möglichkeit durch entsprechende Institutionen diese Classe der Gebildeten näher zu rücken, und so dem Fortschritte der Zeit unter die Arme zu greifen. Was übrigens die Wünsche des Volkes in Bezug auf Rellgionsangelegenheiten betrifft, so sind diese zu bekannt. In den meisten Gegenden wollte das Volk, die Gemeinde, daß man ihnen die Pfarrgründe übergebe, und die Stolagebühren aufhebe; es beurkundet also dadurch den Wunsch, daß es die Geistlichkeit wie die heiligen Apostel zu Fuß, vielleicht auch barfuß gehen sehen wolle, während ich mit meinen eigenen Ohren von mehreren Geistlichen die Aeußerung vernehmen mußte: die Freiheit, die Constitution, habe den Bauer befreit, er sei aber störrig geworden und wolle nun, obwohl er vermögender ist als früher, nicht einmal so viel an die Geistlichkeit leisten, als er früher geleistet hatte, als er noch arm war; man braucht keine Constitution. Auf diese gegenseitigen Wünsche dürfen wir nicht so pünktlich eingehen. (Heiterkeit.) Man hat gesagt: der Tiroler wird keine andere Religion erkennen, als die katholische; desto besser, dann wird der Tiroler den §. 13 und 14 mit einem Jubel empfangen müssen, weil diese Paragraphe ihnen die verdienstvolle Gelegenheit geben, denselben Eifer für eine nicht mehr bevortheilte, aber auch nicht bevormundete Kirche an den Tag zu legen wie früher: den Verpflichtungen eines Cultus, zu denen Niemand mehr gezwungen wird, mit alter Genauigkeit obzuliegen. Ein Ausnahmsgesetz für 400.000 Einwohner des österreichischen Staates ist schwer denkbar. Der Inhalt meiner Rede also ist: die Kirche werde frei, die Geistlichkeit wird durch die Kirche, der es allein zusteht, beschränkt und beherrscht, um die edlen Kirchenzwecke zu fördern und nicht schiefen und einseitigen Regierungsansichten zu dienen. Nochmal für die Freiheit der Kirche die Stimme erhebend, muß ich bemerken, daß, da unter bisheriger Aufsicht von Seiten der Staatsgewalt doch noch Vieles an der Geistlichkeit, wie manche Redner es angeführt haben, auszusetzen wäre, es einleuchtet, daß die Bevormundung, das unbefugte Inspectorat, nicht der Weg der Verbesserung und Veredlung sei. Die Freiheit, meine Heeren, wird Männer von Beruf auf die Kanzel, Männer voll des heiligen Geistes zu dem Altare führen, stolz in würdevoller Demuth wird die katholische Kirche ihr Haupt erheben, die Völker heiligend beglücken und unser Werk mit Gottes Segen segnen. (Allgemeiner Beifall.)

Präs. Unter den eingeschriebenen Rednern hat der Abg. Brestl das Wort. (Verzichtet darauf.) Der Herr Abg. Schuselka. (Verzichtet ebenfalls.) Es kommt nun der Herr Abg. Borrosch statt Herrn Abg. Schneider. (Nicht anwesend.) Der Herr Abg. Goldmark. (Nicht da.) Der Herr Abg. Brauner.

Abg. Brauner. Meine Herren, indem ich voraussetze, daß gegen die Wahrheit, die der §. 14 ausspricht, ganz gewiß wenige Stimmen sich erheben dürften, sie daher durch den Beschluß der Kammer genehmigt werden wird, will ich weiter keine Worte zu ihrer Vertheidigung sprechen. Ich überlasse dieses andern Rednern und nehme die Aufmerksamkeit der hohen Kammer nur für wenige Augenblicke dazu in Anspruch, daß ich meinen Zusatzantrag zu begründen mir erlaube. Der Zusatzantrag, den ich beabsichtige, läßt den §. 14 ganz unverändert, und fügt ihm nur bei: "ebenso wenig wird vom Staate ein weltlicher Zwang zur Beobachtung von Verpflichtungen ausgeübt oder sanctionirt, die Jemand durch geistliche Weihen oder Ordensgelübde übernommen hat," So wie der zweite Absatz des Paragraphes eigentlich ein Corollarium des im ersten Absatz ausgedrückten Grundsatzes, eine nothwendige Folge der Freiheit der Kirche ist, ebenso scheint es mir auch dieser Satz zu seyn, er ist in den im §. 13 und im ersten Absatze des §. 14 ausgesprochenen Grundgesätzen in seinem Wesen enthalten. Nichtsdestoweniger bestimmen mich wichtige Gründe zu dem Wunsche, ihn besonders ausgesprochen zu sehen; denn wir haben für nothwendig befunden, im §. 14 die persönliche Freiheit des Staatsbürgers gegenüber den Anforderungen der Kirche, in Schutz zu nehmen, da wir es dem Staatsbürger nicht zumuthen dürfen, zwangsweise an den Handlungen und Feierlichkeiten sowohl seines eigenen als auch eines andern Cultus Theil zu nehmen. Die Freiheit des österreichischen Staatsbürgers als solchen gegenüber den Anforderungen der Kirche erfordert aber in einer viel weiteren Ausdehnung einen eben solchen Schutz, nämlich in der Aeußerung der persönlichen Freiheit, auf die Standeswahl, welche dem Staatsbürger nicht bloß in dem Stadium der ersten Bestimmung, sondern auch für die Zeit seines ganzen Lebens behufs der beliebigen Veränderung seines Standes verbürgt seyn soll. Die Aufbebung des geistlichen Cölibats, und der Ordensgelübde, ja der Orden selbst, waren seit mehreren Menschenaltern schon fromme Wünsche ganzer Völker, das Strebeziel so mancher liberalen Gesetzgebungen und Kammern. Daß sie bisher nicht erreicht wurden oder nicht in dem Maße als sie angestrebt worden, dürfte nur dem Umstande zuzuschreiben seyn, daß wirklich jene Macht die an diesen Verhältnissen rüttelte, in dieser Beziehung nicht die competente war. Ich bin zu viel Freund der Unabhängigkeit und Selbständigkeit der Kirche, als daß ich wünschen möchte, daß in kirchlichen Satzungen so wichtiger Art, wie es das Cölibat und die Verbindlichkeit der Ordensgelübde sind, von weltlicher Macht eingegriffen werden sollte: ich bin aber zu viel Freund der weltlichen, der staatsbürgerlichen Freiheit, als daß ich die Gelegenheit nicht ergreifen sollte, um es zu bevorworten, der Staat möge keine weltliche Macht zur Anwendung kommen lassen, um auf Kosten der persönlichen Freiheit die Einhaltung von Verbindlichkeiten zu erzwingen, mit denen es nur das Gewissen zu thun hat. Ich spreche daher nicht für die Aufhebung des geistlichen Cölibates, nicht für Aufhebung der Orden, überlassen wir das der freien, nach unseren Wünschen zeltgemäß zu reorganisirenden Kirche, was sie darüber verfügen will; gestatten wir es aber auch nicht, daß ein weltlicher Zwang zur Einhaltung solcher Verbindlichkeiten ausgeübt würde, die nicht weltlicher, sondern die rein geistiger Natur sind. Dadurch begehen wir einen unzeitigen, einen störenden Einfluß in die Gewalt der Kirche selbst und wir leisten der Kirche jedenfalls einen Dienst, wenn wir ihren Mitgliedern die Möglichkeit sichern, sobald sie sich durch die Gewissenspflichten ihres Standes nicht mehr für verbunden halten, in einer Gemeinschaft nicht fernerhin als Ungetreu virbleiben zu müssen, die sie scheuen, die sie dann nur mit dem Munde bekennen, im Herzen aber verfluchen. Mögen auch die Unglücklichen außerhalb ihres Standes in den Vollgenuß bürgerlicher Rechte einzutreten in der Lage seyn. Es wird, ja es kann nach meinein Antrage nie der Fall vorkommen, daß z. B. ein Geistlicher im Besitz seiner Pfründe oder ein Ordensmann im Kloster in seiner Freiheit beeinträchtig, durch das Gelübde der Ehelosigkeit heirathen, und seinem Stande einen unwillkommenen Zuwachs aufdringen könnte. Daß dieses nicht geschieht, darüber muß die kirchliche Gewalt fest halten und diese muß vom Staate gegen alle Eindringlinge geschützt werden, so lange sie selbst solche Verbindlichkeiten nicht aufgelöst hat. Es möge aber auch dem österreichischen Staatsbürger frei stehen, aus dem geistlichen Stande auszutreten und in den bürgerlichen Stand einzutreten, wenn er sich der Verbindlichkeiten des geistlichen Standes als solchen nicht unterziehen will. Sie sehen meine Herren, ich will keinen Eingriff in die kirchliche Gewalt, ich will dasjenige was zu realisiren schon lange angestrebt wurde, durch einen einfachen Beisatz realisirt wissen, vermöge welchen der Kirche nicht gestattet seyn soll, die ihr abtrünnig gewordenen Staatsbürger durch weltliche Macht zu verfolgen, oder eine weltliche Macht des Staates dazu in Anspruch zu nehmen. Es wird mir vielleicht die Einwendung gemacht werden, daß das doch die Aufhebung des Cölibats und geistlicher Orden sei. Ich sage nein! So lange diese Institute unter den rein kirchlichen Einflüssen, durch ihre reinmoralischt oder religiöse Autorität sich erhalten, so lange mögen sie bestehen, denn insolange werden sie den Grund für sich haben daß es Einrichtungen sind, die doch von einem sehr achtbaren Theile der Staatsbürger respectirt werden; es möge aber kein österreichischer Staatsbürger deßhalb, weil aus Motiven über die er vielleicht selbst nie recht einig war, aus Motiven, die sein Gewissen nicht anerkannt, vielleicht aus Noth oder durch directen oder indirecten Zwang genöthigt einen Stand wählte, zu dem er keinen wahren Beruf hat, diesem Stande verfallen bleibe, um als ungetreuer Sohn der Kirche, dennoch als Diener derselben zu fungiren, oder deßhalb gebrandmarkt und verdammt seyn zu müssen, weil sein Gewissen über gewisse geistige Verbindlichkeiten leichter hinaus geht, die wir doch als Gegenstände der willkürlichen Selbstbestimmung bei jedem Andern achten. So gut es mir als Laien in Oesterreich jederzeit gestattet seyn muß, ohne Befürchtung einer weltlichen Verfolgung, eines Zwanges, meinen katholischen Glauben zu wechseln, und zu einem andern überzutreten, ebenso soll und muß es Ordensgeistlichen und Priestern gestattet seyn, in einen andern Stand zu treten, und sich denjenigen Verbindlichkeiten zu entziehen, zu denen der Glaube und das religiöse Gewissen, aber keine weltliche Macht zu verpflichten das Recht hat. Ich empfehle Ihnen daher meinen Zusatzantrag zur geneigten Berücksichtigung und Annahme. (Beifall.)

Präs. Der Zusatzantrag des Abg. Brauner lautet: "Eben so wenig wird vom Staate ein weltlicher Zwang zur Beobachtung von Verpflichtungen ausgeübt oder sanctionirt, welche Jemand durch geistliche Weihen, oder Ordensgelübde übernommen hat. Wird dieser Antrag unterstützt?

(Er ist hinreichend unterstützt.)

Das Wort hat nun der Abg. Sidon.

Abg. Sidon. Obwohl ich meine Herren mit dem, was der erste Absatz des §. 14 sagt: Jedem österreichischen Staatsbürger ist die Freiheit des Glaubens und der öffentlichen Religionsübung (sich verbessernd) Nein! — Keine Religionsgesellschaft genießt vor einer andern Vortheile durch den Staat; vollkommen einverstanden bin, so erlaube ich mir dennoch Ihnen, meine Herren, vorzuschlagen das Minoritäts-Votum unter Lit. c, welches lautet: Eine Staatskirche gibt es nicht, anzunehmen. Zur Unterstützung dieses Minoritäts-Votums bewegen mich wichtige Gründe. Ich halte es zuförderst für absolut nothwentig, daß wir die katholische Kirche vom absoluten Begriffe einer Staatskirche vollkommen befreien, denn dieser Begriff will nichts anders sagen, als diese Kirche ist vor allen andern dem Staate die liebste, diese Kirche genieße vor andern viele Vortheile, und warum hat der Staat dieser Kirche gerade so viele Vortheile eingeräumt? Um dadurch die Geistlichkeit für sich zu gewinnen, den Absolutismus kräftig zu unterstützen, darum werden wir die katholische Kirche, wenn wir sie davon befreien, nur in Wahrheit glücklich machen. Dieß fordern zwei wichtige Gründe, und zwar sowohl in theortischer, als praktischer Hinsicht. In ersterer Beziehung, als die katholische Kirche lehrt, und zwar mit Fug und Recht durch 19 Jahrhunderte ununterbrochen lehrt, daß sie allein von Jesu Christo gestiftet demnach die erste einzig wahre, die allein selig machende ist, daß sie die alleinige ist, welche auf dem Felsen Petri gegründet ist, und welche die Pforten der Hölle nicht überwältigen können, daß sie die allgemeine ist, welche bestimmt ist, eine allgemeine Weltreligion zu werden, daß alle Völker unter ihrem Banner sich versammeln werden. Meine Herren, mußte es da nicht den Andersglaubenden und den denkenden Bekennern der Lehre selbst auffallend vorkommen, warum der Staat gerade diesem Glauben unter den Arm greift? mußte es da nicht vorkommen, als daß die Kirche im Falle, wenn der Staat sie nicht unterstützte, vielleicht von einer andern Lehre überflügelt werde? und das mußte natürlich dem katholischen Glauben großen Schaden bringen. In praktischer Hinsicht traten die schädlichen Folgen dieses absurden Begriffes, die katholische Kirche eine Staatskirche zu nennen, um so greller hervor. Hiefür bietet uns zum Beispiele die Geschichte Böhmens nach der Schlacht am weißen Berge die traurigsten Aufschlüsse dar. Die Propaganda von Seite der Staatsgewalt den katholischen Glauben zu verbreiten, war von der Art, daß gerade die edelsten und die Besten sich veranlaßt fanden, schaarenweise ihr Vaterland zu verlassen, das gemeine Volk ließ sich endlich sagen, und wurde in Massen katholisch; der Staat hat seinen Zweck erreicht, seine Staatskirche zählte im Kurzen die meisten Bekenner. Gewann aber dabei die katholische Kirche? Mit Nichten, meine Herren. Kaum ging unter Josephs Zeiten eine gelindere Sonne auf dem kirchlichen Boden auf, so kamen von allen Enden und Ecken geheime Protestanten zum Vorscheine man sah die katholische Kirche hat zwar einige tausend Heuchler aber nicht Gläubiger gewonnen. Demnach aus dieser Thatsache geht klar hervor, daß nicht die Kirche, wohl aber der Staat zur Erhaltung und Verbreitung des katholischen Glaubens selbst zu den Waffen griff, und wenn das verehrte Mitglied für Eisenbrot aus seiner Gegend ein Beispiel anführte, sehe ich mich veranlaßt, als katholischer Priester aus derselben Gegend und zwar aus der Localgeschichte, Näheres und Bestimmteres darüber anzuführen. Ich sage, es ist wirklich wahr, daß ein Jesuit Burnacius mit Namen in seinem Fanatismus von Friedländer Soldaten verlangte, um Turnau und Rowensko zu katholisiren. Ich weiß aber auch, daß derselbe Fanatiker in Lubau mit Heugabeln seinen Tod fand. Was aber ein Fanatiker that, das kann man nicht der ganzen katholischen Kirche zumuthen und zuschreiben. Wenn Sie meine Herren, an einem Baume hundert Aepfel sehen, worunter einer oder zwei, und auch drei faul sind, werden Sie sagen, alle taugen zu nichts? — Noch ein anderer Uebelstand tauchte aber in der Seelsorge auf, als man bei uns die katholische Kirche nolens volens zur Staatskirche gestämpelt hat. Bei Uebertritten oder Zuwächsen ist es die Sorge einer jeden Religionsgesellschaft, sich zu vergewissern, daß da eine religiöse Ueberzeugung zu Grunde liegt. Diese Gewißheit, meine Herren, konnte sich ein lutherischer oder reformirter Seelsorger viel eher verschaffen als der Katholische, denn bei ihm mußte immer der Zweifel rege werden, ob doch nicht am Ende dennoch irdische Vortheile die veranlassende Ursache seien? darum war es wirklich ein Unglück, daß bis jetzt in Oesterreich die katholische Kirche, Staatskirche war, und sie erweisen ihr, meine Herren, einen großen Dienst, und diese Ansicht spreche ich im Namen vieler wahrhaft aufgeklärten katholischen Priester, die Unaufgeklärten gehen mich gar nichts an, sie erweisen ihr einen großen Nutzen, sie werden sie in Wahrheit glücklich machen, wenn Sie sie von diesem absurden Begriffe vollkommen befreien. Ich wünsche demnach und bitte Sie, meine Herren, daß Sie diesen absurden Begriff, ein für allemal abschaffen. Befürchten Sie nicht, daß dadurch unsere katholische Kirche an ihrem Ansehen, an ihrer Wohlthätigkeit und Göttlichkeit, etwas verlieren werde, mit Nichten, sie wird gewinnen, denn ihre Lehre braucht nicht mit der Staatsgewalt zu liebäugeln, braucht nicht von ihr gewisse begünstigende Befehle in Anspruch zu nehmen. Sie kann auf ihren eigenen Füßen stehen und sie soll es auch. Ich ersuche Sie demnach im Interesse meiner Kirche und mit Rücksicht auf die speciellen Verhältnisse in Oesterreich, damit Sie das große Wort aussprechen, und so in den Grundrechten es klar und deutlich aussprechen. Auch dieser Unsinn des Absolutismus besteht nicht mehr — eine Staatskirche gibt es nicht!

Präs. Der Verbesserungsantrag des Abgeortneten Sidon lautet: "Eine Staatskirche gibt es nicht." Wird dieser Antrag unterstützt. (Geschieht.) Er ist hinreichend unterstützt. (Ruf: Schluß der Sitzung!) Es wird auf den Schluß der Sitzung angetragen, diejenigen Herren, welche dafür sind wollen aufstehen.

Abg. Maier. Wir sind nicht mehr Beschlußfähig, ich bitte das Haus auszählen zu lassen.

Präs. Es scheint die Majorität zu sein.

Ich habe noch etwas zu verkünden meine Herren.

Es wurde am 20. im Constitutionsausschusse beschlossen, zur Kenntniß der Kammer zu bringen, daß nachstehende Stücke zur Einsicht aufliegen auf dem Tische des Constitutionsausschusses.

Verzeichniß

derjenigen Eingaben an dem hohen Reichstag, welche zu Folge des am 20. Februar d. J. im Constitutionsausschusse gefaßten Beschlusses daselbst zur Einsicht der Herren Reichstagsabgeordneten aufliegen, was der hohen Kammer kundzumachen ist.

R. T. N. 1729.

a) Gesuch des Basilianer-Ordens in Galizien, einbegleitet vom Herrn Metropoliten Michael Lewicki.

R. T. N. 1730.

b) Gesuch der ruthenischen Hauptversammlung zu Lemberg.

R. T. N. 1731.

c) Gesuch der Zolkiewer National-Kreisversammlung um Fortbestand des Basilianen-Ordens beider Geschlechter.

R. T. N. 4510.

Der große Conventual-Ausschuß zu Troppau bevorwortet die am 20. Juni 1848 an den hohen Reichstag gerichtete Petitionen der evangelischen Gemeinden des Teschner Kreises um Aufhebung der Rechtsungleichheit der verschiedenen Confessionen.

Nr. 1851.

Protest des Ausschusses des steiermärkischen provisorischen Landtages gegen die Auflösung der Provinzen und insbesondere gegen eine Trennung Steiermarks. Kremsier am 22. Februar 1849.

Alle diese Stücke liegen auf dem Tische des Constitutionsausschusses. Die nächste Sitzung wird Morgen um 10 Uhr seyn; die Tagesordnung: Verlesung des heutigen Sitzungsprotokolls, sodann der Vortrag bezüglich der stenographischen Berichte; obwohl nicht auf die Tagesordnung gesetzt, wird dieser Gegenstand vor dem Uebergange zum nächsten Gegenstande der Tagesordnung besprochen werden, welcher seyn wird: die Wahl des Präsidenten, der beiden Vicepräsidenten, und der Ordner. Die heutige Sitzung erkläre ich für geschlossen. Schluß 2 1/2 Uhr.

Aus der k. k. Hof- und Staatsdruckerei.


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